Gesamtartikel - Treuhänder
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Gesamtartikel - Treuhänder
INTERNATIONAL Christine Hirszowicz Stellenwert einer wirksamen Bankenaufsicht in der internationalen Finanzarchitektur Hohe Anforderungen an Regulierung und Aufsicht Für die Bewältigung künftiger Finanzkrisen und die Vermeidung ihrer zerstörerischen Kräfte braucht es gesunde Bankensysteme. Ohne den Aufbau einer wirksamen Bankenaufsicht in jedem einzelnen der aufstrebenden Länder ist dieses Ziel nicht zu erreichen und die nächste Finanzkrise mit globalen Auswirkungen vorprogrammiert. 1. Lehren aus der asiatischen Finanzkrise Verfolgt man die internationale Wirtschaftspresse im Verlaufe des Jahres 2000, rund zweieinhalb Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise in den aufstrebenden Ländern Südostasiens [1], so häufen sich die Schalmeienklänge über eine rasche Erholung dieser Länder und über die Rückkehr des Vertrauens privater Investoren. Gemäss einer Prognose des Institute of International Finance [2] werden die Direktinvestitionen und Portfolio-Anlagen privater Investoren im Jahre 2000 in diese Länder wieder zunehmen, doch werden sich die Banken vor einer erneuten Kreditvergabe in grossem Ausmass noch zurückhalten. Laut Statistiken aus der grössten Volkswirtschaft Südostasiens, Thailand, sind wieder hohe Wachstumsraten zu verzeichnen, die durch den Export und die Inlandnachfrage generiert werden. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass dieses Wachstum durch massive staatliche Konjunkturstützen getragen wird, was langfristig zu einer unerträglichen Gesamtverschuldung des Staates führen Der Schweizer Treuhänder 4/01 muss. In den Bankbilanzen dieses Landes waren Ende 1999 noch rund 44% der Kredite sog. «Non Performing Loans» [3]. Eingedenk der wahren fundamentalen Ursachen der asiatischen Finanzkrise, Christine Hirszowicz, Dr. oec. publ., ausserord. Professorin für Bankbetriebswirtschaftslehre am Institut für schweizerisches Bankwesen der Universität Zürich, ehemals Direktorin der Swiss Banking School, Zürich [email protected] ist die rasche Rückkehr der Investitionsaktivität und die Risikofreude der Marktteilnehmer erstaunlich, um nicht zu sagen bedenklich. Solange Kapital fehlalloziert wird in spekulative Investitionen und ineffiziente Produktionsprozesse in politisch geschützten Inlandmärkten, solange eine kleine Schicht von korrupten Politikern und Unternehmern sich auf Kosten der Mehrheit bereichert, kann es keine nachhaltige Gesundung dieser Volkswirtschaften geben. Der in Kyoto lehrende Professor Yoshihara Kunio fordert in seinem jüngsten Werk [4] die Entwicklung einer neuen Kultur für Südostasien. Im Sinne demokratischer Grundwerte braucht es eine politische Philosophie, die am Gemeinwohl orientiert ist. Es braucht die Verankerung der Rechtsstruktur einer sozialen Marktwirtschaft, mit unbestechlichen Richtern, Politikern, Beamten und Unternehmern, mit unabhängigen Kontrollinstanzen für die Durchsetzung der Prinzipien eines Rechtsstaates. Ansätze von Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit sind in einzelnen Staaten auszumachen [5]. Es wird aber Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern, bis sie mehrheitlich zu echten demokratischen Staaten heranwachsen. Finanzkrisen werden auch in Zukunft ausbrechen. Ziel aller Bemühungen sollte es sein, ihren Schaden zu minimieren und dazu beizutragen, die Kosten ihrer Bewältigung möglichst tief zu halten. Die jüngsten Erfahrungen in Süd-Ost Asien haben gezeigt, dass Länder, die jährliche Wachstumsraten zwischen 5 und 8% des BSP kannten, durch die Finanzkrise in eine tiefe Depression fielen mit negativen Wachstumsraten des BSP von 5 bis 14% pro 343 INTERNATIONAL Christine Hirszowicz, Stellenwert einer wirksamen Bankenaufsicht in der internationalen Finanzarchitektur Jahr [6]. Dabei trugen die ärmsten Bevölkerungsschichten die grössten Entbehrungen. Für die Bewältigung künftiger Finanzkrisen und die Vermeidung ihrer zerstörerischen Kräfte braucht es eine gründliche Renovation des Bankensystems. Ohne den Aufbau einer wirksamen Bankenaufsicht in jedem einzelnen dieser Länder ist dieses Ziel nicht zu erreichen und die nächste Finanzkrise mit globalen Auswirkungen vorprogrammiert. Eine Reihe gut fundierter Studien über die Asien-Finanzkrise analysieren Ursachen, Massnahmen zur Prävention und Möglichkeiten zur Therapie. Stellvertretend für viele seien die folgenden, besonders repräsentativen Arbeiten vorgestellt. 