gescheiterte motorkonzeptionen

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gescheiterte motorkonzeptionen
MTZ 11/1997, 660 ...
Stefan Zima
GESCHEITERTE MOTORKONZEPTIONEN
- UNGEEIGNETE KONSTRUKTIONEN
ODER WANDEL DER RANDBEDINGUNGEN?
Prof. Dr.-Ing. Stefan Zima
gehört dem Fachbereich
Maschinenbau,
Gießereitechnik und
Werkstofftechnologie der FH
Gießen-Friedberg an.
Im Verlauf der Motorenentwicklung sind viele Bauarten entstanden. Diese konstruktive Vielfalt ist das Ergebnis
komplexer Zusammenhänge von Zielvorgaben, Randbedingungen und anderen Einflüssen. Da heute nur noch
einfachwirkende Motoren mit Kurbeltrieb und Ventilsteuerung - nach dem Vier- oder Zweitaktprinzip arbeitend gebaut werden, stellt sich die Frage nach den Gründen für das Scheitern früherer Motorkonzepte. Ein Rückblick auf
solche Motoren zeigt nicht nur nicht ihre kinematischen, konstruktiven und betriebsmäßigen Besonderheiten, sondern
vermittelt auch Einblicke in Entstehen und Verschwinden, Erfolg und Mißerfolg von technischen Lösungen.
1 EINLEITUNG
Im Laufe der über hundertjährigen Geschichte des Verbrennungsmotors ist eine Vielzahl von Motoren entworfen und
gebaut worden, die sich zum Teil wesentlich durch Aufbau und Kinematik des Triebwerks, Zahl und Anordnung der
Zylinder, Steuerung sowie Wirkungsweise von den heutigen Bauarten unterscheiden.
Die Motorenentwicklung ist vom Grundsatz her durch die Erfüllung der wesentlichen Eigenschaften und durch die
physikalisch-technischen Möglichkeiten bestimmt. Die Vielfalt an Konzeptionen und Ausführungen von Motoren
erklärt sich aber auch aus den Randbedingungen zur Zeit ihres Entstehens, die sich aus speziellen Forderungen,
Zwängen und Einschränkungen - insbesondere durch den Stand der Technik - ergeben haben. Da sich technische und
nicht-technische Rand- und Nebenbedingungen ständig ändern, erhält die Entwicklung Impulse aus verschiedenen
Richtungen; sie wird beschleunigt, verzögert oder gar unterbrochen. Ihr Weg wird dadurch erschwert, daß es mehrere
Ziele von unterschiedlicher und wechselnder Priorität gibt. Angesichts der vielen unterschiedlichen Konstruktionen
stellt sich die Frage, welches die Gründe für ihre Konzeption waren, und warum sie sich nicht durchsetzen oder
behaupten konnten.
Es lassen sich zwei haupsächliche Gründe für den Mißerfolg einer Motorkonstruktion anführen:
• die Konstruktionen haben sich als nicht geeignet erwiesen
• die Voraussetzungen, Rand- und Nebenbedingungen haben sich entscheidend geändert.
Das soll im folgenden an Hand einiger Motorbauarten und -ausführungen aufgezeigt werden.
2 PHYSIKALISCH-TECHNISCHE GRUNDLAGEN
Von Anfang an waren Entwicklung und Bau von Motoren durch die Forderung nach höherer absoluter und spezifischer
Leistung (P/mMotor; P/VH) bestimmt. Die Erhöhung der spezifischen Leistung stand gerade bei Fahrzeug- und
Flugmotoren im Vordergrund. Zu Anfang einer technischen Entwicklung herrscht noch weitgehend Unklarheit, welcher
Weg einzuschlagen ist, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Dabei bietet sich von den physikalischen Größen der
Leistungsgleichung vor allem die Erhöhung der Arbeitsspielfrequenz (Häufigkeit der Arbeitstakte je Zeiteinheit) an:
durch Wahl des Arbeitsverfahrens (Viertakt/Zweitakt), der Wirkungsweise (einfach-/doppeltwirkend) und der Drehzahl.
Weil hohe Drehzahlen eine Aufteilung des Arbeitsraumes auf kleine Einheiten verlangen, haben hochdrehende Motoren
mehrere Zylinder. Viele Zylinder wiederum müssen mit Rücksicht sowohl auf das triebwerksmechanische Verhalten
des Motors als auch auf ein geringes Bauvolumen angeordnet werden.
Da der Kurbeltrieb des Motors in Aufbau und Kinematik von der vergleichsweise langsamlaufenden Dampfmaschine
übernommen worden war, war es verlockend, über andere Triebwerks-Konfigurationen und Zylinder-Anordnungen
nachzudenken. Weitere Möglichkeiten, das Leistungsverhalten zu beeinflussen, bieten die Art und die Kinematik der
Steuerung. Hiervon ausgehend wurden die nachfolgend beschriebenen Bauarten entwickelt.
