Empfehlungen zur Rehabilitation und Pflege von Menschen

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Empfehlungen zur Rehabilitation und Pflege von Menschen
Empfehlungen zur Rehabilitation und
Pflege von Menschen mit schwersten
neurologischen Schädigungen
Standards der Langzeitbehandlung in Phase F
Bericht über die Klausurkonferenz
am 10. und 11. Mai 1996 in Maikammer/Pfalz
Veranstalter:
Deutsche Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter e.V.
Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR)
Bundesverband Schädel-Hirnpatienten in Not e.V.
Kuratorium ZNS für Unfallverletzte mit Schäden des zentralen
Nervensystems e. V.
KONFERENZLEITUNG
Dr. Wolfgang Blumenthal
Chefarzt der Rehabilitationsklinik für Kinder und Jugendliche, Geesthacht; Vorsitzender
der Deutschen Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter e.V., Heidelberg
Telefon: (0 41 52) 17 12 00, Telefax: (0 41 52) 17 12 99
Bärbel Busch
Leiterin des Ambulanten Pflegedienstes Busch, Wuppertal; Vorstandsmitglied des
Forums Häusliche Pflege, Bonn
Telefon: (02 02) 76 07 75, Telefax: (02 02) 76 07 75
Armin Nentwig, MdL
1. Vorsitzender des Bundesverbandes Schädel-Hirnpatienten in Not e.V., Amberg
Telefon: (09621) 6 48 00, Telefax: (09621) 6 36 63
Bernd Steinke
Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR), Frankfurt/M.
Telefon: (0 69) 6 05 01 80, Telefax: (0 69) 60 50 18 29
Rolf Wiechers
Geschäftsführer des Kuratoriums ZNS für Unfallverletzte mit Schäden des zentralen
Nervensystems e.V., Bonn
Telefon: (02 28) 97 84 50, Telefax: (02 28) 9 78 45 55
Inhalt
Seite
Vorwort
5
Empfehlungen zur Rehabilitation und Pflege von Menschen mit
schwersten neurologischen Schädigungen – Standards der
Langzeitbehandlung in Phase F
– Thesen aus den Beratungen –
7
PLENARREFERATE
A. Nentwig
Aktivierende Pflege und Betreuung von Patienten im Wachkoma
– Not der Betroffenen und Handlungsmöglichkeiten der Gesellschaft
13
B. Steinke
Die Phaseneinteilung in der neurologischen Rehabilitation
– auf welche Grundüberlegungen nimmt sie Bezug, auf welche
(Rechts-)Wirkungen zielt sie ab?
21
W. Blumenthal
Die Phase F als eigenständiger Abschnitt des Rehabilitationsprozesses – Aufgaben der (Be-)Handelnden auf dem Weg zum
Konsens
27
R. Wiechers
Die Patienten der Phase F in der neurologischen Rehabilitation
37
B. Busch
Planung der Versorgung von Schwerstpflegepatienten
– ein Fallbeispiel
45
ARBEITSGRUPPEN
M. Willkomm
Apallische und postapallische Schwerstbehinderte
(Wachkomapatienten mit/ohne kurze Perioden der Ansprechbarkeit
und Kooperationsfähigkeit) – Bericht der Arbeitsgruppe I
59
V. Hömberg
(Teil-)Mobile und kooperationsfähige, aber langfristig von Pflege
und Betreuung abhängige Menschen mit schweren neurologischen
Behinderungen – Bericht der Arbeitsgruppe II
73
3
Inhalt
ANHANG
Seite
Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
Empfehlungen für die langfristige oder dauerhafte Pflege und
Rehabilitation von Patienten mit schweren und schwersten
neurologischen Schädigungen in der Phase F
– Entwurf vom 9.5.1996 –
A-1
Materialien zur Konferenzvorbereitung
(zusammengestellt von M. Schmollinger)
A - 15
M. Schmidt-Ohlemann
Thesen zur Rehabilitation von Menschen mit schwersten neurologischen Schädigung in Phase F unter dem besonderen Aspekt
regionaler Hilfesysteme für Menschen mit Körperbehinderungen
A - 43
Literaturhinweise
A - 49
Verzeichnis der Konferenzteilnehmer
A - 53
4
Vorwort
Vorwort
Die Rehabilitation von Menschen mit sehr schweren und langanhaltenden
neurologischen Funktionsstörungen ist derzeit völlig unzureichend. Überwiegend
werden sie nach der Akutbehandlung und zum Teil sogar immer noch ohne
neurologische Frührehabilitation als Pflegefälle nach Hause oder in Einrichtungen
(z.B. Altenpflegeheime) entlassen, wo zustandserhaltende oder rehabilitative
Maßnahmen nicht im notwendigen Maß durchgeführt werden können.
Dies führt nicht nur zu einer Überlastung der Familien, häufig verschlechtern sich die
Rehabilitations- und Eingliederungschancen insgesamt, wenn rehabilitierende
Maßnahmen zu spät einsetzen.
Voraussetzung für die bedarfsdeckende und qualitätsgerechte Langzeitversorgung
dieser neurologisch schwerstgeschädigten Menschen sind einheitliche und
anerkannte Definitionen der Patientengruppen sowie der Behandlungsziele und inhalte für diese sog. Phase F der neurologischen Rehabilitation. Erst auf dieser
Grundlage könnten dann die notwendigen Einrichtungen und ambulanten Dienste
geschaffen werden.
Für die neurologische Frührehabilitation gibt es seit kurzem Rahmenempfehlungen der
Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR). Um so drängender ist ein
Konsens über die anschließenden Phasen, damit Fehlplazierung in der
Frührehabilitation ebenso wie nicht gerechtfertigte Beschränkung auf die Pflege
vermieden werden. Um diesen Prozeß voranzubringen, haben die veranstaltenden
Verbände zu einer interdisziplinären Klausurkonferenz
„Empfehlungen zur Rehabilitation und Pflege von Menschen mit schwersten
neurologischen Schädigungen - Standards der Langzeitbehandlung in Phase F“
am 10. und 11. Mai 1996 nach Maikammer eingeladen.
Rund fünfzig mit diesem Thema vertraute Konferenzteilnehmer – Mediziner,
Therapeuten, Pfleger, Angehörige und Vertreter von Betroffenen, Anbieter von
ambulanten Diensten, Initiatoren der wenigen (Modell-)Einrichtungen für neurologisch
Schwerstbehinderte, Vertreter der Kostenträger und der Politik – erörterten sehr
engagiert die notwendigen Strukturen, Bedingungen und Verfahren.
Neben einigen einleitenden Referaten war der Entwurf „Empfehlungen für die
langfristige oder dauerhafte Pflege und Rehabilitation von Patienten mit schweren und
schwersten neurologischen Schädigungen in der Phase F“ der BAR vom 9.5.1996 die
Grundlage der ergiebigen Beratungen in zwei Arbeitsgruppen.
5
Vorwort
Dieser Konferenzbericht faßt die Ergebnisse der Beratungen zusammen und enthält
die Einleitungsreferate sowie eine Zusammenstellung der vielen Materialien
(Erfahrungsberichte, Statements, Konzepte u.a.) zur Problematik der Rehabilitation
und Pflege von neurologisch Schwerstbehinderten, die den Veranstaltern von
Fachleuten, Verbänden/Vereinen und Landesbehörden für die Konferenzvorbereitung
zur Verfügung gestellt wurden.
Den Leitern der Arbeitsgruppen, Dr. med. Martin Willkomm und Dr. med. Volker
Hömberg, gebührt besonderer Dank. Ihnen ist es in ihren Arbeitsgruppen gelungen,
die unterschiedlichen, z.T. kontroversen Standpunkte der Diskussionsteilnehmer auf
einem tragfähigen gemeinsamen Nenner zu vereinen, so daß die in den
Arbeitsgruppenberichten enthaltenen Empfehlungen zur Ausgestaltung der Phase F
einen Konsens der Teilnehmer darstellen.
Die vorangestellten Thesen geben einen Überblick über die wesentlichen Aussagen
der Referate und Beratungen der Klausurtagung zur Gestaltung der Phase F.
Alle Verantwortlichen für die Planung und Ausgestaltung der Phase F und für die
berufliche Aus- und Weiterbildung sind aufgerufen, zügig das Notwendige für die
langfristige Rehabilitation und Versorgung neurologisch Schwerstbehinderter zu
veranlassen. Die Ergebnisse der Konferenz bilden dafür eine aus unserer Sicht
hervorragend geeignete und aus der Praxis abgeleitete Grundlage.
Wir danken allen Konferenzteilnehmern für ihre aktive Mitarbeit an der Strukturierung
der neurologischen Rehabilitationsphase F und der Berufsgenossenschaft der
Chemischen Industrie, Heidelberg, die den gastlichen Rahmen in ihrem
Ausbildungszentrum in Maikammer stellte.
Heidelberg, im Juli 1996
6
Die Veranstalter
Thesen
Empfehlungen zur Rehabilitation und Pflege von Menschen mit
schwersten neurologischen Schädigungen – Standards der
Langzeitbehandlung in Phase F
THESEN aus den Referaten und Beratungen der Klausurtagung
1. Die Abgrenzung und inhaltliche Beschreibung der Phase F der neurologischen
Rehabilitation ist Voraussetzung dafür, die notwendige langfristige Rehabilitation
auch für neurologisch schwerstbehinderte Menschen, die dauerhaft auf
Unterstützung und Pflege angewiesen sind, zu sichern sowie die Grundsätze
„Rehabilitation vor Pflege“ und „Rehabilitation in der Pflege“ zu verwirklichen. Ziel
ist vorrangig die soziale Integration.
2. Voraussetzung für die angemessene Rehabilitation und Pflege in der Phase F ist
die vorherige qualitativ und quantitativ ausreichende Rehabilitation in den Phasen
B und/oder C und/oder D/E.
3. Schwerste neurologische Schädigungen haben im Einzelfall sehr unterschiedliche
Fähigkeitsstörungen zur Folge. Patienten der Phase F haben daher sehr
heterogenen Rehabilitationsbedarf. Die Leistungsstrukturen der Phase F müssen
deshalb die individuell nach Art, Umfang und Dauer notwendigen Leistungen in
einem breiten Spektrum vorsehen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Diensten
und Einrichtungen für
(A) Menschen im anhaltenden apallischen Syndrom oder mit vergleichbar
schweren neurologischen Funktionsstörungen und
(B) teilselbständigen Menschen mit erheblichem Betreuungsbedarf.
4. In Abhängigkeit vom Rehabilitationsverlauf muß aus der Phase F jederzeit die
Überleitung in Phasen mit intensiveren Rehabilitationsmaßnahmen möglich sein –
etwa bei Zustandsverschlechterung in Phasen A oder B, bei
Zustandsverbesserung in Phasen B, C oder D/E.
5. Die Phase F als eigenständiger Abschnitt des Rehabilitationsprozesses ist je
nach vorher erreichtem Stand der Rehabilitation entweder
a) vorrangig pflegerisch-betreuend oder
b) pädagogisch-unterstützend
ausgerichtet.
7
Thesen
Folgende Leistungen können je nach Befinden und Bedarfslage des Betroffenen
notwendig sein:
− Grund- und Behandlungspflege
− ständige Beaufsichtigung
− medizinisch-diagnostische Maßnahmen
− medizinisch-therapeutische Maßnahmen
− psychodiagnostische und psychotherapeutische Maßnahmen
− heilpädagogisch-sozialtherapeutische Maßnahmen
− Aufbau der Voraussetzungen für die schulische, berufliche und soziale
Eingliederung
− Hilfen zur möglichst selbständigen Lebensführung (Aktivitäten des täglichen
Lebens)
− Förderung und Erhaltung bestehender Hilfesysteme, der „kleinen sozialen
Netzwerke“ wie Familie, Freunde, Wohngemeinschaft
− Beratungsleistungen für Angehörige
6. Die Unterteilung der Phase F in zwei zeitliche Abschnitte ist sinnvoll:
In der Phase F I erhalten alle erwachsenen Patienten über eine begrenzte Zeit von ca.
zwei Jahren durch relativ dichte Betreuung und Therapieleistungen die
Möglichkeit, ihre in den Phasen B–D/E erreichten Funktionen und Fähigkeiten
weiterzuentwickeln oder zu stabilisieren. Kinder und Jugendliche haben wegen der
Entwicklungsaussichten Anrecht auf erheblich längere Zeit.
In der Phase F II haben neurologisch schwerstbehinderte Menschen Anspruch auf ein
menschenwürdiges Dasein durch die notwendige, zeitlich unbegrenzte
zustandserhaltende Pflege, Betreuung, funktionserhaltende medizinisch-therapeutische Behandlung und ggf. Unterstützung bei ihrer sozialen Eingliederung.
7. Die Mehrzahl der neurologisch schwerstbehinderten Menschen mit Bedarf an
Rehabilitationsleistungen in der Phase F lebt zu Hause und wird von Angehörigen
betreut. Die Einbeziehung der Angehörigen in die Betreuung entspricht dem
Selbstverständnis Betroffener und den Interessen vieler Angehöriger und ihrer
Interessenvertretungen. Die zu schaffenden ambulanten wie stationären
Strukturen müssen konzeptionell und strukturell die Bereitschaft und die
Möglichkeiten der Angehörigen zur Übernahme bzw. Unterstützung von oft
erheblichen Teilen der Betreuung berücksichtigen.
8. Bei vorhandenen Voraussetzungen (kleine soziale Netzwerke) ist vorrangig die
ambulante Versorgung sicherzustellen. Die Quantität und Qualität der ambulanten
Pflege, Betreuung und therapeutischen Behandlung – zusammenfassend als
8
Thesen
Therapiepflege bezeichnet – muß auch bei der stationären Versorgung in der
Phase F gewährleistet sein.
9. Auch für die ambulanten Betreuungsleistungen in den kleinen sozialen Netzwerken
müssen die notwendigen Strukturen entwickelt und finanziert werden. Hierzu
zählen z.B. therapeutische Teams, Casemanager und Rehaplan. Die pflegenden
und therapierenden Angehörigen müssen einerseits für ihre Aufgabe
angelernt/geschult werden und andererseits Möglichkeiten zur intermittierenden
Entlastung durch wohnortnahe stationäre oder teilstationäre Kurzzeiteinrichtungen
und Dienste erhalten.
10. Zum Leistungsumfang der Phase F I – Zielgruppe (A):
Gerade zu Beginn der Phase F ist das Rehabilitationspotential noch nicht
einschätzbar, so daß zunächst in der Phase F I eine noch relativ hohe
Behandlungsdichte unter deutlicher Einbeziehung therapeutischer Maßnahmen
sinnvoll ist:
− Betreuung: bis zu 24 Stunden/Tag
− Pflege: ca. 4 Stunden/Tag; das Verhältnis professionelle Pflege/Pflege durch
Angehörige ist dabei individuell zu ermitteln
− Ärztlicher Bereich: Grundversorgung durch Haus- und Fachärzte, Einbeziehung
von in der Frührehabilitation erfahrenen Ärzten, ggf. Kooperation mit
wohnortnahen Einrichtungen der Phase B/C, durchschnittlich 10 Min./Patient
und Tag
− Therapie: Physiotherapie: 3–7 Anwendungen pro Woche
Ergotherapie: nach individuellem Bedarf
Logopädie: nach individuellem Bedarf
Sonder-/Heilpädagogik,
Einzelfall
Musiktherapie,
Neuropsychologie
je
nach
− Sozialer Bereich: 0,25 Stunden/Tag soziale Dienstleistungen
− Im therapeutischen Team können Betreuungs-, Pflege- und Therapieleistungen
nach qualifizierter Anleitung teilweise auch von anderen Fachkräften mit
übernommen werden. Bei dieser Therapiepflege verringert sich dadurch der
Bedarf an Therapeutenzeit, der Zeitbedarf der zur Therapie mit
herangezogenen Pflegekräfte (Fachpersonal/Angehörige) erhöht sich.
− Für die notwendige Binnenkommunikation im therapeutischen Team sind
zusätzlich 20 % der Therapeutenarbeitszeit zu kalkulieren.
− Raumprogramm:
Stationäre Einrichtungen haben einen erheblichen Raumbedarf, der über die
Richtwerte des Heim- und Krankenhausbaus hinausgeht. Sie sollen nahe dem
Wohnort betreuender Angehöriger mit wohnlicher Atmosphäre und mit 10 bis
max. 40 Plätzen überschaubar eingerichtet werden.
9
Thesen
11. Zum Leistungsumfang der Phase F II – Zielgruppe (A):
Kommt es in der Phase F I nicht zu wesentlichen Zustandsänderungen beim
Patienten, ist für die Zukunft ein geringes Rehabilitationspotential anzunehmen,
das die lebenslange Weiterführung der intensiven Therapiepflege in der Phase F
II aus medizinischen wie sozioökonomischen Gründen nicht vertretbar erscheinen
läßt. Deshalb kann die Therapiedichte in der Phase F II bei qualitativ
vergleichbarem Therapieangebot verringert werden.
Auch die stationäre Therapiepflege in F II (A) sollte im individuell gestalteten
Wohnumfeld und nicht in Klinikatmosphäre erfolgen sowie die Angehörigen
einbeziehen.
12. Zum Leistungsumfang der Phase F I – Zielgruppe (B):
Angebote zur Tagesstrukturierung, zu denen auch Beschäftigungs- und
Arbeitsmöglichkeiten gehören, unterstützen die soziale Integration. Die berufliche
Rehabilitation bleibt auch in der Phase F I (B) potentielles Rehabilitationsziel.
Durch die bisher fehlende klare Definition der Phase E zeigen sich bei der
Definition der Phase F für die Zielgruppe (B) immer wieder Berührungspunkte zu
Aspekten der beruflichen Rehabilitation.
Der Zeitraum für intensivere therapeutische Maßnahmen in der Phase F I (B)
sollte begrenzt werden; jedoch ist eine einheitliche Zeitbegrenzung auf ca. 2 Jahre
für die gesamte Zielgruppe (B) nicht möglich. Die vorrangig ambulant/teilstationär
zu erbringenden therapeutischen und pädagogischen Maßnahmen sind auf
Förderung und Erweiterung der Fähigkeiten orientiert. Vorgeschlagen wurden u.a.:
− Betreuung: bis zu 24 Stunden/Tag
− Pflege: Verhältnis Pflegepersonen/Patienten 1:1,3 (einschl. pädagogische
Dienste)
− Therapiebereich: 2 Therapieeinheiten pro Tag
− Ärztlicher Bereich: ca. 15 Min./Patient und Woche
13. Zum Leistungsumfang der Phase F II – Zielgruppe (B):
Ziel ist die fähigkeitsbezogene Tagesstrukturierung mit begleitender Unterbringung in
anderen Einrichtungen, wie Werkstätten für Behinderte oder Tagesförderstätten,
um die dauerhafte Lebensperspektive des Patienten mit einer der Behinderung
angemessenen Lebensqualität sicherzustellen. Die Verbesserung der
Zugänglichkeit in diesen „zweiten Lebensraum“ ist dringend geboten.
Leistungen sind im therapeutischen
Hilfsangebote zu erbringen, u.a.:
Team
als
− Betreuung/Pflege: bis zu 24 Stunden/Tag
− ärztliche/therapeutische Versorgung nach Rehaplan
10
ganzheitlich
konzipierte
Thesen
− Hilfen für die Aktivitäten des täglichen Lebens
− Gestaltung des „zweiten Lebensraumes“ (Vernetzung Phase E/F)
14. Zur Qualitätssicherung in den stationären Einrichtungen der Phase F empfiehlt
sich ihre Angliederung an bestehende Einrichtungen der Phasen B und C.
15. Leistungsrechtlich ist die Grundversorgung in der Phase F der Pflegeversicherung
und der überörtlichen Sozialhilfe oder aber der Unfallversicherung zuzuordnen.
Die besonderen therapeutischen Leistungen werden vom jeweils zuständigen
Leistungsträger – im allgemeinen die Krankenversicherung – finanziert.
Bei notwendigen Maßnahmen der arbeits- und berufsfördernden Rehabilitation zur
Sicherung der Lebensperspektive (z.B. Finanzierung von entsprechenden
Diensten/ambulanten Einrichtungen in Zuständigkeit mehrerer Rehaträger) ist eine
gemeinsame Regelung über Sondervereinbarungen zwischen Renten-,
Krankenversicherung und Sozialhilfe anzustreben (Beispiel Drittelfinanzierung in
Bayern).
16. Leistungen und Grundlagen für Patienten der Phase F können – außerhalb der
Gesamtverantwortung der gesetzlichen Unfallversicherung – sein:
1. Unterkunft und Verpflegung
§ 43 Abs. 2 S. 3 SGB XI
2. Vollstationäre Pflege
§ 43 SGB XI
3. Eingliederungshilfe
§§ 39 ff. BSHG
4. Krankenbehandlung
§ 27 SGB V
5. Arbeits-/Berufsförderung
AFG
6. Psychosoziale Betreuung
§ 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG
7. Investitionsaufwendungen
§ 82 Abs. 3 oder 4 SGB XI
8. Hilfsmittelversorgung
§§ 33 ff. SGB V und §§ 39 ff. BSHG
9. Erstellen eines Rehabilitationsplanes, verantwortliche Steuerung des Rehaprozesses (Case management)
10. Beratung der Angehörigen
17. Bei Leistung der Sozialhilfe sind Regelungen zu entwickeln, die in der
Rehabilitationsphase F die dauerhafte Belastung des Familieneinkommens und ver-mögens vermeiden. Die Heranziehung der Einkommen und Vermögen der
Betroffenen muß zumutbar sein.
18. Die Rehabilitation in der Phase F erfordert z.T. langanhaltend und frequent eine
umfangreiche medizinische Behandlung und therapeutische Betreuung; sie muß
durch Sondervereinbarung mit der Krankenversicherung außerhalb des Budgets
der behandelnden Ärzte sichergestellt sein.
19. Einige Zahlen (bezogen auf die Bundesrepublik Deutschland):
11
Thesen
− ca. 300.000 Menschen/Jahr erleiden ein Schädel-Hirn-Trauma,
davon 100.000 schwere Hirnverletzungen
davon 45.000 langanhaltende oder dauerhafte Funktionsstörungen
davon ca. 50% Jugendliche unter 25 Jahren
(nach Kuratorium ZNS)
− ca. 300.000 Menschen/Jahr erleiden Hirnerkrankungen
(nach Kuratorium ZNS)
− 4–6.000 Menschen/Jahr liegen länger als 6 Monate im Wachkoma,
d.h. 50–75 Wachkomapatienten je 1 Million Einwohner
(nach Schädel-Hirnpatienten in Not)
− Überlebensrate und Lebenserwartung dieser neurologisch
schwerstgeschädigten Menschen steigen aufgrund der guten Akutversorgung
laufend an
12
A. Nentwig
Aktivierende Pflege und Betreuung von Patienten
im Wachkoma – Not der Betroffenen und Handlungsmöglichkeiten der Gesellschaft
A. Nentwig
Schädel-Hirnpatienten in Not sind noch immer in Not. Sie sind auch noch immer die
am meisten benachteiligte Patientengruppe überhaupt – von der Solidargemeinschaft
jahrelang vergessen, benachteiligt, alleine gelassen neben dem Schmerz
über das Unglück in der Familie. Die tägliche Belastung der Angehörigen von
Schwersthirnverletzten, die sich selbst um alle Bereiche der Betreuung und
Versorgung ihrer schwerstbehinderten Familienmitglieder kümmern müssen, ist
unbeschreiblich. Zu Angst und Sorge um das Wohl der Patienten kommen sehr oft
noch finanzielle Nöte hinzu, die Sorge darüber, wie die Betreuung der Kranken
finanziert werden kann.
Die Probleme sind heute sicher nicht mehr so drängend wie vor sieben Jahren als
unser Verband die Arbeit begann. Inzwischen wurden auch durch das Engagement
des Bundesverbandes Schädel-Hirnpatienten in Not e.V. viele Klinikplätze geschaffen,
aber auch heute kommen leider noch viele Patienten im Apallischen
Durchgangssyndrom von der Intensivstation direkt nach Hause da keine Rehabilitation
möglich gemacht werden kann. Immer noch liegen zu viele Patienten mit künstlicher
Beatmung, Magensonde und Katheter zu Hause im Wohnzimmer, ohne jemals eine
Möglichkeit zur Rehabilitation gehabt zu haben. Der Verband sieht es weiterhin als
dringliche Aufgabe, auf diesen sozialpolitischen Skandal hinzuweisen und Politiker,
Mediziner, Therapeuten und Pflegekräfte die Dramatik und das Elend dieser Situation
klarzumachen.
Für mich, für unseren Verband, ist es ein sehr gutes Zeichen, daß wir hier
zusammengekommen sind, um an zwei Tagen gemeinsam über Lösungsansätze zur
Verbesserung der Situation von schwersthirnverletzten Menschen zu beraten. Es
zeichnet Sie aus, daß Sie sich dieses Themas annehmen und es ist sehr zu
begrüßen, weil Sie in sehr unterschiedlichen Bereichen Verantwortung tragen – als
Mediziner, Therapeut und Pflegekraft, als Familienangehöriger, als Vertreter der
Kostenträger, der Verwaltungen oder als verantwortliche Gesundheits- und
Sozialpolitiker.
Diese interdisziplinäre Besetzung unserer Klausurkonferenz verdeutlicht, daß wir zum
Thema gemeinsam in einer Verantwortung stehen. Bis hierher hat es einen langen
Weg gekostet – das kann ich als Vorsitzender eines Selbsthilfebundesverband sagen
13
A. Nentwig
–, und wir haben die Hoffnung, daß uns diese Tagung ein Stück bei diesem Thema
weiterbringen wird.
Nach einem Unfall oder Schadensereignis sind die Schädel-Hirnpatienten oder
Komapatienten, wenn sie gerettet worden sind, in der Regel auf den Intensivstationen
(neurologisch-neurochirurgisch) gut versorgt.
Doch dann beginnt der Kampf für die Angehörigen. Die absolute medizinischtherapeutisch-pflegerische
Unterversorgung
dieser
Patienten
nach
der
Akutbehandlung – oftmals fast gar keine Versorgung – zwingt die Angehörigen in eine
Position, der sie auf Dauer weder psychisch, physisch noch finanziell gewachsen
sind. Die Veröffentlichungen und Forderungen unseres Verbandes sowie die Beratung
von Angehörigen und Fachleuten haben aber bereits zum Problembewußtsein
beigetragen und Lösungsansätze initiiert.
Das nächste Ziel auf diesem Weg ist die Sicherstellung der weiterführenden
Rehabilitation, die als Rehabilitation in der Pflege – nun in der Phase F – verwirklicht
werden soll. In jeder Regionalversammlung unseres Verbandes kommt die Diskussion
auf dieses Thema. Obwohl die Angehörigen alles in ihren Kräften stehende für ihre
Kranken tun und tun wollen, ist die Unterstützung durch Einrichtungen und ambulante
Dienste dringend erforderlich. Auch eine Entlastung von der aufopfernden Pflege und
Betreuung kann nur sehr selten aus eigener Kraft organisiert und finanziert werden –
trotz Pflegeversicherungsgesetz. Die Mutter, die ihren Sohn zu Hause seit eineinhalb
Jahren ununterbrochen Tag und Nacht völlig alleine pflegt, kann die Kosten für eine
zeitweise Unterbringung in einer Einrichtung, die notwendigerweise die
Pflegeversicherungsleistungen übersteigen, nicht tragen, geschweige einen eigenen
Erholungsurlaub finanzieren.
Bei einem Tagessatz von 200–350 DM kostet ein Einrichtungsplatz im Monat
6.000–10.000 DM. Selbst für besondere Härtefälle werden nach den Regelungen der
Pflegeversicherung maximal 3.300 DM erstattet, d.h. die Differenz von monatlich
2.500–6.000 DM bleibt der Familie. Aufs Jahr gerechnet haben Familien 30.000–
70.000 DM zu tragen. Die Überschrift dafür ist: „Durch Koma zum Sozialfall“.
Wenn man nicht das „Glück“ hat, Patient der Berufsgenossenschaft zu sein, also die
Berufsgenossenschaft als Kostenträger zuständig ist, oder wenn man nicht über viel
Geld verfügt, dann bleibt nur die Sozialhilfe. Auch für den Fall der Pflegevertretung zu
Hause oder für die Kurzzeitpflege werden nur nicht-auskömmliche Summen von der
Pflegeversicherung erstattet. Die Leistungsgewährung durch die Sozialhilfe für
Familien z.B. mit einem Angehörigen im Krankheitsbild des apallischen Syndroms
(Patient im Wachkoma) kann bedeuten, daß auch das Haus verkauft werden muß.
Das kann doch wohl nicht sein, hier muß sich etwas ändern!
Wer von den Medizinern käme auf die Idee, daß z.B. Dialysepatienten, die Jahre und
Jahrzehnte die Dialyse in Anspruch nehmen und selbstverständlich von der
Krankenkasse alles erstattet bekommen, ohne einen Pfennig dazuzubezahlen,
14
A. Nentwig
einschließlich der Taxifahrten, oder chronisch psychisch kranke Menschen, die alle
Leistungen von der Krankenversicherung erhalten, nicht als kranke Menschen zu
betrachten. Wieso sind Schädel-Hirnpatienten in diesem Sinne nicht krank? Wieso
eigentlich werden Menschen im Wachkoma, im apallischen Durchgangssyndrom, in
die Pflege abgeschoben. Die Krankenkassen haben sich dieser Aufgabe und der
Kosten sozusagen entledigt; die Mediziner müssen dies mehr oder weniger vollziehen.
Wenn nach einigen Monaten in der Frührehabilitation kein Fortschritt erkennbar ist,
dann ist auf dem Entlassungsschein „Pflegefall“ vermerkt, und damit ist der Patient
abgeschoben: fort aus der Verantwortung der Krankenkasse.
Aber wer soll für das gesetzlich verankerte Recht auf Rehabilitation aufkommen? Der
Knackpunkt ist, daß die Pflegekasse nur den reinen pflegerischen Anteil erstattet. Die
Zuständigkeiten für den therapeutischen Behandlungsteil sind derzeit ungeklärt,
obwohl wir wissen, daß Therapieleistungen bei diesem Krankheitsbild unbedingt
erforderlich sind. Bleibt als Kostenträger nur die Familie oder die Sozialhilfe?
In
der
Materialsammlung
zur
Konferenzvorbereitung
(Anlage
zum
Konferenzprogramm) ist sehr klar herausgearbeitet, daß es bei der Versorgung
dieser Patienten zu Sondervereinbarungen kommen muß. Zum einen ist diese
Patientengruppe nicht ohne weiteres mit anderen vergleichbar, und zum anderen
müssen Lösungen gefunden werden, die eine zügige Verbesserung erreichen, obwohl
– so meine Erfahrungen als Politiker – die Finanzsituation in fast allen Bereichen nicht
rosig ist.
Nach unseren Schätzungen gibt es im Bundesgebiet ca. 4.000 bis 6.000 Menschen
pro Jahr, die länger als ein halbes Jahr im Wachkoma liegen. Auf eine Million
Einwohner kommen etwa 50 bis 75 Wachkomapatienten mit über 6 Monate
Komadauer jährlich neu hinzu. Die Lebenserwartung dieser Menschen hat sich,
bedingt durch viele Faktoren, verlängert. Bei Patienten in Wachkoma ist eben nicht
mehr, wie früher – oder wie noch bei meinem Sohn vor acht Jahren – nach ein paar
Monaten oder nach einem Jahr die Uhr im Durchschnitt abgelaufen, sondern diese
Patienten leben immer länger. Dieses muß bei der Bereitstellung von Therapieplätzen
mitberücksichtigt werden.
Zahlenvorgaben sind für die verantwortlichen Behörden – in diesem Fall die
Ländersozialministerien – notwendig; wir bieten die genannten Daten an. Die
jeweiligen Länder sind sozial- und gesundheitspolitisch allein verantwortlich, aber auch
die Bundesbehörden in Zusammenarbeit mit den Kostenträgern, den Medizinern und
verschiedenen anderen Berufsgruppen haben in ihrem Aufgabenfeld die Belange der
Schwersthirnverletzten zu regeln.
Bisher kam es vor, daß schon vorhandene Therapieplätze in manchen Fällen nicht
ausreichend belegt wurden. Daraus ist jedoch nicht abzuleiten, daß der Bedarf nicht
da sei. Die Plätze waren deshalb nicht belegt, weil die Familienangehörigen
schlichtweg nicht in der Lage waren, sie zu bezahlen – und damit schließt sich der
Kreis wieder. Wo sollten die 3.000–6.000 DM im Monat denn herkommen bei einem
15
A. Nentwig
Normalverdiener? Diesen Zusammenhang mußte ich vielfach erläutern gegenüber
einzelnen Sozialministerien, Trägern und auch Häusern, die solche Betten auf
unseren Druck hin speziell ausgewiesen hatten und die jetzt Leerstand beklagen.
Auch folgendes möchte ich als Vertreter der Betroffenen erläutern. Viele Angehörige
möchten trotzdem ihren Sohn oder Mann, ihre Frau oder Tochter zu Hause haben und
nicht in ein Heim „weggeben“. Das ist gut so und zeugt von ihrer Verantwortung und
menschlichen Wärme. Jedoch erlaubt dies den Verantwortlichen nicht, die
Angehörigen und Betroffenen ihrem Schicksal zu überlassen. Anfangs können oder
wollen die Angehörigen die übernommene Aufgabe oft gar nicht beurteilen. Ich habe in
vielen Gesprächen mit Mitgliedern unseres Verbandes erfahren, wie diese Menschen
diese Situation meistern. Sie stehen Tag und Nacht, Wochen und Monate rund um die
Uhr zur Verfügung und tun das Notwendige. Ich erlebe, wie sich teilweise Vater und
Mutter abwechseln müssen, daß einer einmal allein ins Kino gehen kann, um aus
dieser Mühle ab und zu einmal rauszukommen. Ich erlebe, daß sich Nachbarn und
Freunde absondern, weil sie zu dieser Situation keinen Zugang haben oder finden und
ich erlebe, daß diese Familien ganz einsam werden.
Die Angehörigen erleben ihren Patienten im Wachkoma, wie er sie mit offenen Augen
anlacht und anschaut. Für Außenstehende ist und bleibt das sog. Wachkoma ohnehin
ein Gegensatz – wach oder Koma –, und sie können damit nicht umgehen. Es
verunsichert sie, mit offenen Augen angesehen zu werden von einem Menschen, den
andere schon längst als Apalliker bezeichnen.
Ich stehe noch ganz unter dem Eindruck der gestrigen Diskussion beim
Hartmannbund im Bonner Universitätsclub. Bis in die Nacht hinein diskutierten dort
Vertreter der Ärzteschaft, anwesend waren auch niederländische Mediziner, mit dem
Präsidenten des Hartmannbundes zum Thema Euthanasie. Dieses Thema ist derzeit
EG-weit in Bewegung geraten. Man kann den Eindruck haben, daß in der EG ein
Angleichungswahn umgeht, alles muß genormt und angeglichen werden und jetzt geht
es darum, schwerstbehinderte Menschen einheitlich zu behandeln. Die Engländer
können mit der Situation dieser Patienten nicht angemessen umgehen – und die
Holländer schon zwei mal nicht. Die Schweiz wird, obwohl nicht EG-Mitglied, in
besonderer Weise immer irgendwo im Vordergrund und als Vorbild gesehen. Sie hat
eine Richtlinie erlassen, wonach der Mediziner jederzeit in eigener Zuständigkeit und
Verantwortung über das Leben von schwerstbehinderten Menschen entscheiden
kann, indem er die Nahrungszufuhr abschalten kann. Das heißt, der Arzt kann diese
Menschen verhungern lassen! Er muß nicht einmal vorher mit den Angehörigen
reden. Im Originaltext heißt es, er sollte möglichst vorher mit den Angehörigen reden,
bevor er dies tut. Unfaßbar! Ich erwähne nur das Thema Organspende, wo es darauf
ankommt, schnell an viele der wertvollen „Ersatzteile“ zu kommen. Wir müssen sehr
wachsam sein, denn es gibt einen gewissen Trend in der Gesellschaft hin zum Thema
Euthanasie. Man redet bereits offen darüber. Gilt nicht mehr, daß es Aufgabe des
Arztes und der Ärzteschaft ist, das Sterben zu begleiten, sie aber kein Recht haben,
das Sterben ihrer Patienten herbeizuführen oder zu beschleunigen? Müssen wir im
16
A. Nentwig
Hinblick auf Leidenslinderung mehr tun, z.B. mit Schmerzmitteln? Wenn wir vielleicht
manchmal sagen, wir können es nicht mehr aushalten, das Leiden mitanzusehen,
gehen wir dann nicht nur von unserer eigenen Befindlichkeit aus? Ethische Fragen im
Zusammenhang mit der Betreuung und Pflege von schwerstbehinderten Menschen
können nicht ausgespart werden.
Ich stehe noch ganz unter dem Eindruck dieser gestrigen Versammlung, wo viele
Diskussionsteilnehmer nur noch von Apallikern redeten. Was ist denn ein Apalliker?
Ist es noch ein Mensch, oder ist es irgendetwas schon zwischen Leben und Tod? Wir
haben bewußt den Begriff „Patient im Wachkoma“ geprägt. Für uns ist das Wort
„Apalliker“ ein Unwort. Patienten im Wachkoma erleiden ein apallisches
Durchgangssyndrom, und bisher kann auf keine Weise zuverlässig vorausgesagt
werden, wie lange dieser Durchgang anhält und ob sich das Mittelhirn wieder in die
geordnete Verbindung vom Großhirn zum Hirnstamm einkoppelt. Diese Erholungszeit
kann viele Wochen, Monate oder auch Jahre betragen. Deshalb muß Rehabilitation
mit den Therapien unmittelbar nach der Intensivstation (Akutversorgung) einsetzen.
Nach Ablauf dieser oft auch langen Behandlungsperiode muß die Wiedereingliederung
in Schule und Beruf erfolgen. Bei vorerst nicht so positivem Verlauf benötigt der
Patient im Wachkoma aktivierende und zustandserhaltende Pflege, um die
Betroffenen wieder jederzeit zur Weiterführung der Rehabilitation zurückverlegen zu
können.
Das Ziel dieser Tagung muß sein, mit den Verantwortlichen für diese Patientengruppe
Sonderlösungen und Sonderregelungen zu finden. Diese Patientengruppe umfaßt alle
Patienten mit Schädel-Hirntraumen bei ganz verschiedenen Ursachen. Dazu gehört
auch die fast größte und immer größer werdende Gruppe der Patienten mit schwerem
Schlaganfall. Einen Schlaganfall erleiden nicht mehr nur 60- bis 80jährige, sondern
zunehmend auch jüngere Menschen etwa ab 40 Jahren.
Wo viel Licht ist, ist viel Schatten. Mit der Verbesserung der Rettungssysteme, der
notärztlichen Versorgung, dem Einsatz von Rettungshubschraubern, der verbesserten
technischen Ausstattung der Intensivstationen, neuen Erkenntnissen und Methoden in
Neurologie und Neurochirurgie u.a. werden immer mehr Menschenleben gerettet. Die
weitere medizinische, therapeutische Versorgung sowie die Pflege müssen dem
endlich Rechnung tragen.
Diese Zusammenhänge sind jahrelang nicht beachtet worden, die Probleme und damit
die menschlichen Schicksale haben wir vor uns hergeschoben. Jetzt ist es um so
dringender, sich diesem Thema zuwenden. Die Diskussion über die neurologische
Phase F, der letzten Phase für neurologisch schwerstbehinderte Menschen, werden
wir gemeinsam hier ein Stück weit voranbringen.
Obwohl immer noch praktiziert, darf es in keinem Fall akzeptiert werden, daß Patienten
von der Phase A (Akutversorgung) gleich in die Phase F abgeschoben werden. Jeder,
auch ein schwerstbehinderter Patient, hat ein Recht auf Rehabilitation und damit auf
die Chance zur Wiedereingliederung. Auch die Angehörigen müssen sich mit der
17
A. Nentwig
Situation arrangieren und damit weiterleben. Neben dem Schmerz lebt es sich leichter
weiter, wenn man sagen kann: unser Patient hat die Chance der Rehabilitation gehabt.
Die Chance zur Rehabilitation sollten auch sog. Altfälle erhalten. In den
Regionalversammlungen unseres Verbandes erfahre ich leider sehr häufig, daß es
„Altfälle“ gibt, die nicht ansatzweise einer Rehabilitation zugeführt wurden, die
manchmal in ihrem Heimatkrankenhaus noch nicht einmal neurologisch behandelt
wurden – manchmal wurde der Patient ein einziges Mal im Krankenhaus von einem
hinzugezogenen ortsansässigen Neurologen angeschaut. Im Zustand des
Wachkomas wurden Patienten dann gnadenlos ins Altersheim – früher in die
Psychiatrien – oder nach Hause in die Familien abgeschoben. Diese Patienten
müssen wieder miteinbezogen werden und nach dem heutigen Kenntnisstand
behandelt, mindestens aber muß ihr bestehendes Rehabilitationspotential überprüft
werden.
Die Familien, die zu Hause therapieren und pflegen – ich sage bewußt therapieren
und pflegen –, müssen entlastet werden. Ich erlebe oft, daß ganze Familien wegen
der permanenten Überlastung zusammenbrechen, daß Familienmitglieder krank
werden, weitere Kinder sich zurückgesetzt fühlen und Ehen auseinanderbrechen. Wir
müssen uns über ambulante Konzepte unterhalten. Es freut mich, daß Vertreterinnen
und Vertreter der wenigen Modelleinrichtungen hier mit dabei sind. Sie werden aus
ihren Erfahrungen berichten.
Eine Kooperation zwischen den neurologischen Phasen B und F könnte die Therapie
und Pflege in der Phase F befruchten, d.h. die Angliederung von Phase-F-Einrichtungen oder auch ambulanter Dienste an Einrichtungen der Phase B wäre sinnvoll.
In Bayern haben wir gute Beispiele für solche Modelle in einzelnen
Regierungsbezirken. Auch unter Kostengesichtspunkten kann das eine akzeptable
Lösungsmöglichkeit sein.