1.1 Goldstein, Morris The Case for an International Banking Standard, Institute of International Economics, Washington, April 1997 Bereits vor dem eigentlichen Ausbruch der Asienfinanzkrise im Juli 1997 empfahl der bekannte Experte für internationale Wirtschaftspolitik und internationale Kapitalmärkte, Morris Goldstein, in dieser Studie Mindestnormen für zentrale Gebiete der Bankenaufsicht. Er legte die prozeduralen Schritte dar, welche zur Realisierung von international anerkannten Standards der Bankenüberwachung führen würden. Folgende Gebiete werden darin mit höchster Dringlichkeit erwähnt: • Transparenz der Rechnungslegung von Banken und Unternehmungen gemäss international anerkannten Normen (US-GAAP oder IAS); • Ermächtigung der Bankaufsichtsorgane zur Durchsetzung ihrer Kompetenzen: Erteilung und Entzug von Bankbewilligungen, Ermächtigung zur Einholung sämtlicher benötigter Informationen, Setzen von Standards, Vor-Ort-Kontrollen, Liquidation überschuldeter Banken; • interne Kontrolle: Überwachung der internen Selbstregulierung von Banken; 344 • Transparenz über die Staatsbeteiligung am Kapital und über die Einmischung der Regierung in die Geschäftsführung von Banken; • Transparenz über Kredite an Bankorgane, an massgebende Aktionäre sowie nahestehende Personen oder Gesellschaften; • risikogerechtes Eigenkapital; • Sicherheitsnetz für Kleinsparer; • konsolidierte Banküberwachung und internationale Zusammenarbeit der Bankaufsichtsbehörden. 1.2 Eichengreen, Barry Toward a New International Financial Architecture, A Practical Post-Asia Agenda, Institute of International Economics, Washington, February 1999. Der an der UCAL lehrende Professor für Wirtschafts- und politische Wissenschaften und bekannte Autor, Barry Eichengreen, sieht folgende Verteidigungslinien gegen die Instabilität des Bankensystems in den aufstrebenden Ländern: • Verbesserung des Risiko-Management, des Rechnungswesens und der internen Kontrolle bei Banken; • Aufstockung von Eigenkapital und Reserven der Banken und – dank international anerkannten Praktiken des Rechnungswesens – auch effektives Tragen von Verlusten durch das Eigenkapital der Banken und nicht durch Rettungsaktionen des Staates; • die Liberalisierung des nationalen Kapitalmarktes in den aufstrebenden Ländern darf nicht überstürzt geschehen, jedenfalls nicht bevor die nationalen Banken ihr Risiko-Management aufgebaut haben, die Bankaufsichtsbehörden ihre Kontrolle über die Banken effektiv ausüben dürfen und auch können und nicht bevor die Regierungen bereit sind, ihre Wirtschaftspolitik zu korrigieren; • Beschränkung oder Besteuerung der Aufnahme kurzfristiger Kredite durch Banken in ausländischer Währung; • Einführung von Zusicherungen in die Obligationen-Verträge von Staatsanleihen zur Erleichterung einer Umschuldung. In Zukunft werden Obligationenanleihen einen grösseren Anteil der Portfolio-Anlagen beanspruchen als Bankkredite. Dies ist auf die Disintermediation der Banken zugunsten des Kapitalmarktes zurückzuführen. Die Informationstechnologie ermöglicht bessere Informationsstreuung zugunsten der Kapitalmarktteilnehmer. Dies wird von Eichengreen begrüsst, weil daraus eine bessere Kapitalallokation resultiert und die Banken auch weniger verletzlich werden. Der Autor empfiehlt mit Nachdruck die Vorschläge der G-10 Gruppe in ihrem Bericht «Resolving Sovereign Liquidity Crises» aus dem Jahre 1996. Diese befürworten den Einbezug von Klauseln in alle Staatsanleihen, gemäss welchen eine Restrukturierung der Anleihensschuld