Erfahrungsbericht einer interkulturellen Trainerin zum Projekt « L
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Erfahrungsbericht einer interkulturellen Trainerin zum Projekt « L
Erfahrungsbericht einer interkulturellen Trainerin zum Projekt « L’Allemand, un atout pour l’avenir“ vom Goethe-Institut Frankreich in Zusammenarbeit mit dem Deutschlehrerverband ADEAF Ende 2013 wurde ich vom Goethe-Institut Paris in Zusammenarbeit mit dem Deutschlehrerverband AEDAF als interkulturelle Trainerin beauftragt an folgenden Teilprojekten im Rahmen der Imagekampagne „L’Allemand, un atout pour l’avenir“ mitzuwirken: Erarbeitung eines Kurzdossiers „Interkulturalität Deutschland – Frankreich“ mit 8 bis 10 Arbeitsblättern für Schüler und Schülerinnen von französischen Berufsschulen (Lycées professionnels) mit keinen oder sehr geringen Deutschkenntnissen (Niveau A1 – A2). Vorstellung des Kurzdossiers „Interkulturalität Deutschland – Frankreich“ inkl. interkultureller Schulung von 2 (Deutsch)-Lehrergruppen der Akademien in Paris und Lyon. Interkulturelle Schulung (an jeweils 2 Nachmittagen) von 3 Schülergruppen von 3 Lycées professionnels aus dem Großraum Lyon im Rahmen des Projekts „Ein deutsches Unternehmen entdecken », das vom Goethe-Institut Lyon initiiert und durchgeführt wurde. Zunächst möchte ich überblicksartig die Inhalte dieser 3 Teilprojekte darstellen, um dann in einem zweiten Teil über meine Eindrücke und Erfahrungen während der Erarbeitung des Kurzdossiers als auch während der Durchführung der Schulung der Lehrer und Schüler zu berichten. Die Kampagne „L’Allemand, un atout pour l’avenir“ hat zum Ziel, Deutschlehrer verschiedener Schulstufen und –richtungen mit Informationen und Fortbildungen zu unterstützen sowie das Interesse künftiger Studenten für ein Germanistikstudium bzw. den Deutschlehrerberuf zu steigern. Die Kampagne zielt dabei auch auf die Unterstützung der Berufsschulen (lycées professionnels) ab. Das Kurzdossier „Interkulturalität Deutschland – Frankreich“ wurde für die Deutschlehrer und Schüler an diesen Schulen konzipiert. Die Inhalte und Aufgaben haben zum Ziel, die Berufsschüler auf einen Aufenthalt (z.B. Praktikum) in Deutschland vorzubereiten; insbesondere sollen dabei die interkulturellen Kompetenzen der Schüler und Schülerinnen gefördert werden. Inhaltlich geht es beispielsweise um Themen wie „Was ist eigentlich Kultur?“, „Wer sind die Deutschen?“, „Und die Franzosen? Und ich?“, „Unternehmen in Deutschland = Unternehmen in Frankreich? “, „Direkte versus indirekte Kommunikation“, „Zum Thema Pünktlichkeit – Der Umgang mit Zeit“, „ Zum Umgang mit Autorität“ oder „Regeln und Strukturen versus Flexibilität“. Die Arbeitsblätter sind als Arbeitshilfen zu verstehen und können entweder eins zu eins im Unterricht übernommen werden oder aber auch von den Deutschlehrern je nach Schülergruppe, Sprachniveau und gewünschten Inhalten als Einzelarbeitsblätter eingesetzt und angepasst werden. Die Arbeitsblätter haben folgenden Aufbau: „On y va“ – „Auf geht’s“: Einstieg in das jeweilige Kapitel/ Thema „Bon à savoir“ – „Gut zu wissen“: Wissensinput (auf französisch) „A toi de jouer“ – „Du bist dran!“: Übung für die Schüler (auf deutsch, zum Teil mit frz. Übersetzung) „A retenir“ – „Das merke ich mir!