Erwachsen? - Suchthilfe-MV
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Erwachsen? - Suchthilfe-MV
AUS G ABE 5 / 2013 MECKLENBURGER STRASSENMAGAZIN ? n e s h c a w Er EIN PROJEKT FÜR MENSCHEN IN SOZI ALER NOT Oktober / November 2013 1,20 Euro Davon 60 Cent für den Verkäufer „die straße“ erscheint in Schwerin, Wismar, Güstrow, Ludwigslust und Crivitz „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Inhalt: Seite 2 Leben in Bildern Buchverlosung 18 Jahre Leben in Bildern Schon immer hat sich die Straßenzeitung auch mit dem Thema „Erwachsenwerden“ beschäftigt. Jetzt ist die Zeitung selbst volljährig geworden. Seite 3 Tafelgartenfest Start-Zeichen Seiten 4 und 5 Gedanken zur Volljährigkeit Seite 6 Nachdenkliches Endlich 18 Seite 7 Auf Jobsuche Seiten 8 und 9 Die „Eule“ Endlich eine Party Seite 10 Vom Leben auf dem Land Seite 11 Betreuungskraft in der Altenpflege Seiten 12 und 13 „Honigbiene“ für Kinder Seite 14 Verkäufer Frank Hoffmann Seite 15 Volljährig in der DDR Seite 16 Der Sänger Carl Hill Seite 17 – Ludwigslust Die große Kaskade Seite 18 – Wismar Markthalle Seite 19 – Güstrow Veranstaltungen im Schloss Ausstellung in der Ernst-Barlach-Stiftung Seite 20 – Crivitz Der Fall Kadow Seite 21 Buchvorstellungen Seite 22 Geschichte(n) der Heimat Seite 23 Sudoku, Leserbrief Aufruf, Impressum Seite 24 Kreuzworträtsel 2 Buchverlosung In der vorigen Ausgabe stellten wir auf Seite 21 das Buch „DAS GROSSE LOS“ von Meike Winnemuth vor. Der Knaus Verlag hat uns freundlicherweise drei Exemplare des Buches für eine Verlosung zur Verfügung gestellt. Über ein Buch von Meike Winnemuth können sich freuen: Ingeborg Helm, Schwerin Susanne Reißig, Berlin Karl-Heinz Schmidt, Schwerin Herzlichen Glückwunsch! Die Redaktion „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Erlebnisreiche Stunden in der Natur Start-Zeichen „Fest im Grünen Tafelgarten“ erfreute sich großer Beliebtheit Wie schon in den vergangenen Jahren veranstaltete der JOB TAFEL Beschäftigungsträger der Evangelischen Suchtkrankenhilfe gGmbH auch in diesem Jahr wieder ein „Fest im Grünen Tafelgarten“. Am 22. August, von 10 bis 16 Uhr, bei herrlichem Sonnenschein und jeder Menge gute Laune, freuten wir uns über die zahlreichen Gäste, zu denen auch unsere Oberbürgermeisterin zählte. Angelika Gramkow bestaunte auf ihrem Rundgang die riesige Gartenfläche, lobte das Engagement der fleißigen Mitarbeiter und überreichte einen Gutschein. Auch in diesem Jahr waren wieder Grundschüler/-innen des Sonderpädagogischen Förderzentrums, der Astrid-Lindgren-Schule sowie Kinder der Kindertafel Mueßer Holz zu Gast und verbrachten erlebnisreiche Stunden in unserer „grünen Oase“. Die Kinder bewunderten die vielen Obstbäumchen; interessantes Gemüse wie z.B. Zucchini, Melonen und Gurken, rote Bete, Möhren und Stangenbohnen; verschiedene Kräuter und viele, viele Blumen. Eine besondere Überraschung bot sich im hinteren Teil des Gartens, wo Kaninchen und Wachteln in kleinen Gehegen auf die Gäste warteten. Der AWO-Treff „Deja vu“ unterstützte uns an diesem Tag und stellte eine mobile Hüpfburg zur Verfügung, auf der die Kinder natürlich einen Riesenspaß beim Toben und die Erwachsenen beim Zuschauen hatten. Ein weiteres Highlight war auch wieder unser Glücksrad. Die Kinder hatten viel Spaß beim „Drehen“ und freuten sich sehr über die attraktiven Preise. Die kleine Sinnesstrecke, an der verschiedene Kräuter „errochen“ und „erschmeckt“ werden konnten, sowie das Büchsenwerfen fanden ebenfalls großen Anklang. Zwei Mitarbeiter der Spielzeugwerkstatt, ein weiteres Projekt des JOB TAFEL Beschäftigungsträgers, boten den Kindern an diesem Tag kostenlos gespendetes Spielzeug an. Für das leibliche Wohl war natürlich ebenfalls gesorgt. So fanden die frische Gemüsesuppe sowie unsere Kräuterquark- und Schmalzschnittchen reißenden Absatz. Natürlich kamen auch die Kuchenfreunde nicht zu kurz: viele Bleche mit schmackhaftem Kuchen standen für die Gäste bereit. Besonders freuten wir uns auch in diesem Jahr wieder über den Besuch zahlreicher Bewohner/-innen der anliegenden Alten- und Pflegeheime am Nachmittag, denen der Kuchen und der Kaffee besonders gut schmeckten. Das „Fest im Grünen Tafelgarten“ war auch in diesem Jahr wieder eine sehr schöne, bunte und gelungene Veranstaltung. Monika Schumann Nach wie vor unverzichtbar Bei der Vorbereitung dieser Ausgabe hörten wir immer wieder: „18 Jahre Straßenzeitung? So lange gibt es euch schon?“ Ja, so lange schon. Im November 1995 erschien die erste Ausgabe der „straße“. Damals war diese etwas andere Art der Berichterstattung noch nahezu unbekannt. Doch das änderte sich schnell. Heute ist die Straßenzeitung eine wichtige Ergänzung herkömmlicher Printmedien. In 18 Jahren des „Erwachsenwerdens“ ist viel passiert. Es ist ein Zeitraum, in dem 106 lesenswerte und interessante Ausgaben mit insgesamt 2.544 Seiten und ca. 5.000 Fotos entstanden sind. Bei allem gesellschaftlichen Wandel haben wir nie aus den Augen verloren, was wir sind und was wir wollen: Menschen ermutigen, sich nicht ins soziale Abseits drängen zu lassen, sondern sich ihrer Stärken bewusst zu werden und, wenn nötig, Hilfsangebote anzunehmen. Straßenzeitungen werden nach wie vor unverzichtbar sein. Jedenfalls solange es Menschen gibt, die in der Gesellschaft aus den verschiedensten Gründen keine Anerkennung finden und der Hilfe Anderer bedürfen. Auf ihre Probleme aufmerksam zu machen und die Leser zu sensibilisieren, war unser Anliegen in den zurückliegenden Jahren und wird es auch in Zukunft sein. Dass es uns 18 Jahre gibt – darauf können wir nicht stolz sein. Dass wir diese Zeitung machen dürfen, jedoch schon. Horst Pfeifer 3 „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Die Straßenzeitung „die straße“ wird im November 18 Jahre alt. Wenn das kein Grund zum Feiern ist! Schließlich erlangt man(n) (Frau auch) mit der Vollendung des 18. Lebensjahres in Deutschland die Volljährigkeit. Der betreffende Mensch wird zu diesem Zeitpunkt voll geschäftsfähig und darf von nun an, zum Beispiel auf kommunaler und Bundesebene, wählen. Seit 1950 ist das in der Deutschen Demokratischen Republik so gewesen, und seit 1975 wurden auch die Jugendlichen in der Bundesrepublik Deutschland mit Vollendung des 18. Lebensjahres volljährig. Dem ging im März des Jahres zuvor eine hitzige Debatte im Bundestag voraus. Im Ergebnis trat am 1. Januar 1975 das „Gesetz zur Neuregelung des Volljährigkeitsalters“ in Kraft, womit der Eintritt der Volljährigkeit vom vollendeten 21. Lebensjahr auf die Vollendung des 18. Lebensjahres herabgesetzt wurde. Das Durchschnittsalter der damaligen Abgeordneten des Bundestages lag übrigens bei ungefähr 47 Jahren, also was mussten die doch „relativ“ jungen Parlamentarier da so lange bereden? Übrigens war ich über diese Zahl sehr erstaunt, hätte ich sie doch 4 wesentlich höher vermutet. Aber mein Vater sah mit 35 Jahren auch irgendwie älter aus als ich mit 35, glaube ich jedenfalls. Für den interessierten Leser: Das aktuelle Durchschnittsalter unserer Volksvertreter beträgt genau 49,42 Jahre. Alter ein Garant für Weisheit? Was man mit Erreichung der Volljährigkeit alles tun und lassen muss bzw. soll oder darf, das ist zumeist in unseren Gesetzen festgeschrieben und unterliegt keinem besonderen Qualitätsanspruch. Der Mensch wächst, wird älter, manchmal noch älter, bildet sich oder auch nicht, zeugt Kinder, pflanzt Bäume, schreibt vielleicht ein Buch und wartet „volljährig“ auf das, was da kommt. Jeder ist seines Glückes oder Unglückes Schmied, versucht man uns immer wieder deutlich zu machen, und die gebratenen Tauben sind zum Greifen nah. Neuerdings erlaubt der Bundesgesundheitsminister uns sogar, selbst zu entscheiden und zu wählen (siehe oben), ob uns eine private oder gesetzliche Krankenkasse bis ans Grab begleiten darf. Stand und Besitz sollen dabei egal sein, nur diese eine Vision hat er. Hoffentlich haben auch die Krankenkassen Visionen, die sich mit dem Geldbeutel des Bürgers und des Staates vertragen. Da fällt mir ein altes Lied von Curd Jürgens ein. „Sechzig Jahre und kein bisschen weise, aus gehabtem Schaden nichts gelernt“. Ob vor oder nach dem Erreichen der Volljährigkeit, richtig „fertig“ sind wir nie. Fast beharren wir als mündige Zeitgenossen darauf, immer wieder die gleichen Fehler zu machen und den Erfahrungswert aus begangenen Fehlern eher niedrig zu halten. Aber wir haben ja ein Leben lang Zeit, und wer will schon als weise gelten? Viele Publikationen werben um die Gunst der Leser Der Wahlspruch Peer Steinbrücks vor der letzten Bundestagswahl lautete: „Sie haben es in der Hand“. Was der Bürger nach der Wahl in der Hand hat oder wieder mal nicht, das wird die Zukunft zeigen. Was Sie, lieber Leser, aber nunmehr seit 18 Jahren wirklich und regelmäßig in der Hand haben, ist diese Straßenzeitung. Sie und die vielen Mitstreiter sind sozusagen volljährig geworden. Einige Jahre meines Berufslebens hatte ich mit einer Vielzahl unterschiedlichster Zeitungen und Zeitschriften zu tun. Somit konnte ich ein wenig hinter die Kulissen dieser mächtigen Branche schauen. Auf Grund ihres regelmäßigen, periodischen Erscheinens und ihrer besonderen inhaltlichen und thematischen Ausrichtung, dürfen wir das Produkt, welches gerade aufgeschlagen vor Ihnen liegt, mit Fug und Recht Zeitschrift nennen. Von denen gibt es auf dem freien Zeitschriftenmarkt inzwischen tausende. Neben der großen Anzahl von Blättern, die dem Käufer seit vielen Jahren bekannt sind, herrscht auf dem Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt ein reger Verkehr. Es ist ein Kommen und Gehen. Immer wieder neue Magazine und Illustrierte, mit mehr oder weniger gleichen Themen, buhlen um die Gunst des Lesers, oder besser und richtiger den „Zugriff“ des Käufers. Denn darum geht es: verkaufen. Da unterscheiden sich Zeitung und Zeitschrift nicht. Das Überleben hängt von den Verkäufen ab. „Bild“ sei Dank, ist die Auswahl groß, eher unüberschaubar, und der Kunde muss viel Zeit und Geduld mitbringen, um „seine“ Zeitschrift zu finden. Hat er sich dann für eine entschieden, haben Journalisten und Produzenten nur eines zu tun, nämlich den Kunden bei Laune zu halten, ihn in regelmäßigen Abständen ans Regal zu führen und ihn zu veranlassen, das von ihm ersehnte Presseerzeugnis zu kaufen und glücklich nach Hause zu tragen. Noch besser: Er entscheidet sich gleich für ein Abonnement, dann ist der Verkauf wenigstens für ein Jahr gesichert. Abseits der zahlreichen Hochglanzmagazine Nicht anders geht es unserer Straßenzeitung. Auch sie muss ihre Käu- „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL fer und Leser finden, und muss sich immer deren Urteil und Kritik stellen. Vielleicht ist ein kleiner „Mitleidsbonus“ dabei, denn schließlich wird dies alles für einen guten Zweck gemacht und wir