in geordnete Bahnen erfolgen kann. Es handelt sich um Majorz-Klauseln, um solche der Lastenteilung, der Nichtbeschleunigung, der Mindestschwellen und der Kollektiv-Vertretung der Investoren. Die G-10 Länder sollten eine Vorreiter-Rolle übernehmen und solche Klauseln in ihre eigenen Anleihensverträge ausnahmslos einbauen; damit könnte vermieden werden, dass die aufstrebenden Länder auf den internationalen Kapitalmärkten selbst ihre eigene Bonität verringern; • Errichtung und Durchsetzung eines nationalen Schuldbetreibungs- und Konkursrechts in jedem der aufstrebenden Staaten bei gleichzeitiger internationaler Harmonisierung dieser Normen; • Unabhängigkeit der Gerichte, die dieses Recht durchsetzen. Ein besonderes Anliegen Eichengreens ist der Einbezug des privaten Sektors in die Krisenbewältigung und Krisenvermeidung. Internationale Organisationen wie IMF und Weltbank sollen weniger die Feuerwehr- und mehr die Präventionsfunktion übernehmen. Dabei soll sich beispielsweise der IMF auf international anerkannte private «Good Governance»-Institutionen stützen, welche Normen des Risk Management, der Rechnungslegung und der internen Kontrolle erarbeitet haben. Der Beizug von Branchenverbänden und privatwirtschaftlichen Organisationen in die FormuDer Schweizer Treuhänder 4/01 INTERNATIONAL Christine Hirszowicz, Stellenwert einer wirksamen Bankenaufsicht in der internationalen Finanzarchitektur lierung von Normen, sei dies für die Selbstregulierung, sei dies für die staatliche Regulierung, könnte sich als ein richtiger Schritt in die gute Richtung erweisen angesichts des schnellen Wandels von Märkten und Produkten und eingedenk der Skepsis gegenüber starrer staatlicher Aufsicht. Diese privaten Instanzen wären auch in der Lage, eine entsprechende Ausbildung von Fachleuten anzubieten, wobei die Finanzierung einer solchen Ausbildung wiederum Sache der internationalen Organisationen sein könnte. Als Beispiel solcher privater Instanzen seien folgende erwähnt: • International Accounting Standards Committee IASC, London (103 Länder) (Rechnungswesen-Normen); • International Federation of Accountants, New York (103 Länder) (Revisions-Normen); • International Organization of Supreme Audit Institutions (INTOSAI), Wien (Revisions-Normen und Anleitungen); • Committee J of the International Bar Association, London (Muster für ein Konkursgesetz); • International Corporate Governance Network (ICGN), London (Normen für die Unternehmungsführung). Wegweisend in diesem Zusammenhang sind die Arbeiten folgender internationaler Organisationen: • International Organization of Securities Commissions (IOSCO), Montreal (Forum der Kapitalmarkt-Regulatoren); • Basle Committee on Banking Supervision (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich), Basel. Zur Eindämmung finanzieller Risiken hat der Basler Ausschuss die 25 Grundsätze einer wirksamen Bankenaufsicht erarbeitet, dies in enger Kooperation mit den grössten Banken der Welt (vgl. Ziffer 2 hinten); • Organization for Economic Cooperation and Development OECD, Paris (Normen der Corporate Governance); • United Nations Commission on International Trade Law, Wien (Behandlung grenzüberschreitender Fälle von Überschuldung); Der Schweizer Treuhänder 4/01 • IMF, Washington (Special Data Dissemination Standards). 1.3 Basel Committee on Banking Supervision Supervisory Lessons to be drawn from the Asian Crisis, Working Paper No. 2, Basle, June 1999 Eine Studiengruppe des Basler Ausschusses widmet diese Analyse vor allem dem Verhalten der Banken der G-10 Länder. Sie hält insbesondere folgende Punkte fest: • Die Forderungen der Banken aus den G-10 Ländern gegenüber den neun Asienkrisenländern waren vorwiegend kurzfristiger Natur und hauptsächlich gegenüber Banken. Die kreditgebenden Banken stammten mehrheitlich aus Europa und Japan. Amerikanische Banken hatten 18 Monate vor Krisenausbruch die Region Südostasien als krisenanfällig identifiziert und ihre Kredite entsprechend reduziert. • Viele kreditgebende