“: Zusammenfassung der wichtigsten Punkte (auf französisch) „Pour aller plus loin“ – „Und noch mehr dazu…“: Weitere Anregungen (optional), um das Thema zu vertiefen (auf französisch und/ oder deutsch, z.T. für fortgeschrittene Lerner) Außerdem werden zu jedem Themenkomplex relevante Vokabeln und Ausdrücke auf deutsch und französisch angegeben. Die interkulturellen Schulungen der Berufsschüler an jeweils 2 Nachmittagen waren Teil des ganzwöchigen Programms „Ein deutsches Unternehmen entdecken“, das vom GoetheInstitut Lyon erarbeitet und in Zusammenarbeit mit der Plateforme franco-allemande de la formation professionnelle (Académie Lyon) und dem deutsch-französischen Wirtschafsklub Rhône-Alpes WKRA u.a. durchgeführt wurde. In dem einwöchigen Programm waren Sprachkurz, interkulturelles Training und die Entdeckung der Arbeitswelt in Form eines Unternehmensbesuchs enthalten. Dieses Projekt sollte junge Franzosen dazu ermutigen, einen berufsbezogenen Auslandsaufenthalt (in Deutschland) zu planen und zeigen, dass Sprache dafür keine unüberwindbare Barriere darstellt. Das Projekt war somit eine konkrete sprachliche und interkulturelle Vorbereitung für Schüler, die vor einem berufspraktischen Auslandsaufenthalt in einem deutschen Unternehmen stehen. Die Vorstellung des Kurzdossiers inkl. interkultureller Schulung der (Deutsch)-Lehrer und Lehrerinnen hatte zum Ziel, auch die Lehrkräfte mit den interkulturellen Inhalten vertraut zu machen, die ihre Schülerinnen und Schüler zum Teil bereits vor ihnen (dies trifft zumindest auf die Gruppe aus Lyon zu) gelernt hatten. Außerdem ging es darum, einen möglichst großen Kreis an Lehrkräften mit dem Kurzdossier vertraut zu machen, um ihnen so eine konkrete Arbeitshilfe für die Vorbereitung von Deutschlandaufenthalte ihrer Schüler mit an die Hand zugeben. Eine besondere Herausforderung bei der Erarbeitung des Kurzdossiers war die Verbindung von komplexen interkulturellen Inhalten wie beispielsweise Steroetypenbildung, Selbstbild – Fremdbild oder die eigene Wahrnehmung mit einem sehr geringen deutschen Sprachniveau der teilnehmenden Schüler und Schülerinnen. Da das Reflektieren über interkulturelle Inhalte in der Regel ein sehr gutes Sprachniveau voraussetzt (selbst in unserer Muttersprache ist es nicht immer einfach über solche Dinge klar und deutlich zu sprechen), wurde ein Teil des Kurzdossiers auf französisch verfasst. Auch die Schulungen der Schüler und Lehrer fanden aus diesem Grund auf französisch statt. In der Regel arbeite ich als interkulturelle Trainerin mit deutschen und französischen Unternehmen, mit Auslandsentsandten oder mit Studenten und Doktoranden zusammen. Deshalb war für mich dieses Projekt eine besonders interessante und neue Herausforderung. In der Rückschau kann ich dabei folgende Bilanz ziehen: Es ist sehr erfreulich, dass das Goethe-Institut in Zusammenarbeit mit dem Deutschlehrerverband und den Akademien sowie der Plateforme franco-allemande de la formation professsionnelle einen guten Teil der Imagekampagne Berufsschulen und –berufsschüler und lehrer gewidmet hat. Mein subjektiver Eindruck ist, dass es für diese Zielgruppe wesentlich weniger Möglichkeiten und Angebote gibt, sich gezielt auf einen Deutschlandaufenthalt vorzubereiten als dies für andere Zielgruppen (z.B. Studenten) der Fall ist. Doch gerade in diesem Bereich gäbe es noch so viele Möglichkeiten, Synergien zu schaffen, die für beide Seiten, sowohl die französische als auch die deutsche, gewinnbringend sein können. Außerdem valorisiert diese Initiative den Werdegang der französischen Berufsschüler. In Anbetracht von