Jurybericht - Stadt Kreuzlingen

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Jurybericht - Stadt Kreuzlingen
Jurybericht
Kunst Wettbewerb / Kreuzlinger Kunstkommission
Die Entdeckung des Stadtraumes
2012 / 2013 Wiesenstrasse / Zollstrasse
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Ausgangslage
Die Stadt Kreuzlingen besitzt mit ihren Kunst-Kreiseln, dem Signer-Brunnen, den Tarot-Figuren von
Johannes Dörflinger, dem Josephson-Relief auf dem städtischen Friedhof und dem Leuchtenobjekt von
Volkhart Kempter am Hafen bereits zeitgenössische künstlerische Werke im öffentlichen Raum. Dabei
haben die Diskussionen, die sich mit der Realisierung dieser Skulpturen und Installationen verbanden,
deutlich gemacht, dass die öffentliche Auseinandersetzung mit einer ortsbezogenen Kunst sowohl für
die Kunst als solche als auch für den betroffenen Aussenraum höchst fruchtbar ist. Die BürgerInnen
werden angeregt, den öffentlich-urbanen Raum differenzierter wahrzunehmen und zugleich stärker als
einen demokratisch gedachten Raum zu begreifen. Daneben eröffnet sich die Möglichkeit, die
Öffentlichkeit ausserhalb des Museums an die Moderne heranzuführen und Interesse für aktuelle
Entwicklungen in Kunst und Gesellschaft zu wecken.
Die Kunstkommission der Stadt Kreuzlingen möchte mit dem Projekt "Die Entdeckung des
Stadtraumes" diesen fruchtbaren Dialog zwischen Öffentlichkeit und Kunst fortsetzen. KünstlerInnen
soll die Möglichkeit gegeben werden, in einem vorgegebenen städtischen Bereich Vorschläge für
künstlerische Interventionen zu erarbeiten und zu realisieren. Innerhalb des definierten Bereichs sollen
Art und Ort des künstlerischen Eingriffs frei bestimmbar sein. Das mögliche Spektrum kann sowohl
bildhauerische, malerische und installative Arbeiten, die dauerhaft mit einem Ort verbunden sind, als
auch projektbezogene oder aktionistische Interventionen, die als Ereignisse auf Beteiligung angelegt
sind, umfassen.
Das Projekt "Die Entdeckung des Stadtraumes" will Verständnis wecken - für das Kunstwerk und für
dessen Ort. Es will die BürgerInnen zur reflektierten Auseinandersetzungen mit ihrer Stadt und deren
Erscheinungsbild anregen. Folgende Projekte wurden bereits realisiert:
2008/9
Weinstrasse
Projektname: Kommst du an den See?
Team: Gabriela Gründler und Salome Kuratli, Kochstrasse 18, 8004 Zürich
2011/12
Gemeindeplatz Egelshofen
Projektname: Astrokartographie als Kunst im öffentlichen Raum
Doris Naef, Frauenfelderstrasse 4, 8570 Weinfelden
Mit dem nun gestarteten dritten Projekt an der Wiesenstrasse / Zollstrasse kommt ein Stadtteil ins
Visier, der heute wohl von zahlreichen Personen, bei ihren Einkaufstouren ins benachbarte Konstanz,
als Parkier- und Durchgangsort stark frequentiert wird und dennoch auf eigentümliche Art nicht als
Bestandteil von Kreuzlingen wahrgenommen wird. Die Wiesenstrasse verbindet wie selbstverständlich
als Quartierstrasse Konstanz und Kreuzlingen, kaum zu glauben, dass diese Verbindung bis vor
wenigen Jahren noch durch ein Gittertor getrennt wurde.
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Aufgabenstellung / Auszug Ausschreibung
Ausgangslage
Die Stadt Kreuzlingen wünscht sich mehr interessante, zeitgenössische, öffentliche Kunst. Es wird
daher ein Projekt lanciert, das die Stadt in den folgenden Jahren um spannende künstlerische
Interventionen bereichert. Die Arbeiten werden für die Stadt gemacht und bleiben in deren Besitz.
Wer
Diese Ausschreibung richtet sich an Künstler/innen aller Sparten, die im öffentlichen Raum für den
öffentlichen Raum arbeiten wollen.
Wann
Das dritte Projekt findet im Zeitraum Januar 2013 bis April 2014 statt.