Banken gingen davon aus, dass ihre Forderungen automatisch durch die Regierung des Gastlandes garantiert würden und unterschätzten die Markt- und Liquiditätsrisiken. • Wenn Kredite in fremder Währung vergeben werden, sollten die kreditgebenden Banken vorerst abklären, ob der Kreditnehmer Erträge in fremder Währung mit vergleichbarer Fälligkeit generieren kann, um den Kredit zurückzuzahlen. Wo das nicht zutrifft, sollten die kreditgebenden Banken evaluieren, in wie fern Währungsrisiken und Liquiditätsrisiken das Kreditprofil der Gegenpartei belasten. • Eine weitere Lehre aus der Asienkrise ist die neue Bemessung des Länderrisikos. Zu den bisher bekannten Faktoren des politischen und des Transferrisikos kommt das Risiko hinzu, das aus der Schwäche des Bankensektors eines aufstrebenden Landes resultiert. So wollen auch die Rating-Agenturen folgende Faktoren schwerer gewichten: die Belastung eines Landes durch ein schwaches Bankensystem; die Qualität und Unabhängigkeit der Ban- kenaufsicht; die Verwundbarkeit durch eine Liquiditätskrise, die sich aus einer Konzentration kurzfristiger Schulden bei sonst kreditwürdigen Schuldnern ergibt; die zusätzliche Belastung in einer Finanzkrise durch die mangelhafte Veröffentlichung von Wirtschaftsstatistiken; die Gefahr der Ansteckung durch andere Länder. • IMF Special Data Dissemination Standards: Es handelt sich um die freiwillige Veröffentlichung von Wirtschaftsund Finanzstatistiken gemäss einem vom IMF vorgegebenen Muster. Diejenigen Länder, die diese Statistiken regelmässig und gemäss den Anforderungen des IMF publizieren, sollen tiefere Risikobewertungen in der Länder-Risiko-Messung erhalten. 1.4 Council of Foreign Relations Safeguarding Prosperity in a Global Financial System, The Future International Financial Architecture, Project directed by Morris Goldstein, Washington, September 1999 Eine Gruppe aus 29 angesehenen Experten mit u.a. Fred Bergsten, Barry Eichengreen, Martin Feldstein, Paul Krugman, George Soros und Paul Volcker erarbeitete unter der Leitung von Morris Goldstein einen Bericht mit folgenden Empfehlungen: • Ein Anreiz für das Treffen von Massnahmen durch die einzelnen Länder im Sinne eines «Good Housekeeping» zur Prävention weiterer Finanzkrisen muss dadurch geschehen, dass der IMF aufgefordert wird, seine Zinsen für Kredite an Mitgliedländer an das Wohlverhalten bei der Krisenprävention zu binden und dies auch publik zu machen. Zum Wohlverhalten zählen eine ganze Reihe von Bedingungen, die von der Wirtschafts-, Finanz- und Währungspolitik bis zur Erneuerung der rechtlichen Infrastruktur eines Landes gehen. • Kurzfristige Kapitalimporte müssen mit Haltedauer-Strafprämien belegt werden bei Ländern, die ein schwaches Bankensystem haben. 345 INTERNATIONAL Christine Hirszowicz, Stellenwert einer wirksamen Bankenaufsicht in der internationalen Finanzarchitektur • Es müssen Anreize geschaffen werden für die Lastenteilung durch den privaten Sektor, namentlich durch den Einbezug kollektiver DefaultKlauseln in die Verträge für Staatsanleihen. Als ersten Schritt sollen alle neuen Staatsanleihen, die in den Märkten der G-7 Länder gehandelt werden, solche Klauseln enthalten. • Es sollten Anreize geschaffen werden, damit die Regierungen schrittweise von fixen Wechselkursen abgehen. • Der IMF sollte weniger freigebig sein mit seinen Krediten und besser unterscheiden zwischen Länderkrisen und Systemkrisen. Ziel ist die Vermeidung des Moral Hazard. Zur Linderung von Ansteckungsgefahren soll eine sog. Contagion Facility durch die Regierungen einer Region selbst und nicht durch den IMF aufgebaut werden. • Es sollte eine klare Trennung erfolgen zwischen den Aufgaben des IMF und der Weltbank, während der erstere sich auf gesamtwirtschaftliche Politik konzentriert und letztere die längerfristigen strukturellen Entwicklungsziele anstrebt. 