Interview von Catrin Bolt mit Nina Sharikowa In Saporoshje (Ukraine

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Interview von Catrin Bolt mit Nina Sharikowa In Saporoshje (Ukraine
Interview von Catrin Bolt mit Nina Sharikowa
In Saporoshje (Ukraine) im April 2010 mit Hilfe eines Dolmetschers geführt.
Können Sie erzählen, wie Sie verschleppt wurden?
Meine Schwester arbeitete am Land und kam am 16. Juni 1941 das erste Mal nach Saporoshje. Am 22. Juni
kam der Krieg. Sie bombardierten uns. Eine Bombe fiel in der Nähe von unserem Haus, 20 Meter entfernt
und unsere Fenster waren weg. Die Schwester ging dann zurück aufs Land. Sie arbeitete dort als Lehrerin.
Sie nahm die Mutter, Großmutter und einen Bruder mit, und alle arbeiteten dort, aber der Vater musste für
den Abtransport zu verschiedenen Werken im Ural bereit sein und daher hier bleiben. Ich blieb also mit
meinem Vater, und als die sowjetischen Truppen zurück mussten, da wurde mein Vater eingezogen, und ich
blieb in Saporoshje. Und dann, im Frühling 42, Ende März, ging ich zu Fuß zu meiner Schwester aufs Land,
125 Kilometer. Es gab keinen Transport. Dann begann die Massenverschleppung, die erste Rekrutierung
Anfang ´42. Hitler, die deutsche Wehrmacht, brauchte Soldaten und die Männer mussten an die Front, aber
die Industrie und Landwirtschaft in Deutschland brauchten auch Leute. Jemand musste arbeiten. Daher
wurden viele Leute aus der Ukraine verschleppt, und bei der ersten Rekrutierung, oder jedenfalls der
Rekrutierung aus unserer Gegend, wurden die Leute genommen, die dort nicht ständig gewohnt haben. Ich
kam aus Saporoshje und wenige kannten mich und deshalb wurde ich verschleppt. Ich blieb bei meiner
Schwester ein oder eineinhalb Monate, nicht länger.
Und nur Sie, niemand sonst aus der Familie wurde verschleppt?
Ja. Die Schwester hat gebettelt, ich soll bleiben, aber nein.
Wer war das genau, die da gekommen sind und Sie abgeholt haben?
Unsere Polizei hat mich in der Wohnung abgeholt. Sie kamen morgens und brachten mich zum Bahnhof im
Pologe Kreiszentrum, 100 Kilometer von Saporoshje, und dort waren dann schon die deutschen Soldaten.
Können Sie beschreiben, wie der Transport nach Wien war?
Im Zug, im Viehwagon, mit Stroh auf dem Boden – es waren viele Leute in diesem Wagon, und der Zug fuhr
über Saporoshje, und ich hatte die Hoffnung, dass sie kurz stehen bleiben und ich raus kann, aber nein, um
diese Zeit gab es eine Bombardierung und die Türen waren zu. Die Toilette war nur in einer Steppe und da
standen die Soldaten mit Maschinengewehren, so dass niemand weglaufen konnte. Wenn jemand versuchte
wegzulaufen, würden sie schießen.
War jemand im Zug, den Sie kannten oder waren Sie da alleine?
In diesem Wagon fuhren ca. 35 meiner Landsleute. Während dieser Fahrt habe ich diese Leute kennen
gelernt. Ich kannte manche vom Sehen vom Dorf.
Wie lange dauerte die Fahrt nach Österreich?
Es waren ca. drei Tage. In einem großen Gebäude mit grünem Boden war eine Desinfizierung gegen Läuse.
Wie lange die Fahrt war, kann ich eigentlich nicht sagen. In Wien war ich drei Tage, und dann war ich noch
bei irgendeinem Bauern in einem Ort, ich weiß nicht genau wo, es war ein Dorf, am Land. Zwei Wochen
oder einen Monat, es war nicht lange, und dann wurden wir mit dem Zug nach Krems gebracht, das war im
Juni. Dort wurden wir zum Arbeitsamt gebracht und verkauft. Sie haben Geld für mich bekommen.