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3 UMKEHRUNG DES KINEMATISCHEN WIRKUNGSPRINZIPS
Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts benötigte die noch junge Luftfahrt einen leichten Motor von ausreichender
Leistung. Leistungsstarke Kraftfahrzeugmotoren, wassergekühlte Vier- und Sechszylinder, waren schwer, zudem liefen
sie wegen ihres noch unzulänglichen Massenausgleiches unruhig. Leichter konnte man die Motoren bauen, wenn man
sie mit Luft statt mit Wasser kühlte, denn dann entfielen Wassermantel, Wasserfüllung und Wärmeübertrager. Ordnete
man die Zylinder sternförmig an, so kam man mit einer, allenfalls zwei Kurbelkröpfungen aus: Der Motor war
wesentlich kürzer, somit also leichter. Das Problem bestand darin, daß man die Wärmeabfuhr aus luftgekühlten
Zylindern von hoher Leistungsdichte, wie für Flugmotoren erforderlich, noch nicht beherrschte. So erwies sich der
Umlaufmotor als ideale Lösung: In Umkehrung des kinematischen Wirkungsprinzips der üblichen Motoren dreht sich
das Kurbelgehäuse um die Kurbelwellenachse, während die Kolben mit den Pleuelstangen auf einem Kreis um den
Hubzapfen rotieren. Die Kurbelwelle selbst steht fest und nimmt die Reaktionen auf, Bild 1. Durch die Rotation des
Gehäuses verschafft sich der Motor selbst die nötige Kühlluft.
Umlaufmotoren galten deshalb vor und im Ersten Weltkrieg als aussichtsreichste Motorenart für die Luftfahrt. Ihre
Leistungsmasse betrug nur zwei Drittel der herkömmlicher Motoren (Standmotoren), sie hatten praktisch keine freien
Massenwirkungen, liefen also außerordentlich ruhig, was für die leichten Flugzeuge vor dem Ersten Weltkrieg von
erheblicher Bedeutung war. Hinzu kam noch eine sehr gleichmäßige Drehmomentabgabe durch den "SchwungradEffekt" des umlaufenden Kurbelgehäuses. Insbesondere die 1907 von den Gebrüdern Séguin in Frankreich entwickelten
GnÖme-Motoren erwiesen sich vor dem Ersten Weltkrieg als so erfolgreich, daß sie von mehreren Firmen in
Frankreich, England, Schweden und Deutschland (Motorenfabrik Oberursel AG) in Lizenz gebaut wurden.
Bild 1: Luftgekühlter Neunzylinder-Stern-Viertakt-Otto-Umlaufmotor, Bauart Motorenfabrik Oberursel "GnÖme L" (U
I), Bohrung 124 mm, Hub 150 mm, Leistung 59 kW bei 1200/min, Baujahr 1915
Fig. 1: Air-cooled 9-cylinder four-stroke rotary engine, Motorenfabrik Oberursel "GnÖme AË (U 1), bore 124 mm,
stroke 150 mm, output 59 kW (80 HP), speed 1200 r.p.m, year of construction 1915
Prinzipielle Nachteile der Umlaufmotoren sind das Kreiselmoment durch die Gehäuserotation, welches das
Flugverhalten beeinträchtigte, die hohen Seitenkräfte der Kolben durch die Coriolis-Beschleunigung, die
Ventilationsverluste durch das rotierende Gehäuse, die Störanfälligkeit (im Ersten Weltkrieg: 15 bis 20 Betriebsstunden
bis zur Überholung) und der hohe Kraftstoff- und Schmierstoffverbrauch. Besonders der Ölverbrauch war ein Problem,
den mit etwa 255 g/kWh entsprach er dem Kraftstoffverbrauch heutiger Dieselmotoren. Zudem mußte Rizinusöl
verwendet werden, das sich nicht in Benzin auflöst und rußfrei verbrennt, da das Kraftstoff-Luft-Gemisch durch die
hohle Kurbelwelle und durch die Ventile im Kolben in den Brennraum gelangte. Außerdem hat Rizinusöl sehr gute
Schmiereigenschaften, auf welche die Umlaufmotoren mehr noch als Standmotoren angewiesen waren. Die Nachteile
des Umlaufmotors wollte man mit verschiedenen Maßnahmen beseitigen:
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• Mit dem "Gegenumlaufmotor", bei dem Kurbelgehäuse und Kurbelwelle gegensinnig rotieren. Dadurch dreht
sich unter Beibehaltung der für die Leistungsentwicklung nötigen hohen mittleren Kolbengeschwindigkeit das
Gehäuse langsamer, wodurch sich die Ventilationsverluste spürbar verringern. Außerdem heben sich die
Kreiselmomente auf. Gegenumlaufmotoren wurden vor und im Ersten Weltkrieg von Siemens gebaut (Typ Sh 1
bis Sh 3). Anfang der zwanziger Jahre gab es sogar ein Motorrad mit Gegenumlaufmotor, bei dem die
Kurbelwelle mit fünffacher Drehzahl gegensinnig zum mit dem Vorderrad verbundenen Kurbelgehäuse drehte
(Megola).