Vor allem darf die Phase F keine Einbahnstraße sein; dann haben wir auch die
Unterstützung der Angehörigen. Auch aus meiner Sicht befürworte ich die Unterteilung
der Phase F in die Stufen I und II oder auch in mehrere Stufen. Das wird den
unterschiedlichen Krankheitsbildern der F-Patienten am ehesten gerecht, deren
individueller Zustand jedoch ausschlaggebend für den Therapieumfang sein muß –
abzulehnen sind starre Regelungen. So kann Notwendiges getan und Unnötiges
gelassen werden, was auch wiederum die Kostensituation beeinflußt. Ich denke, da
stehen wir den Betroffenen gegenüber auch in der Verantwortung. Es ist heute nicht
mehr die Zeit, wo man alles nur fordern kann, sondern wo wir Kompromisse schließen
müssen. Dazu sind wir bereit.
Auf jeden Fall ist es völlig ohne Sinn, die Menschen zu retten, sie dann auf den
Intensivstationen über die kritischen Stunden und Tage zu bringen, um sie dann, wenn
sie ein paar Monate in der Frührehabilitation verbracht haben, abstürzen zu lassen.
Einem Absturz kommt nämlich die Situation sehr nahe, wenn Angehörige allein, oft
hilflos und ohne Anleitung, das nach ihrem Ermessen Notwendige an Therapie und
18
A. Nentwig
Pflege leisten und organisieren sollen. Hat nach unseren Gesetzen nicht jeder Patient ein Recht auf Rehabilitation?
Bei einer Verbandsversammlung in Nürnberg berichtete eine Mutter, daß ihr nach
Hause verlegtes, schwerstbehindertes Kind auf einmal wieder sprach und auch lesen
konnte. In diesem Fall war die Rückverlegung in die Frühreha sofort möglich. Jedoch
ist dies ein seltener Einzelfall. Was aber passiert mit den Patienten, die diese Hürde
nur mit therapeutischer Hilfe bewältigen können? Wir wissen auch, daß nach einem
Schädel-Hirn-Trauma bessere Chancen zur Wiedererlangung vieler Fähigkeiten
bestehen als für einen Patienten mit einem hypoxischen Schaden. Aber nur die
Maßnahmen in der Rehabilitation werden zeigen, ob und wo das Potential liegt.
Ich kenne Beispiele, wo Patienten selbst nach 15 bis 20 Minuten nachgewiesener
Wiederbelebungszeit wieder voll hergestellt werden konnten. Auch in meinem
Landkreis, für den ich als Abgeordneter zuständig bin, kenne ich zwei Menschen, die
solch einen Zustand in gleicher Weise überwunden haben. Dennoch weiß ich, daß
überwiegend ein Wiederbelebungszeitraum von mehr als 5 Minuten zu einem Zustand
führt, in dem oft keine wesentlichen Verbesserungen mehr zu erwarten sind.
Wir, die Verantwortlichen aus Medizin, Pflege, Therapie, von Kostenträgern,
Verwaltungen und aus der Politik, stehen hier in der Pflicht, den notwendigen Rahmen
für eine individuelle Rehabilitation von schwersthirnverletzten Menschen zu schaffen.
Nutzen wir dazu diese Klausurkonferenz „Empfehlungen zur Rehabilitation und Pflege
von Menschen mit schwersten neurologischen Schädigungen – Standards der
Langzeitbehandlung in Phase F“!
Unser Selbsthilfeverband Schädel-Hirnpatienten in Not e.V. hat die Initiative ergriffen
und nach der Diskussion des Themas „Reha in der Pflege/Reha vor Pflege“ auf der
Arbeitstagung der Deutschen Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter in
Bad Boll im September 1996 auf eine Verbesserung der Versorgungssituation
gedrängt. Ich freue mich, daß unser Vorhaben so schnell Gestalt angenommen hat.
Es war nicht schwierig, die Deutsche Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter
e.V. – als interdisziplinär arbeitenden Fachverband – mit Dr. Wolfgang Blumenthal und
Herrn Rolf Wiechers vom Kuratorium ZNS mit ins Boot zu nehmen. Auch die BAR mit
Herrn Bernd Steinke und Frau Bärbel Busch vom Forum Häusliche Pflege, die im
ambulanten häuslichen Pflegebereich praktisch tätig ist, waren sofort zur Mitarbeit
bereit, da auch ihnen dieses Thema auf den Nägeln brennt.
Danken möchte ich dem Planungskomitee für die gute Vorbereitung. Als Diskussionsgrundlage liegt uns hier eine Materialsammlung vor, die wesentliche Inhalte von
Veröffentlichungen, Konzepten und internen Schriften zur Versorgung von SchädelHirnverletzten zusammenstellt. In vielen Verbänden, so auch bei Schädel-Hirnpatienten in Not, zuletzt auf einer Veranstaltung in der Kinderklinik Königsborn, und in
vielen Institutionen und Einrichtungen wurde wertvolle Vorarbeit geleistet. Dafür
bedanke ich mich.
19
A. Nentwig
Besonderer Dank gilt Dr. Martin Willkomm und Dr. Volker Hömberg, die die schwierige
Aufgabe der Leitung der Arbeitsgruppen übernommen haben. Die Diskussion in den
zwei Arbeitsgruppen soll die unterschiedliche Bedarfs- und Versorgungssituation der
Patienten bei unterschiedlichen Fähigkeitsstörungen klären – zum einen für Patienten,
die sich noch im Zustand des apallischen Durchgangssyndroms oder kurz danach
befinden, zum anderen für Patienten, die mobil und kooperationsfähig, aber trotzdem
wegen der schweren neurologischen Störungen auf Unterstützung und Pflege in fast
allen Lebensbereichen auf Dauer angewiesen sind.
Ich möchte Ihnen allen – jedem einzelnen ganz persönlich – danken für das, was Sie in
diesem Bereich tun und weiterhin tun wollen zum Wohle der betroffenen Menschen,
die mit Hoffnung auf uns schauen.
Armin Nentwig, MdL
1. Vorsitzender des Bundesverbandes Schädel-Hirnpatienten in Not e.V., Amberg
20
B. Steinke
Die Phaseneinteilung in der neurologischen Rehabilitation
– auf welche Grundüberlegungen nimmt sie Bezug, auf welche
(Rechts-)Wirkungen zielt sie ab?
B. Steinke
Zunächst möchte ich das Problem benennen! Sie alle wissen: Wenn wegen fehlender
oder unvollständiger Angebote rehabilitative Bemühungen zu spät einsetzen,
verschlechtern sich häufig Rehachancen, und der Rehabilitationsprozeß verzögert
sich insgesamt. Die Folgen der Nichtbeachtung dieses Grundsatzes können wir nicht
nur in der Rehabilitation im allgemeinen, sondern dezidiert in der neurologischen
Rehabilitation beschreiben:
Die neurologische Rehabilitationskette weist dann in der Praxis in verschiedenen
Behandlungsabschnitten qualitative, aber auch quantitative Versorgungslücken auf.
So fehlen nicht nur Einrichtungen der zustandserhaltenden Dauerpflege für
schwerstgeschädigte Patienten, Defizite bestehen auch im Bereich der
Frührehabilitation, und insbesondere weist die ambulante und teilstationäre
Versorgung Lücken auf.
Was ist also zu fordern aus dieser Analyse?
Wir
brauchen
ein
optimal
aufeinander
abgestimmtes
neurologisches
Rehabilitationssystem,
das
Chancen
ermöglicht,
auch
schwerund
schwerstgeschädigte Patienten zu reaktivieren, zunächst dauerhaft erscheinende
Funktionsbeeinträchtigungen ganz oder teilweise zu überwinden, und das hierdurch
die Voraussetzung schafft für eine mögliche Wiedereingliederung der Patienten in
Familie, Schule, Beruf und Gesellschaft.
Um eine solche funktionierende, nahtlos aufeinander abgestimmte neurologische
Behandlungskette mit allen Rehabilitationsangeboten zu installieren, ist daher die
Formulierung von differenzierten Konzepten und Anforderungsprofilen für die gesamte
stationäre, teilstationäre und ambulante neurologische Rehabilitation erforderlich.
Diese Gesamtschau der Maßnahmen, Leistungen, Zuständigkeiten liegt teilweise
heute schon vor. Sowohl die Unfallversicherungsträger, die Rentenversicherung und
die BAR haben inhaltlich vergleichbare Rahmenbedingungen definiert.
Da die Phase F in dieses übergreifende Phasenkonzept eingebettet ist, möchte ich
die Phaseneinteilung kurz erläutern. Die Phasen im einzelnen enthält die Tabelle 1.
21
B. Steinke
Behandlungs-/Rehabilitationsphasen:
A
Akutbehandlung; ggf. intensivmedizinische Behandlung
B
Patient ist schwer bewußtseinsgestört; kurativ-medizinische
Diagnostik und Behandlung; rehabilitative Einzelförderung
C
Patient ist kooperativ; kann in der Therapie mitarbeiten, muß
aber noch kurativ-medizinisch und mit hohem pflegerischem
Aufwand betreut werden; umfassende rehabilitative Therapie
D
Patient ist frühmobilisiert; medizinische Rehabilitation im
bisherigen Sinne
E
Nachgehende Rehabilitationsleistungen und berufliche
Rehabilitation
F
Unterstützende, betreuende und/oder zustandserhaltende
Maßnahmen
Tabelle 1: Phaseneinteilung in der neurologischen Rehabilitation (VDR)
Auf die Phase A, die Akutbehandlung, in der ganz überwiegend eine
intensivmedizinische Behandlung notwendig ist, möchte ich hier nicht näher eingehen.
Die Phasen B und C wurden inzwischen auf BAR-Ebene trägereinheitlich durch die
Spitzenverbände der Kranken-, Renten- und Unfallversicherung definiert und als
„Empfehlungen zur neurologischen Rehabilitation von Patienten mit schweren und
schwersten Hirnschädigungen in den Phasen B und C" veröffentlicht.
Die Phase B stellt demnach die frührehabilitative Phase dar, in der oft eine schwere
Bewußtseinsstörung des Patienten (apallisches Syndrom) vorliegt und daher noch
intensivmedizinische Behandlungsmöglichkeiten vorgehalten werden müssen. Durch
umfangreiche rehabilitative Maßnahmen – in der Regel Einzeltherapie – soll eine
Besserung des Bewußtseinszustandes, die Herstellung der Kommunikations- und
Kooperationsfähigkeit des Patienten erreicht werden. Phase B ist als
Krankenhausbehandlung gemäß § 39 SGB V bzw. nach § 559 RVO einzuordnen.
Bei Eintritt in die Phase C kann der Patient bereits in der Therapie mitarbeiten, muß
aber noch kurativmedizinisch und mit einem hohen pflegerischen Aufwand betreut
werden. Durch umfangreiche rehabilitative Maßnahmen soll der kommunikations- und
interaktionsfähige sowie teilmobilisierte Patient eine möglichst hohe Selbständigkeit
bei den Aktivitäten des täglichen Lebens erreichen, zudem sollen grundlegende
Funktionen des Nervensystems wieder hergestellt werden. Phase C ist
leistungsrechtlich nach § 40 Abs. 2 SGB V, § 15 SGB VI bzw. § 559 RVO
einzuordnen.
22
B. Steinke
Die Phase D tritt nach Abschluß der Frühmobilisierung ein und stellt die medizinische
Rehabilitation im bisherigen Sinne dar. Hier ist die Rentenversicherung der zuständige
Leistungsträger bzw. die Unfall- oder Krankenversicherung, wenn besondere
versicherungsrechtliche Voraussetzungen gegeben sind.
Phase E beinhaltet nach Abschluß einer intensiven Rehabilitation die nachgehenden
Rehabilitationsleistungen und die berufliche Rehabilitation. Hier geht es insbesondere
bei den Behandlungs- und Rehabilitationszielen um die Sicherung des medizinischen
Rehabilitationserfolgs bzw. Vorbeugung, Beseitigung oder Besserung einer
(drohenden) Behinderung bzw. Verhütung von deren Verschlimmerung sowie
Vermeidung oder Minderung von Pflegebedürftigkeit und um die berufliche
Wiedereingliederung (auf dem ersten oder zweiten Arbeitsmarkt) sowie die soziale
und häusliche Wiedereingliederung.
Phase F
Trotz aller medizinischen und rehabilitativen Bemühungen in der Akutbehandlung und
in den nachfolgenden Behandlungsphasen bleiben bei einer Reihe von neurologischen
Patienten schwerste Schädigungen bestehen, die vom apallischen Syndrom bis zu
verschiedenen Graden von Fähigkeitsstörungen – oft mit Mehrfachbehinderungen –
reichen. Bei diesen Phase-F-Patienten, die nicht mehr selbständig leben können, sind
neben einer langfristigen, oft sogar dauerhaften zustandserhaltenden Pflege
Maßnahmen zur Rehabilitation notwendig, mit dem Ziel der Prophylaxe von
sekundären Schädigungen sowie der Erhaltung oder der Verbesserung des erreichten
Gesundheitszustandes.
Das Flußdiagramm in Abbildung 1 zeigt, daß die Phase F – außer von der
Akutbehandlung – von allen Phasen direkt angesteuert werden kann. Auch eine
Rückverlegung von der Phase F in alle anderen Phasen muß jederzeit gegeben sein.
Wenn Sie so wollen, steht die Phase F insofern „quer" zum übrigen System der
Phasenabfolge, als sie – nach Abschluß einer angemessenen Behandlungs- und
Beobachtungszeit in der postakuten Rehabilitation – unter bestimmten Bedingungen
aus allen Phasen der neurologischen Rehabilitation „angesteuert" werden kann.
Sie alle kennen die vielen Probleme, die in der Versorgung dieser
schwerstgeschädigten Patienten der Phase F bestehen; ich möchte daher nur einige
Schwierigkeiten beispielhaft aufführen:
1. Ein großes Defizit besteht in der Versorgung mit Einrichtungsplätzen
der zustandserhaltenden Dauerpflege; dies führt oft
− zu einer hohen Verweildauer von Phase-F-Patienten im Akutbereich
und in den Phasen B und C sowie
− zu einer Verlegung schwerstgeschädigter Patienten in unzureichend
ausgestattete Alten- und Pflegeheime.
23
B. Steinke
Kopie ggf. anfordern
Abbildung 1: Flußdiagramm „Behandlungs- und Reha-Phasen
in der Neurologie“ (VDR)
2. Der mangelnde Ausbau der ambulanten und teilstationären neurologischen
Rehabilitation führt zu einer
− Verlegung der Patienten in eine häusliche Versorgung ohne ausreichende
Unterstützung der Angehörigen durch Sozial- und Pflegedienste.
3. Die finanzielle Situation der Versorgung dieser schwerstgeschädigten
Patienten ist vielfach ungeklärt.
Häufig erhalten Patienten aus den genannten Gründen keine Chance auf eine
qualifizierte Behandlung und Rehabilitation. Dies ist eine unhaltbare Situation.
24
B. Steinke
Wir alle sollten diese Konferenz dazu nutzen, um eine einheitliche Definition der
Patientengruppen sowie der Behandlungsziele und -inhalte für die Phase F zu
erarbeiten. Denn dies ist die Voraussetzung, um die dringend benötigten stationären
Einrichtungen und ambulanten Dienste qualitätsgerecht und bedarfsdeckend aufbauen
zu können.
Als Diskussionsbeitrag für diese Konferenz liegt Ihnen daher ein auf BAR-Ebene
erarbeiteter Entwurf vor: die „Empfehlungen für die langfristige und dauerhafte
Behandlung von Patienten mit schweren und schwersten neurologischen Ausfällen in
der Phase F".
Aufgrund des differenzierten Personenkreises haben wir darin die Phase F in eine
Phase F I und eine Phase F II unterteilt (Tabelle 2).
Phase F I
− noch vorhandenes, derzeit latentes Rehabilitationspotential
− aktivierende Pflege und rehabilitative Maßnahmen
Ziel:
Förderung des Funktionszustandes und des Mobilisierungsgrades
zur Fortentwicklung des individuellen Rehabilitationspotentials
− Phase zeitlich begrenzt
Phase F II
− bleibende Fähigkeitsstörungen und Mehrfachbehinderungen, daher: geringes
Rehabilitationspotential
− zustandserhaltende Pflege mit rehabilitativen Anteilen
Ziel:
Sicherung und Erhaltun g des erreichten Funktionszustandes
und Mobilisierungsgrades, Erkennen wiederentstehenden
Rehabilitationspotentials
− Phase zeitlich unbegrenzt
Tabelle 2: Differenzierung der Phase F in die Phasen F I und F II
In der Phase F I kann bei den Patienten von einem noch vorhandenen, derzeit
latenten Rehabilitationspotential ausgegangen werden. Die aktivierende Pflege sowie
die rehabilitativen Maßnahmen haben vor allem das Ziel, durch die Förderung des
Funktionszustandes und des Mobilisierungsgrades die Fortentwicklung des
individuellen Rehabilitationspotentials zu erreichen. Diese Phase F I ist zeitlich
begrenzt. Diese zeitliche Begrenzung werden wir hier diskutieren müssen; wir sind in
unserem Entwurf von längstens 2 Jahren ausgegangen.
Bei der Zuordnung der Patienten zur Phase F II kann aufgrund schwerer bleibender
Fähigkeitsstörungen und Mehrfachbehinderung von einem geringeren Rehabilitationspotential ausgegangen werden. Die zeitlich unbegrenzte zustandserhaltende
Pflege steht im Vordergrund der Behandlung und dient hauptsächlich der Sicherung
und Erhaltung des erreichten Funktionszustandes und Mobilisierungsgrades.
25
B. Steinke
Verbesserungen des individuellen Rehabilitationspotentials sind auch in dieser Phase
nicht ausgeschlossen und erfordern daher entsprechende rehabilitative Maßnahmen,
die zum Teil im Rahmen der zustandserhaltenden Dauerpflege durchgeführt werden
können.
Viele Bundesländer sind bereit, Einrichtungen der Phase F als notwendiges Glied
einer neurologischen Rehabilitationskette zu fördern, und warten nur auf eine
einheitliche Definition dieser Behandlungsphase.
Diese Festlegung sollten wir hier weiter vorantreiben, damit auf dieser Grundlage
möglichst bald eine bedarfsgerechte Versorgungsstruktur geschaffen werden kann.
Wir in der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation wollen die Ergebnisse dieser
Konferenz in unseren Gremien beraten und hoffentlich zeitnah als trägereinheitliche
Empfehlungen für die Phase F – entsprechend den Empfehlungen für die Phasen B
und C – veröffentlichen.
Meine Damen und Herren, ich wünsche uns allen eine erfolgreiche Klausurkonferenz
mit umsetzbaren Ergebnissen.
Bernd Steinke
Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, Frankfurt/M.
26
W. Blume n t h a l
Die Phase F als eigenständiger Abschnitt des
Rehabilitationsprozesses – Aufgaben der (Be-)Handelnden auf
dem Weg zum Konsens
W. Blumenthal
Wir wollen heute und morgen einen Konsens über einen Abschnitt des Rehabilitationsprozesses finden, der gerne als Restgröße außerhalb der inhaltlich und zeitlich
abgegrenzten, medizinisch oder beruflich geprägten eigentlichen Rehabilitation
angesehen wird. Wir müssen uns aber von dieser Sicht oder gar der Einengung auf
„zustandserhaltende Pflege" ebenso freimachen wie von der Versuchung, alle bisher
nicht
definierten
Inhalte
hineinzupacken,
z.B.
die
nachgehenden
Rehabilitationsleistungen und Aspekte der beruflichen Rehabilitation.
Wesentliche Umrisse und Inhalte der Phase F ergeben sich bereits beim
aufmerksamen Lesen des Entwurfes der Bundesarbeitsgemeinschaft für
Rehabilitation (BAR) vom 9.5.1996 und der ausführlichen Arbeitsunterlagen zur
Konferenz.
In Anlehnung an die BAR-Empfehlungen zu den Phasen B und C kann man die
möglichen Ursachen einer sehr schweren neurologischen – besser: neurologischpsychiatrischen – Funktionsstörung auch für die Phase F auflisten; dann stehen die
Schlaganfälle bekanntlich nach der Zahl bei weitem an der Spitze.
These 1
Rehabilitation und Pflege der Phase F betrifft Menschen mit langdauernden oder
bleibenden
schwersten
neurologischen
Schädigungen
durch
zerebrale
Durchblutungsstörungen
(„Schlaganfälle"),
Schädelhirntrauma,
Hirnblutung,
Sauerstoffmangel (außer: perinatal), Entzündungen, Tumore, Vergiftungen des
Gehirns, sonstige schwerste neurologische Störungen (Locked-in-Syndrom, GuillainBarré-Syndrom, amyotrophische Lateralsklerose, multiple Sklerose, hohe HalsmarkQuerschnittlähmung).
In der neurologischen, erst recht in der geriatrischen Rehabilitation erhalten viele
Schlaganfallpatienten ihr Recht auf Rehabilitation und aktivierende Pflege noch viel
unzureichender eingelöst als die traumatisch Hirngeschädigten. Wir werden daher die
Bedürfnisse der Menschen mit Hirngefäßprozessen und anderen schweren
Hirnschäden in der Phase F, aber auch die zustandserhaltende Betreuung von Menschen mit anderen schwersten, zum Teil rasch zum Tode führenden neurologischen
Störungen sorgfältig berücksichtigen müssen.
Nicht nur die Zielgruppen, auch die notwendigen Hilfen sind sehr heterogen. Anders
als in den Phasen B und C handelt es sich also nicht um einen relativ homogenen und
27
W. Blume n t h a l
normierbaren Prozeß. So spielen z.B. neben dem Krankheitsverlauf und dem
unterschiedlichen Rehabilitationspotential die individuellen sozialen Bedingungen eine
viel stärkere Rolle. Daher ist eine Differenzierung der Strukturen und Leistungen
erforderlich, um bei beschränkten Ressourcen Fehlallokationen zu vermeiden.
Der gesamte Rehabilitationsprozeß ist nach den gesetzlichen Grundlagen genauso
wie aus der Sicht des Betroffenen und seiner Umgebung individuell und dabei
einheitlich, einschließlich der Phase F. Das widerspricht den Leistungsbedingungen
und Abgrenzungsforderungen, kurz: dem Denken in „Maßnahmen“ der meisten
Leistungsträger. Hinzu kommen die auch aus den vorliegenden Texten erkennbaren
Diskrepanzen zwischen den subjektiv wünschenswerten und den notwendigen
Leistungen.
Unser Konsens sollte aber nicht das Wünschenswerte, auch nicht das hier und da
unter günstigeren Bedingungen Verwirklichte, sondern das allerorts und regelhaft
Notwendige zugrunde legen.
Wir können hier nicht die laufende sozialpolitische Diskussion aufgreifen oder gar die
Debatte über die Beendigung der lebenserhaltenden Basisversorgung beim
chronisch-apallischen Syndrom. Machen wir uns aber nichts vor: schon die Frage der
gesicherten Notfall-Reanimation, der fortgesetzten Antibiose oder des Monitorings
und andererseits die aufwendige lebenslange Stimulation und therapeutische Förderung ohne vernünftige Besserungsperspektive werden uns in solche Grenzbereiche
führen – Fragen, die z.B. für die personelle und apparative Ausstattung einer
Phase-F-Einrichtung oder die zulässige Entfernung vom Aufenthaltsort zur Klinik
relevant werden.
Ich möchte im folgenden einige Gesichtspunkte zur Aufgabenstellung der Konferenz
und zu den sogenannten Schnittstellen herausstellen. Zunächst: um welche
Behinderten geht es überhaupt? Doch nicht nur um die relativ kleine, wenn auch
besonders schwer betroffene Gruppe der Patienten im chronischen apallischen
Syndrom*
These 2
Medizinische Befunde und Verlaufsregeln als eine Grundlage des individuellen
Rehabilitationspotentials und die sorgfältige Verlaufsbeobachtung bestimmen auch
in Phase F Art, Umfang und Dauer der therapeutisch-rehabilitativen Maßnahmen.
* Dieser Ausdruck wurde 1940 von Ernst Kretschmer in den deutschen
Sprachgebrauch eingeführt und beschreibt, daß kognitive Prozesse als Funktion der
Großhirnrinde nicht zu erkennen oder nachzuweisen sind; der Begriff „Wachkoma“,
analog dem Coma vigile im Lateinischen, ist – wörtlich übersetzt – nicht präziser
oder weniger diskriminierend als „wacher Tiefschlaf“ in sich widersprüchlich.
28
W. Blume n t h a l
Bei der Ermittlung des für jeden einzelnen betroffenen Menschen gültigen
Rehabilitationspotentials stehen die ärztliche Diagnose und Prognose nach dem
gültigen Stand der Wissenschaft und die sorgfältige Beobachtung des individuellen
Verlaufs gleichrangig nebeneinander. Dabei geben die Krankheitsprognose und die
anerkannten Regeln über die Wiederkehr und Nutzung von körperlichen und geistigseelischen Funktionen sehr wohl die Möglichkeit, einen allgemeinen Handlungs- und
Zeitrahmen zu entwickeln – aber auch nicht mehr!
Im Einzelfall bleibt die nachgewiesene funktionelle Entwicklung entscheidend. Eine
einheitliche und differenzierte Einschätzung zumindest auf dem Niveau der aus der
Frührehabilitation bekannten „Activities of Daily Living“(ADL)-Skalen mit einer
Aussage zu der jeweiligen Teilprognose ist unabdingbar. Barthel-Index und
Funktionaler Selbständigkeitsindex (FIM) sind zu grob gestaffelt, um die oft langsamen
und geringen Funktionsänderungen in der Phase F zu erfassen; für schwerste
Hirnfunktionsstörungen kann vermutlich die Koma-Remissions-Skala weiter verwendet
werden. Derartige Basisinstrumente sollten rasch vereinbart werden.
These 3
Die Phase F als eigenständiger Abschnitt des Rehabilitationsprozesses ist
vorrangig pflegerisch-betreuend und/oder pädagogisch-unterstützend ausgerichtet,
aber nicht mehr wesentlich medizinisch-therapeutisch.
Die Phase F als eigenständiger Abschnitt des Rehabilitationsprozesses unterscheidet
sich nach der Patientencharakteristik und nach den Inhalten sowohl von den stark
medizinisch-therapeutisch bestimmten Phasen A bis D wie von der beruflich-sozial
geprägten Phase E. Je nachdem, wie stark körperlich-sensorische Störungen oder
solche des Verhaltens und der kognitiven Fähigkeiten die soziale Integration
erschweren, liegt in Phase F der Akzent mehr auf rehabilitativer Pflege oder auf
einer im weiten Sinne pädagogischen Förderung und Stützung.
Die in manchen Modellen für Einrichtungen der Phase F vorgesehene ärztliche
Leitung, ja schon die ärztliche 24-Stunden-Bereitschaft und ein auf Dauer angelegter
Arztschlüssel von 1:16 (bei täglich 0,5 Stunden je Patient) wie auch eine fortgesetzte
umfangreiche medizinisch-therapeutische Förderung gehören nicht in ein Konzept der
Phase F. Nähern sich nämlich Personal- und Leistungsstrukturen den anderen
Phasen der neurologischen (Früh-)Rehabilitation, so kann zwar der Übergang von
dort oder dorthin zurück erleichtert und für Intervallbehandlungen besser genutzt
werden; andererseits ist dann ein erheblicher Druck der Leistungsträger absehbar,
jene an sich noch angebrachten Maßnahmen abzukürzen oder gar zu umgehen. Nach
Zielsetzung und Konzeption dürfen Einrichtungen und Verfahren der Phase F aber
grundsätzlich nicht als Surrogat für andere Phasen dienen.
These 4
Rehabilitation und Pflege der Phase F ist grundsätzlich nur zulässig, wenn eine
qualitativ und quantitativ ausreichende Rehabilitation in den anderen Phasen,
besonders den Phasen B und/oder C vorausgegangen ist.
29
W. Blume n t h a l
Kriterien der Phasen B und C sind in den BAR-Empfehlungen vom 2. November 1995
bereits enthalten. Analog zu den dort aufgelisteten Eingangs- und Endkriterien müssen
wir Abgrenzungen für die Phase F entwickeln, nicht nur qualitativ, sondern auch
quantitativ. Die Phasen D und E sind noch nicht in gleicher Weise wie die Phasen B
und C definiert – das wird hoffentlich bald im Rahmen weiterer Konsensfindung
nachgeholt. Für die Phase F lassen sich dennoch aus den vorliegenden Definitionen
und den allgemeinen Verlaufsregeln von Hirnschädigungen und anderen schweren
neurologischen Erkrankungen einige vorläufige Eingangs- und Überleitungskriterien,
sogenannte Schnittstellen, zu den anderen Phasen aufstellen (Tabellen 1–3).
Schnittstelle B/C → F
− unabhängig vom Lebensalter
− nach B/C
− erreichtes Funktionsniveau entspricht auf absehbare Zeit nicht/noch nicht
den Eingangskriterien der Phasen D/E
− Grundpflege und psychosoziale Betreuung überwiegen
− Behandlungspflege, lebenserhaltende Therapien und ärztliche Behandlung
im üblichen Umfang eines Krankenhauses sind nicht mehr erforderlich
Schnittstelle F → B/C
− (falls noch zuvor A → F: baldmöglichst Reha-Versuch B/C)
− wesentliche Besserung des Funktionsniveaus über mindestens 3 Monate
(Verlaufsdokumentation)
− medizinische Prognose auf absehbare Zeit günstig
zurück in Phase B:
− Funktionsniveau entspricht teilweise den Behandlungszielen der Phase B
(Besserung der Bewußtseinslage, zeitweise Kooperations/Kommunikationsfähigkeit, Mobilität und zweckgerichtetes Hantieren haben
begonnen)
zurück in Phase C:
− wenn zuvor B → F: Eingangskriterien Phase C liegen vor
− wenn zuvor C → F: Funktionsniveau entspricht teilweise den
Behandlungszielen
der Phase C (Teilselbständigkeit im Alltagsleben,
Denken und
Handeln)
Tabelle 1: Eingangs- und Überleitungskriterien Phase F von/zu Phasen B/C
30
W. Blume n t h a l
Schnittstelle D → F, E → F
1. Nach Hirnschädigung ohne progredienten (neurologischen) Krankheitsprozeß:
− Funktionsniveau* über mindestens 3 Monate laut Dokumentation nicht mehr
wesentlich gebessert
− nach medizinischer (und psychologischer) Prognose auf absehbare Zeit
keine
wesentliche Änderung zu erwarten
− Verhalten und Fähigkeiten des Betroffenen erfordern nicht nur
vorübergehend und in
erheblichem Umfang weitere (apparative und) personelle Hilfen zur
Erhaltung des
Funktionsniveaus
2. Bei Schädigung durch progredienten Krankheitsprozeß:
− in der Regel sogleich in F II
Schnittstelle F → D, F → E
− Funktionsniveau* hat sich über mindestens 3 Monate wesentlich gebessert
und
− nach medizinischer (und psychologischer) Prognose ist langfristige
Besserung
möglich
______________
* Hier:
altersgemäße Selbständigkeit im Alltag, soziales Verhalten,
Kommunikationssicherheit, Belastbarkeit und Lernfähigkeit in Schule, Ausbildung und
Beruf
Tabelle 2: Eingangs- und Überleitungskriterien Phase F von/zu Phasen D/E
Schnittstelle F I → F II
1. Nach (akuter) Hirnschädigung ohne progredienten (neurologischen)
Krankheitsprozeß:
− Funktionsniveau* im Verlauf der Phase F bis Ende des 3. (bei
Erwachsenen) bis 6. Jahres (bei Kindern und Jugendlichen) nach der
Schädigung nicht mehr wesentlich gebessert
2. Nach sonstigen Hirnschädigungen und bei neurologischen Systemerkrankungen:
− Zeitpunkt: Einzelfallentscheidung je nach medizinischer Prognose und
Entwicklung
des Funktionsniveaus
− in der Regel aus Phasen B–E sogleich in F II
Schnittstelle F II → F I
− Funktionsniveau* über mindestens 3 Monate wesentlich gebessert und
− medizinische Prognose auf absehbare Zeit günstig
31
W. Blume n t h a l
___________
* Hier: körperliche, geistige und kommunikativ-soziale Fähigkeiten, die von
Betroffenen
aus eigenem Antrieb mit oder ohne apparative und personelle Hilfen
regelmäßig
ausgeübt werden
Tabelle 3: Überleitungskriterien innerhalb der Phase F
These 5
Zielsetzung, Inhalt und Dauer der Rehabilitation und Pflege sind auch in Phase F
individuell verschieden, die Dauer ist grundsätzlich nicht begrenzt.
Je nach individuellem Rehapotential kann man untergliedern in
• Teilphase F I
• Teilphase F II
− zeitlich begrenzt
− umfassende auf Funktionsgewinn gerichtete Rehabilitationspflege
− erheblicher, meist multidisziplinärer Therapieanteil bei noch
offener Option auf (erneute) Rehabilitation in Phase B–D/E
und
− (anschließend) lebenslang
− sorgfältige, auf Zustandserhalt gerichtete Rehabilitationspflege
− geringerer Therapieanteil mit dem Ziel, Funktionsverlust
zu vermeiden
Menschen mit nicht oder wenig progredienten neurologischen Krankheiten bleibt am
Ende der Rehabilitationsphasen A–D/E in der Regel und über einige Zeit in der
Phase F noch die Aussicht auf eine weitere Stabilisierung und auf kleinere
Verbesserungen des erreichten Leistungsbildes.
Auch wenn mit Recht immer wieder darauf hingewiesen wird, daß wesentliche
Besserungen in bestimmten Fällen noch nach viel längerer Zeit und bei einer
optimalen Förderung nachweisbar sind, dürfen wir diese kasuistischen
Beobachtungen nicht als Richtschnur für die geregelte Versorgung aller Betroffenen
nehmen. In den meisten Fällen haben sie nur ein zeitlich und inhaltlich begrenztes
Potential zur wesentlichen Verbesserung ihrer Fähigkeiten, die auch bei unbegrenzt
fortgesetzter qualifizierter Förderung nur zum Teil und inkonstant anhält, solange
nämlich ständige Anregung und Förderung von außen erfolgt.
Es scheint deshalb aus rehabilitationsmedizinischer Sicht gerechtfertigt, ja notwendig,
innerhalb der Phase F eine erste, noch deutlich auf eine mögliche Besserung
ausgerichtete Strecke abzutrennen von dem unbegrenzten Anspruch auf ein
menschenwürdiges Dasein durch zustandserhaltende Pflege, Betreuung und funktionserhaltende Behandlung einschließlich der intermittierenden stationären oder
teilstationären Entlastung für die pflegende Familie.
32
W. Blume n t h a l
These 6
Die Mehrzahl der Menschen mit Bedarf an Rehabilitation der Phase F lebt nicht in
Einrichtungen und wird überwiegend nicht von Fachleuten betreut; nur wenige
Behinderungsformen und -grade schließen eine ambulante (oder teilstationäre)
Phase F aus.
Die Konzeption der Phase F sollte daher von den Erfordernissen und Lösungen
ambulanter Verfahren ausgehen.
Der Anteil der in der Familie oder gelegentlich in anderen Gemeinschaften wie
betreuten Wohngemeinschaften lebenden neurologisch schwerstbehinderten
Menschen ist abhängig von Lebensalter, sozialer Umgebung, Schweregrad der
Behinderung und nicht zuletzt von der Finanzierung der benötigen Hilfen. So leben die
meisten Kinder und Jugendlichen außerhalb von Einrichtungen und benötigen
vorrangig ambulante Hilfen. Die Prävalenz Schwerstbehinderter steigt mit den
Alterskohorten steil an, entsprechend groß ist der Anteil Älterer in der stationären
Pflege.
Als Ergebnis haben stationäre Einrichtungen der Phase F für Kinder ein großes
Einzugsgebiet und entsprechen selten dem Prinzip der ortsnahen Versorgung.
Andererseits gibt es viele örtliche oder regionale Alterspflegeeinrichtungen, die leider
noch weit ab von den Erfordernissen einer angemessenen Rehabilitation und
zustandserhaltenden Pflege arbeiten. Um so bedauerlicher erscheint es, daß auch
konzeptionell gute Einrichtungen der Phase F sich offenbar vertraglich verpflichtet
haben (oder gezwungen waren?), Patienten nur bis zum 55. Lebensjahr und
keinesfalls solche aus Altenpflegeeinrichtungen aufzunehmen.
Die Mehrzahl der Menschen in der Phase F lebt in ambulanter Betreuung; in dieser
Phase kann und soll ambulante Rehabilitation durchaus nicht (nur) im Anschluß
an eine stationäre Rehabilitation erfolgen; daher bieten sich ambulante Standards der
Pflege, Betreuung und therapeutischen Behandlung als Grundlage auch für die
stationäre Phase F an.
Hierzu drei Anmerkungen:
Spezialisiertes und erfahrenes Fachpersonal ist in der gesamten Phase F auf absehbare Zeit rar. Nun
hat man bei der Frühförderung behindert geborener Kinder seit Jahrzehnten erfolgreich die
Rehabilitation in eine ambulante Überwachung und Anleitung durch qualifizierte Ärzte und Fachpersonal
mit relativ geringer Zahl von Fachbehandlungen einerseits und die tägliche aufwendige Behandlung
und Förderung innerhalb der Familie durch angeleitete Angehörige andererseits aufgeteilt. Weiter
werden in der neurologischen Frührehabilitation engagierte Angehörige, also Laien, zunehmend häufig
für die Aufgaben als Bezugsperson und angelernte Therapeuten geschult. Das entspricht durchaus
dem Selbstverständnis und den Interessen vieler Angehöriger und ihrer Interessenvertretungen. Daher
sind Planungsstandards nicht plausibel, die auch für Einrichtungen der Phase F ausschließlich
hochqualifizierte Fachkräfte mit möglichst umfassender Zusatzqualifikation vorsehen. Denn das
schlägt, wenn wir keine Zwei-Klassen-Rehabilitation wollen, natürlich auf die Anforderungen und
33
W. Blume n t h a l
Kostenstrukturen der ambulanten Phase F durch. Derartige Standards sind offenbar aus der Sicht
klinisch tätiger Ärzte entwickelt; sie entsprechen, soweit ich sehe, nicht den Erfahrungen der meisten
modellhaften Dienste und Einrichtungen hierzulande und keineswegs den Vorstellungen in anderen
entwickelten Sozialsystemen.
These 7
Einrichtungen der Phase F sollten rechtlich und konzeptionell in der Lage sein, die
örtliche/regionale ambulante und teilstationäre Versorgung zu unterstützen.
Andererseits sind die Möglichkeiten und Erfolge der umfassenden rehabilitativen Pflege und
Betreuung auch bei Fachkräften noch keineswegs Allgemeingut. Geeignete Einrichtungen der Phase F
sollten deshalb vertraglich bestimmte Auflagen, aber auch die Mittel zur fachlichen Beratung und zur
ambulanten und teilstationären Hilfestellung in ihrem Umfeld erhalten.
Darüber hinaus scheint mir wichtig, daß alle Fachdienste und nicht nur die Pflege auf den „allgemein
anerkannten Stand" der medizinischen Erkenntnis verpflichtet bleiben. Verfahren, die empirisch nicht
ausreichend abgesichert sind oder wissenschaftlichen Grundlagen geradezu widersprechen (z.B.
kranio-sakrale Therapie), sollten wir aus den Standards fernhalten.
These 8
Zur Zeit ist ein Konsens nur vorläufig und über die mutmaßlich notwendigen
Strukturen und Verfahren möglich. Evaluation durch eine sorgfältige
Begleitforschung ist unabdingbar und konzeptionell abzusichern.
Ich hoffe, wir werden in diesen zwei Tagen einen tragfähigen Konsens zur Rehabilitationsphase F
finden und formulieren. Er beruht zwangsläufig auf einer relativ schmalen empirischen Basis, die wir
z.T. erst zusammentragen müssen. Eine sorgfältige Begleitforschung ist deshalb unverzichtbar und als
notwendiger Teil der Konzepte von den Leistungsträgern zu finanzieren, um gerade im jetzigen sozialpolitischen Verteilungskampf die angemessene und langfristige Entwicklung von Einrichtungen und
Diensten der Phase F zu sichern.
Unabhängig davon werden wir alle – und ganz besonders die Mitarbeiter der beteiligten Einrichtungen
und Dienste – darauf achten müssen, daß Kriterien und Nachweise im Rahmen der Qualitätssicherung
nicht starr und ausschließlich vom grünen Tisch vorgegeben werden, sondern Raum für individuelle
Einrichtungen und Erfahrungen lassen.
Zum Schluß: Ich bitte Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Unterlagen und die Referate
der anderen Teilnehmer aus Ihrer eigenen Erfahrung kritisch zu würdigen und auf dieser Basis den
erstrebten Konsens aktiv mit zu entwickeln.
Diese Konferenz hat zum Ziel, das komplexe Geschehen der Rehabilitation und Pflege in der Phase F
umfassend und sachgemäß, d.h. nicht so stark aus dem ärztlich-therapeutischen Sichtwinkel zu
interpretieren. Bitte lassen Sie die Mediziner dabei nicht allein.
Dr. med. Wolfgang Blumenthal
Chefarzt der Neurologischen Rehabilitationsklinik für Kinder und Jugendliche,
Geesthacht
34
W. Blume n t h a l
T H E S E N im Überblick
These 1
Rehabilitation und Pflege der Phase F betrifft Menschen mit langdauernden oder
bleibenden
schwersten
neurologischen
Schädigungen
durch
zerebrale
Durchblutungsstörungen
(„Schlaganfälle"),
Schädelhirntrauma,
Hirnblutung,
Sauerstoffmangel (außer: perinatal), Entzündungen, Tumore, Vergiftungen des
Gehirns, sonstige schwerste neurologische Störungen (Locked-in-Syndrom, GuillainBarré-Syndrom, amyotrophische Lateralsklerose, multiple Sklerose, hohe HalsmarkQuerschnittlähmung).
These 2
Medizinische Befunde und Verlaufsregeln als eine Grundlage des individuellen
Rehabilitationspotentials und die sorgfältige Verlaufsbeobachtung bestimmen auch
in Phase F Art, Umfang und Dauer der therapeutisch-rehabilitativen Maßnahmen.