Wer hat Sie da verkauft?
Das Kremser Arbeitsamt, die Stadt Krems.
Wie hat das ausgesehen?
Wir standen alle nebeneinander, wir waren viele, und die Leute kamen, um auszusuchen. In dem Gebäude
des Arbeitsamtes, im Hof war das. Wir standen da und die Leute kamen. Ich wurde an einen Bauern
verkauft und musste vier Kühe hüten. Für ein junges Mädchen mit 16 Jahren war das eine sehr schwere
Arbeit. Es war schrecklich dort. Ich habe am 1. Juli dort zu arbeiten begonnen. Der Bauer hatte in der
Friedenszeit ein Gasthaus, sie lebten ohne Kinder, in einem großen Zimmer aßen sie. Sie haben dort
getrunken, Wein, Bier oder was. Er hatte zwei Pferde, einen Wagen, es war 25 Kilometer von der
Zugstation. Aber im Krieg kam niemand in das Gasthaus, es war zu. Dort war auch eine Freundin, die ich
unterwegs im Zug kennen gelernt habe, und wir wurden zusammen verkauft. Diese Freundin arbeitete bei
einem Bäcker nebenan, und ich arbeitete bei diesem Bauern mit dem Gasthaus. Die Freundin ist dann
weggelaufen und schickte mir einen Brief – sie schrieb: „Jetzt habe ich eine gute Familie gefunden!“ Dann
bin ich auch weggelaufen, um ein Uhr nachts. 25 Kilometer zur Station, dann zum Arbeitsamt in Krems. Aber
der Bauer hat dort schon angerufen und wollte mich wieder zurückholen. Ich sagte nein, und so wurde ich
gefangen genommen und bei der Polizei in einen Keller gebracht, wo verschiedene Häftlinge waren. Dort
war ich zwei oder drei Wochen und musste z.B. Autos oder Stufen reinigen. Ich habe darum gebeten, einen
guten Herren für mich zu finden, und der Dolmetscher hat es mir auch versprochen. Aber dann kam ein
Gestapomann, und sagte: „Nimm deine Sachen mit!“ und brachte mich nach St. Pölten, wo ich verhört
wurde. Ich wurde auch geschlagen, mit einer Peitsche. Der Bauer hat gefordert, dass ich zurückkomme,
aber ich sagte: „Ich bleibe. Sie können mich totschlagen, aber ich gehe nicht zurück.“
Was hat der Bauer gemacht?
Das war eine sehr schwere Arbeit und der Bauer war sehr grausam. Er war schon 78 Jahre alt und seine
Frau 75, die Schwester 73, und alle waren sehr grausame Leute. Und in diesem Hof arbeiteten auch zwei
Polen und die hatten auch kein gutes Verhältnis mit mir. Aber wir aßen alle zusammen, der Bauer und alle
anderen, die Nahrung bei diesem Bauern war gut. Man bekam auch Apfelsaft und Most. Aber die Arbeit war
sehr schwierig für mich. Es war schwierig mit den vier Kühen, diese zu säubern, zu melken. Ich hatte keine
landwirtschaftliche Erfahrung, ich wohnte seit 1933 in Saporoshje, in einer Stadt.
Wie genau waren Sie bei der Gestapo untergebracht?
In dem Gestapo-Haus war ich in einem Zimmer im vierten Stock, für einen Monat oder ein bisschen mehr. In
diesem Zimmer waren vier Leute. Ich war zusammen mit noch drei Frauen, aber ich kannte diese Frauen
nicht. Eine Deutsche war auch dabei. Die Toilette war im Zimmer, es war ein Topf. Das Zimmer war immer
zugesperrt, nur zum Verhör wurde ich abgeholt. Und dann kam ich in das Lager. In unserem Staatsarchiv
gibt es eine Bestätigung, dass ich ab 3.12.1942 bis 30.04.1945 in St. Pölten in diesem Lager gearbeitet
habe. Ich wurde bei der Krankenkasse versichert, ich habe dieses Papier.
Wie war es in diesem Lager?
