rocks! - Draußen
Transcription
rocks! - Draußen
Bericht | Text: Sabrina Kipp | Foto: Andreas Löchte rocks! 63 und kein bisschen leise und natürlich über Musik, Film und Trägerverein passte meine Arbeitsweise Theater. Derzeit spielt der humorvolle nicht. Wenn einer der halbwüchsigen Charakterdarsteller neben verschie- Jungs immer wieder Probleme machte, denen Film und Fernsehrollen in der hab ich ihn auch schon mal in den Kölner Oper My Fair Lady. Als versoffener Schwitzkasten genommen, das hat dann Alfred P. Doolittle weist er jede Verant- aber auch gewirkt!“ schmunzelt der wortung und Moral von sich und lebt in sanfte Riese. den Tag hinein. Im wahren Leben hat MS_Anz_draußen_42,7x126_sw_RZ.pdPage 31.08.2009 14:29:31 Uhr Ende der 70ger gründet Martin die der vielseitige1 Künstler immer etwas zu tun. Ob als Frontmann der gleichnami- „Törner Stier Crew“. Durch einen Tourgen Band STIER, vor der Kamera oder auf neevertrag mit dem amerikanischen der Bühne. Der gebürtige Pfälzer ist viel Verteidigungsministerium, das der Band beschäftigt. Umso erfreuter waren wir, erlaubt in deutschen US-Basen aufzutredass er die Zeit gefunden hat mit uns ten, verdienen die Musiker erstes Geld. ein Gespräch zu führen und uns s(einen) Nur zwei Jahre später gewinnt die Crew den Nachwuchswettbewerb der DeutLöffel mitgebracht hat. schen Phono-Akademie, dem jetzigen Eigentlich ist Martin Stier gelernter Echo. Knapp zwei Jahre ist Stier mit der Seemann. In jungen Jahren schipperte Band unterwegs, schafft es als einige er mit der Handelsmarine über die der wenigen deutschen Bands bis in den Weltmeere. „Von Schafen über Kaffee, WDR Rockpalast, dann ist er ausgelaugt. Schnaps und Bananen haben wir alles „Ich kann mich noch genau erinnern, transportiert“ , erzählt er. Zu Münster dass ich mich auf einem Konzert in Köln hat der Schauspieler und Musiker eine fühlte, als wenn ich selbst neben mir besondere Verbindung: 1974 zieht er in stand.“ Eine neue Aufgabe muss her und die westfälische Metropole, um ein Stu- Stier beschließt, in den Sozialarbeiterjob dium zum Sozialarbeiter aufzunehmen. zurück zu gehen. Just zu dieser Zeit sucht Hier engagiert er sich schnell in der das Jugendprojekt Outlaw einen Steuerlinksalternativen Studentenszene, wohnt mann. Schwer erziehbare und kriminelle in der damals berüchtigten Kronenburg. Jugendliche sollen mit einem Segelschiff „Da war immer was los“, erinnert er sich. die Welt besegeln, dabei Verantwor„Auf den verschiedenen Etagen wohnten tungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und die unterschiedlichsten Leute. Hippies, Teamfähigkeit erlernen. Ein perfekter Punks, politisch Motivierte und andere Job für den Seemann und Sozialarbeiter. positiv Bekloppte.“ Auch als Hausbeset- „Zwei Touren, jeweils ein halbes Jahr bin zer kämpft er an vorderster Front. Damals ich mit den Jungs unterwegs gewesen. besetzte der Trupp unsere jetzigen Büro- Von Madeira über die Kapverden. Da hat räume am Berliner Platz. „Eines Nachts prompt einer der Kameraden ein Auto hatte ausgerechnet ich Nachtwache, als geklaut, das war ein Theater! Trotzdem ich plötzlich verdächtige Geräusche hör- ging es weiter, bis hin zu den Azoren.“ te: Tapp-Tapp-Tapp-Tapp! Eine HundertAls ewiger Reisender sucht er immer schaft der Grünweißen war im Anmarsch. Da habe ich gedacht: Jetzt kann dir nicht wieder neue Herausforderungen. Auf der einmal mehr die Polizei helfen.