These 3
Die Phase F als eigenständiger Abschnitt des Rehabilitationsprozesses ist
− vorrangig pflegerisch-betreuend und/oder
pädagogisch-unterstützend ausgerichtet,
− aber nicht mehr wesentlich medizinisch-therapeutisch.
These 4
Rehabilitation und Pflege der Phase F ist grundsätzlich nur zulässig, wenn eine
qualitativ und quantitativ ausreichende Rehabilitation in den anderen Phasen,
besonders den Phasen B und/oder C vorausgegangen ist.
These 5
Zielsetzung, Inhalt und Dauer der Rehabilitation und Pflege sind auch in Phase F
individuell verschieden, die Dauer ist grundsätzlich nicht begrenzt.
Je nach individuellem Rehapotential kann man untergliedern in:
• Teilphase F I
• Teilphase F II
− zeitlich begrenzt
− umfassende auf Funktionsgewinn gerichtete Rehabilitationspflege
− erheblicher, meist multidisziplinärer Therapieanteil
bei noch offener Option auf (erneute) Rehabilitation
in Phase B–D/E
und
− (anschließend) lebenslang
− sorgfältige, auf Zustandserhalt gerichtete Rehabilitationspflege
− geringerer Therapieanteil mit dem Ziel, Funktionsverlust zu vermeiden
35
W. Blume n t h a l
These 6
Die Mehrzahl der Menschen mit Bedarf an Rehabilitation der Phase F
− lebt nicht in Einrichtungen und
− wird überwiegend nicht von Fachleuten betreut;
− nur wenige Behinderungsformen und -grade schließen eine ambulante (oder
teilstationäre) Phase F aus.
Die Konzeption der Phase F sollte daher von den Erfordernissen und Lösungen
ambulanter Verfahren ausgehen.
These 7
Einrichtungen der Phase F sollten rechtlich und konzeptionell in der Lage sein,
die örtliche/regionale ambulante und teilstationäre Versorgung zu unterstützen.
These 8
Zur Zeit ist ein Konsens
− nur vorläufig und
− über die mutmaßlich notwendigen Strukturen und Verfahren möglich.
− Evaluation durch eine sorgfältige Begleitforschung ist unabdingbar und
konzeptionell abzusichern.
36
R. Wiechers
Die Patienten der Phase F in der neurologischen Rehabilitation
R. Wiechers
Einführung
Hirnverletzung und Hirnerkrankung – zwei Begriffe, hinter denen sich für viele kaum
vorstellbare Leiden, Schwierigkeiten und Probleme verbergen, die menschliche
Schicksale darstellen, deren Ausmaß in der Regel nur derjenige erfassen kann, der es
als Betroffener oder Angehöriger selbst erlebt oder sich beruflich mit dieser
Fragestellung beschäftigt. Nach wie vor ist das Thema „Hirnverletzung“ von einer
Tabuzone umgeben, und es gilt, in der Gesellschaft eine größere Akzeptanz, mehr
Verständnis und aktive Hilfe für hirngeschädigte Menschen als wesentliche
Voraussetzungen einer erfolgreichen Rehabilitation und damit Wiedereingliederung
dieses Personenkreises in Familie, Schule, Beruf und Gesellschaft zu erreichen.
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es keine exakte statistische Erhebung zu
Umfang und Ausmaß von Hirnverletzungen und Hirnerkrankungen. Nach einer vom
KURATORIUM ZNS initiierten und von Infratest-Gesundheitsforschung München in
Verbindung mit der Universität Tübingen durchgeführten Erhebung für die Jahre
1987–1991 erleiden in der Bundesrepublik Deutschland jährlich 300.000 Personen ein
Schädelhirntrauma, wovon bei 100.000 eine schwere Hirnverletzung diagnostiziert
wird und wiederum ca. 45.000 Personen unter langanhaltenden oder andauernden
Schäden leiden. Eine etwa gleich große Zahl Patienten kommt aufgrund von
Hirnerkrankungen hinzu. Berücksichtigt man nun noch, daß gerade beim Schädelhirntrauma überwiegend junge Menschen betroffen sind – etwa 50 % der Schädelhirntrauma-Patienten sind Jugendliche im Alter bis zu 25 Jahren, die eine kaum
verminderte Lebenserwartung aufweisen –, wird die Notwendigkeit einer langfristigen
Fürsorge wegen der posttraumatischen Langzeitfolgen deutlich.
Das Phasenmodell der neurologischen Rehabilitation
Um die sozialmedizinischen und sozialrechtlichen Voraussetzungen für die
rehabilitative Versorgung und langfristige, im Einzelfall lebenslange pflegerische und
funktionstherapeutische Versorgung sicherzustellen, ist eine inhaltliche Bestimmung
der medizinischen, therapeutischen, pflegerischen und betreuenden Notwendigkeiten
in ihrer gesamten Komplexität unabdingbar.
Ausgehend von der medizinischen Ebene mit den bei und nach der Schädigung des
Gehirns ablaufenden Prozessen, den diagnostischen und therapeutischen
Maßnahmen sowie den sich anschließenden rehabilitativen Behandlungsmaßnahmen
37
R. Wiechers
ist die Organisation der Rehabilitation für die Umsetzung der inhaltlichen Faktoren und
zur Erreichung der Rehabilitationsziele von außerordentlicher Bedeutung:
interdisziplinäres Team, wechselnde Schwerpunkte, Aus- und Weiterbildung der
Mitarbeiter, Weiterentwicklung funktionsdiagnostischer und therapeutischer
Methoden, lückenlose Rehabilitationskette, Einbindung der Angehörigen – um nur
einige Punkte zu nennen.
Neben der medizinischen Ebene spielen die sozial-, förder- und trägerrechtlichen
Ebenen, die soziale Ebene bis hin zur ethisch-moralischen und ökonomischen Ebene
eine wichtige Rolle. All dies soll sich in dem Phasenmodell widerspiegeln, wie es von
der Arbeitsgruppe Neurologische Rehabilitation des Verbandes Deutscher RenKopie ggf. anfordern
Abbildung 1: Flußdiagramm zur Phaseneinteilung in der neurologischen
Rehabilitation (VDR, 1995)
38
R. Wiechers
39
R. Wiechers
tenversicherungsträger (VDR) erarbeitet wurde (vgl. das Diagramm in Abbildung 1)
und auf dessen Grundlage von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation die
Empfehlungen zur neurologischen Rehabilitation von Patienten – zunächst – mit
schwersten und schweren Hirnschädigungen in Phasen B und C vom 2. November
1995 veröffentlicht wurden.
Dieses Phasenmodell mit den einzelnen Stufen wurde in einer etwas anderen
Darstellung von Professor P. W. Schönle, Kliniken Schmieder, Allensbach, mit den
begleitenden Hirnfunktionsstörungen gekoppelt (Abbildung 2). Das Phasenkonzept
ergibt sich aus medizinischen, leistungsrechtlichen und förderrechtlichen Randbedingungen. Die einzelnen Phasen werden durch die Einschränkungen einzelner
Funktionen und funktioneller Systeme des Nervensystems definiert. Nach einer akuKopie ggf. anfordern
Abbildung 2: Hirnfunktionsstörungen und Phasen der neurologischen Rehabilitation
(Schönle, 1995)
40
R. Wiechers
ten Hirnschädigung kann ein Patient die einzelnen Phasen Stufe für Stufe durchlaufen
oder auch einzelne Phasen überspringen. Bei anhaltender Funktionsstörung verbleibt
er auf der entsprechenden Stufe bzw. wird nach angemessener Rehabilitationsbehandlungsdauer der Phase F zugeordnet. Das Störungsbild in der jeweiligen
Phase ist gekennzeichnet mit der durchgezogenen Linie bei einem vollständigen
Ausfall und mit der unterbrochenen Linie für eine teilweise Störung der Funktion.
Anders ausgedrückt:
Erreicht der Patient in einem individuell festgelegten, begrenzten Zeitrahmen trotz aller
Bemühungen im klinischen Bereich nicht die Voraussetzungen für den Übergang in die
nächste Phase, soll durch langfristig angelegte Rehabilitations- und
Betreuungsmaßnahmen in der Phase F eine Verbesserung im Zustand erreicht und
eine Rückführung in den Rehabilitationsprozeß ermöglicht werden. Aus dieser
Festlegung ergibt sich zwangsläufig, daß in der Phase F Patienten mit allen möglichen
Funktionsstörungen unterschiedlicher Ausprägung betreut werden müssen. Zur
Verdeutlichung sollte deshalb der Bezeichnung Phase F jeweils als Index der
Kennbuchstabe der vorangegangenen Phase angehängt werden, also FB – FC – FD –
FE, um einen Anhalt für das Ausmaß der Schädigung zu erhalten. Dabei sollte aber
stets berücksichtigt werden und auch Ziel dieser Tagung sein, daß nur ein Konzept für
die Phase F erstellt wird.
Begriffsfestlegung
Bei der Erarbeitung von Konzepten kommt man um die Festlegung von Begriffen nicht
herum, um Mißverständnissen sowie unterschiedlichen Auslegungen der damit
verbundenen inhaltlichen Aussagen vorzubeugen.
Zunehmend wurde in den letzten Jahren der Begriff des apallischen Syndroms
verwendet. Gleichzeitig wurde der Begriff in seiner Bedeutung fälschlicherweise sehr
weit gefaßt und auf Patienten bezogen, die nach der medizinischen Definition
überhaupt nicht als Apalliker bezeichnet werden können. Dadurch werden falsche
Schlußfolgerungen für die weitere Behandlung gezogen, die zu Mißverständnissen und
damit zu Nachteilen für diese – im eigentlichen Sinne nicht apallischen – Patienten
führen können. Deshalb wird vorgeschlagen, von „Apallikern“ – manchmal auch als
„Patienten im Wachkoma“ bezeichnet – nur zu sprechen, wenn dies von Neurologen
oder Neurochirurgen im Einzelfall diagnostiziert wurde.
Entsprechend ihrem Schädigungsgrad sollten Patienten in diesem Stadium als
Schwersthirnbeschädigte oder Patienten mit schwerster Hirnbeschädigung bzw.
schwersthirnbeschädigte Patienten bezeichnet werden und damit der Phase B
zugeordnet sein. Für Patienten der Phase C wird der Begriff schwere
Hirnbeschädigung bzw. schwerhirnbeschädigte Patienten vorgeschlagen.
Patientencharakteristika für die Phase B
41
R. Wiechers
Der Phase B der neurologischen Rehabilitation sind Patienten mit nachstehend
beschriebenem Schädigungsbild zugeordnet:
− bewußtlose bzw. qualitativ oder quantitativ schwer bewußtseinsgestörte Patienten (darunter auch solche mit einem sog. „apallischen Syndrom“), mit schwersten Hirnbeschädigungen als Folge von Schädelhirntraumen, zerebralen
Durchblutungsstörungen, Hirnblutungen, Sauerstoffmangel (insbesondere mit
Zustand nach Reanimation), Entzündungen, Tumoren, Vergiftungen und anderem;
neben der Bewußtseinsstörung können weitere schwerste Hirnfunktionsstörungen
bestehen
− Patienten mit anderen schweren neurologischen Störungen (z.B. Lockedin-Syndrom, Guillain-Barré-Syndrom, hoher Querschnitt), die noch intensivbehandlungspflichtig sind
− bei Patienten mit schwerem Schädelhirntrauma liegen häufig noch andere
Verletzungen vor (polytraumatisierte Patienten)
− primäre Akutversorgung abgeschlossen
− aktuell keine operative Intervention (neurochirurgisch oder allgemein-/unfallchirurgisch, orthopädisch) erforderlich
− keine Sepsis (keine floride Osteomyelitis)
− intrakranielle Druckverhältnisse stabil
− Herzkreislauf- und Atmungsfunktionen im Liegen stabil
− nicht mehr (kontrolliert) beatmungspflichtig
− nicht fähig zur kooperativen Mitarbeit
− vollständig von pflegerischer Hilfe abhängig
− in der Regel Sondenernährung erforderlich
− in der Regel können Ausscheidungsfunktionen nicht kontrolliert werden
− u.U. erhebliche Selbst- und/oder Fremdgefährdung bei Dyskontrollsyndrom,
Verwirrtheitszuständen oder anderen schweren psychischen Störungen
− bestehende Begleiterkrankungen dürfen eine Mobilisierung nicht verhindern
Patientencharakteristika Phase C
In der Phase C sind Patienten anzutreffen, wie sie nachstehend beschrieben sind:
− Patient ist überwiegend bewußtseinsklar, kommt einfachen Aufforderungen
nach, seine Handlungsfähigkeit reicht aus, um an mehreren Therapiemaßnah-men
täglich von je etwa 30 Minuten Dauer aktiv mitzuarbeiten
− Patient ist kommunikations- und interaktionsfähig (ggf. unter Verwendung von
Hilfsmitteln)
42
R. Wiechers
− Patient ist teilmobilisiert (z.B. längere Zeit kontinuierlich 2 bis 4 Stunden täglich
im Rollstuhl verbringend)
− für alltägliche Verrichtungen weitgehend auf pflegerische Hilfe angewiesen
− bedarf keiner intensivmedizinischen Überwachung/Therapie, da praktisch
keine Gefahr für lebensbedrohliche Komplikationen mehr besteht (vitalvegetative Stabilität)
− nicht mehr beatmungspflichtig
− bestehende Begleiterkrankungen dürfen eine Mobilisierung nicht verhindern
− keine konkrete Selbst- und Fremdgefährdung (z.B. durch Weglauftendenz,
aggressive Durchbrüche) und keine schweren Störungen des Sozialverhaltens.
Kleingruppenfähigkeit (3 bis 5 Patienten) muß vorliegen und darf nicht durch
schwere Verhaltensstörungen gefährdet werden. Diese sollten nicht nur kurz-fristig
beeinflußbar sein.
Patientencharakteristika der Phase D
Die Beschreibung der Patienten der Phase D ergibt sich aus den Ausgangskriterien
der Phase C:
− Selbständigkeit bei Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL), insbesondere im
Bereich der Selbstversorgung, wie Waschen, Anziehen, Toilettenbenutzung,
Essen und Mobilität
− spezielle Pflegeaufgaben noch erforderlich
− alltags- und berufsrelevante mentale Störungen (insbesondere kognitive
Defizite) stehen oft im Vordergrund
− durchgängige Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft, Handlungs- und Lernfähigkeit
Patientencharakteristika Phase E
Aus verschiedenen Modellprojektbeschreibungen stellt sich der Patient der Phase E
wie folgt dar:
− der Patient ist bewußtseinsklar und voll orientiert
− bei Antriebsstörungen soll neben der fremdgesteuerten Initiierung von Hand-lungen
zumindest teilweise eine selbstgesteuerte Initiierung möglich sein
− Planungsleistungen: Mindestmaß an Flexibilität, Sich-Einstellen auf neue
Situationen
− kommunikations- und interaktionsfähig (ggf. unter Verwendung von Hilfsmitteln)
− in der Regel voll mobilisiert (Rollstuhlfahrer)
− in den Aktivitäten des täglichen Lebens weitgehend selbständig
43
R. Wiechers
− keine ärztliche Betreuung mehr nötig (Konsiliardienst bzw. Betreuung durch
niedergelassenen Facharzt ausreichend)
− Funktionstherapien nicht mehr im Vordergrund stehend (hinsichtlich der
Funktionsstörungen ist ein gewisses Plateau erreicht – es geht primär um
zustandserhaltende Handlungen, die in der Regel auch ambulant durchgeführt werden können)
− Gruppen- bzw. Gemeinschaftsfähigkeit
− Grundeinsicht in die Art der bestehenden Störungen
− Grundverständnis für praktische Relevanz der einzelnen Störungen im Alltag
− Grundkenntnisse im Anwenden kompensatorischer Strategien zum Ausgleich
der Auswirkungen bestehender Störungen im kognitiven, emotionalen und
Verhaltensbereich
− grundlegende Bereitschaft/Motivation, an den eigenen Schwierigkeiten zu
arbeiten
− Bedarf an Trainingshilfen und Hilfen beim Erschließen neuer Ressourcen
sowie Unterstützung bei der Umsetzung wiedererworbener Fähigkeiten
− mobiler Einsatz im Umfeld des Patienten, um seine veränderten Bedingungen
in den Alltag zu integrieren (integrative Hilfen im familiären, vorschulischen,
schulischen, beruflichen und sozialen Umfeld)
Ich hoffe, daß diese Patientenbeschreibungen einen Überblick über die in der
Phase F zu betreuenden Personen gegeben haben, die jede für sich einen Anspruch
auf adäquate rehabilitative, pflegerische und betreuende Maßnahmen hat.
Die Tagung in Maikammer soll helfen, in möglichst weitgehender Übereinstimmung
aller beteiligten Personen, Institutionen, Organisationen und Verbände ein
gemeinsames Konzept für die Phase F zu erarbeiten.
Literaturhinweise
Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR): Empfehlungen zur Neurologischen
Rehabilitation von Patienten mit schweren und schwersten Hirnschädigungen in den Phasen
B und C vom 2. November 1995
Helene-Maier-Stiftung, Straubing: „Entwurf für eine Phase F“ aus dem Programm „Wiedereingliederung in Arbeit und Tätigkeit“ vom Januar 1996
Kinderneurologie Münster e.V.: „Konzeptvorschlag Phase F“ vom 23. Januar 1996
Mutabor, München: „Neurologische Rehabilitation von Patienten mit schweren und
schwersten Hirnschäden“ vom 18. Januar 1996
44
R. Wiechers
Reversy GmbH, München: „Neurologisches Rehakonzept für hirnverletzte Klienten in der
Phase E und F“ vom 29. Januar 1996
Prof. Dr. Dr. P. W. Schönle, Kliniken Schmieder/Allensbach: Möglichkeiten und Bedingungen
der Rehabilitation bei und nach apallischem Syndrom – von der Akutphase bis zur
Wiederherstellung in der Familie. Vortrag, Arbeitstagung der Deutschen Vereinigung für die
Rehabilitation Behinderter, Bad Boll, September 1995
Dr.
W.
Schupp,
Fachklinik
Enzensberg:
Konzept
einer
zustandsund
behinderungsangepaßten Versorgung in der neurologischen Rehabilitation. Z. Neurologie und
Rehabilitation 2/95
Verband Deutscher Rentenversicherungsträger: Phaseneinteilung in der neurologischen
Rehabilitation. Die Rehabilitation 3 (1995) 119–127
Rolf Wiechers
Geschäftsführer KURATORIUM ZNS für Unfallverletzte
mit Schäden des zentralen Nervensystems, Bonn
45
B. Busch
Planung der Versorgung von Schwerstpflegepatienten
– ein Fallbeispiel
B. Busch
unter Mitarbeit von Frank Jansen
Ich möchte an einem Beispiel aus meiner Praxis die Planung der Pflege einer Patientin im häuslichen Bereich erläutern. Meine Patientin Manuela (Name geändert) ist
21 Jahre alt, Tetraplegikerin und muß maschinell beatmet werden. Manuelas geistigintellektuelle Fähigkeiten sind in keiner Weise beeinträchtigt, sie erlebt ihre
körperlichen Funktionsstörungen und die Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität also
vollständig bewußt. Nach ihrer einjährigen Behandlung und Rehabilitation in der
Werner-Wicker-Klinik, Bad-Wildungen-Reinhardshausen, möchte sie auf eigenen
Wunsch in ihrer kleinen Wohnung in der Nähe ihrer Eltern und Freunde selbständig
leben. Die Pflege muß also für 24 Stunden täglich abgesichert werden. Die mit der
Pflege beauftragte Diakoniestation sah sich mit der Pflegeplanung überfordert, und ich
wurde als Leiterin eines ambulanten Krankenpflegedienstes beauftragt, einen
Pflegeplan zu erstellen.
Diagnose:
Funktionell fast komplette Tetraplegie mit Atemlähmung, aufgehobenem Atemantrieb durch
Zerstörung der Medulla oblongata, Darm- und Blasenlähmung als Folge; Zustand nach
Implantation eines Phrenicus-Schrittmachers
Anamnese:
Lähmungseintritt innerhalb von zwei Tagen, ursprünglich als rhinogene Menigoenzephalitis gedeutet
Bemerkungen zur Pflegeplanung
Ausgangspunkt für die Planung der Pflege in Manuelas Wohnumfeld war der
Pflegeplan der Werner-Wicker-Kliniken, Bad Wildungen-Reinhardshausen, wo
Manuela während der Akutphase behandelt und versorgt wurde.
Das Konzept einer Pflegeplanung im häuslichen Bereich unterscheidet sich erheblich
von der Pflegeplanung im stationären Bereich und ganz besonders von der Planung
einer Pflege im Bereich einer Intensivstation. Diesem besonderen Umstand ist bei der
Planung der Pflege einer so schwer kranken Patientin wie Manuela besonders
Rechnung zu tragen.
47
B. Busch
Allg. Bemerkungen zur Pflegeplanung
Prophylaxen
Pflegeziel
Soor-Parotits
Beatmungsüberwachung*
Pneumonie*
Inspirationsdrucküberwachung + PEEP*
Dekubitus
Exspiratorische Atemvolumenmessung*
Kontrakturen
Inspiratorische Sauerstoffkonzentration*
Spitzfuß
Atemfrequenz*
Thrombose
Temperatur des Inspirationsgases + Alarme*
Lagerung allgemein
Kontrolle Atemhubvolumen/Atemminutenvolumen*
Frühschicht
Kontrolle Manschettendruck*
Spätschicht
Trachealkanülenwechsel*
Nachtschicht
Versorgung mit Apparaten und Hilfsmitteln
Kostenplan
*
aus
Pflegeplan
der
Klinik
übernommen
Tabelle 1: Inhalt des Pflegeplanes für Manuela
Folgende Aspekte sollten hier besondere Beachtung finden:
• Die Möglichkeiten der Kontaminierung sind im häuslichen Bereich geringer als in
einer stationären Einrichtung. Allein die Keimverschleppung durch das
Pflegepersonal ist aufgrund der Tatsache, daß es sich hier um eine einzige
Patientin handelt, nicht gegeben.
• Auch aus diesem Grunde wird es nicht nötig sein, den Überwachungslevel einer
Intensivstation bei der Pflege im häuslichen Bereich aufrechtzuerhalten und
fortzusetzen. Beispielsweise könnten
− die wöchentliche Entnahme von Trachealsekret reduziert werden auf die
Entnahme bei Bedarf (Erkältung, Infektionen usw.), da eine makroskopische
Kontrolle bei jedem Absaugen erfolgt (Farbe, Geruch, Konsistenz),
− der Wechsel des suprapubischen Dauerkatheters in größeren Intervallen
erfolgen,
− die stündlichen Kontrollen der Vitalfunktionen wie Blutdruck, Temperatur und Puls
in viel größeren Abständen vorgenommem werden.
• Die Überwachung der Atmung muß jedoch nach wie vor stündlich durchgeführt
werden.
48
B. Busch
• Alle Pflegemaßnahmen sollten entsprechend der Befindlichkeit der Patientin
durchgeführt und situationsentsprechend angepaßt werden, d. h. tagsüber kann der
Zeitplan in Absprache zwischen Patientin und Pflegekraft variiert werden.
• Nachts sollte unbedingt das Intensiv-Station-Phänomen (ständiges Licht, dauernde
Störung durch Kontrollen usw.) vermieden werden. Mehrstündiger Schlaf ohne
Störungen (mindestens 5 Stunden) muß gesichert sein.
• Die Pflegeplanung sollte sich an den physischen, psychischen, biologisch-zeitlichen
Bedürfnissen der Patientin orientieren. Die Beachtung der Befindlichkeit und die
Sicherung normaler Lebensumstände sollten bei der Pflege einer so jungen,
schwerkranken Patientin wie Manuela besonders viel Raum haben.
Leider wird es auch mit der besten Pflege nicht möglich sein, Manuelas
Krankheitsbild, welches die Folge einer durchlittenen, schweren Erkrankung ist, zu
ändern und damit zu verbessern. Die pflegerischen Maßnahmen sind darauf gerichtet,
eine Verschlechterung ihres Zustandes zu verhindern. Genau das ist unser
PFLEGEZIEL. Die Pflege muß durch Art, Umfang, Qualität und zeitlichen Ablauf der
Maßnahmen die Erreichung des Pflegeziels sichern.
Beatmungsüberwachung
Die Überwachung der Beatmung hat das Ziel, eine Sauerstoffunterversorgung mit den
negativen Folgen zu verhindern. Von Beginn der maschinellen Beatmung an müssen
sowohl die Patientin als auch die Funktionen des Beatmungsgerätes intensiv
überwacht werden. Funktionsstörungen können in kürzester Zeit zum Tode führen!
Die Beatmung muß so oft wie möglich, besser so oft wie nötig kontrolliert werden. Die
Beatmungsparameter sollten stündlich kontrolliert werden. Die häufige
Durchführungen der Blutgasanalyse ist im häuslichen Bereich schwieriger
durchzuführen als auf der Intensivstation. Es wird erforderlich sein, in Absprache mit
einem externen Labor die Blutgasanalysen so oft wie nötig durchführen zu lassen.
Der Beatmungspatient bedarf einer besonders aufwendigen Pflege, in deren
Mittelpunkt die Tracheobronchialtoilette steht. Der beatmete Patient befindet sich in
totaler Abhängigkeit vom Gerät und damit auch von den die Geräte bedienenden
Personen. Angst, Hilflosigkeit, Schlafentzug, Reizarmut sowie mangelnde
Kommunikationsmöglichkeit verstärken den schon bedauernswerten Zustand.
Nicht nur fachliche Kompetenz des Pflegepersonals, sondern ein hohes Maß an psychologischem Einfühlungsvermögen und Geschick können hier die objektiv
bestehende Abhängigkeit des Patienten subjektiv relativieren.
Ein Funktionstest der Beatmungsmaschine muß, wie vom Hersteller vorgesehen, in
regelmäßigen Zeitabständen vorgenommen werden. Dabei werden vorgewählte
Beatmungsparameter mit den aktuellen Respiratorfunktionen verglichen.
49
B. Busch
Inspirationsdrucküberwachung
Der Inspirationsdruck wird stündlich abgelesen und in den Überwachungsbogen
eingetragen. Dabei ist zu beachten, daß volumenkonstante Geräte, bedingt durch die
Compliannce der beatmeten Lunge, druckvariabel sind.
Plötzlicher Beatmungsdruckanstieg
Maßnahmen sind z. B.:
−
−
−
−
−
ist
ein
Hinweis
für
Obstruktionen.
Notwendige
Sekretverlegung der Atemwege: Tracheobronchialtoilette
abgeknickter Tubus: Lagekorrektur, ggf. neuer Tubus
Ballonhernie: entblocken und neu blocken, ggf. Tubuswechsel
Bronchospasmus: Lagekorrektur des Tubus (einseitig)
dagegenatmen: Beruhigung des Patienten, ggf. sedieren
oder andere Beatmungsform durch den Arzt wählen lassen
Ein plötzlicher Druckabfall ist ein Hinweis für ein Leck, Maßnahmen in diesem Fall:
− Diskonnektion: konnektieren
− undichte Tubusmanschette: blocken; Atemzugvolumen erhöhen
− Kanülenwechsel
Kontrolle des PEEP
Der positive endexspiratorische Druck (PEEP) muß ebenfalls kontrolliert werden.
Dazu gehört, in kurzen Zeitabständen Blutdruck, Puls, Urinausscheidung und das
spezifische Gewicht des Urins zu kontrollieren. Der PEEP kann negative
Auswirkungen auf den Kreislauf und auf die Nierenfunktion haben.
Exspiratorische Atemvolumenmessung
Mit einem Volumeter oder mit einem Hitzdrahtanemometer wird das Volumen der
Ausatemluft gemessen. Das eingestellte Inspirationsvolumen stimmt nie ganz genau
mit dem ausgeatmeten Volumen überein (Toleranz: +/- 0,5 l/min beim Erwachsenen).
Die Ursachen dafür sind meßtechnisch bedingt oder zurückzuführen auf bestimmte
atemmechanische Eigenschaften der angeschlossenen Patientenlunge.
Messung der inspiratorische Sauerstoffkonzentration
Sie wird mit einem Sauerstoffanalysator inspiratorisch und ggf. exspiratorisch
überprüft. Die regelmäßige Kontrolle ist wichtig, um die Funktionsfähigkeit der
Regelung für Druck und Sauerstoff-Luftmischung festzustellen.
Prüfung der Atemfrequenz
Die Respiratorfrequenz wird durch Auskultation des Brustkorbes überprüft.
Abweichungen ergeben sich, wenn der Patient zwischenatmet. Das Gegenatmen muß
vermieden werden, es vermindert das Inspirationsvolumen und erhöht den
intrathorakalen Druck.
50
B. Busch
Temperaturmessung des Inspirationsgases
Sie wird endleinig mit einem Thermometer im Inspirationsschenkel nahe dem Tubus
gemessen. Das Inspirationsgas bei Conchathermanfeuchtung sollte etwa 32 Grad
Celsius haben. Im Bereich des Tracheobronchialbaumes bis zur Alveole erwärmt es
sich dann bis zur Körpertemperatur. Zu kalte Atemluft ist ungenügend angefeuchtet,
überhitzte Atemluft führt zu Verbrennungen.
Kontrolle der Alarmsysteme
− Der obere Druckalarm wird bei 60 cm Wassersäule eingestellt und muß vor dem
Beatmungseinsatz kontrolliert werden – mit sterilem Medium das Schlauchsystem dicht
halten.
− Der untere Druckalarm wird bei 7 cm Wassersäule eingestellt und muß ebenfalls vor dem
Beatmungseinsatz kontrolliert werden – Simulierung eines Lecks, offenes
Schlauchsystem.
− Bei Servoventilatoren gibt es keinen unteren Druckalarm. Hier wird die Sicherheit über die
untere Volumeneinstellung erbracht. Dies ist analog bei offenem Schlauchsystem zu
simulieren.
Unabhängig vom Bereich, in welchem sich der zu Pflegende aufhält, gilt allgemein
verbindlich für die Pflegekräfte: Alarme dürfen nicht ausgestellt, nur unterdrückt
werden!
Kontrolle des Atemhubvolumens und Atemminutenvolumens
Mit Hilfe des Wright-Spirometers werden ventilatorische Meßgrößen wie
Atemhubvolumen, Vitalkapazität und Minutenvolumen kontrolliert. Die Messung von
Atemhubvolumen und Minutenvolumen kann während kontrollierter Beatmung und bei
Spontanatmung durchgeführt werden. Die Messung des exspiratorischen
Minutenvolumens wird wie folgt durchgeführt:
−
−
−
−
−
−
−
−
−
Hände waschen
Bakterienfilter in Flow-Richtung an die Winduhr stecken
Bakterienfilteransatzstück fachgerecht mit dem Expirationsventil verbinden
mit dem Rückstellknopf Winduhr auf „0“ stellen
die Größe des Atemhubvolumens auf der Skala der Winduhr ablesen
zur Ermittlung des Atemminutenvolumens 1 Minute durchmessen
Bakterienfilter mit Namen des Patienten und Datum versehen
zum Verbleib für weitere Messungen – Filterbetriebszeit: 48 Stunden
Meßergebnisse dokumentieren
Kontrolle des Manschettendruckes bei Trachealkanülen mit Niederdruckmanschetten
Der Manschettendruck sollte nach jeder Lageveränderung des Patienten, bei Bedarf
51
B. Busch
auch öfter kontrolliert werden, um Druckulzera in der Trachealschleimhaut zu
verhindern. Mit Hilfe von Cuff-Manometer und Klemme sind folgende Schritte zu
absolvieren:
−
−
−
−
−
Patientin informieren
Abklemmen der Blockung der Trachealkanüle
Anbringen des Cuff-Manometers
Öffnen der Klemme
Überprüfen des Manometerdruckes; dabei zuerst Druck korrigieren; er sollte um
2 cm Wassersäule über dem inspiratorischen Spitzendruck der Beatmung liegen.
− Abklemmen der Blockung
− Entfernen des Manometers und Verschließen der Blockung mittels Stöpsel
− Entfernung der Klemme
Trachealkanülenwechsel
Die Trachealkanüle muß zweimal pro Woche von 2 Pflegepersonen gewechselt
werden. Zu beachten ist, daß vor dem geplanten Wechsel 2 Stunden keine Nahrung
aufgenommen wird. Die Ersatzkanüle (gleiche Größe) sollte immer am Patientenbett
stationiert sein. Steriles Arbeiten ist selbstverständlich. Die Pflegekräfte sollten sehr
achtsam vorgehen, denn bei diesem Eingriff kann es leicht zu Komplikationen wie
Aspiration, Infektion, Verletzung, Blutung, Hyperkapnie, Vagusreiz (Bradykardie),
Spasmus (Stoma verengt) und zu Fehllagen kommen. Wenn die Kanüle zu tief
eingeführt wird, kann die Lunge nur einseitig belüftet werden. Sollte sich die Kanüle
nicht einsetzen lassen, kann der Versuch mit einer kleineren Kanüle wiederholt
werden, und wenn auch das nicht erfolgreich ist: Stoma steril abdecken und
Maskenbeatmung vornehmen. Der Notarzt muß in diesem Fall sofort verständigt
werden!
Beim Kanülenwechsel ist wie folgt vorzugehen:
−
−
−
−
−
−
Patienteninformation
Auskultation der Lunge zum Vergleich (nach dem Wechsel)
Präoxygenieren
hygienische Händedesinfektion
Bronchialtoilette
Nasen-Rachenraum absaugen mit einem neuen Katheter (Aspirationsprophylaxe;
evtl. Magensaft ableiten)
− Kanülenset bereitlegen mit steriler Spritze und Gleitmittel (Instillagel)
− sterile Handschuhe anziehen
− neue Kanüle überprüfen (Block entlüften, Lage der Markierung, Gleitmittel
auftragen)
Folgende Arbeitsteilung während des Kanülenwechsels hat sich zwischen den beiden
Pflegepersonen bewährt:
Zweite Pflegeperson: lagert die Patientin flach
entfernt Kopfkissen
52
B. Busch
zieht Handschuhe an
entfernt den Stomaverband
desinfiziert Haut an Stoma
setzt die Spritze zum Entblocken an
löst das Haltebändchen
diskonnektiert die Gänsegurgel und legt diese steril ab
entblockt auf Anweisung der ersten Pflegeperson die alte Kanüle
und entfernt diese aus dem Stoma
entfernt evtl. Schleimrückstände am Stoma
Erste Pflegeperson:
führt die neue Kanüle mit leichter Drehbewegung in das Stoma ein
blockt den Cuff, bis er hörbar dicht ist
Zweite Pflegeperson: konnektiert die Patientin an die Beatmung
Kanüle fixieren
Auskultation der Lunge
Bronchialtoilette
Cuffdruck dem Beatmungsdruck entsprechend einstellen
Materialentsorgung und Dokumentation
Prophylaxen
Die Prophylaxen sind ein Pflegeschwerpunkt, um Sekundärerkrankungen zu
verhindern.
• Soor-Parotitis
Aufgrund der Tatsache, daß die Patientin feste Nahrung zu sich nehmen und kauen
kann, kann auf ausgedehnte Mundpflege verzichtet werden. Gründliche Zahnpflege
nach jeder Mahlzeit, Spülung mit Mundwasser reichen hier völlig aus. Bei Bedarf
können Mundschleimhaut und Lippen mit Bepanthen gepflegt werden.
• Pneumonie
Die Lungenpflege spielt bei tracheotomierten, beatmeten Patienten eine zentrale
Rolle. Keine andere pflegerische Maßnahme hat soviel Einfluß auf die Funktion eines
Vitalorgans wie die Lungenpflege. Die Gründe hierfür ergeben sich aus den
Besonderheiten von Tracheotomie und maschineller Beatmung. Durch die
Tracheotomie ist die Funktion des oberen Respirationstraktes ausgeschaltet –
hierdurch wird die Atemluft nicht mehr erwärmt, angefeuchtet, gefiltert und gereinigt.
Der Hustenmechanismus ist durch die Querschnittslähmung ausgefallen, durch
relative Immobilisierung des Patienten wird die Sekretverhaltung in den Bronchien
gefördert und die Entstehung hypostatischer Atelektasen begünstigt.
53
B. Busch
Insgesamt kann somit die respiratorische Therapie den pulmonalen Gasaustausch
verschlechtern, wenn ihre unerwünschten Nebeneffekte nicht durch pflegerische
Maßnahmen verhindert oder beseitigt werden.
Diese Maßnahmen umfassen neben einer kompetenten pflegerischen Überwachung
die bekannten, üblichen prophylaktischen Maßnahmen zur Verhinderung einer
Pneumonie:
−
−
−
−
Abklopfen in Seitenlage oder sitzend
Einreiben von Brust und Rücken mit ätherischen Ölen
für Frischluftzufuhr sorgen
endotracheales Absaugen
Tubus- oder Trachealkanülen gehören zu den sogenannten Lebenslinien. Sie dürfen
niemals durch eingedicktes Sekret oder ähnliches verlegt sein. Voraussetzung sind:
− ausreichende Anfeuchtung des Atemgases (Pall-Klimatisierungsfilter)
− richtiges, effektives Absaugen – ggf. Bronchiallavage –
− sorgfältige, hygienische Behandlung der Tracheostomawunde
• Dekubitus
Zur Dekubitusprophylaxe gehören:
−
−
−
−
−
−
−
gründliche, sorgfältige Grundpflege
sorgfältigstes Abtrocknen der Haut
Haut-auf-Haut-Liegen verhindern
Pflege mit Lotion bzw. Cremes dem Hauttyp entsprechend
Luftzutritt soweit als möglich für alle Hautpartien
regelmäßige Druckentlastung
bedürfnisentsprechende Hautpflege im Genitalbereich (Menstruation)
• Kontrakturen
Folgende Lagerung und Kontrakturenprophylaxe
Klinikaufenthaltes bei Manuela bewährt:
Schultern:
Arme:
hat
sich
während
Hochziehen vermeiden, Abduktion der Arme um 30 Grad
im Wechsel, Außen- und Innenrotation, ansonsten im Höhenniveau
des Thorax
Ellenbogengelenke: Supination und maximale Extension jeweils im Wechsel
Pronation ca. 5 Grad im Gelenk
Hände:
Funktionshände: Handgelenk in 30 Grad Dorsalflexion
Fingergrund- und Mittelgelenke in 90 Grad Beugung
Fingerendgelenke gestreckt bis leicht gebeugt
Daumen in halber Opposition
Zur Herstellung der Funktionshände werden als Hilfsmittel Röllchen
und/oder Funktionshandschuhe benötigt
54
des
B. Busch
Hüftgelenke:
Kniegelenke:
Sprunggelenke:
Flexion, Extension, O-Stellung Abduktion 10–15 Grad,
Außenrotation sehr ungünstig
Rückenlage: leichte Beugung 5 Grad bis 10 Grad mit Unterstützung,
Seitenlage: Beugung 15 Grad bis 25 Grad unterlagert
O-Stellung, Spitzfuß- und Hackenfußstellung vermeiden
Stehtraining:
Manuela wird mit einem Pflegestehbett versorgt. Mit diesem Bett kann man die
vertikale-axiale Belastung der Wirbelsäule durchführen. Das Stehtraining sollte
zweimal täglich durchgeführt werden. Da hierbei die Wirbelsäule und die Beine axial
belastet werden, wird somit der Osteoporose vorgebeugt. Gleichzeitig wird durch das
Stehen ein Kreislauftraining gefördert sowie das Hohlsystem der Nieren aus
statischen Gründen heraus besonders gut entleert und damit eine Infektions- und
Steinanfälligkeit reduziert.
• Spitzfuß
Die Spitzfußbildung kann z.B. durch Schaumstoffpolster zur Bettverkürzung vermindert
werden (auf Fußsohlendekubitus achten).
• Thrombose
Eine Thrombose kann durch Stehtraining, eine entsprechende Lagerung und ggf.
Venenpflege verhindert werden.
Allgemeines zur Lagerung der Patientin
Normalerweise lagert man eine Patientin wie Manuela grundsätzlich nicht allein.
Sowohl im Krankenhaus, hier ganz besonders auf der Intensivstation, als auch im
Pflegeheim ist es kein Problem, eine zweite Pflegekraft zur Lagerung heranzuziehen.
Im häuslichen Bereich sind die Möglichkeiten nicht so ideal. In Manuelas Fall halten wir
es durchaus für möglich, die Lagerung durch eine Pflegekraft durchführen zu lassen.
Eine erfahrene Krankenschwester bzw. ein Pfleger mit Intensivpflegekenntnissen
müßte hierzu in der Lage sein. Hinzu kommt, daß man sich mit Manuelas Lagerung
Zeit lassen kann. Sie ist die einzige Patientin, niemand muß warten, man fühlt sich
durch noch zu versorgende andere Patienten nicht gedrängt.
Frühschicht
Die Frühschicht arbeitet von 6–14 Uhr. In dieser Zeit werden Blutdruck, Puls und
Temperatur kontrolliert, der Tubusmanschettendruck gemessen und der Verband am
suprapubischen Dauerkatheter gewechselt.
Weiterhin werden alle Maßnahmen der Grundpflege durchgeführt. Wir gehen davon
aus, daß Manuela einem hohen Pflegestandard entsprechend von einem
qualifizierten, aufeinander gut eingespieltem Pflegeteam versorgt und gepflegt wird.
55
B. Busch
Deshalb wird hier auf die detaillierte Auflistung der einzelnen Verrichtungen zur
Grundpflege verzichtet.
Die Frühschicht ist darüber hinaus zuständig für Stuhlgangbeobachtung (Abführmittel,
Klistier, Supp.), stündliche Beatmungskontrolle, Lagerung um 7 Uhr, 10 Uhr und 13
Uhr (ggf. öfter bei Bedarf) und Stehtraining. Eventuell muß in dieser Zeit auch die
Krankengymnastik durchgeführt werden.
Spätschicht
Die Spätschicht arbeitet von 14–22 Uhr Und kontrolliert Blutdruck, Puls, Temperatur,
mißt den Tubusmanschettendruck, ermittelt PH-Wert, spezifisches Gewicht und Bilanz
des Urins.