helfen einer Menge Menschen, in erster Linie unseren Verkäuferinnen und Verkäufern. Aber so ein Bonus ist etwas sehr Wackliges, der sich schnell verbraucht, wenn Qualität und Inhalte nicht überzeugen. Denn den Kaufpreis könnte man schließlich auch einfach in eine Sammelbüchse stecken. Warum kaufen Sie also unsere Zeitschrift? Sie wissen es genau, ich kann es nur vermuten. Was hat „die straße“ in 18 Jahren geschafft!? Eines steht mit ziemlicher Sicherheit fest, sie konnte sich nicht auf die faule Haut legen und auf ihre Volljährigkeit warten, um dann erst richtig durchzustarten. Etwas mehr Zeit als der amerikanische Präsident mit seinen 100 Tagen, hat sie aber sicherlich gebraucht, bevor sie zu Ihrer Straßenzeitung wurde. Ein großer Vorteil: Sehr viele „Mitbewerber“ hat es nicht gegeben, und so konnten und können sich die Mitstreiter, unter anderem Verkäufer, Redakteure, Fotografen, Autoren, Illustratoren und Ideenfinder ganz auf ein Thema konzentrieren: auf das „Projekt für Menschen in Not“. Sie müssen nicht immer wieder die gleichen stereotypen Themen bedienen, die gut verpackt und zum alsbaldigen Verbrauch bestimmt, frisch geschrieben schon verdorben sind. Ich möchte auf keinen Fall den hier gemeinten Yellow Press-Markt über einen Kamm scheren, schauen wir aber in die Archive, dann gibt es fast nichts, was nicht als Leitmotiv mit „ständige Wiederholung“ oder „Dauerwerbesendung“ überschrieben werden müsste. Dass ein enormer Bedarf an solcher kurzweiligen Lektüre besteht, zeigen die Verkaufszahlen. Und das ist in Ordnung, wenn der „Groschen“ für „die straße“ dabei auch übrig bleibt. So vermessen möchte ich sein! Die Straßenzeitung findet nun seit 18 Jahren den Weg zu Ihnen. Auch als Periodika ist sie immer aktuell, weil die Probleme und Themen, die beleuchtet werden, in diesem Land und in dieser Zeit leider immer „aktuell“ sind. Da sind Leute, die den Finger auf Wunden legen, die Andere nicht sehen wollen, die helfen, wo die Bürgergesellschaft sich oft schon verabschiedet hat, die uns immer wieder Menschen bekannt machen, die zeigen, wie man mit gegenseitiger Hilfe und Achtung durchs Leben gehen kann. Nebenher lernen Sie Ihre Heimatstadt vielleicht etwas besser kennen, begeben sich auf einen Streifzug durch die Geschichte Mecklenburgs mit seinen vielen Sehenswürdigkeiten und Persönlichkeiten. Die Buchvorstellung, die Kinderseiten und das Kreuzworträtsel dürfen natürlich auch nicht fehlen. Ich freue mich ebenfalls über immer wieder neue Themen, die mich zum Nachdenken und Schreiben anregen und deren Ergebnisse Sie dann hier lesen können. Vielen Dank! Also noch einmal herzlichen Glückwunsch und immer schön nah „an der Straße“ bleiben! Michael Schmal 5 „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL NACHDENKLICHES Endlich 18 Die Straßenzeitung hat Geburtstag Mündig werden Als ich fünfzehn Jahre alt war, starb mein Vater. Ich war das älteste von vier Kindern. Ich habe die Behördengänge für die Beerdigung meines Vaters gemacht. Meine Mutter sagte einmal zu mir: „Da bist Du von einem Tag zum anderen erwachsen geworden.“ Nach dem Gesetz sind wir erst mit achtzehn Jahren erwachsen. Wenn einer Wehrdienst mit achtzehn leisten soll, muss er doch auch in dem Alter mündig sein. Aber kann man Erwachsensein vom Lebensalter abhängig machen? Das ist wohl mehr eine Wahrscheinlichkeitsrechnung. Wir wissen genau, dass diese Rechnung nicht immer aufgeht. Mancher junge Erwachsene ist noch längst nicht mündig. Trotzdem wird von ihm erwartet, dass er sich vernünftig verhält. Er ist noch ein „Halbstarker“. Es gibt sogar ältere Menschen, die sagen: „Ich will mir mein Halbstarkentum möglichst lange erhalten.“ Sie haben es satt, immer erwachsen sein zu müssen. Und wie ist es bei Frauen? Bei Mädchen wird der Prozess des Mündigwerdens durch körperliche Veränderungen einschneidend begleitet. Sind Mädchen deswegen in einer Familie und überhaupt verantwortungsvoller? Es scheint so zu sein. Es ist also gar nicht so leicht, erwachsen zu werden. Der Mensch braucht Eltern, Erzieher und Ausbilder. Vor allem braucht er Vorbilder. Mündigsein wird nie wie mit einem Trichter in den Heranwachsenden gegossen. Ein Abitur mit „sehr gut“ ist also noch längst kein Nachweis für einen brauchbaren und mündigen Menschen. Friedrich-Karl Sagert 6 Für Jugendliche ist die Zahl 18 eine magische Zahl. Endlich volljährig sein, endlich ausgehen, solange man will, und endlich kann man alles selbst bestimmen! Das Gefühl der Unabhängigkeit ist groß, doch die vermeintliche Freiheit hat auch etwas mit Verantwortung und Verpflichtung zu tun. Sicherlich fragen Sie sich jetzt, was hat das alles mit unserer Straßenzeitung zu tun? Ist doch klar, „die straße“ wird 18! Vor 18 Jahren kam mit der Straßenzeitung eine Publikation auf dem Markt, die den Menschen, die sich durch die Vereinigung beider deutschen Staaten an den Rand der Gesellschaft gedrängt fühlten, Hoffnung gibt, Mut macht und Chancen für die Zukunft eröffnet. Gleichzeitig half sie Menschen, die durch Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit oder Krankheit aus dem Berufsleben ausgegliedert waren, wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Das erste Straßenmagazin hatte eine Auflage von 3.000 Exemplaren, heu- kaufspreis von 1,20 Euro pro Exemplar können sie die Hälfte behalten. Um ein so anspruchsvolles Projekt durchführen zu können, bedarf es vieler Helfer. Dank der fleißigen Verkäufer können wir das Straßenmagazin in Schwerin, Ludwigslust, Wismar, Güstrow und Crivitz anbieten. Für den Inhalt des Blattes fühlt sich ein Redaktionsteam aus hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitern verantwortlich. Einige von ihnen sind schon viele Jahre dabei und geben ihre Erfahrungen an neu dazu gekommene Redaktionsmitglieder weiter. In den regelmäßig stattfindenden Redaktionssitzungen geht es manchmal hoch her. Doch die strukturierten und zielorientierten Diskussionen führen immer dazu, dass am Ende eine Zeitung mit interessanten und vielseitigen Beiträgen entsteht. Natürlich gibt es außer der Arbeit für die Verkäufer, Redaktions- und Förderkreismitglieder auch Höhepunkte wie Grillnachmittage, Weihnachtsfeiern, Bowling oder Gartenfeste, die den Zusammenhalt des gesamten Teams des Straßenzeitungsprojekts stärken. Trotz einiger Stolpersteine und neuer Herausforderungen haben wir es 18 Jahre geschafft, ungeschminkt über soziale und gesellschaftliche Themen zu berichten. Das ist ein guter Grund zu sagen, dass wir uns der Verantwortung gegenüber in soziale Not geratenen Mitmenschen bewusst sind, ihre Ängste Grillfest der Straßenzeitungsverkäufer am 10. Juli 2013 und Nöte versteFoto: Gerda Jentsch hen und mithelfen te hat sich die Auflage verdoppelt. möchten, dass sie am gesellschaftliEin gutes Zeichen dafür, dass unsere chen Leben teilhaben können. Ich fin„straße“ gern gelesen wird. Zugleich de, das ist durchaus ein Aspekt, der bietet sie Menschen in sozialer Not zum Erwachsenensein dazu gehört! die Möglichkeit, als Straßenzeitungsverkäufer ihre finanzielle Situation etwas aufzubessern, denn vom VerGerda Jentsch „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Arbeit, Geld und schnelle Autos Was man auf der Suche nach einem Job erleben kann Schaut man sich in Zeitungen Stellenangebote an, findet man eine Menge Anzeigen, in denen Arbeitskräfte gesucht werden. Ob Hilfs- oder Anlernkräfte, Teil- oder Vollzeitarbeit, Tätigkeiten von zu Hause aus oder lukrative Zusatzeinkommen – Arbeit scheint es in Hülle und Fülle zu geben. Meist wird der Lohn sogar als überdurchschnittlich hoch offeriert. Der Arbeitsuchende kann den Eindruck gewinnen, dass das Geld auf der Straße liegt, wenn er nur leistungsbereit, flexibel und engagiert ist. Doch was genau verbirgt sich hinter diesen Anzeigen? Sind sie wirklich seriös oder versprechen sie nur das Blaue vom Himmel? Ich bin einigen Angeboten mal nachgegangen. Zunächst fällt bei derartigen Inseraten auf, dass fast immer nur eine Telefonnummer, meist eine Mobilfunknummer, verraten wird. Trotzdem gefällt mir ein Stellenangebot recht gut. Also schnappe ich mir mein Telefon und wähle die Nummer. Es werden unabhängige Mitarbeiter gesucht, die nicht älter als 30 Jahre alt, familiär ungebunden und reisefreudig sind. Na gut, älter als 30 bin ich schon, aber vielleicht machen die bei mir eine Ausnahme, weil sie doch so dringend Leute suchen! Fragen kostet ja nichts. Herr Lehmann, mein Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung, scheint auf meinen Anruf geradezu gewartet zu haben. Er ist freundlich und redet viel, unter anderen vom Wetter und davon, dass seine Firma gute Leute immer gebrauchen kann. Mein Alter scheint kein Problem zu sein, vielmehr ist ihm meine Unabhängigkeit wichtig. Er sei an einem Treffen mit mir sehr interessiert. Ich erfahre lediglich, dass es bei dem Job um Zeitschriften geht und ich durch die gesamte Bundesrepublik fahren darf. Es sei halt alles ein bisschen kompliziert, so am Telefon. Für das Treffen schlägt er als Ort nicht etwa die Firma, sondern ein Café in der Stadt vor. Da würde er mir alles in Ruhe erklären, auch das mit dem Lohn. Noch während ich zusage, weiß ich, dass ich Herrn Lehmann nie treffen werde. Das nächste Inserat. Hier wird ein Kurierfahrer gesucht. Ich rufe an. Ein Herr, dessen Name ich nicht verstehe und der es in den nächsten Minuten auch nicht so genau mit der deutschen Grammatik nimmt, meldet sich. Ja, ich wäre bei ihm genau richtig. Ich frage, was ich denn zu tun hätte. Er erklärt mir, dass sein Chef, das gibt er unumwunden zu, die Anzeige vielleicht etwas zu schwammig formuliert hat. Genaugenommen wird gar kein Kurierfahrer für den täglichen Einsatz gesucht, sondern jemand, der sich ständig zur Verfügung hält und hin und wieder Personenkraftwagen von Ort A nach Ort B überführt. Da kann es eben auch mal passieren, je nach Auftragslage, dass ich nachts ganz fix nach, sagen wir mal, Odessa muss. Leise wiederhole ich den Namen der ukrainischen Hafenstadt, dann bin ich sprachlos. Aber immerhin würde das Geld stimmen. Als er von fünf Euro pro Stunde spricht, lege ich auf. Einmal versuche ich es noch. Mir fällt eine Anzeige auf, die mir in nicht allzu ferner Zukunft ein Leben in Saus und Braus verspricht. Herr Meier hört sich sympathisch an, düst auch gar nicht erst herum und lädt mich zu einem Bewerbungsgespräch ein. Ich fahre mit dem Bus hin. Je näher ich meinem Ziel komme, umso schöner werden die Häuser und größer die Autos. Dann stehe ich vor einer riesigen Villa im Landhausstil. Keine Frage, wer hier arbeitet, hat es zu etwas gebracht. Warum sollte ich nicht dazugehören? Herr Meier, ein Mann von Welt, teurer Anzug, tolles Parfüm, empfängt mich und bietet mir einen Kaffee an, der von der überaus attraktiven Sekretärin sofort gebracht wird. Meine Bewerbungsunterlagen