1.5 Bericht des Bundesrates vom 4. Oktober 1999 über «Das internationale Finanzsystem und die Position der Schweiz» Vor der Herbsttagung 1999 der Bretton-Woods-Institutionen hat der Bundesrat die verschiedenen Vorschläge zur Reform des internationalen Finanzsystems analysieren lassen und die Position der Schweiz festgehalten. Daran beteiligt waren die Eidg. Finanzverwaltung, das Staatssekretariat für Wirtschaft, die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, der Finanz- und Wirtschaftsdienst des Departements für Auswärtige Angelegenheiten sowie die Schweizerische Nationalbank. In einem konzisen Dokument von 30 Seiten wird die Position der Schweiz dargelegt. Das Anliegen ist ein mehrfaches: Ein stabiles internationales Finanzsystem erleichtert den Güter- und Dienstleistungsaustausch, ist entwicklungspolitisch bedeutsam und auch geeignet, die Folgen von Finanzkrisen bei den sozial Schwächsten 346 in den aufstrebenden Ländern zu lindern. Es werden folgende Massnahmen als prioritär betrachtet: • Eine verbesserte Transparenz der Finanzmärkte der aufstrebenden Länder und die Anwendung entsprechender Standards: Erstellung, Verbreitung und laufende Überprüfung von Normen und Verhaltensregeln für die Geschäftsführung im privaten und öffentlichen Sektor; dazu gehören auch die Ergebnisse der jährlichen wirtschaftspolitischen Konsultationen der Mitgliedstaaten nach Art. IV der IMF-Statuten; einen wichtigen Beitrag zur Transparenz leisten die Special Data Dissemination Standards des IMF zur Verbreitung von Wirtschafts- und Finanzdaten. • Der Kodex des IMF über die Transparenz der öffentlichen Haushalte sowie der Kodex für die währungsund finanzmarktpolitische Transparenz sind geeignet, die Marktteilnehmer über die Regierungstätigkeit und die Politik der Zentralbank besser zu informieren. Der Bereich der Bankenaufsicht wird als sehr wichtig betrachtet und die Bemühungen des Basler Ausschusses zur Bankenaufsicht werden anerkannt und unterstützt. • Der Bundesrat tritt für die Stärkung der internationalen ÜberwachungsStandards und Aufsichtsvorschriften ein. Er räumt gleichzeitig ein, dass die Schwellenländer grosse Schwierigkeiten haben, genügend Ressourcen und kompetentes Personal bereit zu stellen, um das Risk Management in den zu überprüfenden Banken und die Good Governance zu beurteilen. Er plädiert für einen Ausbau der Kapazitäten in diesem Bereich. • Die Schweiz wird ihre bisherige bilaterale Zusammenarbeit im Finanzsektor im Bereich der technischen Hilfe und der Ausbildung fortsetzen, damit die aufsichtsrechtlichen Standards und Grundsätze in diesen Ländern umgesetzt werden können. • Die Schweiz tritt dafür ein, dass die Kapitalflüsse in die Schwellenländer im Einklang mit der strukturellen und institutionellen Entwicklung der Finanzmärkte dieser Länder liberalisiert werden und warnt vor überstürzter Deregulierung. Das gilt auch für den langfristigen Übergang von fixen zu flexiblen Wechselkursen. • Sie betrachtet die bessere Einbindung des Privatsektors in die Krisenbewältigung als ein wichtiges Element der internationalen Finanzarchitektur. Solche Massnahmen sollten möglichst marktgerecht getroffen werden (z.B. durch die Einführung von Klauseln in die Obligationenverträge zwecks Erleichterung der Umschuldung). Die Schweiz ist bereit, im Rahmen einer gemeinsamen Aktion der G-10 Länder solche Klauseln in ihre Bundesobligationen aufzunehmen. • Im Sinne staatspolitischer Ziele wie soziale Gerechtigkeit, menschwürdige Arbeitsbedingungen und ökologische Nachhaltigkeit tritt die Schweiz für Massnahmen zur Reduktion der sozialen Not ein und befürwortet eine breit abgestützte Wachstumspolitik in den aufstrebenden Ländern. Sie unterstützt die enge Zusammenarbeit zwischen OECD, den Bretton Woods Institutionen und den Spezialorganisationen der UNO für die Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit, die Bekämpfung von Korruption und die Senkung unverhältnismässiger Militärausgaben in den Schwellenländern. • Ein weiteres wichtiges Anliegen der Schweiz ist es, die Politisierung des IMF zu vermeiden. Sie tritt für die Beibehaltung des gegenwärtigen Stimmgruppensystems ein, für den Beizug von Experten aus den wichtigsten Schwellenländern und gegen die Aufspaltung des IMF in regionale Fonds. 