Die Grundpflege ist nach Bedarf durchzuführen. Die Beatmung muß stündlich
kontrolliert werden. Die Lagerung ist etwa um 15 Uhr, 18 Uhr und 21 Uhr (ggf. öfter bei
Bedarf) vorzusehen. Auch in der Spätschicht ist ein Stehtraining durchzuführen.
Vor Beginn der Nachtruhe und der Nachtschicht etwa um 21 Uhr wird Manuela in
folgender Weise versorgt, um ihr die Möglichkeit zur störungsfreien Ruhe zu geben:
− Abführmittel jeden 2. Tag: Agarol/Liquidepur
− Grundpflege nach Bedarf
− Tubusmanschettendruckmessung
− Blutdruck / Puls / Temperatur
Nachtschicht
In der Nachtschicht von 22–6 Uhr früh muß das Intensivstation-Phänomen unbedingt
vermieden werden. Die Patientin sollte mindestens 5 Stunden ungestört schlafen
können!
Dennoch sind folgende Maßnahmen auch nachts nötig:
− Beatmungskontrolle stündlich
− Kontrolle von Blutdruck, Puls, Temperatur beim Umlagern bzw. Absaugen,
ggf. öfter bei Bedarf (Erkältung o.ä.)
− Tubusmanschettendruckmessung nur bei Bedarf
− Lagerung: gegen 23 Uhr (falls Manuela noch nicht schläft), sonst gegen
3–4 Uhr früh im Zusammenhang mit allen anderen Kontrollen
Versorgung mit Apparaten und Hilfsmitteln
• Beatmung
Für die Beatmung benötigt Manuela:
− Sauerstoffgeräte
− Beatmungsgeräte
− Absauggeräte
56
B. Busch
−
−
−
−
−
Ambubeutel und Masken
Cuffmanometer
Winduhr
transkutane Sauerstoffüberwachung (Siemens)
evtl. Monitor
Die Geräte müssen doppelt zur Verfügung stehen, um bei technischen Ausfällen die
Versorgung der Patientin zu gewährleisten. Als Reserve müssen auch verschiedener
Trachealkanülengrößen, evtl. ein Tracheoflex-Set, Absaugkatheter verschiedener
Größe und steriles Verbandsmaterial vorhanden sein.
Auf die Auflistung der üblichen, gebräuchlichen Pflegeutensilien wird hier bewußt
verzichtet. Wir gehen davon aus, daß qualifiziertes Pflegepersonal den individuellen
Bedarf der Patientin an Pflegematerial vor Ort entsprechend einzuschätzen weiß und
demnach zweckmäßig und wirtschaftlich einsetzt.
• Krankenbett
Ein Sandwich-Steh-Bett wäre sehr vorteilhaft (ggf. auch Sonderanfertigung). Wenn es
nicht zur Verfügung gestellt werden kann, sollte auf jeden Fall ein Stehbett vorhanden
sein. Benötigt werden darüber hinaus:
− Schaumstoffauflage als Matratze
− belüftete Antidekubitus-Matratzenauflage „Waffle“ der Firma
Petzold/Braun Melsungen
− Frotteeauflagen oder synthetische Schaffelle je nach Jahreszeit
und Verträglichkeit
− Lagerungskissen verschiedenster Größe
− evtl. Bettverkürzer (Schaumstoff-Block) Spitzfußprophylaxe
− ggf. Hals-Nacken-Stütze aus Schaumstoff.
Schaumstoff eignet sich in hervorragender Weise z.B. zur Fersenhohllagerung,
Ellenbogenlagerung und als Kopf-Hals-Stütze vor allem für die der
Dekubitusprophylaxe.
• Rollstuhl
Falls die Nutzung eines Rollstuhls möglich ist, sind dafür folgende Anschaffungen
notwendig:
− Rollstuhlbeatmungsgerätschaften
− Antidekubitus-Sitzauflage „Waffle“ der Firma Petzold/Braun
Melsungen
− Fell- und/oder Frotteeauflagen in entsprechenden Größen
− evtl. Rollstuhl-Regenschutz wie gehabt
57
B. Busch
Kostenplan
Die Vergütung der Pflegeleistungen erfolgt (nach §37 Abs.1 SGB V) für die Region
Wuppertal mit DM 45,-/Stunde und Pflegeperson.
Manuelas Versorgung verlangt eine 24-Stunden-Pflege durch 3jährig examiniertes
Krankenpflegepersonal mit Erfahrung in der Pflege von Intensiv- bzw.
Beatmungspatienten. Besser wäre es, hier eine Fachkrankenschwester/-pfleger für
Intensiv-medizin/Anästhesie einzusetzen.
Um die große psychische Belastung auch des Pflegepersonals einzugrenzen, halten
wir es für sinnvoll, die Pflegenden nicht länger als 6 Stunden vor Ort einzusetzen.
Demnach ergäbe sich ein 4-Schichten-System, wobei mit 30 Minuten Übergabe
6,5 Arbeitsstunden erreicht würden. Wir befürchten aber, daß dieses System aus
Kostengründen nicht praktikabel ist und stellen von daher vor:
3-Schicht-System
− 8 Std. + ½ Std. Übergabe je Schicht
− 10 Tage arbeiten – 4 Tage frei je Pflegeperson
− Benötigt werden dafür 6 Krankenschwestern/-pfleger, um bei Ausfällen wie
Krankheit, Urlaub, Freizeit oder Schwangerschaft abgesichert zu sein
Eine Möglichkeit der nahtlosen Versorgung Manuelas könnte sein, wenn 6
Pflegepersonen – von wem auch immer – fest angestellt würden. Die Kosten allein für
das Pflegepersonal sind bei dieser Lösung folgende:
Gehalt:
DM 5.500,-- incl. Lohnnebenkosten/Monat
x 6 Pflegekräfte
= DM 33.000,--/Monat x 13 =
Einnahmen:
Differenz:
DM 45,--/Std. x 24 Std. x 30 Tage x 12 Monate =
DM 429.000/Jahr
DM 388.000/Jahr
DM 40.200/Jahr
Tabelle 2: Lohnkosten und Einnahmen für die Pflegeleistungen
Diese Kosten-/Einnahmenübersicht berücksichtigt nur die Personalkosten für die
Pflegekräfte und ist lediglich geeignet, Größenordnungen für die Pflegekosten
aufzuzeigen. Eine betriebswirtschaftliche Kostenkalkulation, die auch die Sachkosten
u.a. einbezieht, ist als Bestandteil des Pflegeplanes nicht gefordert.
Die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben zur Absicherung der
Pflegeleistungen beträgt nach diesem Beispiel DM 40.200 pro Jahr. Diese Bilanz kann
58
B. Busch
positiv verändert werden, wenn ein ambulanter Pflegedienst mit seinen flexiblen
Möglichkeiten des Mitarbeitereinsatzes mit der Pflege von Manuela beauftragt wird.
Beispielsweise bietet die Übernahme der Pflege durch einen ambulanten
Krankenpflegedienst kostenmäßig folgenden Vorteil:
Am Krankenbett Manuelas werden nicht ständig sechs Mitarbeiter benötigt, sondern –
mit Ausnahme des Trachealkanülenwechsels – in jeder Schicht jeweils nur eine
Pflegekraft. Die freien Kapazitäten können aufgefangen werden. Die bei der Pflege
Manuelas momentan nicht benötigten Pfleger und Schwestern können inzwischen
weitere Patienten, die durch den Pflegedienst zu versorgen sind, betreuen. Für den
Fall der Erkrankung oder Kündigung eines Mitarbeiters, der regelmäßig bei Manuela
eingesetzt ist, steht immer sofort weiteresqualifiziertes Pflegepersonal zur Verfügung.
Personelle Engpässe, die Manuelas Versorgung beeinträchtigen könnten, gibt es bei
dieser Vorgehensweise nicht.
Vorteile des Einsatzes eines ambulanten Pflegedienstes also:
1. Manuela wird ausschließlich durch qualifiziertes Fachpersonal gepflegt und
betreut. Engpässe werden mit absoluter Sicherheit vermieden.
2. Die erforderliche adäquate Vergütung des qualifizierten Pflegepersonals kann
auf diese Weise erbracht werden.
3. Die Pflege und Versorgung stellt für den Pflegedienst ein kalkulierbares Umsatzvolumen dar. Eine entsprechende Vergütung des Pflegedienstinhabers aus
diesem Umsatzvolumen sollte der Verantwortung entsprechen, die er mit der
Sicherstellung der Pflege übernommen hat.
Schlußbemerkungen
Eine institutionelle Versorgung und Pflege Manuelas ist wahrscheinlich nicht
kostengünstiger, da sie ein beatmungspflichtiger und somit Intensivpflegepatient ist.
Angesichts ihrer Jugend ist eine Ausgrenzung aus Familien- und Freundeskreis
jedoch nicht zu verantworten und in hohem Maße unmenschlich, vor allem auch, weil
sie selbst die häusliche Pflege wünscht.
Zudem könnte ein kleiner qualifizierter ambulanter Pflegedienst eine persönlichere
Betreuung erbringen, als es in einer Pflegeeinrichtung möglich wäre. Dadurch und
durch die eigene häusliche Umgebung ist es möglich, ein wenig mehr Lebensqualität
zu schaffen und zu erhalten.
Die Erstellung dieser Pflegeplanung ist im Hinblick auf die Versorgung durch einen
ambulanten Pflegedienst vorgenommen worden. Selbstverständlich können
Angehörige die Patienten möglicherweise selbst pflegen, wenn sie entsprechend
angeleitet und durch qualifizierte Pflegekräfte begleitet werden.
59
B. Busch
Wir gingen davon aus, daß sich verschiedene Kostenträger an den Kosten der
ambulanten Versorgung beteiligen: gesetzliche Krankenversicherung, Sozialamt und
Pflegeversicherung (ggf. noch Unfallversicherung und Versorgungsämter). Jedoch
habe ich durch den bestehenden Kontakt zu der die Pflege durchführenden
Diakonieanstalt erfahren, daß die zuständigen Kostenträger bis heute die Kosten der
ambulanten Pflege von Manuela nicht übernommen haben und sich gegenseitig die
Verantwortung zuschieben. Auf der Strecke bleibt der berechtigte Anspruch einer
jungen Frau auf Pflege. Die Diakonie pflegt Manuela seither aus humanitären
Gründen auf eigene Kosten. Würde Manuela im Krankenhaus als
Intensivpflegepatient versorgt werden, müßte die Krankenkasse die Kosten
übernehmen.
Dieses Verhalten der Kostenträger ist skandalös. Es gibt gesetzliche Vorgaben, nach
denen auch diese Patientin zu ihrem Recht kommen muß. Für so viele, nur scheinbar
wichtige Dinge ist Geld da; hier wären es sinnvoll eingesetzt.
An diesem Beispiel wird auch deutlich, daß bei zukünftigen gesetzlichen Regelungen
die Gruppe der neurologisch schwerstbehinderten Menschen explizit mit einbezogen
werden muß.
Zum Schluß sei bemerkt, daß eine entsprechende Selbsthilfegruppe in die Betreuung
Manuelas einbezogen werden könnte, was Manuelas Tagesablauf etwas Abwechslung
verschaffen könnte. Vor allem könnten hier Manuelas Angehörige psychologische
Hilfe und Entlastung erhalten.
Ich hoffe sehr, daß wir in dieser interdisziplinären Konferenz dazu kommen,
Empfehlungen zu verabschieden, die das schwere Schicksal und die äußerst
schwierige Situation der Betroffenen und ihrer Angehörigen erleichtern können. Eine
menschenwürdige Pflege zu Hause muß ermöglicht werden, wenn der Patient
und/oder die Angehörigen es wünschen.
Wir wünschen uns für Manuela, daß es solche Gedanken sind, die die Kostenträger
zur finanziellen Sicherstellung der Pflege bewegen.
Bärbel Busch
Vorstandsmitglied des Forums Häusliche Pflege e.V., Bonn, und
Leiterin des ambulanten Krankenpflegedienstes Busch, Wuppertal
60
M. Willkomm
Apallische und postapallische Schwerstbehinderte
(Wachkomapatienten mit/ohne kurze Perioden der
Ansprechbarkeit und Kooperation)
Bericht der Arbeitsgruppe I
M. Willkomm
Als Basis für die Arbeitsgruppe I dienten im wesentlichen die vorliegenden
Arbeitsunterlagen [1]. Die dort unterbreiteten Vorschläge waren zum Großteil bereits
ausformuliert und enthielten bis auf wenige Ausnahmen detaillierte qualitative und
quantitative Vorschläge zur Ausgestaltung der Phase F. Ergänzend standen weitere
Quellen [u.a. 2, 3, 4] zur Verfügung.
Gruppenteilnehmer
Die insgesamt 22 Teilnehmer entstammten einem fachlich breit angelegten Spektrum.
Vertreten waren (in zufälliger Reihenfolge):
die Ministerien für Arbeit, Gesundheit und Soziales der Länder Nordrhein-Westfalen
und Rheinland-Pfalz; die Bundesverbände der Pflegeversicherung, des VdAK, der
AOK und IKK; die Deutsche Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter e.V.,
Heidelberg; das Forum Häusliche Pflege e.V., Bonn; der Verband SchädelHirnpatienten in Not e.V., Amberg, mit seinem Bundesvorsitzenden und mehreren
Mitgliedern (verantwortlich in Kliniken, (Spezial-)Pflegeeinrichtungen, Herausgeber der
Verbandszeitschrift NOT); die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR),
Frankfurt; der Bundesverband für Logopädie; der Medizinische Dienst der
Krankenkassen (MDK) Baden-Württemberg; der Bundesverband für Rehabilitation
und Interessenvertretung Behinderter e.V., Bonn.
Zielvorgabe
Der Arbeitsauftrag bestand darin, „Patientenmerkmale klar zu beschreiben, die
Zuweisungswege der Patienten zur Phase F zu erfassen und danach die Standards
der längerfristigen Behandlung mit Ein- und Ausgangskriterien – sowohl im Blick auf
„F-I-artige“ als auch auf „F-II-artige“ Zielsetzungen zu definieren, wobei die
Erfordernisse bei stationärer und bei häuslicher Versorgung gesondert beschrieben
werden müßten“ [1, S. 5].
61
M. Willkomm
Es wurde ausdrücklich eine SOLL-Beschreibung gefordert. Versorgungsdefizite „sollten zur besonderen Akzentuierung“ dienen. Die Arbeitsgruppe I (AG I) sollte anhand
der Konferenzvorlage diskutieren über
− die Definition der Phase F,
− ihre Einordnung in die Rehabilitationskette,
− die Unterteilung in eine Phase F I und F II,
um dann detailliert drei Aufgabenfelder zu bearbeiten:
− die Beschreibung des Kreises der Betroffenen
(Merkmale, Ein-/Ausgangskriterien),
− die Definition von qualitativen und quantitativen Standards der Phase F,
− die Differenzierung der ambulanten und stationären Versorgung.
Die Definition der Phase F
„Unter Phase F der neurologischen Rehabilitation wird ... die Behandlungs- und
Rehabilitationsphase verstanden, in der dauerhaft unterstützende, betreuende
und/oder zustandserhaltende Leistungen erforderlich sind. Zu diesen Leistungen
können, in Abhängigkeit von Befinden und Bedarfslage der betroffenen Person,
Grund- und Behandlungspflege, ständige Beaufsichtigung, medizinisch-diagnostische
und medizinisch-therapeutische, psychodiagnostische und psychotherapeutische
sowie
heilpädagogisch-sozialtherapeutische
Maßnahmen,
Leistungen
zur
Unterstützung der schulischen, beruflichen oder sozialen Eingliederung, Beratung und
schließlich betreute Wohnversorgung bis hin zum stationären Langzeitaufenthalt
gehören“
[1, S. 2].
Dieser Text der Konferenzvorlage [1] definiert die Phase F umfassend und für alle
Betroffenen.
Die
für
die
AG
I
wesentliche
Untergruppe
der
Schwerstschädelhirngeschädigten (Wachkomapatienten) wurde nach Meinung der
Arbeitsgruppe durch diese Definition ausreichend erfaßt. Bestimmte, für die Phase F
der schwerstbetroffenen Patienten typische therapeutische „Behandlungsbausteine“
sollten jedoch hervorgehoben werden:
− die herausragende Rolle der Angehörigen (besser: des
„kleinen sozialen Netzwerkes“),
− die Therapieschwerpunkte: Physio- und Ergotherapie,
Logopädie und facioorale Therapie sowie
− die auf Dauer notwendige intensive medizinische Begleitung.
62
M. Willkomm
Die Einordnung der Phase F in die Rehabilitationskette
„Die Phase F steht nicht am Ende der Rehabilitationskette, sondern quer zu den
Phasen B, C, D und E.“ Diese Grundaussage aus [1] wurde nach ausführlicher
Diskussion voll unterstützt, insbesondere die Rückkehrmöglichkeit vorwiegend in die
Phasen B und C betont. Bei „geringerer Behandlungsdichte, aber zeitlich erheblich
weiterem Horizont“ enthält die Phase F prinzipiell dieselben Leistungen wie die
anderen Phasen. Gerade diese Vergleichbarkeit ermöglicht eine Wiederaufnahme
anderer Rehabilitationsphasen bei Befundverbesserung.
Die Unterteilung in F I und F II
Die Konferenzvorlage stellt eine weitere Unterteilung der Phase F in eine Phase F I
und F II zur Diskussion:
FI
Erster Teil der Phase F – Ziel: „Überwindung der ,Lücke’ zwischen dem vorliegenden
Funktions-, Persönlichkeits- und Gesundheitszustand und den höheren
Aufnahmevoraussetzungen weiterführender Rehabilitationsphasen. Die vorrangigen
Bemühungen gelten der Erhaltung und Fortentwicklung des individuellen Potentials zur
weiteren Rehabilitation“ [1, S. 3].
F II
Zweiter Teil der Phase F: „Angemessene Versorgung von Menschen auf Dauer (evtl.
lebenslang), die aufgrund schwerer, bleibender Fähigkeitsstörungen und
Mehrfachbehinderungen voraussichtlich nie mehr selbständig leben können und die
daher – ohne Zustandsverbesserungen gänzlich ausschließen zu wollen – der
langfristigen Pflege und kontinuierlichen Unterstützung bei Absicherung/Erhalt ihres
gesundheitlichen Zustandes und des individuell erreichten Grades an sozialer
Integration bedürfen“ [1, S. 3].
Die Arbeitsgruppe I bestätigte in breitem Konsens die Notwendigkeit zur Unterteilung
in die beiden o. g. Phasen F I und F II. Auch die jeweiligen Definitionen wurden ohne
Änderung übernommen.
Gerade zu Beginn der Phase F ist das Rehabilitationspotential auf lange Sicht noch
nicht einschätzbar, so daß zunächst in der Phase F I eine noch relativ hohe
Behandlungsdichte unter deutlicher Einbeziehung therapeutischer Maßnahmen
(Physio- und Ergotherapie, Logopädie u.a.) sinnvoll ist. Die Phase F I sollte auf ca. 2
Jahre begrenzt werden, da ohne sichtbare Befundänderung ein bis zu lebenslang
durchgeführter intensiver therapeutischer Ansatz medizinisch und sozioökonomisch
nicht vertretbar sei. Nach Meinung eines Großteils der AG I ist die Phase F II zwar im
Vergleich zu F I therapieextensiver anzusetzen, sollte jedoch im Therapieangebot
„qualitativ vergleichbar“ und in der gesamtkonzeptionellen Planung (Casemanager,
63
M. Willkomm
Teamkoordinierung, Rolle der Angehörigen, Einsatz professioneller Pflege ..., s.u.)
durchgängig zur vorhergehenden Phase F I geplant werden.
Wenn möglich, sollten die Phasen F I und II an einem Haus vorhanden sein, so daß
kein räumlicher Wechsel des Betroffenen notwendig wird.
Kreis der Betroffenen
Die Zielgruppenbeschreibung der Konferenzvorlage [1, S. 4 f.] wurde im wesentlichen
übernommen:
„Die betreffende Patientengruppe wird gebildet aus Menschen nach neurologischen
Akutereignissen (Schädelhirntraumen, cerebrale Sauerstoffmangelschäden, z.B. nach
Herz-Kreislaufversagen), mit entzündlichen Erkrankungsprozessen wie Enzephalitis
oder Polyradiculitis, nach akuten cerebralen Gefäßschäden (insbes. Schlaganfällen)
oder mit Folgen chronischer Erkrankungen der hirnversorgenden Gefäße, mit
Schäden durch Tumoren oder Infektionen im ZNS-Bereich, mit neurologischen
Querschnittsyndromen oder mit chronisch-degenerativen Hirnerkrankungen.“
Hinzugefügt wurde die in der Pädiatrie als Ursache häufige infantile Cerebralparese.
Entscheidend ist nach Auffassung der AG I – und sie folgt damit der Konferenzvorlage
– nicht die ursächliche Schädigung, sondern deren Folgeproblematik, so daß im
Umkehrschluß diagnoseunabhängig all jene Patienten mit schwersten Hirnschäden
betroffen sind, welche „aufgrund schwerer, dauerhafter Fähigkeitsstörungen nicht
mehr selbständig leben können und dauerhaft pflegebedürftig sind“ [1].
Definition von qualitativen und quantitativen Standards der Phase F
Vorbemerkung
Der Arbeitsauftrag an die AG I zur Beschreibung qualitativer und quantitativer
Standards der Phase F beanspruchte mit Abstand den größten Zeitanteil der gesamten Sitzung. Aus Sicht der Arbeitsgruppe wurden hier die entscheidenden Weichen für
die Ausgestaltung der Phase F gestellt. Der dann folgende Schritt – die Klärung der
Kostenträgerschaft – ergab sich aus den dargestellten Inhalten der Phase F
(I und II).
Eine grundsätzliche Frage wurde gleich zu Beginn diskutiert: „Soll sich die ambulante
von der stationären Versorgung unterscheiden?“
64
M. Willkomm
Es wurde nach kurzer Diskussion im Konsens beschlossen, daß
„bei vorhandenen Voraussetzungen die ambulante Versorgung oberstes Ziel ist. Es
muß jedoch gewährleistet sein, daß die ambulante der stationären Qualität entspricht.“
Rahmenbedingungen der ambulanten Versorgung
1. Personalbedarf
Die Erfahrungen vieler Teilnehmer weisen darauf hin, daß die Bildung eines
therapeutischen Teams und dessen Arbeit nach einem individuell abgestimmten
Versorgungsplan die entscheidende Grundlage für eine ineinander verzahnte
ambulante Versorgung darstellen. Die folgenden „Behandlungs-Bausteine“ müssen
koordiniert werden. Im ambulanten Bereich bietet sich dafür ein „Casemanager“ an,
welcher „in besonderer Weise für diese Aufgabe qualifiziert sein sollte.“ Einer
bestimmten Fachrichtung sollte der Casemanager nicht zugeordnet werden. Die Rolle
kann bei entsprechenden Voraussetzungen auch von den Angehörigen übernommen
werden. Die „Bausteine der ambulanten Versorgung“ ergeben sich wie folgt:
• Das „Kleine soziale Netzwerk“
Ohne das Vorhandensein eines „kleinen sozialen Netzwerkes“* – in der Regel gebildet
durch die unmittelbaren Angehörigen, jedoch alternativ nicht selten durch enge
Freunde/Nachbarn ersetzt oder ergänzt – kann eine sinnvolle ambulante Versorgung
nicht durchgeführt werden.
∗ Im folgenden Text wird stellvertretend für das „kleine soziale Netzwerk“
von „Angehörigen“ gesprochen
Fehlt diese unmittelbare Umgebung, stellt die stationäre Betreuung die einzig mögliche
Alternative dar. Die Schulung der Angehörigen sollte vor Beginn der ambulanten
Phase F stattfinden, beispielsweise als integraler Bestandteil der vorhergehenden
Phasen (zumeist B/C).
• Die Pflege
Die ambulante Pflege erfordert eine 24-Stunden-Betreuung der schwerstbetroffenen
Patienten durch ihre Angehörigen. Zu deren Unterstützung ist die intensive
Einbeziehung ambulanter Pflegedienste erforderlich: „Dazu gehört auch die nächtliche
Entlastung.“
(Hier war sich die AG I durchaus über die finanziellen Folgen sowie die problematische
Umsetzung im klaren, jedoch war eine SOLL-Darstellung vorzunehmen. Die Notwendigkeit
der Nachtlagerung und -pflege wurde von allen Diskussionsteilnehmern anerkannt.)
65
M. Willkomm
Quantität: Der in der Konferenzvorlage genannte Aufwand von ca. 4 Std./Tag für die
gesamte Pflege wurde von den Teilnehmern der AG I bestätigt. Das Verhältnis
professionelle Pflege/Pflege durch Angehörige ist individuell zu ermitteln.
• Der ärztliche Bereich
Die Notwendigkeit einer durchgehenden medizinischen Versorgung mit regelmäßiger
Kontrolle wurde von allen Teilnehmern der AG I gerade für den hier betroffenen
Personenkreis der Schwerstgeschädigten gesehen. Über die Qualität der ärztlichen
Betreuung entspann sich jedoch eine lebhafte Diskussion. Zwei Meinungen
dominierten dabei:
− Die Forderung nach Einbindung von „in der Frührehabilitation erfahrenen Ärzten“
stelle eine Luxusversorgung dar und entspreche nicht der Realität – war Meinung
etlicher Diskussionsteilnehmer.
− Diese Forderung gehöre zum „SOLL-Katalog“ und sei notwendig, um eine
Rückkehr in Phase-B(seltener C)-Einrichtungen auch in der Realität zu
gewährleisten, zudem sei sie nur dort zu fordern, wo auch Phase B/C-Standorte in
der näheren Umgebung lägen – war Meinung einer etwa gleichgroßen
Teilnehmerzahl
der
AG I.
Die Arbeitsgruppe einigte sich auf folgende Formulierung:
„Die ambulante Versorgung stellt an den behandelnden Arzt bestimmte
Anforderungen, welche im allgemeinen ambulanten Bereich eher die Ausnahme
darstellen. Die Grundversorgung durch Haus- und Fachärzte muß gewährleistet sein.
Vom Standpunkt der Durchgängigkeit einer Behandlung sowie der zu fordernden
Rückkehrmöglichkeit in eine Einrichtung der Phasen B/C ist die Einbindung von in der
Frührehabilitation erfahrenen Ärzten – dort, wo eine wohnortnahe Einrichtung der
Phase B/C existiert – anzustreben.“
Quantität: Ein zeitlich definierter Aufwand für die ambulante ärztliche Behandlung
wurde nicht festgelegt.
• Der Therapie-Bereich
Die AG I formulierte allgemein: „In der Phase F ist die Rehabilitation durch
Therapeuten, die in der Behandlung dieser Betroffenen erfahren sind, grundsätzlich
erforderlich. Therapeutische Maßnahmen können z.T. auch durch Angehörige oder
Pflegekräfte erbracht werden.“
Diese Vorbemerkung sollte erneut deutlich machen, daß nicht die Fachqualifikation des
Therapeuten, sondern die Qualität der Leistung zählt, also ein geschulter Angehöriger
durchaus lagern, mobilisieren oder eine fachlich korrekte facioorale Therapie durchführen
kann.
66
M. Willkomm
Die verschiedenen Therapien sind individuell abzustimmen, bestimmte Maßnahmen
sind jedoch nach Meinung der AG I so typisch und wesentlich in der ambulanten
Behandlung der Phase F, daß sie in der folgenden Auflistung herausgehoben werden:
− Physiotherapie
Physiotherapeutische Leistungen sind grundsätzlich notwendig. Wesentlich ist der
individuelle Bedarf, so wie er im o.g. Versorgungsplan festgelegt wird.
Quantität: In der Regel sind drei bis sieben Anwendungen pro Woche anzusetzen.
− Ergotherapie
Ergotherapeutische Leistungen sind – individuell abgestimmt – grundsätzlich
notwendig.
Quantität: Eine wöchentliche Leistungszahl wurde hier nicht festgelegt.
− Logopädie
Hier waren sich die Teilnehmer – einschließlich der beteiligten Logopädinnen –
einig, daß diese Leistung nicht so grundsätzlich zu fordern sei wie Physio- und
Ergotherapie. Sie sei jedoch eine immer noch im Vergleich zu den folgenden
Therapieanteilen „regelhaft“ stattfindende Behandlung:
Logopädische Leistungen sind in der Regel notwendig, wesentlich ist der
individuelle Bedarf.
− Weitere Therapieanteile
Sonder- und Heilpädagogik, Musiktherapie und Neuropsychologie können weitere
notwendige Leistungen sein, welche im Einzelfall zu planen sind.
• Der soziale Bereich
Die in der Konferenzvorlage [1] beschriebene Anhaltszahl von 0,25 Std./Tag sozialer
Dienstleistungen pro Patient wurde nach kurzer Diskussion so bestätigt.
2. Raumprogramm
Da im ambulanten Bereich die Planung eines grundlegenden Raumprogramms an die
Grenzen individueller Voraussetzungen stößt, entspann sich hier keine Diskussion. Die Anpassung ambulanter Räumlichkeiten an schwerstbehindertengerechtes
Wohnen wird an anderer Stelle ausführlich dargelegt.
67
M. Willkomm
Rahmenbedingungen der stationären Versorgung
1. Personalbedarf
Analog zu den Erfahrungen im ambulanten Bereich bildet auch für die stationäre
Versorgung die Schaffung eines therapeutischen Teams und dessen Arbeit nach
einem individuell abgestimmten Konzept die entscheidende Grundlage für eine
ineinander verzahnte Behandlung.
Die „Bausteine der stationären Versorgung“ ergeben sich wie folgt:
• Das „Kleine soziale Netzwerk“
Auch stationär spielt für den Betroffenen das stabile Umfeld eine entscheidende Rolle.
Stationär ist das gesamte Behandlungsteam unter besonderer Gewichtung der Pflege
und ggf. vorhandener Angehöriger für die Schaffung dieses „kleinen sozialen
Netzwerkes“ verantwortlich. Letztere sollten durch besondere Voraussetzungen
(Wohnortnähe, Wohnlichkeit, Rooming-in oder Gästezimmer) schwellenfrei in den
stationären Alltag mit einbezogen werden.
• Die Pflege
Die
stationäre
Pflege
erfordert
eine
Rund-um-die-Uhr-Betreuung
der
schwerstbetroffenen Patienten. Da Angehörige in den meisten Fällen nur zeitweise
und eher als Ausnahme diese Rolle mit übernehmen können, ist eine deutlich höhere
Intensität für diesen Bereich erforderlich.
Quantität: Der in der Konferenzvorlage genannte Aufwand von ca. 4 Std./Tag für die
stationäre Pflege wurde von den Teilnehmern der AG I bestätigt. Im Einzelfall hängt
der pflegerische Aufwand u.a. von der Notwendigkeit der engmaschigen Lagerung und
regelmäßigen Mobilisation mindestens in den (Sonder-)Rollstuhl ab. Diese Anteile im
Tagesplan können z.T. auch durch u.g. Bereiche wie Physio- oder Ergotherapie
übernommen werden.
• Der ärztliche Bereich
An diesem Punkt entspann sich eine ebenfalls lebhafte Diskussion: Sollten lediglich
„Spezialeinrichtungen“ zugelassen werden? Davon abhängig wäre dann ein anderes
ärztliches Grundgerüst – z.B. festangestellte „in der Frührehabilitation erfahrene
Ärzte“ zu fordern. Oder sollte prinzipiell jede Pflegeeinrichtung ab einer gewissen
Größe „umrüstbar“ sein?
Die Arbeitsgruppe einigte sich – analog zum ambulanten Bereich – auf folgende
Formulierung:
„Als Mindestvoraussetzung muß die medizinische Grundversorgung durch Haus- und
Fachärzte gewährleistet sein. Vom Standpunkt der Durchgängigkeit einer Behandlung
68
M. Willkomm
sowie der zu fordernden Rückkehrmöglichkeit in die Phasen B/C bei positiver
Befundentwicklung ist die Angliederung an eine wohnortnahe Einrichtung der Phase
B/C anzustreben. In diesem Fall stellt die Behandlung durch ,frührehaerfahrene’ Ärzte
der Einrichtung einen deutlichen Vorteil dar und sollte synergetisch genutzt werden.
Sollten diese Voraussetzungen fehlen, ist eine enge Kooperation mit möglichst in der
Behandlung von neurologisch schwerstgeschädigten Patienten erfahrenen Ärzten
notwendig.“
Quantität: Ein Schlüssel von 1:30 bis 1:40 entspricht etwa einem durchschnittlichen
täglichen Aufwand von 10 Minuten pro Patient.
• Der Therapie-Bereich
Die Arbeitsgruppe I formulierte allgemein:
„In der Phase F ist die Rehabilitation durch Therapeuten, die in der Behandlung dieser
Betroffenen erfahren sind, grundsätzlich erforderlich.“
Die verschiedenen Therapien sind individuell im Rahmen des stationären
Versorgungskonzeptes abzustimmen. Die Ähnlichkeit zur ambulanten Therapie ergibt
sich aus dem zu fordernden „qualitativ vergleichbaren Therapieangebot der Phase F“.
Die Eckpfeiler der stationären Therapie sind in der folgenden Auflistung
herausgehoben worden:
− Physiotherapie
Physiotherapeutische Leistungen sind grundsätzlich notwendig. Wesentlich ist der
individuelle Bedarf.
Quantität: In der Regel sind drei bis sieben Anwendungen pro Woche anzusetzen.
− Ergotherapie
Ergotherapeutische Leistungen sind – individuell abgestimmt – grundsätzlich
notwendig.
Quantität: Eine wöchentliche Leistungszahl wurde hier nicht festgelegt.
− Logopädie
Hier waren sich die Teilnehmer – einschließlich der beteiligten Logopädinnen – einig,
daß diese Leistung nicht so grundsätzlich zu fordern sei wie Physio- und Ergotherapie.
Sie sei jedoch eine immer noch im Vergleich zu den folgenden Therapieanteilen
„regelhaft“ stattfindende Behandlung:
Logopädische Leistungen sind in der Regel notwendig, wesentlich ist der
individuelle Bedarf.
− Weitere Therapieanteile
69
M. Willkomm
Sonder- und Heilpädagogik, Musiktherapie und Neuropsychologie können weitere
notwendige Leistungen sein, welche im Einzelfall zu planen sind.
• Der soziale Bereich
Die in der Konferenzvorlage [1] beschriebene Anhaltszahl von 0,25 Std./Tag sozialer
Dienstleistungen pro Patient wurde auch im stationären Versorgungsbereich von der
AG I bestätigt.
2. Raumprogramm
Ein der Konferenz durch den Verband Schädel-Hirnpatienten in Not e.V. vorgelegtes
Raumkonzept [2, VI ff.] beschreibt Mindestvoraussetzungen für stationäre
Einrichtungen. Die dortigen Vorschläge wurden – unter Berücksichtigung der
Heimmindestbauverordnung – von den Mitgliedern der AG I akzeptiert. Ergänzend
wurde darauf Wert gelegt, daß „die besonderen Bedürfnisse der Kinder und
Jugendlichen gesondert berücksichtigt werden müssen.“
Hinzugefügt wurde weiterhin:
„Phase-F-Einrichtungen sollten Phase-B-Einrichtungen angegliedert sein oder eng
kooperieren. Zwischen den Phasen müssen offene Schnittstellen bestehen.
Eine Phase F-Einrichtung sollte mindestens 10–12 Plätze beinhalten (in begründeten
Einzelfällen sind Ausnahmen möglich). Maximal sollten 30–40 Plätze vorgehalten
werden. Davon sollten nicht mehr als 20 Betroffene mit geringen Reaktionen
vorhanden sein.“
Dies wurde besonders betont, da eine „Ghettoisierung“ in größeren Einrichtungen nicht zu
vermeiden sei und durch die nur problematisch zu lösende Personalsituation lediglich
wenige, weit entfernte Institutionen geschaffen würden.
Leistungstypen
Die folgende Bewertung der Leistungsanforderungen der Phase F wurde im Konsens
beschlossen. Das benannte Leistungsspektrum schließt insbesondere – und hier
herrschte Einigkeit bei allen Beteiligten – auch dauerhafte Leistungen nach § 27 SGB
V, also Krankenbehandlung ein. Ausgehend von der Tabelle [2, S. 27] wurden die
folgenden Erweiterungen und Änderungen vorgenommen:
70
M. Willkomm
Aktivierende Pflege und Rehabilitation für Patienten im Wachkoma
in stationären Einrichtungen – schwerst Hirngeschädigte mit geringen Reaktionen, Phase F
Fünf Leistungspakete sind zu unterscheiden:
1. Investitionsaufwendungen
§ 82 Abs. 3 oder 4 SGB XI
2. Unterkunft und Verpflegung
§ 43 Abs. 2 S. 3 SGB XI
3. Vollstationäre Pflege
§ 43 SGB XI
4. Krankenbehandlung
§ 27 SGB V
5. Psychosoziale Betreuung
§ 40Abs. 1 Nr. 8 BSHG
Die Leistungen sind im einzelnen:
1. Investitionsaufwendungen
Die Belastungen richten sich nach dem jeweils geltenden Landespflegegesetz
Kostenträger: Bundesland oder Pflegebedürftiger
2. Unterkunft und Verpflegung
Kostenträger: Pflegebedürftiger oder Sozialhilfeträger
3. Vollstationäre Pflege
Die vollstationäre Pflege beinhaltet die Grundpflege (Körperpflege, Ernährung,
Mobilisation, Hauswirtschaftliche Versorgung). Der Hilfebedarf ist bei Patienten der
Phase F sehr hoch. Er kann überwiegend einen Leisungsumfang von 3.300,-- DM
begründen.
Die Entscheidung über die Einstufung in die jeweilige Pflegestufe erfolgt durch den
MDK. Daher ist hier lediglich eine Empfehlung möglich.
Kostenträger: Pflegekasse
4. Krankenbehandlung
Aufgrund der Schwere des Krankheitsbildes sind Leistungen nach § 27 SGB V
erforderlich. Da die einzelnen Leistungen deutlich über das gewöhnliche Maß
hinausgehen können, ist eine Lösung anzustreben, die eine Abhängigkeit von der
Budgetierung im Einzelfall (behandelnder Arzt) vermeidet. Mögliche Option:
71
M. Willkomm
Analog Vereinbarung §§ 119–120 SGB V (Institutsambulanz, Erweiterung auf
„Schwerstschädelhirnverletzte“, Erweiterung über die bisher genannten Zielgruppen
– psychiatrische und pädiatrische Patienten – hinaus)
Die Krankenbehandlung* beinhaltet im einzelnen:
Ärztliche Behandlung, Verordnung von Arznei- und Verband-, Heil- und Hilfsmitteln.
Auch die Behandlungspflege ist grundsätzlich Teil der Krankenbehandlung nach
SGB V*
* Hier enthielten sich die Vertreter der Pflegekassen der Stimme
Kostenträger: Krankenkasse
5. Psychosoziale Betreuung
Kostenträger: Sozialhilfeträger, u.a. Wiedereingliederungshilfe nach BSHG.
Zusammenfassung
„Viele versorgende Angehörige der Gruppe schwerst neurologisch Geschädigter, die
,ihre’ Behinderten selbst zu Hause betreuen, fühlen sich heute mit der Aufgabe
überfordert, im Bereich ambulanter Unterstützung unter den vor Ort geltenden
Bedingungen weitgehend im Stich gelassen ... Die Verlegung von Menschen aus der
betreffenden Gruppe nach Hause erfolgt leider heute in einer nennenswerten Zahl von
Fällen nicht aus Gründen der entsprechenden Indikation ..., sondern aus Ermangelung
geeigneter stationärer Einrichtungen. Die besonderen Qualitätserfordernisse –
insbesondere im Blick auf den Bereich „F I“ – legen in vielen Fällen eine entsprechend
spezialisierte stationäre Lösung nahe, die es allerdings erlauben sollte, der
Individualität Betroffener und den bestehenden familiären Bindungen hinreichend
Rechnung zu tragen.“
Diese Formulierung aus der umfassenden Konferenzvorlage [1] verdeutlicht den
Auftrag der Konferenz von Maikammer insbesondere für die Gruppe der
Schwerstbetroffenen. Es mußten Wege gefunden werden, um zunächst einmal eine
„Grundqualität“ für Einrichtungen der Phase F (I und II) zu erreichen. Ausgehend von
einer SOLL-Vorstellung sind diese „Behandlungs-Bausteine“ oben ausführlich
dargestellt worden. Sie sind spezifisch für die Zielgruppe der Arbeitsgruppe I diskutiert
worden, erreichen jedoch an etlichen gemeinsamen Schnittpunkten synergetisch
Therapiebedürfnisse der „teilmobilisierten Patienten“, also der Zielgruppe der AG II.
Dies ist ausdrücklich vorgesehen, da in der Regel beide Gruppen an gemeinsamen
Standorten – vor allem in stationären Einrichtungen – versorgt werden.
72
M. Willkomm
Die inhaltliche Ausgestaltung der Phase F liegt nun vor: Eingangs- und
Ausgangskriterien, qualitative und quantitative Aussagen, Bausteine der mittel- und
langfristigen Versorgung der schwerst neurologisch Geschädigten wurden ausführlich
diskutiert, ein Maßnahmenkatalog erstellt.
Sollte als ein Ergebnis dieser Konferenz nun auf Kostenträger-Ebene eine intensive
gemeinsame Diskussion über die Ausgestaltung der Phase F (I und II) entfacht
worden sein – und die lebhafte und konstruktive Mitarbeit der Beteiligten in unserer
Arbeitsgruppe I setzte hier ein klares Signal –, so ist ein wesentlicher Schritt auf dem
Weg zur Schaffung einer flächendeckenden Versorgung für diese besonders schwer
betroffenen Menschen getan.