• Die Kolben in Umlaufmotoren bewegen sich vom oberen Totpunkt zum unteren Totpunkt radial und werden
durch die Rotation des Gehäuses in Umfangsrichtung mitgenommen. Dadurch kommen zur Normalkraft infolge
der Pleuelauslenkung große Corioliskräfte hinzu. Eine Beschädigung der Kolben durch diese Kräfte mußte durch
eine gute Schmierung verhindert werden. Die Normalkraft wollte der Konstrukteur Bucherer durch eine
Hypozycloiden-Geradführung des Triebwerkes vermeiden. Dabei drehen Kurbelwelle und Kurbelgehäuse
gleichsinnig, das Kurbelgehäuse jedoch mit halber Kurbelwellendrehzahl, mit dem Nebeneffekt, daß die
Luftschraubendrehzahl herabgesetzt wird. Das Funktionsprinzip dieser Geradführung beruht darauf, daß jeder
Punkt eines Kreises, der auf der Innenseite eines Kreises vom doppelten Durchmesser abrollt, eine Gerade
beschreibt. Läßt man am Umfang des kleinen Kreis die Kolbenstange angreifen (in der Praxis: am Eingriffspunkt
der Verzahnung), dann bewegt sich diese oszillierend, es findet keine Schwingbewegung statt, Bild 2. Die
Kolben laufen dadurch seitenkraftfrei. Der Bucherer-Motor ist als Vier- und Achtzylinder-Motor gebaut worden,
praktische Bedeutung erlangte er nicht. In Frankreich baute Burlat einen solchen Motor mit acht Zylindern.
Bild 2: Bucherer-Umlaufmotor mit Hypozykloiden-Geradführung des Triebwerks (Funktionsschema). Das
Kurbelgehäuse rotiert mit einfacher, die Welle gleichsinnig mit zweifacher Drehzahl. Drehachse der
Triebwerksbewegung ist die Eingriffslinie der Verzahnung. Die Kolben laufen seitenkraftfrei. Luftgekühlter
Vierzylinder-Viertakt-Ottomotor, Bohrung 80 mm, Hub 182 mm, Leistung 29,4 kW bei 1000/min Gehäuse- und
2000/min Kurbelwellendrehzahl, Baujahr 1908
Fig. 2: Bucherer rotary engine with hypocycloidal linkage for linear motion of the drive mechanism. View and
functional scheme. The crankcase rotates at a single speed, the shaft at double speed in the same direction. The line of
action of the gears is the centre of rotation of the motion of the crank mechanism. The pistons are not subject to lateral
forces. Air-cooled fourcylinder spark ignition engine, bore 80 mm, stroke 182 mm, output 29.4 kW (40 HP), housing
speed 1000 r.p.m, crankshaft speed 2000 r.p.m, year of construction 1908
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Bild 3: Funktionsschema und Ansicht des Ringkolbenmotors, Bauart Esselbe: Je zwei Kolben gleich- und gegensinnig
laufend. Viertakt-Ottomotor, Bohrung 65 mm, Hub 270 mm, Leistung 44 kW bei 1200/min, Baujahr 1912
Fig. 3: Annular piston engine, designed by Esselbé, each two pistons move in the same and the others in a counterdirection. Four-stroke spark ignition engine, bore 65 mm, stroke 270 mm, output 44 kW (60 HP), speed 1200 r.p.m,
year of construction 1912
Das Prinzip der zwangsweisen Luftkühlung durch bewegte Zylinder versuchte man auch mit Standmotoren zu
verwirklichen. Der französiche Weisz-Motor aus dem Jahre 1910, ein luftgekühlter Viertakt-Ottomotor, ist als
hängender Reihen-Vierzylinder ausgeführt, bei dem die Kolben feststehen und die oszillierenden Zylinder über
Pleuelstangen auf die Kurbelwelle wirken. Die Ventile sind im Kolben angeordnet. 1913 entstand sogar noch eine
Sechzylinder-Sternausführung dieser Bauart, der Edelweisz-Motor.
4 KURBELWELLENLOSE TRIEBWERKE
Zur Steigerung der Motorleistung und Leistungsdichte mußte die Zylinderanzahl erhöht werden, damit stieß man jedoch
rasch an die mechanischen Grenzen des Triebwerks. Einen Ausweg schien die Ringkolbenbauart zu bieten, bei der
mehrere Ringkolben-Elemente hintereinander anordnet werden konnten. Obwohl auf Luftfahrtausstellungen gezeigt,
sind diese Motoren allenfalls im Versuch gelaufen.