schiebt er lächelnd zur Seite. Die würden wir nicht brauchen, meint er, schließlich geht es hier um den Menschen und nicht um irgendwelche Unterlagen. Stattdessen greift er nach einem Stift und malt viele Kreise auf ein Blatt Papier. Der große Kreis in der Mitte ist ein weltweit agierendes, bedeutendes Handelsunternehmen, dessen Produkte ich von nun an verkaufen soll. Da der Einzelhandel nicht beteiligt ist, würde mir ein beträchtlicher Teil dieses Geldes zugutekommen. Klar ist aller Anfang schwer, sagt Herr Meier, aber wenn man das erste Jahr geschafft hat, fließt das Geld sozusagen von ganz alleine. Ich würde es ja an ihm sehen. Nicht umsonst fährt er einen italienischen Sportwagen. Natürlich würde er mir, und dabei versuchte er glaubhaft zu wirken, als Mentor zur Seite stehen. Schließlich sei ihm sehr daran gelegen, dass ich auch bald so ein teures und schnelles Auto fahre. Diese Einstellung finde ich toll, überzeugen kann mich Herr Meier allerdings nicht. So werde ich weiter von einem Sportwagen träumen müssen. Nach Hause bin ich übrigens wieder mit dem Bus gefahren. Horst Pfeifer 7 „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Endlich eine Party Unerwartete Überraschungen zum 18. Geburtstag Mit 17 hat man noch Träume Neulich hörte ich mir Schlager an, auch den Titel „Mit 17 hat man noch Träume“ – so heißt das Lied, mit dem 1965 die amerikanische Sängerin Peggy March in Deutschland einen Hit landen konnte. Da in Kürze ein Eulen-Nachbar von mir 18 Jahre alt wird, habe ich mir ein paar Gedanken gemacht. Glaubt man dem Text, würde das ja bedeuten, dass man mit 18 Jahren keine Träume mehr hat. Mit 18 Jahren gilt man als Eule schon fast als Methusalem. Ein Arbeitsleben liegt hinter einem, bis zur Rente ist es nicht mehr weit. Auch gesundheitlich haben meinen Nachbarn all die Jahre ganz schön gebeutelt. Da er Rückenprobleme hat, kann er kaum noch aufrecht sitzen. Mit den Augen hat er es auch. Bei uns Eulen sind sie von Natur aus unbeweglich, dafür können wir den Kopf bis zu 270 Grad drehen. Er hingegen kommt gerade einmal auf 45 Grad. Und auch mit dem Hören klappt es nicht mehr so gut. Das Ton- und Sprachaudiogramm vom letzten Besuch beim EulenHörgeräteakustiker zeigt, dass bei meinem Nachbarn die Empfindlichkeit gegenüber hohen Frequenzen sehr zu wünschen übrig lässt. Aber er hat ja uns, seine Nachbarn. Oft bringen wir ihm Mäuse, Frösche und Käfer. Darüber freut er sich. Und an sein ständiges Gemecker über das Alter, Waldsterben und „Wie gut es früher war-Gefasel“ haben wir uns im Laufe der Jahre gewöhnt. Man muss halt alle Eulen nehmen, wie sie sind. Und ganz sicher haben sie Träume. Auch mein Nachbar, dieser liebenswerte, alte Kauz. Eure Eule 8 Ihre Mutter, meine Freundin, ist eher ein vernünftiger Mensch, eine ausgelassene Party traute ich ihr gar nicht zu. Aber das Leben verlief auch hier anders als gedacht, bekanntlich wächst der Mensch mit seinen Aufgaben. Beim Friseurbesuch erzählte mir meine Freundin endlich von dem Vorhaben. „Diese Party wird das Kind nie vergessen“, schwelgte sie unter ihrer Trockenhaube. Im weiteren Verlauf hörte ich von diesen wunderbaren Kreisen, wo hochwertiges Plastikgeschirr ausprobiert und erworben werden kann. Gegen diese Art von Zeremonie hatte ich mich Jahrzehnte erfolgreich gedrückt. Grundsätzlich sprach nichts gegen diese nützlichen Haushaltsdinge, ich kannte sie gar nicht. Doch die Garantie der lebenslangen Haltbarkeit hatte bei mir eine gewisse Abneigung und Vorurteile entwickelt. „Wer will denn immer in derselben Schüssel rühren“, murmelte ich leise, schaute im ersten Augenblick besorgt nach der Friseuse und nickte ihr zu, damit sie die Hitze der Trockenhaube kontrollierte. Ein Kopfschütteln signalisierte mir, dass aus ihrer Sicht alles in Ordnung sei. „Diesmal kannst Du nicht absagen“, hörte ich meine Freundin. „Natürlich lasse ich mein Patenkind nicht im Stich“, das letzte Wort sollte anlässlich der Geburtstagsfeier eine ganz andere Bedeutung bekommen. Irgendwann ist jeder dran Für manche Dinge im Leben musste man erst das richtige Alter haben. Letztes Jahr war ich zweifache Groß- mutter geworden und befand mich in einem emotionalen Höhenflug, der meinen Widerstand gegen Unternehmungen wie diese Überraschungsparty abschwächte. Nun hatte ich eine Mission und einen weiteren Grund für die Teilnahme an einem so speziellen Event. Ich musste zwei Löffel, Trinkbecher und Brotdosen mit kinderleichten Verschlüssen besorgen. Tapfer tröstete ich mich mit der Vermutung, dass dieses Erlebnis einmalig sein würde. Dann war es soweit. Erwachsensein ist nicht leicht Meine Freundin, eine mustergültige Hausfrau, empfing uns am Eingang zu ihrem Haus. Ein Geschenk hatte ich nicht in der Hand, denn ich sollte ein Behältnis kaufen, dessen Namen ich sicherheitshalber aufgeschrieben hatte. Wir saßen im Wohnzimmer, die Hausherrin nannte es Kaminzimmer, und nach fünfzehn Jahren sah alles so neu aus, als ob sie gerade eingezogen wäre. Auf der Toilette stimmten sogar die Farben der Seife Foto: Roland Kanis IN E I G E NE R S A C H E Meine Patentochter war ganz aus dem Häuschen, als sie mir von der geplanten Überraschungsparty berichtete. Bald würde sie ihren achtzehnten Geburtstag feiern und endlich in eine eigene Wohnung ziehen können. und Handtücher überein. Die Königin des Plastikgeschirrs ließ auf sich warten, einige Gäste trösteten sich mit einem selbst gebrannten Likörchen. Für mich kredenzte die Hausfrau ein stilles Mineralwasser, immerhin aus einer Glaskaraffe und mit irgendwelchen bunten Steinen am Boden. Man erklärte mir, dass auf diese Weise das „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Wasser mineralisiert werde und förderlich für meine Gesundheit sei. „Dann betrinken wir uns eben mit diesem Wunderwasser“, flüsterte meine Patentochter und sah wirklich unglücklich aus. Eine Glücksfee erschien nächtliche Runde durch die Altstadt Schwerins. Der Stadtführer trug ein Kostüm und eine Laterne. Wir hörten Dinge über unsere schöne Heimatstadt, die wir bisher nicht wussten. Kurz nach Mitternacht fuhr ich meine Patentochter nach Hause. cken hatte. Man spendierte mir ein sauberes Küchenhandtuch, das ich wieder zurückbringen sollte, denn es war von der Großmutter. Geschenke. „Lass Dir ruhig Zeit“, antwortete ich und erinnerte mich an diese Worte meiner Großmutter. Nur wollte ich sie damals nicht hören. Ende gut - alles gut? Meiner Freundin kaufte ich Karten für eine Kochsendung im Fernsehen und fuhr sogar mit. Irgendwie muss man sich doch mit den Macken von Menschen, die man gern hat, arrangieren. Meine sind auch nicht immer leicht zu ertragen. Auf ihrem Geburtstagstisch türmten sich viele nützliche Dinge für den ersten eigenen Haushalt. „Das Erwachsensein kann ruhig noch ein wenig warten“, seufzte sie mit Blick auf ihre Fo to: Ro lan dK an is Plötzlich schrillte die Hausglocke, die Jubelschreie an der Tür deuteten auf das Erscheinen der Glücksfee hin, sind eine Sensation, bitte zeige uns die Messer, sei vorsichtig“, antreibend nickte mir die Glücksbringerin zu. Zu spät! Schon spritzte das Blut aus einer tiefen Schnittwunde über die weißen Küchenfliesen. „Du kannst einem auch jede Freude verderben“, kreischte meine Freundin und lief hinaus, denn sie konnte kein Blut sehen. Die Küchenfee war sauer, weil ich das Gerät beschmutzt hatte. Eine andere Dame kippte hastig einen Likör herunter, weil sie sich furchtbar erschro- die mit prallen Tüten den Türrahmen ausfüllte. „Lasst uns gleich in die Küche gehen, ich habe Euch den Chef mitgebracht“, trällerte die Fee. Ich bedauerte den einzigen Mann in unserer Runde, der damit nicht gemeint war. „Wollt Ihr zuerst Turbo oder Quick?“, hörte ich die zweideutige Ansage aus der Küche. „Quicky, was sonst!“, war die vielfache Antwort. Ich traute meinen Ohren kaum und ging irritiert in die Küche. „Da haben wir wohl eine Anfängerin in unserer illustren Runde“, aufmunternd bekam ich prompt die erste Plastikschüssel in die Hand gedrückt. Warum wusste sie, dass dies mein erstes Erlebnis dieser Art war? Ich gab mit wirklich Mühe, interessiert auszusehen. Und es sollte bei dieser ersten, einzigen und verhängnisvollen Begegnung bleiben. „Das ist das neueste Modell, schnelles Zer-kleinern oder Verrühren mit wenig Kraftaufwand, die scharfen Klingen Wir fuhren mit meinem Auto in die Notaufnahme. Mein Patenkind hatte bereits den Führerschein erworben und freute sich auf diese Fahrt. Die Wunde am Finger musste mit vier Stichen genäht werden, ich bekam einen dicken Verband. In der Cafeteria tranken wir einen Kaffee und überlegten, wie der Abend noch zu retten sei. Wir gingen zuerst ins Kino und sahen den Film, in dem ein Fiesling zum Familienvater wird und mit seinen kleinen gelben Überraschungseiern andere Unholde bekämpft. Anschließend waren wir eine Kleinigkeit essen und mogelten uns dann in eine Und am Schluss dieser Geschichte, die Erlebtes und Erdachtes erzählt, wünsche ich Ihnen viele Begegnungen mit jungen Menschen, denn Alt und Jung gehören zusammen. Das war so, ist so und wird immer so bleiben. Denn manche Angelegenheiten sind für die Ewigkeit. Gabriele Kanis 9 „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Vom Leben auf dem Land Herbstferien, wie sie früher einmal waren Wenn die Sommerbräune fast verblasst ist und Mitte Oktober die erste Etappe des Schuljahres endet, beginnen an unseren Schulen die Herbstferien. Doch Anfang des 20. Jahrhunderts nannte man diese Zeit Kartoffelferien. Eine gute Ernte der wertvollen Knollen war für die Versorgung von Menschen und Nutzvieh sehr wichtig. So half wochenlang jeder, der Pausen eingelegt, in denen Kinder Engerlinge und anderes Getier zwischen dem Kartoffelkraut entdecken konnten. Viele Menschen erinnern sich bestimmt noch an diese Zeit und berichten ab und zu von ihren Erlebnissen auf dem Feld. So wie auch Franz J. und seine Schulfreunde, die in den 60er Jahren an einer Grevesmühlener Schule unterrichtet wurden und in den Ferien Kartoffeln sammeln mussten. „Wir wurden verschiedenen „Heu machen“, „Rüben hacken“ und ernten oder die Arbeit im großen Garten, waren für uns selbstverständlich. In den Herbstferien fuhr ich mit den anderen Dorfkindern aufs Feld, um für wenig Geld Kartoffeln für die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) zu ernten. Einmal sagte meine Tochter zur Schwiegermutter, dass bald die Herbstferien beginnen. Daraufhin bekam sie von ihrer Oma die Antwort: „Herbstferien gab es bei uns nicht, damals hieß es noch Kartoffelferien!