Wellen - Deutsche Börse AG
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19:51 Uhr Seite 1**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: 5 Euro 02.03.2009 1/09 00_d_Titel_RZ 1585 Business Journal Deutsche Börse Group Wellen Hier erfahren Sie mehr – www.porsche.de oder Telefon 01805 356 - 911, Fax - 912 (EUR 0,14/min). Eine Chilischote ist auch nur Gemüse. Bis man reingebissen hat. Der neue Boxster S. Wir haben nachgewürzt: die Benzindirekteinspritzung (DFI). DFI spritzt den Kraftstoff direkt und millisekundengenau in den Brennraum ein. Für mehr Leistung und ein höheres Drehmoment. Bei modellabhängig bis zu 15% weniger Verbrauch und bei bis zu 16% weniger CO2-Emissionen. Porsche empfiehlt Kraftstoffverbrauch l/100 km: innerstädtisch 14,1 · außerstädtisch 6,6 · insgesamt 9,4 · CO2-Emission: 221 g/km KONJUNKTUR KRISE KLIMA Erklären lange Wellen die Weltwirtschaft? Wie geht’s weiter, Dr. Doom? Bietet die Erderwärmung auch Chancen? 03.03.2009 12:37 Uhr Seite 1**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: COFFEIN 00_d_U2U3_RZ DAXplus® Protective Put LevDAX® DAXplus® Covered Call Jede Marktphase braucht ihre Strategie! Lyxor Strategie ETFs Ihre Vorteile durch Exchange Traded Funds (ETFs) - Passive Investment fonds (Sondervermögen) VERREISEN SIE STETS MIT ROBUSTEM GEPÄCK. LYXOR ETF Lyxor ETF DAXplus® Protective Put ISIN WKN Mgmt. Fees p.a. LU0288030280 LYX0BU 0,40 % LU0252635023 LYX0AE 0,40 % - Bilden den jeweils zugrunde liegenden Index nahezu 1:1 ab Lyxor ETF DAXplus - Niedrige Verwaltungsvergütungen Lyxor ETF LevDAX® LU0252634307 LYX0AD 0,40 % Lyxor ETF Short Strategy Europe FR0010589101 LYX0C4 0,40 % Lyxor ETF Lev DJ Euro STOXX 50 FR0010468983 LYX0BZ 0,40 % Lyxor ETF DJ Euro STOXX 50 BuyWrite FR0010389205 LYX0BG 0,40 % - Kein Ausgabeaufschlag bei Handel über die Börse - Lyxor AM verwaltet in ETFs rund Euro 22 Mrd. per Feb. 2009 ® Covered Call w w w. l y x o r e t f . d e info@ly xoret f.de + 49 (0) 69 - 717 4444 Lyxor Asset Management 2009. Stand: Februar 2009. Eine umfassende Beschreibung der Fondsbedingungen und Risiken, bis hin zu einem theoretischen Totalverlust, enthalten die Verkaufsprospekte von Lyxor Asset Management. Die Verkaufsprospekte erhalten Sie kostenlos auf Anfrage bei Lyxor Asset Management, Neue Mainzer Straße 46-50, 60311 Frankfurt am Main sowie unter www.lyxoretf.de. Die Fonds bilden jeweils die ihnen zugrunde liegenden Indizes nahezu 1:1 ab. Die vergangene Wertentwicklung stellt keine Garantie für die zukünftige Entwicklung dar. Die jeweiligen Fonds werden von den Sponsoren der Indizes nicht empfohlen, verkauft oder beworben, noch geben die Sponsoren der Indizes sonstige Zusicherungen zu den jeweiligen Fonds ab. Die Sponsoren der hier aufgeführten Indizes geben keinerlei Zusicherungen oder Gewährleistungen in Bezug auf Ergebnisse, die durch die Nutzung ihrer Indizes und/oder der Indexstände an einem bestimmten Tag erzielt wurden, oder in anderer Hinsicht. EVERY CASE TELLS A STORY. 03_d_Inhalt_RZ_V2 11.03.2009 16:50 Uhr Seite 3**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: INHALT 1585 3 Effiziente Märkte seit 1585: Deutsche Börse Group Ob Bad Bank, Boni oder Bürgschaft: An den Märkten schlagen schon wenige Wörter große Wellen. Wenigstens akustisch, auf dem Bildschirm künstlerisch verfeinert, sieht das sehr gut aus, wie das aktuelle Cover zeigt. In dieser Ausgabe dreht sich alles um Wellen – und die Frage, wie sich die jetzigen Turbulenzen wieder beruhigen. 22 KRISE Titelfoto: Mehau Kulyk / Science Photo Library / Agentur Focus; Fotos: Win McNamee / Gettyimages, Jim Reed / SPL / Agentur Focus, RIA Nowosti / AKG Nouriel Roubini hat als einer von wenigen Ökonomen weltweit frühzeitig vor der Finanz- und Wirtschaftskrise gewarnt. Im Exklusivinterview mit „1585“ in New York verrät „Dr. Doom“ (Dr. Untergang) jetzt, wie es mit der Weltwirtschaft weitergeht und mit welchen Rückschlägen Anleger noch zu rechnen haben. 06 28 KLIMA Hurrikans, Hitzewellen, Sturmfluten: Auch Unternehmen müssen auf die Erderwärmung reagieren, fordert der Klimaexperte der Münchener Rück – wenn sie vom Klimawandel profitieren wollen. 04 10 14 16 21 26 31 32 34 KONJUNKTUR Vor 80 Jahren entwickelte der Russe Nikolai Kondratieff die „Theorie der langen Wellen“, um damit Konjunkturzyklen zu erklären. Jahrzehntelang verspottet, erlebt Kondratieffs Modell in der aktuellen Marktkrise nun seine Wiederauferstehung. NEWS/IMPRESSUM ASTRONOMIE Ein Radioteleskop blickt in die Kindheit des Alls SPOT ON La Ola – die Geschichte einer Massenbewegung BAUAKUSTIK Zwischen Weinberg und Schuhschachtel FACTS & FIGURES Wellen in Zahlen INSIGHT Das Wesen der Welle FOTOSTORY Welle aus Licht und Schatten von Balthasar Burkhard GUIDE Gibraltar, Finanzplatz zwischen zwei Meeren NICE TO HAVE Produktideen, die Wellen schlagen 04_05_d_News_RZ 4 03.03.2009 17:18 Uhr Seite 2**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: NEWS DEUTSCHE BÖRSE GOES EAST Expansionswelle. Die Deutsche Börse baut ihr Engagement auf Asiens Wachstumsmärkten aus. Seit Dezember ist sie mit einer Repräsentanz in Peking vertreten. Zudem eröffnete Eurex Büros in Tokio und Hongkong und wird ab Juli auch in Singapur vertreten sein. Auch Clearstream unterhält mehrere Büros in Asien und wickelt vor allem in China Aktiengeschäfte ausländischer Investmentbanken ab. „Damit sind wir fürs Erste sehr gut aufgestellt“, sagt Roland Schwinn, Leiter Business Development Asia & Middle East der Deutschen Börse. „Zumal wir von Peking, Tokio, Hongkong und Singapur auch weitere asiatische Märkte besser bearbeiten können als von Europa aus.“ Die derzeitige Finanzkrise ändere daran nichts, sagt Schwinn: „Das Wachstum in Asien wird andauern – trotz Krise. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich die Märkte dort schneller wieder erholen.“ Der nächste Schritt ist bereits beschlossen: Eurex erhält von der Korea Stock Exchange in Seoul ab 2010 das Recht zum weltweiten Listing, Handel und Clearing von Derivaten auf den koreanischen Aktienindex KOSPI-200, sodass internationale Anleger zu europäischen Handelszeiten KOSPI 200-Optionen handeln können. Die Papiere gehören schon heute zu den liquidesten Derivaten weltweit. SERVER AN STEUERBORD Japan: Schlanker Staat Wellenrechner. Neben Frachtern und Kreuz- Diätwelle. Weil gut 30 Prozent der Japaner zu viel wiegen, greift fahrtschiffen könnten bald auch Rechenzen- Tokios Regierung ein. Die Kommunen ermitteln jetzt jähr- tren über die Weltmeere schippern. Der Such- lich Gewicht, Blutwerte und Hüftspeck aller maschinen-Riese Google überlegt, Server in 40- bis 74-Jährigen – und verordnen bei schwimmende Container-Pontons auf die zu viel Bauchumfang das Abspecken. Ozeane auszulagern. Der Clou: Die Rechner Auch die Arbeitgeber ziehen mit. So versorgen sich selbst. Seitlich angebrachte registriert Toyota auf dem Betriebs- Wasserräder wandeln die Energie der Wellen ausweis, wie viele Kalorien in Strom um. Herrscht kein Seegang, springen in der Kantine geordert Dieselgeneratoren an. Eine Kühlung ist dage- werden. Kein Wunder: gen verzichtbar: Das kalte Meerwasser schützt Firmen mit überdurch- vor Überhitzung. Die Hochsee-Rechenzentren schnittlich übergewichtiger würden somit nicht nur umweltfreundlich Belegschaft müssen übermä- arbeiten, sondern wären auch standortunab- ßig viel in die Krankenversiche- hängig. Ob oder wann die maritimen Server- rung einzahlen. So eine Staats- farmen den Betrieb aufnehmen, ist allerdings Diät stünde auch anderen Nationen noch offen. Bisher reichte Google nur einen gut: Weltweit leben die meisten Patentantrag in den USA ein. Erste Experi- Dicken in den USA, europaweit die mente mit den Wellengeneratoren sollen meisten in Deutschland. Laut WHO jedoch bereits laufen. verschlingen die Folgen von Übergewicht sieben Prozent der Gesund- Internet: www.google.com heitsausgaben. Internet: www.who.int 04_05_d_News_RZ 03.03.2009 17:18 Uhr Seite 3**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: NEWS KENNZAHL CONTRA RISIKO 5 Dösen vorm Düsen Sicherheitswelle. Kann man Risiken sinnvoll Reisewelle. Eine ausgeschlafene Idee macht in Zahlen fassen, messbar und vorhersagbar Vielflieger froh – und wieder munter: Zwei machen? Man kann: Mit dem neuen Datenpro- Kabinen namens Napcab laden jetlag-gestress- dukt SENSIS liefert Deutsche Börse – Market te Geschäftsreisende im Transitbereich des Data & Analytics objektive Kennzahlen zur syste- Münchner Flughafens zum Ausruhen und Aus- matischen Messung von Wertpapierrisiken. „Dank strecken, Abschalten und Auftanken ein. Oder ihnen können Anleger jetzt ohne großen Auf- zum ungestörten Arbeiten: Die komfortablen wand und ohne in teure Analysedienste oder Klein-Container bieten nicht nur ein Bett, son- -software investieren zu müssen, tagesaktuell ent- dern auch Mini-Schreibtisch, Strom- und Web- scheiden, welche Werte das Portfoliorisiko unnö- Anschluss. Entwickelt wurden sie von Studen- tig erhöhen“, sagt Produktentwickler Christian ten der Technischen Universität München, die Libor. „Kurz: SENSIS hilft den Anlegern, schnell sich mit ihrer Idee selbstständig machten. zu erkennen, auf welcher Welle sie gerade reiten.“ Internet: www.napcabs.com Internet: www.deutsche-boerse.com/sensis O -TON Die Werbemüll-Flut ebbt nicht ab: Gut 80 Prozent aller weltweit verschickten E-Mails sind laut Symantec Corp. Spams. Allein die weltgrößte Spam-Schleuder Srizbi ballert 60 Milliarden E-Mails raus – pro Tag. Das lohnt – unglaublich, aber wahr – noch immer: Trotz nur einer Bestellung pro 12,5 Millionen Spams winke dem Versender ein Jahresumsatz von 3,5 Millionen US-Dollar, ermittelten die Unis Berkeley und San Diego. Die nächste Angebotswelle rollt bereits. „Die Spammer haben die Finanzkrise für sich entdeckt: Der Spam-Anteil für Sofortkredite zu Paradieszinsen steigt drastisch“, berichtet Candid Wüest, Threat Researcher von Symantec. Da hilft nur: Hirn und Spamfilter aktivieren. Oder eine klug gewählte Adresse: Der britische IT-Experte Richard Clayton ermittelte, dass mit Q, Y oder Z beginnende E-MailAccounts mit Abstand am wenigsten Werbemüll erhalten. Noch auf Platz 5 – Experten erwarten Flut an Finanz-Spams 6% 7% Betrugsversuche 6% Vorschussbetrug Sex „Technologiewellen sieht man recht früh, du musst nur entscheiden, auf welcher du surfen willst. Entscheidest du weise, entfaltet die Welle langsam ihre Kraft und trägt dich sehr lange.