“ Erzählt Outlaw erzählt eine Kollegin vom Theater, er und grinst sich eins. Als Sozialarbeiter den Brettern die die Welt bedeuten. Eine kümmert er sich um sozial schwache neue Leidenschaft ist geweckt. KurzerFamilien an der Trautmannsdorfstraße. hand geht Stier nach Berlin und nimmt „Ich mochte die Leute, wäre am liebsten Schauspielunterricht. Zehn Jahre spielt er selbst dort mit eingezogen. Aber dem an verschiedenen Berliner Bühnen. Seine Mit Hans-Martin Stier macht man kein kurzes Interview. Mit dem großen, sympathischen Kerl führt man einen netten Plausch und dafür sollte man sich Zeit nehmen, denn der 63-jährige hat viel zu erzählen. Von seiner Zeit als Seemann, von Studium und Arbeit in Münster, von Fahrten mit dem Segelschiff „Outlaw“ Anzeige C M Y CM MY CY CMY K 12 Laufbahn als Film und Fernsehschauspieler beginnt 1987, als er in Wim Wenders mehrfach prämierten Meisterwerk „Der Himmel über Berlin“ den sterbenden Mann gibt. Seitdem gibt es in jedem Jahr gleich mehrere Produktionen bei denen der bullige Stierkopf zu sehen ist. Ob an der Seite von Ralf Richter und Ottfried Fischer im „Superstau“, als Präsident des Dackelclubs in der Serie „Hausmeister Krause“, mit dem legendären Harald Juhnke in „Der Papagei“, mit James Franco in Tristan und Isolde oder in „The viking sagas“ mit den Kraftpaketen Ralf Möllers und Sven Ole Thorsen. Vom Letzteren ist übrigens der verbogene Löffel, den Stier uns mitgebracht hat und mit den Worten abgibt: „Der ist vom damals stärksten Mann der Welt, pass gut darauf auf!“ Aktuell ist Stier im Kino zu sehen. Am 31.Oktober startete sein neuester Film „King Ping“, ein Schräger Genre-Mix um einen Ex-Cop, der als Pinguinpfleger seine Berufung findet. „Da spiele ich einen schwulen Rocker, das steht mir auch gut zu Gesicht!“ findet er. Nicht nur als Schauspieler zeigt er in diesem Film sein Talent, auch seine Musik ist zu hören. Denn seit einigen Jahren hat er den Weg zur Musik zurück gefunden. Mit einem Großteil der damaligen Band ist er wieder unterwegs, hat 2011 sogar auf dem größten Heavy Metall Festival der Welt in Wacken gespielt. Und er kann es noch! 63 und kein bisschen leise, rockt STIER jedes Haus. Seine neue CD „Geisterschiff“ erzählt Geschichten aus seinem Seemannsleben. Aus dem großen Resonanzkörper des Stiers kommen unvermutete Töne. Es wird gerockt, geschrien, gejammert, geseufzt und erzählt und man nimmt ihm jedes gesungene Wort ab – er hat es erlebt! # Träume und Phantasien Ab sofort erhältlich! ~ magazin sterland | www.strassen Münster und das Mün Das Straßenmagazin für K 6,50 € a l -draussen.de e n d e r 2014 Träume und Phantasien Träume und Phantasien der ~-Leute, so der Titel des Kalenders. Ganz bewusst haben wir für das Jahr 2014, unser Jubiläumsjahr, nicht nur Verkäufer für die Kalenderbilder abgelichtet. Auch einige Menschen aus der „Randszene“ der Gesellschaft, die auf verschiedenste Art und Weise mit der ~ in enger Verbindung stehen, haben dieses Mal mitgewirkt. Denn schon lange ist ~ nicht nur eine Anlaufstelle für Zeitungsverkäufer. In den letzten 20 Jahren ist viel passiert. Aus einer Handvoll wohnungsloser Idealisten, allen voran Kalle Weiten und Journalist Peter Wolter mit der Idee für Münsters Straßenmagazin ~, ist eine Anlaufstelle für sozial schwache, benachteiligte Menschen aller Nationalitäten und mit den unterschiedlichsten Hintergründen und Lebensgeschichten geworden. Und alle haben Träume und Phantasien, die wir versucht haben in diesem Kalender festzuhalten. 13