Veröffentlichung und Ausschreibung im Januar 2013; Abgabe der Projekte bis 24. Mai 2013.
Beurteilung der Projekte im Mai/Juni 2013, anschliessend Ausstellung.
Ausführung des ausgewählten Projektes bis Frühjahr 2014.
Ort
Zur Verfügung steht das ganze Gelände rund um die Wiesen- und die Zollstrasse in Kreuzlingen.
Vorgehen
Die Künstler/innen werden gebeten diesen Raum genau zu erkunden und sich einen für sie
interessanten Ort für eine künstlerische Intervention auszusuchen. Vorab müssen die Besitzverhältnisse
des vorgesehenen Ortes abgeklärt und eine Bewilligungsbereitschaft eingeholt werden. Für diesen Ort,
diese Orte entwickeln sie einen künstlerischen Eingriff.
Abgabe
Das visualisierte Projekt mit Beschreibung muss auf 2 - 3 Seiten, im Format A3quer, eingereicht
werden. Auf dem Anmeldeformular sind alle weiteren Angaben zum Projekt einzutragen.
Bis 24. Mai 2013 können die Projekte bei der Kunstkommission (Stadtverwaltung Kreuzlingen;
Kunstkommission; Marktstrasse 4; 8280 Kreuzlingen) eingereicht werden.
Kosten und Honorar
Für das Projekt stehen CHF 20'000.- zur Verfügung (Ausführung, Material und Künstlerhonorar). Die 2.
und 3. Klassierten erhalten ein Preisgeld von je CHF 500.-. Die Stadt übernimmt die Kosten für
Wettbewerb, Ausstellung und Einweihung.
Beurteilung
Die Jury der Kunstkommission behält die eingereichten Unterlagen bis zum schriftlichen Abschluss des
Projektes und hat das Recht die Arbeiten, nach der Beurteilung, in einer kleinen Ausstellung öffentlich
zu präsentieren. Alle Teilnehmer erhalten den Jurybericht. Nach der Freigabe können die Unterlagen
wieder abgeholt werden.
Beurteilungskriterien
Machbarkeit, Originalität, Authentizität, Ortsbezug, Komplexität, Öffentlichkeit, Stimmigkeit.
Im Namen der Kunstkommission: Dorena Raggenbass (Stadträtin), Dolores Claros-Salinas, Martin
Maeder, Bernard Roth, Christian Schneeberger, Adrian Latzer.
Formulare, Informationen und Pläne finden sie als pdf Vorlage auf: www.kreuzlingen.ch.
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Eingereichte Arbeiten
Fristgerecht wurden 27 Arbeiten eingereicht. Alle Projektunterlagen waren soweit vollständig, dass sie
zur Jurierung zugelassen werden konnten. Die Jury ist überrascht und sehr erfreut über die hohe
Beteiligung und das überregionale Echo.
Die Jury stellt fest, dass die Vielzahl aller eingereichten Arbeiten sich ernsthaft mit der gestellten
Aufgabe beschäftigt und mit ihren unterschiedlichen Lösungsansätzen einen wertvollen Beitrag zum
Wettbewerbsverfahren geleistet haben. Die Tatsache, dass viele qualitativ hochwertige Arbeiten
eingereicht wurden, bestätigt der Jury, mit dem gewählten Verfahren den richtigen Weg eingeschlagen
zu haben.
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Ausschluss
Ein Projekt hat die Eingabekriterien nicht erfüllt und wurde deshalb für das weitere Verfahren
ausgeschlossen.