“ Zum Glück lernte Laura diese schwere Zeit nicht mehr kennen. Ferienjobs sind zwar heute noch begehrt, aber sie müssen den Vorgaben der Jugendschutzverordnung und dem Jugendarbeitsschutz entsprechen. Jugendliche ab 13 Jahren dürfen bei Ferienjobs leichte Arbeiten verrichten. Dabei muss gewährleistet sein, dass sie nicht überfordert werden und die Arbeit keinen negativen Einfluss auf die Gesundheit und die physische und psychische Entwicklung hat. Wie die Kartoffel nach Deutschland kam Ein Leben ohne die Kartoffel ist nur schwer vorstellbar konnte, von morgens bis abends, die Kartoffeln aus dem Boden zu holen. Oft „packten“ ganze Familien mit ihren Kindern an, um möglichst viele Kartoffeln in ihren Kellern lagern zu können. Damals gab es noch keine modernen Kartoffelerntemaschinen, sondern Kartoffelroder, die von Pferden oder Traktoren gezogen wurden. Dabei zog eine sich drehende Spindel Furchen in den Ackerboden, die die Knollenwurzeln aus dem Boden rupfte und die begehrten Kartoffeln zur Seite warf. Die Erntehelfer liefen hinter dem Gespann her und sammelten die Knollen in Körben. Die vollen Körbe wurden von kräftigen Männern gegen eine Wertmarke eingetauscht, in Säcken entleert, die an den Rand des Feldweges bugsiert wurden, so dass sie auf Anhänger geladen und abtransportiert werden konnten. Ganz egal bei welchem Wetter, ob der Rücken schmerzte oder die Hände schwielig wurden, die Ernte musste vor den ersten Frösten abgeschlossen sein. Das Erntefeld war überschaubar und es wurden oft kleine 10 Foto: Gerda Jentsch Orten zugeteilt, um dort bei der Ernte behilflich zu sein. Dabei versuchten wir stets dorthin zu gehen, wo es das meiste Geld oder die beste Verpflegung gab“, erinnert sich Franz J.. Für einen Drahtkorb mit Kartoffeln gab es eine kleine Wertmarke von zehn Pfennigen, die am Ende eines anstrengenden Erntetages ausgezahlt wurden. Wer fleißig war, konnte ganz gut verdienen. Franz J. und seine Freunde träumten damals von einer eigenen Band und gaben ihr schwer verdientes Geld für den Kauf von Musikinstrumenten aus. Gern erinnert sich Franz J. an die weithin sichtbaren Kartoffelfeuer, die nach der Arbeit auf den abgeernteten Äckern im herbstlichen Abendrot glühten. Die über dem Feuer gerösteten Erdäpfel schmeckten besonders gut. Auch ich lernte als Kind die schwere Arbeit im Stall, Garten und auf dem Hof kennen. Ich wohnte mit meinen Schwestern und den Eltern in einem kleinen Dorf in Mecklenburg und wurde bei der Kartoffelernte mit einbezogen. Doch auch andere Arbeiten, wie Bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts brachten spanische und englische Seefahrer, unter ihnen der legendäre Freibeuter und Admiral Sir Francis Drake, die Kartoffel von Südamerika nach Europa. Die Menschen waren der unbekannten Pflanze gegenüber misstrauisch. Sie wussten nicht so richtig, was sie mit ihr anfangen sollten. Sie mochten die Blüte, doch der Umgang mit ihren oberirdischen, grünen Teilen war gefährlich. Denn die Ranken enthalten das giftige Alkaloid Solanin der Nachtschattengewächse. Wer davon etwas zu sich nahm, zog sich schwere Vergiftungen mit Übelkeit und Erbrechen zu, die im schlimmsten Fall mit dem Tod endeten. Erst etwa 200 Jahre später schaffte die Kartoffel den Durchbruch. Der preußische König Friedrich II. wusste, wie die Kartoffel zu nutzen war und zwang so um 1770 seine misstrauischen Bauern, sie anzubauen. So nach und nach fanden die Menschen Geschmack an der goldgelben „Knolle“ und lernten ihre lebenswichtigen Nährstoffe und Vitamine zu schätzen. Gerda Jentsch „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Ein attraktives Berufsfeld auch für Quereinsteiger Warum sich junge Menschen für einen Pflegeberuf entscheiden Wegen des demografischen Wandels sind in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Arbeitsplätze in der Pflege- und Betreuungsbranche entstanden. Es werden nicht nur examinierte Altenpfleger sondern ebenso Betreuungs- und Altenpflegehilfskräfte gesucht. Deshalb bietet dieses Arbeitsfeld auch für sogenannte Quereinsteiger beste Karrierechancen. Manchmal kommt es vor, dass ein erlernter Beruf aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr ausgeübt werden kann und die Suche nach einer Alternative, erst recht bei längerer Arbeitslosigkeit, nicht immer einfach ist. In der Altenpflege kann der Berufsalltag durch verschiedene Möglichkeiten, wie z.B. Arbeitsgelegenheiten oder Praktika, getestet werden, und einen Quereinstieg in diesen Beruf ermöglichen. käuferin im Nahrungsmittelhandwerk, die ich nach drei Jahren erfolgreich abgeschlossen habe. Wie lange haben Sie in diesem Beruf gearbeitet? Mein Ausbildungsbetrieb, eine Schweriner Fleischerei, übergab mir nach Beendigung der Lehrzeit einen Arbeitsvertrag, so dass ich dort insgesamt sieben Jahre als Verkäuferin tätig war. Dann wurde meine Tochter geboren und nach der Elternzeit endete das Arbeitsverhältnis. Ich hätte gern weiterhin in meinem Wunschberuf gearbeitet, aber die Arbeitszeiten und die Betreuung meiner Tochter ließen sich leider nicht miteinander vereinbaren. Nach dreijähriger Arbeitslosigkeit sind Sie seit September 2011 als Bürgerarbeiterin in einem Altenund Pflegeheim tätig. Hatten Sie Bedenken oder Angst, dass Sie mit den für Sie völlig neuen Aufgaben überfordert sein könnten? Christin Flemming ist dies gelungen. Nachdem sie im Rahmen des vom Bundesverwaltungsamt geförderten Modellprojektes Bürgerarbeit im September 2011 eine für drei Jahre befristete Tätigkeit als zusätzliche Betreuungskraft im Alten- und Pflegeheim eines großen Schweriner Pflegedienstanbieters begann, wurde sie dort mittlerweile fest angestellt. Bedenken hatte ich nicht, auch keine Angst. Ich bin ohne Vorurteile an die Sache herangegangen und dachte mir, dass die Betreuung der Bewohner keine unlösbare Aufgabe sein wird. Und genau so war es. Geholfen hat mir dabei natürlich auch, dass ich so freundlich von den Mitarbeiter/innen aufgenommen wurde und zu den meisten Bewohner/-innen gleich einen guten Kontakt hatte. Außerdem besuche ich seit Mai dieses Jahres einen Kurs zur Ausbildung als Betreuungskraft, der im November mit einer Abschlussprüfung endet. Die dort vermittelten Kenntnisse sind Grundlage meiner Tätigkeit. Frau Flemming, welche Ausbildung haben Sie nach dem Schulabschluss absolviert? Ist es nicht ganz schön schwierig, ständig mit alten und kranken Menschen zu tun zu haben? Nach dem Realschulabschluss begann ich eine Ausbildung zur Fachver- Eigentlich ist es, bis auf wenige Ausnahmen, nicht so schwierig, alles ist Christin Flemming an ihrem Arbeitsplatz Foto: Monika Schumann irgendwie machbar. Sicherlich darf man nicht zu viele Probleme auf einmal lösen wollen oder alles an sich heranlassen. Es gibt Bewohner/-innen, zu denen man eine engere Beziehung hat. Wenn es diesen Menschen besonders schlecht geht, leidet man selbst doch schon sehr. Was sagen Familie und Freunde zu Ihrer beruflichen Entscheidung? Überrascht waren sie schon, einige von ihnen können sich solch eine Tätigkeit selbst gar nicht vorstellen. Sie freuen sich aber, dass ich diesen Job habe. Meine Tochter interessiert sich auch sehr dafür, was ich hier mit den Omas und Opas so mache. Ich habe sie auch schon ein paar Mal mitgenommen, um ihr zu zeigen, wo die Mama arbeitet. Welche Ihrer Tätigkeiten haben Sie am liebsten? Ich mag gern die Gruppenarbeit mit den Bewohner/-innen, die dann richtig aus sich heraus gehen und meistens locker und gut gelaunt sind. Klappt es immer, Privat- und Berufsleben zu koordinieren? Das muss natürlich funktionieren. Da ich in der Woche meine Tochter allein betreue, sind die Arbeitszeiten das A und O. Ich bin sehr froh, dass unser Haus mir da sehr entgegen gekommen ist und ich so alles gut „unter einen Hut“ bekomme. Was ist in diesem Job ganz besonders wichtig und was würden Sie anderen Quereinsteigern raten? Oft höre ich „Hauptsache Job!“ – genau das geht hier nicht. Man muss schon wissen, was es bedeutet, alte und oft schwerkranke Menschen zu betreuen. Halbherzig ist diese Arbeit nicht zu bewältigen, denn die Bewohner/-innen haben ein sehr feines Gespür dafür. Es ist eine sehr verantwortungsvolle und schöne Arbeit, bei der das „Ergebnis“ sofort sichtbar ist: durch ein Lächeln oder ein nettes Wort der Bewohner. Frau Flemming, vielen Dank für das Gespräch. Monika Schumann 11 „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Honigbiene Liebe Leserinnen und liebe Leser, auch in dieser Ausgabe wollen wir an dieser Stelle wieder Kinder zu Wort kommen lassen, denn wer kann besser ehrlich und offen über Ideen, Träume, Wünsche und Hoffnungen berichten als die Kinder selbst. Diesmal geht es auf diesen zwei Seiten um Tiere. Wir würden uns sehr freuen, wenn auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, zumindest hin und wieder die Welt mit Kinderaugen betrachten würden und wünschen beim Lesen der „Honigbiene“ viel Spaß! Rätsel Was hat vier Beine, ohne Laufen zu können? Der Stuhl Wer trägt den Pelz sogar im Bett? Der Faulpelz Wer hat Hühneraugen am Kopf? Die Hühner natürlich Was machst du, wenn du eine Schlange siehst? Du stellst dich hinten an Welcher Hase läuft auf zwei Beinen? Der Angsthase Welche Mausefalle hat fünf Buchstaben? 12 Die Katze www.land-der-woerter.de „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Honigbiene Zungenbrecher Zwei zischende Schlangen lagen zwischen zwei spitzen Steinen und zischten dazwischen. In dem dichten Fichtendickicht pickten dicke Finken tüchtig, dicke Finken pickten tüchtig in dem dichten Fichtendickicht. Sie war die teichigste Teichmuschel unter allen teichigen Teichmuscheln im ganzen Teichmuschelteich, unter allen teichigen Teichmuscheln im ganzen Teichmuschelteich war sie die teichigste Teichmuschel. Die Katze tritt die Treppe krumm. Fiesling Fietje fälscht Fritten fantastisch filigran, fantastisch filigran fälscht Fiesling Fietje Fritten. Kinderwitze „Lachen ist gesund“ Zwei Kühe stehen auf der Weide. Plötzlich fliegt ein Pferd über sie hinweg, dann noch zwei und dann wieder eins. „Hier muss irgendwo ein Nest sein“, meint die eine Kuh. Darauf die andere: „Nein, die fliegen nach Süden, das sind Zugpferde.“ Eine Maus und ein Elefant laufen durch die Wüste. Nach einiger Zeit tritt der Elefant versehentlich leicht auf die Maus. Sagt der Elefant: „Entschuldigung!“ Sagt die Maus: „Macht nix, hätte mir auch passieren können.“ Welches Tier kann höher springen als der Eiffelturm? Eigentlich jedes, hast Du den Eiffelturm schon mal springen sehen? Treffen sich zwei Kühe. Sagt die eine: „Muuuuuhhhh!“ Sagt die andere: „Wollt ich auch gerade sagen!“ Janina Kevin Herr Meier kommt zum Arzt: „Sie haben doch gesagt, ich soll mit den Hühnern schlafen gehen!“ Der Arzt: „Das ist richtig.“ Herr Meier: „Ja, aber da gibt es ein Problem. Ich falle immer von der Stange!