In diesem Lager waren 30 Leute in einem Zimmer. Das Lager war ganz in der Nähe von der GlanzstoffFabrik. Sechs Tage in der Woche mussten wir dort zwölf Stunden arbeiten, eine Woche tags, die andere
nachts. Sonntag war frei. Brot gaben sie uns 200 g pro Tag und eine dünne Suppe, so genannte Bolanda.
Es gab morgens, mittags und abends diese Suppe.
Was genau war die Arbeit, die Sie machen mussten?
Ich arbeitete an zwei Webstühlen mit je 77 Spulen und musste die Spulen nach dreieinhalb Stunden
wechseln. Es war eine sehr schwere Arbeit. Es kam Viskose raus, Kunststoff, für Fallschirme und so. Ich
weiß es nicht genau, aber ich vermute es. Wir haben nicht viel gewusst, wir sollten nur arbeiten. Es gab
Meister oder Obermeister, die kamen und kontrollierten. Wenn ein Faden riss und wenn er das sah, dann
hat er mich geschlagen. Das war mein Fehler, wenn der Faden kaputt war, aber ich musste das laufend
machen mit den Spulen und auf zwei Webstühlen zugleich. Die Arbeit ging von sechs Uhr bis sechs Uhr,
eine Woche tagsüber, eine Woche nachts.
Wie viele Leute mussten dort arbeiten?
Es war eine große Fabrik mit sehr vielen Leuten, ich weiß nicht, wie viele. Auch Tschechen und Italiener
arbeiteten da. Wir arbeiteten in einer großen Halle, in der viele Webstühle waren. Daneben gab es eine
Wäscherei und dort wurden diese Spulen gespült und mussten dann trocknen. Ich habe mich mit einer Frau
angefreundet, sie war aus Wolgograd, aber den Kontakt habe ich dann verloren. Wir haben in Baracken
geschlafen, da waren Zimmer, und in jedem Zimmer waren 30 Leute, 15 Betten und viele Flöhe! Es waren
zweistöckige Betten, und draußen war Polizei mit Hunden. Für uns war es verboten, raus zu gehen. Drei
Jahre habe ich in dieser Fabrik gearbeitet, und immer blieben wir in dieser Baracke. Ich habe auch nicht
gewusst, dass in der Nähe ein jüdisches Lager war. Nur wenn eine Bombardierung war, dann mussten wir
aufräumen gehen, zum Beispiel in St. Pölten oder am Bahnhof, dort habe ich auch gearbeitet.
Was war am Sonntag?
Wir haben uns ausgeruht, man konnte Sachen waschen, und nur am Sonntag gab es ein bisschen besseres
Mittagessen. Sonst gab es nur diese Suppe und ein schwarzes Brot. Am Ende des Monats konnten wir
sieben Essensmarken bekommen und uns davon ein Stück Brot kaufen.
Gab es eine Arbeitskleidung?
Ja, es gab eine Arbeitskleidung, eine grüne Arbeitskleidung, ich sah genau wie ein Forscher aus. Ich habe
ein Abzeichen in einem Briefumschlag, das Ost-Abzeichen, ich musste dieses tragen. Nicht im Lager, aber
wenn wir zum Beispiel in die Stadt mussten, haben wir es getragen.
Aber sonst haben Sie ihre eigene Kleidung haben dürfen, oder hatten Sie nur diese Arbeitskleidung?
Ich hatte selbstverständlich meine eigene Kleidung auch.
Können Sie das Lager genauer beschreiben, wie es aufgebaut war?
Zwei große Baracken, in jeder ca. fünf Zimmer. Ich erinnere mich auch an Hunde. Die Toilettenanlage war
draußen, nicht in der Baracke, im Hof. Die Dusche war in der Fabrik.
Was gab es zum Frühstück?
