Häufig liegt die U rsache in der Halswirbelsäule
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Häufig liegt die U rsache in der Halswirbelsäule
Häufig liegt die U r s a c h e in der Halswirbelsäule Dr. med. Edgar Berbuer iele Patienten mit Schwindel, Hörsturz und Tinnitus - oft noch chronischen Kopfschmerzen – haben eine Odyssee von Arzt zu Arzt, von Heilpraktikern zum Heiler hinter sich. Eine Vielzahl von Therapieempfehlungen folgt aus der Unklarheit des Entstehungsmechanismus dieser so häufigen Störungen des Gehör- und Gleichgewichtsorgans. Dass; diese Erkrankungen - als Domäne der Hals Nasen-OhrenÄrzte angesehen - durch Funktionsstörungen der oberen Halswirbelsäule ausgelöst werden können, ist leider viel zu wenig bekannt. Komplizierte Verknüpfungen Das Gleichgewichtsorgan im Innenohr und der obere Anteil der Halswirbelsäule (HWS) liegen räumlich sehr eng beieinander. Zudem laufen durch seitliche Kanäle der HWS beiderseits Arterien, die einen wesentlichen Anteil der Blutversorgung von Gehirn und Gleichgewichtsorgan leisten. Verkalkungen dieser Arterien führen genauso zu Durchblutungsstörungen, wie Abknickungen oder Einklemmungen, die nach Unfällen, aber auch durch Verschleißerscheinungen der HWS auftreten können. Noch komplizierter sind die neuronalen Verbindungen zwischen den Nackenmuskeln, den Gelenkkapseln der Wirbelgelenke, Hirnstamm, Gleichgewichtsorgan, Lind Zentren der Augensteuerung. Vereinfacht kann man sagen: Alles ist mit allem verknüpft! Erst Forschungen in den letzten Jahren haben unsere diesbezüglichen Vermutungen bestätigt. Anatomie der HWS Unsere HWS besteht aus sieben Wirbeln, wobei die beiden oberen - Atlas - der erste Wirbel - und Axis - der zweite Wirbel - eine Sonderstellung haben. Hier läuft nicht nur der Großteil der Kopfbewegungen ab, sondern hier sind eine Vielzahl kleiner Muskeln an der Feinsteuerung der Kopfstellung beteiligt. Daneben sind diese kleinen Muskeln mit sehr dicht liegenden Muskelspindeln durchsetzt, die dem Gehirn exakte Informationen über die Kopfstellung liefern. Man darf sagen, dass hier ebenso viele Nerven liegen, wie in unseren als Tastorgan ausgebildeten Fingerkuppen. Dies gibt es sonst nirgends in unserer Muskulatur. Im Normalfall wird von hier aus eine Fülle von Informationen über die Lage des Kopfes im Raum weitergemeldet Was schon geringe Störungen in diesem System bewirken können, kann man leicht erahnen. Funktionsstörungen der HWS Funktionsstörungen der Halswirbelsäule zeigen sich durch eingeschränkte Beweglichkeit mit oder ohne Schmerzen. Im Gegensatz zu anatomischen Veränderungen durch Verschleiß oder Verletzung sind sie prinzipiell reversibel, das heißt therapierbar. Die wichtigste Funktionsstörung ist die Blockierung. Unter einer Wirbelsäulenblockierung verstehen wir die Verklemmung zweier übereinander liegender Wirbel durch eine vermehrte Adhäsion der kleinen Wirbelgelenke. Der Entstehungsmechanismuseiner solchen Blockierungen kann ein Trauma sein, so zum Beispiel ein Treppensturz, ein Verheben oder Verrenken. Auch eine chronische Verspannung der Muskel durch einseitige Belastungen - wie zum Beispiel beim Arbeiten am Computer, bei Kopf-Arbeit oder bei Arbeiten in gebückter Haltung, kann durchaus zu einer Blockierung führen. Psychische Belastung ; spielt eine Rolle Nicht selten führen seelischen Belastungen zur Verspannung speziell der Nackenmuskulatur, die sich dann bei Angst, Ärger und Sorge zusammenzieht und ähnlich einem Schraubstock die