“ Steve Jobs, Apple-Gründer 24% Internet 10% Fotos: Jo Yong Hak / Reuters, Michael Boyny / Stockfood, White / Landov / Picture-Alliance Finanzen 18% Freizeit 11% Gesundheit Quelle: Symantec Corp. 18% Produkte IMPRESSUM Herausgeber: Deutsche Börse AG, Neue Börsenstraße 1, 60487 Frankfurt am Main, Internet: www.deutsche-boerse.com, E-Mail: [email protected] Chefredaktion Gruppe Deutsche Börse: Ulrich Meißner (V. i.S.d.P.), Andreas von Brevern, Ralph Kühn Verlag: corps. Corporate Publishing Services GmbH, Kasernenstraße 69, 40213 Düsseldorf Geschäftsführung corps: Holger Löwe, Wilfried Lülsdorf Redaktion: (Ltg.) Florian Flicke und Christian Pietschner; Frank Burger, Daniel Ferling, Birgit Gehrmann, Mirko Hackmann, Bernd Hettlage, Katharina Hodes, Christine Mattauch, Axel vom Schemm Objektleitung: Jan Leiskau Anzeigenleitung: Ralf Zawatzky, E-Mail: [email protected] Artdirection: formwechsel.de Bildredaktion: Sabine Schmidt Druck: Buersche Druckerei Neufang KG, Gelsenkirchen Repro: ORT Studios, Berlin Bestellnummer: 1000-2796 Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Verwendung nur mit Genehmigung. ©2009 Gruppe Deutsche Börse 1585 AUSGABE 1/09 06_09_d_Kondratjew_RZ 6 04.03.2009 18:12 Uhr Seite 2**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: THEORIE KOMMT ALLES WIEDER Die 80 Jahre alte und nie voll akzeptierte Idee eines Russen ist wieder aktuell: Nikolai Kondratieffs „Theorie der langen Wellen“ in der Konjunktur weise den Weg aus der derzeitigen Krise, glauben ihre Jünger. Sie erleben derzeit ihre eigene Konjunktur. 1. Kondratieff 1840 E rik Händeler ist neuerdings ein vielbeschäftigter Mann. Er redigiert die siebte Auflage seines Buchs „Die Geschichte der Zukunft“, bekommt zahlreiche Anfragen für Vorträge und Gastbeiträge für die Tagespresse. Ein gutes Gefühl: Seit 15 Jahren forscht und publiziert Händeler über die Theorie der langen Wellen und stieß mit ihr oft genug auf Ablehnung. Bislang. „Seit der Wirtschaftskrise finde ich zunehmend Gehör“, sagt der 39-jährige Wirtschaftsautor. Denn in der derzeitigen Rezession geraten auch Erklärungs- und Lösungsansätze in den Fokus, die in Tagen der Stabilität wenig er 2. Kondratieff beachtet, wenn nicht gar belächelt werden. Die Theorie der langen Wellen, die auf den Arbeiten des russischen Wirtschaftstheoretikers Nikolai Kondratieff aus den 1920er Jahren fußt, gehört zu diesen Kandidaten. Im Kern geht sie davon aus, dass die Konjunktur unweigerlich wiederkehrenden Zyklen von Auf- und Abschwung folgt, die eine Dauer von gut 50 Jahren haben – eine deterministische Auffassung, die im Widerspruch zum heutigen Mainstream der Volkswirtschaftslehre steht. Für Autoren wie Erik Händeler und andere jedoch zeigt die umstrittene Theorie Auswege aus der derzeitigen Misere. Innovationen in Umwelttechnik, Biotechno- 1890 er 3. Kondratieff logie oder Gesundheitswesen sollen den Startschuss geben für den Beginn eines neuen Kondratieff-Zyklus. Und der stehe unmittelbar bevor, sagen sie. Dem Wesen der Wirtschaft entsprungen Nikolai Kondratieff selbst blickte in die Vergangenheit: Er studierte vor allem die Entwicklung von Preisstatistiken in England, Frankreich, Deutschland und den USA über einen Zeitraum von gut 140 Jahren und nahm die Werte als Messgröße für die Konjunktur. Dabei beobachtete er regelmäßige Wellen, die sich im Abstand von 40 bis 60 Jahren wiederholten, jeweils mit einem Aufschwung 06_09_d_Kondratjew_RZ 04.03.2009 18:12 Uhr Seite 3**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: THEORIE Fotos: Foto Deutsches Museum, Wolfgang Maria Weber / TV Yesterday, Imagebroker / Imago, VW, Bianchetti / Leemage / Picture-Alliance 1940 er 4. Kondratieff begannen und mit einer Rezession endeten. Kondratieff folgerte: „Die langen Wellen entspringen Ursachen, die im Wesen der kapitalistischen Wirtschaft liegen.“ Kondratieff veröffentlicht seine Theorie 1926. Ein Jahrzehnt später greift sie Wettbewerbspapst Josef Schumpeter auf. Er nennt die Wellen ihrem Entdecker zu Ehren „KondratieffZyklen“ und entwickelt das Modell fort: Schumpeter betrachtet Basisinnovationen wie Dampfmaschine oder Eisenbahn als Auslöser jedes Wellen-Aufschwungs. Demnach begann der erste Kondratieff-Zyklus durch die Dampfmaschine, der zweite durch die 1585 AUSGABE 1/09 1980 er Eisenbahn, der dritte durch Elektrotechnik und Chemie. Den vierten Zyklus initiierte die Massenmotorisierung und den fünften schließlich die Informationstechnologie. Ob aber diese Welle noch anhält oder schon ausläuft, wann ein sechster Kondratieff beginnen, und was ihn kennzeichnen wird – daran scheiden sich die Geister. Beruhigende Botschaft ohne Beweis? Noch mehr aber an der Frage, ob die Theorie der langen Wellen überhaupt haltbar ist. Ihre Faszination gründet vor allem auf zwei Umständen. Zum einen lassen sich komplexe Umwälzungen in der Vergangenheit wie die 7 5. Kondratieff Industrialisierung oder die Große Depression simpel erklären – es musste einfach so kommen. Zum anderen enthält die Theorie die beruhigende Botschaft: Auf Regen folgt Sonnenschein – so schlimm eine Krise auch sein mag, irgendwann geht’s wieder bergauf. Aber wieso eigentlich? Ein überzeugendes Argument für unabwendbare Zyklen fehlt der Theorie. Einige wenige historische Beispiele erlauben nur schwer den Schluss auf ein allgemeingültiges Konjunkturmuster. Zudem kritisieren moderne Ökonomen, dass Kondratieffs Modell vor allem auf Preisreihen gründe, was keine Rückschlüsse auf 06_09_d_Kondratjew_RZ 8 04.03.2009 18:12 Uhr Seite 4**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: THEORIE „Seit zwölf Jahren predige ich, dass die Strukturen geändert werden müssen, damit die Krise nicht kommt ...“ ? Erik Händeler wachsende Arbeitslosenzahlen die ersten Risse in der heilen Welt des Westens zeigten, fand die Idee wieder Beachtung, ohne vom makroökonomischen Mainstream jemals als gültig anerkannt zu werden. Gesamtinvestitionen und Wachstumsdynamik erlaube. Und Statistiker monieren, dass die angebliche Periodizität der Zeitreihen Ergebnis eines mathematischen Fehlers sein könnten, des sogenannten Slutzky-Effekts. Er bewirkt, dass die angewandten Verfahren der Trendbereinigung und Glättung des Datenmaterials die Zyklen überhaupt erst erzeugen. Und auch die Schumpetersche Version der Kondratieff-Zyklen, die Basisinnovationen in den Mittelpunkt stellt, stößt oft auf wenig Gegenliebe – warum, verdeutlicht Rolf Kroker, Leiter des Bereichs Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik am Institut der Deutschen Wirtschaft Köln: „Erstens sind Innovationen meist ein kontinuierlicher Prozess, sie treten nicht als plötzlicher Schub auf. Zweitens ist eines ihrer Merkmale ja gerade die Unvorhersagbarkeit – im Kondratieff-Zyklus dagegen sollen sie ausgerechnet rund alle 50 Jahre auftreten.“ Was sich tatsächlich gut vorhersagen lässt, ist der Zeitpunkt, zu dem die Theorie der langen Wellen selbst Konjunktur hat: in der Krise, wenn Heilsversprechen Glauben finden. So wurde der KondratieffZyklus in den Wirtschaftswunderjahren belächelt als Historiker-Marotte; erst in den 1970er und 1980er Jahren, als sich durch den Ölschock und Das musste Erik Händeler am eigenen Leib erfahren, als er nach seinem Wirtschaftsstudium keinen Doktorvater für eine Dissertation über Kondratieff fand. „Die Theorie der langen Wellen findet in der offiziellen ökonomischen Debatte einfach nicht statt. Denn natürlich hört es ein Keynesianer nicht gern, wenn man ihm mit Kondratieff sagt, dass Größen wie Preise, Zinsen, Löhne, Geldmenge oder Inflation nicht die Ursache der ökonomischen Entwicklung seien, sondern nur deren Folge.“ Umwelt, Biotech, Gesundheitssektor? Die Ablehnung hat Händeler nur angestachelt. Seit gut anderthalb Jahrzehnten widmet er sich nun dem verfemten Russen, hat mehrere Bücher über dessen Gedankenwelt geschrieben, hält gut 60 Vorträge im Jahr, arbeitet mit Prominenten wie dem Trendforscher Matthias Horx und freut sich, dass plötzlich doch größtes Interesse an Kondratieff aufkeimt. Endlich findet er das große Publikum für seine These: Ein sechster Kondratieff-Zyklus mit brummender Wirtschaft und rapide steigenden Beschäftigtenzahlen stehe bevor, wenn die Kraft der Basisinnovationen auf dem richtigen Feld eingesetzt wird – dem Gesundheitswesen. „Der Hintergrund ist, dass wir die Produktivität unseres Wissens massiv steigern müssen. Dazu aber muss jeder Mensch sein Wissen so lange und so effizient wie möglich einsetzen können. Das wiederum geht nur, wenn er gesund ist und es bleibt. Wir brauchen also ein von Grund auf verändertes Gesundheitswesen, das auf Gesunderhaltung abzielt. Auf Eigenverantwortung, Vorsorge, Bewusstseinsschärfung.“ 06_09_d_Kondratjew_RZ 04.03.2009 18:12 Uhr Seite 5**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: THEORIE Auch Leo A. Nefiodow hat den Gesundheitsmarkt als entscheidendes Feld des sechsten Kondratieff ausgemacht. Der 69-jährige Wirtschaftstheoretiker, ehemaliges Mitglied der Arbeitsgruppe „Our Future Economy“ des Club of Rome, betrachtet wie Händeler die Basisinnovationen als bedeutendstes Element der Theorie der langen Wellen. Als mögliche Kandidaten für den sechsten KondratieffZyklus kommen nach Nefiodows Ansicht zwar auch Biotechnologie oder der Umweltmarkt infrage, dem Gesundheitssektor aber bescheinigt er so großes Wachstumspotenzial, dass er gar die Rückkehr der Vollbeschäftigung für möglich hält: „In den USA ist zwischen 2001 und 2007 jeder zweite neue Arbeitsplatz im Gesundheitswesen entstanden. Das ist in jedem entwickelten Land der Erde möglich.“ „Man muss nur hinschauen“ Foto: RIA Nowosti / AKG Man müsste nur die richtigen Weichen stellen. Doch Leo A. Nefiodow und Erik Händeler fühlen sich als Rufer in der Wüste. Obwohl sie wachsende Aufmerksamkeit für ihre Thesen erfahren, vermissen beide eine konsequente Umsetzung. „Dabei sind meine Forschungsergebnisse längst veröffentlicht“, sagt Nefiodow, „man muss nur hinschauen.“ – „Seit zwölf Jahren predige ich, dass die Strukturen geändert werden müssen, damit die Krise nicht kommt“, sagt Händeler, „und jetzt ist sie da.“ Immerhin droht den beiden Kondratieff-Experten nicht das Schicksal ihres Vorgängers im Geiste: Kondratieff hatte 1926 auch nachgewiesen, dass kapitalistische Systeme nicht zwangsläufig dem Untergang geweiht sind, sondern sich in Krisenzeiten mittels der Kräfte des Marktes erneuern können. Eine Erkenntnis, die Wellen schlug – aus Kondratieffs Sicht leider auch bei Josef Stalin. Der Diktator ließ den Wellentheoretiker wenige Jahre später als Konterrevolutionär erschießen. 