Der Esselbé-Motor hat einen Zylinder in Form eines geschlossenen Kreisringes, in dem sich vier Kolben oszillierend
bewegen, die zwei gegenüberliegenden gleichsinnig, die benachbarten gegensinnig. Die Kolben wirken über ein
Gestänge auf zwei Hohlwellen, welche ihrerseits über Treibstangen Zahnräder in Drehung versetzen. Diese Zahnräder
treiben über ein großes Zahnrad eine dritte Hohlwelle mit dem Ringzylinder und den Propeller an, Bild 3. Der
Ladungswechsel dieses Viertaktmotors wird durch Schlitze gesteuert. Auf Grund seiner Bau- und Funktionsweise
benötigt der Motor nur eine Zündkerze. Für zwei Auf- und Abbewegungen der Kolben mußte der Zylinder eine
Umdrehung machen. Der große konstruktive Aufwand der Kraftübertragung von den Kolben zur Abtriebswelle hat
wahrscheinlich alle Vorteile dieser Bauart aufgewogen. Trotzdem wurde dieses Konzept in den sechziger Jahren von
einem britischen Konstrukteur wieder aufgegriffen.
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Mit dem Kurvenscheiben-Motor sollte die Abtriebsdrehzahl verringert werden, um - insbesondere bei Flugzeugmotoren
- ein Reduktionsgetriebe einzusparen. Auch versprach man sich hiervon bessere mechanische Wirkungsgrade und eine
raumsparende Bauweise.
Die Kolben des Fairchild-Caminez-Motors (1926) arbeiten auf einer lemniskatenförmigen Kurvenbahn; die Drehzahl
der Abtriebswelle entspricht der doppelten Arbeitsspielzahl, Bild 4. Da je zwei gegenüberliegende Kolben gegensinnig
liefen, ergibt sich ein interner Massenausgleich. Dieser Flugzeugmotor wurde Mitte der zwanziger Jahre in den USA
gebaut und erprobt, ging aber nicht in die Serienproduktion.
Bild 4: Längs- und Querschnitt des Kurvenscheiben-Motors, Bauart Fairchild-Caminez, Vierzylinder-ViertaktOttomotor, Bohrung 115 mm, Hub 143 mm, Leistung 110 kW bei 2400/min, Baujahr 1926
Fig. 4: Curve track engine, Fairchild-Caminez, four-stroke four-cylinder spark ignition engine, bore 115 mm, stroke
143 mm, output 110 kW (150 hP), speed 2400 r.p.m., year of construction 1926
Bei dem deutschen Michel-Motor, einem Zweitakt-Dieselmotor, sind drei Kolben sternförmig angeordnet, die einen
gemeinsamen Brennraum haben. Die Kolben wirken über Pleuelstangen und Rollen auf eine Kurvenscheibe, Bild 5.
Durch die Form der Kurvenbahnen können für die einzelnen Hübe unterschiedliche Bewegungsgesetze vorgegeben
werden. Die Abtriebsdrehzahl wird auf 1/6 der Arbeitsspielfrequenz reduziert. Der Michel-Motor ist Anfang der
zwanziger Jahre gebaut und erprobt worden.
Bei den Kurvenbahn-Motoren ergeben koaxial-konzentrisch angeordnete Zylinder kompakte leistungsstarke Antriebe
mit geringer Stirnfläche. In einer solchen Triebwerkskonfiguration sah man in den zwanziger und dreißiger Jahren eine
aussichtsreiche Alternative zu herkömmlichen Flugzeug-Triebwerken.
Der amerikanische Herrman-Motor wurde 1935 als Versuchsmotor für Flugzeuge gebaut. Zwei Zylinderblöcke mit je
sechs kozentrisch-koaxial angeordneten Zylindern sind zu einer Einheit verschraubt. Je zwei sich gegenüberliegende
Kolben sind miteinander verbunden und greifen mit Rollen an der sinusförmigen Kurvenscheibe an. Diese dreht sich
unter den Kolbenkräften weg und treibt die Abtriebswelle an, Bild 6.
Eine nicht-rotierende Taumelscheibe stützt sich bei den Taumelscheibenmotoren über Wälzlager auf einer Z-förmig
gekröpften Welle ab. Die Kolben, konzentrisch-koaxial um die Welle angeordnet, greifen mit Stangen über Kugelköpfe
an der Taumelscheibe an. Unter dieser axialen Belastung dreht sich die Welle unter der Taumelscheibe, so daß diese
eine schwingende (taumelnde) Bewegung vollzieht. Eine Drehmomentenstütze verhindert die Drehung der
Taumelscheibe. Taumelscheibenmotoren und eine Sonderform davon, die Schrägscheibenmotoren, sind in den dreißiger
Jahren als Antriebe für Fahrzeuge und Flugzeuge entwickelt worden. Bekannt wurde der als Omnibus-Antrieb
konzipierte Bristol-Motor, ein neunzylindriger Viertakt-Ottomotor mit Ringschiebersteuerung. Der Motor ist in einigen
Exemplaren gebaut und erprobt worden.