Projekt Nr. 7
Projektname:
Verfasser:
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Regula Hotz, Molinazzo di Monteggio
Teilnehmerliste
Folgende Projekte wurden eingereicht und zur Jurierung zugelassen:
Projekt Nr. 1
Projektname:
Verfasser:
Über die Grenze schaukeln
Andrea Vogel, St. Gallen
Projekt Nr. 2
Projektname:
Verfasser:
Grenzomat
Walter Wetter, Siegershausen
Projekt Nr. 3
Projektname:
Verfasser:
Grenzenloser Sonnenaufgang
Ingrid Meier, Tägerwilen
Projekt Nr. 4
Projektname:
Verfasser:
Ketten Freud Ketten Leid
Christian Forster, Kreuzlingen
Projekt Nr. 5
Projektname:
Verfasser:
Grenzpark - Park and See
Urs Eberle, St. Gallen
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Projekt Nr. 6
Projektname:
Verfasser:
Ort der Begegnung
Patrick Benz, St. Gallen
Projekt Nr. 8
Projektname:
Verfasser:
"ohne Titel"
Matteo Hofer, Bern
Projekt Nr. 9
Projektname:
Verfasser:
Interaktive Leuchtkästen
Roy Andres Hofer, Rheinfelden
Projekt Nr. 10
Projektname: Tor, Tür, Türchen
Verfasser:
Leo Holenstein, St. Gallen
Projekt Nr. 11
Projektname: Grenzübertritt
Verfasser:
Elisabeth Wegmann und Melanie Mock, Zürich
Projekt Nr. 12
Projektname: Grüezi
Verfasser:
Peter Flöge, Kreuzlingen
Projekt Nr. 13
Projektname: Wechsel
Verfasser:
Jan Kaeser, St. Gallen
Projekt Nr. 14
Projektname: Hommage an die Vögel
Verfasser:
Rebecca Koellner, D - Konstanz
Projekt Nr. 15
Projektname: Lebendige Skulptur
Verfasser:
Shinroku Shimokawa, D - Stuttgart
Projekt Nr. 16
Projektname: Paradiesbrücke
Verfasser:
Florence Iff, Zürich
Projekt Nr. 17
Projektname: Eisenskulptur: Grenzen überschreiten
Verfasser:
Karlheinz Brasch, D - Konstanz
Projekt Nr. 18
Projektname: Heimat
Verfasser:
Markus Brenner, D - Konstanz
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Projekt Nr. 19
Projektname: Süsse Früchte in Nachbars Garten
Verfasser:
Hubert Müller
Projekt Nr. 20
Projektname: Hoppla!
Verfasser:
Veronika Dierauer, Steckborn
Projekt Nr. 21
Projektname: Grenzsteine
Verfasser:
Heidi Lenz, Kreuzlingen und Maja Wiesmann-Gautschi, Oberhofen
Projekt Nr. 22
Projektname: Von Nah und Fern
Verfasser:
Nada Demmel, D - Konstanz
Projekt Nr. 23
Projektname: Auf den Punkt gebracht
Verfasser:
Günter Dittmann, Kreuzlingen
Projekt Nr. 24
Projektname: Graffiti - Streetart
Verfasser:
Marianne Jost-Schäffeler, Kreuzlingen
Projekt Nr. 25
Projektname: Es war einmal ein Grenzzaun
Verfasser:
Gabriel Mazenauer und Susan Kopp, Wigoltingen
Projekt Nr. 26
Projektname: Seesicht
Verfasser:
Susanna Oehninger und Stefan Kreier, Eschlikon
Projekt Nr. 27
Projektname: Fremdparker
Verfasser:
Conrad Gianin, Winterthur
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Beurteilungskriterien
Machbarkeit, Originalität, Authentizität, Ortsbezug, Komplexität, Öffentlichkeit, Stimmigkeit.
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Jurysitzung / Verfahren
Die Jurierung erfolgte an zwei Sitzungen vom 10. Juni und 3. Juli in drei Durchgängen. Nach zwei
Wertungsrundgängen verblieben am Ende sechs Arbeiten in der engeren Auswahl.
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Erster Rundgang
In einem ersten Rundgang wurden Arbeiten aus der Wertung genommen, welche rein dekorativen
Charakter und/oder keinen nachvollziehbaren Ortsbezug aufzuweisen hatten. Darunter fielen auch
Arbeiten, die wohl gestalterische Qualitäten aufwiesen, aber offensichtlich nicht für diesen speziellen Ort
geschaffen wurden oder einen konzeptionellen Mangel aufwiesen.
Folgende 15 Projekte wurden im ersten Rundgang ausgeschieden.
1 / 2 / 3 / 4 / 5 / 6 / 8 / 10 / 12 / 14 / 16 / 19 / 21 / 22 / 24
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Zweiter Rundgang
In einem zweiten Rundgang wurden 5 Projekte ausgeschieden, welche nur bedingt den gestellten
Wertungskriterien genügen konnten. Im Einzelnen sind dies folgende Projekte:
Projekt Nr. 9
Projektname:
Verfasser:
Interaktive Leuchtkästen
Roy Andres Hofer, Rheinfelden
Vom Künstler aufbereitetes Bildmaterial zum historischen und örtlichen Kontext, aus Sammlung in
Bevölkerung und Stadtarchiv stammend, wird in Leuchtkästen präsentiert. Mittels elektronischer
Steuerung erfolgt die Beleuchtung dieser Kästen in Interaktion mit den Passanten.