1585 AUSGABE 1/09 Kondratieff & Co. Wirtschaftstheoretiker mögen wohl Wellen: Eine ganze Reihe von Kondratieffs Kollegen sieht in ihnen ebenfalls das perfekte Erklärungsmuster. Schon der französische Arzt und Konjunkturforscher Clément Juglar beschrieb im Jahr 1862 einen sieben bis elf Jahre dauernden Zyklus, für den er die Entwicklung von Bruttoinlandsprodukt (BIP), Investitionen, Inflation und Arbeitslosigkeit in den USA, Frankreich und Großbritannien zugrunde legte. Die Existenz von Juglar-Zyklen ist heute allgemein anerkannt, mit dem Begriff werden mittlerweile vor allem Investitionszyklen charakterisiert. Einen wesentlich kürzeren Zyklus von drei bis vier Jahren beschrieb in den 1920ern der südafrikanische Statistiker und Goldhändler Joseph Kitchin, der den Verlauf von Großhandelspreisen und Zinssätzen in den USA und Großbritannien von 1899 bis 1922 untersuchte. Der Erklärungsansatz für die Schwankungen: Bei günstiger wirtschaftlicher Entwicklung bauen Unternehmen ihre Lagervorräte stark auf, bei ungünstiger Entwicklung bauen sie sie stark ab. Noch heute werden Kitchin-Zyklen zur Beurteilung der betriebswirtschaftlichen Produktions- und Absatzplanung sowie Lagerbestandshaltung herangezogen. Ein dritter Klassiker ist der US-Amerikaner Simon Kuznets, der 1958 seine Theorie der sogenannten „Long Swings“ oder Kuznets-Zyklen veröffentlichte und 1971 den Nobelpreis für Wirtschaft erhielt. Die von Kuznet identifizierten Zyklen dauern rund 15 bis 23 Jahre und beruhen auf der Akkumulation von Produktionsmitteln sowie der Bauzeit und Dauer der Nutzbarkeit von Immobilien. 9 7 10_13_d_Radioauge_RZ 10 04.03.2009 18:15 Uhr Seite 2**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: ASTRONOMIE DAS RADIOAUGE Es hört nicht, sondern es sieht Radiowellen: Das 100-Meter-Radioteleskop bei Bonn blickt bis in die Kindheit des Universums. Ein Pixel Empfangsleistung genügt, um Milliarden Lichtjahre weit ins All zu spähen – außer auf dem Mond wird gerade telefoniert. V erdurstende in der Wüste wären nicht glücklicher gewesen: Wasser, das ist Wasser! Mitte Dezember entdeckten die Forscher um Violette Impellizzeri vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) tatsächlich Wasser. Natürlich nicht irgendwo. Sondern in einer Ödnis, gegen die Sahara, Gobi & Co Feuchtgebiete sind: mitten im MG J0414+0534, einem Quasar aus der Frühzeit des Universums – und 11,3 Milliarden Lichtjahre von jeder irdischen Oase entfernt. Ein echter Coup, pünktlich zum Beginn des UNJahrs der Astronomie. Die entdeckte Molekülwolke ist das bisher am weitesten entfernte Wasser, das jemals aufgespürt wurde. Und sie wurde mit einem nach wissenschaftlichen Maßstäben uralten Instrument gefunden: dem 37 Jahre alten 100-MeterRadioteleskop des MPIfR in Effelsberg bei Bonn. Präzise konstruierter Koloss Wie ein eben gelandetes Ufo duckt sich das weiße, 3.200 Tonnen schwere Stahlungetüm in eine Senke der Hügellandschaft. 7.850 Quadratmeter, so viel wie ein Fußballfeld, misst die Öffnung des vollbeweglichen Parabolspiegels. Trotzdem hört man nur ein leises Surren, wenn sich der Koloss dreht. Grund ist seine extrem präzise Konstruktion: Raffiniert 10_13_d_Radioauge_RZ 04.03.2009 18:15 Uhr Seite 3**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: ASTRONOMIE DUFTSTOFFE e Langer Blick zurück: Darstellung des Quasars in über elf Milliarden Lichtjahren Entfernung, in dem das Radioteleskop Effelsberg Wasser aufspürte. 1585 AUSGABE 1/09 21 11 10_13_d_Radioauge_RZ 12 04.03.2009 18:15 Uhr Seite 4**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: ASTRONOMIE So klingt’s im All Hören Sie den Pulsar PSR 2021+51 im Sternbild Cygnus (Schwan), aufgenommen vom Radioteleskop Effelsberg: www.mpifr-bonn.mpg.de /audioobjekte/pulsar2021/audio.mp3 Oder 22 Pulsare aus dem Sternenhaufen 47 Tucanae, aufgenommen vom Parkes Radioteleskop in Australien: www.mpifr-bonn.mpg.de /audioobjekte/47tuc/audio.wav angeordnete Stützrohre an der Rückseite ziehen die Schüssel nach jedem Drehen und Schwenken wieder in Form. Ein Sieg gegen die Schwerkraft: Trotz seiner Masse weicht der Spiegel maximal 0,45 Millimeter von der Idealform eines Paraboloids ab. Und selbst diese Differenz kann über einen neuen Zweitspiegel nochmals deutlich verringert werden. „Unser Teleskop ist ein perfekt ausbalanciertes Meisterstück deutscher Ingenieurkunst“, betont Dr. Norbert Junkes, Sprecher des MPIfR. Zum Vergleich: Das weltweit größte Radioteleskop in Green Bank, West Virginia, misst nur zwei Meter mehr Durchmesser – wiegt aber mehr als das Doppelte. Irdische Naturgesetze gelten auch im All Beeindruckender als die Statik ist aber die Leistungsfähigkeit. Der Wasserfund war nur der jüngste Erfolg: Im Sommer 2008 gelang den MPIfR-Wissenschaftlern auch der Nachweis, dass eine der fundamentalen Naturkonstanten der Physik, das Massenverhältnis zwischen Protonen und Elektronen, auch noch in sechs Milliarden Lichtjahren Entfernung dem auf der Erde nahezu exakt entspricht. Soll heißen: Sie bewiesen, dass irdische Naturgesetze auch im All gelten. Und nicht zuletzt wurden von den über 200 Supernova-Überresten in der Milchstraße allein 40 von Effelsberg aus entdeckt. Wer es irdischer mag: Auch die Drift der Kontinentalplatten lässt sich in Effelsberg millimetergenau messen. Was das Teleskop kann, verrät weniger ein Blick in den Kontrollraum. Aufschlussreicher ist der Flur des Observatoriums: Hier hängt eine sechs Meter lange Radio-Karte der galaktischen Ebene. 42 SupernovaReste sind auf ihr zu sehen. Junkes, der vier davon während seiner Diplomandenzeit selbst mitentdeckte, tippt mit dem Zeigefinger auf seine Lieblingsgegend, einen gelben Haken ziemlich in der Mitte der Milchstraße. Offiziell heißt er G54.4-0.3: „Das ist einfach faszinierend“, begeistert sich der Astronom, „ein Supernova-Überrest inmitten einer Molekülwolke. Und eine Babystation: Hier entstehen gerade viele, viele neue Sterne – Sie sehen die Verbindung von Tod und Geburt, konzentriert an einem Ort!“ Junkes gerät beinahe ins Schwärmen. Neun Jahre wurde für die Karte gemessen. 2,2 Millionen Messpunkte sind auf ihr abgebildet, fast 6.500 kompakte Strahlenquellen wurden dabei katalogisiert, die meisten davon außerhalb unserer Milchstraße. Und zwar mit Kameras, die jeden Hobbyfotografen erst einmal bitter enttäuschen würden: Das bildgewaltigste der insgesamt 18 Empfangssysteme verfügt nicht über eine Auflösung von sieben Millionen Pixel, wie jede bessere Digitalkamera – sondern über eine von genau sieben Pixel. Oder die zylinderförmigen sogenannten Hornantennen: Sie sind zwar bis zu fünf Meter lang – aber nur Ein-Pixel-Empfänger. Störquelle Handy Dafür aber hochempfindlich: Mit optischen Kameras oder Teleskopen wäre Junkes Lieblingsort in der Milchstraße ohnehin nie zu sehen. „Viel zu viel kosmischer Staub. Nur die Radioteleskopie kommt durch“, sagt Junkes. Und apropos Kamera: „Wir lauschen nicht ins All, wir sehen hinein“, erklärt er. „Wir sind ein Auge, kein Ohr: Radiowellen sind eigentlich Radiolicht.“ Allerdings ein extrem schwaches: Die stärksten Signale außerhalb des Sonnensystems strahlt Supernova-Überrest Cassiopeia A in 10.000 Lichtjahren Entfernung aus, gefolgt von Cygnus A, der stärksten bekannten Radiogalaxie in 750 Millionen Lichtjahren Entfernung. „Würde ein Astronaut auf dem Mond aber nur ein normales Zwei-Watt-Handy einschalten, wäre es schon die drittstärkste Strahlungsquelle“, illustriert Junkes. Und die würde viele andere Signale überlagern. Kein 10_13_d_Radioauge_RZ 04.03.2009 18:15 Uhr Seite 5**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: ASTRONOMIE 13 Wellen aus dem Weltraum Radiostrahlung zählt zur langwelligsten im elektromagnetischen Spektrum: Ihre Wellen liegen im Bereich zwischen 0,35 Millimetern und gut 15 Metern – und treffen ständig aus dem Kosmos auf die Erde. Zum Vergleich: Die Wellenlänge des optischen, also des vom menschlichen Auge wahrnehmbaren Lichts, liegt im Bereich zwischen 400 (violett) und 800 (rot) Nanometern (Milliardstel Metern). Entdeckt wurden kosmische Radiowellen im Jahr 1932 vom USamerikanischen Funkingenieur Karl Jansky. Er hatte den Auftrag, die immer wieder auftretenden Störungen im transatlantischen Funkverkehr aufzuklären. Zur eigenen Überraschung stellte er dabei fest: Eine der Störquellen konnte nicht irdischen Ursprungs sein, sondern stammte aus Richtung Milchstraße. Seitdem hat sich die Radioastronomie zu einer der bedeutendsten Methoden für die Erforschung des Universums entwickelt – fast alle bisher mit dem Nobelpreis bedachten beobachtenden Astronomen waren Radioastronomen. Ihr Hauptvorteil: Im Gegensatz zur optischen Teleskopie werden radioastronomische Beobachtungen nicht durch kosmische Staub- oder Nebelwolken behindert. Deshalb gelang es erst dank der Radioteleskopie, die genaue Struktur unserer Milchstraße zu bestimmen sowie zuvor unbekannte Himmelskörper wie Quasare und Pulsare zu entdecken. Fotos Seite 10–11: A.Schaller / STScl; Fotos Seite 12–13: Enker / Laif, Ekkehard Culmann c Wie ein Ufo in der Senke: Perfekt ausbalancierte 3.200 Tonnen Stahl – erst aus der Vogelperspektive werden die Dimensionen des MPIfR-Teleskops deutlich. Wunder also, dass rund um das Effelsberger Teleskop striktes Handyverbot gilt. Störsignale sind für das MPIfR ohnehin Ärgernis Nummer eins. Junkes: „Aber wir können den Leuten im Dorf ja schlecht verbieten, Mikrowellenherde zu benutzen.“ Die Tal-Lage des Teleskops schirmt zwar viele Störquellen ab, etwa auch Radarstrahlen. Gegen den Hauptnachteil schlechthin hilft das aber nicht: „Unsere Arbeit ist Grundlagenforschung, sie liefert reinen Erkenntnisgewinn. Das ist im öffentlichen Interesse und deshalb auch von der öffentlichen Hand finanziert“, sagt Junkes. „Nur tut sich die öffentliche Hand manchmal schwer, ihr eigenes Interesse auch zu vertreten.“ Wissenschaft versus Wirtschaft Soll heißen: Es gibt für die Radioteleskopie zwar gut ein Dutzend geschützte Frequenzbänder. Doch im Konfliktfall haben die Astronomen oft das Nachsehen. Besser gesagt: Sie sehen dann nichts mehr. Etwa als 1994 der TV-Satellit Astra 1D in Betrieb ging: Seitdem misst das Teleskop auf dem ehemals geschützten Wellenlängenband von 2,8 Zentimetern nur noch weißes Rauschen. „Im Zweifelsfall“, so Junkes, „siegt das Interesse der Industrie.“ Ein solches Desaster aus Sicht der Astronomen könnte sich wiederholen: Eines ihrer wichtigsten 1585 AUSGABE 1/09 Bänder ist das von 1,3 Zentimeter Wellenlänge. Auf ihm spüren sie Ammoniak und Wasser im All nach. Ausgerechnet auf dieses Band haben sich auch die Hersteller von Abstandsradarsystemen für Autos gesetzt. Ihnen steht zwar auch ein höheres Band zur Verfügung – das jedoch bereitet auch höhere Kosten. Die Folgen laut Junkes: „Die Strahlung eines Bremsassistenten entspricht noch in einem Kilometer Entfernung von unserem Teleskop dem Tausendfachen der stärksten Radioquelle außerhalb unseres Sonnensystems.