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5 GEGENKOLBENMOTOREN
Vorteile der Zweitakt-Diesel-Gegenkolbenmotoren sind die hohe Leistungsdichte durch das Zusammenfassen mehrerer
Triebwerkseinheiten in Reihen- und Parallelschaltung, die einfach zu verwirklichende Gleichstromspülung mit
Vorauslaß des Abgases und der gegenseitige Ausgleich der Triebwerksmassen. Der untere Kolben wirkt direkt über
eine Pleuelstange auf die Kurbelwelle, der obere greift über ein Querjoch und zwei lange Schubstangen an den beiden
benachbarten Kröpfungen an. Der Kröpfungsabstand der mittleren zu den beiden benachbarten Kröpfungen beträgt
weniger als 180°, so daß der den Auslaß steuernde Kolben dem Einlaß-Kolben um 15 bis 20° voreilt. Zum Ausgleich
der unterschiedlichen Triebwerksmassen ist bei einigen Bauarten der Hub des oberen Kolbens kleiner als der des
unteren. Das Gegenkolbenprinzip wurde vor allem von Hugo Junkers befürwortet und in verschiedenen Ausführungen
für Schiffe, Stationärbetrieb, Fahrzeuge und Flugzeuge angewendet. Die Firmen Gobron-Brillié, Doxford, Napier,
Fairbanks-Morse, Compagnie Lilleoise des Moteurs, Sulzer, Commer, Rolls-Royce und Leyland haben
Gegenkolbenmotoren als Ein- und Zweiwellen- sowie als Schwinghebelmotoren hergestellt.
In dem als Schiffsmotor entwickelten Junkers-Gegenkolben-Zweitakt-Dieselmotor in Tandem-Bauweise sind zwei
Zylinder (mit je zwei gegenläufigen Kolben) in Zylinderachsrichtung in Reihe geschaltet. Diese Tandem-Bauweise
wurde früher viel im Dampfmaschinenbau und auch bei Groß-Gasmotoren angewendet. Die hier dargestellte
dreizylindrige Maschine mit 12 Kolben, Bild 7, wurde 1913 von der Weser AG für ein Frachtschiff der HamburgAmerika-Linie gebaut, bewährte sich aber nicht, so daß diese Maschine ausgetauscht wurde.
Bild 5: Querschnitt und Funktionsschema des Kurvenscheiben-Motors, Bauart Michelmotorengesellschaft.
Wassergekühlter Dreizylinder-Zweitakt-Dieselmotor, Bohrung 165 mm, Hub 160 mm, Leistung 73,5 kW bei 110/min,
Baujahr 1921
Fig. 5: Cross section and functional scheme of the curved track engine, Michel-Motorengesellschaft. Water-cooled
three-cylinder two-stroke diesel engine, bore 165 mm, stroke 160 mm, output 73.5 kW (100 HP), speed 100 r.p.m., year
of construction 1921
Die Kombination des leistungsstarken Zweitakt-Prinzips mit dem Dieselverfahren und der Gegenkolbenbauweise
versprach in den dreißiger Jahren größere Reichweiten im Luftverkehr als die Ottomotoren. Da Flugzeugmotoren leicht
sein und schnell drehen müssen, wurden diese gleichstromgespülten Zweitakt-Gegenkolben-Dieselmotoren in
Zweiwellenbauart ausgeführt, bei denen je sechs der gegenläufigen Kolben auf eine eigene Kurbelwelle wirken, deren
Leistung über ein Vorgelege zusammengefaßt auf die Propellerdrehzahl reduziert wird. Diese JunkersZweiwellenmotoren (Jumo 205) dienten unter anderem als Antrieb von Langstrecken-Flugbooten des Typs DornierWal (Do 18), mit denen vor dem Zweiten Weltkrieg ein planmäßiger Nord-/Südatlantik-Postverkehr aufgenommen
worden war. Der Jumo 205 war der einzige wirklich erfolgreiche Flugzeug-Dieselmotor der Welt. In dem
Höhenaufklärer Ju 86 ermöglichte die abgasturboaufgeladene Version, Jumo 207, ab etwa 1939 Flughöhen von über
10000 m.
Einen Höhepunkt der Gegenkolbenmotor-Entwicklung stellte der nach dem Zweiten Weltkrieg in England entwickelte
Napier-Deltic-Dreiwellen-Motor ("Dreieckmotor") dar, bei dem drei Gegenkolbenmotoren baulich zu einer Einheit
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zusammengefaßt waren, Bild 8. Für marinetechnischen Einsatz entwickelt, wurde der Deltic auch als Antrieb von
Lokomotiven der englischen Eisenbahn verwendet.