Projekt Nr. 13
Projektname: Wechsel
Verfasser:
Jan Kaeser, St. Gallen
Unauffällige und poetische Darstellung eines erdachten, aber möglichen Wildwechsels im urbanen
Kontext. Die Spuren von Wildtieren werden mittels Trittsiegeln in Bronceguss punktuell auf den
bestehenden Schwarzbelägen markiert. Das hier grösstenteils unsichtbare Miteinander von Menschen /
Autos und Wildtieren / Natur soll damit thematisiert werden.
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Projekt Nr. 20
Projektname: Hoppla!
Verfasser:
Veronika Dierauer, Steckborn
Das Besetzen des öffentlichen Raumes durch 5 überdimensionierte rote Betonhasen gibt dem
Strassenraum ein neues Gepräge und impliziert verschiedene Interpretationen: Verweis auf die Tierwelt
die keine Grenzen kennt, Beobachten und beobachtet werden etc. Der Ortsbezug wirkt eher konstruiert.
Projekt Nr. 23
Projektname: Auf den Punkt gebracht
Verfasser:
Günter Dittmann, Kreuzlingen
8 grosse verschiedenfarbige Aluscheiben, mit Texten zur Grenzsituation, schweben als unterschiedlich
hoch montierte Punkte über dem bestehenden Grenzzaun und erzeugen damit eine interessante
räumliche Wirkung über die ganze Strassenlänge hinaus. Die Bodenmarkierung wirkt eher beiläufig.
Projekt Nr. 25
Projektname: Es war einmal ein Grenzzaun
Verfasser:
Gabriel Mazenauer und Susan Kopp, Wigoltingen
Durch das Aufbrechen des heutigen Schwarzbelages direkt entlang der Grenze und dem Einbau eines
Rautenmusters aus Rasenziegeln und Betonsteinen wird ein grafisches Muster erzeugt, welches eine
Reminiszenz an heute weitgehend abgebauten Grenzzäune ist. Unnötige Verdoppelung neben der
bestehenden Dokumentation zum Grenzzaun.
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Abschluss erste Jurysitzung
Nach Abschluss der ersten Jurysitzung verblieben somit 6 Projekte in der engeren Auswahl.
Projekt Nr. 11
Projektname: Grenzübertritt
Verfasser:
Elisabeth Wegmann und Melanie Mock, Zürich
Projekt Nr. 15
Projektname: Lebendige Skulptur
Verfasser:
Shinroku Shimokawa, D - Stuttgart
Projekt Nr. 17
Projektname: Eisenskulptur: Grenzen überschreiten
Verfasser:
Karlheinz Brasch, D - Konstanz
Projekt Nr. 18
Projektname: Heimat
Verfasser:
Markus Brenner, D - Konstanz
Projekt Nr. 26
Projektname: Seesicht
Verfasser:
Susanna Oehninger und Stefan Kreier, Eschlikon
Projekt Nr. 27
Projektname: Fremdparker
Verfasser:
Conrad Gianin, Winterthur
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Zweite Jurysitzung
Mit Beginn der zweiten Jurysitzung am 3. Juli 2013 wurden alle bereits ausgeschiedenen Projekte im
Sinne einer Wiedererwägung nochmals durch die gesamte Jury diskutiert. Die Erkenntnisse des ersten
Jurytages wurden einstimmig bestätigt.
Die verbleibenden 6 Projekte wurden nochmals eingehend geprüft. Im Vorfeld wurde mit Herrn Sandro
Nöthiger, Leiter Tiefbau, bezüglich der Umsetzungsmöglichkeit Projekt Nr. 27 "Fremdparker",
Abklärungen getroffen um die Realisierbarkeit zu prüfen.
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Projektbeschriebe
Projekt Nr. 11
Projektname: Grenzübertritt
Verfasser:
Elisabeth Wegmann und Melanie Mock, Zürich
Mit der Platzierung einer Reihe von 8 farbigen Periskopen auf bzw. am Grenzzaun setzen die zwei
Künstlerinnen Elisabeth Wegmann und Melanie Mock ein Zeichen, das konkret auf den Ort Bezug
nimmt.