“ Zieht die Radioastronomie im Frequenzstreit den Kürzeren, könnte ein Wasserfund wie der im Dezember in Zukunft vielleicht unmöglich werden. „Deswegen ist es so wichtig, dass geschützte Frequenzbänder auch für die Forschung erhalten bleiben“, fordert Junkes. Noch können die Forscher gut zwei Prozent des gesamten Frequenzspektrums nutzen. Nach außerirdischem Leben fahnden die Effelsberger Astronomen in ihm jedoch nicht. Junkes kann die wohl häufigste Frage von Besuchern schon nicht mehr hören: „Nein, E.T. und Konsorten interessieren uns nicht, dafür sind andere zuständig“, winkt er ab. Eher spüren sie da schon ausgebrochene Rinder auf. „Wenn in der Gegend ein elektrischer Weidezaun gestört ist, zuckt bei uns das Signal“, lacht er. „Wir könnten dem Bauern dann eigentlich Bescheid geben: Sieht so aus, als hätten Sie da einen Pulsar.“ 14_15_d_La_Ola_RZ 14 02.03.2009 17:46 Uhr Seite 2**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: SPOT ON LA O L A 14_15_d_La_Ola_RZ 02.03.2009 17:47 Uhr Seite 3**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: SPOT ON 15 MASSENBEWEGUNG _____ DIE Als „Mexican Wave“, „La Ola“, „Stadium Wave“ oder schlicht als „The Wave“ schwappt sie durch alle Stadien der Welt. Vielfältiger als der Name sind nur die Legenden, wer dieses stimmungsvolle Zuschauerspektakel überhaupt erfand. DER CHEERLEADER _____ CLINCH Zwei ehemalige US-Cheerleader streiten erbittert um die Urheberschaft: Rob Weller will am 31. Oktober 1981 im Husky Stadium der University of Washington während eines Footballspiels die erste Welle losgetreten haben. Krazy George hingegen verweist auf ein Video, das beweisen soll, dass er bereits am 15. Oktober 1981 während der American League Championship Series im McAfee Coliseum in Oakland „The Wave“ initiierte. MEHR VÄTER _____ NOCH Als weiteren Erfinder handeln Experten Bill the Beerman, der die Football-Massen im Seattle’s Kingdom bereits 1976 in Wallung gebracht haben soll. Zudem beanspruchen russische und kanadische Eishockeyteams die Urheberschaft. Oder war es gar kein Sportler – sondern Frank Zappa? Schon 1969 beim Denver Pop Festival im Mile High Stadium soll die Welle gewogt haben, nachdem der RockRebell mittels Klängen und Gesten zur gern von ihm praktizierten „audience participation“ aufgerufen hatte. Zu welchem Song ist nicht überliefert – womöglich „Lemme take you to the beach“. LÄUFT’S RUND _____ SO Wo und wann die erste Welle lief, bleibt unklar. Ihr Wie ist dagegen gut erforscht: Ein deutsch-ungarisches Wissenschaftler-Team veröffentlichte in „Nature“ den Befund, dass sich die Fans bei der Welle nicht anders als chemische Teilchen verhalten. Dass es analog zu chemischen Prozessen auch bei „La Ola“ einer kritischen Masse bedarf, um die Reaktion in Gang zu bringen. Und dass sich The Wave in der Regel im Uhrzeigersinn mit zwölf Metern pro Sekunde bewegt. NUR FREUNDE _____ NICHT Die gruppendynamische Übung begeistert jedoch nicht jeden: US-Sportjournalist Lincoln Arneal etwa nennt sie „evil“. Mehr als alles andere sei sie ein Indiz für Langeweile und stelle somit eine Respektlosigkeit gegenüber den engagierten Sportlern dar. Zudem zerstöre sie die Spielatmosphäre, weil sie dem spontanen Ausbruch eines kollektiven Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms gleichkäme. Foto: Walter Spaeth 1585 AUSGABE 1/09 16_21_d_SchallamBau_FF_RZ 16 11.03.2009 16:59 Uhr Seite 16**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: BAUAKUSTIK Vom Ton zum Klang Anspruchsvolle Architektur schmeichelt dem Auge. Und dem Ohr: Akustikprofis beherrschen die verborgene Kunst, Schallwellen im Raum in Klang zu verwandeln. Längst werden sie nicht mehr nur beim Bau von Konzerthäusern hinzugezogen. V enedig hat seine Seele verloren“, weinte Luciano Pavarotti: In der Nacht zum 29. Januar 1996 brannte Venedigs Prunkoper La Fenice nieder, in der Verdi fünf seiner Opern uraufgeführt hatte und Enrico Caruso oder Maria Callas das Publikum bezaubert hatten. Die Lagunenstadt trauerte. Wellentempel mitten im Strom Von der Elbe umspült entsteht in Hamburg auf einem alten Kaispeicher der derzeit spektakulärste Konzertsaal-Neubau: die Elbphilharmonie (siehe 3D-Illustrationen). Ihre unregelmäßig ineinander verwobenen Terrassenränge schieben sich um Dirigent und Orchester zu einem steilen Zuschauerkessel empor. Das Konzept garantiert eine optimale Optik auf jedem Platz – und ist eine echte Herausforderung für die Akustiker. Aber nicht lange. Schon am Tag darauf beschlossen die Stadtväter den Wiederaufbau. „Der Phönix“, wie La Fenice auf Deutsch heißt, sollte aus seiner Asche wieder auferstehen. Und zwar „com’era e dov’era“ – wie es war und wo es war. Auch die berühmte Akustik sollte in mindestens gleicher Qualität wiederhergestellt werden. Eine große Herausforderung für Jürgen Reinhold von der renommierten Akustikfirma Müller-BBM aus Planegg bei München, die mit dieser Aufgabe betraut wurde. „Zumal“, so Müller, „das Publikum heute einen längeren Nachhall bevorzugt, als das in historischen Opernhäusern der Fall ist.“ Die Nachhallzeit ist die wichtigste Größe für den Akustiker. Sie ist das zentrale Gütekriterium für einen Konzertsaal, eine Theaterbühne, einen Hörsaal oder ein Großraumbüro. Sie bezeichnet die Zeit, die vergeht, bis der Schallpegel in einem Raum auf ein Tausendstel seines Ausgangswerts abgefallen ist. Für einen Konferenzraum oder ein Theater, in 16_21_d_SchallamBau_FF_RZ 11.03.2009 16:59 Uhr Seite 17**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: BAUAKUSTIK 1585 AUSGABE 1/09 17 16_21_d_SchallamBau_FF_RZ 18 11.03.2009 16:59 Uhr Seite 18**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: BAUAKUSTIK Minilautsprecher für maximalen Musikgenuss: Mit einem Holzmodell im Maßstab 1:10 simulieren und optimieren die Akustiker den Klang in der künftigen Elbphilharmonie. denen das gesprochene Wort klar ins Ohr des Hörers gelangen soll, benötigt man eine möglichst kurze Nachhallzeit von unter einer Sekunde. Bei einem Klassikkonzert darf sie ruhig doppelt so lang sein. Ein Orgelkonzert in einer Kirche aber entfaltet seinen dramatischen Klang erst bei einem Nachhall von bis zu zehn Sekunden. Die „Schuhschachtel“ Die klassische Form eines Konzertsaals ist die Schuhschachtel: lange, vergleichsweise schmale und oft sehr hohe Säle. Die Bühne liegt am Ende des Quaders. Die großen Konzerthallen des 19. Jahrhunderts wurden so konstruiert. Als beispielhaft gilt der 1870 eingeweihte Goldene Saal des Wiener Musikvereins. Seine Akustik wird bis heute gerühmt. Ein gelungenes Beispiel einer Schuhschachtel aus der Neuzeit ist der 1998 eröffnete Konzertsaal des Kultur- und Kongresszentrums in Luzern (Foto). Er gilt wegen seiner imposanten Höhe auch als „Kathedrale der Akustik“. Erst Reflexionen garantieren Genuss Töne – ob Musik, Sprache oder Geräusche – versetzen die Luft in Schwingungen. Diese Schwingungen gelangen als Schallwellen an unser Ohr. Aber erst das Know-how der Akustiker macht aus der Vielzahl der Einzeltöne eines Konzerts für die Zuhörer das raumfüllende Klangerlebnis. „Wir Akustiker fügen Mosaiksteinchen zusammen“, sagt Reinhold. Das fängt bei der Form des Saales und der Anordnung der Ränge an und geht bis in Details wie den optimalen Bezug der Sitze. Und die Arbeit erfordert Umwege: Der direkte Schall, der vom Orchester das Ohr des Zuhörers trifft, klänge alleine viel zu kalt und trocken. Erst die sogenannten Reflexionen bringen Hörgenuss: Der Schall muss auch auf die Wände und die Decke des Saales treffen, von wo er auf die Ohren des Zuhörers abgelenkt wird. Das erst erzeugt einen satten, warmen Klang im Ohr. Um die gewünschten Reflexionen zu erzielen, haben die Akustiker eine Menge Tricks auf Lager: Wände werden großporig verkleidet, um den Schall genau in der gewünschten Stärke abzugeben. Wandpaneele können in verschiedene Richtungen gedreht werden, je nachdem, wie groß das Orchester ist. Auch Balkons, Brüstungen, Stuckverzierungen und Logen tragen ihren Teil zum Gesamtklang bei, weil sie den Schall streuen und damit Echos verhindern. Im La Fenice ließ Reinhold die vorher flache Decke über dem Orchester ein paar Grad in Richtung Publikum neigen, um den Schall besser in die hinteren Ränge zu leiten. Manche Hallen wie der Konzertsaal des Kultur- und Kongresszentrums (KKL) im schweizerischen Luzern, dessen Akustik weltberühmt ist, besitzen sogar einen Hallraum hinter der Bühne, um das Saalvolumen zu vergrößern und damit für einen längeren Nachhall zu sorgen. Sein Schöpfer war der vor zwei Jahren verstorbene New Yorker Russell Johnson, einer der weltweit angesehensten Akustiker. Und nicht zu vergessen: Das Auge hört immer mit. Die Größe eines Raums bietet dem Konzertbesucher Orientierung, je größer der Saal ist, desto mehr Nachhall erwartet er. Der japanische Akustiker Yasuhisa Toyota, momentan wohl der Bekannteste seiner Zunft, sagt sogar, dass zur Akustik immer Fotos Seite 16–17: Herzog & de Meuron; Fotos Seite 18–19: Jörg Fokuhl, Ralph Larmann, Ruault / Keystone / Picture-Alliance „Wir Akustiker fügen Mosaiksteinchen zusammen.“ 16_21_d_SchallamBau_FF_RZ 11.03.2009 16:59 Uhr Seite 19**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: ISLAMISCHE GELDANLAGEN BAUAKUSTIK auch Psychologie gehöre (siehe Interview). Jürgen Reinhold kennt das: „Musiker fühlen sich mit Holz wohler.