Das Frühstück war im Lager und war auch Suppe. Nichts Gutes gaben sie einem. Ich erinnere mich nur an
diese Bolanda. Eine dünne Suppe. Aber im Zaun vom Lager gab es ein Loch oder so ähnlich. Dahinter
wohnte eine Familie und ich konnte durch dieses Loch zu dieser Familie gehen und dort arbeiten. Es war
nicht besonders weit. Ich konnte bei dieser Familie helfen, Kohle vom Keller holen, und dann gab mir die
Bäuerin etwas zu essen und Kleidung auch. Eine schöne Bäuerin, ihr Mann war an der Front. Das war nach
der Arbeit natürlich, wenn ich tagsüber gearbeitet habe, war ich abends dort. Sie hat mir Brot gegeben und
ab und zu eine Lebensmittelkarte, aber damit konnte ich nichts kaufen, ich durfte nicht raus. Ich war die
ganze Zeit im Lager. Das hat nie jemand gemerkt.
Gab es manche Gefangenen, die noch etwas mithatten? Tabak zum Beispiel?
Ich erinnere mich an russische Frauen, bei ihnen gab es auch keine Lebensmittel. Aber ich erinnere mich an
Deutsche, die auch da gearbeitet haben, und da war ein tauber Deutscher, der ab und zu ein Butterbrot
herschenkte, auch an mich. Jeder hatte Hunger, und wir mussten viel arbeiten.
Haben Sie versucht zu fliehen?
Mit einer Freundin bin ich einmal weggelaufen, 1944 war das. Wir wollten zu den Partisanen fliehen. Wir sind
über den Fluss geflohen. Aber wir waren noch nicht weit vom Lager, gerade an der Stadtgrenze und wurden
schon von der Polizei gefangen. Wir mussten versprechen, dass wir das nie mehr machen werden.
In dieser Fabrik gab es auch sechs Polizisten. Wir waren dann für eine Woche in einem Keller im Lager
eingesperrt.
War es im Winter kalt in dem Lager?
In der Halle war es sehr heiß, und sehr laut. In der Baracke war es nicht besonders kalt, in jedem Zimmer
gab es einen Ofen und wir konnten heizen. Aber wir hatten immer Hunger, wir arbeiteten hungrig.
Mussten die Leute weiterarbeiten, wenn es Bombenalarm gab oder durften Sie wo unterkommen?
Wenn die Bombardierung war, mussten wir in den Schutzraum. Wenn man aber beim Webstuhl arbeitete,
dann musste man an der Maschine bleiben, sonst musste man in den Keller.
Als das Kriegsende war, was geschah, wie kamen Sie aus dem Lager heraus?
Wir sind weggelaufen. Am Ende des Krieges hat jemand gesagt, dass das Lager verbrennen wird, mit allen
Insassen. Und ich habe mit einer Freundin beschlossen, die dann einen Tschechen geheiratet hat,
wegzulaufen. Wir sind durch den Wald geflohen, bis zur Tschechischen Grenze, in die Tschechoslowakei,
alles zu Fuß.
Wann genau war das?
Am 1. Mai 1945. Wir haben drei Tage gebraucht und haben im Wald, oder wo auch immer es möglich war,
übernachtet. Und als dann die Sowjetische Armee kam, arbeitete ich dort noch in der Kommandantur und
war ca. ein halbes Jahr noch in der Tschechoslowakei. Die Freundin blieb dort und hat geheiratet. Ich habe
einen Brief nach Hause geschickt, nach Saporoshje, und als ich eine Antwort hatte, fuhr ich nach Hause.
Wie war das Zurückkommen?
Ich fuhr mit dem Zug. Ich war sehr froh, dass ich die Eltern sah, und dass sie am Leben waren. Aber ich
wurde noch viele Male von der Polizei, der Miliz, geholt. Ich wurde gefragt, wo ich war, warum ich in
Deutschland war, warum ich dort gearbeitet habe, etc.
Wurden Sie nur befragt oder auch festgehalten?