Sieben dieser Periskope ermöglichen scheinbar ein geschütztes Beobachten des Geschehens auf der
deutschen Seite des Grenzzauns. Der Betrachter wird so vermeintlich zum Grenzwächter bis zu dem
Moment, wo er realisiert, dass ihm, mittels eines einfachen Mechanismus ein anderes als das erwartete
Bild präsentiert wird. Dies ist nun auch ein Blick hinter die Fassade, ein Verweis auf historische
Begebenheiten. Was geschah an diesem Ort? Der Betrachter erhascht damit unverhofft einen Blick
hinter die Zeit.
Bald einmal entdeckt er, dass eines der Periskope in die Gegenrichtung zeigt. Mit dieser Entdeckung
wird nun die Situation umgekehrt und die Stellung und die Berechtigung des Beobachters in Frage
gestellt.
Das Werk „Grenzübertritt“ beleuchtet einerseits auf vielschichtige und witzige Weise das Thema
Grenze. Beobachten und beobachtet werden, Ausgrenzung, Sicherheit, Öffentlichkeit und Privatsphäre,
Recht und Unrecht.
Andererseits nimmt das Werk Bezug auf das Thema der Reihung, explizit auf die, den Ort bestimmende
Baumreihe, aber auch auf die Aufreihung der hier abgestellten Fahrzeuge der Einkaufstouristen. Das
statische sichtbar machen der Aufreihung wird damit zu einem räumlich wirkenden Manifest. Dieses
steht im Gegensatz zum Kommen und Gehen der Grenzgänger.
Das Kunstwerk „Grenzübertritt“ vermag damit auf einfache Weise im ganzen Bereich der Wiesenstrasse
Wirkung zu zeigen.
Für die Realisation sind noch technische Details zu lösen. Insbesondere soll dabei der
Betriebssicherheit und Robustheit Rechnung getragen werden. Für die Platzierung des einen Periskops
auf der deutschen Seite bedarf es einer gesonderten Bewilligung.
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Projekt Nr. 15
Projektname: Lebendige Skulptur
Verfasser:
Shinroku Shimokawa, D - Stuttgart
Der Künstler Shimokawa Shinruko setzt mit seiner „lebendigen Skulptur“ mit Hecken und
Steinelementen ein poetisches Zeichen in der heute weitgehend nur als Parkierungsfläche und
Durchgangsraum erfahrenen Wiesenstrasse.
Ausgehend von der Erkenntnis, dass dieser Ort heute nicht mehr eine Grenze zwischen verschiedenen
politischen Ideologien bezeichnet, sondern vielmehr einen Übergang zwischen verschiedenen Kulturen
und Lebensstilen ermöglicht, hinterfragt der Verfasser die Funktion der üblichen
Grenzziehungselemente wie Zäune, Mauern, Hecken.
Geleitet vom Empfinden, dass die Grenze hier als Übergangsraum, als einen Ort steter Veränderung
wahrgenommen werden kann, nimmt der Künstler diese Elemente der Grenzziehung und fügt sie zu
einer neuen lebendigen Skulptur zusammen. Diese lebendige, sich verändernde Skulptur steht damit im
Kontrast zum historischen, statisch dastehenden Grenzzaun.
Gerade dadurch, dass die Skulptur sich permanent verändert und auch einen angemessenen Unterhalt
erheischt, nimmt sie eine besondere Stellung im Strassenraum ein. Das Beobachten und durchaus
auch erwünschte Mitgestalten dieser Skulptur durch die Anwohner ermöglicht ein nachhaltiges
Wertschätzen dieses heute vernachlässigten Ortes.
Das Kunstwerk „lebendige Skulptur“ markiert einen Ort der Einkehr und Besinnung innerhalb der
Wiesenstrasse. Allerdings stellt sich die Frage wie weit sich dieses feinsinnige Werk in diesem doch
eher rauen Umfeld zu behaupten weiss.
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Projekt Nr. 17
Projektname: Eisenskulptur: Grenzen überschreiten
Verfasser:
Karlheinz Brasch, D - Konstanz
Der Künstler Karlheinz Brasch möchte mit seiner Eisenskulptur Grenzen überschreiten und aufbrechen.
Die Eisenskulptur, welche sich auf zwei Ebenen auf und ab bewegt, wird über einen Elektromotor
betrieben.
