Nizza, die grüne Stadt
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Nizza, die grüne Stadt
Frankreich.Nizza. | Samstag, 5. April 2014 | Seite 8 Nizza, die grüne Stadt des Mittelmeers Der berühmte Tourismusort an der Côte d’Azur zeigt sich mondän Von Daniela Poschmann Nizza ist kreativ, dynamisch, weltoffen, jung – einfach einzigartig und erfindet sich stets neu. Erst Ende 2013 ist im Zentrum der französischen Hafenstadt ein neuer Park entstanden. Auf zwölf Hektar geniesst man hier eine Auszeit neben einem der plätschernden Springbrunnen, während sich die Kleinen auf dem Spielplatz vergnügen. Dazu kommen viele weitere Grünanlagen, zahlreiche Kulturstätten und Sportangebote, ein kreative Küche, eine gut erschlossene Natur sowie vielfältige Verkehrsanbindungen, welche die geschichtsträchtige Stadt zu dem Ziel an der Côte d’Azur machen. Die optimale Lage zwischen Meer und Gebirge verwöhnt ausserdem ganzjährig mit einem milden und sonnigen Klima. Zugute kommt Nizza auch seine Geschichte. Die ersten Siedler kamen bereits vor 400 000 Jahren in die Gegend. Die Stadt war lange Zeit Spielball verschiedener Herrscher. Erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts gehört sie zu Frankreich. Zwar erlebte sie von da an einen Aufschwung, dem sie ihren heutigen Ruf als internationale Hauptstadt des Tourismus verdankt, doch auch die Hinterlassenschaften der früheren Dynastien können sich sehen lassen. Paläste und Kirchen säumen die Küstenstadt wie kaum eine andere: Barocke Kunst in der Altstadt, sardische Architektur, Gebäude der Belle Epoque und russischorthodoxe Elemente. Wer einen Bummel durch die schattigen Gassen der Altstadt macht, vorbei an pastellfarbenen Häusern mit grünen Fensterläden und dem Blumenmarkt auf dem Platz Saleya, kommt nicht um- Die Grünanlagen. Die Paillon-Promenade, ein neuer Park im Stadtzentrum. hin, die Barmherzigkeitskapelle zu bestaunen – ein Meisterwerk von Bernardo Vittone aus dem 18. Jahrhundert. Ein Jahrhundert zuvor setzte sich die Familie Lascaris-Vintimille ein Denkmal. Der Lascaris-Palast gilt als einmaliges Beispiel weltlichen Barocks und ist mit seiner imposanten Monumentaltreppe nicht zu verfehlen. Meldet sich der Magen, kehrt man ein in eines der (Sterne-)Restaurants oder bedient sich an einem Strassenstand. Ob ein mit Salat und Thunfisch belegtes Knoblauch-Brot (Pan-Bagnat), die berühmten Nizzaer Ravioli mit Rinderschmorbraten oder gegrillter Fisch, die Spezialitäten setzen sich aus regionalen Produkten zusammen und werden mit dem berühmten Olivenöl der Region abgeschmeckt. Das Gütezeichen «Küche von Nizza, ihrer Tradition bewusst» zeichnet die Lokale aus, die den Originalrezepten treu bleiben. Auf der «Taste of Nice»-Food Tour wird der Gaumen abseits der gewöhnlichen Touristenrouten verwöhnt. Chagall, Matisse, Adam und Eva Auch in der Kunst macht der mit knapp 350 000 Einwohnern fünftgrössten Stadt Frankreichs so leicht niemand etwas vor. Ob französisch oder asiatisch, klassisch oder modern, Chagall oder Matisse – in Nizza wimmelt es von Ausstellungen und Museen. Diese sind sogar kostenlos zugänglich sofern sie in städtischer Hand sind. Nicht zu vergessen das berühmte Flachrelief von Adam und Eva nackt im Garten Eden. Gehörte früher eine Malerei an fast jede Fassade, ist das 1584 angefertigte Fresko im heutigen Zentrum einzigartig. Ein Muss ist ebenso der Schlossberg, auf dem sich früher eine Festung befand. Jetzt sind zwar nur noch Mauerreste zu sehen, da Ludwig XIV im Jahr 1706 das Fort sprengte. Allerdings bie- tet sich vom botanischen Schlossgarten aus ein einzigartiger Ausblick. Insbesondere Flugzeug-Fans sollten diesen knapp 100 Meter hohen Aufstieg nicht scheuen. Von hier aus lassen sich bestens die startenden und landenden Flieger auf dem gegenüberliegenden Flughafen beobachten, der nach Paris der wichtigste des Landes ist. Das Schmuckstück Nizzas ist aber der um 1840 erbaute Masséna-Platz in der City. Hier stehen elegante, rote und ockerfarbene Gebäude, hinter deren Arkadenbögen sich Cafés und Geschäfte verbergen. So ergibt sich ein Plausch da, ein Schnäppchen dort und zwischendurch taucht man ein in die quirlige Welt der Strassenkünstler und -musikanten. Unbestritten widerspiegelt sich die Nähe zu Italien auf diesem Fleckchen Erde besonders. Velos, Autos, Busse und