Wirbelsäule preßt. Dies kann letztendlich dann zu Blockierungen führen. Die Blockierungen entstehen also an den kleinen Wirbelgelenken und führen zu einer segnentalen Nervenirritation, die sowohl die sensiblen, die motorischen, als auch die vegeativen Fasern betrifft. Vegetative Funktionsstörungen In den ausgebildeten Fingerkuppen. Dies gibt es sonst nirgends in unserer Muskulatur. Im Normalfall wird von hier aus eine nun bei einer Blockierung unmittelbar akut oder auch langsam ansteigend zu Störungen im Innenohr Gleichgewichtsorgan kommen. Typisch für ein akutes Geschehen ist dabei der beim Erwachen auftretende massive Drehschwindel, bei dem man nicht in der Lage ist, sich aufzurichten, weil sich alles um einen herum dreht. Schwindel: • Schwank-Schindel • Dreh-Schwindel • Benommenheits-Gefühl Hörsturz: Plötzlicher Hörverlust oder Hörminderung, meist auf einem Ohr. Tinnitus: Ein- oder beidseitige Ohrgeräusche unterschiedlicher Frequenzen als Dauer- oder Maschinengeräusche, Rumpeln, Rauschen und ähnliches ohne erkennbare äußere Ursache. Genauso plötzlich kann ein Hörsturz auftreten, das heißt ein akuter Hörverlust meist eines Ohres. Jedoch wird dieser nicht als so gravierend wahrgenommen wie der Drehschwindel, oftmals erst als »verstopfter Gehörgang« fehlgedeutet. Erst die Messung mittels Audiogramm beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt bringt dann die Diagnose. Viel störender macht sich aber der Tinnitus bemerkbar, der mit quälendem Ton in unser Bewußtsein dringt. Er hat zudem die unangenehme Angewohnheit sich zu verselbständigen, das heißt, ist er erst länger als ein halbes Jahr vorhanden, sind selbst bei Korrektur der HWS-Blockierung die Therapieerfolge schlecht. Diagnostik Bei allen Formen von Schwindel, Hörsturz und Tinnitus ist eine ausführliche Erhebung der Anamnese (Vorgeschichte) erforderlich. Der Beginn der Erkrankung, die zeitlichen und örtlichen Umstände, die seelische Verfassung, Unfälle kurz oder länger vorher, Operationen, berufliche Belastung, Ungewohnte Tätigkeiten wie zum Beispiel ein »ganz normaler Umzug«, können von ausschlaggebender Bedeutung für das Entstehen der Erkrankung sein. Im nächsten Schritt erfolgt die Schilderung des Befindens durch den Patienten. Anschließend werden die Bewegung und die Haltung durch den Untersucher beurteilt. Erst danach erfolgt die manuelle Untersuchung durch Betasten der einzelnen Wirbel und ihrer Gelenke. Diese Untersuchung setzt beim Therapeuten eine langjährige Erfahrung voraus, da die Befunde sehr schwer zu erheben sind. Bei einer Erstuntersuchung nach Unfällen gehen sie fast immer unter, da nur wenige Chirurgen mit dieser Untersuchungstechnik Erfahrung haben. Nur wenig hilfreich für diese Form der Diagnostik sind alle bildgebenden Verfahren wie Röntgen, Computertomogramm und Kernspintomogramm. Nur in seltenen Fällen sind Wirbel bei Blockierungen so massiv verschoben, daß es hier gesehen werden kann. Deshalb ist zu beachten: »Ein Normalbefund im Röntgen, Computertomogramm oder Kernspin hat keinerlei Bedeutung und ist nicht in der Lage die Wirbelsäule als Ursache von Schwindel, Hörsturz oder Tinnitus auszuschließen!