“ Wenn man eine Betonwand mit Holz verkleide, ohne dass sich an den akustischen Werten etwas ändere, meinten die meisten Musiker dennoch, der Klang sei besser geworden. Auch der Opernsall des La Fenice war beinahe vollstädnig mit Holz verkleidet gewesen. Nun sollte der Saal originalgetreu wieder erstehen, der Spielraum für die Akustiker war also gering. Immerhin, einen Vorteil bot der Wiederaufbau ihnnen: „Weil die Baustruktur im Innern zerstört war, gab es die Möglichkeit, zwischen dem Opernsaal und dem Rest des Gebäudes eine schalldichte Fuge einzubauen“, sagt Reinhold. Zwischen die holzverkleidete Ziegelwand des Saales und die Betonwand zu den äußeren Räumen kam eine schalldämmende Hartfaserschicht, die alle Störgeräusche aus den Nebenräumen oder von der Straße zuverlässig abwehrt. Innen herrscht seitdem Stille. Und Stille ist, so paradox es klingt, eine wichtige Größe für den Akustiker: Sie ist die Grundlage für einen guten Klang. Auf den guten Ton kommt es auch in Parlamentsgebäuden an. Während Reinhold sich mit La Fenice auseinandersetzte, bereitete seinem Kollegen Karlheinz Müller das Berliner Reichstagsgebäude Kopfzerbrechen. Der 66-jährige Bruder des Firmengründers von Müller-BBM gilt als deutscher Akustik-Doyen und wird in einem Atemzug mit Toyota und Johnson genannt. Müller sollte für die Akustik des Deutschen Bundestags in Berlin sorgen. Das Problem: Die Halle ist eigentlich viel zu groß für einen Sprachraum. Ohne akustische Maßnahmen hätten die Reden der Politiker wohl eher wie Predigten in einer Kathedrale geklungen. Müller ließ deshalb schallschluckende Kammern unter dem Teppichboden einbauen, die bis zu fünf Meter in die Tiefe reichen. Die unzähligen kleinen Löcher im Boden, durch die der Schall geschluckt wird, sind unter dem Teppich nicht zu sehen. Der Ozeandampfer der Oper Die größere Herausforderung bleiben aber Konzertsäle: In ihnen muss der Klang von der ersten Aufführung an perfekt sein. Eine der spektakulärsten Konzerthallen entsteht derzeit in Hamburg: die Elbphilharmonie. Auf einen alten Kaispeicher, der von Wasser umgeben ist, setzen die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron einen wellenförmigen Aufbau aus Glas. Das ganze Gebäude erinnert an einen Ozeandampfer. Der Saal im Innern wird 2.150 Plätze haben. Verantwortlich für die Akustik ist Yasuhisa Toyota. Der japanische Klangmeister ist ein Verfechter des „Weinbergs“: Konzerthallen, in denen das Orchester in der Mitte des Saales sitzt und rundum von Zuschauerrängen umgeben ist. Ganz im Gegensatz zu einer traditionellen „Schuhschachtel“ wie dem KKL in Luzern (siehe Randspalten). Toyotas bis dato bekanntestes Werk ist die 2003 eröffnete Walt Disney Concert Hall in Los Angeles, ein Segelknäuel aus Stahl, entworfen vom Stararchitekten Frank Gehry. Sie war noch eine Kombination zwischen beiden Formen: Außen ist sie eine rechteckige Schuhbox, innen aber wie ein Weinberg ausgebaut. Die Symbiose gelang: Die Trennschärfe im Orchesterklang sei enorm, lobten die Kritiker, der Sound warm, direkt und klar. Die Elbphilharmonie sei einmalig, sowohl von der Form als auch von den verwendeten Materialien her, sagt der Japaner. Um für einen perfekten Klang zu 1585 AUSGABE 1/09 19 Der „Weinberg“ Beim Weinberg liegt das Podium fast in der Mitte, die Ränge liegen wie Terrassen um das Orchester herum. Durch die kreisförmige Anordnung und den sanften Anstieg der Sitzreihen können die Konzertbesucher die Musiker von allen Plätzen aus gut sehen. Das Weinberg-Modell gilt deshalb auch als „demokratischer“ Konzertsaal. Das Vorbild dafür ist die Berliner Philharmonie, die 1963 eröffnet wurde (Foto). Die Kritik titulierte sie damals als „grandiose Klangburg“. e Planspiel: 56 Messpunkte im Modell sollen garantieren, dass die Akustikberechnung für die Elbphilharmonie tatsächlich aufgeht. 16_21_d_SchallamBau_FF_RZ 20 11.03.2009 16:59 Uhr Seite 20**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: BAUAKUSTIK Meister des Mysteriums Akustik: Yasuhisa Toyota „Die Akustik ist Teil der Kunst.“ Der weltweit erste „Weinberg“ war übrigens einst umstritten: Als der deutsche Star-Architekt Hans Scharoun 1956 den Wettbewerb um die Berliner Philharmonie gewann und dabei das Orchester in der Mitte des Konzertsaals platzierte, kam das einer Sensation gleich. Die Widerstände gegen die eigenwillige Form des Gebäudes wie auch des Saales waren groß. Herbert von Karajan, damals Dirigent des Berliner Philharmonischen Orchesters, musste erst drohen, die Stadt zu verlassen, bevor Scharouns Entwurf schließlich doch realisiert wurde. Nachher begeisterte die Akustik in der Philharmonie alle. Akustik-Papst Yasuhisa Toyota über Perfektion, Kompromisse und den Glücksmoment des ersten Tons. Herr Toyota, Sie sagen, die Akustik in einer Konzerthalle bleibe immer ein Stück weit ein Mysterium. Ist sie denn keine exakte Wissenschaft? Sie ist zugleich Wissenschaft und Kunst. Wir können die Akustik, den Sound, ja nicht ohne Musik wahrnehmen. In einem leeren Raum hören wir nichts. Wenn wir also von Akustik sprechen, meinen wir immer auch die Musik, die gerade erklingt. Die Akustik ist damit Teil der Kunst. Für den Akustiker bleiben deshalb immer viele unbekannte Komponenten. Können Sie denn bereits an der Gestaltung einer Konzerthalle mitwirken oder greifen Sie erst ein, wenn diese fertig konzipiert ist? Der Entwurf des Bauwerks ist natürlich zunächst der Job des Architekten, wir können nur die akustische Unterstützung liefern. Die Form der Halle entwickeln wir aber meist gemeinsam mit dem Architekten. Da gibt es Diskussionen, an denen wir in der Regel beteiligt sind. Jeder Architekt hat natürlich seinen eigenen Charakter, mit jedem ist die Zusammenarbeit anders. Sie gelten als jemand, der niemals Kompromisse macht. Kompromiss ist nicht das richtige Wort, das klingt mir zu negativ. Aber wir müssen immer diskutieren und eine Balance finden. Gemeinsam die bestmögliche Lösung zu finden, würde ich nicht gleich als Kompromiss bezeichnen. Gibt es die Konzerthalle mit dem perfekten Klang? Ein perfekter Klang ist immer ein subjektives Erlebnis. Dazu benötigen Sie perfekte Musik, aber können Sie sich perfekte Musik vorstellen? Das ist immer nur auf den Moment bezogen, auf das Konzert, in dem Sie gerade sitzen. Es ist ein Zusammenspiel aus Akustik, Musik und Psychologie. Sie versäumen niemals das erste Konzert in einer Halle, bei der Sie für die Akustik verantwortlich waren ... Das erste Konzert ist wichtig, aber viel wichtiger ist die erste Orchesterprobe. Da bin ich fürchterlich nervös (lacht). Der heikelste Moment für mich ist, wenn der erste Ton erklingt, denn vorher wissen wir nichts. Da zeigt sich dann die Arbeit von vielen Monaten. Wenn die Akustik dann so ist, wie ich sie haben wollte, bin ich glücklich. Foto: Christian O.Bruch / Visum sorgen, ließ er ein fünf mal fünf Meter großes Modell des Saales bauen. Im Innern ist jeder der 2.150 Sitze mit einer Puppe besetzt, um volle Rängen zu simulieren. Das Problem ist, dass die in einer Konzerthalle begehrten frühen Reflexionen hier schwer zu erzielen sind – Schallwellen, die von den Seitenwänden zurückgeworfen werden und das Ohr in weniger als 60 Millisekunden erreichen. Sie vor allem sorgen für Raumgefühl, weil das menschliche Gehör innerhalb dieser Zeit noch die Richtung bestimmen kann, aus der die Töne kommen. Wer in Hamburg jedoch nah beim Orchester sitzt, ist sehr weit von der nächsten Wand entfernt. Für Abhilfe sorgt ein trichterförmiger Reflektor, der an der Decke hängt und höhenverstellbar ist. 16_21_d_SchallamBau_FF_RZ 11.03.2009 16:59 Uhr Seite 21**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: FACTS AND FIGURES 21 WELLEN IN ZAHLEN 470 2.600 10 4 1.000 2,7 970 400 21,4375 Die AMAZONAS-WELLE POROROCA kann 970 Kilometer zurücklegen. Das Phänomen tritt jedes Frühjahr bei Voll- und Neumond auf, wenn die Gezeiten des Atlantiks Meerwasser den Flusslauf heraufdrücken. Der TIEFSTE TON , den ein Mensch in der Regel gerade noch hören kann, hat eine Wellenlänge von exakt 21,4375 Metern. Er liegt nur etwa eine Oktave unter dem tiefsten Klavierton. Die ERSTE DAUERWELLE entwickelten die Römer vor 2.600 Jahren. Sie wellten ihr Haar mit einem ersten Brenneisen. Die chemische Dauerwelle wurde erst 1906 von Charles Nessler entwickelt. Die RIESENHONIGBIENE APIS DORSATA bildet mit über 1.000 Artgenossen eine Verteidigungswelle, um Feinde abzuwehren. Koordiniert schlägt eine Biene nach der anderen ihren Hinterleib nach oben. In Sekundenbruchteilen entsteht so eine bis zu zwei Meter breite Stachel-Welle. Laut seiner Entwickler soll der Prototyp der WELLENKRAFT-PUMPE SEARASER 470 Haushalte mit Strom versorgen. Der WAVE ROCK ist 2,7 Millionen Jahre alt. Mit jährlich über 130.000 Besuchern ist die Gesteinsformation eine der beliebtesten Naturattraktionen Australiens. GAMMASTRAHLEN sind mit weniger als 10 Pikometern Wellenlänge nicht nur extrem kurzwellig, sondern auch außerordentlich energiereich. Sie können selbst meterdicke Bleiplatten durchdringen. 10 Pikometer entsprechen 10 -12 Meter. Zum Vergleich: Das Wasserstoffatom hat als kleinste atomare Einheit einen Atomradius von 37 Pikometern. Ein MARSHMALLOW bläht sich im Mikrowellenherd um 400 Prozent auf. Glühbirnen dagegen beginnen in ihm zu leuchten – genauso wie PC-Mäuse. INFRAROTLICHT vom Typ A (Wellenlänge 750 bis 1.400 Nanometer) dringt vier Zentimeter tief in den menschlichen Körper ein, bevor es sich in Wärme wandelt. 22_25_d_Roubini_RZ 22 02.03.2009 18:20 Uhr Seite 2**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: INTERVIEW Nahezu als einziger Ökonom hat Nouriel Roubini die globale Finanzkrise und Rezession vorausgesagt. Seitdem heißt der New Yorker nur noch „Dr. Doom“: Dr. Untergang. „1585“ sprach mit ihm über die Ursachen der Krise, das Auf und Ab der Weltwirtschaft – und was noch auf sie zukommt. „DAS WAR KEIN METEORIT AUS DEM NICHTS“ 22_25_d_Roubini_RZ 02.03.2009 18:20 Uhr Seite 3**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: INTERVIEW HERR ROUBINI, welche Frage stellt man Ihnen derzeit am häufigsten? Die meisten wollen wissen, ob das Schlimmste hinter uns liegt. Herr Roubini, liegt das Schlimmste hinter uns? Das Schlimmste liegt noch vor uns. Im größten Teil der Welt, insgesamt 60 Prozent des Weltinlandsprodukts, schrumpft die Wirtschaftsleistung. Der Zusammenbruch des Bankensystems ist bisher verhindert worden, aber wir haben immer noch gewaltige Lasten zu schultern. Die Verluste aus Krediten können auf 3,6 Billionen US-Dollar steigen, weitere Banken drohen insolvent zu werden, es wird eine weitere Verstaatlichungswelle geben. Können Sie verstehen, dass die Menschen allmählich genug haben von diesen Horrornachrichten? Natürlich, aber es bringt ja nichts, ein Ende der Talfahrt vorherzusagen, nur weil man es sich wünscht. Nach jedem Schock des vergangenen Jahres – der Zusammenbruch von Bear Stearns, die BeinahPleite von AIG, der Bankrott von Lehman – haben die Leute gehofft, dass das Schlimmste vorbei ist, dass wie nach einem kathartischen Ereignis die Heilung einsetzt. Aber wir sind noch mitten im Teufelskreis: Die Finanzkrise führt zur Kreditklemme, die führt zur Rezession, durch die Rezession werden noch mehr Kredite notleidend. Nein, wir haben den Boden noch nicht erreicht. Foto: Win McNamee / Gettyimages Sie sind als „Dr. Doom“ berühmt geworden. Sie können Ihren Ruhm noch steigern, wenn Sie uns verraten, was nach der Krise kommt. Also? Ich bin kein Berufspessimist. Nach dem Deleveraging, also dem Abbau von Risikooptionen, wird eine Erholung einsetzen. Allerdings wird es langsam gehen und sich zunächst