Sie symbolisiert auf spielerische Weise den Austausch zwischen Deutschland und der Schweiz. Zwei
rotierende Räder, welche sich gegenseitig zueinander drehen und mit den Flaggen der Schweiz und
Deutschland einzeln bestückt sind, versinnbildlichen die zwei Protagonisten. Aufgerissene
Zaunfragmente geben Hinweise auf den zu überbrückenden Grenzzaun.
Die Bewegung lässt sich durch einen Grobhandtaster vom Betrachter beliebig auslösen. Die Idee ist
interessant und löst beim Betrachter Faszination aus.
Die schwarze Eisenskulptur hat eine Dimension von ca. 3 Meter Höhe, eine Breite von ca. 3 Meter und
eine Tiefe von 1,5 Meter. Das monumental angelegte Werk vermag sich jedoch, an der
vorgeschlagenen Lage, nur schwer zwischen den doch viel höheren Alleebäumen zu behaupten.
Die Realisation des Projektes bedingt ein zusätzliches Betonfundament und eine Stromzufuhr, welche
im Projekt wohl aufgeführt aber auf der Kostenseite nicht berücksichtigt sind. Diese noch offenen
Fragen müssten vorgängig mit dem Künstler abgesprochen werden.
Falls sich die Jury für die Realisation des Projektes entscheidet wäre es wichtig, dass die Eisenskulptur
pulverbeschichtet ist um Rost zu verhindern. Auch die Aspekte des Unterhalts, der Lärmimmissionen
und der Betriebssicherheit wären vorab zwingend abzuklären.
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Projekt Nr. 18
Projektname: Heimat
Verfasser:
Markus Brenner, D - Konstanz
Mit seinem Projekt "Heimat" möchte Markus Brenner eine spielerische Annäherung und eine
vielschichtige Auseinandersetzung zum Thema Heimat, Grenze und Zugehörigkeit auslösen. Der
Wegweiser „HEIMAT“ ist 360 Grad drehbar und mit einem Schleifkontakt ausgestattet, welcher das
Schild nachts mit LED zum Leuchten bringt. Das Schild welches die Aufschrift HEIMAT trägt und im
ROSA/PINK Farbton, eine unabhängige Herzschmerz-Farbe ist, löst bei den Betrachtern
unterschiedlichste Assoziationen aus.
Der Begriff Heimat ist wohl bei allen Menschen unterschiedlich besetzt. Seine Interpretation löst daher
schnell emotionale Diskussionen aus und deckt Werthaltungen auf.
Doch was bedeutet Heimat an diesem konkreten Ort? fragt sich Markus Brenner. Er macht einen
historischen Rückblick zum Grenzzaun im Nationalsozialismus und schwenkt über zum aktuellen
Zeitgeschehen wie Währungsgewinn, Fluglärm, Nationalstolz... Gesellschaftliche Themen, die viele
Menschen bewegen, verbinden oder auch trennen. Themen die sich mit den ganz persönlichen
Perspektiven auseinandersetzen wie: Asylsuche, Menschenschmuggel, Steuerflucht etc.
In welche Richtung soll der Passant nun das Schild drehen? Ist HEIMAT überhaupt ein Ort? Ist HEIMAT
überall, nur nicht dort wo man gerade steht? Oder gilt gar das Gegenteil?
Das Werk „Heimat“ von Markus Brenner vermag mit geringem gestalterischem Aufwand viel zu
bewegen. Gerade dies macht seinen besonderen Wert aus und macht es besonders geeignet für Kunst
im öffentlichen Raum.
Für die Realisation dieses Projektes sind noch einige technische Fragen zu lösen. Ist es möglich die
Stromzufuhr über die bestehenden Parkautomaten bereit zu stellen? Wäre eine Lösung mit Solarzellen
denkbar?
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Projekt Nr. 26
Projektname: Seesicht
Verfasser:
Susanna Oehninger und Stefan Kreier, Eschlikon
Das Projekt „Seesicht“ von Susanna Oehninger und Stefan Kreier greift die Grenz- und Zaunsituation
der Wiesenstrasse zentral auf: ein 3,60 m hoher stählerner Turm, schlicht konstruiert mit GitterrostPlattform und steilem Leiterzugang, ist auf halber Höhe der Wiesenstrasse errichtet (gegenüber
Hausnummer 11) und lädt ein, den Blick über den Zaun, über die Grenze hinweg auf den See zu
richten. Auf der Plattform findet der neugierige Turmbesteiger ein Fernrohr, das unbeweglich montiert
die Blickperspektive vorgibt: in See-Richtung angepeilt wird ein Mast mit Monitor. Doch welche
Enttäuschung: kein See-Panorama wird dem Betrachter geboten, vielmehr sieht er eine Person hinter
einem Fernrohr, die er schon bald als sich selbst erkennen muss. Ermöglicht wird dies durch eine
Funkkamera, versteckt in einer nahen Baumkrone, deren Sensor Bewegung und Hantieren am Fernrohr
wahrnimmt und diese Signale auf den Mast-Monitor überträgt.