« Erst wenn all diese Untersuchungen ergebnislos bleiben, ist eine weitere Diagnostik mittels neurologischer und neurophysiologischer Spezialuntersuchungen zu vertreten. Ich will besonders betonen: solange Wirbelblockierungen der HWS nicht mit Sicherheit ausgeschlossen sind, muß die HWS als Hauptverdächtige bei Schwindel, Hörsturz und Tinnitus betrachtet werden! Typische Risiken Nach langjähriger Beschäftigung mit der Problematik und durch ausführliche Befragung der Patienten haben sich einige, immer wiederkehrende Risiken für Blockierungen der oberen HWS herausgeschält, die ich hier nur kurz tabellarisch aufliste: UNFÄLLE • speziell Autoauffahrunfälle, auch bei sehr geringer Geschwindigkeit • Treppensturz • Kopfprellung und ähnliches SPORT • Ringen • Kampfsportarten • Geräteturnen • Kopfbälle im Fußball, Brustschwimmen bei Rundrücken • Drachenfliegen • Mountainbike und Rennrad, wenn der Lenker zu tief eingestellt ist • Schießen im Liegen, Billard, Skateboard, Bungie-Jumping BERUF UND HOBBY • Über-Kopf-Arbeit bei Heizungs- und Klimatechnikern, Gipsern, Maurern, Schweißern, Kfz-Mechanikern, Malern • Verkrampfte Haltung bei PC-Arbeit, Kraftfahrern, Telefonisten, Feinmechanikern, Fließbandmontage von Kleinteilen • Musiker, besonders Querflötisten, Geiger, Akkordeonspieler, Saxophonisten, Schlagzeuger • Achterbahn fahren. FALSCHE LAGERUNG • Zu flaches Kopfkissen, das den Kopf in den Nacken fallen läßt (wer schnarcht, liegt falsch!), • Zahnbehandlung mit nach hinten überstrecktem Kopf, • Haarwäsche beim Friseur mit Kopf nach hinten (speziell bei älteren Menschen gefährlich). OPERATIONEN • Hier ist besonders die Schilddrüsen-Operation zu nennen, bei der der Kopf stark nach hinten gebeugt wird. In der Narkose fehlt der warnende Schmerz! SEELISCHE BELASTUNG • Hier kommt es durch die reflektorische Verspannung der Nackenmuskulatur zu dauernd erhöhtem Druck auf die HWS, speziell depressive Menschen sind besonders gefährdet, aber auch einfache Schreck-Reaktionen können ausreichen. Therapie Man sieht, daß eine Vielzahl von Ursachen für Blockierungen der HWS in Frage kommt und damit auch die Ursachen für Schwindel, Hörsturz und Tinnitus vielfältig sind. Bei der Therapie beschränke ich mich nur auf die HWS-bedingten Störungen. Bei einer nachgewiesenen Blockierung der Kopfgelenke der oberen Halswirbelsäule besteht die Therapie in einer Chirotherapie mittels Impulstechnik, das heißt ein erfahrener Therapeut löst mit gezieltem Griff die bestehende Blockierung auf. Besonders bei akutem Drehschwindel ist der Erfolg sofort erzielbar, schon wenige Sekunden nach dem Eingriff kann der Schwindel verschwinden. Die dann erlebten Glücksmomente der gequälten Patienten gehören zum schönsten, was einem Arzt passieren kann. Beim Schwankschwindel erfolgt die Besserung dagegen langsamer, meist jedoch schon nach wenigen Stunden. Beim Tinnitus muß neben der Lösung der Blockaden besonders auf die Lockerung und Dehnung der verspannten Nackenmuskulatur geachtet werden, sonst ist ein Rezidiv vorprogrammiert. Beim Tinnitus sind Erfolge nur selten sofort zu erzielen, was Geduld bei Arzt und Patient erfordert. Wiederholte Behandlungen sind hier nicht zu vermeiden. Hier ist besonders die Zusammenarbeit mit Physiotherapeuten wichtig, insbesondere für die Prophylaxe. Daran denken ist alles Man kann nur diagnostizieren, was man kennt! Wenn man um die Zusammenhänge von Wirbelsäule und Nervensystem weiß, wenn man bei Schwindel, Hörsturz und Tinnitus auch an die Wirbelsäule als mögliche Ursache denkt, kann man vielen Patienten auch noch nach Jahren helfen. Eine meiner Patientinnen wurde durch eine einmalige Behandlung nach sechs Jahren mit Drehschwindel in wenigen Sekunden geheilt. Modell der Halswirbelsäule in Ansicht von vorne mit Wirbelkörpern, Bandscheiben und arteria vertebralis (rot)