Quellen
1. „Empfehlungen zur Rehabilitation und Pflege von Menschen mit schwersten
neurologischen Schädigungen; Standards der Langzeitbehandlung in Phase F.“
Unveröffentlichte Arbeitsunterlagen der vier Konferenzveranstalter der Klausurkonferenz
in Maikammer/Pfalz (5/1996)
2. „Aktivierende Pflege und Betreuung von Patienten im Wachkoma oder frühen
Rückbildungsphasen in Einrichtungen.“ Unveröffentlichtes Manuskript des Verbandes
Schädel-Hirnpatienten in Not e.V., Amberg (5/1996)
3. „Empfehlungen für die langfristige oder dauerhafte Pflege und Rehabilitation von Patienten
mit schweren und schwersten neurologischen Schädigungen in der Phase F.“
Unveröffentlichtes Manuskript der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR)
(5/1996)
4. „Die Patienten in der Phase F in der neurologischen Rehabilitation.“ Unveröffentlichtes
Manuskript des Kuratorium ZNS (5/1996)
Dr. Martin Willkomm,
Ärztlicher Leiter DRK-Krankenhaus Middelburg
73
M. Willkomm
74
V. Hömberg
(Teil-)Mobile und kooperationsfähige, aber langfristig
von Pflege und Betreuung abhängige Menschen mit
schweren neurologischen Behinderungen
Bericht der Arbeitsgruppe II
V. Hömberg
Das Protokoll der Arbeitstagung für die Arbeitsgruppe II wird in zwei Teile gegliedert.
Im ersten Teil werden die allgemeinen Ergebnisse der Arbeitsgruppe kurz thesenartig
zusammengefaßt. Im zweiten Teil wird entsprechend der von der Arbeitsgruppe
mehrheitlich zugestimmten Arbeitsrichtlinie ein die Ergebnisse der Arbeitsgruppe
widerspiegelndes Papier „Empfehlungen für die langfristige oder dauerhafte Pflege
und Rehabilitation von Patienten mit schweren und schwersten neurologischen
Schädigungen in der Phase F“ vorgelegt, das sich in der Gliederung an dem Papier
der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) vom 9.5.1996 orientiert.
Teil I
Thesenartige Zusammenfassung der Konferenzergebnisse
1. Zielgruppe für Langzeitbehandlung in der Phase F bei Patienten, die teilmobil und
kooperationsfähig, aber langfristig von Pflege und Betreuung abhängig sind, ist
hochgradig heterogen mit einem weiten Spektrum sowohl auf Behinderungs- wie
Handicap-Ebene. Ähnlich wie in Arbeitsgruppe I umfaßt die Zielgruppe die
folgenden Diagnosen:
−
−
−
−
−
−
−
−
−
Schädelhirntrauma
cerebrale Durchblutungsstörungen, z. B. Schlaganfall
Hirnblutung
Sauerstoffmangelschäden, z. B. nach Herz-Kreislaufversagen
und Reanimation
entzündliche und toxische Hirnerkrankungen
Hirntumoren
hohe Querschnittssyndrome
chronisch degenerative Erkankungen
infantile Cerebralparese
Eine grundsätzliche Altersgrenze wird abgelehnt.
75
V. Hömberg
2. Bei bisher noch fehlenden klaren Definitionen für die Phase E werden in den
Definitionen für die Phase F immer wieder Berührungspunkte zu Aspekten der
beruflichen Rehabilitation auftauchen. Dies gilt insbesondere für alternative
Arbeitsmöglichkeiten, die auch in der Phase F ein legitimes Rehabilitationsziel
bleiben.
3. Entsprechend der hohen Heterogenität der Patienten ergab sich während der
Konferenz auch eine Darstellung höchst heterogener Therapie- bzw.
Förderangebote im stationären, teilstationären, ambulanten und Bereich mobiler
Dienste. Grundsätzlich gilt das Prinzip, das ambulante Angebote Priorität
gegenüber stationären Angeboten haben sollen. Bei ambulanter Versorgung muß
aber die kurzzeitige Unterbringungsmöglichkeit in einer stationären Einrichtung
gegeben sein, um die notwendige Entlastung der Angehörigen oder sonstiger
Betreuungspersonen zu gewährleisten. Ambulante wie stationäre Angebote der
Phase F müssen durch ein „Casemanagement“ eine klare Verklammerung des aus
verschiedenen Berufsgruppen nach den individuellen Bedürfnissen der Patienten
zusammengesetzte Reha-Teams sicherstellen.
4. Es wurde Konsens darüber erzielt, daß die Zielsetzung der Phase F ein
ganzheitlich orientiertes Therapie- und Förderkonzept sein muß, das über die
klassischen Definitionen der medizinischen Rehabilitation hinausgeht und
Zielsetzungen für die dauerhafte neue Lebensperspektive (zweiter Lebensraum)
des Patienten aufzeigen muß.
5. Grundsätzlich wird einer Differenzierung in eine Phase F I und F II zugestimmt. Es
kann noch kein Konsens erreicht werden, inwieweit der Behandlungszeitraum in der
Phase F I numerisch klar (z. B. auf zwei Jahre) befristet werden soll.
Teil II
1
Allgemeines
Bei ca. 15 bis 20 % aller neurologischen Patienten bleiben nach bisherigem
Kenntnisstand trotz qualifizierter Behandlung im Akutbereich und in den nachfolgenden
Rehabilitationsphasen auf Dauer erhebliche Schäden bestehen, die vom apallischen
Syndrom bis zu verschiedenen Graden von schweren Defektzuständen reichen. Bei
diesen Patienten, die nicht mehr selbständig leben können, sind neben der im
Vordergrund stehenden Pflege auch Leistungen zur Rehabilitation notwendig.
Aufgrund der insgesamt unzureichenden Versorgungssituation werden die betroffenen
Patienten, in vielen Fällen nach einer zu langen Verweildauer im Akutbereich und in
den Phasen B und C, in nicht speziell für sie zugeschnittene Einrichtungen (z.B. Altenund Pflegeheime) oder in eine unzureichende häusliche Versorgungssituation verlegt.
76
V. Hömberg
Um die für diesen Bereich benötigten stationären Einrichtungen und ambulanten
Dienste bedarfsdeckend aufbauen zu können, sind einheitliche Definitionen der
Patientengruppen sowie der Behandlungsziele und -inhalte erforderlich.
Eine dezentrale Versorgungsstruktur mit Einrichtungsplätzen für die Phase F in
ausreichender Anzahl bietet aufgrund der orts- und familiennahen Pflege die
Möglichkeit, die Angehörigen in das Pflegekonzept miteinzubeziehen, wobei diese
Plätze in räumlicher, organisatorischer und personeller Hinsicht möglichst an
geeignete Rehabilitationseinrichtungen angebunden werden sollen.
Die
Spitzenverbände
der
Krankenversicherung,
Rentenversicherung,
Unfallversicherung, Pflegeversicherung und ... haben daher auf der Ebene der BAR in
Abstimmung mit ärztlichen Sachverständigen die nachstehenden Empfehlungen
erarbeitet.
Grundlage dieser Empfehlungen bildet die „Phaseneinteilung in der neurologischen
Rehabilitation" 1 des Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger, die folgende
Einteilung trifft:
A
Akutbehandlungsphase
B
Behandlungs-/Rehabilitationsphase, in der noch intensivmedizinische
Behandlungsmöglichkeiten vorgehalten werden müssen
C
Behandlungs-/Rehabilitationsphase, in der die Patienten bereits in
der Therapie mitarbeiten können, aber noch kurativmedizinisch und mit
hohem pflegerischen Aufwand betreut werden müssen
D
Rehabilitationsphase nach Abschluß der Frühmobilisation (Medizinische
Rehabilitation im bisherigen Sinne)
E
Behandlungs-/Rehabilitationsphase nach Abschluß einer intensiven
medizinischen Rehabilitation – nachgehende Rehabilitationsleistungen
und berufliche Rehabilitation
F
Behandlungs-/Rehabilitationsphase, in der dauerhaft unterstützende,
betreuende und/oder zustandserhaltende Leistungen erforderlich sind
Trägerübergreifende Empfehlungen wurden bisher für die Phasen B und C
erarbeitet.
1
2
2
Vgl. Phaseneinteilung in der neurologischen Rehabilitation, Die Rehabilitation 3 (1995) 119–127.
Empfehlungen zur Neurologischen Rehabilitation von Patienten mit schweren und schwersten
Hirnschädigungen in den Phasen B und C vom 2. November 1995, Bundesarbeitsgemeinschaft
für Rehabilitation.
77
V. Hömberg
2
Zielgruppe
Diese Empfehlungen beziehen sich auf die Behandlung von Patienten mit den Folgen
von
neurologischen
Akutereignissen,
(Schädelhirntraumen,
cerebrale
Sauerstoffmangelschäden z.B. nach Herz-Kreislauf-Versagen), mit entzündlichen
Erkrankungsprozessen (z. B. Enzephalitis oder Polyradikulitis), mit akuten cerebralen
Gefäßschäden (insbes. Schlaganfall) oder mit den Folgen chronischer Erkrankungen
der hirnversorgenden Gefäße, von Tumoren oder Infektionen im ZNS-Bereich, mit
neurologischen
Querschnittsyndromen
oder
mit
chronisch-degenerativen
Hirnerkrankungen, die aufgrund schwerer dauerhafter Fähigkeitsstörungen nicht mehr
selbständig leben können und dauerhaft pflegebedürftig sind.
Im Vordergrund der Beeinträchtigungen, die aus den genannten Schadensbildern
resultieren, stehen verschiedene Grade der Bewußtseinsstörung (z.B. apallisches
Syndrom/Wachkoma), intellektuell-kognitive Einschränkungen, verschiedene, meist
sehr komplexe Ausfallmuster im Bereich der Sensorik, der Motorik und der
Kommunikationsfähigkeit,
Beeinträchtigungen
der
Wahrnehmungsund
Auffassungsgabe unterhalb der Schwelle eigentlicher Bewußtseinsstörung sowie
Verhaltensauffälligkeiten
verschiedener
Ausprägung,
Empfindungsund
Erlebnisverarbeitungsstörungen.
Bewußtseinsstörungen, schlaffe oder spastische (Teil-)Lähmungen und andere
Behinderungen schränken dabei unter Umständen die individuellen Lebensaktivitäten
so stark ein, daß aufwendigere medizinische Versorgungsmaßnahmen notwendig
werden können (z.B. Sondenernährung, Inkontinenzversorgung, Tracheotomie usw.,
im Extremfall auch apparative Beatmungshilfe).
Diese Personen sind vielfach noch unmittelbar bedroht von einer Vielzahl sekundärer
Schädigungen und Komplikationen sowohl im somatischen wie auch psychosozialen
Bereich.
3
Beschreibung der Phase F
3.1
Definition
Die Phase F ist die Behandlungs-/Rehabilitationsphase, in der langfristig oder
dauerhaft unterstützende, betreuende und/oder zustandserhaltende Maßnahmen
erforderlich sind.
In dieser Phase werden Patienten mit unterschiedlich schweren Beeinträchtigungen
behandelt.
Bei diesen Patienten konnte trotz qualifizierter Akutbehandlung (Phase A),
Rehabilitation (Phase B, C oder E) über einige Monate kein wesentlich funktioneller
Zugewinn erreicht werden.
78
V. Hömberg
Es ist davon auszugehen, daß auch bei diesen Patienten in unterschiedlichem
Umfang Rehabilitationspotential vorhanden ist, das nur durch langfristig angelegte
Maßnahmen genutzt werden kann.
Da sich noch nach Monaten und u. U. Jahren Besserungen zeigen, wenn durch
fachgerechte Versorgung vermeidbare Sekundärschäden verhindert werden, ist
geboten, jedem Patienten unter Vernachlässigung frühzeitiger ungünstiger Prognosen
eine Rehabilitationschance einzuräumen.
Ziel der Behandlung in der gesamten Phase F ist die Erhaltung und mögliche
Verbesserung der bisher erreichten körperlichen, geistigen, psychischen und sozialen
Fähigkeiten sowie die Prophylaxe von sekundären Schädigungen. Hierzu ist
unabhängig von der Unterbringung des Patienten neben der pflegerischen eine
kontinuierliche medizinische und rehabilitative Betreuung notwendig, die sich
insbesondere an den individuellen Lebensumständen orientiert. Ziel der
Rehabilitationsmaßnahmen ist stets auch die Minderung der Pflegebedürftigkeit.
Aufgrund des bei der Aufnahme in die Phase F nicht sicher abschätzbaren
Rehabilitationspotentials der Patienten wird die Phase F in die Phasenabschnitte F I
und F II unterteilt.
3.2
Unterteilung in Phase F I und F II
Die Phase F unterteilt sich in
• Phase F I, in der von einem noch vorhandenen, derzeit latenten Rehabilitationspotential der Patienten ausgegangen wird und in der die Bemühungen neben
der aktivierenden Pflege akzentuiert dem Erhalt und der Entwicklung des
individuellen Potentials zur weiterführenden Rehabilitation gelten. Die Phase F I ist
auf zwei Jahre begrenzt. (Bei Kindern und Jugendlichen kann dieser Zeitraum
wesentlich länger sein; mehrere Jahre, je nach individueller Entwicklung.)
• Phase F II, in der von einem geringen Rehabilitationspotential auszugehen ist und
in der zeitlich unbegrenzte pflegerische und therapeutische Hilfen zur Absicherung
und zum Erhalt des gesundheitlichen Zustandes und der erreichten sozialen
Integration im Vordergrund der Behandlung stehen.
3.3
Phase F I
3.3.1
Patientencharakteristika
• Patienten mit z.T. schweren, voraussichtlich dauerhaften oder fortschreitenden
(chronisch progredienten) Fähigkeitsstörungen, die nicht mehr selbständig leben
können und langfristig oder dauerhaft auf Unterstützung, Betreuung und/oder
pflegerische Hilfe angewiesen sind und die Eingangskriterien der Phasen B, C oder
E noch nicht erfüllen
79
V. Hömberg
3.3.2
Behandlungs-/Rehabilitationsziele
• Gezielte Förderung der somatischen und psychischen Funktionen sowie
der sozialen Integration
• Förderung der Identität einschließlich der Behinderungsbewältigung
• Linderung der Krankheitsfolgen bei chronisch progredienten Erkrankungen
• Vermeidung sekundärer Komplikationen (z.B. Kontrakturen, Decubitus,
Infektionen)
• Überprüfung des individuellen Rehabilitationspotentials zur Planung und
Einleitung der weiteren Behandlung und Versorgung
3.3.3
Behandlungs-/Rehabilitationsaufgaben und -leistungen
• Überwachung des Gesundheits- und Funktionszustandes
• Regelmäßige ärztliche Betreuung
• Bereitstellung der pflegenden, betreuenden und unterstützenden Maßnahmen und ihre Koordination
• Hilfe bei den alltäglichen Verrichtungen (Aufstehen, Körperhygiene, Ausscheidungsfunktionen, Ankleiden, Essen)
• Allgemeine und spezielle Krankenpflege (Grund- und Behandlungspflege)
• Adaptive Verfahren (z.B. Rollstuhltraining, Prothesentraining, Anpassung
von Hilfsmitteln)
• Therapeutische Interventionen nach individuellem Bedarf, wie z.B.
−
−
−
−
−
−
Krankengymnastik (auf neurophysiologischer Grundlage)
physikalische Therapie
Ergotherapie (auf neurophysiologischer Grundlage)
Logopädie
Neuropsychologie
Arbeits- und Berufstherapie
• Beaufsichtigung bei Selbst- und Fremdgefährdung
• Psychosoziale und soziale Leistungen nach individuellem Bedarf
− psychosoziale Leistungen (z.B. Unterstützung beim Prozeß der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung, Beratung und Information der
Angehörigen)
− soziale Leistungen (z.B. Hilfen zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft)
80
V. Hömberg
• ggf. Einleiten neuer Rehabilitationsmaßnahmen in den Phasen B oder C
(u.U. auch E)
3.3.4
Behandlungszeitraum
Zeitlich befristet, in der Regel bis zu zwei Jahren.
3.3.5
Übergangsmöglichkeiten
Erneute Behandlung/Rehabilitation
• in der Phase A bei akuter Verschlechterung des Zustandes,
• in den Phasen B oder C sobald eine Zustandsverbesserung eintritt,
• ggf. weiterführende Rehabilitation in den Phasen D und E,
wenn über längstens zwei Jahre kein funktioneller Zugewinn feststellbar
ist, Übergang in Phase F II.
3.3.6
Leistungsrechtliche Zuordnung
Die Phase F I ist leistungsrechtlich bezogen auf die Pflegeleistungen der
Pflegeversicherung, der Unfallversicherung und der überörtlichen Sozialhilfe
zuzuordnen. Sofern für den Patienten grundsätzlich noch eine berufliche Perspektive
gesehen werden kann, ist eine Drittelung der leistungsrechtlichen Ansprüche nach
dem im Freistaat Bayern geltenden Muster, z.B. für die Zusammenarbeit der
Leistungsträger bei der Rehabilitation bei Patienten mit erworbenen Hirnschäden nach
dem Förderungsprogramm der Stiftung „Pfennigparade“ in München (Projekt
REVERSY) anzustreben, wobei zu gleichen Teilen Rentenversicherer,
Krankenversicherer und Sozialhilfeträger Leistungsträger sind.
Die rehabilitationsbezogenen Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger finanziert. Die Zuständigkeit der Leistungsträger richtet sich im Einzelfall nach
den für sie geltenden Vorschriften.
3.3.7
Versorgungsformen
3.3.7.1 Stationäre Versorgung
Diese Versorgung kommt in Betracht, wenn der Patient nicht oder noch nicht im
häuslichen Umfeld gepflegt und versorgt werden kann sowie zur
Kurzzeitunterbringung.
Ist eine Versorgung des Patienten im häuslichen Umfeld teilweise möglich, kann die
Phase F I auch in teilstationärer Form durchgeführt werden.
81
V. Hömberg
Räumliche und apparative Ausstattung 3
a)
Hinsichtlich der räumlichen und apparativen Ausstattung sind differenzierte
Wohnformen möglich, die zum einen eine angemessene Grund- und
Behandlungspflege erlauben, zum anderen aber auch individuelle persönliche
Gestaltung des Wohnens im Sinne eines individuellen Wohnumfeldes gestatten.
Räumliche Ausstattung je nach Größe der Einrichtung:
• Zweibettzimmer/Einbettzimmer
• Wachzimmer
• Räume für Einzel- und Gruppentherapien
• angemessener Kommunikationsbereich
• Schwestern-/Pfleger-Dienstzimmer
• Schwestern-/Pfleger-Arbeitsraum
• Zimmer für Sozialarbeiter/Therapeuten
• Pflegebad
• evtl. Gästezimmer für Angehörige (in der Einrichtung oder
in der unmittelbaren Nähe)
• ausreichender Lagerungsraum für Hilfs- und Pflegemittel
Sorge zu tragen ist für eine durchgehend barrierefreie, behindertengerechte
Zugänglichkeit.
Apparative Ausstattung
• apparativ notwendige Ausstattung zur Überwachung und zur
Notfallbehandlung
b)
Personelle Ausstattung
Die pflegerische Versorgung muß rund um die Uhr gewährleistet sein.
• Ärztlicher Bereich
Die primär-ärztliche Versorgung durch niedergelassene Ärzte muß sichergestellt sein.
Darüber hinaus ist eine ärztliche Versorgung durch einen festen Kooperationspartner
der betreuenden Einrichtung in teilzeitiger Tätigkeit sicherzustellen, wobei ein
Mengengerüst von einer Viertelstunde Tätigkeit pro Patient und Woche angemessen
erscheint.
Konsiliarärztliche, labormäßige sowie diagnostische Überwachung und Behandlung
müssen sichergestellt werden.
3
Ausstattung auf Größe der Einrichtung bezogen, entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
82
V. Hömberg
• Pflegerischer Bereich
Pflege- und Betreuungsdienste (einschl. Erzieher und Heilerzieher)
Der Anteil der Grundpflege einschl. betreuender pädagogischer Dienste wird mit
einem Mengengerüst von 1:1,3 Patienten veranschlagt. Das pflegerische Personal
umfaßt dabei
−
−
−
−
−
Krankenschwestern/-pfleger
Krankenpflegehelfer/-innen
Altenpfleger/-innen
Heilerziehungspfleger/-innen
Zivildienstleistende
Die Behandlungspflege erfolgt nach speziellem Behandlungs- und Pflegeplan.
• Therapeutischer Bereich
4
Std./Tag Therapie pro Patient
Therapeutisches Personal z.B.:
−
−
−
−
−
−
Krankengymnasten
Physiotherapeuten
Ergotherapeuten
Logopäden
Psychologen/Klinische Neuropsychologen
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen
Für therapeutische Leistungen wird von zwei Therapieeinheiten bzw. Therapiestunden
pro Tag ausgegangen. Für notwendige Binnenkommunikation im therapeutischen
Team muß ein „Overhead“ von 20 % der therapeutischen Arbeitszeit kalkuliert
werden.
Sämtliche therapeutischen und sozialen Leistungen müssen durch einen
„Casemanager“ koordiniert werden, der zusätzlich aus jeder der o.a. beteiligten
Pflege- bzw. Therapieberufsfelder gestellt werden kann.
• Sonstiges Personal
Verwaltung u.a.
4
Entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
83
V. Hömberg
3.3.7.2 Ambulante Versorgung
Wird die Phase F I in Form häuslicher Betreuung in Verbindung mit ambulanter Pflege
und Rehabilitation durchgeführt, sind neben den durch den Casemanager
koordinierten, im Team erbrachten Leistungen nach 3.3.3 folgende zusätzliche Hilfen
erforderlich:
• Beratung und Anleitung der Angehörigen oder sonstiger Bezugspersonen
• Entlastung und Unterstützung der Angehörigen oder sonstiger Bezugspersonen durch Sozial- und Pflegedienste
• Beratung, Planung und Begleitung der notwendigen behindertengerechten
Um- und Ausbaumaßnahmen, die eine häusliche Pflege ermöglichen
In der Regel ist bei einer solchen ambulanten Versorgung kurzzeitige
Unterbringungsmöglichkeit in einer stationären Einrichtung vorauszusetzen, um
notwendige Entlastung der Angehörigen oder sonstiger Betreuungspersonen
sicherzustellen.
3.4
Phase F II
Grundsätzlich ist in Phase F II von einer Umqualifizierung der Therapien auszugehen
mit der Zielsetzung, zu dauerhaft akzeptablen Tagesstrukturen mit begleitender
Unterbringung in anderen Einrichtungen wie Werkstätten für Behinderte oder
Tagesförderstätten zu kommen. Hier ist eine verbesserte Durchlässigkeit der
Zugänglichkeiten für den „zweiten Lebensraum“ des Patienten strukturierenden
Maßnahmen dringend geboten. Ziel ist dabei, die dauerhafte Lebensperspektive des
Patienten mit optimaler, seiner Behinderung angemessener Lebensqualität
sicherzustellen.
3.4.1
Patientencharakteristika
• Patienten mit z.T. schweren, wahrscheinlich dauerhaften oder fortschreitenden
(chronisch progredienten) Fähigkeitsstörungen, die nicht mehr selbständig leben
können und langfristig oder dauerhaft auf Unterstützung, Betreuung und/oder
pflegerische Hilfe angewiesen sind und bei denen in den Phasen B, C oder F I in
den vorgesehenen Behandlungszeiträumen kein funktioneller Zugewinn feststellbar
ist.
3.4.2
Behandlungs-/Rehabilitationsziele
• Sicherung und Erhaltung des erreichten Funktionszustandes und Mobilisierungsgrades
• Linderung der Krankheitsfolgen bei chronisch progredienten Erkrankungen
• Vermeidung sekundärer Komplikationen (z. B. Kontrakturen, Decubitus,
Infektionen)
84
V. Hömberg
• Förderung spontan entstandenen Rehabilitationspotentials
3.4.3
Behandlungs-/Rehabilitationsaufgaben und -leistungen
• Überwachung des Gesundheits- und Funktionszustandes
• regelmäßige ärztliche Betreuung
• Bereitstellung der pflegenden, betreuenden und unterstützenden Maßnahmen
und ihre Koordination
• Ggf. integrierte institutionelle Dauerpflege bzw. -betreuung
• Hilfe bei den alltäglichen Verrichtungen (Aufstehen, Körperhygiene,
Ausscheidungsfunktionen, Ankleiden, Essen)
• Allgemeine und spezielle Krankenpflege (Grund- und Behandlungspflege)
• Therapeutische Interventionen je nach individuellem Bedarf, auch im Rahmen
der zustandserhaltenden Dauerpflege (s. Ziffer 3.3.3)
• Adaptive Verfahren (z. B. Rollstuhltraining, Prothesentraining, Anpassung von
Hilfsmitteln)
• Beaufsichtigung bei Selbst- und/oder Fremdgefährdung
• Psychosoziale und soziale Leistungen nach individuellem Bedarf
• Psychosoziale Leistungen (z. B. Hilfen zur psychischen Stabilisierung, Beratung
und Information der Angehörigen)
• Soziale Leistungen (z. B. Hilfen zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben)
• Ggf. Einleiten erneuter Rehabilitationsleistungen in den Phasen F I, B oder E
3.4.4
Behandlungszeitraum
Meist auf Dauer (ggf. bis ans Lebensende des Patienten)
3.4.5
Übergangsmöglichkeiten
Erneute Behandlung/Rehabilitation
• in der Phase A bei akuter Verschlechterung des Zustandes,
• in den Phasen B oder C bei einer Zustandsverbesserung,
• in der Phase F I zur Abklärung eines wiederentstandenen Rehabilitationspotentials.
3.4.6
Leistungsrechtliche Zuordnung
Die Phase F II ist leistungsrechtlich der Pflegeversicherung, der Unfallversicherung
und der überörtlichen Sozialhilfe zuzuordnen. Die rehabilitationsbezogenen Leistungen
werden vom zuständigen Rehabilitationsträger finanziert. Die Zuständigkeit der
85
V. Hömberg
Leistungsträger richtet sich im Einzelfall nach den für sie geltenden Vorschriften.
3.4.7
Versorgungsformen
3.4.7.1 Ambulante Versorgung
Wird der Patient zu Hause versorgt, sind neben den Leistungen nach 3.4.3 folgende
zusätzliche Hilfen erforderlich:
• Entlastung und Unterstützung der Angehörigen durch Sozial- und
Pflegedienste
• Beratung und Anleitung der Angehörigen
• Sicherstellung eines ärztlichen Notdienstes
• Gewährleistung der stationären Krisenintervention
• Kurzzeitunterbringungsmöglichkeit in einer stationären Einrichtung
• Beratung und Hilfen für notwendige behindertengerechte Um- und/oder
Ausbaumaßnahmen, die eine häusliche Pflege ermöglichen
3.4.7.2 Stationäre Versorgung
Ist die häusliche Betreuung durch Angehörige nicht möglich, ist die Phase F II in
stationärer Form durchzuführen. Die stationäre Versorgung kann auch durch
Wohngruppen realisiert werden.
Die Dauerpflegeeinrichtung der Phase F II kann an eine Einrichtung der
neurologischen Rehabilitation (insbesondere auch an eine Phase-F-I-Einrichtung)
angeschlossen oder als selbständige Einrichtung konzipiert sein.
a)
Räumliche und apparative Ausstattung
5
Räumliche Ausstattung je nach Größe der Einrichtung:
• Zweibettzimmer/Einbettzimmer
• Wachzimmer
• Zimmer für Einzeltherapie
• angemessener Kommunikationsbereich
• Schwestern-/Pfleger- Dienstzimmer
• Schwestern-/Pfleger- Arbeitsraum
• Pflegebad
• evtl. Gästezimmer für Angehörige (in der Einrichtung oder in der
unmittelbaren Nähe)
5
Ausstattung auf Größe der Einrichtung bezogen, entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
86
V. Hömberg
Apparative Ausstattung:
• apparativ notwendige Ausstattung zur Überwachung und zur
Notfallbehandlung.
b)
Personelle Ausstattung 6
Die pflegerische und ärztliche Versorgung muß rund um die Uhr gewährleistet sein.
Die rehabilitative Versorgung muß, soweit sie nicht im Rahmen der aktivierenden
Dauerpflege durchgeführt wird, durch therapeutisches Personal gewährleistet sein.
• Ärztlicher Bereich
7
Std./Tag ärztliche Leistung pro Patient
Ärztliche Rund-um-die-Uhr-Betreuung
sicherzustellen.
ist
u.
a.
durch
Bereitschaftsdienst
Konsiliarärztliche, labormäßige sowie diagnostische Überwachung und Behandlung
müssen sichergestellt werden.
• Pflegerischer Bereich
Die pflegerische Versorgung muß rund um die Uhr sichergestellt werden.
Der Anteil der Grund- und Behandlungspflege liegt bei.
Pflegerisches Personal z. B.:
− Krankenschwestern/-pfleger
− Krankenpflegehelfer/-innen
− Altenpfleger/-innen
− Heilerziehungspfleger/-innen
− Zivildienstleistende
• Therapeutischer Bereich:
8
Std./Tag Therapie pro Patient
Therapeutisches Personal z. B.:
− Krankengymnasten
6
7
8
Ausstattung auf Größe der Einrichtung bezogen, entsprechend dem Ergebnis de Beratungen.
Entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
Entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
87
V. Hömberg
− Physiotherapeuten
− Ergotherapeuten
− Logopäden
− Psychologen/Klinische Neuropsychologen
− Sozialarbeiter/Sozialpädagogen
Bei geringem
angegliederten
einzusetzen.
Stundenbedarf einzelner
Rehabilitationseinrichtung
Therapeuten sind Therapeuten der
oder niedergelassene Therapeuten
• Sonstiges Personal
Verwaltung u.a.
Priv.-Doz. Dr.Volker Hömberg
Ärztlicher Leiter Neurologisches Therapiecentrum, Heinrich-Heine-Universität,
Düsseldorf
88
ANHANG
BAR-Entwurf
ENTWURF
Empfehlungen für die langfristige oder dauerhafte Pflege
und Rehabilitation von Patienten mit schweren und schwersten
neurologischen Schädigungen in der Phase F
– Stand: 9. Mai 1996 –
Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
1
Allgemeines
Bei ca. 15 bis 20 % aller neurologischen Patienten bleiben nach bisherigem
Kenntnisstand trotz qualifizierter Behandlung im Akutbereich und in den nachfolgenden
Rehabilitationsphasen auf Dauer erhebliche Schäden bestehen, die vom apallischen
Syndrom bis zu verschiedenen Graden von schweren Defektzuständen reichen. Bei
diesen Patienten, die nicht mehr selbständig leben können, sind neben der im
Vordergrund stehenden Pflege auch Leistungen zur Rehabilitation notwendig.
Aufgrund der insgesamt unzureichenden Versorgungssituation werden die betroffenen
Patienten, in vielen Fällen nach einer zu langen Verweildauer im Akutbereich und in
der Phase B und C, in nicht speziell für sie zugeschnittene Einrichtungen (z. B. Altenund Pflegeheime) oder in eine unzureichende häusliche Versorgungssituation verlegt.
Um die für diesen Bereich benötigten stationären Einrichtungen und ambulanten
Dienste bedarfsdeckend aufbauen zu können, sind einheitliche Definitionen der
Patientengruppen sowie der Behandlungsziele und -inhalte erforderlich.
Eine dezentrale Versorgungsstruktur mit Einrichtungsplätzen für die Phase F in
ausreichender Anzahl bietet aufgrund der orts- und familiennahen Pflege die
Möglichkeit, die Angehörigen in das Pflegekonzept miteinzubeziehen, wobei diese
Plätze in räumlicher, organisatorischer und personeller Hinsicht möglichst an eine
neurologische Rehabilitationseinrichtung angebunden werden soll, um jederzeit eine
Verlegung der Patienten in andere Phasen zu ermöglichen.
Die
Spitzenverbände
der
Krankenversicherung,
Rentenversicherung,
Unfallversicherung, Pflegeversicherung und ... haben daher auf der Ebene der BAR in
89
ANHANG
BAR-Entwurf
Abstimmung mit ärztlichen Sachverständigen die nachstehenden Empfehlungen
erarbeitet.
Grundlage dieser Empfehlungen bildet die „Phaseneinteilung in der neurologischen
Rehabilitation“ 9 des Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger, die folgende
Einteilung trifft:
A
Akutbehandlungsphase
B
Behandlungs-/Rehabilitationsphase, in der noch intensivmedizinische
Behandlungsmöglichkeiten vorgehalten werden müssen
C
Behandlungs-/Rehabilitationsphase, in der die Patienten bereits in
der Therapie mitarbeiten können, aber noch kurativmedizinisch und
mit hohem pflegerischen Aufwand betreut werden müssen
D
Rehabilitationsphase nach Abschluß der Frühmobilisation (medizinische
Rehabilitation im bisherigen Sinne)
E
Behandlungs-/Rehabilitationsphase nach Abschluß einer intensiven
medizinischen Rehabilitation – nachgehende Rehabilitationsleistungen
und berufliche Rehabilitation
F
Behandlungs-/Rehabilitationsphase, in der dauerhaft unterstützende,
betreuende und/oder zustandserhaltende Leistungen erforderlich sind.
Trägerübergreifende Empfehlungen wurden bisher für die Phasen B und C
erarbeitet.
2
10
Zielgruppe
Diese Empfehlungen beziehen sich auf die Behandlung von Patienten mit den Folgen
von
neurologischen
Akutereignissen
(Schädel-Hirn-Traumen,
cerebrale
Sauerstoffmangelschäden z. B. nach Herz-Kreislauf-Versagen), mit entzündlichen
Erkrankungsprozessen (z. B. Enzephalitis oder Polyradikulitis), mit akuten cerebralen
Gefäßschäden (insbes. Schlaganfall) oder mit den Folgen chronischer Erkrankungen
der hirnversorgenden Gefäße, von Tumoren oder Infektionen im ZNS-Bereich, mit
neurologischen
Querschnittsyndromen
oder
mit
chronisch-degenerativen
9
Vgl. Phaseneinteilung in der neurologischen Rehabilitation, Die Rehabilitation 3 (1995) 119–127.
Empfehlungen zur Neurologischen Rehabilitation von Patienten mit schweren und schwersten Hirnschädigungen
in den Phasen B und C vom 2. November 1995, Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation.
10
90
ANHANG
BAR-Entwurf
Hirnerkrankungen, die aufgrund schwerer dauerhafter Fähigkeitsstörungen nicht mehr
selbständig leben können und dauerhaft pflegebedürftig sind.
Im Vordergrund der Fähigkeitsstörungen, die aus den genannten Schadensbildern
resultieren, stehen verschiedene Grade der Bewußtseinsstörung (z. B. apallisches
Syndrom/Wachkoma), intellektuell-kognitive Einschränkungen, verschiedene, meist
sehr komplexe Ausfallmuster im Bereich der Sensorik, der Motorik und der
Kommunikationsfähigkeit,
Beeinträchtigungen
der
Wahrnehmungsund
Auffassungsgabe unterhalb der Schwelle eigentlicher Bewußtseinsstörung, sowie
Verhaltensauffälligkeiten
verschiedener
Ausprägung,
Empfindungsund
Erlebnisverarbeitungsstörungen.
Bewußtseinsstörungen, schlaffe oder spastische (Teil-)Lähmungen und andere
Behinderungen schränken dabei unter Umständen die individuellen Lebensaktivitäten
so stark ein, daß aufwendigere medizinische Versorgungsmaßnahmen notwendig
werden können (z. B. Sondenernährung, Inkontinenzversorgung, Tracheotomie usw.,
im Extremfall auch apparative Beatmungshilfe).
Diese Personen sind, abhängig von ihrer Mobilität/Mobilisierbarkeit, vielfach noch
unmittelbar bedroht von einer Vielzahl sekundärer Schädigungen und Komplikationen,
die von chronifizierender muskulärer Spastik und von Kontrakturen großer und kleiner
Gelenke über lebensbedrohende Infekte, über Muskelatrophien bis hin zu DekubitalUlcera reichen.
3
Beschreibung der Phase F
3.1
Einteilungsüberlegungen
Die Phase F ist die Behandlungs-/Rehabilitationsphase, in der langfristig oder
dauerhaft unterstützende, betreuende und/oder zustandserhaltende Maßnahmen
erforderlich sind.
In dieser Phase werden diejenigen Patienten behandelt, bei denen trotz qualifizierter
Akutbehandlung (Phase A) und Frührehabilitation (Phase B und/oder Phase C) kein
funktioneller Zugewinn und damit keine aktuelle Rehabilitationsfähigkeit erreicht werden konnte. Hierzu zählen auch Patienten, bei denen die Rehabilitation in Phase D
nicht den erhofften Erfolg gebracht hat oder bei denen in dieser Phase eine
Verschlechterung eingetreten ist.
91
ANHANG
BAR-Entwurf
Da sich noch nach Monaten und u. U. Jahren mitunter Besserungen zeigen, wenn
durch fachgerechte Versorgung vermeidbare Defektzustände verhindert werden, ist
es gerechtfertigt, jedem dieser Patienten unter Vernachlässigung frühzeitiger
ungünstiger Prognosen eine Rehabilitationschance einzuräumen.
Grundlegendes Ziel der Behandlung in der gesamten Phase F ist die Erhaltung und
mögliche Verbesserung der bisher erreichten körperlichen, geistigen und
verhaltensmäßigen Fähigkeiten sowie die Prophylaxe und Behandlung von
sekundären Schädigungen. Hierzu ist neben der pflegerischen eine kontinuierliche
medizinische und rehabilitative Betreuung notwendig, um für den Fall einer
Verbesserung der Bewußtseinslage die Rehabilitationsfähigkeit zu erhalten. Ziel der
Rehabilitationsmaßnahmen ist stets auch die Minderung der Pflegebedürftigkeit.
In der Phase F werden Patienten mit unterschiedlich schweren Fähigkeitsstörungen
behandelt. Eine Einteilung der Patienten in Kategorien ermöglicht die
dementsprechend erforderliche Differenzierung der Leistungsprofile.
Aufgrund des bei Aufnahme in die Phase F nicht sicher abschätzbaren Rehabilitationspotentials der Patienten wird die Phase F in die Phasenabschnitte F I und F II
unterteilt.
3.2
Unterteilung in Phase F I und Phase F II
Die Phase F unterteilt sich in :
• Phase F I, in der von einem noch vorhandenen, derzeit latenten
Rehabilitationspotential der Patienten ausgegangen wird und die Bemühungen
neben der aktivierenden Pflege akzentuiert der Erhaltung und der Fortentwicklung
des individuellen Potentials zur weiterführenden Rehabilitation gelten. Die Phase F I
ist zeitlich begrenzt
• Phase F II, in der aufgrund schwerer bleibender Fähigkeitsstörungen und
Mehrfachbehinderungen von einem geringen Rehabilitationspotential auszugehen
ist und die zeitlich unbegrenzte Pflege, auch zur Absicherung bzw. dem Erhalt des
gesundheitlichen Zustandes und der erreichten sozialen Integration, im
Vordergrund der Behandlung steht. Verbesserungen des individuellen
Rehabilitationspotentials sind auch in dieser Phase nicht ausgeschlossen und
erfordern ggf. entsprechende rehabilitative Aktivitäten
3.3
Phase F I
92
ANHANG
3.3.1
BAR-Entwurf
Patientencharakteristika
• Patienten mit z. T. schweren, voraussichtlich dauerhaften oder fortschreitenden
(chronisch progredienten) Fähigkeitsstörungen, die nicht mehr selbständig leben
können und langfristig oder dauerhaft auf Unterstützung, Betreuung und/oder
pflegerische Hilfe angewiesen sind und die Eingangskriterien der Phasen B, C oder
D noch nicht erfüllen
3.3.2
Behandlungs-/Rehabilitationsziele
• Gezielte Förderung des Funktionszustandes und des Mobilisierungsgrades
zur Aufnahme in eine weiterführende Rehabilitationseinrichtung
• Linderung der Krankheitsfolgen bei chronisch progredienten Erkrankungen
• Ermittlung des individuellen Rehabilitationspotentials
• Vermeidung sekundärer Komplikationen (z. B. Kontrakturen, Dekubitus,
Infektionen)
• Planung und Einleitung der weiteren Behandlung und Versorgung
3.3.3
Behandlungs-/Rehabilitationsaufgaben und -leistungen
• Überwachung des Gesundheits- und Funktionszustandes
• Regelmäßige ärztliche Betreuung
• Bereitstellung der pflegenden, betreuenden und unterstützenden Maßnahmen
und ihre Koordination
• Hilfe bei den alltäglichen Verrichtungen (Aufstehen, Körperhygiene,
Ausscheidungsfunktionen, Ankleiden, Essen)
• Allgemeine und spezielle Krankenpflege (Grund- und Behandlungspflege)
• Adaptive Verfahren (z. B. Rollstuhltraining, Prothesentraining, Anpassung von
Hilfsmitteln)
• Therapeutische Interventionen nach individuellem Bedarf
−
−
Krankengymnastik (auf neurophysiologischer Grundlage, manuelle
Therapie)
physikalische Therapie (z. B. manuelle Lymphdrainage, klassische Massage, Colonmassage, Bindegewebsmassage, Fango, Eisanwendungen,
Inhalationen)
93
ANHANG
−
−
−
−
−
BAR-Entwurf
Ergotherapie (z. B. Basistraining neuropsychologischer Störungen, motorischfunktionelle Behandlung, Behandlung von Sensibilitätsstörungen, kognitive und
intellektuelle Stimulation, Realitäts- und Orientierungstraining, Haushalts- und
Selbsthilfetraining – ADL)
facial-orale Therapie (FOT)
Logopädie (z. B. Kommunikationsanbahnung, Sprach- und Sprechtherapie)
Musiktherapie
Arbeitstherapie (falls möglich)
• Beaufsichtigung bei Selbst- und/oder Fremdgefährdung
• Psychosoziale und soziale Leistungen nach individuellem Bedarf
− psychosoziale Leistungen (z. B. Unterstützung beim Prozeß der Krankheits- und
Behinderungsverarbeitung, Beratung und Information der Angehörigen)
− soziale Leistungen (z. B. Hilfen zur Teilnahme am gesellschaftlichen
Leben)
• Ggf. Einleiten erneuter Rehabilitationsmaßnahmen in den Phasen B oder C
(u. U. D oder E)
3.3.4
Behandlungszeitraum
Zeitlich befristet, längstens bis zu zwei Jahren
3.3.5
Übergangsmöglichkeiten
Erneute Behandlung/Rehabilitation
• in der Phase A bei akuter Verschlechterung des Zustandes,
• in den Phasen B oder C, sobald eine Zustandsverbesserung eintritt,
• ggf. weiterführende Rehabilitation in den Phasen D und E,
wenn über längstens zwei Jahre kein funktioneller Zugewinn feststellbar ist, Übergang
in Phase F II.