“ Miriam Phillip Alex Kevin Hallo Kinder! Wenn Ihr eine Geschichte, ein Bild oder ein lustiges Foto für die „Honigbiene“ habt oder in der Redaktion mitarbeiten möchtet, meldet Euch einfach bei uns! Kinderredaktion: Alexander, 7 Jahre Carolin, 8 Jahre Simon, 10 Jahre Kevin, 10 Jahre Phillip, 12 Jahre Janina, 13 Jahre 13 „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL „Ich will das nicht noch einmal durchmachen“ Verkäufer Frank Hoffmann ist seit 18 Jahren „trocken“ Ein Mittwoch im August, 14 Uhr. Sonnenstrahlen sorgen dafür, dass man es in der kleinen Stadt in der Nähe von Schwerin vor Hitze kaum aushält. Auch auf dem Marktplatz ist es nicht anders. Die Menschen halten sich lieber da auf, wo sich eine Klima- Alkoholproblem begann in der Lehrzeit Nach Abschluss der 10. Klasse erlernte Frank den Beruf des Fliesenlegers. Und da begannen, wie er heute offen zugibt, seine Probleme mit dem Alkohol: „Ja, das fing schon in der Lehrzeit an. Ich war schüchtern und das Trinken half mir dabei, lockerer zu werden und Hemmungen abzubauen. Aber bereits nach wenigen Wochen schaffte ich es nicht, auch nur einen Tag ohne Alkohol auszukommen. Eine Flasche Korn am Tag war für mich gar nichts.“ Frank Hoffmann rührt seit 18 Jahren keinen Alkohol mehr an Foto: Horst Pfeifer anlage befindet. Dennoch steht bei brütender Hitze auf dem Marktplatz in Crivitz ein Mann und bietet Zeitungen an. Dieser Mann heißt Frank Hoffmann, ist 51 Jahre alt und Straßenzeitungsverkäufer. Der in Bad Dürrenberg in SachsenAnhalt geborene Frank Hoffmann ist seit 45 Jahren „Mecklenburger“. „Wie ist es dazu gekommen?“ „Kurz bevor ich in die Schule kam, zog meine Familie aus familiären Gründen nach Johanneshof in der Nähe von Waren Müritz. Darauf hatte ich natürlich keinen Einfluss, muss aber sagen, dass mir Mecklenburg von Anfang an gut gefallen hat.“ 14 Nachdem Frank über die Erwachsenenqualifizierung eine Ausbildung zum Facharbeiter für Holzwerkstoffe/Spezialisierung Spanplattenherstellung abgeschlossen hatte, konnte er 1981 im Spanplattenwerk in Malliß anfangen. Obwohl er jeden Tag trank, machte er seine Arbeit gut. Beschwert hat sich jedenfalls niemand. Immer in Kontakt zur Straßenzeitung Da Frank Tiere schon immer mochte, griff er zu, als sich 1989, nach der Armeezeit und kurz vor der Wende, die Möglichkeit bot, in der LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) in Grebs zu arbeiten. Zwei Jahre war er in der Schweineproduktion beschäftigt, dann wurde er zum ersten Mal arbeitslos. Er machte eine Umschulung zum Baumaschinenführer, fand auch dort Arbeit, bis er Ende 1995 erneut entlassen wurde. 1996 arbeitete er im Kuhstall in der Nähe von Malliß, doch nach zwei Jahren stand er wieder auf der Straße. „2001 fing ich an, die Straßenzeitung zu verkaufen. Das habe ich bis 2007 gemacht.“ Dann hatte sich das erledigt, denn Frank hatte noch einmal auf dem Arbeitsmarkt Erfolg. 2007 fand er eine Stelle in der Schweinezucht in Fahrbinde. Nach zwei Jahren sorgte ein Bandscheibenvorfall dafür, dass er diese Tätigkeit beenden musste. „Einen neuen Job zu finden, das konnte ich vergessen. Auch als ich gearbeitet habe, bin ich immer mit der Straßenzeitung in Kontakt geblieben. Ich fühle mich mit der Zeitung verbunden, sie gibt mir Halt. Deshalb habe ich nicht lange überlegt, wieder die Zeitung zu verkaufen. Und das mache ich jetzt seit 2010. Bis vor einem Jahr in Ludwigslust, nach meinem Umzug nun in Crivitz.“ Dankbar für die Hilfe Der 19. November 1995 ist ein Datum, das Frank nie vergessen wird. Seit diesem Tag nämlich lebt er ganz ohne Alkohol. „Ich bin unheimlich stolz, es geschafft zu haben – ganz ohne Entgiftung und ohne Therapie.“ Doch ob er es auch allein geschafft hätte, da ist er sich nicht so sicher. Das war zum Glück auch nicht nötig. Deshalb ist es ihm sehr wichtig, einigen Menschen zu danken: „Zunächst gilt der Dank meiner Familie, ganz besonders meiner Ehefrau, die in jeder Situation immer an mich geglaubt und auf meiner Seite gestanden hat, und meinem Sohn Alex. Ebenfalls möchte ich meinem Hausarzt Dr. Holger Köpcke in Heiddorf und meinem ehemaligen Suchtberater Herrn Runge danken. Und auf keinen Fall vergessen möchte ich die Selbsthilfegruppen des Blauen Kreuzes in Ludwigslust und Crivitz.“ Ein zweites Jubiläum Nicht nur die Straßenzeitung wird 18 Jahre alt. Frank Hoffmann: „In diesem Jahr habe ich noch ein anderes Jubiläum zu feiern, über das ich sehr glücklich bin. Seit 18 Jahren lebe ich jetzt ohne einen Tropfen Alkohol. Ich werde alles tun, damit das auch in Zukunft so bleibt. Mir ist klar, dass das schwer wird. Aber die Jahre der Abhängigkeit will ich nicht noch einmal durchmachen.“ Horst Pfeifer „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Volljährig in der DDR Woran ich mich an mein Leben vor der Wende erinnere Hin und wieder denke ich an vergangene Zeiten. Ich habe, wie alle ehemaligen DDR-Bürger, zwei Gesellschaftsordnungen erlebt. Vieles gerät ja all zu leicht in Vergessenheit. Wie war das damals eigentlich in der DDR? Was war schön daran und was nicht? te beispielsweise der zu Beginn des Jahres versprochene FDGB-Urlaubsplatz – die Mitgliedschaft im Freien Deutschen Gewerkschaftsbund war Pflicht – im Harz ohne Begründung gestrichen werden. Vor dem Gesetz war man mit seinen 18 Jahren nun auch erwachsen. Man durfte heiraten und eine Familie gründen. Außerdem, das war sehr wichtig, sollte ein Antrag auf eine Wohnung gestellt werden. Denn es gab in der DDR keinen freien Wohnungsmarkt. Andererseits waren die Mieten sehr gering und für Jeden erschwinglich. Palast der Republik, Berlin 1978 Ich fange mal in der Kindheit an. Nach einer recht sorglos verbrachten zehnjährigen Schulzeit war es endlich soweit: ich steckte mitten in der Berufsausbildung. Ein Ausbildungsplatz war jedem Jugendlichen in der DDR sicher, darüber musste sich niemand Gedanken machen. Ich wurde Facharbeiter für Elektrotechnik bei einem der drei großen Industriebetriebe in Schwerin-Süd. Nach zwei Jahren legte ich die Facharbeiterprüfung ab, war Jungfacharbeiter im selben Betrieb und hatte einen sicheren Arbeitsplatz, den ich wahrscheinlich bis zur Rente gehabt hätte. Entlassen konnte ich nicht werden, das gab es ja nur im Westen. Das konnte ich in den Nachrichten der „Aktuellen Kamera“ hören und in Zeitungen wie „Neues Deutschland“ lesen. Daher waren mir Zukunftsängste fremd. Dass diese Sicherheit sehr beruhigend war, habe ich erst viele Jahre später gemerkt. Während meiner Berufsausbildung wurde ich volljährig. Wenn man 18 Jahre alt wurde, hatte man auch in der DDR Rechte und Pflichten. Zum ersten Mal in meinem Leben musste ich an einige wichtige Dinge denken. Mit der Volljährigkeit war man in der DDR wahlberechtigt. Wenn eine Wahl anstand, war es ratsam, hinzugehen. Sonst gab es Probleme. So konn- war so üblich, in meine alte Brigade. Eine schöne Zeit, die ich nicht missen möchte und die erst durch den Mauerfall zu Ende ging. Ich kann mich noch gut an die Hilfsbereitschaft unter den Kollegen erinnern. Neid, Gier und Egoismus gab es so gut wie gar nicht. So einen Zusammenhalt zwischen Kollegen habe ich nie wieder erlebt. Aber nicht nur zu den Kollegen hatte man ein gutes Verhältnis, sondern auch zu den Nachbarn, Freunden und Bekannten. Man fühlte sich ganz einfach wohl und machte aus seinem Leben kein Geheimnis. Es war eine Zeit, an die ich oft mit Wehmut und Bedauern zurückdenke. Ich habe das Gefühl, dass heute jeder nur an sich denkt. Es scheint sehr wichtig zu sein, anderen Menschen etwas vorzumachen – frei nach dem Motto „Mehr Schein als Sein“. Höher, weiter, schneller, die meisten Menschen streben meiner Meinung nach nichts Anderes an. Die sogenannte „Ellenbogengesellschaft“ dominiert die Gesellschaft. Das Ergebnis: Nur die Starken überleben, die Schwachen und Kranken sind die Leidtragenden und bleiben auf der Strecke. Mit 18 Jahren konnte man die PKWoder LKW-Fahrerlaubnis machen. Die Kosten hielten sich in Grenzen. Ein eigenes Auto wollte ich natürlich auch haben. Deshalb habe ich mich gleich, als ich 18 Jahre alt wurde, für ein Auto Natürlich hat die neue Zeit auch Vorangemeldet. So war ich vorgemerkt, teile. So kann man heute beispielsan der Wartezeit änderte sich aber nichts. Sie betrug für einen Trabant oder Wartburg mehr als zehn Jahre. Viel Zeit zum Sparen also! Im Volksmund kursierte der Witz: Warum gibt es in der DDR keine Banküberfälle? Weil die Täter mehr als zehn Jahre auf ihr Fluchtauto warten müssen. Grundwehrdienst bei der NVA Fotos: privat Bei den männlichen Jugendlichen war die Musterung zum Wehrdienst schon vor dem 18. Geburtstag erfolgt. Nun konnte man jederzeit mit der Einberufung zum 18-monatigen Grundwehrdienst bei der NVA (Nationale Volksarmee) rechnen. Naja, was sein muss, muss sein! Mich erwischte es 1980 im Frühjahr, im Herbst 1981 hatte ich die 18 Monate geschafft. Also wieder zurück ins Arbeitsleben nach Schwerin-Süd. Ich kam, das weise auf der ganzen Welt arbeiten. Man hat auch die Chance, beruflich etwas ganz Neues anzufangen. Und die Möglichkeiten der Selbstverwirklichung sind wesentlich zahlreicher geworden. Oft kommt es nicht vor, aber manchmal sehne ich mich zurück: An eine Zeit, in der, verzeihen Sie mir die Floskel, nicht alles schlecht war. Heiko Schneidereit 15 „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL In Vergessenheit geraten Der Schweriner Sänger Carl Hill trat sogar in Bayreuth auf Brennnessel und Moos wuchern auf dem Grab. Es scheint, als habe die Stadt Schwerin einen der größten Sänger seiner Zeit vergessen, dessen Ruhm von einst heute verblasst ist. Am 26. Januar 1873 erwartete die Mecklenburgische Landeshauptstadt hohen Besuch. Richard Wagner, der damals wohl berühmteste Komponist Deutschlands, hatte angekündigt, die kleine Residenz im Norden des Deutschen Reichs zu besuchen. Am Abend hatte der Meister einen Besuch seiner Oper „Der Fliegende Holländer“, die an diesem Tag auf dem Spielplan des Mecklenburgischen Hoftheaters stand, auf seinem Reiseplan. Am späten Nachmittag war der Komponist in Sterns Hotel am Südufer des Pfaffenteichs abgestiegen, hatte sich sofort auf den Weg ins Hoftheater gemacht und wohnte, begeistert von den Besuchern gefeiert, der Aufführung seiner Oper bei. Richard Wagner war von der Qualität der Inszenierung überrascht. Noch am gleichen Abend, nach einem Festessen im Hotel, verpflichtete der Komponist den Schweriner Hauptdarsteller der Oper für seine Inszenierung der „Walküre“ nach Bayreuth. Der Name des großartigen Bassbaritons: Carl Hill. Am 31. März 1831 in Idstein geboren, entschied sich Carl Hill, nach Abschluss seiner Schulzeit für eine Ausbildung bei der Post. Schon in dieser Zeit entdeckte er seine Liebe zur Musik. In seiner Heimatstadt sang er in verschiedenen Gesangsvereinen. Das Jahr 1866 wurde zum Wendepunkt im Leben des Hobbysängers. Güstrow veranstaltete in diesem Jahr das IV. Mecklenburgische Musikfest. Carl Hill sang die Titelpartie im „Elias” von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Der Schweriner Hofkapellmeister Alois Schmitt wurde auf den jungen Sänger aufmerksam. Der talentierte Bassbariton erhielt einen Vertrag für das Mecklenburgische Hoftheater. Aus dem Chorsänger wurde über Nacht der später berühmte Opern16 sänger. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich Carl Hill zu einer der größten Sängerpersönlichkeiten am Schweriner Theater. Carl Hills Verbindungen zwischen Bayreuth und Schwerin bestanden auch nach der Verpflichtung weiter. Er sang in der Wagnerstadt Bayreuth noch fast alle großen Partien, gefeiert vom Publikum, bewundert von den Musikkritikern. 1890 verabschiedete sich Carl Hill von seinem Schweriner Publikum. Noch einmal sang er die Titelrolle im „Fliegenden Holländer“. Zum letzten Mal wurden er und das Ensemble des Theaters gefeiert. Von der damaligen Qualität des Schweriner Musiktheaters zeugt die Tatsache, dass neben Hill weitere Solisten nach Bayreuth, ins Mekka aller Wagnerianer, verpflichtet wurden. So sang Leontine von Dötscher in der „Walküre“. Auch Josef von Witt und Otto Drewes sangen auf den Festspielen in der nordbayerischen Stadt. Carl Hill wollte seinen Lebensabend in Freiburg verbringen. Das Schicksal entschied anders. Der Sänger erkrankte an einem alten Nervenleiden und musste sich in ärztliche Das Grab des Sängers auf dem Schweriner SachsenBehandlung begeben. Die berg Foto: Ralph Martini Krankheit verschlimmerte sich, Die Schweriner Bühne durchlebte un- Hill entschied sich zu einer Rückkehr ter ihrem Intendanten, Alfred Freiherr in seine Wahlheimatstadt Schwerin. von Wolzogen, eine glückliche Zeit. Hier wurde die gerade 27 Jahre alte Der regierende Großherzog Friedrich Nervenklinik auf dem Sachsenberg Franz II., schon immer ein Förderer seine letzte Heimstatt. Trotz aufopder Künste, unterstützte großzügig ferungsvoller Pflege der Ärzte und das Ensemble. Alois Schmitt bewies Mitarbeiter der Klinik starb der große mit seinen Aufführungen großer Wag- Künstler am 12. Januar 1893 in völner-Opern sein musikalisches Kön- liger geistiger Umnachtung. Wenige nen. Hill sang in Schwerin fast jede Tage später wurde er unter großer „Wagner-Titelrolle“. Der Sänger wur- Anteilnahme seines ehemaligen Pubde in den Zeitungen als größter Sän- likums auf dem kleinen Friedhof der ger Deutschlands gefeiert. Selbst aus Anstalt beigesetzt. Auf seinem GrabHamburg und aus der Reichshaupt- stein steht die Inschrift: stadt Berlin kamen Extra-Züge voller Musikliebhaber, um im Demmlerbau des Theaters die Aufführungen des ER WAR UNTER SEINES GLEICHEN Hoftheaters zu sehen. Das Ensemble EIN MARKGRAF DER FRAU MUSIKA hatte alles erreicht, was ein Theater in IN IHREN BLÜHENDEN REICHEN einer relativ kleinen Residenzstadt erreichen konnte. 1868 wurde Carl Hill CARL HILL geb. 31. März 1831 für seine Leistungen geehrt. Er erhielt den Titel eines „Kammersängers“. gest. 12. Januar 1893 Zeitgenossen stellten den Sänger an die Spitze aller Wagner-Interpreten in Ralph Martini Deutschland. „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Ludwigslust Wasserspiele und ein Teehaus Die große Kaskade vor dem Schloss Ein Kanalbau war schon lange geplant, er sollte zur Entwässerung der nahen Lewitz beitragen. Bald hundert Jahre lag der Plan in irgendeinem Mecklenburger Ministerium. Niemand verwirklichte den Bau und im Laufe der Zeit geriet er in Vergessenheit. 1756 machte sich der Mecklenburger Herzog Friedrich daran, den Plan umzusetzen. Er veranlasste, einen Kanal Die Wasserspiele vor dem Schloss zu graben, der nach Ludwigslust führte. Der Kanal sollte die Residenz mit Wasser versorgen und auch für die Wasserspiele des Schlossparks war er enorm wichtig. Zudem benötigte der Herzog den Wasserweg für den Transport von Baumaterialien und Holz für die sich im Bau befindliche junge Hauptstadt. Noch im ausgehenden 18. Jahrhundert wurden mehr Waren auf dem Wasserweg transportiert als auf den schlechten und staubigen Landwegen Mecklenburgs. Vier Jahre gruben sich Hunderte Kanalarbeiter durch die Landschaft der Lewitz. 1760 hatte der Kanal seine endgültige Länge von 28 Kilometern erreicht und konnte nun als Verkehrsweg genutzt werden. Anlage aus Granit ersetzte bald den Holzbau Vor dem Jagdschloss in Ludwigslust entstand nun die große Kaskade (franz. Cascade: Wasserfall). Sie wurde ursprünglich aus Holz errichtet. Drei Türme aus Bohlen, von denen der mittlere Turm eine Wasseruhr in seinem Inneren beherbergte und für die Regulierung des Wassers sorgen sollte, erwiesen sich als nicht stabil genug. Bald darauf wurde der Holzbau abgetragen und durch eine Anlage aus Granit ersetzt. 1780, nun von Sandsteingruppen des Bildhauers Rudolf Kaplunger gekrönt, erfolgte die Einweihung der Kaskade. In der Mitte der Kaskade liegen zwei Flussgötter. Beide stützen das siebenteilige Wappen Mecklenburgs. Der in seiner Regierungszeit fast nur am Hof des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. weilende und in Holland verstorbene Herzog Christian Louis I. hat 1657 diese Gestaltung veranlasst. In der oberen Reihe stehen der Stierkopf für Mecklenburg und der Greif als Ausdruck der Herrschaft Rostocks. Die mittlere Reihe weist auf die Grafschaft Schwerin, auf das Fürstentum Schwerin und auf das Fürstentum Ratzeburg hin. Die untere Reihe erinnert an die Herrschaft Stargard und an das Fürstentum Wenden mit Parchim und Güstrow. Jeder der Flussgötter hält einen Krug. Die Inschriften auf den Gefäßen verweisen auf den jeweiligen „Wassergeber“, die Stör und die Rögnitz. Der kleine Fluss Rögnitz war damals für seinen Fischreichtum berühmt. An beiden Seiten der Kaskade kann der Beobachter Skulpturen von spielenden Kindern erkennen, die von Wasservögeln und Pflanzen umgeben sind. Die Schlossbrücke wurde nach 1780 ebenfalls aus Granit fertiggestellt. Chinesisches Teehaus wie in Sanssouci 1770 wurde im östlichen Winkel der Abzweigung des Kanals hin zu den Kaskaden ein chinesisches Teehaus errichtet. Ein ähnliches Teehaus hatte der Herzog bei Besuchen in Potsdam gesehen. Was Potsdam-Sanssouci hatte, durfte in seiner jungen Residenz nicht fehlen. 1770 stand der Pavillon, er war nur aus Holz und nicht so großartig wie der in Potsdam, aber immerhin hatte Ludwigslust nun auch sein Teehaus. Noch bis in die 50erJahre des zwanzigsten Jahrhunderts wurde er benutzt. Zuletzt wurde er zum Kiosk „degradiert“. Ein Name darf im Zusammenhang mit der Residenz Ludwigslust nicht vergessen werden: Johann Joachim Busch. Dem Schweriner Baumeister verdanken wir die erste Anlage des Regierungssitzes Ludwigslust. Zeit seines Lebens stand Busch, der es in unvergleichlicher Weise verstand, die Anregungen seines Dienstherren umzusetzen, Herzog Friedrich zur Seite. Herzog fand hinter den Kaskaden seine Ruhestätte Nach 29-jähriger Regierungszeit verstarb im Alter von 68 Jahren der alles in allem glücklich regierende Herzog Friedrich am 24. April 1785 in dem nach seinen Ideen geschaffenen Ludwigslust. In der Schlosskirche hinter den Kaskaden fand er seine letzte Ruhestätte. In einem Sarg aus geschliffenem Marmor ruht der Herzog in seiner Kirche, die sich nur wenige hundert Meter gegenüber dem Schloss befindet. Unweit der Kaskade befindet sich die Schlosskirche Fotos: Ralph Martini Seine Idee von der Harmonie zwischen der Natur und der von Menschen gestalteten Umwelt lebt in seinem Werk fort. Jeder Besucher der kleinen ehemaligen Residenz im Westen Mecklenburgs kann sich noch heute davon überzeugen. Ralph Martini 17 „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Veranstaltungen, Ausstellungen und Märkte Markthalle - ein neuer Treffpunkt in der Hansestadt Die Hansestadt Wismar liegt im Nordwesten Mecklenburg-Vorpommerns direkt an der Mecklenburger Die Markthalle (r.) wurde im Stil der Gewerbearchitektur des 19. Jahrhunderts gebaut Ostseeküste. Mit ihrer historischen Altstadt und den zahlreichen Sehenswürdigkeiten ist die Stadt an der Ostsee nicht nur ein attraktiver Wohnort für die Einheimischen, sondern auch Es gibt viele weitere gute Gründe, der Hansestadt Wismar und der Region Voller Stolz kann die Kulturund Hansestadt auf eine lebhafte, spannende Geschichte zurückblicken. In der Stadt gibt es viele Giebelhäuser und Backsteinkirchen, die Ehrenamtmesse in der Markthalle am 23. Februar 2013 Wismar das Flair und die Atmosphäre einer mittelalterlich gepräg- einen Besuch abzustatten. Einer daten Stadt verleihen. Diese einzigartige von ist der Alte Hafen mit seiner lanAtmosphäre zieht Kultur- und Kunst- gen Kaipromenade, den Fischkuttern interessierte immer wieder in ihren und den beeindruckenden BacksteinBann. bauten. Internationale Ehrung Vieles unter einem Dach Stolz ist die Stadt auch auf die Eintragung in die Welterbeliste im Juni Seit Anfang 2012 hat Wismar eine neue Attraktion im Alten Hafen: die Markthalle. Mit ihren 1.200 Quadratmetern Nutzfläche ist die Markthalle, die im Stil der Gewerbebauarchitektur des 19. Jahrhunderts gebaut wurde, ein beliebter und nicht mehr wegzudenkender Veranstaltungsort. Regelmäßig finden dort Ausstellungen, Konzerte, Tagungen und Kongresse statt. Zu bestimmten Anlässen, wie im Herbst, zur Adventszeit und zu Weihnachten, gibt es in der Markthalle, deren Betreiber die Hansekontor Wismar GmbH ist, Themenmärkte. Jeden Freitag von 9 bis 17 Uhr findet der „Wismarer Hafenmarkt“ statt. Hier werden neben regionalen Erzeugnissen auch internationale Spezialitäten angeboten. 