Segways Auch am Meer zeigt sich Nizza mondän. Sei es die berühmte, mit Blumen und Palmen geschmückte Promenade des Anglais oder der zweitgrösste Kreuzfahrthafen des Mittelmeers, hier lässt es sich ausgelassen Sonne tanken und flanieren. Für Touristen mit müden Füssen hält Nizza verschiedenste Fortbewegungsmittel parat. Es gibt rund um die Uhr zur Verfügung stehende Velos oder Elektroautos, Kleinbusse, Doppeldecker-Busse oder die beliebten Segways. Und auch zu Wasser lassen sich im Sommer die Delphine und Wale bequem per Motorboot bestaunen. Wer nach diesem Trubel etwas Ruhe braucht, macht einen Abstecher ins Umland. Während sich Nizza gen Süden dem Mittelmeer öffnet, geht es Richtung Ost-West in hügelige Eichenwälder und Weinberge, die mit vielen Wanderwegen und beeindruckenden Aussichtspunkten locken. Nizza Praktische Informationen Anreise. Per Flugzeug: Ab Basel tägliche Direktflüge mit EasyJet, ab Zürich mit Swiss. Der Flughafen Aéroport Nice Côte d’Azur liegt sieben Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Es ist erreichbar per Bus (alle 15 Minuten, 1.50 Euro) oder Taxi (25 bis 30 Euro). Mit dem Zug: TGV Basel–Nizza (rund acht Stunden, Umsteigen in Dijon). TGV Lyria Genf–Nizza (rund 6,5 Stunden, ohne Umsteigen). Im Auto: Über die «Autoroute du Soleil» (A7 entlang des Rhonetals im Südosten Frankreichs). Direkt ins Zentrum führen folgende Ausfahrten: Nr. 50 «Promenade des Anglais», Nr. 51 «Saint-Augustin/ aéroport», Nr. 52 «Saint-Isidore», Nr. 54 «Nice nord» und Nr. 55 «Nice est». Per Schiff: Zwischen Nizza und Korsika verkehren regelmässig Fähren. French Riviera Pass. In Nizza lassen sich diverse Rundfahrten und Besichtigungen buchen. Freien Eintritt in viele Museen und Sehenswürdigkeiten, eine Transportpauschale und einen Reiseführer bietet der French Riviera Pass für 24, 48 oder 72 Stunden. Informationen. www.nicetourisme.com www.rendezvousenfrance.com Der König bittet zum Karneval Das närrische Treiben von Nizza gehört zu den grössten der Welt wagen selbst, deren Motto stets wechselt. Dieses Jahr stand der Karneval ganz im Zeichen «König der Gastronomie». Von Daniela Poschmann Der Jachthafen. Segelboote, bereit zum Auslaufen. Das Schmuckstück. Der um 1840 erbaute Masséna-Platz in der City. Fotos OTCN In Nizza ist immer etwas los – ob ein Schauspiel im Theater, eine Arie in der Oper oder ein Konzert im Kongresszentrum. Auch sportliche Ereignisse wie das Radrennen Paris–Nice (März), der bekannte Ironman Triathlon (29. Juni) und der Marathon Nice–Cannes (9. November) folgen das ganze Jahr über aufeinander. Vor allem im Sommer tummeln sich die Freunde der Open-AirKonzerte beim Nice Jazz Festival (7. bis 11. Juli) und auf den so genannten Prom’-Partys. Diese kostenlosen WorldMusic-Konzerte finden an vier Abenden auf der Promenade des Anglais statt (Juli und August). Das Spitzenereignis unter den rund 2000 jährlichen Events und damit die wichtigste Winterveranstaltung der ganzen Côte d’Azur ist der Karneval im Februar. Seit dem Mittelalter ist er nicht mehr wegzudenken und gehört mittlerweile zu den drei grössten der Welt. Weit über eine halbe Million Zuschauer verzeichnet er jedes Jahr. Dazu ziehen auf dem Masséna-Platz und rund um die Gartenanlage Albert 1er Festwagen ihre Runden, begleitet von internationalen Musikgruppen, Unterhaltungs- und Strassenkünstlern. Die Karnevalisten werfen Mimosen, Gerberas oder Lilien ins Publikum. Das Wahrzeichen der Veranstaltung sind aber natürlich die Fest- Abgasfrei, mit Ökosiegel Trotz all der Ausgelassenheit kommt in Nizza das Umweltbewusstsein nicht zu kurz. Skulpturen und andere Materialien werden recycelt, die Festwagen fahren abgasfrei und die teilnehmenden Dienstleister werden entsprechend ihres Ökosiegels ausgewählt. Als die Bürger von Nizza im Jahr 1294 erstmals Karneval feierten, war das freilich noch kein Thema. Sie wollten sich einfach vor der anstehenden Fastenzeit mit reichhaltigen Speisen verwöhnen und noch einmal ausgelassen feiern. Da bis zum Aschermittwoch alles erlaubt ist und man gerne über andere spottet, wurde es zum Brauch, sich hinter Masken und Verkleidungen zu verstecken. Organisierte Umzüge kamen in Nizza erst 1873 mit der Gründung des Festkomitees hinzu. Drei Jahre später wurden die Blumenschlachten eingeführt. Ein noch immer einzigartiger Anblick.