3.3.6
Leistungsrechtliche Zuordnung
Die Phase F I ist leistungsrechtlich bezogen auf die Pflegeleistungen der
Pflegeversicherung, der Unfallversicherung und der überörtlichen Sozialhilfe
zuzuordnen. Die rehabilitationsbezogenen Leistungen werden vom zuständigen
94
ANHANG
BAR-Entwurf
Rehabilitationsträger finanziert. Die Zuständigkeit der Leistungsträger richtet sich im
Einzelfall nach den für sie geltenden Vorschriften.
3.3.7
Versorgungsformen
3.3.7.1 Stationäre Versorgung
Die stationäre Versorgung in der Phase F I ist insbesondere zur gezielten
funktionellen Förderung und zur weiteren Abklärung des vorhandenen
Rehabilitationspotentials angezeigt. Sie kommt auch in Betracht, wenn Angehörige den
Patienten nicht oder noch nicht im häuslichen Umfeld pflegen und versorgen können
sowie zur Kurzzeitunterbringung.
Ist eine Versorgung des Patienten im häuslichen Umfeld zeitweise möglich, kann die
Phase F I auch in teilstationärer Form durchgeführt werden.
Die Einrichtung der Phase F I sollte an eine neurologische Rehabilitationseinrichtung –
ggf. in Verbindung mit einer Einrichtung der Phase F II – angeschlossen sein.
Räumliche und apparative Ausstattung 11
a)
• Räumliche Ausstattung je nach Größe der Einrichtung:
−
−
−
−
−
−
−
−
−
Zweibettzimmer/Einbettzimmer
Wachzimmer
Zimmer für Einzeltherapie
angemessener Kommunikationsbereich
Schwestern-/Pfleger-Dienstzimmer
Schwestern-/Pfleger-Arbeitsraum
Zimmer für Sozialarbeiter/Therapeuten
Pflegebad
evtl. Gästezimmer für Angehörige (in der Einrichtung oder in der
unmittelbaren Nähe)
• Apparative Ausstattung
− apparativ notwendige Ausstattung zur Überwachung und zur Notfallbehandlung
b)
11
Personelle Ausstattung
12
Ausstattung auf Größe der Einrichtung bezogen, entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
95
ANHANG
BAR-Entwurf
Die pflegerische und ärztliche Versorgung muß rund um die Uhr gewährleistet sein.
Die rehabilitative Versorgung entspricht der in den Phasen B, C und D, sie wird jedoch
nach dem Zustandsbild des Patienten in angepaßter Form durchgeführt.
• Ärztlicher Bereich
13
Std./Tag ärztliche Leistung pro Patient
Ärztliche Rund-um-die-Uhr-Betreuung ist u. a. durch Bereitschaftsdienst
sicherzustellen.
Konsiliarärztliche, labormäßige sowie diagnostische Überwachung und Behandlung
müssen sichergestellt werden.
• Pflegerischer Bereich
Der Anteil der Grund- und Behandlungspflege liegt bei 14
Pflegerisches Personal, z. B.:
−
−
−
−
−
Krankenschwestern/-pfleger
Krankenpflegehelfer/-innen
Altenpfleger/-innen
Heilerziehungspfleger/-innen
Zivildienstleistende
• Therapeutischer Bereich
15
Std./Tag Therapie pro Patient
Therapeutisches Personal z. B.:
−
−
−
−
−
−
Krankengymnasten
Physiotherapeuten
Ergotherapeuten
Logopäden
Psychologen/Klinische Neuropsychologen
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen
Bei geringem Stundenbedarf einzelner Therapeuten sind Therapeuten der
angegliederten Rehabilitationseinrichtung oder niedergelassene Therapeuten
einzusetzen.
• Sonstiges Personal
Verwaltung u. a.
12
Ausstattung auf Größe der Einrichtung bezogen, entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
Entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
14
Entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
15
Entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
13
96
ANHANG
BAR-Entwurf
3.3.7.2 Ambulante Versorgung
Wird die Phase F I in Form der durch Angehörige getragenen häuslichen Betreuung in
Verbindung mit ambulanter Pflege und Rehabilitation durchgeführt, sind neben den
Leistungen nach 3.3.3 folgende zusätzliche Hilfen erforderlich:
• Entlastung und Unterstützung der Angehörigen durch Sozial- und
Pflegedienste
• Beratung und Anleitung der Angehörigen
• Sicherstellung eines ärztlichen Notdienstes
• Gewährleistung der stationären Krisenintervention
• Kurzzeitunterbringungsmöglichkeit in einer stationären Einrichtung
• Beratung und Hilfen für notwendige behindertengerechte Um- und/
oder Ausbaumaßnahmen, die eine häusliche Pflege ermöglichen
3.4
Phase F II
3.4.1
Patientencharakteristika
• Patienten mit z. T. schweren, wahrscheinlich dauerhaften oder fortschreitenden
(chronisch progredienten) Fähigkeitsstörungen, die nicht mehr selbständig leben
können und langfristig oder dauerhaft auf Unterstützung, Betreuung und/oder
pflegerische Hilfe angewiesen sind und bei denen in den Phasen B, C oder F I in
den vorgesehenen Behandlungszeiträumen kein funktioneller Zugewinn feststellbar
ist.
3.4.2
Behandlungs-/Rehabilitationsziele
• Sicherung und Erhaltung des erreichten Funktionszustandes und
Mobilisierungsgrades
• Linderung der Krankheitsfolgen bei chronisch progredienten Erkrankungen
• Vermeidung sekundärer Komplikationen (z. B. Kontrakturen, Dekubitus, Infektionen)
• Förderung spontan entstandenen Rehabilitationspotentials
97
ANHANG
3.4.3
BAR-Entwurf
Behandlungs-/Rehabilitationsaufgaben und -leistungen
• Überwachung des Gesundheits- und Funktionszustandes
• Regelmäßige ärztliche Betreuung
• Bereitstellung der pflegenden, betreuenden und unterstützenden Maßnahmen
und ihre Koordination
• Ggf. integrierte institutionelle Dauerpflege bzw. -betreuung
• Hilfe bei den alltäglichen Verrichtungen (Aufstehen, Körperhygiene,
Ausscheidungsfunktionen, Ankleiden, Essen)
• Allgemeine und spezielle Krankenpflege (Grund- und Behandlungspflege)
• Therapeutische Interventionen je nach individuellem Bedarf, auch im Rahmen
der zustandserhaltenden Dauerpflege (s. Ziffer 3.3.3)
• Adaptive Verfahren (z.B. Rollstuhltraining, Prothesentraining, Anpassung von
Hilfsmitteln)
• Beaufsichtigung bei Selbst- und/oder Fremdgefährdung
• Psychosoziale und soziale Leistungen nach individuellem Bedarf
− psychosoziale Leistungen (z. B. Hilfen zur psychischen Stabilisierung,
Beratung und Information der Angehörigen)
− soziale Leistungen (z. B. Hilfen zur Teilnahme am gesellschaftlichen
Leben)
• Ggf. Einleiten erneuter Rehabilitationsleistungen in den Phasen F I, B oder C
3.4.4
Behandlungszeitraum
Meist auf Dauer (ggf. bis ans Lebensende des Patienten)
3.4.5
Übergangsmöglichkeiten
Erneute Behandlung/Rehabilitation
• in der Phase A bei akuter Verschlechterung des Zustandes,
• in den Phasen B oder C bei einer Zustandsverbesserung,
• in der Phase F I zur Abklärung eines wiederentstandenen Rehabilitationspotentials.
98
ANHANG
3.4.6
BAR-Entwurf
Leistungsrechtliche Zuordnung
Die Phase F II ist leistungsrechtlich der Pflegeversicherung, der Unfallversicherung
und der überörtlichen Sozialhilfe zuzuordnen. Die rehabilitationsbezogenen Leistungen
werden vom zuständigen Rehabilitationsträger finanziert. Die Zuständigkeit der
Leistungsträger richtet sich im Einzelfall nach den für sie geltenden Vorschriften.
3.4.7
Versorgungsformen
3.4.7.1 Ambulante Versorgung
Die Phase F II wird regelmäßig in Form der durch Angehörige getragenen häuslichen
Betreuung in Verbindung mit ambulanter Pflege und Rehabilitation durchgeführt.
Wird der Patient zu Hause versorgt, sind neben den Leistungen nach 3.4.3 folgende
zusätzliche Hilfen erforderlich:
• Entlastung und Unterstützung der Angehörigen durch Sozial- und
Pflegedienste
• Beratung und Anleitung der Angehörigen
• Sicherstellung eines ärztlichen Notdienstes
• Gewährleistung der stationären Krisenintervention
• Kurzzeitunterbringungsmöglichkeit in einer stationären Einrichtung
• Beratung und Hilfen für notwendige behindertengerechte Um- und/
oder Ausbaumaßnahmen, die eine häusliche Pflege ermöglichen
3.4.7.2 Stationäre Versorgung
Ist die häusliche Betreuung durch Angehörige nicht möglich, ist die Phase F II in
stationärer Form durchzuführen. Die stationäre Versorgung kann auch durch
Wohngruppen realisiert werden.
Die Dauerpflegeeinrichtung der Phase F II kann an eine Einrichtung der
neurologischen Rehabilitation (insbesondere auch an eine Phase-F-I-Einrichtung)
angeschlos-sen oder als selbständige Einrichtung konzipiert sein.
99
ANHANG
BAR-Entwurf
Räumliche und apparative Ausstattung 16
a)
• Räumliche Ausstattung je nach Größe der Einrichtung:
−
−
−
−
−
−
−
−
Zweibettzimmer/Einbettzimmer
Wachzimmer
Zimmer für Einzeltherapie
angemessener Kommunikationsbereich
Schwestern-/Pfleger-Dienstzimmer
Schwestern-/Pfleger-Arbeitsraum
Pflegebad
evtl. Gästezimmer für Angehörige (in der Einrichtung oder in der
unmittelbaren Nähe)
• Apparative Ausstattung:
− apparativ notwendige Ausstattung zur Überwachung und zur Notfallbehandlung
Personelle Ausstattung 17
b)
Die pflegerische und ärztliche Versorgung muß rund um die Uhr gewährleistet sein.
Die rehabilitative Versorgung muß, soweit sie nicht im Rahmen der aktivierenden
Dauerpflege durchgeführt wird, durch therapeutisches Personal gewährleistet sein.
• Ärztlicher Bereich
18
Std./Tag ärztliche Leistung pro Patient
Ärztliche Rund-um-die-Uhr-Betreuung ist u. a. durch Bereitschaftsdienst sicherzustellen.
Konsiliarärztliche, labormäßige sowie diagnostische Überwachung und Behandlung
müssen sichergestellt werden.
• Pflegerischer Bereich
Die pflegerische Versorgung muß rund um die Uhr sichergestellt werden.
Der Anteil der Grund- und Behandlungspflege liegt bei 19
Pflegerisches Personal z. B.:
− Krankenschwestern/-pfleger
− Krankenpflegehelfer/-innen
16
Ausstattung auf Größe der Einrichtung bezogen, entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
Ausstattung auf Größe der Einrichtung bezogen entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
18
Entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
19
Ausstattung auf Größe der Einrichtung bezogen, entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
17
100
ANHANG
BAR-Entwurf
− Altenpfleger/-innen
− Heilerziehungspfleger/-innen
− Zivildienstleistende
• Therapeutischer Bereich
20
Std./Tag Therapie pro Patient
Therapeutisches Personal z. B.:
−
−
−
−
−
−
Krankengymnasten
Physiotherapeuten
Ergotherapeuten
Logopäden
Psychologen/Klinische Neuropsychologen
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen
Bei geringem Stundenbedarf einzelner Therapeuten sind Therapeuten der
angegliederten Rehabilitationseinrichtung oder niedergelassene Therapeuten
einzusetzen.
• Sonstiges Personal
Verwaltung u.a.
20
Entsprechend dem Ergebnis der Beratungen.
101
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
Materialien zur Konferenzvorbereitung
Die in der Literaturübersicht unter Nr. 1–18 aufgeführten Literaturstellen
(z.T. auch unveröffentlichte Informationen von Verbänden und
Institutionen) standen den Veranstaltern zur Vorbereitung der Konferenz
zur Verfügung und waren Grundlage der folgenden Zusammenstellung.
(zusammengestellt von M. Schmollinger)
1. Allgemeine Angaben zum Inhalt
Vorbemerkungen
Die Veranstalter der Konferenz gehen von dem Konsens aus, daß für den kleinen, aber
schwer betroffenen Personenkreis der neurologisch schwerst mehrfachbehinderten
Menschen aller Altersgruppen endlich angemessene und zugleich an einem
sozialökonomisch vertretbaren Konzept ausgerichtete Versorgungslösungen geschaffen
werden müssen. Dabei soll nicht eine „zweite Schiene der Rehabilitation“ eröffnet werden,
es sind aber besondere Anforderungen dieser bisher weitgehend unberücksichtigt
gebliebenen Gruppe an das vorhandene System der medizinischen Versorgung und der
gesellschaftlichen Eingliederung von Menschen mit Behinderungen gegeben, denen
Rechnung getragen werden muß.
Die konzeptionellen und strukturellen Ergänzungen, die deshalb in unserem Gesundheits- und
Sozialwesen verankert werden müssen, lassen sich weder unter dem traditionellen Konzept
„Pflege“ noch unter dem üblichen Rehabilitationsbegriff zutreffend fassen. Um Rehabilitation
im engeren Sinne handelt es sich deshalb nicht, weil vielfach (noch)
− keine Abschätzung eines individuellen Potentials an erreichbarer Lebensselbständigkeit
− keine Planung eines überschaubaren zeitlichen Rahmens für Behandlungs- und
Unterstützungsmaßnahmen
− keine ausreichende Kooperationsmöglichkeit und Eigenmotivation bei den Betroffenen
selbst, oder auch
− keine Unabhängigkeit von lebenserhaltender medizinisch-technischer Versorgung im
täglichen Leben
erreicht ist.
Das herkömmliche Aufgabenverständnis von Pflege (als Überwachung eines individuell
ablaufenden Genesungsprozesses, als Sicherstellung der medizinischen Basisbehandlung
unter ärztlicher Anleitung, als kontinuierliche persönliche Patienten-Grundbetreuung und als
hinreichende Versorgung in den Bereichen Körperpflege, Schutz vor schädlichen
Umgebungseinflüssen, bedarfsgerechte Ernährung und hygienische Entsorgung der
Körperausscheidungen) reicht ebenfalls nicht aus, um die Bedürfnisse der Betroffenen
abzudecken.
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
Hinzutreten müssen zahlreiche (sekundär-)präventiv ausgerichtete, den Zustand erhaltende
und auf Restitution in kleinsten Schritten abzielende Therapieelemente.
• Näher an die Rehabilitation gerückt, ergäbe sich hierfür das Erfordernis eines koordiniert
zusammenarbeitenden, aber „arbeitsteiligen“ Teams aus medizinischen Therapie-,
Pflege- und sozialen Helferpersonen. Ungeklärt dabei ist, ob die sich hieraus ergebenden
Standards, etwa für Spezialeinrichtungen oder -abteilungen, als „notwendig“ und
„sozialökonomisch vertretbar“ anzusehen sind und daher als allgemeine Forderung in den
Raum gestellt werden sollten.
• Eher unter dem begrifflichen „Dach“ der Pflege eingeordnet, ergäbe sich hierfür
notwendigerweise das erweiterte Konzept einer „Therapiepflege“, in dem unter ärztlicher
Anleitung zentrale Therapieelemente – erforderlichenfalles in Supervision durch
entsprechende Therapiefachkräfte – von der Pflegekraft selbst, integriert im
Versorgungsprogramm der Grund- und Behandlungspflege, erbracht werden.
Es würde sich hier u.a. der Bedarf nach einem neuen Berufsbild abzeichnen, das bisher
nur einem sehr kleinen Kreis von Personen zu eigen und nicht curriculär definiert oder
formalisiert ist (z.B.: „Fachpflegekraft für Langzeit- und Rehabilitationspflege“)
„Pflegekraft“ in diesem Sinne wären aber nicht nur die examinierte Fachkräfte, sondern
auch – im Falle der Versorgung zu Hause – die „Arbeitsgemeinschaften“ nahestehender
Laien mit den ergänzend tätigen Kräften aus ambulanten Diensten, wie sie sich konkret in
der Praxis häuslicher Pflege herausbilden.
Wenn also in diesem Papier von Maßnahmen im Sinne notwendiger Einzelleistungen die
Rede ist, wird damit zunächst noch keine Aussage darüber getroffen, wer sie erbringen soll.
Der vorliegende Beratungsleitfaden zur Konferenz benutzt den Begriff „Behandlung“ quasi
als Überbegriff der therapeutischen, versorgenden, pflegenden und betreuenden Elemente,
die kontinuierlich notwendig sind, um beim Patientenkreis von Menschen mit schwersten
neurologischen Schädigungsfolgen entweder die Option auf Rehabilitation im engeren Sinne
(„weiterführende Reha“) offenzuhalten oder wenigstens auf Dauer die Voraussetzungen für
menschenwürdiges Leben trotz großer Hilfeabhängigkeit zu garantieren. Von „Phase-Fartiger“ Rehabilitation wird hier ebenfalls gesprochen, weil diese Phase ins rehabilitative
Gesamtkonzept der Neurologie notwendig hineingehört.
Definition der Phase F
Unter Phase F der neurologischen Rehabilitation wird dabei die Behandlungs- und
Rehabilitationsphase verstanden, in der dauerhaft unterstützende, betreuende und/oder
zustandserhaltende Leistungen erforderlich sind.
Zu diesen Leistungen können, in Abhängigkeit von Befinden und Bedarfslage der betroffenen
Person, Grund- und Behandlungspflege, ständige Beaufsichtigung, medizinisch-
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
diagnostische und medizinisch-therapeutische 21, psychodiagnostische und psychotherapeutische sowie heilpädagogisch-sozialtherapeutische Maßnahmen, Leistungen zur
Unterstützung der schulischen, beruflichen oder sozialen Eingliederung, Beratung und
schließlich betreute Wohnversorgung bis hin zum stationären Langzeitaufenthalt gehören.
Umriß der Bedarfslagen und der Behandlungsziele
Diese Leistungen dienen
− der Verhütung (im Falle progredienter Erkrankungen auch der Verlangsamung) von
Verschlechterungen des Gesundheitszustandes und des Grades an persönlicher
Eigenständigkeit und sozialer Integration,
− der Linderung von Beschwerden,
− der angemessenen Versorgung und weitestmöglichen Eingliederung auf Dauer sowie
− der langfristigen Sicherung und Entwicklung des individuellen Rehabilitationspotentials.
Einordnung der Phase F in die „Rehabilitationskette“
(siehe auch Abbildung S. A -
42)
Phase F der Neurologischen Rehabilitation steht insofern „quer“ zum übrigen System der
Phasenabfolge, als sie – nach Abschluß einer angemessenen Behandlungs- und
Beobachtungszeit in der postakuten Frührehabilitation22 – unter bestimmten Bedingungen
aus allen Phasen der neurologischen Rehabilitation „angesteuert“ werden kann.
Je nachdem, aus welcher anderen Rehabilitationsphase eine betroffene Person in die
Phase F überwechselt und in Abhängigkeit von den individuellen Eingangsmerkmalen kann
die Phase F prinzipiell mit den selben Leistungen wie in anderen Phasen – allerdings in
geringerer Behandlungsdichte, aber mit einem zeitlich erheblich weiteren Horizont –
ausgestattet sein.
Weitere Unterteilung der Phase F ist möglich und sinnvoll
Die genannten Maßnahmen sollen, im einen Fall, der Überwindung der „Lücke“ zwischen dem
vorliegenden Funktions-, Persönlichkeits- und Gesundheitszustand und den höheren
Aufnahmevoraussetzungen weiterführender Rehabilitationsphasen dienen. In diesem
Zusammenhang könnte hier von der Phase F I gesprochen werden, weil die vorrangigen
Bemühungen der Erhaltung und der Fortentwicklung des individuellen Potentials zur weiteren
Rehabilitation gelten.
21
Ärztliche, physiotherapeutische, logopädische, physikalisch-therapeutische und ergotherapeutische
Maßnahmen, Medikation, sporttherapeutisches Training, ggf. Hilfsmittelverordnung und -anpassung
etc.
22
Postakut sind Bemühungen im Sinne der Frührehabilitation bei diesem Patientenkreis insgesamt als
obligatorisch zu betrachten. In der Realität gibt es jedoch – mangels Aufnahmekapazität auch in der
Frührehabilitation – leider in noch zu vielen Fällen eine direkte Entlassung aus Akutkliniken in eine der
Phase F ähnliche Dauerpflegesituation.
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
Analog hierzu könnte als Phase F II, im anderen Fall, die angemessene Versorgung von
Menschen auf Dauer (evtl. lebenslang) bezeichnet werden, die aufgrund schwerer,
bleibender Fähigkeitsstörungen und Mehrfachbehinderungen voraussichtlich nie mehr
selbständig leben können und die daher – ohne Zustandsverbesserungen gänzlich
ausschließen zu wollen – der langfristigen Pflege und kontinuierlichen Unterstützung bei
Absicherung/Erhalt ihres gesundheitlichen Zustandes und des individuell erreichten Grades
an sozialer Integration bedürfen.
Gemeinsam für F I und F II gilt, daß die längerfristigen Förderungs- bzw. die dauernden
Versorgungsmaßnahmen – von der aktivierenden Pflege bis zur Frage der
Betätigung/Beschäftigung Betroffener bzw. Hilfe zur Tagesstrukturierung – alle Leistungen
beinhalten sollen, die angemessen und individuell angezeigt sind.
Vorrangig: Großer Bedarf an stationären Einrichtungen
Die langfristige Behandlung in Phase F kann im Einzelfall – je nach den persönlichen,
familiären und sozialen Voraussetzungen im eigenen Umfeld – sowohl in einer dafür
qualifizierten stationären Einrichtung als auch im häuslichen Bereich, unter Hinzuziehung
ambulanter Dienste, erfolgen. Unabweisbar ist jedoch der (in den Regionen der
Bundesrepublik Deutschland graduell unterschiedlich dringliche, aber insgesamt sicherlich
große) Bedarf an stationären Einrichtungen der Phase F aus folgenden Gründen:
1. Viele versorgende Angehörigen der Gruppe schwerst neurologisch Geschädigter, die
„ihre“ Behinderten selbst zu Hause betreuen, fühlen sich heute entweder mit der Aufgabe
überfordert, im Bereich ambulanter Unterstützung unter den vor Ort geltenden
Bedingungen weitgehend im Stich gelassen oder haben das Gefühl, daß die sich
stellenden Förder- und Versorgungsaufgaben nur unter geigneten stationären
Bedingungen hinreichend bewältigt werden können.
2. Die Verlegung von Menschen aus der betreffenden Gruppe nach Hause erfolgt leider
heute in einer nennenswerten Zahl von Fällen nicht aus Gründen der entsprechenden
Indikation oder wegen der besonderen Eignung des häuslichen Umfeldes, sondern
lediglich in Ermangelung geeigneter stationärer Einrichtungen.
3. Die besonderen Qualitätserfordernisse – insbesondere im Blick auf den Bereich F I –
legen in vielen Fällen eine entsprechend spezialisierte stationäre Lösung nahe, die es
allerdings erlauben sollte, der Individualität Betroffener und den bestehenden familiären
Bindungen hinreichend Rechnung zu tragen.
Phase F könnte (oder müßte), genau genommen, in die Unterphasen FB, FC, FD usw.
aufgeteilt werden, je nach der Schnittstelle in der Rehabilitation, aus der ein neurologisch
schwerbehinderter Mensch – wegen zu geringem individuellem „Ansprechen“ auf dort
durchgeführte Maßnahmen nach einer ausreichend langen Therapie- und Beobachtungszeit
– in die Phase F hineingelangt. Denn es ist klar, daß die Leistungen, die für diesen
Menschen in Phase F zu erbringen sind,
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
a) ihrem Inhalt nach an der vorangegangenen Behandlung zu orientieren sind, für die jetzt
aber ein weiter gesteckter Zeithorizont vorzusehen ist, und
b) darauf gerichtet sein sollten, den Brückenschlag zurück, genau zu der leider unterbrochenen Phase weiterführender Rehabilitation, herzustellen.
Der Konferenz wird zwar aus Gründen der Übersichtlichkeit nur eine Zweiteilung der Phase F
vorgeschlagen, dabei sollte aber die genannte Heterogenität der Patientengruppe und damit
die mögliche Vielfalt der Leistungsanforderungen nicht außer Betracht bleiben.
Zielgruppenbeschreibung und -unterteilung
Die betreffende Patientengruppe wird gebildet aus Menschen nach neurologischen
Akutereignissen (Schädel-Hirn-Traumen, cerebrale Sauerstoffmangelschäden, z.B. nach
Herz-Kreislaufversagen) mit entzündlichen Erkrankungsprozessen wie Enzephalitis oder
Polyradiokulitis, nach akuten cerebralen Gefäßschäden (insb. Schlaganfällen) oder mit
Folgen chronischer Erkrankungen der hirnversorgenden Gefäße, mit Schäden durch
Tumoren oder Infektionen im ZNS-Bereich, mit neurologischen Querschnittsyndromen oder
mit chronisch-degenerativen Hirnerkrankungen.
Das Ausmaß ihrer neurologischen Ausfälle bleibt nach Abschluß des Akutklinikaufenthaltes
so erheblich, daß eine langzeitige Behandlung und intensive Betreuung erforderlich ist. Im
Mittelpunkt der Fähigkeitsstörungen, die aus den genannten Schadensbildern resultieren,
stehen die verschiedenen Grade der Bewußtseinsstörung (z.B. apallisches Syndrom/
Wachkoma), die intellektuell-kognitiven Einschränkungen, verschiedene, meist sehr
komplexe Ausfallmuster im Bereich der Sensorik, der Motorik und der
Kommunikationsfähigkeit, Beeinträchtigungen der Wahrnehmungs- und Auffassungsgabe
unterhalb der Schwelle eigentlicher Bewußtseinsstörung, sowie Verhaltensauffälligkeiten
verschiedener Ausprägung, Empfindungs- und Erlebnisverarbeitungsstörungen.
Bewußtseinsstörungen, schlaffe oder spastische (Teil-)Lähmungen und andere
Behinderungen schränken dabei unter Umständen die individuellen Lebensaktivitäten so
stark ein, daß aufwendigere medizinische Versorgungsmaßnahmen notwendig werden
können (z.B. Sondenernährung, Inkontinenzversorgung, Tracheostomie usw., im Extremfall
auch apparative Beatmungshilfe).
Diese Personen sind, in Abhängigkeit von ihrer Mobilität/Mobilisierbarkeit, vielfach noch
unmittelbar bedroht von einer Vielzahl sekundärer Schädigungen und Komplikationen, die von
chronifizierender muskulärer Spastik und von Kontrakturen großer und kleiner Gelenke über
lebensbedrohende Infekte, über Muskelatrophien bis hin zu Dekubitalulzera reichen.
Es handelt sich also um zwei grundsätzlich unterscheidbare Patientenkreise, denn wie die
Phase F in wenigstens zwei Teilphasen, so kann auch der betroffene Patientenkreis grob in
zwei Gruppen eingeteilt werden.
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
− Bei der Gruppe 1 steht, insbesondere aufgrund von anhaltenden schweren
Bewußtseinsstörungen, die umfassende Pflegebedürftigkeit im Vordergrund.
− Gruppe 2 dagegen hat trotz des Fortbestehens schwerer Mehrfachbehinderung
eine Teilmobilität (ggf. Rollstuhlmobilität) behalten oder wieder erreicht und hat, trotz
aktueller bzw. bleibender Hirnleistungsdefizite, keine umfassenden Bewußtseinsstörungen erlitten bzw. Ansprechbarkeit und Kooperationsfähigkeit wiedererlangt.
Folgerungen für die Arbeitsgruppeneinteilung der Klausurkonferenz
Es ist offensichtlich, daß für die beiden Gruppen zwei unterschiedliche Versorgungskonzepte
notwendig sind (die sich allerdings keinesfalls mit den eher anhand individual-prognostischer
Überlegungen festgelegten Teilphasen F I und F II decken müssen !), und zwar jeweils
differenziert danach, ob die Behandlung unter stationären Bedingungen oder im häuslichen
Rahmen erfolgt. Die Klausurkonferenz wird daher, im Blick auf diese beiden
unterschiedlichen Personenkreise, die die Rehabilitation der Phase F I und/oder F II
durchlaufen, zwei Arbeitsgruppen bilden:
− Arbeitsgruppe I: Apallische und postapallische Schwerstbehinderte (Wachkomapatienten mit und ohne kurze Perioden der Ansprechbarkeit/Kooperationsfähigkeit)
− Arbeitsgruppe II: (Teil-)Mobile und kooperationsfähige, aber langfristig von Pflege
und Betreuung abhängige Menschen mit schweren neurologischen Behinderungen
Konferenzaufgabe
Beide Arbeitsgruppen sollten zunächst die individuellen Patientenmerkmale klar
beschreiben, die Zuweisungswege der Patienten zur Rehabilitation Phase F erfassen und
danach die Standards der längerfristigen Behandlung mit Ein- und Ausgangskriterien –
sowohl im Blick auf „F-I-artige“ als auch auf „F-II-artige“ Zielsetzungen – definieren, wobei
die Erfordernisse bei stationärer und bei häuslicher Versorgung gesondert beschrieben
werden müßten.
Dabei geht es um normative Aussagen; zu beschreiben ist, was sein soll. Dies heißt
gleichwohl nicht, daß die weithin mangelhafte Ist-Situation unberücksichtigt bleiben kann: Die
bestehenden Versorgungsdefizite sollten im Gegenteil zur besonderen Akzentuierung der
Forderungen dienen. Dies insbesondere dort, wo die heutigen Unzulänglichkeiten auf
gesetzgeberischen, strukturplanerischen, konzeptionellen oder auf fachberuflich-curriculären
Handlungsbedarf verweisen.
Andere normative Konzeptbausteine für Phase F im Überblick
Im Mittelpunkt dürften dabei folgende weiteren Problembereiche stehen:
• Behandlungs-/Rehabilitationsziele
• erforderliche Leistungen nach Leistungsarten
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
• Behandlungsdauer (insbes. Frage der Begrenzung der intensiveren Phase F I)
• täglicher Leistungsumfang (erforderlicher personeller Leistungsaufwand), inkl.
behandlungsbegleitender Beratungs- und Assistenzdienste
• erforderliche Personalqualifikationen leistungserbringender Einrichtungen/Dienste
gegenseitige Ergänzung und Vernetzung der Leistungserbringer
• räumliche und sächliche Ausstattung von Einrichtungen
• Beschreibung des Unterstützungsbedarfs versorgender Angehöriger bei
häuslicher Betreuung
• zuständige Leistungsträger, gesetzliche Leistungsgrundlagen, Ermessensleistungen und Grenzen der Leistungsmöglichkeit
Gestaltung sinnvoller regionaler Angebotsstrukturen – stationär und ambulant
Übergänge in andere Rehabilitationsphasen
• und schließlich, falls möglich,
• Abschätzung des rechtlich-gesetzgeberischen und des strukturell-investiven
Handlungsbedarfes der sozialen Gemeinschaft für die betroffene Gruppe von
Menschen mit schweren und schwersten neurologischen Behinderungen.
2. Die Beratungen den Arbeitsgruppen
Arbeitsgruppe I:
„Apallische und postapallische Schwerstbehinderte (Wachkomapatienten
mit und ohne kurze Perioden der Ansprechbarkeit/Kooperationsfähigkeit)“
I a) Phase F stationär (Spezialeinrichtungen zur Pflege und Langzeitbehandlung)
Hier steht der unter „Zielgruppenbeschreibung und -unterteilung“ charakterisierte
Personenkreis im Mittelpunkt, bei dem Bewußtseinsstörungen und daher umfassende
Pflegebedürftigkeit vorliegen.
Zu Patientenmerkmalen und Zuweisungswegen zur Phase F:
• Eingangskriterien für langfristige Aufnahme:
− Patienten, bei denen zu vermuten ist, daß die Erhaltung und/oder Fortentwicklung ihres
individuellen Potentials für eine weiterführende Rehabilitation unter speziellen stationären
Bedingungen auf lange Sicht doch möglich ist
− Patienten, bei denen aus sozialen/familiären Gründen die häusliche Versorgung nicht in
Frage kommt oder bei denen absehbar ist, daß aus sozialen/familiären Gründen eine
Fortführung der häuslichen Versorgung nicht mehr möglich sein wird
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
− Patienten, bei denen wegen der langfristigen Gegebenheiten am Wohnort der
angemessene laufende Versorgungs- und/oder Unterstützungsbedarf auf Dauer nur
stationär
sicherzustellen ist
• Eingangskriterien für vorübergehende Aufnahme:
− Patienten, die auf absehbare Zeit (zusätzlich zur stationären Pflege) Behandlung und
Förderung benötigen, um die Aufnahme in einer weiterführenden
Rehabilitationseinrichtung gezielt vorzubereiten
− Patienten, die zwar noch nicht die Eingangskriterien für weiterführende neurologische
Rehabilitationseinrichtungen erfüllen, deren Rehabilitationspotential jedoch unter stationären Versorgungsbedingungen zu prüfen/erneut zu prüfen ist
− Patienten, bei denen die versorgenden Angehörigen einer befristeten Entlastung und/
oder eines Pflege- und Kotherapietrainings in Verbindung mit stationärer Aufnahme
bedürfen
Zu Definition zentraler Behandlungsziele 3 der Einrichtungen;
Themenbereiche in den individuellen Behandlungsplänen3
erforderliche
Verhütung von Komplikationen wie Dekubitalulkus, Gelenkkontrakturen; ggf. laufende
Bekämpfung von muskulärer Spastik und Atrophie; Förderung von Aufmerksamkeit,
Wahrnehmung, Lernvermögen, Kommunikations-, Eß- und anderen ADL-Fähigkeiten mit dem
Ziel der (Teil-)Selbständigkeit, soweit möglich; Erhaltung und Besserung vegetativer
Grundfunktionen inkl. Training der Ausscheidungskontrolle usw. im Sinne der allgemeinen
Verringerung der Hilfs- und Pflegebedürftigkeit.
Zu Behandlungsleistungen23
− Koordinierung medizinischer Diagnostik, Therapie und Prognostik inkl. der labor- und
fachärztlichen Konsiliarleistungen
− Regelmäßige ärztliche Betreuung und Überwachung des Gesundheits- und Funktionszustandes, zahnärzliche Behandlung nach Bedarf
23
Die vielleicht leistungsrechtlich problematische Begriffswahl „Behandlung“ impliziert
noch keine Zuweisung an bestimmte Bereiche des Sozialleistungssystems (SGB V,
SGB XI, RVO – 3. Buch, BSHG etc.), sondern dient lediglich als neutraler
Oberbegriff für erforderliche Maßnahmen!
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
− Planung pflegender, betreuender und unterstützender Maßnahmen
− Dauerpflege und -betreuungsleistungen: pflegerische Grundversorgung, aktivierende
Pflege (integrierte Behandlungspflege) nach ärztlicher/therapeutischer Anleitung
− Hilfe bei alltäglichen Verrichtungen (Aufsitzen, ggf. Aufstehen, An- und Auskleiden,
Körperhygiene, Nahrungsaufnahme usw.)
− Therapeutische Interventionen24 (inkl. Beratung, auch der Angehörigen) nach
individuellem Bedarf, z.B.
• Physiotherapie/Krankengymnastik (z.B. Behandlung nach Bobath, basale Stimulation, klassisches motorisches Bewegungstraining, PNF auf neurophysiologischer
Grundlage, manuelle Therapie)
• Ergotherapie (Basistraining neuropsychologischer Störungen, ADL, motorischfunk-tionelle Behandlung, Therapie von Sensibilitätsstörungen, kognitive/intellektuelle Stimulation, Hilfen zu sinnerfüllter Tages- und Wochenstrukturierung)
• facial-orale Therapie (z.B. FOT nach Coombes)
• Logopädie (Kommunikationsanbahnung, Sprach- und Sprechtherapie etc.)
• physikalische Therapie (Massage, manuelle Lymphdrainage, Bindegewebsmassage, Fango, Eisanwendungen, Inhalationstherapie usw.)
• psychosoziale Leistungen nach Bedarf und nach den zustandsentsprechenden
individuellen Möglichkeiten (z.B. Beratung des Patienten und seiner Angehörigen,
neuropsychologische Therapien, Verhaltenstraining, Hilfen zur Verarbeitung der
Erkrankung/Behinderung)
− Soziale Leistungen (Hilfen zur sozialen Integration und zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben)
− Beaufsichtigung bei Selbst- und Fremdgefährdung
Zur Behandlungsdauer
Langfristig – F I –, oft auf Dauer (ggf. bis an das Lebensende des Patienten – F II –)
Zu Personalbedarf (Tagesstundenbedarf) nach Leistungsbereichen
Die pflegerische Versorgung und die ärztliche Bereitschaft müssen rund um die Uhr
gewährleistet sein. Das Konzept einer zustandserhaltenden, aktivierenden Pflege setzt
24
Hier genannte Therapiearten implizieren noch keine Aussage, ob die darunter fallenden Leistungen
von grundständig ausgebildeten Therapeuten selbst erbracht werden (müssen).
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
daneben die hinreichende Verfügbarkeit von therapeutischem und Assistenzpersonal
und/oder
von
therapeutisch zusatzqualifizierten Pflegepersonen/Helfern voraus.
(Einrichtungen in der anzustrebenden funktionsfähigen Größe brauchen zudem in den
Verwaltungs- und häuslich-technischen Versorgungsbereichen eine hinreichende
Personalausstattung; benötigt wird auch ein seelsorgerisches Angebot.)
Im einzelnen:
• Ärztlicher Bereich
Es ist schwierig, hier Mindeststandards zu finden. Neben der Sicherstellung der ärztlichen
Rund-um-die Uhr-Bereitschaft könnten ggf. im Schnitt 0,5 Std./Tag an ärztlichen Leistungen
je Patient in Phase F I, im Schnitt 0,25 Std./Tag in Phase F II, angesetzt werden. Dazu
käme nach Bedarf die Sicherstellung konsiliärärztlicher Leistungen über klinisch und/oder
niedergelassen tätige Ärzte der Umgebung.
Ärztliche Fachkundenachweise wären dabei sinnvoll in: Neurologie, Innere Medizin, ggf.
(Neuro-)Pädiatrie/Entwicklungsneurologie und/oder Geriatrie
• Pflegerischer Bereich
Mind. 4 Std./Tag25 Pflegeleistungen je Patient im Schnitt. Die Anteile der Grund- und
Behandlungspflege sollten bei etwa 3:2 liegen.
Pflegerisches Fachpersonal: Krankenschwestern/-pfleger, Altenpfleger(-innen),
Heilerziehungspfleger(-innen), Krankenpflegehelfer(-innen)
Pflegerisches Assistenzpersonal: Zivildienstleistende, Pflegepraktikant(-inn)en
• Medizinisch-therapeutischer Bereich (nach Verordnung)
5
Im Schnitt 1,25 Std./Tag Therapieleistungen (im engeren Sinn) je Patient
Therapeutisches Fachpersonal: Krankengymnasten, Pysiotherapeuten, Ergotherapeuten,
Logopäden, Psychologen ...
(bei kleineren Einrichtungen oder geringerem Bedarf ggf. abzudecken durch externe
niedergelassene bzw. in der angeschlossenen Rehabilitationseinrichtung tätige Fachkräfte: Masseurinnen/Masseure u.ä. physikalisch-therapeutische Berufe)
• Sozialer Bereich
Als durchschnittliche Anhaltszahl 0,25 Std./Tag soziale Dienstleistungen je Patient.
Fachpersonal: Sozialarbeiter
• Sonstige Bereiche
25
Das wäre etwa ein Pflegeschlüssel von 1:1,5 für Einrichtungen, die die Therapie im wesentl. durch
Therapiekräfte durchführen lassen. Legt man das Konzept „Therapiepflege“ zugrunde, würde sich –
auf Kosten des Zeitbedarfes für medizinische Therapieleistungen mit grundständig ausgebildeten
Therapeuten – der Zeitbedarf pro Patient für Pflege weiter erhöhen. Anders als in „arbeitsteilig“
strukturierten Einrichtungen würden dann entsprechend im pflegerischen Bereich durchschnittl.
mindestens 4,5 Std./Pat./Tag, in der Therapie nur rund 0,75 Std./Pat./Tag im Schnitt benötigt.
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
Verwaltung, Hauswirtschaft und -technik ist durch interne, ggf. von der zugeordneten
Rehabilitationseinrichtung mitbeanspruchte, Kräfte, Seelsorge u.ä. dagegen i.d.R. nur durch
externe Kräfte abzudecken.
Zu Mindestvoraussetzungen im Bereich der Qualifikation des Fachpersonals
• Verantwortliche Leitung:
− in der Behandlung schwer pflegebedürftiger Behinderter erfahrener Arzt mit Gebietsbezeichnung „Neurologie“ oder „(Neuro-)Pädiatrie“, vorzugsweise mit Zusatzbezeichnung „Rehabilitationswesen“ bzw. ggf. „Geriatrie“
− oder in der Leitung von Pflegeeinrichtungen erfahrener Diplompsychologe
oder leitungserfahrene staatlich geprüfte Pflegekraft
• Pflege: staatlich anerkannte Berufs(bzw. Helfer-)abschlüsse
• Therapie: staatlich anerkannte und Diplomabschlüsse (bei leitender Funktion zusätzlich: klinische/niedergelassene therapeutische Berufserfahrung)
Zur Gestaltung sinnvoller Angebotsstrukturen
Eine dezentrale Versorgungsstruktur mit Plätzen in solchen Dauerbehandlungs- und
Pflegeeinrichtungen der Phase F in ausreichender Zahl bietet aufgrund der
wünschenswerten orts- und familiennahen Versorgung die Möglichkeit, Angehörige in das
Konzept der Behandlung einzubeziehen. Diese Plätze sollten in räumlicher, organisatorischer
und personeller Hinsicht an eine neurologische (Früh-)Rehabilitationseinrichtung angebunden
werden, um die Verlegung der Patienten in andere Phasen örtlich und zeitlich zu erleichtern.