2. Eine dringende Massnahme Während das Schwergewicht und die Priorität der empfohlenen Massnahmen von Studie zu Studie jeweils etwas anders gelegt werden, sind sich alle Autoren ohne Ausnahme darüber einig, dass die namhaften Schwächen des Bankensystems und der Bankenaufsicht in diesen Ländern einer dringendsten Korrektur bedürfen. Welcher Medizin der schwer kranke Patient Bankensystem bedarf, ist klar. Sie stammt aus Basel. Die Kunst der Therapie liegt Der Schweizer Treuhänder 4/01 INTERNATIONAL Christine Hirszowicz, Stellenwert einer wirksamen Bankenaufsicht in der internationalen Finanzarchitektur in der Art der Verabreichung dieser Medizin. Bereits 1997 hat der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Zusammenarbeit mit Aufsichtsexperten aus Ländern, die nicht der 10er Gruppe angehören, ein umfassendes Programm für eine wirksame Bankenaufsicht zusammengestellt. Es enthält 25 Grundsätze einer hochwertigen Bankenaufsicht. Diese «Core Principles for Effective Banking Supervision» sind inzwischen weltweit anerkannt und zählen zu den wichtigsten Normen der Bankenregulierung und Banküberwachung. Eine grosse Zahl von Ländern haben ihre Absicht bekundet, diese Normen zu übernehmen. So hat u.a. die Internationale Konferenz der Bankaufsichtsbehörden im Oktober 1998 in Sydney die Core Principles ratifiziert und sich dazu verpflichtet, einen aktiven Beitrag zu ihrer Implementierung zu leisten. Die Core Principles enthalten Empfehlungen auf folgenden Gebieten [7]: • Voraussetzungen einer wirksamen Bankenaufsicht (Art. 1); • Banklizenz, Aktionariat, Führung und Organisation der Bank (Art. 2–5); • Umgang mit Risiken: Identifikation, Messung und Steuerung (Art. 6–15); • Methoden der kontinuierlichen Bankenaufsicht (Art. 16–20); • Erfordernis der Transparenz (Art.21); • formale Macht der nationalen Aufsichtsbehörde (Art. 23–25). Um sicherzustellen, dass diese Grundsätze auch eingeführt und befolgt werden, ist eine Kontrolle unabdingbar. Zu diesem Zweck hat der Basler Ausschuss in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds (IMF) und der Weltbank 1998 Richtlinien für die Beurteilung der Implementierung dieser Normen in den einzelnen Ländern erarbeitet. Diese Richtlinien, «Core Principles Methodology» genannt, enthalten eine ausführliche Wegleitung für die Überprüfung der Einführung einer hochwertigen Bankenaufsicht. Im Juni 1999 hat die unter Ziffer 1.3 erwähnte Arbeitsgruppe einige EmpfehDer Schweizer Treuhänder 4/01 lungen erarbeitet, wie diese Grundsätze im Lichte der Asienfinanzkrise selektiv angepasst werden sollten (Comment on the adequacy of the Core Principles for debtor banks in the light of the Asian crisis). Diese Grundsätze liefern der internationalen Finanzgemeinschaft einen Massstab, an welchem die Wirksamkeit der Bankenaufsicht und Banküberwachung gemessen werden kann. Dies sollte dem IMF, der Weltbank sowie privaten Investoren und Kreditgebern als Benchmark für das Setzen von Kreditbedingungen sowie für die Preispolitik und das Risk-Management dienen. Um internationalen Druck auf die betroffenen Länder für die rasche Einführung der Core Principles auszuüben, übernimmt der Basler Ausschuss als Schrittmacher auf diesem Gebiet eine aktive Rolle bei der Interpretation und fortlaufenden Anpassung der Core Principles. Er setzt sich für die Ausbildung und das Training der Bankaufseher weltweit ein und arbeitet auch auf diesem Gebiet mit dem IMF, der Weltbank sowie Vertretern aus den nichtG-10 Ländern zusammen. In diesem Sinne sind beispielsweise die sog. Artikel IV Konsultationen des IMF geeignet, die Transparenz eines Landes zu erhöhen und damit auch die Information zu Handen der ausländischen Bankaufsichtsbehörden und der Finanzmärkte zu verbessern. Im Rahmen der Artikel IV Konsultationen des IMF werden jährlich Berichte über jedes Mitgliedland erstellt. Darin wird die wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Lage des Landes kommentiert, nachdem intensive Konsultationen mit Experten des betreffenden Landes stattgefunden haben. Es bleibt dem Mitgliedland freigestellt, ob es diesen Bericht veröffentlichen will. Die Schweiz hat sich kürzlich einem Pilotprojekt für die erstmalige Publikation eines solchen Berichtes angeschlossen. Der Basler Ausschuss unterstützt auch die Bemühungen des IMF zur Erhöhung der Transparenz eines Landes mittels den bereits erwähnten Special Data Dissemination Standards (SDDS). 