Bild 6: Längsschnitt und Funktionsschema des Kurvenbahnmotors, Bauart Herrman, wassergekühlter ZwölfzylinderViertakt-Ottomotor, Bohrung 77,6 mm, Hub 95,3 mm, Leistung 106 kW bei 1600/min, Baujahr 1937
Fig. 6: Functional scheme and longitudinal section of the curved track engine, Herrman, water-cooled 12-cylinder fourstroke spark ignition engine, bore 77.6 mm, stroke 95.3 mm, output 106 kW (144 HP), speed 1600 r.p.m., year of
construction 1937
Bild 7: Zylinderschnitt und Triebwerksschema des wassergekühlten Dreizylinder-Zweitakt-Gegenkolben-Dieselmotors
in Tandembauweise, Bauart Junkers, Bohrung 400 mm, Hub 2 × 400 mm, Leistung 588 kW bei 120/min, Baujahr 1913
Fig. 7: Longitudinal section and functional scheme of the water-cooled three-cylinder two-stroke opposed-pistion diesel
engine in tandem design, Junkers, bore 400 mm, stroke 2 x 400 mm, output 588 kW (800 HP), speed 120 r.p.m., year of
construction 1913
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Eine Sonderform des Gegenkolbenprinzips wurde mit dem Beck-Motor aus dem Jahr 1909 verwirklicht. Ein
Ringkolbenmotor, bei dem insgesamt acht Kolben in einem feststehenden kreisringförmigen Zylinder laufen; je zwei
der vier Doppelkolbenpaare sind durch eine Traverse verbunden. Die Traversen arbeiten über Gelenkhebel auf ein
kurze Pleuelstange, die ihrerseits an der Kurbelwelle angreift, Bild 9. Kinematisch interessant ist, daß sich bei diesem
Motor die oszilliernde Bewegung des kleinen Pleuelauges als Resultierende der Bewegung der Kolben in
Umfangsrichtung ergibt, wodurch gleichzeitig die Geradführung des Triebwerks erreicht wird.
6 DOPPELTWIRKENDE MOTOREN
Hohe absolute Leistungen lassen sich nur mit großen Zylinderabmessungen erreichen. Dies begrenzt jedoch die
Zylinderanzahl und die Drehzahl. Deshalb versuchte man, die Leistungsdichte großer Motoren durch das ZweitaktVerfahren und Doppeltwirkung zu erhöhen. Jeder Takt ist somit ein Arbeitstakt. Eine bemerkenswerte Sonderform
doppeltwirkender Zweitakter ist die ab 1924 von der North British Diesel Engine Works Ltd. gebaute MacLaganMaschine, bei der sich über ein Gestänge vom Kolbenbolzen angetrieben die beiden durch Stangen starr miteinander
verbundenen Zylinderteile gleichsinnig mit dem Kolben bewegen, jedoch mit kürzerem Hub, Bild 10. Auf diese Weise
wurde ein doppeltwirkender Motor mit Gleichstromspülung realisiert. Weil bei dieser Bauart keine Kolbenstange an der
Kolbenunterseite angreift, konnte der untere Kolben seine volle Leistung abgeben, auch entfielen die gravierenden
Probleme mit der Stopfbuchsendichtung. Die MacLagan-Motoren wurden in drei Schiffe eingebaut, mußten aber später
wegen Maschinenschäden gegen konventionelle Motoren getauscht werden.
Bild 8: Wassergekühlter Zweitakt-Dieselmotor in Drei-Wellen-Gegenkolben-Bauweise, Bauart Napier Deltic, 9 oder 18
Zylinder, Bohrung 130 mm, Hub 2 × 184,2 mm, Zylinderleistung 103,5 kW bei 2000/min, Baujahr 1956
Fig. 8: Water-cooled two-stroke diesel engine, three-shaft opposed-piston type, Napier Deltic, 9 or 18 cylinders, bore
130 mm, stroke 2 x 184.2 mm, output (1 cylinder) 103.5 kW (140 HP), speed 1 800 r.p.m., year of construction 1956
7 ZYLINDERZAHL- UND ANORDNUNG
Auf der Grundlage des damaligen Stands der Technik ließen sich hohe Leistungskonzentrationen mit Rücksicht auf die
Massenwirkungen nur durch große Zylinderzahlen darstellen. So entstanden in den dreißiger und vierziger Jahren
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Flugzeugmotoren mit 14, 16, 18, 24 und 28 Zylindern in Stern-, Sternreihen-, W-, X- und H-Anordnung. Nachdem der
leistungsstarke Kolbenmotor im Flugzeug von der Strömungsmaschine verdrängt worden ist, wurden schnelle
Marinefahrzeuge zu einem Anwendungsgebiet für vielzylindrige Hochleistungs(diesel)motoren mit 24, 32, 40, 42 und
sogar 56 Zylindern.
Anfang der siebziger Jahre wurde in deutsch-französischer Gemeinschaftsarbeit ein 40-Zylinder-H-Motor (40 H 672)
für marinetechnische Spezialanwendungen entwickelt, in dem der V-Winkel eines serienmäßigen 20-Zylinder-ViertaktDieselmotors auf 180° vergrößert und zwei solcher Einheiten zu einem Motor zusammenfaßt wurden. Die Kurbelwellen
der Teilmotoren gaben ihre Leistung über einen Rädertrieb auf die Abtriebswelle ab. Im Teillastbetrieb konnte eine
Motorhälfte abgeschaltet werden. Es wurde lediglich ein Versuchsmotor gebaut und erprobt.