Der Turm lädt nicht nur zum Besteigen ein, sondern zeigt sich offen für vielfältige Assoziationen: ein
Hochsitz, auf dem der Jäger auf das Wild lauert? Ein Wachturm, der dem Grenzsoldaten Übersicht über
Feindesland verschafft? Oder doch nur ein harmloser Aussichtspunkt, der unerwartet die so vielen
Anwohnern teure Seesicht bietet? Mit welcher Motivation auch immer der Turm bestiegen wird, die
künstlerische Auflösung, am Ende keinen Weitblick zu geniessen, keine Entdeckung jenseits der
Grenze zu machen, sondern sich selbst als Beobachtenden zu beobachten, ist ein humorvoller und
zugleich feinsinniger Kommentar menschlicher Grundverfassung: der Blick auf das Andere, das oft nur
vermeintlich Fremde zeigt uns zuallererst, wer wir selber sind.
Die Erwartung der Künstler, dass im Falle der Realisation ihres Projekts der Informationstafel am
deutsch-schweizerischen Grenzübergang der Wiesenstraße hinzuzufügen sei: “Ab 2014 allmählicher
Abbau der Grenzen im Kopf“ mag etwas zu weitreichend erscheinen. Dass jedoch individuell „Einsicht
statt Seesicht“ geschehen mag, wäre Grund genug, die Turmkonstruktion so stabil und unfallsicher wie
möglich umzusetzen, einschliesslich der vorgeschlagenen Rot-Lackierung.
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Projekt Nr. 27
Projektname: Fremdparker
Verfasser:
Conrad Gianin, Winterthur
Sein Projekt „Fremdparker“ platziert Conrad Gianin unmittelbar auf der Grenzlinie mit Ausweitungen in
das schweizer wie deutsche Gebiet der Wiesenstrasse. Schon durch diese Ortsbestimmung macht der
Künstler klar, worum es geht: sein Kunstprojekt soll grenzüberschreitend sein, die in der Wiesenstrasse
durch die Verschmolzenheit von Kreuzlingen und Konstanz eigentlich kaum noch wahrnehmbare
Grenze thematisieren und zugleich Begrenztheiten des sozialen Miteinanders in den Blick nehmen. Auf
die Grenzlinie will der Künstler ein doppelseitiges Schild setzen, dessen Beschriftung auf einer Seite
anzeigt, dass das Parken auf einem markierten Feld davor für „Schweizer Kennzeichen kostenlos“ sei
und auf der Rückseite über die Parkregel informiert: „Fahrzeuge mit deutschem Nummernschild gratis“.
Der Überlegung folgend, dass die beiden Grenzländer sich in Gastfreundschaft begegnen könnten, soll
die erstgenannte Beschriftung ins deutsche Konstanz ragen, die letztere in die Kreuzlinger
Wiesenstrasse zeigen.
Formal sollen sich die Schilder an den jeweiligen Landesgepflogenheiten für Ortsbeschilderung
orientieren. So soll das nach Deutschland ragende Schild als gelbes Ortsschild wahrzunehmen sein und
das in die Wiesenstrasse gerichtete entsprechend in Blau gestaltet werden.
Der Künstler nimmt schon vorweg, dass diese Näherungen an ein amtliches Erscheinungsbild zu
Nachfragen und Komplikationen führen können, nimmt sie aber als Teil seines grenzüberschreitenden
Projekts bewusst in Kauf. Sollte die Ausführung auf der deutschen Seite nicht möglich sein, kann sich
der Künstler auch eine auf die Schweizer Wiesenstrass e begrenzte Umsetzung vorstellen, wenngleich
hiermit Wirkungsminderungen verbunden seien.
