Ein Sommertag mit zwei Wintersportlern

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Ein Sommertag mit zwei Wintersportlern
GOING FOR GOLD
72 | SPORT
NEUE AM SONNTAG
14. JULI 2013
Ein Sommertag
mit zwei
Wintersportlern
Wir haben mit
Snowboarderin Susanne Moll (25) und
Ski-Weltcup-Läufer
Frederic „Fredi“ Berthold (22) einen Tag
verbracht. Und die
Beiden auch zu einem
PR-Termin begleitet.
HANNES MAYER (TEXT) UND
KLAUS HARTINGER (FOTOS)
A
us den Lautsprechern
in der Kraftkammer im
Sportservice Dornbirn
dröhnt ein- Rocksong aus
den 1980er Jahren. Es ist kurz
vor 12 Uhr. Fredi Berthold absolviert letzte Kraftübungen
und stemmt Gewichte. Seit
über drei Stunden trainiert
er, zwei davon hat er in der
Kraftkammer
verbracht.
Als er die Gewichte abstellt,
beginnt der Ski-WeltcupLäufer zu schmunzeln. „Ich
wurde schon gefragt, was
ich eigentlich im Sommer
mache.“ Der Irrglaube, dass
Susi Moll posiert für Werbeaufnahmen mit der neuen
Trinkflasche zu Gunsten der
Initiative „Going for Gold.“
Wintersportler im Sommer
viel Freizeit haben, ist eben
immer noch weit verbreitet.
In Wahrheit bleibt ihnen
auch im Sommer praktisch
keine Freizeit. Berthold trainiert sechs Tage die Woche –
vormittags und nachmittags.
Ein Mal im Monat hat der
Sohn von ÖSV-Herren-Cheftrainer Mathias Berthold
drei Tage frei. „Leider gehen
diese freien Tage so schnell
vorbei“, offenbart der Montafoner und geht sich frischmachen.
Berthold über Berthold
Wir warten derweil auf
der Terasse. Nach einer
Viertelstunde stösst der
22-Jährige wieder zu uns.
Er ist hat sich ein frisches
Trainingsleibchen angezogen, ist also immer noch in
Dienstkleidung. Weil er ja
am Nachmittag weitertrainiert. Und weil er bei jedem
Pressetermin seine Sponsoren präsentieren muss. Im
lockeren Gespräch schildert
uns Berthold Eindrücke aus
seiner ersten Weltcupsaison. So verrät er uns, dass
er mit Hannes Reichelt auf
Berthold stemmt am Vormittag Gewichte. 60 Kilo hat er aufgelegt.
einem Zimmer liegt. Oder
dass ihm beim Besichtigen
der Abfahrt in Beaver Creek
das Herz in die Hose rutschte. „Der Lauf beginnt mit
einem etwa 30-sekündigen
Flachstück. Dann kommt
eine Kante und der extrem
wellige Steilhang beginnt.
Ich kannte die Strecke natürlich vom Fernsehen,
aber wenn du da stehst und
runterschaust, wird dir anders.“ Auch von seinem Papa
erzählt er uns. „Ich glaube,
ganz trennen kann er es
nicht, dass ich sein Sohn und
sein Athlet bin.“ Als Beispiel
nennt er, wie ihn sein Vater nach einem FIS-Rennen
in Nordamerika mit zornigen Schweigen für einen
schlechten Lauf bestrafte.
Mittlerweile ist es 13.30
Uhr. Das Training ruft. Danach, um 17 Uhr, steht noch
ein PR-Termin an. In Egg
wird ihm vom Marketingleiter von Lebenshmittelhändler Sutterlüty – Philipp Giselbrecht – eine brandneue
Trinkflasche
überreicht,
deren Reinerlös an die Initiative „Going for Gold“, also
Berthold beim lockeren Plausch während der Mittagspause.
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NEUE AM SONNTAG
14. JULI 2013
dem Vorarlberger Wintersportnachwuchs geht. Bei dem Termin ebenfalls dabei sein wird
Snowboarderin Susi Moll.
Posieren und lächeln
Zeitsprung. Sutterlüty-Filiale
in Egg. Berthold ist um 16:50
Uhr und somit als erster da.
Während wir warten verrät er
uns, dass er heute eigentlich zu
seiner Freundin nach Innsbruck
fahren wollte. Denn in den
nächsten Tagen trainiert er am
Olympiastützpunkt in der Tiroler Landeshauptstadt. Für den
PR-Termin hat er seinen Zeit-
auf? Susi Moll ist ihre Zahnspange los.
plan geändert. Stören ihn solche
Werbetermine? „Nein. Das gehört zum Profisport dazu. Noch
dazu ist es in diesem Fall für
eine wirklich gute Sache, weil
der Nachwuchs profitiert.“ Jetzt
trifft Philipp Giselbrecht sowie
mit Petra Fiel eine Vertreterin
vom Vorarlberger Skiverband
ein. Die beiden erklären Berthold, dass die Trinkflasche
eine geruchsneutrale Innenbeschichtung hat, Alpla als Aktionspartner die Flasche hergestellt hat und Sutterlüty ein
exklusiver Vertriebspartner ist.
Darum also der Termin.
17.10 Uhr. Jetzt trifft Susi Moll
ein. Sie kommt von ihrem Arbeitsplatz, dem Polizeiposten
Dornbirn. Und erklärt: „Es tut
mir leid, dass ich unpünktlich
bin. Ich konnte meinen Dienst
nicht verschieben.“ Darum
musste sie am Vormittag auch
beim Krafttraining passen, das
sie dienstags und donnerstags
oft gemeinsam mit Berthold
absolviert. Moll kommt, im
Gegensatz zu Heeressportler
Berthold, nicht umhin, im Sommer zu arbeiten. Das bringt das
nötige Geld für ihren Sport. Kostet aber einen Trainingstag. Sie
trainiert an fünf Wochentagen.
Nachdem auch Moll alle
Details zur Trinkflasche weiß,
geht‘s auf zum Fotoshooting.
Der Fotograf beschließt, ein
witziges Aktionsfoto zu machen, setzt Giselbrecht an die
Kassa und drückt den Sportlern einen Korb voller Trinflaschen in die Hand. Jetzt heißt
es lächeln. Es dauert fast eine
Stunde, bis alle Aufnahmen im
Kasten sind. Letzlich äußert der
Fotograf noch einen weiteren
Wunsch. Moll möge doch die
Trinkflasche bei einer Trainingsübung integrieren. Die
Andelsbucherin weiß prompt
Rat. Ihr fällt ein, dass sie im
Sand Balanceübungen macht.
Die Trinflasche in ihrer Hand
müsste dabei eigentlich ganz
natürlich aussehen, findet sie.
Der Fotograf nickt, was bedeutet, dass sie zurück nach Dornbirn müssen. Dort geht das Posieren weiter. Dieses Mal geht
alles ganz schnell. Nach ein paar
Minuten ist auch Moll in ihren
wohlverdienten Feierabend entlassen.
So also verbringen Wintersportler wie wie Berthold oder
Moll einen Sommertag. Von viel
Freizeit keine Spur.
Philipp Giselbrecht, Susi Moll und Fredi Berthold bei den Werbeaufnahmen.