Bild 9: Ringkolbenmotor, Bauart Beck, Querschnitt und Funktionsschema, Viertakt-Ottomotor, Leistung 66 kW bei
1800/min, Baujahr 1909
Fig. 9: Annular piston engine, Beck (1909), cross section and functional scheme, four-stroke spark ignition engine,
output 66 kW (90 HP), speed 1800 r.p.m., year of construction 1909
Bild 10: Funktionsschema des doppeltwirkenden
Dreizylinder-Zweitakt-Dieselmotors,
Bauart
MacLagan. Bohrung 622,3 mm, Hub 1117,6 mm,
Leistung 1470 kW bei 100/min, Baujahr 1924. Der
am Kolbenbolzen angelenkte Antriebsmechanismus
für den beweglichen zweiteiligen Zylinder (hier
einteilig abgebildet) ist herausgezogen dargestellt
Fig. 10: Functional scheme of the sliding cylinder
double-action two-stroke diesel engine, MacLagan,
bore 622.3 mm, stroke 1117.6 mm, output 1470 kW
(2000 HP), speed 100 r.p.m., year of construction
1924
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Bild 11: Wassergekühlter
Viertakt- Dieselmotor in 6×7 = 42
Zylinder-Sternreihen-Bauart,
Bauart 42 Tsch 16/17 (M 503 A),
Bohrung 160 mm, Hub 170 mm,
Leistung 2941 kW bei 2200/min.
Dieser Motor wurde auch mit 8×7
= 56 Zylindern gebaut, Baujahr
1976
Fig. 11: Water cooled four-stroke
diesel engine, seven-cylinder
radial six-row design, type 42
Tsch 16/17, bore 160 mm, stroke
170 mm, output 2941 kW (4000
HP), speed 2 000 r.p.m. There was
another eight-row version of this
engine with 56 cylinders, year of
construction 1976
Im Gegensatz dazu wurden in den sechziger und siebziger Jahren in der Sowjetunion Schnellboot-ViertaktDieselmotoren in Stern-Reihen-Bauweise mit sechs und acht 7-Zylinder-Sternen in größeren Stückzahlen gebaut, Bild
11. Diese 42- und 56-zylindrigen Motoren, Typ Tsch. NSP 16/17, weisen eine Reihe von konstruktiven Besonderheiten
auf, wie die rollengelagerte Scheibenkurbelwelle oder die Abgasturbolaufladung im Verbund-Betrieb.
8 SCHIEBERSTEUERUNG
Die Schiebersteuerung ermöglicht durch ihre strömungstechnischen Vorteile (große Steuerquerschnitte) eine bessere
Füllung der Zylinder. Der geringere Raumbedarf in Zylinderachsrichtung ergibt eine niedrigere Stirnhöhe des Motors.
Dies war gerade für Flugzeugmotoren wichtig. Allerdings ist der Antrieb von Schiebersteuerungen konstruktiv und
betriebsmäßig aufwendig, Bild 12. Motoren mit Schwingschieber-Steuerung, Bauart Burt-McCollum, wurden
hauptsächlich in England entwickelt. Während des zweiten Weltkrieges wurden so mit dem wassergekühlten 24-HMotor Napier-Sabre II und dem luftgekühlten 14-Zylinder-Doppelsternmotor Bristol Hercules II großartige
Konstruktionen geschaffen. Schiebergesteuerte Bristol-Motoren wurden noch in den sechziger Jahre in TransallTransportflugzeuge eingebaut.
9 FOLGERUNGEN
Warum werden Motoren wie die vorangehend beschriebenen nicht mehr gebaut, weshalb also sind diese
Motorkonzeptionen gescheitert?
Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen, die in den Motorkonzeptionen selbst, aber auch in der Zeit und ihren
Bedingungen liegen. Damit ein Motor für den Einsatzzweck geeignet ist, muß er hinsichtlich seiner Konzeption (seines
grundsätzlichen Aufbaus) und der konstruktiven Ausführung im Detail so gestaltet sein, daß er seine Funktion erfüllen
kann, und er muß betriebssicher und wirtschaftlich arbeiten. Außerdem wird ein ausreichendes Entwicklungspotential
für die Verbesserung dieser Eigenschaften verlangt. Darüber hinaus haben einzelne Motorenarten abhängig vom
jeweiligen Stand der Technik spezielle Forderungen zu erfüllen. Motoren, welche diesen Bedingungen nicht genügen
konnten, oder aber bei denen Gründe für die Besonderheiten ihrer Konstruktion entfallen sind, waren zum Scheitern
verurteilt, sie wurden nicht mehr gebaut.
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Bild 12: Rädertrieb zum Antrieb der Schwingschieber-Steuerung des Bristol Hercules II. Luftgekühlter 14-ZylinderViertakt-Ottomotor in Sternbauweise. Bohrung 146 mm, Hub 165 mm, Leistung 993 kW bei 2750/min, Baujahr 1941
Fig. 12: Train of wheels for the drive of the single sleeve valve gear of the Bristol Perseus XII. Air cooled two-row 14cylinder radial four-stroke spark ignition engine, bore 146 mm, stroke 165 mm, output 909 kW (1350 HP), speed 2650
r.p.m., year of construction 1941
Demnach sind Motoren "ungeeignet"
• wenn sich grundsätzliche Nachteile ihres Wirkungsprinzipes nicht beheben, allenfalls nur geringfügig mildern
lassen: Umlauf-, Ringkolben- und Kurvenbahn-Motoren
• wenn bestimmte Vorteile mit schwerwiegenden Nachteilen verbunden sind. Beispiele: Das gute
strömungstechnische Verhalten von Schiebersteuerungen war mit einer problematischen Entwicklung und
aufwendigen Fertigung verbunden, außerdem sind Schieber in der Dichtwirkung Tellerventilen unterlegen.