einem nach wie vor relativ stark geprägtem Elitedenken und einer sehr hohen Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich, erscheint mir dies enorm wichtig. Die Zusammenarbeit mit den Schülern und Schülerinnen der französischen Berufsschulen war extrem interessant und bereichernd. Die Gruppen brachten alle einen unglaublichen Reichtum an interkulturellen Vorerfahrungen mit. So war eine Vielzahl der Jugendlichen bereits bi-kulturell aufgewachsen mit französischen, belgischen, polnischen, spanischen, italienischen, afrikanischen, kreolischen etc. Eltern. Viele Sprachen außer Französisch noch eine weitere (Mutter)sprache. Der Enthusiasmus und die Offenheit der Schüler und Schülerinnen hat zu einer sehr konstruktiven und inhaltlich interessanten Arbeitsatmosphäre geführt. Auch die optimalen Rahmenbedingungen im Goethe-Institut Lyon (gute inhaltlichen und organisatorische Vorbereitung des Projekts, hervorragend ausgestattete Räumlichkeiten, freundlicher Empfang und Offenheit durch die Mitarbeiter des Goethe-Instituts und der Institutsleitung, Engagement und Verfügbarkeit der Projektinitatorinnen und -betreuerinnen) haben zu einem guten Gelingen der Veranstaltungen beigetragen. Besonders erfreulich war bei den Abschlusspräsentationen der Schüler und Schülerinnen zu hören, dass sie eigentlich nicht mit besonders großer Lust die Projektwoche begonnen haben, aber nun schon nach nur einer Woche, eine große Begeisterung für ihren nächsten Deutschlandaufenthalt entwickelt konnten und einige sich sogar vorgenommen haben, Deutsch auch weiterhin zu lernen. Es ist bemerkenswert und sehr erfreulich, dass in diesen verschiedenen Teilprojekten verschiedenste deutsch-französische Akteure zusammengearbeitet haben, die zum Teil wenig oder gar nichts miteinander zu tun haben (Goethe-Institut, Sprachlehrer, interkulturelle Trainer, Akademien, Lehrer und Lehrerinnen der frz. Berufsschulen, der Deutschlehrerverband Frankreichs, der deutsch-französische Wirtschaftsklub Rhône-Alpes sowie dessen Mitglieder und weitere deutsch-französische Unternehmen…). Das Ergebnis ist sicherlich wesentlich mehr als das, was jeweils ein einzelner Partner hätte erreichen können. Abschließend kann ich für mich festhalten, dass es ein sehr interessantes und bereicherndes Projekt war, dass Dank vieler sehr engagierter Menschen zustande gekommen ist. Bedauerlich ist, dass dies auf Grund des zeitlich begrenzten Kampagnenzeitraums nun erstmal abgeschlossen ist. Wünschenswert wäre es, dass diese Art von Projekten zum Nutzen der jungen französischen Berufsschüler auch zukünftig kontinuierlich angeboten wird. Silvia Didier ist zertifizierte interkulturelle Trainerin und Beraterin. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind neben interkulturellen (deutsch-französischen) Trainings auch die Bereiche Marketing und Projektmanagement. Sie ist außerdem „Maître de conférences associé“ an der Ecole de management universitaire IAE, Lyon III. 2005 hat sie das Unternehmen Projet France International gegründet, das sich auf die Bereiche Marketing, Projekt-Management und Interkulturelle Trainings & Beratung spezialisiert hat. Projet France International begleitet mittelständische Unternehmen, Wirtschaftsförderungsgesellschaften und multinationale Konzerne dies und jenseits des Rheins. Silvia Didier hat sowohl die deutsche als auch die französische Staatsbürgerschaft und lebt seit 2001 mit ihrer Familie in Lyon.