2002. Wismar konnte das Welterbekomitee davon überzeugen, dass die Die Markthalle bietet viel Platz für Veranstaltungen 18 Altstadt einen „außergewöhnlichen und universellen Wert“ besitzt. Auf den Spuren der Backsteingotik Auch Flohmärkte finden hier statt Anziehungspunkt für viele Besucher aus dem gesamten Bundesgebiet. Wismar Sabine Siewert Fotos: Axel Steinbeiß Güstrow „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Vielfältige Angebote für große und kleine Kunstliebhaber Veranstaltungen im Güstrower Schloss Das Güstrower Schloss ist eines der wenigen erhaltenen repräsentativen Bauwerke der Renaissance in Norddeutschland mit originalen Stuckdekorationen und rekonstruiertem Garten und bietet viele Möglichkeiten, Kunst „hautnah“ zu erleben. Neben historischen Wohn- und Festräumen, in denen Gemälde, Skulpturen und Möbel der Renaissance und des Barock Glanz und Internationalität des ehemaligen Fürstensitzes widerspiegeln, befinden sich dort umfangreiche Sammlungsbestände des Staatlichen Museums Schwerin mit Kunstwerken von der Antike bis zur Moderne. Neben Dauerausstellungen mit herausragenden Einzelstücken aus dem Mittelalter im Untergeschoss des Schlosses, einer Glassammlung und Werken ostdeutscher Güstrower Schloss Malerei in den ehemaligen „Frauenzimmern“, werden die Besucher zu Lesungen, Filmpremieren, Künstlergesprächen, Führungen und Themenabenden eingeladen. Museumspädagogik Das altersspezifisch gestaltete museumspädagogische Programm bietet neben Führungen, themenbezogene Projekten und Vorträgen die Möglichkeit zu kreativer Arbeit. So findet am 2. Oktober um 18 Uhr eine Familienführung mit Corinna Sturm und Monika Lehmann unter dem Motto „Kinder, bringt eure Eltern mit“ statt, die zu einer Reise durch das Schloss, begleitet von alten und neuen Geschichten und kleinen Gespenstern, einlädt. Und mittwochs um 15 Uhr können Kinder ab 5 Jahren an dem Kinderkunstkurs MoMu teilnehmen. Foto: Monika Lehmann Ausstellung im Wirtschaftsgebäude zu Ehren des Professors Ulrich Puritz In dem Wirtschaftsgebäude des Schlosses, einem Backsteinbau aus dem 19. Jahrhundert im Schatten des imposanten Renaissanceschlosses, findet in der Zeit vom 2. November Kunstwerke, die einst verboten waren Ausstellung in der Ernst-Barlach-Stiftung Güstrow Insgesamt über 20.000 von Künstlern der Klassischen Moderne vor 1933 geschaffene Werke wurden von den Nationalsozialisten seinerzeit beschlagnahmt. Diese aus ihrer Sicht „entarteten“ Arbeiten wurden aus den Museen und Ausstellungen entfernt, vernichtet oder, in einigen Fällen, weit unter Wert verkauft. In der Ernst-Barlach-Stiftung Güstrow (Heidberg 15) können die Besucher bis zum 24. November 2013 eine Ausstellung sehen, in der ca. 50 dieser einst verbotenen und verschmähten 2013 bis zum 5. Januar 2014 die Ausstellung „Prinzip Wolke“ anlässlich der bevorstehenden Emeritierung und zur Würdigung des Wirkens von Ulrich Puritz, seit 1996 Professor für Theorie und Praxis der Bildenden Kunst an der Universität Greifswald, statt. Die Ausstellung, die kontextuellen Bezug auf den Ort nimmt und ihn reflektiert wird gattungsübergreifend durch das Medium Zeichnung, Frottage, Malerei, Foto, Objekt und Videoinstallation von der Wolken-Metapher begleitet. Für eine begrenzte Zeit wird in den Ausstellungsräumen eine große „Wolke“ entstehen, die ein künstlerisches Schweben zeigt und zur Diskussion stellen möchte. Veranstaltungen während der Ausstellung Am 22. November 2013 wird der 2012 gedrehte Film „Ai Weiwei. Never Sorry (Regie: Alison Klayman, USA, Dauer 91 Minuten) gezeigt und anschließend zu einer Diskussion mit Ulrich Puritz eingeladen. Der Film bringt einen klugen, humorvollen und weitsichtigen Künstler nahe und zeigt, welche demokratische und poetische Kraft einer unbeugsamen, kritischen und fantasievollen Kunst innewohnen kann. Er ist ein Lehrstück für Künstler, Kunstpädagogen, Kulturpolitiker und diejenigen, die mit Kulturpolitik zu tun haben. Am 04. Dezember 2013 um 18 Uhr steht dann das Rendezvous im Schloss unter dem Thema „Über Kunst und Wolken-Skysurfen mit Ulrich Puritz“ auf dem Programm. Monika Lehmann Grafiken und Plastiken bedeutender Künstler wie u a. Lyonel Feininger, Käthe Kollwitz, Erich Heckel, Otto Pankok, Otto Dix, Carl Buchheister, Willi Baumeister und Max Pechstein der Öffentlichkeit vorgestellt werden und einen umfangreichen Einblick in die Vielfalt der deutschen Kunstszene vor 1933 geben. Geöffnet hat die Ausstellung, die auch zum Programm der Stiftung anlässlich des diesjährigen 75. Todestages Ernst Barlachs am 24. Oktober zählt, täglich (außer montags) von 10 bis 17 Uhr. Horst Pfeifer 19 „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Ein Mord, der für Schlagzeilen sorgte Der Fall Kadow Das Dorf Neuhof liegt an der Landstraße, die Parchim mit Crivitz verbindet. Hier, in einem Wald nahe der Ortschaft, ereignete sich 1923 eine Bluttat, die deutschlandweit für Schlagzeilen sorgte. Nach der Novemberrevolution 1918 war es in Deutschland zu einer Zeit der Orientierungslosigkeit gekommen. Linke und rechte Gruppierungen lieferten sich regelrechte Straßenschlachten. Der ehemalige Oberleutnant Gerhard Roßbach gründete im Mai 1920 die rechtsgerichtete „Arbeitsgemeinschaft Roßbach e.V.“ Deren Zweck bestand darin, ehemalige Kämpfer auf Gütern in Mecklenburg, Pommern und Schlesien, als landwirtschaftliche Hilfskräfte getarnt, unterzubringen. Durch militärische Disziplin und die Durchführung von Übungen wurde das Ziel verfolgt, die ehemaligen Korpsmitglieder als paramilitärische Formation zu empfehlen. Im Kreis Parchim war 1922 von ehemaligen Offizieren und Gutsbesitzern der näheren Umgebung die „Reit- und Fahrschule“ gegründet worden. Unter dem Namen verbarg sich eine äußerst militante Organisation, deren Mitglieder durch Zusammenstöße, vor allem mit kommunistischen Landarbeitern, von sich reden machte. Auch in Westmecklenburg fanden sich Gutsbesitzer, die die Mitglieder der Roßbachvereinigung beschäftigten. Zu ihnen gehörte der Herzberger Gutsherr Oberstleutnant a. D. Hermann von Treuenfels. Sein Gut mit über 1.000 Hektar war eines der größten in der Umgebung. Martin Bormann, der spätere „zweite Mann“ im Dritten Reich, war bereits 1920 im Auftrag der Roßbacher als Abschnittsleiter der Organisation in Herzberg tätig. Bis 1923 arbeitete der spätere Hitlerstellvertreter als Viehinspektor des Gutes. Der Besitzer des Gutes Neuhof, Rudolf Schnürgen, beschäftigte 25 Roßbachleute. Sie waren unmittelbar an 20 der Landstraße nach Crivitz untergebracht. Zu ihnen gehörten Rudolf Höß, Bernhard Jurisch, Karl Zabel und Robert Zenz. Rudolf Höß wurde Jahre später zu einem der größten Verbrecher des Dritten Reiches. Als Kommandeur von Ausschwitz trug er die Verantwortung für den Tod von Millionen Gefangenen. Am 16. April 1947 wurde er an der Stätte seiner größten Verbrechen, in Auschwitz, durch den Strang hingerichtet. Auf dem Rittergut in Herzberg hatte sich im Februar 1923 ein gewisser Walter Kadow gemeldet. Er äußerte den Wunsch, in die Reihen der Roßbachleute aufgenommen zu werden. Schon bald machte sich der in Hagenow im Jahr 1900 geborene junge Mann bei seinen Kumpanen verdächtig, einer kommunistischen Jugendgruppe anzugehören. Auch gingen Gerüchte um, Kadow sei Autor der „Volkswacht“, dem Organ der KPD. War Walter Kadow nun ein Spitzel, der eingeschleust werden sollte? Die Wahrscheinlichkeit ist nicht von der Hand zu weisen. Im späteren Mordprozess 1924 vor dem Leipziger Gericht ging die Beweisaufnahme mit hoher Wahrscheinlichkeit davon aus. Martin Bormann, der Geschäftsführer des Gutes Sternberg, fasste den Beschluss: Der „Verräter“ muss weg! Am 31. Mai 1923 besuchte in den Abendstunden Walter Kadow die Gaststätte Luisenhof in Parchim. Hier Crivitz warteten bereits mehrere Roßbacher auf ihn. Es wurde viel getrunken. Kadow hatte schon am Nachmittag einige Schnäpse zu sich genommen, so lag er bald betrunken an seinem Tisch. Einer der Roßbacher durchsuchte die Papiere Kadows. Angeblich fanden die Männer eine Mitgliedskarte der Kommunistischen Jugend. Nun war das Schicksal von Walter Kadow besiegelt. Unter einem Vorwand wurde Kadow überredet, die Kutsche zu besteigen. Die Männer nahmen den Betrunkenen in ihre Mitte. Als die Kutsche in Richtung Crivitz die Stadt verließ, wollte er aussteigen. Karl Zabel zog eine Pistole und hinderte ihn daran. Der Jagdwagen hielt in einem Waldstück bei Neuhof. Hier endete das Leben von Walter Kadow. Nachts um ein Uhr wurde er durch zwei Kopfschüsse getötet, einer der Mörder durchtrennte seinen Hals. Rudolf Höß und Karl Zabel begruben die Leiche. Bernhard Jurisch flüchtete nach diesem Vorfall nach Berlin. Hier berichtete er in der Redaktion des sozialdemokratischen „Vorwärts“ über die Ereignisse von Neuhof. Am 26. Juni 1923 erschien der erste Artikel über den Neuhofer Mord. Kriminalistische Ermittlungen führten schnell zur Festnahme der Täter. Die Verhandlung gegen Rudolf Höß und die anderen Männer fand vom 12. bis zum 15. März 1924 am Staatsgerichtshof Leipzig statt. Höß erhielt eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren, Zabel wurde zu neun Jahren Zuchthaus verurteilt. Bormann, der eigentliche Drahtzieher der Mordaktion, kam mit einem Jahr Gefängnis glimpflich davon. Das Verbrechen von Neuhof ging als Parchimer Fememord (politisch motivierter Mord) in die deutsche Kriminalgeschichte ein. Schon wenige Jahre später war keiner der Mörder mehr in Haft. Der Fememord wurde von mehreren Schriftstellen literarisch verarbeitet. Robert Merle schrieb darüber in seinem Roman „Tod ist mein Beruf“ und Hermann Kant schilderte die Tat in dem 1991 erschienenen Roman „Abspann“. Anna Dembler „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Buchvorstellungen Mit entwaffnender Offenheit „Gestatten, dass ich sitzen bleibe“ von Udo Reiter Viel hätte nicht gefehlt – und Udo Reiter wäre tot gewesen, damals, als er 23 Jahre alt war, nach dem Autounfall, der bei Blitzeis passierte. Dennoch ein harter Schicksalsschlag: Querschnittslähmung. Den sofort geplanten Selbstmord führt er nicht aus, Freunde halten ihn davon zurück. Stattdessen landet er nach dem Studium als Praktikant in einer Abstellkammer beim Bayerischen Rundfunk. Es ist der Anfang einer großen Medienkarriere. Fünf Jahre war er Hörfunkdirektor beim Bayerischen Rundfunk und baut den Mitteldeutschen Rundfunk auf, dem er 20 Jahre erfolgreich als Intendant vorstand. Neben Serien wie „In aller Freundschaft“, „Um Himmels Willen“ oder „Tierärztin Dr. Mertens“ und dem Boulevardmagazin „Brisant“ ist der MDR mit Tatorten, Polizeirufen und Dokumentationen im Ersten vertreten und an den Sendungen „Titel, Thesen, Temperamente“, „Fakt“ und „Plusminus“ beteiligt. Nun hat Udo Reiter, der 1944 in Lindau/Bodensee geboren wurde und Germanistik, Geschichte und Politische Wissenschaft studiert hat, beim Aufbau-Verlag ein Buch geschrieben, seine Autobiografie unter dem selbstironischen Titel „Gestatten, dass ich sitzen bleibe“. In einem leichten, ge- lassenen und oft zum Schmunzeln anregenden Ton erzählt er von beruflichen wie privaten Lebensstationen: vom Aufbau einer erfolgreichen ARDAnstalt aus den Ruinen des DDRStaatsrundfunks, von der Förderung der Hörfunktalente Gottschalk und Jauch, von der Schleichwerbung unter Sportchef Wilfried Mohren, von der Betrugsaffäre beim Kinderkanal, aber auch von seinem Autounfall und der Querschnittslähmung sowie den jahrzehntelangen Erfahrungen und Erlebnissen als Rollstuhlfahrer. Gerade die Kapitel, die sich mit der Gebrechlichkeit seines Körpers, selbstbestimmtem Sterben und wie viel Mühe es kostet, einfachste Dinge täglich angehen zu müssen, beschäftigen, verleihen dem Leben des Autors eine zusätzliche Bedeutungsebene. Das Buch endet mit dem Sterben seiner Frau, seiner Jugendliebe aus der Schule in Lindau. Udo Reiter hat wieder geheiratet und lebt mit seiner jetzigen Frau, der Moderatorin und Schriftstellerin Else Buschheuer, in einem Dorf bei Leipzig. Wer das Buch gelesen hat, kann wahrlich nicht den Eindruck gewinnen, dass das Leben Udo Reiters trotz Rentnerdaseins langweiliger geworden ist. Horst Pfeifer Kinder auf der Schattenseite des Lebens „Halt‘s Maul, jetzt kommt der Segen“ von Inger Hermann Inger Hermanns Buch „Halt’s Maul, jetzt kommt der Segen“ (erschienen im Calwer-Verlag) berichtet über Kinder und Jugendliche, die das Leben benachteiligt hat, die körperliche und verbale Gewalt erlebt haben und deshalb auf der Schattenseite des Lebens stehen. Darüber erzählen die Kinder und Jugendlichen, um die sich sonst kaum jemand kümmert, in den Religionsstunden. Was tun, wenn der Vater Trinker ist und die Mutter eine Hure? Oft fiel es der Lehrerin Inger Hermann schwer, den teilweise präzise beschriebenen Schilderungen der Gewalt zuzuhören. So berichtet Maria auf Seite 52 beispielsweise davon, wie ihre betrunkene Mutter sie immer mit der Bratpfanne schlägt. Dolores, ihre Klassenkameradin, sagt darauf: „Sei froh, dass deine Mutter die Bratpfanne nimmt. Mein Vater verprügelt mich mit dem Elektrokabel, das ist viel schlimmer.