Die vorteilhafte Gleichstromspülung von Gegenkolbenmotoren ist durch den konstruktiven Aufwand des doppelten
Triebwerks (zwei Kurbelwellen oder Querjoch, Schubstangen und zusätzliche Kröpfungen bei Einwellenmotoren), ganz
abgesehen von dem konstruktiven und betrieblichen Aufwand beim MacLagan-Motor, zu teuer erkauft. Paradoxerweise
kann sich eine an sich "geeignete" Konzeption doch als "ungeeignet" erweisen, weil sie zu einseitig auf ein Merkmal
hin optimiert wurde, was dann zu Lasten anderer Eigenschaften ging. Beispiel: Die vielzylindrigen Sternreihen-, Xoder H-Motoren waren ausschließlich auf Hochleistung konzipiert, so daß sie unter normalen Bedingungen nicht
wirtschaftlich zu betreiben sind. So ist ein 56-Zylinder-Motor mit vier Ventilen je Zylinder und mit zumindest zwei
nach unten weisenden Zylinderreihen nur mit erheblichem Aufwand zu warten.
Aber auch im obigen Sinne geeignete Motorkonzeptionen sind gescheitert, weil sich die Randbedingungen so
gewandelt haben, daß die Gründe für ein bestimmtes Konzept gegenstandslos geworden sind.
Die allgemeine Weiterentwicklung der Technik hat viele Konzeptionen durch neue Prozesse, Verfahren und
Maschinengattungen unnötig gemacht. Als man die Luftkühlung auch bei Standmotoren beherrschte, wurde der
Umlaufmotor unnötig. Die Gasturbine verdrängte den Kolbenmotor fast gänzlich aus der Luftfahrt, so daß es heute
keine großen Ottomotoren mehr gibt, auch keine der speziell als Flugantrieb konzipierten Triebwerks-Bauarten.
Zima, S: Gescheiterte Motorkonzeptionen ...
MTZ 11/1997, 660 ...
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Fortschritte in der Getriebe- und Verzahnungstechnik machten Motoren mit interner Drehzahlreduktion überflüssig. Da
man die Leistung wirkungsvoller durch Aufladung steigern kann, werden keine doppeltwirkenden Motoren mehr
gebaut.
Wirtschaftliche Erwägungen spielen bei allen nicht-militärischen Anwendungen eine dominierende Rolle. Hohe
Lohnkosten etwa zwingen zu einfachen und wartungsfreundlichen Konstruktionen.
Nicht-technische Bedingungen beeinflussen die Motorentwicklung; so haben hohe Energiepreise zur Entwicklung
extrem langhubiger Zweitakt-Großmotoren ("super-long-stroke-engines") geführt, die eine Gleichstromspülung mit
Auslaßventilen erfordern. Dadurch verschwanden querstrom- und umkehrgespülte Großmotoren.
Ziel der Motorentwicklung war somit, den Motor und seine Bauteile bezüglich der Summe seiner Eigenschaften zu
optimieren und das unter den Prämissen von Zuverlässigkeit, Wirtschaftlichkeit und Lebensdauer nachzuweisen.
Dadurch fallen heute die meisten Motorkonstruktionen so ähnlich aus.
LITERATURHINWEISE
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[5] Gilles, J.A.: Flugmotoren 1910 - 1918. Frankfurt/M: Mittler, 1971
[6] Magg, J.: Dieselmaschinen. Berlin: VDI-Verlag, 1928
[7] Nägel, A.: Dieselmaschinen in Amerika. Sonderheft Dieselmaschinen II. Berlin: VDI-Verlag, 1926
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[9] NN: Zur Kritik der Kurvenbahn-Motoren. In: Der Motorwagen 30 (1927), Nr. 31
[10] NN: Der Bristol-Neunzylinder-Taumelscheibenmotor. In: ATZ 38 (1935), Nr. 23; S. 600
[11] Quittner, V.: Die Motoren auf der Pariser Internationalen Luftschiffahrt-Ausstellung. In: ZFM 4 (1913), Nr. 7
[12] Schendel, G.: Umlaufmotoren. In: ZFM 1 (1910) 23 sowie 2 (1911) 1, 5, 6 und 7
[13] Schwager, O.: Der Siemens-Umlaufflugmotor. In: Der Motorwagen 22 (1919), S. 542 - 577
[14] Setright, L.J.K.: Some Unusual Engines. London. Mech. Eng. Publ. Ltd. 1979
[15] Vorreiter, A.: 5e Exposition Internationale de Locomotion Aérienne vom 5.-23. Dez. 1913. In: ZFM V (1914), Nr. 5