Die Realisierbarkeit des Werks „Fremdparker“ wird im speziell von der Jury eingeholten Bericht von
Sandro Nöthinger (Tiefbau Kreuzlingen in Rückfrage mit Stadtpolizei) stark in Frage gestellt. Dies
geschieht mit Verweis auf die Signalisationsverordnung und das heute geltende Parkplatzregime an der
Wiesenstrasse. Auf eine weitere Rückfrage auf der deutschen Seite wurde verzichtet.
Die Jury ist von der künstlerischen Qualität der Arbeit von Conrad Gianin überzeugt, muss jedoch
dieses Werk von der Rangierung ausschliessen, da eine Realisation unter den heutigen Umständen
nicht möglich erscheint. Es wäre jedoch zu begrüssen, wenn diese bestechende Idee im Rahmen der
Gespräche über die gemeinsame Gestaltung der Grenzübergänge zwischen Kreuzlingen und Konstanz
weiter verfolgt werden könnte.
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Juryentscheid
Rangierung / Auszeichnungen
Nach einer erneuten Diskussion der aufgezeigten Lösungsansätze hat die Jury folgende Rangierung
festgesetzt:
1. Rang
Projekt Nr.
11
Projektname:
Grenzübertritt
Verfasser
Elisabeth Wegmann und Melanie Mock, Zürich
Antrag auf Ausführung.
2. Rang
Projekt Nr.
Projektname:
Verfasser
Projektentschädigung:
18
Heimat
Markus Brenner, D - Konstanz
CHF 500.-
3. Rang
Projekt Nr.
Projektname:
Verfasser
Projektentschädigung:
17
Eisenskulptur
Karlheinz Brasch, D - Konstanz
CHF 500.-
Auszeichnung
Projekt Nr.
Projektname:
Verfasser
Projektentschädigung:
27
Fremdparker
Conrad Gianin, Winterthur
CHF 300.-
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Empfehlung zur Weiterbearbeitung
Die Jury empfiehlt dem Stadtrat einstimmig die Verfasserinnen des erstrangierten Projektes mit der
Ausführung zu beauftragen.
Eine Steuerungsgruppe der Kunstkommission wird die Vorbereitung und Ausführung begleiten. Vor der
Realisierung sollte der Kostenrahmen für die Ausführung und die im Gespräch mit den Künstlerinnen
besprochenen begleitenden Aktionen (Postkarten, Infoblätter, Einweihung…) abgeklärt werden.
Mit dem Tiefbauamt der Stadt Kreuzlingen muss die Realisierung im Hinblick auf allfällig abzusehende
bauliche Unterhaltsmassnahmen sowie auf verkehrsrechtliche Aspekte abgesprochen werden.
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Projektausstellung / Publikation
Alle eingereichten Projekte werden im Foyer, Dreispitz in Kreuzlingen öffentlich ausgestellt.
Ausstellungsdauer: Mittwoch 14. bis Sonntag 18. August 2013.
Öffnungszeiten: Mi/Do/Fr je 17-19 Uhr, Sa und So 11-13 Uhr.
Die Wettbewerbsergebnisse werden in der Lokalpresse sowie im Kunstbulletin publiziert.
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Schlussbemerkung
Zum Schluss möchte sich die Jury bei allen Teilnehmern für die eingereichten Arbeiten bedanken. Es ist
zu hoffen, dass sich mit der erfolgreichen Ausführung des erstrangierten Projektes eine Basis legen
lässt für die Ausschreibung zukünftiger Kunstwettbewerbe in Kreuzlingen.
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Jurybericht
Kunst Wettbewerb / Kreuzlinger Kunstkommission
Die Entdeckung des Stadtraumes
Genehmigung des Juryberichtes durch die Mitglieder der Jury
Der vorliegende Bericht wurde am 3. Juli 2013 durch die Jurymitglieder genehmigt.
Stimmberechtigte Jurymitglieder
David Blatter
Vize-Stadtammann Kreuzlingen
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Leandra Battisti
Vertreter Jugen
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Dolores Claros-Salinas
Mitglied Kunstkommission
Isabelle Graner
Vertreter Quartierverein Bodan
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Adrian Latzer
Galerist / Mitglied Kunstkommission
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Bernard Roth
Dipl. Architekt FH.SIA / Mitglied Kunstkommission
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Beratende Jurymitglieder / ohne Stimmrecht
Dorena Raggenbass
Stadträtin Kreuzlingen
Claudia Schubert
Vertreter Anwohner
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