Zu erforderlicher Sachausstattung der Einrichtungen
• Räumlicher Bedarf:
− Patienten-Ein- und Zweibettzimmer
− Wachraum
− angemessene Kommunikations- und Gemeinschaftsräume, Bewegungsflächen
− Pflege-Dienstzimmer
− Schwestern-/Pfleger-Arbeitsraum
− Räume für Einzeltherapien
− Zimmer für Sozialarbeiter und Therapeuten
− sonstige betrieblich erforderliche Büro-, Sonder-, Lager- und Nebenräume
− evtl. Gästezimmer für Angehörige (in der Einrichtung oder in Nähe zur Einrichtung)
• Apparative Ausstattung:
− erforderliche Ausrüstungen zur Überwachung und Notfallbehandlung
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
− notwendiges Therapiegerät, soweit stationär zu installieren/einzusetzen
Zur Zuständigkeit der Leistungsträger und gesetzlichen Leistungsgrundlagen;
Ermessensleistungen und Grenzen der Leistungsmöglichkeiten
− Trägerzuständigkeiten – Leistungsrecht
Phase F der neurologischen Rehabilitation ist im statioinären Bereich leistungsrechtlich der
Pflegeversicherung (SGB XI), der Unfallversicherung (RVO, 3. Buch) und der überörtlichen
Sozialhilfe (BSHG) zuzuordnen. Die rehabilitationsbezogenen Leistungen im engeren Sinne
werden, ggf. unabhängig hiervon, vom zuständigen Rehabilitationsträger finanziert (zumeist
SGB V, Krankenversicherung).
− Ermessensleistungen – Leistungsgrenzen
Die Klausurkonferenz ist aufgefordert, zu diesem Bereich Praxiserfahrungen
zusammenzutragen und, falls möglich, normative Empfehlungen abzugeben.
Überlegungen zu einer solchen Mischfinanzierung, verdeutlicht an einem
realistischen stationären Finanzbedarf von z. B. rund 10.500 DM je
Patient/Monat oder 340 DM/Tag, könnten etwa wie folgt aussehen: Im
Vereinbarungsweg könnten hiervon pauschal 50 % nach dem Pflegerecht
abgegolten werden (ca. 35 % als Entgelte der Pflegekassen entsprechend §
43 SGB XI – DM 110 = Höchstbetrag und ca. 15 % als LandesInvestitionskostenzuschüsse
gemäß
§ 82 (3) SGB XI – DM 60 ), ca. 20 % könnten von der Krankenkasse
getragen werden (DM 68, pauschaliert auf der Grundlage des
Krankenversorgungsanspruches nach § 27 SGB V), zunächst weitere 20%
(DM 68) von der Sozialhilfe, und zwar je ungefähr zur Hälfte einerseits als
Komplementärfinanzierung zur stationären Pflege gemäß § 68 BSHG und
andererseits als pauschale Abgeltung für Leistungen zur Eingliederungshilfe
nach §§ 39 ff. DM 34 oder 10 % der Kosten müßten dann täglich vom
Betroffenen und/oder seinen Angehörigen aufgebracht werden, soweit die
Einkommens- und Vermögensverhältnisse dies zulassen – ersatzweise würde
die Sozialhilfe eintreten, deren Finanzierungsanteil somit auf maximal 30 %
begrenzt werden könnte.
Nur durch einzelfallbezogene Kostenteilungsabkommen beteiligter Träger nach
diesem oder einem ähnlichen Muster ist es der Sozialhilfe möglich, bei
wesentlichen Kostenanteilen auf den Nachrangigkeitsgrundsatz und die
Bedürftigkeitsprüfung zu verzichten, was dem Mißstand begegnet, daß nur
Patienten aus einkommensschwachen oder sehr einkommensstarken Familien
von derartigen stationären Angeboten Gebrauch machen (können).
Zur Bandbreite der Tagesentgeltsätze (Pflegesätze)
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
Die Klausurkonferenz könnte hier ggf. Orientierungswerte aus bestehenden
Entgeltvereinbarungen für Spezialeinrichtungen zur Versorgung des Kreises der Wachkomaund postapallischen Patienten gewinnen und diese in Abhängigkeit von den erforderlichen
Inhalten des institutionellen Angebotes differenziert zuordnen, z.B. zu Patienten-Untergruppen
mit verschieden gearteten Schadensbildern ...
Zu Übergangsmöglichkeiten mit Darstellung der Schnittstellen
Abgesehen davon, daß in Einzelfällen bei akuter Verschlechterung eine Aufnahme in eine
Neurologische Akutklinik zur Intensivbehandlung möglich bleiben muß, sind dies im einzelnen:
− (Rück-)Verlegung in die Frühmobilisierung nach Überwindung des Wachkoma
(Schnittstelle 2 b)
− Verlegung aus F I in die weiterführende Frührehabilitation (Schnittstelle 3 b) bei erkennbarer Verbesserung des Zustandes
− Verlegung aus F I in eine medizinisch-berufliche oder berufliche Rehabilitationseinrichtung bei fortschreitender, sehr deutlicher Zustandsverbesserung (Schnittstellen 4 b / 5 b)
− Integration in betreutes individuelles Wohnen ggf. in Verbindung mit der Eingliederung
in einer Werkstatt für Behinderte bei Stabilisierung nach erheblicher Besserung des
Zustandes
− Verbleib in Phase F, jedoch ggf. bei entsprechendem Wunsch/bei Bereitschaft der Angehörigen Verlegung in häusliche Dauerpflege und -behandlung (F II)
Zu besonderen Hinweisen zu den Ausgangskriterien der Phase F
Die Klausurkonferenz könnte darüberhinaus Erfahrungen zu den diversen Entlaßkriterien an
der Schnittstellen zu anderen Rehabilitationsphasen zusammentragen und hieraus Hinweise
im Sinne von Empfehlungen (Orientierungsvorgaben) gewinnen.
Weitere Hinweise
Es bleibt der Klausurkonferenz unbenommen, weitere Empfehlungen zum stationären Bereich
der neurologischen Rehabilitationsphase F zu erarbeiten, z.B. zur Abschätzung des rechtlichgesetzgeberischen und des strukturell-investiven Handlungsbedarfes in diesem Bereich.
I b) Phase F ambulant (vorrangig durch Angehörige getragene häusliche
Versorgung/Pflege in Verbindung mit ambulanter Langzeitbehandlung)
Entsprechend der Zielgruppenbeschreibung geht es hier um umfassend pflegebedürftige,
apallische und postapallische Schwerstbehinderte und ihre häusliche Versorgung
Zu Patientenmerkmalen und Zuweisungswegen zur Phase F :
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
• Eingangskriterien für langfristige Verlegung nach Hause
− Patienten, bei denen Angehörige im häuslichen Umfeld wesentliche Teile der Grundund Behandlungspflege sicherstellen und im nötigen Maße ambulante ärztliche Behandlung sowie weitere erforderliche Therapie ortsnah abrufen können
− Patienten oberhalb des Alters26, das infragekommende und geeignete stationäre Einrichtungen der Phase F für ihre Patientenaufnahme vorgeben, deren Versorgung im
häuslichen Bereich (nach o.g. Kriterien) möglich ist
• Eingangskriterien für befristete Aufnahme zu Hause
− Patienten, deren Angehörige zur vorübergehenden Aufnahme bereit und in der Lage sind,
um eine (geeignete) stationäre Langzeiteinrichtung zu finden oder Vakanzen in einer
solchen abzuwarten
− Patienten (oft: kleine Kinder), bei denen nach Einschätzung der sorgeberechtigten
Angehörigen in der eigenen Häuslichkeit die Versorgung, die Behandlung und die
Wahrung einer Option auf eine weiterführende Rehabilitation bis auf weiteres besser
sicherzustellen sind /der Aspekt der familiären Geborgenheit vorrangig ist
− Patienten unterhalb des Alters, das infragekommende und geeignete stationäre
Einrichtungen der Phase F für ihre Patientenaufnahme vorgeben, deren Versorgung im
häuslichen Bereich (nach o.g. Kriterien) möglich ist
Zur Definition zentraler Behandlungsziele bei häuslicher Versorgung27
Verhütung von Komplikationen wie Dekubitalulkus, Gelenkkontrakturen; ggf. laufende
Bekämpfung von muskulärer Spastik und Atrophie; Förderung von Aufmerksamkeit,
Wahrnehmung, Lernvermögen, Kommunikations-, Eß- und anderen ADL-Fähigkeiten mit dem
Ziel der (Teil-)Selbständigkeit, soweit möglich; Erhaltung und Besserung vegetativer
Grundfunktionen inkl. Training der Ausscheidungskontrolle usw. im Sinne der allgemeinen
Verringerung der Hilfs- und Pflegebedürftigkeit; Sicherstellung familiärer Geborgenheit in der
eigenen Häuslichkeit.
Zu erforderlichen Behandlungsleistungen
− Durch den niedergelassenen Neurologen, im Einzelfall auch den allgemeinmed. Hausarzt
oder Kinderarzt, erfolgt die Koordinierung der medizinischen Diagnostik, des
Therapieprogrammes und erforderlicher weiterer labor- und fachärztlicher Leistungen
sowie der Hauptteil ärztlicher Behandlung.
− Es kann Zahnarztbehandlung, im Extremfall durch Hausbesuch, nötig werden.
26
Es wird hier wohl eher Einrichtungen geben, die das Aufnahmealter nach unten statt nach oben
begrenzen. Eine obere Altersgrenze bei Pflegeeinrichtungen, auch bei Spezialpflegeeinrichtungen,
ist wegen des dauerhaften, oft lebenslangen Versorgungsauftrags in der Regel widersinnig.
27
Die Aufgabenstellung unterscheidet sich ihrem Inhalt nach in keiner Weise von der in stationären
Einrichtungen. Es ist wichtig, daß die Klausurkonferenz hieran festhält und die häusliche Versorgung
nicht als eine „Phase F light“, also wie eine mindere Versorgungslösung, definiert.
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
− Die Koordinierung pflegender, betreuender und unterstützender Maßnahmen sowie die
Dauerpflege und -betreuungsleistungen, d.h. pflegerische Grundversorgung, aktivierende
Pflege (integrierte Behandlungspflege nach ärztlicher/therapeutischer Anleitung) werden
überwiegend von den Angehörigen übernommen (i.d.R. kann der stundenweise Einbezug
familienentlastender ambulant-mobiler Hilfen durch Fachkräfte hierbei täglich
mitberücksichtigt werden)
− Therapeutische Interventionen (inkl. Beratung, auch der Angehörigen) nach individuellem
Bedarf, auf ärztliche Verordnung erbracht durch externe, wohnortnahe Fachleute bzw.
teilweise oder ganz integriert in einer besonderen Pflegeform („Therapiepflege“):
• Physiotherapie/Krankengymnastik (z.B. Behandlung nach Bobath, basale Stimulation,
klassisches motorisches Bewegungstraining, PNF auf neurophysiologischer Grundlage,
manuelle Therapie), u.U. als Einzeltherapie durch Hausbesuch, ggf. Einweisung einer
Pflegeperson i.S. der Kotherapie
• Ergotherapie (Basistraining neuropsychologischer Störungen, motorisch-funktionelle
Behandlung, Therapie von Sensibilitätsstörungen, kognitive/intellektuelle Stimulation,
Hilfen zu sinnerfüllter Tages- und Wochenstrukturierung, Selbsthilfetraining), ggf.
Einzeltherapie durch Hausbesuch und/oder Einweisung einer Pflegeperson
• facial-orale Therapie (z.B. FOT nach Coombes), u.U. Einzelbehandlung zu Hause,
ggf. Kotherapieanleitung einer Pflegeperson
• ambulante Logopädie (Kommunikationsanbahnung, Sprach- und Sprechtherapie
etc.), ggf. Cotherapieanleitung einer Pflegeperson
• physikalische Therapie28 (Massage, manuelle Lymphdrainage, Bindegewebsmassage,
Fango, Eisanwendungen, Inhalationstherapie usw.)
• ambulante psychosoziale Leistungen nach Bedarf und nach zustandsentsprechenden individuellen Möglichkeiten (z.B. Beratung des Patienten und seiner Angehörigen,
neuropsychologische Therapien, Verhaltenstraining, Hilfen zur Verarbeitung der Erkrankung/Behinderung)
− Soziale Leistungen (Hilfen zur Integration und zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben)
sowohl in Form von mobilen Hilfen als auch auf dem indirekten Weg (Angehörige suchen
Ämter/Beratungstellen auf)
− Häusliche Beaufsichtigung bei Selbst- und Fremdgefährdung i. d. R. durch Angehörige,
ggf. unterstützt durch Laienhelfer (Nachbarschaftshilfe, MSHD, ehrenamtliche
Nachtwachendienst)
Zu Voraussetzungen zur Aufgabenerfüllung (Zahl und tägliches Zeitbudget der
beteiligten nahestehenden Versorgungspersonen
In der Mehrzahl sind 2 verantwortliche Betreuungspersonen bei überwiegend privat
getragener häuslicher Versorgung erforderlich; zeitliche Beanspruchung im Schnitt insgesamt
ca. 12–24 Anwesenheits-Std. pro Tag, die sich je nach individuellem Bedarf des Patienten
28
In der Regel nur teilstationär mit unter Umständen sehr aufwendigen Besuchen zu realisieren.
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
aufteilen in Beaufsichtigungs-, häusliche Versorgungs-, Pflege-, Unterstützungs- und
Kotherapie-Leistungen (inkl. dem Informationsaustausch mit den beigezogenen Fachkräften).
Intensive Arbeitsstunden hiervon: mindestens 4/Tag.
Bis zu einem gewissen Grad sind Entlastungen des Zeitbudgets versorgender Angehöriger
durch örtlich verfügbare professionelle oder ehrenamtliche Hilfen möglich.
Zu täglichem Mindestzeitbedarf an Leistungen, die durch Dritte erbracht werden
Die Bedarfsspanne ist hier außerordentlich groß je nach dem Bedarf, den individuellen
Möglichkeiten und den örtlichen Gegebenheiten. Mindestens sollten jedoch
− der behandelnde Arzt mehrfach wöchentlich den Patienten aufsuchen und im Bedarfsfall auch ad hoc zur Verfügung stehen,
− sonn- und feiertags sowie nachts ein ärztlicher Notdienst kurzfristig verfügbar sein,
− fachpflegerische Hilfe von außen bei Bedarf im Umfang von 2 x 1 Einsatzstunde
pro Tag an aufwärts zur Verfügung stehen sowie
− ambulante Therapieleistungen im Schnitt von ca. 1 Std./Werktag (oder mehr) verfügbar sein
Zu Mindestvoraussetzungen im Wohnbereich; notwendige technische und bauseitige
Hilfsmittel, apparative Grundausstattung mit Pflegehilfen
Der neurologisch Schwerstbehinderte braucht in aller Regel ein eigenes Zimmer im Haushalt,
in dem er versorgt wird.
Die übrige Ausstattung und Einrichtung der eigenen Häuslichkeit in der Familienwohnung
sollte auf den Einzelfall abgestimmt zweckmäßig und so vorgenommen werden, daß
• die familiäre Versorgungsaufgabe weitestgehend erleichtert wird,
• für den Patienten das höchstmögliche Maß an Unanhängigkeit von Hilfeleistung
Dritter sowie
• seine weitestgehende Eingliederung ins persönliche Umfeld und möglichst auch
die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erreicht wird.
Bei besonderen Bedarfsmeldungen muß der behandelnde Arzt gegenüber dem Rehabilitationsträger eine funktionsdiagnostisch spezifizierte Empfehlung/Verordnung (zweckmäßige
und wirtschaftliche Lösung des Bedarfs/Problems) aussprechen.
Zu erforderlichen ambulanten Dienste im Bereich der Grundpflege, der aktivierenden
pflegerischen Hilfen (integrierte Behandlungspflege), der Therapie und der
Unterstützung Betroffener
− Sozialstation/Gemeindepflegedienst/Stadtteilpflegedienst
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
− Niedergelassene Praxen der Krankengymnastik, Ergotherapie, Psychotherapie
und Logopädie, die zu Einzeltherapien durch Hausbesuche bereit sind
− Nahegelegene Möglichkeit für physikalisch-therapeutische Anwendungen oder
zu Hausbesuchen bereite Massagepraxis
− Familienentlastende mobile soziale Hilfsdienste (vom Besuchsdienst bis „Essen auf
Rädern“)
− Kompetente Behinderten- bzw. Sozialberatungsstelle
− Psychologische Betreuung und/oder Seelsorge für Betroffene und pflegende Laien
Daneben muß bei Bedarf möglich sein:
• Intermittierende teilstationäre Versorgung (Tagespflegestätte, poliklinisches
Rehazentrum, Aphasietherapeutisches Tageszentrum etc.)
Als Durchschnittsbedarfswert könnte diskutiert werden, daß zwischenzeitliche Aufnahme
in teilstat. Versorgung, wie sie gelegentlich erforderlich werden kann, in dem Maß
vorhanden sein sollte, daß im Schnitt ca. 10% des Therapiebedarfs der häuslich
versorgten Wachkoma- und postapallischen Patienten aufzufangen sind. Dies wären in
einem Versorgungsgebiet durchschnittlich 0,5 Therapiestunden/ Woche oder rund 5
Therapieminuten/Tag je Patient in teilstationärer Form.
Zur Zuständigkeit der Leistungsträger und ihre gesetzlichen Leistungsgrundlagen
− Trägerzuständigkeiten – Leistungsrecht
Im ambulanten Bereich ist Phase F der neurologischen Rehabilitation der gesetzlichen
Krankenversicherung (SGB V), der Unfallversicherung (RVO, 3. Buch) und – ergänzend zu
den festgelegten zumutbaren familiären Eigenleistungsmöglichkeiten der Finanzierung – den
Sozialhilfeträgern (BSHG) sowie schließlich (mit einer Festbetragsgeldleistung) den
Pflegekassen (SGB XI) zugeordnet. Die Pflegeversicherung hat diesen Patientenkreis der
Schwerstpflegebedürftigkeitsstufe zu zuordnen; darüber hinaus wird der MDK in der Regel
prüfen, ob die Härtefallregel (außerordentliche Schwerstpflegebedürftigkeit) greift.
Verwiesen sei ergänzend auf Kostenteilungsvereinbarungen zwischen den beteiligten
Trägern, die notwendig werden könnten, um für angemessene häusliche Versorgung eine
tragbare Finanzierungsbasis zu sichern (analog zu „Kasten“ S. A - 26).
− Ermessensleistungen – Leistungsgrenzen der sozialen Sicherungssysteme
Familien, die mittel- oder langfristig überwiegend selbst die Versorgung eines erheblich
pflegebedürftigen Schwerstbehinderten tragen, erbringen eine große, enorm belastende
Leistung – auch für die Allgemeinheit –, und zwar unabhängig davon, ob dies aus Not
(Mangel an geeigneten Einrichtungen) oder eigenem Antrieb geschieht. Die Ausgestaltung
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
von Ermessensspielräumen der Sozialleistungsträger sollte daher bei dringlichem Bedarf
gerade ihnen besonders zugute kommen.
Leistungsgrenzen der sozialen Sicherung können in einem demokratischen Sozialstaat
weder im Blick auf „gewöhnliche Familienverpflichtungen“ noch unter Verweis auf
unsicheres/geringes Remissions- oder Rehabilitationspotential auf seiten des Patienten,
sondern allein
• aufgrund fehlender sozialversicherungsrechtlicher Voraussetzungen (z.B. im Falle der
Kranken- und Unfallversicherung) sowie
• wegen ausreichender wirtschaftlicher Selbsthilfefähigkeit des Betroffenen und seiner
Familie (z.B. mangelnde Bedürftigkeit im Falle der Sozialhilfe)
festgelegt werden.
Zu Übergangsmöglichkeiten mit Darstellung der Schnittstellen
Abgesehen davon, daß in Einzelfällen bei akuter Verschlechterung des Zustandes die
Aufnahme in eine neurologische Akutklinik zur Intensivbehandlung möglich bleiben muß, sind
dies im einzelnen:
− (Rück-)Verlegung in die Frühmobilisierung nach Überwindung des Wachkoma
(Schnittstelle 2 b)
− Verbleib in Phase F, jedoch Verlegung in eine stationäre Einrichtung der
aktivierenden/zustandserhaltenden Pflege und Behandlung
− Übergang in die Phase F II bei Verbleib in ambulant-häuslicher Versorgung
− Verlegung in die weiterführende Frührehabilitation bei Erlangung der
Kooperationsfähigkeit und erkennbar fortschreitender Verbesserung des Zustandes
(Schnittstelle 3 b)
− Verlegung in eine medizinisch-berufliche oder berufliche Rehabilitationseinrichtung bei
fortschreitender, sehr deutlicher Zustandsverbesserung (Schnittstellen 4 b und 5 b)
− Integration in betreutes individuelles Wohnen und ggf. in eine Werkstatt für Behinderte bei
Stabilisierung nach einer Besserung des Zustandes
Zu besonderen Hinweisen zu den Ausgangskriterien der Phase F
Die Klausurkonferenz könnte darüber hinaus Erfahrungen zu den diversen „Übergangsvoraussetzungen“ an den Schnittstellen zu anderen Rehabilitationsphasen zusammentragen
und hieraus Hinweise im Sinne von Empfehlungen (Orientierung für den behandelnden
niedergelassenen Arzt) gewinnen.
Weitere Hinweise
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
Es bleibt der Klausurkonferenz unbenommen, weitere Empfehlungen zum häuslich-ambulanten Bereich der neurologischen Rehabilitationsphase F zu erarbeiten, z.B. zur
Abschätzung des rechtlich-gesetzgeberischen Handlungsbedarfs in diesem Bereich.
Arbeitsgruppe II
(Teil-)Mobile und kooperationsfähige, aber langfristig von Pflege und
Betreuung abhängige Menschen mit schweren neurologischen
Behinderungen
II a) Phase F stationär (Heime, betreute Wohnstätten und Wohnheime mit Pflegedienst für Schwerstbehinderte, die nicht oder noch nicht weiterführenden
Rehabilitationsmaßnahmen zugeführt werden können)
Hier steht (siehe auch S. A - 19 f.) der Personenkreis im Mittelpunkt, der kooperationsfähig,
nicht mehr umfassend, sondern nur noch partiell pflegebedürftig ist, jedoch auf lange Sicht
nicht alleine leben oder auf erhebliche Unterstützung bei der Eingliederung verzichten kann.
Zu Patientenmerkmalen und Zuweisungswege zur Phase F:
• Eingangskriterien für langfristige Aufnahme:
− Schwerbehinderte jeden Alters, für die aus sozialen/familiären Gründen ein Wohnen und
die Betreuung zu Hause nicht (mehr) in Frage kommt oder bei denen dies absehbar ist
− erwachsene Behinderte, bei denen entweder zur Sicherung einer sinnhaften
Tagesstrukturierung, zur (Teil-)Integration in eine Werkstatt für Behinderte oder aus
Gründen der angemessenen/aufwendigen Behandlung seltener Syndrome ein Leben in
institutionellen Strukturen angezeigt ist
− Schwerbehinderte im Erwerbsalter, bei denen eine Eingliederung ins Erwerbsleben wegen
beeinträchtigter Selbständigkeit nur durch eine erhebliche psychosoziale Begleitung und
Arbeitsassistenz erreicht werden kann, wie sie nur in institutionellem Rahmen erbracht
werden können oder örtlich-ambulant nicht verfügbar sind
− ältere Schwerbehinderte ohne versorgungsfähige Angehörige, bei denen eine aufwendige
psychosoziale Begleitung kontinuierlich sichergestellt sein muß
• Eingangskriterien für vorübergehende Aufnahme:
− Schwerbehinderte, die zwar die Eingangskriterien für die neurologische Frührehabilitation/weiterführende Maßnahmen nicht erfüllen, deren Rehabilitationspotential aber
gleichwohl unter Bedingungen institutioneller Betreuung (neu) abzuklären ist
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
− Schwerbehinderte, bei denen die versorgenden Angehörigen einer befristeten Entlastung,
längerfristiger fachlicher Beratung oder eines Kotherapietrainings durch Mitarbeiter aus
der institutionellen Behindertenarbeit bedürfen
Zur Definition zentraler Behandlungsziele der Einrichtungen; erforderliche „Themenpalette“ der individuellen Behandlungspläne
Training der körperlichen Mobilität, ggf. Bekämpfung von muskulärer Spastik und Atrophie;
Förderung von Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Lernvermögen, Kommunikations-, Eß- und
anderen ADL-Fähigkeiten mit dem Ziel der Erlangung weitestmöglicher Selbständigkeit;
Erhaltung und Besserung des Gesundheitszustandes im Sinne der weiteren Verringerung der
Hilfs- und Pflegebedürftigkeit
Zu Behandlungs- und Unterstützungsleistungen
− Koordinierung medizinischer Diagnositk, Therapie und Prognostik inkl. der laborund fachärztlichen Konsiliarleistungen
− Regelmäßige ärztliche (und zahnärztliche) Betreuung; laufende Überwachung des
Gesundheits- und Funktionszustandes
− Koordinierung pflegender, betreuender und unterstützender Maßnahmen
− Betreuungsleistungen: aktivierende Pflege (integrierte Behandlungspflege nach ärztlicher/therapeutischer Anleitung) soweit erforderlich, Anleitung zur Selbständigkeit
− Sofern notwendig, Hilfe bei alltäglichen Verrichtungen (An- und Auskleiden, Körperhygiene, Planung/Organisation des Alltages usw.)
− Therapeutische Interventionen (inkl. Beratung, ggf. mit Einbezug der Angehörigen)
nach individuellem Bedarf, z.B.
• Physiotherapie/Krankengymnastik
• Ergotherapie (Beschäftigungstherapie im engeren Sinne, kognitive/intellektuelle
Stimulation, Hilfen zu sinnerfüllter Tages- und Wochenstrukturierung, Selbsthilfetraining)
• soweit angezeigt, facial-orale Therapie (z.B. FOT nach Coombes)
• Logopädie (Kommunikationstraining, Sprach- und Sprechtherapie etc.)
• physikalische Therapie bei entsprechender Indikation
• adaptives Training mit Hilfsmitteln und Alltagsgerät (Schulung der Mobilität, der
Geschicklichkeit, der Gebrauchssicherheit etc., Haushaltstraining)
• psychosoziale Leistungen nach den zustandsentsprechenden individuellen
Behandlungsmöglichkeiten (z.B. Beratung des Patienten, ggf. unter Einbezug seiner
Angehörigen, neuropsychologische Therapie, Verhaltenstherapie, psychosoziale Hilfen
zur Alltagsbewältigung unter den Bedingungen der bestehenden Behinderung)
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
− Soziale Leistungen (Hilfen zur sozialen Integration und zur Teilnahme am
gesellschaftlichen Leben)
− Arbeitstherapie/Arbeitsassistenz (Arbeitserprobung, Arbeitstraining, Unterstützung und
Begleitung der Eingliederung im geschützten oder offenen Arbeitsbereich)
− Beaufsichtigung und Freizeitanleitung
Zur Behandlungsdauer
Langfristig – F I –, oft auf Dauer (ggf. bis an das Lebensende des Patienten – F II –)
Zu Personalbedarf (Tagesstundenbedarf) nach Personal- und Berufsgruppen
Die ärztliche Bereitschaft muß rund um die Uhr gewährleistet sein. Das Konzept einer
zustandserhaltenden, aktivierenden Pflege setzt daneben die hinreichende Verfügbarkeit von
pflegerischem, therapeutischem und Assistenzpersonal voraus. (Einrichtungen in der
anzustrebenden funktionsfähigen Größe brauchen zudem in den Verwaltungs- und häuslichtechnischen Versorgungsbereichen eine hinreichende Personalausstattung; benötigt wird ein
seelsorgerisches Angebot.)
Im einzelnen:
• Ärztlicher Bereich
Im Schnitt etwa 0,25 Std./Tag ärztliche Leistungen je Patient; Sicherstellung der ärztlichen
Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft;
Sicherstellung
konsiliarärztlicher
Leistungen
über
niedergelassen tätige Ärzte oder medizinische Einrichtungen in der Umgebung.
Sinnvolle ärztliche Fachkundenachweise in: Neurologie, Innere Med., ggf. (Neuro-)Geriatrie
• Pflegerischer Bereich
Ca. 2 Std./Tag je Patient aktivierende Pflegeleistungen
Pflegerisches Fachpersonal: Heilerziehungspfleger(-innen), Krankenschwestern/-pfleger,
Altenpfleger(-innen), Krankenpflegehelfer(-innen)
Pflegerisches Assistenzpersonal: Zivildienstleistende, Pflegepraktikant(-inn)en
• Medizinisch-therapeutischer Bereich
Im Schnitt 1–2 Std./Tag je Patient Therapieleistungen (im engeren Sinn), soweit von
Therapeuten erbracht. (Soweit integriert in Pflegeleistungen nach dem Konzept
„Therapiepflege“, sinkt hier der Stundenbedarf; im Gegenzug ergibt sich ein entsprechender
Mehrbedarf an Pflegezeit.)
Therapeutisches Fachpersonal (als direkte Leistungserbringer am Patienten und/oder als
Kotherapie-Anleiter
des
Pflegepersonals
und
zur
Supervision
eingesetzt):
Krankengymnasten, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen ...
• Sozialer/sozialpädagogischer Bereich
Als durchschnittliche Anhaltszahl 3–5 Std./Tag je Patient soziale Dienstleistungen
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
Fachpersonal: Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Arbeitserzieher, Werkstattbetreuer
• Sonstige Bereiche
Verwaltung, Hauswirtschaft und -technik ist durch interne, ggf. von der zugeordneten
Rehabilitationseinrichtung mitbeanspruchte Kräfte abzudecken; Seelsorge u.ä. dagegen
i.d.R. durch externe Kräfte.
Zu Mindestvoraussetzungen im Bereich der Qualifikation des Fachpersonals
• Verantwortliche Leitung:
− In der Behandlung pflegebedürftiger Behinderter / im Bereich der Rehabilitation erfahrener
Arzt vorzugsweise mit Zusatzbezeichnung „Rehabilitationswesen“, ggf. „Geriatrie“
− oder leitungserfahrene Personen mit einem Pflege- oder sonstigen medizinischen bzw.
rehabilitationspädagogischen Fachberuf (Krankenpflege, Altenpflege,
Heilerziehungspflege, Psychologie, Physio-/Ergotherapie, Sozial-/Behindertenpädagogik)
• Pflege: staatlich anerkannte Berufs(bzw. Helfer-)abschlüsse
• Therapie: staatlich anerkannte und Diplomabschlüsse (bei leitender Funktion in größeren
Einrichtungen zusätzlich: klinische/niedergelassene therapeutische Berufserfahrung)
Zur Gestaltung sinnvoller Angebotsstrukturen
Eine dezentrale Versorgungsstruktur mit Plätzen in solchen Dauereinrichtungen der Phase F
in ausreichender Zahl bietet aufgrund der wünschenswerten orts- und familiennahen
Versorgung die Möglichkeit, Angehörige in das Konzept der Langzeitrehabilitation
einzubeziehen.
Zur erforderlichen Sachausstattung der Einrichtungen
• Raumbedarf:
− Bewohner-Einzelzimmer
− angemessene Kommunikations- und Gemeinschaftsräume, Bewegungsflächen
− Pflege-Dienstzimmer
− Schwestern-/Pfleger-Arbeitsraum
− Räume für Einzeltherapien
− Zimmer für Sozialarbeiter und Therapeuten
− sonstige betrieblich erforderliche Büro-, Sonder-, Lager- und Nebenräume
− evtl. Gästezimmer für Angehörige (in der Einrichtung oder in Nähe zur Einrichtung)
• Apparative Ausstattung:
− erforderliche Ausrüstungen für die Notfallbehandlung, falls nächste klinischneurologische Einrichtung nicht ortsnah erreichbar ist
− notwendiges Therapiegerät, soweit stationär zu installieren/einzusetzen
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
Zur Zuständigkeit der Leistungsträger und ihre gesetzlichen Leistungsgrundlagen;
Ermessensleistungen und Grenzen der Leistungsmöglichkeiten
− Trägerzuständigkeiten – Leistungsrecht
Phase F der neurologischen Rehabilitation ist im stationären Bereich leistungsrechtlich der
Pflegeversicherung (SGB XI), der Unfallversicherung (RVO, 3. Buch) und der überörtlichen
Sozialhilfe (BSHG) zuzuordnen. Die rehabilitationsbezogenen Leistungen im engeren Sinne
werden, ggf. unabhängig hiervon, vom zuständigen Rehabilitationsträger finanziert (örtliche
Sozialhilfe, ggf. Krankenkasse).
Fest vereinbarte Mischfinanzierungsmodelle könnten notwendig sein (siehe analog zum
„Kasten“, Seite A - 26).
− Ermessensleistungen – Leistungsgrenzen
Die Klausurkonferenz ist aufgefordert, zu diesem Bereich Praxiserfahrungen
zusammenzutragen und, falls möglich, normative Empfehlungen abzugeben.
Zur Bandbreite der Tagesentgeltsätze (Pflegesätze)
Die Klausurkonferenz könnte hier ggf. Orientierungswerte aus bestehenden
Entgeltvereinbarungen für Einrichtungen zur Versorgung des Kreises der in ihrer
Selbständigkeit stark beeinträchtigten neurologisch Schwerbehinderten, die teilmobil und
kooperationsfähig sind, gewinnen und diese in Abhängigkeit von den erforderlichen Inhalten
des institutionellen Angebots differenziert zuordnen, z.B. nach F I und F II oder nach
Patientengruppen mit verschiedenen Schadensbildern ...
Zu Übergangsmöglichkeiten mit Darstellung der Schnittstellen
Abgesehen davon, daß in Einzelfällen bei akuter Verschlechterung ggf. die Aufnahme in eine
neurologische Akutklinik zur Intensivbehandlung möglich bleiben muß, sind dies im einzelnen:
− Verlegung aus „F I/stationär“ in die weiterführende Frührehabilitation (Schnittstelle 3 b) bei
erkennbarer Verbesserung des Zustandes
− Verlegung
aus
„F
I“
in
eine
medizinisch-berufliche
oder
berufliche
Rehabilitationseinrichtung bei fortschreitender, sehr deutlicher Zustandsverbesserung
(Schnittstellen 4 b / 5 b)
− Integration in eine betreute „Außenwohngruppe“, ggf. in Verbindung mit Eingliederung in
einer Werkstatt für Behinderte bei Stabilisierung nach erheblicher Besserung des
Zustandes
− Verbleib in Phase F, jedoch ggf. bei entsprechendem Wunsch/bei Bereitschaft der
Angehörigen Verlegung in häusliche Dauerversorgung und -behandlung („F II“)
Zu besonderen Hinweisen zu den Ausgangskriterien der Phase F
Die Klausurkonferenz könnte darüber hinaus Erfahrungen zu den diversen Entlaßkriterien an
der Schnittstellen zu anderen Rehabilitationsphasen zusammentragen und hieraus Hinweise
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
im Sinne von Empfehlungen (Orientierungsvorgaben für die entlassenden und aufnehmenden
Einrichtungen) gewinnen.
Weitere Hinweise
Es bleibt der Klausurkonferenz unbenommen, weitere Empfehlungen zum stationären Bereich
der neurologischen Rehabilitationsphase F zu erarbeiten, z.B. zur Abschätzung des rechtlichgesetzgeberischen und des strukturell-investiven Handlungsbedarfes in diesem Bereich.
II b) Phase F ambulant
(in Verbindung mit häuslichem Wohnen und mit
erheblicher Beteiligung Angehöriger an der Versorgung)
Entsprechend der „Zielgruppenbeschreibung“ (siehe S. A - 19 f.) geht es hier um dauerhaft
(teil-)pflegebedürftige, kooperationsfähige neurologisch Schwerbehinderte und ihre häusliche
Versorgung sowie ihre Eingliederung in Arbeitswelt und soziale Gemeinschaft
Zu Patientenmerkmalen und Zuweisungswegen zur Phase F:
• Eingangskriterien für langfristige Verlegung nach Hause
− Behinderte, bei denen Angehörige im häuslichen Umfeld wesentliche Teile der Versorgung
und Integrationshilfen sicherstellen und im nötigen Maße ambulante ärztliche Behandlung
sowie weitere erforderliche Therapie ortsnah abrufen können
− (ggf.: behinderte Senioren oberhalb des Alters, das in Frage kommende und geeignete
Einrichtungen für ihre Patientenaufnahme vorgeben, und deren Versorgung im häuslichen
Bereich nach o.g. Kriterien möglich ist)
• Eingangskriterien für befristete Aufnahme zu Hause
− Patienten, deren Angehörige zur vorübergehenden Aufnahme bereit und in der Lage sind,
um eine (geeignete) Langzeiteinrichtung zu finden oder Vakanzen in einer solchen
abzuwarten
− Patienten (oft: kleine Kinder), bei denen nach Einschätzung der sorgeberechtigten
Angehörigen in der eigenen Häuslichkeit die Versorgung, die Behandlung und die
Wahrung einer Option auf weiterführende Rehabilitation, angemessene Einschulung etc.
bis auf weiteres besser sicherzustellen oder der Aspekt der familiären Geborgenheit
vorrangig ist
− Patienten unterhalb des Alters, das in Frage kommende und geeignete stationäre
Einrichtungen der Phase F für ihre Patientenaufnahme vorgeben, und deren Versorgung
im häuslichen Bereich (nach o.g. Kriterien) möglich ist
Zur Definition zentraler Behandlungsziele der häuslichen Versorgung
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
Training der körperlichen Fähigkeiten; ggf. laufende Bekämpfung von muskulärer Spastik und
Atrophie; Förderung von Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Lernvermögen, Kommunikations-,
Eß- und anderen ADL-Fähigkeiten mit dem Ziel der weitestmöglichen Selbständigkeit;
Erhaltung und Besserung des Gesundheitszustandes im Sinne der allgemeinen Verringerung
der Hilfs- und Pflegebedürftigkeit; Sicherstellung familiärer Geborgenheit in der eigenen
Häuslichkeit; Hilfe zur umfassenden Eingliederung im Schul- oder Arbeitsbereich und in der
sozialen Gemeinschaft.
Zu erforderlichen Behandlungsleistungen (ggf. durch externe Fachkräfte)
− Durch den niedergelassenen Neurologen, im Einzelfall auch den allgemeinmed. Hausarzt
oder Kinderarzt, erfolgt die Koordinierung der medizinischen Diagnostik, des
Therapieprogrammes und erforderlicher weiterer labor- und fachärztlicher Leistungen
sowie der Hauptteil ärztlicher Behandlung. Die erforderlichen ärztlichen und zahnärztliche
Leistungen müssen im Wege der freien Arztwahl in zumutbarer Entfernung erreichbar
sein.
− Die Koordinierung pflegender, betreuender und unterstützender Maßnahmen sowie die
Dauerpflege und -betreuungsleistungen, z.B. aktivierende Pflege (integrierte
Behandlungspflege nach ärztlicher/therapeutischer Anleitung), wird überwiegend von
Angehörigen in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt übernommen (i. d. R. sind
stundenweise auch täglich familienentlastende mobile Hilfen durch ambulante Fachkräfte
in die Versorgungskoordination einbeziehbar).
− Therapeutische Interventionen (inkl. Beratung, auch der Angehörigen) nach individuellem
Bedarf, auf ärztliche Verordnung29 durch externe, wohnortnahe Fachleute:
• Physiotherapie/Krankengymnastik als Einzel- und ggf. Gruppentherapie
• Ergotherapie (klassische funktionelle Beschäftigungstherapie, kognitive/intellektuelle
Stimulation, Hilfen zu sinnerfüllter Tages- und Wochenstrukturierung, Selbsthilfetraining)
als Einzel- und ggf. Gruppentherapie
• falls erforderlich, facial-orale Therapie (z.B. FOT nach Coombes); als Einzelbehandlung
oder indirekt über Kotherapietraining einer Pflegeperson
• wenn notwendig, ambulante Logopädie (Kommunikationstraining, Sprach- und Sprechtherapie etc.)
• physikalische Therapie30 (Massagen, medizinische Bäder etc.) nach Indikation
• adaptives Training (mit Hilfsmitteln und Alltagsgerät im Haushalt, Haushaltstraining)
• ambulante psychosoziale Leistungen nach zustandsentsprechenden individuellen
Behandlungsmöglichkeiten (z.B. Beratung des Patienten und seiner Angehörigen, Verhaltenstherapie, Hilfen zur Alltagsbewältigung unter Bedingungen existierender Behinderungen)
29
30
Hier sind ggf. Probleme durch Budgetierung der niedergelassenen Ärzte zu beachten / Lösungsbeispiele zusammenzutragen.
In der Regel teilstationär oder mit Praxisbesuchen zu realisieren.
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
− Soziale Leistungen (Hilfen zur sozialen Integration und zur Teilnahme am
gesellschaftlichen Leben) sowohl in Form von mobilen Hilfen als auch auf dem indirekten
Weg (die Angehörigen werden durch Ämter/öffentliche Stellen beraten)
− Arbeitstherapie/Arbeitsassistenz im erforderlichen Ausmaß (Arbeitserprobung und -gewöhnung, Arbeitstraining, Unterstützung und Begleitung der Eingliederung im
Arbeitsbereich, ggf. Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte)
− Häusliche Beaufsichtigung und Freizeitanleitung i. d. R. durch Angehörige, ggf. unterstützt
durch Laienhelfer (Nachbarschaftshilfe, MSHD, Werkstatt für Behinderte, örtliche
Integrationsvereine)
Zu Voraussetzungen zur Aufgabenerfüllung (Zahl und tägliches Zeitbudget der beteiligten nahestehenden Versorgungspersonen)
Es ist mindestens 1 verantwortliche Betreuungsperson (zumeist 2 Personen) bei
überwiegend privat getragener häuslicher Versorgung erforderlich; zeitliche Beanspruchung
im Schnitt insgesamt ca. 7 (z.B. bei Mitnutzung teilstationärer Möglichkeiten) bis hin zu 24
Anwesenheits-Std. pro Tag (etwa im Extremfall gravierender Verhaltensstörungen), die
sich je nach individuellem Bedarf des Patienten aufteilen in Beaufsichtigungs-, häusliche
Versorgungs-,
Pflege-,
Unterstützungsund Kotherapie-Leistungen (inkl. dem
Informationsaustausch mit den beigezogenen Fachkräften).