noch wie eine Rezes1585 AUSGABE 1/09 sion anfühlen. Dieses Jahr wächst die US-Wirtschaft noch nicht, 2010 vielleicht um ein Prozent. Braucht die Wirtschaft ein Auf und Ab, so wie zum Tag die Nacht gehört? Sie braucht das nicht, aber es ist wohl unvermeidlich. Ausgelöst werden die Wellen oft durch externe Schocks, zum Beispiel steigende Ölpreise oder Kriege. In den letzten Jahren hingegen kann man schon fast von Kreditzyklen sprechen. Die Innovationen auf dem Finanzsektor wurden nicht von entsprechenden Regulierungen begleitet. Die Spekulationsblasen haben deshalb zugenommen. Bis vor kurzem dachten viele, die Stabilisierung sei gelungen. Die Wirtschaft wuchs, die Inflation blieb niedrig ... ... aber tatsächlich hat die Kombination von hohem Wachstum, geringer Inflation und niedrigen Zinsen die Bildung von Spekulationsblasen begünstigt. Es klingt paradox, aber man hat das Gegenteil von dem erreicht, was man wollte. Die negativen Begleiter eines Abschwungs – Pleiten, Arbeitslosigkeit – sind bekannt. Sehen Sie auch positive Aspekte? Schumpeter hat sie im Prinzip der schöpferischen Zerstörung beschrieben: die Schwachen verschwinden vom Markt, die Starken breiten sich aus. Aber eine kleine Rezession ist etwas anderes als die Krise, die wir jetzt haben. Es sind enorme Vermögenswerte vernichtet worden. Die Budgetdefizite, mit denen die Regierungen Einlagensicherungen und Konjunkturprogramme finanzieren, bedeuten eine riesige Last für die künftigen Generationen. Zurzeit ist es offenbar en vogue, in der Wirtschaftsentwicklung nach Mustern zu forschen. Der Historiker David Fischer etwa will 23 22_25_d_Roubini_RZ 18:20 Uhr Seite 4**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: INTERVIEW festgestellt haben, dass es wiederkehrende lange Inflationswellen gibt, die über 100 Jahre dauern. Auch die Theorie von Kondratieff (siehe Seite 6) wird wiederentdeckt. Ist da aus Ihrer Sicht etwas dran? Ich bin skeptisch. Die Ökonomie entwickelt sich nicht mechanistisch. Der technologische Wandel, geopolitische und wirtschaftshistorische Ereignisse – wie die Abschaffung der festen Wechselkurse oder die stärkere Rolle der Zentralbanken – unterliegen keinen Regelmäßigkeiten. Aber all diese Faktoren prägen das Wirtschaftsgeschehen ganz erheblich. Auf der anderen Seite gibt es die „Black Swan“Theorie des Erkenntnistheoretikers Nassim Nicholas Taleb: ein zufällig auftretendes, seltenes Phänomen bringt die normale Entwicklung durcheinander. Ist die Finanzkrise ein „Schwarzer Schwan“? Nein. Ich traf den Autor kürzlich, und er selbst ist der Ansicht, dass die Finanzkrise ein „Weißer Schwan“ ist, also eine folgerichtige Entwicklung aus Ungleichgewichten und politischen Fehlern. Dies hat uns nicht getroffen wie ein Meteorit, der aus dem Nichts kommt. Auf welche Theorie bauen Ihre Voraussagen? Mein Ansatz ist eklektisch. Ich versuche das ganze System zu betrachten: die Entwicklung der globalen Daten, historische Vorbilder, Verhaltensmuster in Krisensituationen. Man muss kreativ sein. Kein simples Modell kann die Welt erklären. Nichts gegen analytische Strenge, aber um komplexe Entwicklungen zu erfassen, muss man einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen und jede nützliche Information verwerten. Sie warnen vor einer Kombination aus Stagnation und Deflation ... ...ja, ich mache mir Sorgen darüber, dass die USWirtschaft einen L-förmigen Verlauf nehmen könnte, wie in Japan in den 90er Jahren. Die Gefahr besteht. c Nouriel Roubini, 50, hat mit der Finanzkrise Karriere gemacht: Weil er sie als einer von ganz wenigen Ökonomen nicht nur schon sehr früh, sondern auch richtig prognostizierte, stieg der Sohn persischer Juden zum geachteten Star der internationalen Finanzgemeinde auf. Der Wirtschaftsprofessor lehrt an der Stern School of Business, die zur New York University gehört. Ende der 90er Jahre gehörte er unter Bill Clinton für kurze Zeit dem Rat der Wirtschaftsberater des Weißen Hauses an. 2004 gründete er die Beratungsund Analysefirma RGE (Roubini Global Economics), deren online verfügbare Expertisen mittlerweile einen exzellenten Ruf genießen. Andere Ökonomen befürchten hingegen mittelfristig eine Inflation. Halten Sie dies für unbegründet? Inflationsängste bestehen, weil die Leute sich vorstellen, dass der Staat Geld druckt, um mithilfe der Preissteigerung seine Verschuldung zu reduzieren. Das wäre aber mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden und würde die Glaubwürdigkeit untergraben, die die Zentralbanken in den letzten 25 Jahren aufgebaut haben. Ich glaube nicht, dass es die Fed so weit kommen lässt. Weil man aus der Vergangenheit gelernt hat? Die Politik geht heute anders mit den Problemen um als zu Zeiten der Großen Depression und hat auch aus der Asienkrise gelernt. Außerdem drängen die Europäer die USA, echte Reformen durchzuführen und nicht nach der Krise zur Tagesordnung überzugehen und dadurch die nächste Blase zu riskieren. Wir haben jetzt die Chance, das System so zu regulieren, dass wir exzessive Entwicklungen vermeiden. Was mich zuversichtlich stimmt, ist, dass die BRICs so stark sind, also Brasilien, Russland, Indien und China. Larry Summers, heute Obamas Nationaler Wirtschaftsberater, hat die Integration von China und Indien in die Weltwirtschaft einmal mit der Bedeutung der Renaissance und der industriellen Revolution verglichen. Das mag etwas übertrieben sein, aber richtig ist, dass allein China mit 1,3 Milliarden Menschen das globale Arbeitskräftepotenzial verstärkt. Das ist ein radikaler Wandel. Die Wachstumsperspektiven der Emerging Markets sind gewaltig. Davon profitiert die Weltwirtschaft. Optimistische Worte von Dr. Doom. Ich sage ja, ich bin kein Berufspessimist. Wir können die Wirtschaft auf eine langfristig solide Basis stellen. Wenn wir Wege finden, mit den begrenzten Ressourcen umzugehen und Energiesicherheit herzustellen. Das Problem der globalen Ungleichgewichte lösen. Ein stabiles Finanzsystem verankern. Einen weltweiten ökonomischen Verhaltenskodex entwickeln. Das alles geschieht nicht von selbst. Es liegt viel Arbeit vor uns. Womöglich können Sie dazu beitragen, dass sie erledigt wird? Immerhin suchen Minister, Beamte, Banker, CEOs auf der ganzen Welt Ihren Rat. Ich will meine persönliche Rolle nicht überschätzen. In unsicheren Zeiten suchen die Leute zuverlässige Information. Mein Rat und der meiner Firma sind gefragt, weil wir unabhängig sind. Wir bemühen uns um ehrliche, intelligente und realistische Analysen. In diesem Business ist es so ähnlich wie bei Schauspielern, die werden auch nicht nur nach ihrem letzten Film beurteilt. Es kommt darauf an, über einen längeren Zeitraum eine gute Performance zu zeigen. Foto: James Leynse / Corbis 24 02.03.2009 02.03.2009 18:20 Uhr Seite 5**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: www.rado.com 22_25_d_Roubini_RZ RADO. SHAPING THE FUTURE. Ceramica. High-tech ceramics. 26_27_d Insight_RZ 26 09.03.2009 14:04 Uhr Seite 2**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: INSIGHT DIE WELLE MACHEN Wasserwellen sind mehr als eintöniges Auf und Ab. Seit Jahrhunderten versuchen Wissenschaftler, dem Wesen der Welle auf den Grund zu gehen. Allen schweren mathematischen Geschützen zum Trotz, haben sich die Brecher bis heute ihre Geheimnisse bewahrt. So galten Monsterwellen, die sich auf offener See zu 40 bis 50 Meter hohen Wänden aus Wasser türmen, bis vor wenigen Jahren als Seemannsgarn. Erst Satellitenbilder wiesen zweifelsfrei ihre Existenz nach. Die moderne Quantenmechanik vermochte, die Entstehung der Wellen zu erklären – und wieder einmal Theorien der traditionellen, linearen Physik auf den Kopf zu stellen. Die Realität hatte Verteilungsmodelle versenkt, die zuvor jahrzehntelang die statistische Basis zur Bestimmung von Wellenlängen geliefert hatten. Heute ist bekannt, dass Megawellen jährlich hundertfach über die Weltmeere peitschen – und manchem Kapitän Schweißperlen auf die Stirn treiben. Da es nicht möglich ist, Monsterwellen auf offenem Meer zu untersuchen, behelfen sich Forscher mit Laborsimulationen. In Wellenkanälen können sie inzwischen alle Wellenformen nachbilden. Die Universität Hannover und die Hamburgische Schiffbau-Versuchsanstalt arbeiten mit 300 Meter langen und 20 Meter breiten Becken, die zu den größten Europas gehören. WIND ALS TRIEBFEDER Der Wind ist im wahrsten Wortsinn treibende Kraft bei der Entstehung von Wasserwellen. Dort, wo Luft auf Wasser trifft, entsteht vereinfacht ausgedrückt durch die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Elemente eine Schubspannung, das Meer gerät aus dem Spiegel. Entscheidend für die Ausprägung von Wellen sind Windstärke und -dauer sowie die Angriffsfläche auf dem Wasser. Auf großen Binnengewässern wie dem Bodensee in Deutschland oder den großen Seen in den USA gibt es immer wieder hohe Wellen, da auch sie dem Wind genügend Angriffsfläche bieten. S S WIE MONSTERWELLEN ENTSTEHEN Für die Entstehung von Monsterwellen existieren drei Annahmen. Mög- der Meerestiefe ab. Je größer die Distanz zum Grund und je länger die lichkeit 1: Überlagerung. Schnelle, größere Wellen holen langsamere Welle, desto schneller wird sie. Eine Tiefwasserwelle von einem Kilome- ein. In bestimmten Konstellationen türmen sie sich zur Monsterwelle. ter Länge ist mit etwa 140 Stundenkilometern unterwegs. Wichtig ist Möglichkeit 2: Trifft eine Strömung auf Sturmwellen, staucht die Drift die zudem die Bewegung mikroskopisch kleiner Wasserteilchen, die Orbital- Wellen zusammen. Da Wasser nicht komprimierbar ist und die Energie bewegung. Im tiefen Meer treiben diese Teilchen auf kreisförmigen der Wellen gleich bleibt, erheben sie sich zur Monsterwelle. Möglichkeit Spiralbahnen fort, wenn eine Welle sie passiert. Dieses Phänomen reicht 3: Beim Kreuzseen-Modell entstehen Monsterwellen durch das Zusam- bis in eine Tiefe, die etwa der halben Wellenlänge entspricht. In diesem menspiel von Wasserstrudeln und sich drehenden Winden – selbst bei Fall sprechen Experten von Tiefwasserwellen. Bei Flachwasserwellen ruhiger See. Die Geschwindigkeit einer Welle hängt von ihrer Länge und sind die Orbitalbahnen elliptisch und reichen bis zum Grund. 