“ Kaum ein Thema wird in dem Buch ausgelassen. Es geht um Menschen, um die Bibel und um Gott, um Familie, Beziehungen, Liebe und Sexualität, um Tod und Krieg. Und natürlich darüber, wie junge Menschen über sich und ihr Leben denken. Das Buch gibt denen, die sonst nichts zu sagen haben, eine Stimme. Horst Pfeifer 21 „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Geschichte(n) der Heimat Altes neu entdeckt Mecklenburg-Vorpommern hat viele Geschichten. Einige sind bekannt, andere wurden noch nicht erzählt. Wir wollen Ihnen mit unserer Reihe Ansporn und Hilfe sein, fast schon Vergessenes wieder aufleben zu lassen. Die Klosterstraße Das Foto zeigt einen Teil der Klosterstraße, die seit 1851 so heißt. Sie ist eine der ältesten Straßen Schwerins und voll beladen mit Geschichte und Geschichten. Das Kloster befand sich etwa dort, wo heute die Staatskanzlei ihren Sitz hat. Die erste Erwähnung fällt auf das Jahr 1236 zurück. Es waren die Franziskaner, die dieses Kloster erbauten: ein sogenannter Bettelorden, der sich Enthaltsamkeit auferlegt hat. Gründer dieses Ordens war Franz von Assisi, nach dessen Regelwerk die Brüder anfangs auch im Schweriner Kloster lebten. Zu den ersten Bauwerken zählt eine zweitürmige Kirche, die im Jahr 1287 vollendet wurde. Später folgten ein Wohn- und Aufenthaltstrakt für Mönche, einige Wirtschaftsgebäude und natürlich eine steinerne Mauer um das gesamte Klostergelände, die zwei große Tore und eine kleine „Hintertür“ hatte. Von einem Tor wissen wir, dass es direkt am heutigen Alten Garten gelegen hat. Ein kleineres Tor sicherte den Mönchen den direkten Zugang zum Burgsee, denn die Mönche betrieben auch Fischerei. Im Kloster soll auch die Sagengestalt „Pück“ sein Unwesen getrieben haben: ein Kobold, der sich in allerlei Gestalten und Gegenstände verwandeln konnte. In der Reformationszeit „ging“ das Kloster nach und nach ein, ohne dass es zu gewaltsamen Aktionen 22 gekommen wäre. Das verwundert, denn die Franziskaner waren durch ihren Lebenswandel doch sehr weltlich geworden und hatten sich allerlei Laster zugelegt. Seit 1539 wurde in der Klosterkirche nachweislich durch einen Herrn Martin (nach ihm wurde später die Martinstraße benannt) lutherisch gepredigt. Zunächst nur in der Vorkirche, damit die verbliebenen Franziskaner-Mönche bei ihren Zeremonien und Gottesdiensten nicht gestört wurden. Übrigens war der letzte Klosterbruder ein Mann namens Köning. Einige leiten von seinem Namen die Bezeichnung Königsstraße – heute Puschkinstraße – ab. Die anderen Mönche waren zum Protestantismus übergetreten, einige einfach in andere Klöster „ausgewandert“. 1557 wurde die Klosterkirche wegen Baufälligkeit abgerissen. Das Wohngebäude hatte dagegen noch eine wechselvolle Geschichte. Die von Herzog Albrecht I. gegründete Fürstenschule fand hier eine Bleibe. Hier wurden keine Fürsten ausgebildet, sondern nach dem Vorbild der Meißener St. Afra der Nachwuchs für die höhere Verwaltungslaufbahn geschult. 1576 zog die Fürstenschule in den Dom und die Herzogliche Justizkanzlei übernahm bis 1715 das Gebäude, ehe es 1770 ebenfalls abgerissen wurde. zu einem Gefängnis umgebaut wurde. 1979 wurde das Gebäude gesprengt. Weitere interessante Gebäude in der Klosterstraße waren das Hotel du Nord, die Katholische Schule und das Katholische Pfarramt. Von vielen Schwerinern wurde dieses Gebiet „Katholische Ecke“ genannt. Das Haus mit dem Krangiebel, ein kleines Fachwerkhaus am Westende der Straße, war in Schwerin das letzte seiner Art und wurde um 1800 gebaut. Das Eckhaus (auf dessen Grundmauern bis vor kurzem FischSchulz sein Geschäft hatte) wurde in den 60er Jahren abgerissen. Wo die Klosterstraße einen Knick zur Buschund Schlossstraße macht, endet sie auch. Früher hatte dieses kleine Teilstück den Namen Wassergang. Die Nummerierung hat durch Hausabrisse und einen Fehler in der damaligen Verwaltung eine merkwürdige Anordnung. Doch die Straße ist kurz. Wer eine Hausnummer sucht, der findet sie auch. Heute ist die Straße dicht am Boulevard und trotzdem ein Pool der Ruhe. Durch die Sanierung der Häuser ist sie recht ansehnlich geworden. Hier und da wird noch gebaut, auch die eine oder andere Baulücke ist noch vorhanden. Rainer Blumenthal Stadtarchiv Schwerin Der älteste Name der Klosterstraße war „Hinter dem Klosterhof“, oder auch „Wasserstraße beim Klosterhof“. Sie fing am Burgsee an und führte bis zum Fließgraben, der heutigen Mecklenburgstraße. 1875 zog Buchdrucker Eduard Herberger in die Klosterstraße Nr. 6. Herberger war Herausgeber der Mecklenburgischen Zeitung. Bei der Einführung des Telefons 1890 erhielt er den Anschluss 27. Zu dieser Zeit gab es nur 50 Telefone. Bis 1930 war das Haus eine Druckerei, bis zum Abbruch in den 60er Jahren eine Wäscherei. Danach wurden auf dem Gelände Garagen gebaut, heute befindet sich dort ein Parkplatz. Ein wichtiges Gebäude war die Hovemannsche Warmbadeanstalt, die später als Brauerei genutzt und dann Was ist auf diesem Foto zu sehen? Quelle: Stadtarchiv Schwerin „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Sudoku Sudoku ist ein Zahlenrätsel, welches aus einem Gitterfeld aus neun Reihen mit je neun Kästchen besteht. Dieses muss so ausgefüllt werden, dass die Zahlen von 1 bis 9 nur einmal in jeder Reihe, in jeder Spalte und in jedem Block aus drei mal drei Feldern erscheinen. Dafür sind jeweils nur einige wenige Zahlen vorgegeben. Jedes Sudoku hat nur genau eine richtige Lösung. Impressum Herausgeber: Evangelische Suchtkrankenhilfe Mecklenburg-Vorpommern gGmbH, JOB TAFEL Peter Grosch, Geschäftsführer Sieglinda Leipold, Projektleiterin Mitglied im Diakonischen Werk Mecklenburg-Vorpommern e.V. Die Zeitung ist Mitglied beim Internationalen Straßenzeitungsnetzwerk (International Network of Street Papers INSP) „die straße“ wird vom Jobcenter der Landeshauptstadt Schwerin unterstützt. Redaktionsleitung: Horst Pfeifer Assistentin: Evelyn Romahn Leserpost Von Susanne Wagner aus Schwerin erhielten wir folgende Mail: Ich gebe zu, dass ich keine „Stammleserin“ Ihrer Zeitung bin, doch ich finde es großartig, wenn Menschen den Mut aufbringen, um etwas an ihrer Lebenssituation zu ändern. Und das ist bei den Verkäufern der Zeitung der Fall. Verkäuferinnen und Verkäufer gesucht Wir sind ein soziales Projekt und bieten Menschen, die die Straßenzeitung verkaufen, nicht nur eine Aufgabe, sondern auch Hilfestellung und Betreuung bei vielen Problemen des Alltags. Wer Interesse hat, die Straßenzeitung zu verkaufen und am Ende des Monats über etwas mehr Geld verfügen möchte, melde sich bitte bei uns in der Redaktion (19063 Schwerin, Potsdamer Straße 17 oder unter Telefon 03 85 7 3 00 08 11). Montags bis donnerstags in der Zeit von 8 bis 17 Uhr und am Freitag in der Zeit von 8 bis 14.30 Uhr beantworten wir gern Ihre Fragen. Wir würden uns freuen, wenn Sie unser Team verstärken! Die Redaktion Liebe Leserinnen und Leser, wenn auch Sie Mitglied des Förderkreises „die straße“ werden möchten und damit das Straßenzeitungsprojekt sowie unsere Verkäuferinnen und Verkäufer unterstützen wollen, bitten wir Sie, den in dieser Ausgabe auf der letzten Seite abgedruckten Coupon auszufüllen und an die Redaktion zu senden. Wir freuen uns über jede Unterstützung! Die Redaktion Ehrenamtliches Redaktionsteam: Tilman Baier, Gerd-Renee Dankert, Gerda Jentsch, Gabriele Kanis, Ralph Martini, Monika Schumann, Sabine Siewert, Uwe Sinnecker Postanschrift: Haus der Begegnung Perleberger Straße 22, 19063 Schwerin Redaktion: Potsdamer Straße 17, 19063 Schwerin Telefon: 03 85 / 3 00 08 11 Fax: 03 85 / 3 00 08 57 E-Mail: [email protected] Titelbild: Ralph Martini Gestaltung: Steffen Mammitzsch Ehrenamtliche Korrektorin: Gundula Stange Druck: Produktionsbüro TINUS Schwerin Die Redaktion behält sich das Recht auf sinnwahrende Kürzung von Artikeln und Briefen vor. Unsere nächste Ausgabe erscheint im November 2013. 23 „die straße“ ein Projekt der ESM-V gGmbH, JOB TAFEL Kreuzworträtsel Waagerecht: 5. Ort bei Waren (Müritz), 6. Berater, Gefolgsmann des Königs, 10. weibl. Kleidungsstück, 11. Seefahrer aus der Geschichtensammlung „Tausendundeine Nacht“, 12. Abdruck im Sand, 15. männl. Erziehungsberechtigter, 16. Branntwein aus Reis oder Palmensaft, 17. ungebraucht, frisch, 19. röm. Sonnengott, Währungseinheit in Peru, 20. Reinigungsmittel für den Körper, 22. Offiziersschüler, 23. Helfer in der Not, 24. jur. Berater, Beistand, 26. dt. Theoretiker des Sozialismus (1820-1895), 28. Schwermetall, 31. Kassenzettel, 32. Furche, Fuge, Rinne, 34. ital. Opernkomponist (1813-1901), 35. innerhalb, umgrenzt, 38. Wandschmuck, 39. Art, system. Einheit, 41. kleiner Wasserlauf, 42. franz. Frauenname, 43. zu Beginn ric Senkrecht: 1. Deich, 2. Usus, 3. Wald, 4. Adept, 5. Verein, 7. normal, 8. Knarre, 9. Ablauf, 13. Kasse, 14. Paket, 18. Urahnen, 19. stellen, 20. Stute, 21. Erlen, 25. Angel, 27. Gabel, 29. ibidem, 30. Emilie, 31. Bonbon, 33. Typhus, 36. flink, 37. Wanne, 39. satt, 40. Sand Auflösung Waagerecht: 5. Vielist, 6. Paladin, 10. Rock 11. Sindbad, 12. Spur, 15. Vater, 16. Arrak, 17. neu, 19. Sol, 20. Seife, 22. Kadett, 23. Retter, 24. Anwalt, 26. Engels, 28. Eisen, 31. Bon, 32. Nut, 34. Verdi, 35. innen, 38. Bild, 39. Spezies, 41. Bach, 42. Nanette, 43. anfangs Senkrecht: 1. Uferbefestigung, 2. Brauch, Gepflogenheit, Sitte, 3. baumbestandene Vegetationsfläche, 4. in geheime Künste Eingeweihter, 5. Interessengemeinschaft, 7. der Regel entsprechend, ohne Veränderung, 8. Geräuschinstrument, 9. Vorgang eines techn. Prozesses, 13. Geldschalter, 14. großer verpackter Gegenstand, 18. weit entfernte Vorfahren, 19. etwas räumlich anordnen, 20. weibl. Pferd, 21. Laubbaum (Mz.), 25. Fischfanggerät, 27. Teil des Essbestecks, 29. Fußnote in Büchern: am angeführten Ort, ebenda, 30. älterer weiblicher Vorname, 31. lutschbare Süßigkeit, 33. Infektionskrankheit, Epidemie, 36. rasch, geschwind, 37. Badegefäß, 39. nicht hungrig, 40. Bestandteil des Strandes Unterstützen auch Sie „die straße“! Unser Coupon ist für alle, die sich entscheiden, Mitglied des Förderkreises zu werden. Ich möchte Mitglied des Förderkreises „die straße“ werden. 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