Bis zu einem gewissen Grad sind Entlastungen des Zeitbudgets versorgender Angehöriger
durch örtlich verfügbare professionelle oder ehrenamtliche Hilfen möglich.
Zum täglichen Mindestzeitbedarf an Leistungen, die durch Dritte erbracht werden
Die Bedarfsspanne ist hier außerordentlich groß je nach den individuellen und örtlichen
Gegebenheiten. Mindestens sollte jedoch
− der behandelnde Arzt wöchentlich den Patienten sehen und im Bedarfsfall auch ad hoc
erreichbar sein,
− sonn- und feiertags sowie nachts ein ärztlicher Notdienst kurzfristig verfügbar sein,
− fachpflegerische Hilfe von außen bei Bedarf im Umfang von 2 x 0,5 Einsatzstunden pro
Tag oder mehr zur Verfügung stehen sowie
− ambulante Therapieleistungen im Schnitt von ca. 1 Std./Werktag an aufwärts verfügbar
sein
(Bei Versorgung nach dem Konzept der häuslichen „Therapiepflege“ verringern sich
Therapiestunden grundständig ausgebildeter Therapeuten, und es erhöht sich analog der
Zeitbedarf für Pflege.)
Zu Mindestvoraussetzungen im Wohnbereich; notwendige technische und bauseitige
Hilfsmittel, apparative Grundausstattung mit Pflegehilfen
Der neurologisch Schwerstbehinderte braucht in aller Regel ein eigenes Zimmer im Haushalt,
in dem er mitversorgt wird.
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
Die übrige Ausstattung und Einrichtung der eigenen Häuslichkeit der Familienwohnung sollte
auf den Einzelfall abgestimmt zweckmäßig und so vorgenommen werden, daß
• die familiäre Versorgungsaufgabe weitestgehend erleichtert wird,
• für den Betroffenen das mögliche Maß an Unanhängigkeit von Hilfeleistung Dritter
• sowie seine weitestgehende Eingliederung ins persönliche Umfeld und möglichst auch die
angemessene Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erreicht wird.
Bei besonderen Bedarfsmeldungen muß der behandelnde Arzt gegenüber dem zuständigen
Leistungsträger eine funktionsdiagnostisch spezifizierte Empfehlung/ Verordnung (zweckmäßige und wirtschaftliche Lösung des Bedarfs/Problems) aussprechen
Zu erforderlichen ambulanten Diensten im Bereich der aktivierenden pflegerischen
Hilfen (integrierten Behandlungspflege), der Therapie und der Unterstützung
Betroffener
− Sozialstation/Gemeindepflegedienst/Stadtteilpflegedienst
− Niedergelassene Praxen der Krankengymnastik, Ergotherapie, Psychotherapie und
Logopädie, die z.T. zu Einzeltherapien durch Hausbesuche bereit sein müssen
− Nahegelegene Möglichkeit für physikalisch-therapeutische Anwendungen oder zu
Hausbesuchen ggf. bereite Massagepraxis
− Familienentlastende mobile soziale Hilfsdienste (vom Besuchsdienst bis „Essen auf
Rädern“)
− Kompetente Behinderten- bzw. Sozialberatungsstelle
− Seelsorge für Betroffene und pflegende Angehörige
Daneben muß bei Bedarf möglich sein:
• Intermittierende teilstationäre Versorgung (Tagespflegestätte,
Rehazentrum, Aphasietherapeutisches Tageszentrum, WfB etc.)
poliklinisches
Als Durchschnittsbedarfswert könnte diskutiert werden, daß zwischenzeitliche Aufnahme
in teilstationärer Versorgung, wie sie gelegentlich erforderlich werden kann,
durchschnittlich in der Lage sein sollte, ca. 30% des Therapiebedarfs häuslich versorgter
Patienten dieser Gruppe aufzufangen. Dies wären in einem Versorgungsgebiet 1
Therapiestunden/Woche oder rund 30 Therapieminuten/Werktag je Patient in
teilstationärer Form.
Zur Zuständigkeit der Leistungsträger und ihre gesetzlichen Leistungsgrundlagen
− Trägerzuständigkeiten – Leistungsrecht
Im ambulanten Bereich ist Phase F der neurologischen Rehabilitation der gesetzlichen
Krankenversicherung (SGB V), der Unfallversicherung (RVO, 3. Buch) und – ergänzend zu
den festgelegten, zumutbaren familiären Eigenleistungsmöglichkeiten – den örtlichen
Sozialhilfeträgern (BSHG) sowie (mit einer Festbetragsgeldleistung) den Pflegekassen (SGB
XI) zugeordnet. Die Pflegeversicherung muß bei diesem Patientenkreis sorgfältig eine
Zuordnung zur Schwerstpflegebedürftigkeitsstufe prüfen.
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
− Ermessensleistungen – Leistungsgrenzen der sozialen Sicherungssysteme
Familien, die mittel- oder langfristig überwiegend selbst die Versorgung eines erheblich
pflegebedürftigen Schwerstbehinderten tragen, erbringen eine große, enorm belastende
Leistung – auch für die Allgemeinheit –, und zwar unabhängig davon, ob dies aus Not
(Mangel an geeigneten Einrichtungen) oder eigenem Antrieb geschieht. Die Ausgestaltung
von Ermessensspielräumen der Sozialleistungsträger sollte daher bei dringlichem Bedarf
gerade ihnen besonders zugute kommen.
Leistungsgrenzen der sozialen Sicherung können in einem demokratischen Sozialwesen weder
im Blick auf „gewöhnliche Familienverpflichtungen“ noch unter Verweis auf unklares/geringes
Remissions- oder Rehabilitationspotential auf seiten des Betroffenen, sondern allein
• aufgrund fehlender sozialversicherungsrechtlicher Voraussetzungen (z.B. im Falle von
Kranken- und Unfallversicherung) sowie
• wegen ausreichender wirtschaftlicher Selbsthilfefähigkeit des Betroffenen und seiner
Familie (z.B. mangelnde Bedürftigkeit im Falle der Sozialhilfe) festgelegt werden.
Zu Übergangsmöglichkeiten mit Darstellung der Schnittstellen
Abgesehen davon, daß in Einzelfällen bei akuter Verschlechterung des Zustandes die
Aufnahme in eine neurologische Akutklinik zur Intensivbehandlung möglich bleiben muß, sind
dies im einzelnen:
− (Rück-)Verlegung in die Frühmobilisierung nach Überwindung des Wachkoma
(Schnittstelle 2 b)
− Verbleib in Phase F, jedoch Verlegung in eine stationäre Einrichtung der
aktivierenden/zustandserhaltenden Pflege und Behandlung
− Verlegung in die weiterführende Frührehabilitation bei Erlangung der
Kooperationsfähigkeit und erkennbarer Verbesserung des Zustandes (Schnittstelle 3 b)
− Verlegung in eine medizinisch-berufliche oder berufliche Rehabilitationseinrichtung bei
fortschreitender, sehr deutlicher Zustandsverbesserung (Schnittstellen 4 b und 5 b)
− Integration in betreutes individuelles Wohnen und ggf. in eine Werkstatt für Behinderte
bei Stabilisierung nach erheblicher Besserung des Zustandes
Zu besonderen Hinweisen zu den Ausgangskriterien der Phase F
Die Klausurkonferenz könnte darüber hinaus Erfahrungen zu den diversen
Übergangsvoraussetzungen an der Schnittstellen zu anderen Rehabilitationsphasen
zusammentragen und hieraus Hinweise im Sinne von Empfehlungen (Orientierungsvorgaben
an den behandelnden niedergelassenen Arzt) gewinnen.
Weitere Hinweise
ANHANG
Materialien zur
Konferenzvorbereitung
Es bleibt der Klausurkonferenz unbenommen, weitere Empfehlungen zum häuslich-ambulanten Bereich der neurologischen Rehabilitationsphase F zu erarbeiten, z.B. zur
Abschätzung des rechtlich-gesetzgeberischen Handlungsbedarfs in diesem Bereich.
Flussdiagramm der Behandlungsphasen
(Stellung der Phase F im Phasenablauf)
Kopie ggf. anfordern
ANHANG
M. Schmidt-Ohlemann
Thesen zur Rehabilitation von Menschen mit schwersten
neurologischen Schädigungen in Phase F unter dem
besonderen Aspekt regionaler Hilfe-Systeme für Menschen
mit Körperbehinderungen*
M. Schmidt-Ohlemann
These 1
Die Phase F in der neurologischen Rehabilitation wird folgendermaßen gekennzeichnet:
– Sie folgt den Phasen A bis E, wobei aus jeder Phase heraus die Phase F
erreicht werden kann und umgekehrt.
– Die Patienten/Rehabilitanden sind durch Fehlen eines wesentlichen funktionellen Zugewinns nach angemessenen therapeutischen und rehabilitativen
Bemühungen gekennzeichnet, d.h. das Rehabilitationspotential ist latent oder
gering bzw. nur im Rahmen eines langfristigen kontinuierlichen Behandlungs-/
Rehaplanes zu entfalten, wobei die Prognose im Einzelfall nicht sicher abschätzbar ist.
– Die bestehenden Fähigkeitsstörungen führen zu erheblichen Beeinträchtigungen mit der Folge dauernden, u.U. lebenslänglichen Hilfebedarfs pflegerischer,
therapeutischer und sozialer Art.
– Ziel ist die Erhaltung und mögliche Verbesserung der bisher erreichten körperlichen, geistigen, psychischen und sozialen Fähigkeiten, auch die Prophylaxe
sekundärer Schädigungen. Ziel ist auch die Minderung der Pflegebedürftigkeit.
Diese Kennzeichnung der Phase F faßt Rehabilitation zu eng.
Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird Rehabilitation folgendermaßen
definiert: „Rehabilitation umfaßt alle Maßnahmen, die das Ziel haben, den Einfluß von
Bedingungen, die zu Einschränkungen oder Benachteiligungen führen,
abzuschwächen und die eingeschränkten und benachteiligten Personen zu befähigen,
eine soziale Integration zu erreichen. Rehabilitation zielt nicht nur darauf ab,
eingeschränkte und benachteiligte Personen zu befähigen, sich ihrer Umwelt
anzupassen, sondern auch darauf, in ihre unmittelbare Umgebung und die
Gesellschaft als Ganzes einzugrenzen, um ihre soziale Integration zu erleichtern"
(zitiert nach Delbrück/Haupt 1996, S. 17).
*
Ergänzend zur Diskussion in der Arbeitsgruppe II nachgereicht im Juni 1996
A - 133
ANHANG
M. Schmidt-Ohlemann
Nach der Phaseneinteilung der neurologischen Rehabilitation des Verbands
Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) ist die Phase F die letzte nach den
Phasen A bis E. Die Rehabilitation in der Phase F darf sich deshalb nicht mehr vor
allem an der Verbesserung oder dem Erhalt der funktionellen Fähigkeiten orientieren,
sondern hat als wesentliches Ziel die soziale, ggf. auch berufliche Integration.
Dies bedeutet eine Orientierung aller Hilfsangebote an der Lebenswelt der
Betroffenen unter den Kriterien von Normalität, Souveränität, Integration und
Einbettung in soziale Netzwerke mit ganzheitlich konzipiertem Hilfsangebot
unter Sicherung der notwendigen pflegerischen, ärztlichen und
therapeutischen Versorgung einschl. von Hilfen zum Leben in Gemeinschaft
und Gesellschaft.
These 2
Lebensweltliche Orientierung in der Phase F – sowohl F I als auch F II – bedeutet, daß
die medizinisch-therapeutischen Aspekte der Rehabilitation in den
Hintergrund treten zugunsten der Förderung der Bewältigung und
Unterstützung der alltäglichen praktischen Lebensvollzüge, z.B. in den
Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL), der Tages- und Freizeitgestaltung, der
Entwicklung oder Erhaltung von Selbständigkeit, im Aufbau stabiler und
dauerhafter sozialer und kommunikativer Beziehungen und in der Teilhabe am
Leben in Gemeinschaft und Gesellschaft. Besonderen Vorrang hat die
Erhaltung und Stützung vorhandener Beziehungen und Helfer-Systeme,
insbesondere von Familie, Verwandten, Freunden und Nachbarn. Oft aber müssen
vorhandene Beziehungen ganz ersetzt werden. Deshalb sind dazu folgende spezielle
Hilfen erforderlich:
– Kommunikationshilfen, z.B. Zuwenden von Kommunikation, Aufbau von Wechselbeziehungen, Hilfen zur Teilnahme an Freizeitangeboten, Verständigungshilfen,
gestützte Kommunikation u.a.
– psychosoziale Hilfen, z.B. Hilfen im Umgang mit begrenzten Gefahreneinschätzungsfähigkeiten, aufsichtsgewährende bzw. sicherheitgebende und Übung
ermöglichende Präsenz und Begleitung, Hilfen im Umgang mit eigenen Verhaltensschwierigkeiten, mit Aggressivität, Autoaggressivität, Distanzlosigkeit etc., Hilfe
in psychosozialen Druck-Situationen, bei Alleinsein und Einsamkeit u.a.
– Mobilitätshilfen, z.B. zur Bewältigung von Wegen, Begleitung bei Mängeln in
der eigenen Verkehrssicherheit, bei Bewegung mit Rollstuhl, öffentlichen
Verkehrsmitteln u.a.
– kulturtechnische Hilfen, z.B. beim Lesen, Schreiben, Rechnen, Umgang mit
Geld, Ämtern u.a.
– sozialpädagogische Hilfen zur eigenständigen aktiven Lebensgestaltung, Information und Beratung bei Wünschen, Verantwortlichkeiten für Lebensgestaltung,
A - 134
ANHANG
M. Schmidt-Ohlemann
mehr Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit durch Übung, Hilfen beim Ablösungsprozeß vom Elternhaus bzw. Hilfen in der familiären Beziehungsdynamik
Diese Hilfen werden leistungsrechtlich meist der Eingliederungshilfe nach §§ 39
und 40 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zugeordnet, sofern sie nicht begleitend zu
vor allem medizinisch oder beruflich geprägten Rehabilitationsmaßnahmen
erforderlich sind.
Unter dem Gesichtspunkt lebensweltlicher Orientierung können Lebensorte für
Menschen mit schweren neurologischen Beeinträchtigungen in der Regel auf Dauer
weder Kliniken oder Krankenhausabteilungen noch reine Pflegeeinrichtungen sein.
Differenzierte Wohnformen mit Bereitstellung des jeweils benötigten Hilfsangebotes
sind erforderlich: Unterbringung in der Familie, andere ambulante Wohnformen, kleine
Wohneinrichtungen, Internate, Dauerwohneinrichtungen z.B. für Menschen mit
Körperbehinderungen, die jeweils Wohnung und Heimat sind, Geborgenheit und
Sicherheit vermitteln können und soziale Integration sicherstellen können.
These 3
Zur lebensweltlichen Orientierung der Rehabilitationsphase F unter dem
Gesichtspunkt der Normalität gehört die Schaffung eines dauerhaften zweiten
Lebensraumes. Auch neurologisch kranke bzw. behinderte Menschen müssen die
Möglichkeit haben, neben der häuslichen – stationär oder ambulant – eine andere
Umgebung zu erleben, die ihnen neue Anregungen vermittelt, den Tag strukturiert,
weitere Bezugspersonen und Beziehungen ermöglicht, therapeutische und
pädagogische Angebote machen kann und die dazu beiträgt, disability- und
handicapbezogene Rehabilitationsziele zu erreichen. Die Tagesgestaltung erfolgt
unter dem Gesichtspunkt der Förderung. Dazu gehört ggf. auch eine Tätigkeit oder
Beschäftigung, die als Arbeit strukturiert, organisiert und entlohnt wird.
Zweiter Lebensraum können vorübergehend Schulen für körperbehinderte Kinder und
Jugendliche
sein,
auf
Dauer
Werkstätten
für
Behinderte,
Beschäftigungsgesellschaften/Trainingsfirmen, Tagesförderstätten und für sehr
schwer Betroffene mit überwiegendem Pflegebedarf auch Tagespflegeeinrichtungen.
Durch den zweiten Lebensraum erfährt nicht nur der Betroffene Anregung und
Förderung, vielmehr die Angehörigen Entlastung und eine wesentliche Erleichterung
auch unter nicht stationären Pflegebedingungen; insbesondere kann auf diese Weise
auch Therapie und Förderung angemessen im Team realisiert werden (siehe These
4).
These 4
In der Phase F bleibt zumeist ein hoher pflegerischer und/oder therapeutischer
Bedarf. U.a. ist auch eine regelmäßige ärztliche Überwachung und Behandlung
einschließlich spezieller rehabilitationsmedizinischer Leistungen sowie die
A - 135
ANHANG
M. Schmidt-Ohlemann
Koordination der rehabilitativen Bemühungen erforderlich, im einzelnen z.B.
Verordnung von Hilfsmitteln, Redressionsbehandlungen, Anleitung und Verantwortung
bei besonderen Problemen wie etwa Ernährung, Beatmung, Dialyse etc. Zwar ist keine
ständige Präsenz erforderlich, vor allem nicht über 24 Stunden, jedoch bedarf es einer
festen, in das Team eingebundenen ärztlich/rehabilitationsmedizinischen
Präsenz.
Das therapeutische Team, das auch in der Phase F verantwortlich ist für die
Rehabilitation, arbeitet auch hier nach einem Rehabilitationsplan im Hinblick auf
spezifizierte Rehabilitationsziele. Neben der ärztlichen Koordination und
Verantwortung des Behandlungs-/Rehabilitationsplanes ist zur Koordination im
einzelnen ein Casemanagement erforderlich, das aus dem Team heraus
gewährleistet werden sollte. Die Teammitglieder benötigen in der Regel spezielle
zusätzliche Ausbildungen und Erfahrungen, auch einen erheblichen Zeitbedarf sowohl
zur Durchführung der Behandlungen als auch zur Teamarbeit, der nicht unter 20% der
therapeutischen Arbeitszeit liegt.
Das Team muß bestehen aus Krankengymnast, Ergotherapeut, Logopäde,
Pflegekräften
(Reha-Pflege),
Psychologe/Neuropsychologe,
Heilerzieher,
Heilerziehungspfleger, Hilfsmittelfachmann, Fachmann für technische Orthopädie und
orthopädische Schuhmacherei sowie anderen Fachdiensten. Ein Teil der Therapeuten
muß im Team fest zusammenarbeiten und von der Einrichtung fest angestellt sein. In
geringerem Umfang benötigte Therapeuten können durch feste Kooperationsverträge
von außen in das Team eingebunden werden. Eine Sicherstellung der ärztlichen und
auch therapeutischen Versorgung durch niedergelassene Einzelpraxen allein ist nicht
ausreichend.
Die Grund- und Basisfinanzierung muß durch den jeweiligen Hauptmaßnahmeträger
erfolgen, zusätzlich leisten die Kostenträger im Rahmen ihrer gesetzlichen
Bestimmungen. So können die rehabilitativen und koordinativen Anteile des
therapeutischen Teams etwa durch den Sozialhilfeträger übernommen werden,
wohingegen die Einzelleistungsvergütung durch die Krankenversicherunng
übernommen werden kann.
These 5
Ein Rehabilitationsteam gewährleistet die Behandlung/Versorgung auch bei
Komplikationen und Verschlechterungen. Bei vielen Patienten/Rehabilitanden
bleibt der Zustand nicht stationär, ist vielmehr progredient oder immer wieder von
schubartigen Verschlechterungen gekennzeichnet.
Der Personenkreis für die Phase F ist nämlich nicht nur zu beschränken auf
Menschen nach Schädelhirntrauma oder einem anderen akut schädigenden Ereignis,
sondern sollte auch Menschen mit anderen Behinderungen neurologischer Art
A - 136
ANHANG
M. Schmidt-Ohlemann
umfassen, die einen ähnlichen Hilfebedarf aufweisen. Dies sind z. B. Menschen mit
infantiler Zerebralparese, multipler Sklerose, Querschnittlähmungen u.a. In der
Phase F muß das therapeutische Team so leistungsfähig sein, daß Komplikationen
und Verschlechterungen vor Ort aufgefangen werden können, so daß nicht ständig
zwischen einer speziellen Einrichtung in einer anderen Phase und der Wohnung hin
und her gependelt werden muß (Drehtür-Phänomen). Menschen mit schweren
Behinderungen haben ein Interesse daran, im Rahmen ihres Wohnumfeldes zu
bleiben, da dieses Stabilität und Sicherheit verspricht.
Auch können bestimmte Leistungen der Phase E, nämlich die der sozialen und
beruflichen Eingliederung, nur am Wohnort selbst, in der dauerhaft besuchten
Einrichtung erfolgen. Insofern ist es sinnvoll, daß Einrichtungen der Phase E und F
gemeinsam gedacht werden und die Ausstattung mit Rehabilitationsteams auf die
Erfordernisse beider Phasen zugeschnitten wird.
Gerade im Hinblick auf einen Wechsel zwischen verschiedenen Phasen ist es von
größter Bedeutung, daß in Wohnortnähe ausreichend Kapazität geschaffen wird für
die dauerhafte Betreuung auch bei progredienten Erkrankungen wie etwa
Muskeldystrophien, multiple Sklerose und auch bei Querschnittlähmungen mit
Komplikationen.
Auf den ersten Blick erscheint dies in Anbetracht der Phaseneinteilung von A bis F
nicht sinnvoll oder nicht erforderlich, da ja jeweils phasenspezifische Einrichtungen zur
Verfügung stehen. Hier zeigt sich ein Problem der Phaseneinteilung, daß diese zwar
typische Verläufe nach einmaligem schädigendem Ereignis abbildet, nicht jedoch
geeignet erscheint für Menschen mit progredienten oder schubweise sich
verändernden Erkrankungen.
These 6
Es ist dringend notwendig, wohnortnah ein ausreichend differenziertes und
spezialisiertes Angebot zur Verfügung zu haben. Hilfesysteme für Menschen in der
Phase F sind unter dem Gesichtspunkt der regionalen Verfügbarkeit zu planen. Wird
ein ausreichendes Netz solcher Hilfesysteme etwa für Menschen nach
Schädelhirntrauma aufgebaut, müssen davon auch andere behinderte Menschen der
Region mit gleichem Hilfebedarf profitieren können. Auch aus ökonomischen Gründen
ist es nicht möglich, für jeweils einzelne neurologische Behinderungsarten einzelne
therapeutische Dienste zu errichten. Dies schließt nicht aus, daß in Ballungsgebieten
sich das Hilfeangebot differenziert und stellt insbesondere nicht die
hochspezialisierten Einrichtungen der Phasen A bis C, zum Teil auch Phase D in
Frage. Der quantitative Hilfebedarf in den Phasen E und F ist unter regionalen
Gesichtspunkten erheblich und wird gerade im Hinblick auf Erwachsene mit
erworbenen Behinderungen gravierend unterschätzt (siehe z. B. den Behandlungs/Rehabilitationsbedarf bei sog. Apoplex).
A - 137
ANHANG
M. Schmidt-Ohlemann
Durch eine regionale Orientierung können auch Synergieeffekte mit vorhandenen
Institutionen genutzt werden. Eine ressourcenorientierte Vernetzung kommt den
Betroffenen im Sinne der Effizienzsteigerung zugute, bedeutet aber ökonomisch, daß
solche Hilfen finanzierbar werden.
These 7
Bislang werden viele Menschen mit neurologischen Behinderungen – nicht nur
angeborenen oder frühkindlich erworbenen, sondern auch mit im Erwachsenenalter
erworbenen
Behinderungen
–
in
Einrichtungen
für
Menschen
mit
Körperbehinderungen betreut und versorgt. Dies sind z.B. integrative Kindergärten,
Schulen für Körperbehinderte mit Internat, Berufsbildungswerke und auch
Berufsförderungswerke,
darüber
hinaus
Werkstätten
für
Behinderte,
Tagesförderstätten, Dauerwohnheime, Internate, Wohngruppen etc. Einrichtungen für
geistig behinderte Menschen sind nur in wenigen Fällen für Menschen mit im
Erwachsenenalter erworbenen neurologischen Behinderungen geeignet; ähnliches gilt
für Einrichtungen für psychisch behinderte Menschen. Dennoch bestehen in
Einrichtungen der Behindertenhilfe zum Teil gute infrastrukturelle Voraussetzungen,
um sich für Menschen mit neurologischen Behinderungen zu öffnen.
Dies gilt insbesondere für die Einrichtungen für Körperbehinderte, in denen Menschen
mit teilweise kognitiven, vor allem mit motorischen Einschränkungen leben.
Andererseits sind auch diese Einrichtungen, vor allem die Dauerwohnheime und die
Werkstätten für Behinderte, auf das besondere Klientel von Menschen etwa mit
Schädelhirntrauma nicht ausreichend eingerichtet. Hier bedarf es eines
zielgerichteten Ausbaus und der Ergänzung der Infrastruktur zum einen durch
spezielle Gruppen mit speziellem Förderangebot, zum anderen in Form der Einrichtung
eines vollständigen Rehabilitationsteams, das leider nicht in allen Werkstätten in
ausreichendem Maße zur Verfügung steht.
Es bietet sich an, für die teilstationäre Versorgung von Menschen mit neurologischen
Behinderungen in der Phase F diese vorhandene Infrastruktur, mit allein über 130.000
WfB-Plätzen, die flächendeckend realisiert sind, zu nutzen – unter bedarfsgerechter
Erweiterung und Ergänzung.
(Literatur beim Verfasser)
Dr. med. Matthias Schmidt-Ohlemann
Ltd. Arzt der Rehabilitationseinrichtung für Körperbehinderte Bethesda
der Diakonie-Anstalten Bad Kreuznach
A - 138
ANHANG
M. Schmidt-Ohlemann
A - 139
ANHANG
Literaturhinweise
Literaturhinweise
Die aufgeführten Literaturangaben Nr. 1–18 (z. T. unveröffentlichte
Informationen von Verbänden und Institutionen) standen den Veranstaltern
zur Konferenzvorbereitung zur Verfügung. Die weiteren Literaturhinweise
(ab Nr. 19) wurden von Referenten und Diskussionsteilnehmern gegeben.
1. AOK-Bundesverband
Die Verbände der Träger vollstationärer Pflegeeinrichtungen und die Spitzenverbände der
Pflegekassen: Gemeinsame Grundsätze und Maßstäbe zu Qualität und Qualitätssicherung
einschl. des Verfahrens der Durchführung von Qualitätsprüfungen nach § 80 SGB XI in
vollstationären Pflegeeinrichtungen; Bonn, Entwurf vom 18.1.1996
2. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
Empfehlungen zur neurologischen Rehabilitation von Patienten mit schweren und schwersten
Hirnschädigungen in den Phasen B und C; Frankfurt, November 1995
3. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
Entwurf – Empfehlungen für die langfristige oder dauerhafte Behandlung von Patienten mit
schweren und schwersten neurologischen Ausfällen in der Phase F vom 2.2.1996
(unveröff.)
4. Deutsche Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter e.V.
Ergebnisse der Arbeitstagung „Aktuelle Entwicklungen in der Rehabilitation am Beispiel
neurologischer Behinderungen“ 1995 (in Bad Boll), Heidelberg, November 1995
5. Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften
Rehabilitation Schwer-Schädel-Hirn-Verletzter (Denkschrift), 3. überarbeitete Auflage, Sankt
Augustin 1996
6. Helene-Maier-Stiftung / Kliniken Bavaria GmbH
Entwurf für die Phasen F und E (Dr. Thun); Straubing, 23.1.1996
7. Kinderneurologiehilfe Münster e.V.
Konzeptvorschlag zur Phase F, Münster, 22.1.1996
8. Rehabilitationszentrum Isarwinkel (Nachklinische Fördereinrichtung für Hirnverletzte)
Darstellung des Behandlungskonzeptes Bad Tölz, 28.1.1996
9. Land Berlin, Senatsverwaltung für Gesundheit
Entwurf einer neurologischen Konzeption des geplanten Zentrums für ambulante
Rehabilitation (ZAR), Gartenstraße; unveröff. Vorlage vom 18.5.1995
A - 141
ANHANG
Literaturhinweise
10. Landeswohlfahrtsverband Hessen/Landesverband Hessen-Mittelrhein und
Thüringen der gewerblichen Berufsgenossenschaften
Vorlage an die Arbeitsgruppe „Versorgung von Patienten mit schwersten erworbenen
Hirnschädigungen“; Dok.-Nr. 208.9070, 1993
1. Meyer, Th. (HLT Gesellschaft für Forschung, Planung und Entwicklung mbH)
Kapazitätsbedarf zur Versorgung von Schwer-Schädel-Hirn-Verletzten in Hessen;
HLT-Report Nr. 427, Wiesbaden 1994
2. Ministerium für Arbeit und Soziales, Jugend, Gesundheit und Energie des Landes
Schleswig-Holstein
Versorgung schwer schädel-hirn-verletzter oder -geschädigter Personen in SchleswigHolsten (Apalliker, Postapalliker); unveröffentlichtes Konzeptpapier, September 1992
3. MUTABOR e.V.
Neurologische Rehabilitation von Patienten mit schweren und schwersten Hirnschäden in
den Phasen C, D, E und F; München, Schr. vom 22.1.1996
4. Niedersächsisches Landesamt für zentrale soziale Aufgaben / Ev. Krankenhausverein Emlichheim
Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen im Sinne des § 93 (2) BSHG
für die stationäre Sonderpflege (Entgeltvereinbarung 1995 für Haus Soteria, 49824
Emlichheim); 1995 (vertraulich)
5. REVERSY GmbH
Beschreibung des Neurologischen Rehabilitationskonzeptes für hirnverletzte Klienten
in den Phasen F und E, München, 29.1.1996
6. Bundesverband Schädel-Hirnpatienten in Not e.V.
Aktivierende Pflege und Betreuung für Patienten im Wachkoma oder frühen
Rückbildungsphasen in Einrichtungen; Amberg, Januar 1996 (unveröff.)
7. Patienten im Wachkoma e.V.
Haus Ilona – Konzept für die Versorgung von Menschen im Wachkoma; Informationsschrift,
Bergneustadt, Fassung von 1994
8. Verband Deutscher Rentenversicherungsträger
Phaseneinteilung in der neurologischen Rehabilitation, in: Die Rehabilitation 34:3 (1995)
119-127
9. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
Neufassung Entwurf: Empfehlungen für die langfristige oder dauerhafte Pflege und
Rehabilitation von Patienten mit schweren und schwersten neurologischen
Schädigungen in der Phase F (Stand 9.5.1996)
A - 142
ANHANG
Literaturhinweise
10. Kuratorium ZNS für Unfallverletzte mit Schäden des zentralen Nervensystems e.V. und
Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften
Forschung und Praxis der neurologischen Rehabilitation – 10 Jahre KURATORIUM ZNS,
Tagungsbericht, Hamburg 1995
11. Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung Baden-Württemberg
Prognose, Therapie und Dokumentation des traumatischen „Apallischen Syndroms“ –
(Literaturstudie), Gesundheitspolitik 29, Stuttgart 1994
12. Träger der vollstationären Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene / BAG
überörtliche Sozialhilfeträger, Karlsruhe / BV kommunale Spitzenverbände, Köln,
Spitzenverbände der Pflegekassen
Gemeinsame Grundsätze und Maßstäbe zur Qualitat und Qualitätssicherung einschl. des
Verfahrens zur Durchführung von Qualitätsprüfungen nach § 80 SGB XI in vollstationären
Pflegeeinrichtungen (unveröffentlicht, 7.3.1996)
13. IKK-Bundesverband
Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des
Pflegebedürftigen nach § 40 Abs. 4 SGB XI – Eine Arbeitshilfe der Spitzenverbände
der Pflegekassen, 10.7.1995
14. Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen
und Gesundheit
Behandlung von Schlaganfallpatienten und Schädel-Hirn-Verletzten, in: Gesundheits-politik im
Freistaat Bayern, München, September 1995
15. Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Krankenkassenverbände / Verband der
bayerischen Bezirke
Positionspapier für ein Gesamtkonzept zur Rehabilitation von Patienten mit erworbenen
Hirnschäden, München, Juli 1989
16. Verband der bayerischen Bezirke
Aktivierende Dauerpflege für Patienten mit erworbenen Hirnschäden (Rahmenkonzept),
München, 28.4.1994
A - 143
ANHANG
Teilnehmerverzeichnis
Verzeichnis der Konferenzteilnehmer
Andreas, Perdita, Vorsitzende Rheinland-Pfalz, Deutscher Bundesverband für Logopädie,
Schönbornstr. 7, 55116 Mainz
Assauer, Andrea, Ergotherapeutin, Bigger Werkstätten der Josefsgesellschaft,
Heinrich-Sommer-Str. 13, 59930 Bigge-Olsberg
Bahr, Eberhard E., Dipl.-Psych., Leiter der Nachklinischen Fördereinrichtung für Hirnverletzte, Rehazentrum Isarwinkel, Krankenhausstr. 37, 83646 Bad Tölz
Baumhof, Dietmar, Patienten im Wachkoma e.V.,
Am Heshahn 4, 51702 Bergneustadt
Dr. med. Blumenthal, Wolfgang, Chefarzt, Neurologische Rehabilitationsklinik für Kinder
und Jugendliche, Johannes-Ritter-Str. 100, 21502 Geesthacht
Burkert, Andreas, Ministerialrat, Ministerium für Arbeit und Soziales Nordrhein-Westfalen,
Horionplatz 1, 40213 Düsseldorf
Busch, Bärbel, Ambulanter Krankenpflegedienst und Vorstandsmitglied des Forums
Häusliche Pflege e.V., Am Bredtchen 27, 42109 Wuppertal
Dumeier, Klaus, Abt. Pflege, Verband der Angestellten Krankenkassen und ArbeiterErsatzkassen, Frankfurter Str. 84, 53721 Siegburg
Enderle, Gabriele, Arbeitgeberverband ambulanter Pflegedienste e.V.,
Roscherstr. 13 a, 30161 Hannover
Ewe, Michael, stv. Pflegedienstleiter, Ambulanter Krankenpflegedienst Busch,
Am Bredtchen 27, 42109 Wuppertal
Dr. Fischer, Dieter, Lehrstuhl Sonderpädagogik II, Universität Würzburg,
Wittelsbacher Platz 1, 97074 Würzburg
Harms-Ensinck, Georg, Leiter des Evangelischen Krankenhausvereins, Haus „Soteria“,
Berliner Str. 27–29, 49824 Emlichheim
Dr. med. Henskes, Sigrid, Medizinischer Dienst der GKV Baden-Württemberg,
Hauptstätter Str. 70, 71178 Stuttgart
PD Dr. med. Hömberg, Volker, Leitender Arzt, Neurologisches Therapie-Centrum,
Hohensandweg 37, 40591 Düsseldorf
Junge, Medard, Referent Pflegeversicherung, Bundesverband der Innungskrankenkassen
(IKK), Postfach 10 01 52, 51401 Bergisch Gladbach
A - 145
ANHANG
Teilnehmerverzeichnis
Lange, Sr. Hildegard, Aphasiezentrum Josef-Bergmann, Josef-Bergmann-Str. 1,
49377 Vechta-Langförden
Prof. Dr. Dr. Mayer, Klaus, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen,
Schnarrenbergstr. 95, 72076 Tübingen
Nentwig, Armin, MdL, 1. Vorsitzender des Bundesverbandes Schädel-Hirnpatienten
in Not, Bayreuther Str. 33, 92224 Amberg
Dr. med. Puschendorf, W., Werner-Wicker-Kliniken für Rehabilitation, Im Kreuzfeld 4,
34537 Bad Wildungen
Dr. med. Ramb, Georg, Sozialpädiatrische Abt., Rehazentrum Heinrich-Haus,
Neuwieder Str. 23 a, 56566 Engers
Reichelt, Jutta, Dipl.-Psych./Logopädin, Leiterin des Arbeitskreises Ambulante Neuropsychologie der Gesellschaft für Neuropsychologie, Glemsgaustr. 16,
70499 Stuttgart
Dr. Reinsberg, Bärbel, stv. Geschäftsführerin, Deutsche Vereinigung für die Rehabilitation
Behinderter, Friedrich-Ebert-Anlage 9, 69117 Heidelberg
Rempt, Ingrid, Geschäftsführerin, REVERSY GmbH der Stiftung Pfennigparade,
Barlachstr. 34-38,
80804 München
Richter, Ulrich, Leiter des mobilen Dienstes „Viva“, Beethoven-Str. 16,
87435 Kempten/Allgäu
Schäfer, Günter, VerwDir, Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, WalterKolb-Str. 9–11, 60594 Frankfurt/M.
Scheuermann, Petra, Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, WalterKolb-Str. 9–11, 60594 Frankfurt/M.
Dr. med. Schmidt-Ohlemann, Matthias, Leitender Arzt, Diakonie-Anstalten,
Ringstr. 58–60, 55543 Bad Kreuznach
Schmitt, Erwin, Fachbeiratsmitglied des Bundesverbandes Schädel-Hirnpatienten in Not,
Bayreuther Str. 33, 92224 Amberg
Schmollinger, Martin, Geschäftsführer, Deutsche Vereinigung für die Rehabilitation
Behinderter, Friedrich-Ebert-Anlage 9, 69117 Heidelberg
Schubert, Carmen, Dipl.-Sozialarbeiterin, Neurologische Klinik Hessisch Oldendorf,
Postfach 280, 31834 Hessisch-Oldendorf
Schulte, Manfred, Dipl.-Psych., Direktor der Therapeutischen Dienste, Rehazentrum
Maria Veen, Meisenweg 15, 48734 Reken
A - 146
ANHANG
Teilnehmerverzeichnis
Schumann, Bernd, Referent für Krankenhausplanung, Ministerium für Arbeit, Soziales
und Gesundheit Rheinland-Pfalz, Bauhofstr. 9, 55116 Mainz
Schwuntek, Lothar, Verwaltungsdirektor, Kinderklinik Königsborn für neurologische
Rehabilitation, Zimmerplatz 1, 59425 Unna
Sitte, Martina, AOK-Bundesverband, Postfach 20 03 44,
53170 Bonn
Springer, Luise, Dipl.-Logopädin für Lehr- und Forschungslogopädie, Lehranstalt für
Logopädie der RWTH Aachen, Pauwelsstr. 30, 52057 Aachen
Stähler, Thomas, Verband Deutscher Rentenversicherungsträger,
Eysseneckstr. 55, 60322 Frankfurt/M.
Steinke, Bernd, Geschäftsführer, Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation,
Walter-Kolb-Str. 9–11, 60594 Frankfurt/M.
Troester, Anne, Bezirksgeschäftsstelle, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband,
Stephanienstr. 16, 76133 Karlsruhe
Ullmer, Walter, Schädel-Hirnpatienten in Not, Up de Worth 22,
22391 Hamburg
Wasel-Ziegert, Ursula, Krankengymnastin, Zethstr. 111,
53819 Neunkirchen-Seelscheid
Weber, Johannes, Dipl-SozArb. Sachgebietsleiter Altenhilfe, Amt für soziale Arbeit,
Postfach 39 20, 65029 Wiesbaden
Weiser, Manfred, Dipl.-Pädagoge, Sonderschullehrer, Stephen-Hawking-Schule,
Im Spitzerfeld 25, 69151 Neckargemünd
Weißenberg, Erwin, Vorsitzender des BDH – Bundesverband für Rehabilitation und Interessenvertretung Behinderter e.V., Humboldtstr. 32, 53115 Bonn
Dr. med. Weisser, Jochen, Kinderarzt, Fachkrankenhaus Neckargemünd, Im Spitzerfeld 25, 69151 Neckargemünd
Wiechers, Rolf, Geschäftsführer, Kuratorium ZNS für Unfallverletzte mit Schäden des
zentralen Nervensystems, Rochusstr. 24, 53123 Bonn
Dr. Wiedmann, Klaus, Therapeutischer Leiter, Helene-Maier-Stiftung (Kreischa/Sachsen),
Landgut Theisewitz, 01731 Theisewitz
Wietholt, Gertrud, Heilpädagogin, 1. Vorsitzende Kinderneurologie-Hilfe e.V.,
Postfach 82 23, 48044 Münster
A - 147
ANHANG
Teilnehmerverzeichnis
Dr. med. Willkomm, Martin, Chefarzt, DRK Krankenhaus, Middelburger Str. 1,
23701 Süsel-Middelburg
Wingruber, Margot, Sozialpädagogin, MUTABOR – Ambulante Intensivförderung
für Menschen mit erworbenen Hirnschäden, Ickstattstr. 7 Rgb.,
80469 München
Wolf, Rainer, Geschäftsführer, Spezialpflegeheim "Fichteneck" GmbH,
Dr.-Barner-Str. 4–6, 38700 Braunlage
Wolf, Rosemarie, Vorsitzende, BV der privaten Altenheime und sozialen Einrichtungen
der Regionalgruppe Thüringen, Dorfstr. 41, 38317 Fretterode
Dr. med. Zieger, Andreas, Arzt für Neurochirurgie, Oberarzt der Klinik NordwestKrankenhaus Sanderbusch, Hauptstraße, 26452 Sande
A - 148
Verantwortlich für die Veröffentlichung:
Deutsche Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter e.V.,
Friedrich-Ebert-Anlage 9, 69117 Heidelberg
Telefon: (0 62 21) 2 54 85, Telefax: (0 62 21) 16 60 09
Redaktionelle Bearbeitung:
Dr. Bärbel Reinsberg
Margitta Wallner
Heidelberg, im Juli 1996