26_27_d Insight_RZ 09.03.2009 14:04 Uhr Seite 3**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: INSIGHT 40 METER HOHE MONSTER Erst seit rund 30 Jahren befassen sich Wissenschaftler mit Monster- oder Killerwellen, auch Freak Waves genannt – intensiv sogar erst seit jüngster Zeit. Wellenhöhen von 40 Metern und mehr sind keine Seltenheit. Heute unterscheiden Experten drei Typen: Kaventsmänner sind vergleichsweise schnell und pflanzen sich entgegen dem Seegang fort. Drei Schwestern bezeichnen das Phänomen von zumeist drei schnell aufeinander folgenden sehr großen Wellen. Die Weiße Wand ist eine extrem steile Monsterwelle, die ihren Namen der Gischt verdankt, die vom Wellenkamm herab läuft. S [40 METER] [15 METER] RUHEWASSERPEGEL S MS BREMEN IN SEENOT Kamen die Passagiere des Luxusliners Queen Elisabeth II. 1995 mit dem Schrecken und ein paar kaputten Fenstern davon, traf es die 111 Meter lange MS Bremen schlimmer. Im Februar 2001 durchIllustration: www.josekdesign.de schlug im Südatlantik ein 40 Meter hoher Brecher die Fenster der Brücke und zerstörte die Elektronik. Mit Schlagseite trudelte das Schiff 30 Minuten manövrierunfähig in stürmischer See, bis es gelang, den Hilfsmotor zu starten und sich nach Buenos Aires zu retten. Das 260 Meter lange Containerschiff München verschwand 1978 nördlich der Azoren vom Radar – und blieb verschollen. 1585 AUSGABE 1/09 27 28_31_d_MunchFotostory_RZ_V2 28 03.03.2009 8:14 Uhr Seite 26**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: KLIMA UND NUN ZUM WETTER ... Die Erde erwärmt sich – schlimm. Schlimm? Nicht unbedingt. Sagt Ernst Rauch. Der Klimaexperte der Münchener Rück sieht beide Seiten der Medaille: Unternehmen und ganze Volkswirtschaften werden vom Klimawandel auch profitieren. D ie Hitzewelle in Europa 2003, die Rekordhurrikansaison 2004 in der Karibik und in Florida sowie Hurrikan Katrina im August 2005 – extreme Wetterereignisse wie diese häufen sich. Erst im vergangenen Jahr trieben der Zyklon Nargis in Myanmar oder der Hurrikan Ike die Schäden auf den dritthöchsten Stand der Geschichte. Kein Zweifel: Die Welt wird wärmer und das verursacht Schäden. Das aber bietet auch Chancen. „Erstaunlicherweise ist der Klimawandel infolge einer unglücklichen Diskussion, die oft außerhalb der seriösen Wissenschaft liegt, fast ausschließlich negativ besetzt“, sagt Ernst Rauch. Das sei jedoch nur die halbe Wahrheit: „Zahlreiche Industriezweige und Regionen werden von der neuen Situation auch profitieren.“ Rauch weiß, wovon er redet. Der 49-jährige Geophysiker leitet das Corporate Climate Centre des Rückversicherers Münchener Rück. Das heißt: Er ist dafür mitverantwortlich, dass sein Unternehmen vom Wetter profitiert. „Wir betrachten die globale Erwärmung nicht nur als ein Thema für unser Risikomanagement, sondern auch als Möglichkeit, unsere Geschäfte weiterzuentwickeln“, sagt Rauch. Neue Technologien, mit denen vor allem die Industriestaaten auf den weltweiten Klimawandel reagieren, müssten schließlich auch abgesichert werden. Die Münchener Rück bietet ihren Kunden entsprechende Versicherungen an – etwa in den Bereichen Solarenergie, Windenergie, Geothermie oder Emissionshandel. Passgenau können solche Produkte nur 28_31_d_MunchFotostory_RZ_V2 03.03.2009 8:14 Uhr Seite 27**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: Fotos: NASA / SPL / Agentur Focus, J.Büttner / dpa / Picture-Alliance, Jim Reed / SPL / Agentur Focus, EPA / dpa / Picture -Alliance KLIMA mit einer exzellenten Datenbasis entwickelt werden. Geophysiker Rauch hat sie: Das Corporate Climate Centre der Münchener Rück beobachtet seit mehr als 30 Jahren weltweit alle Wetterphänomene, mehr als 25.000 Einzelereignisse wurden seitdem in der hauseigenen NatCat-Datenbank erfasst. 90 Prozent das Risiko von Wetterkatastrophen mindestens verdoppelt. „Volkswirtschaften, Politik und die Menschheit können dieser Entwicklung nicht beliebig lange tatenlos zusehen. Deshalb müssen wir die Schadensanfälligkeit von Gesellschaften reduzieren“, sagt Rauch. Das Risiko steigt Ihre Botschaft ist eindeutig: Die Daten aus München beweisen, wie deutlich sich die Schäden häufen. „Geologische Risiken wie etwa Erdbeben oder Vulkanausbrüche sind in unserem Beobachtungszeitraum zwar weitgehend konstant geblieben“, sagt Rauch. „Wetterextreme haben dagegen deutlich zugenommen.“ Und das Risiko steigt weiter. Einer aktuellen Studie zufolge hat der menschliche Einfluss mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als So müssten etwa Gebäude dringend sturmsicherer konstruiert werden. Oder die Landnutzung müsste so geplant werden, dass die Überschwemmungsgefahr minimiert wird. Mit anderen Worten: Eine Riesenchance für die Bauwirtschaft. Sie profitiert von Klimaschutz- und Gebäudesicherungsmaßnahmen, für Architekten und Ingenieure eröffnen sich ganz neue Betätigungsfelder. Und auch die Besitzer von Immobilien profitieren – zumindest langfristig. Zwar liegt der Immobilienmarkt derzeit weitgehend 1585 AUSGABE 1/09 29 28_31_d_MunchFotostory_RZ_V2 30 03.03.2009 8:14 Uhr Seite 28**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: KLIMA e Nur nicht einfach abwarten: „Die Unternehmen müssen reagieren“, fordert Ernst Rauch, Leiter des Corporate Climate Centre der Münchener Rück. brach, aber in einigen Jahren werden Eigenschaften wie Sturmfestigkeit oder eine klimafreundliche Bauweise den Wert sicherlich steigern und die Versicherungsprämien senken. Die Münchener Rück und der Klimawandel Bereits seit Beginn der 1970er Jahre setzt sich die Münchener Rück mit dem Phänomen der globalen Erderwärmung auseinander. Einige Betriebswirte und Juristen spürten intuitiv, dass sich die üblichen Schadensmuster änderten. Im Jahr 1973 warnte das Unternehmen in einer Studie vorsichtig vor den Folgen eines möglichen Klimawandels. 1974 gründete das Unternehmen eine eigene Forschungsabteilung, um dem Phänomen auf der Spur zu bleiben – die Keimzelle des heutigen Corporate Climate Centre. Sein Herzstück ist die weltweit größte Datenbank für Naturkatastrophen. In ihr hat die Versicherung rund 25.000 Ereignisse seit 1970 detailliert erfasst, zudem alle Großkatastrophen seit 1950 und ausgewählte epochale Ereignisse der vergangenen 2000 Jahre. „Das alles bedeutet natürlich nicht, dass die Menschheit weiterhin unbegrenzte Mengen an CO2 in die Atmosphäre pusten darf“, wehrt Rauch die renitenten Leugner einer menschgemachten Erderwärmung ab. Genau das hatte eine Gruppe von Wissenschaftlern um den republikanischen USSenator James Inhofe erst kürzlich in einem als „Minderheitsreport“ deklarierten Papier wieder behauptet. Rauch hält dagegen: „Ein zentraler Grund für die globale Erwärmung ist die sozioökonomische Entwicklung, der Bevölkerungs- und Wertewandel.“ Kosten fast überschaubar Und auch wenn bestimmte Regionen und Branchen vom Klimawandel profitieren, darf die Erwärmung nicht unendlich lange weitergehen. „Um das globale System stabil zu halten, kann die Entwicklung nur innerhalb bestimmter Grenzen laufen. Für einen Privatunternehmer ist das normalerweise die Grenze, bis zu der Risiken versichert werden können“, sagt Rauch. Die Kosten dafür sind – zumindest gemessen an den aktuellen Zahlen aus dem Finanzsektor – fast schon überschaubar zu nennen: Die Unternehmensberatung McKinsey kommt in Düsterer Befund: Wetterkatastrophen nehmen alarmierend zu Wetterbedingte Gesamtschäden von 1950 bis 2008 in Milliarden US Dollar 200 180 160 140 einer aktuellen Studie zu dem Schluss, dass international nur 810 Milliarden Euro in neue Technologien investiert werden müssten, um die Erderwärmung bis zum Jahr 2030 zu bremsen. Das entspricht einem Drittel des deutschen Bruttoinlandsprodukts im vergangenen Jahr. Wo genau die Belastbarkeitsgrenze liegt, hat Nicholas Stern, früherer Chefökonom der Weltbank und heute Berater der britischen Regierung sowie Professor an der London School of Economics, errechnet. In seiner vielbeachteten Publikation „Stern Review on the Economics of Climate Change“ (Stern-Report) hat er die wirtschaftlichen Folgen der globalen Erwärmung untersucht. Zentrales Ergebnis: Wenn die Regierungen sofort handeln, kostet es etwa ein Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts, die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre auf einem erträglichen Niveau zu halten. Wird nicht gehandelt, entstehen Schäden, die mindestens fünf Prozent und inklusive Nebenwirkungen sogar 20 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts aufzehren können. Wirkung wie ein Konjunkturprogramm Auch Stern sieht jedoch die Chancen, die hinter dieser Entwicklung stecken: Die nötigen Anpassungsreaktionen auf dem Klimawandel würden wie ein langfristiges, hocheffektives Konjunkturprogramm wirken. „Um uns an die Folgen der globalen Erwärmung anzupassen, benötigen wir viele neue Technologien, vor allem im Energiesektor“, sagt Geophysiker Rauch. Daher werden insbesondere die hochindustrialisierten Volkswirtschaften, deren Kapital das Know-how ist, per Saldo zu den Gewinnern der globalen Erwärmung zählen. Aber auch wenig industrialisierte Gegenden wie Nordrussland werden profitieren: Hier wird es aufgrund der Erwärmung bereits in wenigen Jahren möglich sein, Getreide anzubauen. 100 80 60 40 20 0 1950 1955 Quelle: Münchener Rück 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 Nur einfach abwarten, wie Wetter und Klima wohl werden, dürfe niemand. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre wird weiter steigen, die Erderwärmung vorantreiben und so noch häufigere Wetterkatastrophen mit horrenden Schäden provozieren. „Die Unternehmen müssen darauf reagieren“, fordert Rauch. „Indem sie analysieren, welche Veränderungen für sie relevant sind, und aus den Ergebnissen Reaktionen auf mögliche Chancen und Risiken ableiten.“ Foto: Eric Nguyen / corbis 120 28_31_d_MunchFotostory_RZ_V2 03.03.2009 8:14 Uhr Seite 29**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: FOTOSTORY 31 ART COLLECTION: Wellen aus Licht und Schatten D Foto: Balthasar Burkhard ie Dünen in Namibia hat der Wind geschaffen – ein Kunstwerk aus Milliarden Sandkörnern, entstanden in vielen tausend Jahren. Nur Bruchteile einer Sekunde dagegen benötigte der Schweizer Fotograf Balthasar Burkhard für seinen Druck auf den Auslöser – und hatte damit sein eigenes Kunstwerk geschaffen. Das Bild beeindruckt im Original schon wegen seiner imposanten Größe, es ist fast drei Meter breit. Trotz der Schwarz-Weiß-Tonalität hat das Werk etwas Lebendiges, das Spiel von Hell und Dunkel verstärkt noch den überwältigenden Eindruck der Dünen. 