3. Ausblick Während früher Finanzkrisen noch durch eine restriktive Geld- und Fis- kalpolitik gelöst werden konnten, ist dies in der neuen Epoche der globalen Kapitalmobilität nicht mehr möglich. Die Hauptaufgabe liegt jetzt darin, die schwachen Glieder der globalen Finanzkette zu stärken, d.h. – dass die einzelnen Länder eine strenge Bankenregulierung und Bankenaufsicht errichten müssen, – dass sich die Banken und anderen Unternehmungen international anerkannten Normen des Rechnungswesens und der Revision anschliessen müssen, – dass ein modernes Schuldbetreibungs- und Konkursrecht errichtet und durch unabhängige Gerichte implementiert wird, – dass die Corporate Governance international anerkannten Normen folgt und – dass der Marktdisziplin durch höhere Transparenz auf allen Stufen eine Chance eingeräumt wird. Dazu muss die Ausbildung vermehrt angeboten und optimal koordiniert werden. Lehrkräfte sollten aus der Privatwirtschaft durch internationale Organisationen eingesetzt werden. Dabei muss gebührend berücksichtigt werden, dass Kultur und Politik in den Staaten Süd-Ost-Asiens andere Dimensionen kennen als unsere westeuropäischen und atlantischen Länder. Fortschritte in Richtung eines weltweit sichereren Finanzsystems werden nur sukzessiv erreicht werden können, doch liegt es im Interesse sämtlicher Marktteilnehmer und Länder, mit höchster Dringlichkeit diese unverzichtbaren Voraussetzungen mit allen Kräften in die Praxis umzusetzen. Anmerkungen 1 Es handelt sich hauptsächlich um folgende Länder: Indonesien, Malaysia, Philippinen, Süd-Korea, Thailand. 2 NZZ v.25.1.00. 3 NZZ v. 4.1.00. 4 Yoshihara, Kunio: Building a Prosperous Southeast Asia. Curzon Press, Richmond 1999 (NZZ v. 10.12.99). 5 The Economist, February 12, 2000. 6 Goldstein, Morris: Safeguarding Prosperity in a Global Financial System, Washington, Sept.1999 7 Vgl. EBK Bulletin 33, 1997. 347 INTERNATIONAL Christine Hirszowicz, Stellenwert einer wirksamen Bankenaufsicht in der internationalen Finanzarchitektur Literatur Goldstein, Morris: The Case for an International Banking Standard, Institute of International Economics, Washington, April 1997. Eichengreen, Barry: Toward a New International Financial Architecture, A Practicial Post-Asia Agenda, Institute of International Economics, Washington, February 1999. Basel Committee on Banking Supervision: Supervisory Lessons to be drawn from the Asian Crisis, Working Paper No 2, Basle, June 1999. Council of Foreign Relations,: Safeguarding Prosperity in a Global Financial System, The Future International Financial Architecture, Project directed by Morris Goldstein, Washington, September 1999. Bericht des Bundesrates über das internationale Finanzsystem und die Position der Schweiz, Bern, 4. Oktober 1999. Eidgenössische Bankenkommission, Bern, Bulletin 33, 1997. Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 4. 1. 2000, 25.2.2000. Kunio, Yoshihara: Building a Prosperous Southeast Asia, Curzon Press, Richmond, 1999. The Economist, London, Feb. 12, 2000. Goldstein, Morris: Safeguarding Prosperity in a Global Financial System, Washington, September 1999. Lamfalussy, Alexandre: Financial Crisis in Emerging Markets, Sheridan Books, Chelsea, Michigan, 2000. RESUME Surveillance bancaire efficace dans le cadre du système financier international Il est étonnant de constater à quel point la presse économique internationale se plaît à insister sur l’évolution favorable des pays du sud-est asiatique qui étaient, il y a à peine