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CARAVAGGIOS AMOR
EIN MEISTERWERK ZU GAST
CARAVAGGIO’S CUPID
A VISITING MASTERPIECE
16. SEPTEMBER BIS
1. DEZEMBER 2015
CARAVAGGIOS AMOR
EIN MEISTERWERK ZU GAST
Die seit alters freundschaftlichen Beziehungen des Kunsthistorischen Museums zu
den Florentiner Galerien machen es möglich, ein spätes Werk des Barockmalers
Michelangelo Merisi, genannt Caravaggio (1571−1610) in Wien zu zeigen: Es
handelt sich um den berühmten »Schlafenden Cupido« aus der Galleria Palatina
(Palazzo Pitti).
Der Liebesgott Amor wird seit der Antike in der Gestalt eines kleinen, mit Pfeil und
Bogen bewaffneten Knaben wiedergegeben. Darstellungen dieser Art sind auch als
Cupido bekannt (lat. für »Begierde«). Dass die Begierde als kleines Kind verkörpert
wird, ist kein Zufall, drückt sich darin doch das Spielerische, Unüberlegte und
Zufällige aus, das häufig mit dem Gefühl des Begehrens und der Liebe verbunden
ist. Wen der Knabe mit seinen Liebespfeilen trifft, der ist unwiderruflich ein Opfer
seiner Gefühle. In den Bildkünsten wird die Begierde also häufig als Gefühlsregung
inszeniert, die zwischen einem unfreiwillig ausgelösten, gefährlichen
Gemütszustand, vor dem kein Entkommen ist, und den positiven Wirkungen des
Begehrens und Liebens changiert. Das eigentlich Originelle des Florentiner Werkes
besteht darin, dass Caravaggio den kleinen, die Liebesregung verkörpernden
Götterknaben im Zustand des Schlafens zeigt. Das Gefühl der Liebe ist also
erloschen, oder noch nicht erwacht.
Als besondere Gelegenheit wird das Gemälde anlässlich seiner Ausstellung in Wien
auch von der Rückseite zu bestaunen sein. Die Leinwand trägt dort eine Inschrift,
die vermutlich von Caravaggio selbst stammt und die das Werk in das Jahr 1608
datiert. Damit ist Caravaggios »Amor« eine spannende Ergänzung zu den wohl
früher entstandenen Gemälden der Wiener Galerie.
Der dem Malteser-Ritterorden angehörende Literat Fra Francesco Buonarroti, ein
Großneffe des berühmten Malers und Bildhauers Michelangelo (1475−1564), belegt
in einem Brief nicht nur den Transport des Werkes von Malta nach Florenz, sondern
auch den prominenten Auftraggeber: Es handelt sich um Fra Francesco dell’Antella,
den Sekretär des Großmeisters der Malteser. Er ließ das Gemälde kurz nach dessen
Entstehung von Malta nach Florenz transportieren, wo er es spätestens ab 1611 stolz
in Künstler- und Literatenkreisen präsentierte.
Der auf seinen Flügeln und seinem Köcher ruhende Amor ist, neben den Porträts
von zwei prominenten Maltesern, das einzige nicht religiöse Bild aus der Zeit
Caravaggios auf der Mittelmeerinsel. Kurz nach Vollendung des Werkes wurde der
Künstler, der wegen einer tätlichen Auseinandersetzung, bei der sein Gegner zu
Tode kam, aus Rom hatte fliehen müssen, nach einem weiteren handgreiflichen
Streit eingekerkert. Er konnte zwar aus dem Gefängnis nach Sizilien entfliehen,
wurde jedoch in Abwesenheit aus dem Malteser-Orden ausgeschlossen.
Caravaggios »Amor« wird oft mit einer verschollenen Skulptur Michelangelos in
Verbindung gebracht, die ebenfalls einen Cupido zeigte. Daraus und aus der
dramatischen Lichtregie des Gemäldes haben sich seither religiöse wie profane
Deutungsversuche der rätselhaften Darstellung des schlafenden Knaben ergeben. Sie
bewegen sich zwischen der Rezeption antiker Quellen, also mythologischer Inhalte,
Verweisen auf die Passion Christi – was auch für Michelangelos Skulptur zutreffen
mag − und sogar den in Renaissance und Barock beliebten Anspielungen auf die
Vergänglichkeit des irdischen Lebens (Vanitas).
SEPTEMBER 16 DECEMBER 1, 2015
CARAVAGGIO’S CUPID
A VISITING MASTERPIECE
Thanks to the long-standing cordial relations between the Kunsthistorisches
Museum and the museums in Florence we are able to show a late, great work by the
baroque master Michelangelo Merisi called Caravaggio (1571−1610): his celebrated
»Sleeping Cupid« from the Galleria Palatina (Palazzo Pitti).
In classical antiquity Cupid, the god of love, was always depicted as a young boy
armed with bow and arrows. Such images were known as representations of Cupido
(Latin for »desire«). It is no accident that the personification of desire is a small
child − it functions as a reference to the playful, impetuous and accidental nature of
desire, of love. Whomever the boy’s arrows of love pierce becomes a slave to his or
her feelings. In the visual arts desire is often depicted as an emotion oscillating
between an unintentionally triggered, dangerous emotional state from which there is
no escape, and the positive effects of desire and love. What sets the painting in
Florence apart is that Caravaggio chose to depict the divine personification of love
asleep − the emotion of love has withered, or is still dormant.
In the presentation in Vienna visitors will also be able to inspect the painting’s back.
The inscription on the canvas is probably by Caravaggio himself, and dates the
composition to 1608. This makes the painting a fascinating addition to the master’s
works in Vienna, all of which were probably executed some years earlier.
In a letter Fra Francesco Buonarroti, a knight of the Order of Malta and a man-ofletters as well as the great-nephew of the celebrated painter and sculptor
Michelangelo (1475−1564), describes both the putto’s much-discussed removal
from Malta to Florence and names the connoisseur who had ordered it: Fra
Francesco dell’Antella, the prominent secretary of the Grandmaster of the Order of
Malta. Shortly after the painting’s completion he had it transported from Malta to
Florence, where he proudly displayed it in the city’s literary and artistic circles no
later than 1611.
Together with the portraits of two prominent Maltese gentlemen, Cupid stretched
out on his wings and his quiver is the only non-religious work Caravaggio produced
during his sojourn on the island. Shortly after its completion the artist, who had fled
Rome after somebody he had assaulted there had died of his wounds, was
incarcerated for participating in yet another brawl. Carvaggio managed to escape
from prison and reach Sicily but was expelled from the Order of Malta in absentia.
Caravaggio’s »Cupid« has often been compared to Michelangelo’s lost sculpture of
»Cupid«. This and the composition’s dramatic lighting have inspired various
religious and profane interpretations of this enigmatic depiction of a sleeping boy.
They range from a reception of classical sources, i.e. mythological subjects, to
references to the Passion of Christ (which may also apply to Michelangelo’s
sculpture), to allusions to the transience of all earthly things (vanitas), a topic
beloved of Renaissance and Baroque artists.
PRESSEFOTO
Pressefotos zur aktuellen Berichterstattung stehen zum Download auf unserer
website press.khm.at bereit.
Michelangelo Merisi, genannt Caravaggio (1571−1610)
Schlafender Cupido
um 1608
Öl auf Leinwand, 72 x 105 cm
© Galleria Palatina, Florenz
Michelangelo Merisi, called Caravaggio (1571−1610)
Sleeping Cupid
c. 1608
oil on canvas, 72 x 105 cm
© Galleria Palatina, Florence
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