1585 AUSGABE 1/09 Das ist Burkhards Art der Fotografie: großflächige Bilder von klarer Einfachheit und dennoch großer Tiefe, die den Betrachter nach und nach in ihren Bann ziehen. Licht und Schatten kommen vor allem in der Schwarz-Weiß-Fotografie zur Geltung – „Farben würden da nur ablenken“, ist Burkhard überzeugt. Er sei wenig an Details interessiert, sondern vielmehr an der Essenz des Motivs. Besonders fasziniert hat den Künstler aus Bern auch der Blick auf unsere Welt von oben. Und das nicht nur über Namibias Wüste: Seine Arbeiten aus der Vogelperspektive gehören zu Burkhards bekanntesten Bildern, zum Beispiel seine Luftaufnahmen von Megastädten wie Mexiko City. Art Collection Deutsche Börse Wüste – Namibia, 2000 von Balthasar Burkhard gehört zur Art Collection Deutsche Börse. Diese Sammlung besteht seit zehn Jahren und wächst kontinuierlich – inzwischen umfasst sie etwa 700 überwiegend großformatige Arbeiten von rund 70 internationalen Künstlern. 32_33_d_Guide_RZ 32 04.03.2009 14:29 Uhr Seite 2**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: GUIDE NICHT NORMAL VERTEILT Tomasz Garlinski, Chef der ARB Financial Group, handelt auf Eurex und Xetra und führt uns durch das britische Überseegebiet Gibraltar im Süden Spaniens. Gibraltar Gute Aussichten Tomasz Garlinski liebt den grandiosen Blick: Steile 426 Meter erhebt sich der Kalksteinfelsen zwischen Atlantik und Mittelmeer über die anbrandenden Wellen. Gibraltar hat knapp 30.000 Einwohner auf 6,8 Quadratkilometern, Tendenz durch Landgewinnung steigend. Es hat einen eigenen Flughafen, dessen Startund Landebahn die vierspurige Straße nach Spanien kreuzt. Dort landen Maschinen aus Großbritannien – und die Royal Air Force. Die militärische Bedeutung der Halbinsel hat seit Ende des Kalten Kriegs freilich nachgelassen. Dafür blüht der Tourismus, zumal sich auch die Beziehungen zu Spanien entspannt haben und die Grenzkontrollen beschleunigt wurden. 32_33_d_Guide_RZ 04.03.2009 14:29 Uhr Seite 3**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: GUIDE U nter dem Leuchtturm ragt das Wrack der Fedra aus den Wellen. Der 225 Meter lange Frachter zerschellte vergangenes Jahr im Oktobersturm an den Klippen. „Die Seeleute konnten gerade noch geborgen werden“, weiß Tomasz Garlinski. Er hat uns zur Südspitze Gibraltars gefahren. Afrika ist zu sehen und ganz deutlich eine lange Welle, in der Mittelmeer und Atlantik zusammentreffen. Rund 40 Ozeanriesen ankern vor den beiden Küsten. „Wohl dreimal so viel wie sonst! Die warten auf Aufträge, der Welthandel stagniert“, meint Garlinski. Betriebsam geht es noch auf der Westseite zu: Der Seehafen hier ist die größte Schiffstankstelle des Mittelmeers. Vom Kalksteinfelsen genießt man die beste Aussicht auf Schiffe und beide Meere. Wer per Seilbahn oder Taxi hochfährt oder zu Fuß hinaufsteigt, stößt auf die berühmtesten Bewohner der Insel: 200 bis 300 Makaken leben auf dem Felsen und wagen sich mitunter an die Ostküste hinunter: Die einzige frei lebende Affenkolonie Europas steht unter Naturschutz. Tomasz Garlinski hat Respekt vor den nicht immer possierlichen Tieren, noch mehr aber vor den großen Möwen, die hier ihre Kreise ziehen: „Neulich beim Joggen hat mich eine bis in den Ort verfolgt, die Vögel können wirklich gefährlich sein!“ Fauna und Finanzen Für seine Makaken ist Gibraltar berühmt. Aber nicht nur für sie: Wirtschaftlich ist es vor allem für seine Finanzbranche bekannt. Seit gut zehn Jahren wächst kein Wirtschaftszweig der Halbinsel stärker als sie. Eine ihrer wichtigsten Adressen liegt in einem neuen, dem Meer abgetrotzen Stadtviertel vor der von Kasematten gesäumten Altstadt: Seit 2004 bietet Eurex hier einen Zugangsknoten, den inzwischen mehr als ein halbes Dutzend Teilnehmer nutzen. Entscheidend für die Stärke der Finanzbranche ist das Steuersystem. Erst kürzlich hat ein europäisches Gericht dem Überseeterritorium das Recht auf eine eigene Fiskalpolitik bestätigt. Gibraltar beging das am 12. Januar 2009 sogar mit einem einmaligen Feiertag. Aber für Garlinski ist das britische Überseeterritorium vor allem „der ideale Ort für Arbeit und Leben, englische Gesetze und spanische Lebensfreude“. Er lobt die strenge, aber unbürokratische Financial Services Commission Gibraltars, das schöne Wetter, die freundlichen Menschen aus aller Herren Länder. Kein Wunder, ist er selbst doch ein europäischer Weltbürger: „Mein Geburtsort ist polnisch, mein Pass deutsch, mein Führerschein englisch, und über Holland und die Schweiz kam ich als Eigenhändler nach Gibraltar.“ In seiner Geburtsstadt Breslau besuchte Garlinski nach dem mathematischen Elitegymnasium die Uni und studierte Mathe. Sein zweites Fotos: Markus Altmann f Europas solider Südzipfel: Schifffahrt, Telekommunikation und Tourismus, aber vor allem die Finanzbranche bestimmen Gibraltars Wirtschaft – und Immobilien erzielen hier noch immer Rekordpreise. 1585 AUSGABE 1/09 33 Talent brachte ihn in den Westen: das Tennis. In der Heimat gewann er erst die polnische Juniorenmeisterschaft. Später, Anfang der 80er Jahre, tourte er als Profispieler und Tennislehrer durch Bayern – wo er auch Deutscher Staatsangehöriger wurde. Erst danach wendete er sich seiner eigentlichen Leidenschaft, der Börse, zu und beendete in den frühen 90er Jahren sein Breslauer Studium als einer der Ersten mit dem innovativen Schwerpunkt Finanzmathematik. „Krisen lassen sich nicht vorausberechnen“ Bei aller Vorliebe für die Mathematik hat sich Garlinski jedoch eine gesunde Portion Skepsis gegenüber der eigenen Spezialdisziplin erhalten: Auch sie garantiere nun mal keine Gewinne. „Wellen halten sich nicht immer an die Gaußsche Normalverteilung – weder im Ozean noch auf den Finanzmärkten. Die Formel der Nobelpreisträger Black und Scholes zur Berechnung von Optionspreisen basiert auf Gauß, sie nähert sich der Wahrheit aber eben nur an. Krisen lassen sich nicht vorausberechnen“, sagt der Finanzprofi. „Es ist eben nicht alles immer normal verteilt.“ So hat auch Garlinski das Auf und Ab der letzten Jahre an den Börsen mitgemacht – letztendlich jedoch erfolgreich. Heute betreibt er vor allem Arbitrage-Geschäfte und trägt als Market Maker zur Liquidität der Märkte bei. Das Programm für seinen automatisierten Handel über die standardisierte offene Schnittstelle zur Börse, den VALUES API, läuft jetzt im eigenen Rechenzentrum in Gibraltar. Im Basisgeschäft lebt Garlinski von rechnergestützten Trades auf Eurex und Xetra. Darüber hinaus hat er sein Geschäft auf Asset Management und einen Strategiefonds ausgeweitet. Und die weltweite Finanzkrise? Garlinski gibt sich entgegen allem Pessimismus auf den Märkten zuversichtlich: „Krisen sind für gesunde Märkte ebenso notwendig wie Euphoriewellen.“ Physiker hätten einmal in einer Simulation nachgewiesen, dass ein System ohne jeden Fehler schon bei der kleinsten Krise völlig untergehe. „So gesehen“, betont Garlinski, „sind Krisen langfristig sogar lebensnotwendig.“ 34_d_NiceToHave_RZ 34 03.03.2009 8:34 Uhr Seite 34**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: NICE TO HAVE NICE TO HAVE Mag so manche Modewelle auch nur eine reine Marketinggeburt sein – einige Produkte überdauern immer wieder das Auf und Ab des ewigen In und Out. „1585“ stellt fünf neue Kandidaten vor, die hoffentlich nicht so schnell wieder in der Versenkung verschwinden: Kultig Stylish Auch mit der hippsten Sonnenbrille fällt am Beach niemand mehr auf – mit Gummistiefeln aus dem Hause Gucci aber ganz sicher: Das erste original italienische Schuhdesign, das sogar aggressives Salzwasser aushält. Preis: ca. 220 Euro Internet: www.gucci.com Gestehen Sie! In den 1960er Jahren löste kein deutscher TV-Kommissar einen Fall ohne seine Kaiseridell-Schreibtischlampe. Heute dürfen Designfans gestehen: Die schönste Form der Retrowelle ist auf jeden Fall die Neuauflage dieser originalen Bauhaus-Leuchte. Preis: 599 Euro Internet: www.kaiseridell.com Scharf Dass das Auge mitisst, ist bekannt. Doch der wahre Gourmet achtet schon bei der Zubereitung auf den optisch letzten Schliff: Das handgearbeitete Danubia Hocho Sontoku der Mettener Messerschmiede Dick besticht nicht nur durch besten japanischen Stahl und glanzpolierten Rentierhorngriff, sondern vor allen durch die spektakuläre Wellenstruktur des 64-lagigen Edelstahl Damasts. Preis: 385 Euro Internet: www.dick.biz Leicht Weniger ist mehr, demonstrieren die CarbonEdelräder von Wave Bike: Der True-MonocoqueRahmen bleibt auch in der Serienproduktion bei unter einem Kilo Gewicht – und gern vor der Konkurrenz. Zumindest wenn Top-Triathleten wie Olaf Sabatschus auf ihm sitzen. Preis: ab 3.700 Euro Internet: www.wave-bike.com Formvollendet Fotos: PR So schnittig sieht es aus, wenn die Form optimal der Funktion folgt – sofern sie hinterherkommt: Immerhin schafft die Windy 44 Chinook, Europas Motoryacht 2009 in der Klasse bis 50 Fuß, locker 40 Knoten. Preis: ab ca. 570.000 Euro Internet: www.windyboats.com 03.03.2009 12:37 Uhr Seite 1**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: COFFEIN 00_d_U2U3_RZ DAXplus® Protective Put LevDAX® DAXplus® Covered Call Jede Marktphase braucht ihre Strategie! Lyxor Strategie ETFs Ihre Vorteile durch Exchange Traded Funds (ETFs) - Passive Investment fonds (Sondervermögen) VERREISEN SIE STETS MIT ROBUSTEM GEPÄCK. LYXOR ETF Lyxor ETF DAXplus® Protective Put ISIN WKN Mgmt. Fees p.a. 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Die Fonds bilden jeweils die ihnen zugrunde liegenden Indizes nahezu 1:1 ab. Die vergangene Wertentwicklung stellt keine Garantie für die zukünftige Entwicklung dar. Die jeweiligen Fonds werden von den Sponsoren der Indizes nicht empfohlen, verkauft oder beworben, noch geben die Sponsoren der Indizes sonstige Zusicherungen zu den jeweiligen Fonds ab. Die Sponsoren der hier aufgeführten Indizes geben keinerlei Zusicherungen oder Gewährleistungen in Bezug auf Ergebnisse, die durch die Nutzung ihrer Indizes und/oder der Indexstände an einem bestimmten Tag erzielt wurden, oder in anderer Hinsicht. EVERY CASE TELLS A STORY. 19:51 Uhr Seite 1**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems: 5 Euro 02.03.2009 1/09 00_d_Titel_RZ 1585 Business Journal Deutsche Börse Group Wellen Hier erfahren Sie mehr – www.porsche.de oder Telefon 01805 356 - 911, Fax - 912 (EUR 0,14/min). Eine Chilischote ist auch nur Gemüse. Bis man reingebissen hat. Der neue Boxster S. Wir haben nachgewürzt: die Benzindirekteinspritzung (DFI). DFI spritzt den Kraftstoff direkt und millisekundengenau in den Brennraum ein. Für mehr Leistung und ein höheres Drehmoment. Bei modellabhängig bis zu 15% weniger Verbrauch und bei bis zu 16% weniger CO2-Emissionen. Porsche empfiehlt Kraftstoffverbrauch l/100 km: innerstädtisch 14,1 · außerstädtisch 6,6 · insgesamt 9,4 · CO2-Emission: 221 g/km KONJUNKTUR KRISE KLIMA Erklären lange Wellen die Weltwirtschaft? Wie geht’s weiter, Dr. Doom? Bietet die Erderwärmung auch Chancen?