deux ans et demi, tant victimes que coupables de la crise financière. Où se sont donc évanouis ces nombreux commandements et tous ces conseils avertis pour corriger les graves déficits tant dans les structures législatives que réglementaires, l’absence de surveillance bancaire prudentielle, l’inexistence d’une politique de crédit saine, le manque d’une gestion des risques méritant ce terme, d’une loi pour poursuites et faillites et de tribunaux indépendants?... Cet article résume une série de travaux scientifiques parmi les meilleurs analysant les causes de la crise financière asiatique, les mesures de préventions contre de futures crises semblables ainsi que les instruments de thérapie permettant d’en assouplir les conséquences. Il s’agit de travaux émanant d’auteurs tels que Morris Goldstein ou Barry Eichengreen de l’Institute of International Economics à Washington, du Comité de Bâle sur la Surveillance Bancaire de la Banque des Règlements Internationaux, du Council of Foreign Relations à Washington et finalement aussi d’une prise de position de notre Conseil fédéral à l’égard du système financier international. Alors que ces diverses études mettent l’accent sur des priorités différentes, elles s’accordent tou348 tes, sans exception, sur le fait que la mesure la plus urgente est de remédier aux structures défaillantes du système bancaire du pays en question et d’instaurer une surveillance bancaire indépendante et efficace. La thérapie dont a besoin d’urgence le malade grave est bien connue. Elle provient de Bâle. Tout l’art de la guérison se trouve dans l’application du médicament en question. Dès 1997, le Comité de Bâle a établi, en coopération avec des experts de pays en dehors du Groupe des 10, un programme complet pour une surveillance bancaire prudentielle. Ce document comprend 25 principes de surveillance intitulés «Core Principles for Effective Banking Supervision». Il a bénéficié d’une reconnaissance mondiale et compte parmi les normes les plus importantes de surveillance bancaire. Il s’étend sur les domaines suivants: • conditions préalables d’une surveillance bancaire efficace; • autorisation, actionnariat, gestion et organisation de la banque; • traitement des risques: identification, évaluation et gestion; • méthodes de surveillance continue; • exigence de transparence; • puissance réelle et indépendance de l’autorité nationale de surveillance bancaire. Le même Comité de Bâle a aussi établi des directives pour le respect et le suivi de ces normes. Ces directives sont intitulées «Core Principles Methodology» et datent de 1998. Elles pourront servir aux organisations internationales telles que le FMI ou la Banque Mondiale pour évaluer la qualité des banques victimes de la crise asiatique. Si les crises financières pouvaient, à l’époque, être résolues par une politique monétaire ou fiscale restrictive, ceci n’est plus le cas à l’ère de la mobilité globale du capital. Les objectifs les plus urgents sont dès lors de renforcer les maillons faibles de la chaîne mondiale du flux des capitaux. Ceci ne signifie autre chose que d’établir une surveillance bancaire très efficace, de permettre le jeu de la discipline du marché, de garantir une gestion d’entreprise responsable de ses actes (Good Governance), d’exiger l’application de normes de comptabilité reconnues à l’échelle mondiale, d’instaurer dans chacun des pays en question une législation de poursuites et faillites efficace ainsi qu’une juridiction indépendante. Tout cela exige un effort de formation. Afin de faire pression à l’échelle internationale pour que soient appliqués ces critères de surveillance bancaire, le Comité de Bâle offre des formations adéquates aux experts dans les pays respectifs, ceci en coopération avec le FMI et la BM. En déployant leurs conseils, les enseignants doivent tenir compte du fait que la culture et la politique des pays du sud-est asiatique connaissent d’autres dimensions que celles de nos pays occidentaux. CH L’Expert-comptable suisse 4/01