Nein, nur gefragt. Alles wurde aufgeschrieben. Und als ich diese Entschädigung für die Zwangsarbeit wollte,
ging ich zum Gebietsarchiv und habe eine Bestätigung bekommen, dass ich da gearbeitet habe. Unser
Parlament hat vor ein paar Jahren ein Gesetz verabschiedet, um den ehemaligen Zwangsarbeitern
Vergünstigungen zu gewähren. Aber nicht alle diese Leute haben Vergünstigungen bekommen, ich zum
Beispiel kann preiswert mit dem Bus fahren, aber nicht immer und nur manche können das. Ich war ein
minderjähriger Häftling, so kann man das sagen, da ich unter achtzehn Jahre war, und deswegen habe ich
solche Vergünstigungen, auch bei der Miete zum Beispiel. Meine Arbeitszeit dort war drei Jahre, jedes Jahr
zählt wieder drei Jahre, also gesamt neun Jahre, plus meine Arbeitszeit, die ich hier nach dem Krieg in der
ehemaligen Sowjetunion gearbeitet habe. So habe ich 5000 Mark Entschädigung bekommen und eine kleine
Apotheke mit verschiedenen Medikamenten.
Kannten Sie Ihren Mann schon bevor Sie ins Lager kamen?
Ich lernte ihn nach dem Krieg kennen, als ich Buchhalterin lernte. Ich habe in einer Schule studiert, und dort
habe ich meinen Mann kennen gelernt.
Denken Sie oft an diese Zeit, beschäftigt Sie das oft?
Es steht mir immer vor Augen.
Sprechen Sie oft mit Leuten darüber?
Als wir nach dem Krieg unser eigenes Haus bauten, hatten wir Nachbarn mit denen wir uns befreundet
haben, und ich habe erzählt, dass ich in im Lager arbeiten musste. Sie haben das nie erzählt, dass sie in
Deutschland waren, wir wussten davon nichts, die waren Mutter und Vater mit zwei Kindern dort. Später als
wir beim Geheimdienst die Nachweise holen mussten, haben wir dort die Nachbarn getroffen, nur so
wussten wir, dass die ganze Familie auch in einem Lager war.
Erzählten Sie davon auch Ihrem Sohn und Ihrer Enkeltochter?
Ja, den Kindern hab ich es erzählt. Mein Mann war auch in Deutschland, auch als Ostarbeiter, in
verschiedenen Städten. Sein Jahrgang ist 1926, wie ich, und eigentlich musste sein Bruder, Jahrgang 1924,
nach Deutschland. Aber der Vater sagte: „Du gehst statt deinem Bruder.“ Sein Vater dachte, dass der noch
zu jung ist, 16 Jahre war er damals. Er dachte, die Deutschen nehmen ihn nicht, aber er hat sich geirrt! Die
Familie hatte drei Söhne und eine Tochter, und der ältere Bruder, Jahrgang 1924, blieb zu Hause, der
Jüngste musste nach Deutschland. Mein späterer Mann, der nach Deutschland musste und Ostarbeiter war,
der blieb am Leben. Der Älteste, Jahrgang 1919, wurde eingezogen und ist gleich an der Front gefallen, der
Zweitälteste starb kurz nach dem Krieg.
Wie denken Sie über den Umgang mit dem Thema heutzutage? Zum Beispiel in Filmen, usw.?
Früher war es ein Tabuthema, jetzt ist das Thema vorbei. Filme über die Ostarbeiter gibt es kaum.
Wie denken Sie, könnte oder sollte man mit dem Thema umgehen? Möchte Sie den Leuten, die dieses
Interview lesen, etwas mitteilen?
Ich war jung, 16 Jahre, und musste alle diese 77 Spulen gleichzeitig beobachten und wenn etwas schief
ging, kam der Obermeister und gab mir eine Watsche. Ich kann mich an den Ausruf „Verfluchte!“ erinnern.
Ja, ich möchte etwas sagen! Wie schwer die Arbeit war, zwölf Stunden, auf zwei Webstühlen mit 77 Spulen!
So etwas möchte ich meinem Feind nicht wünschen. Dass es nie mehr Krieg geben soll, und kein solches
Leiden, das wünsche ich allen Leuten in Österreich. Wir mussten viel erdulden. Ich denke nur, dass
Freundschaft wichtig ist, in Frieden leben. Keine Wiederholung dieser Schmerzen und dieses Leidens, das
ist mein größter Wunsch.