KoNverSioN der MilitärflächeN iN NeU-UlM - Stadt Neu-Ulm
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KoNverSioN der MilitärflächeN iN NeU-UlM - Stadt Neu-Ulm
Konversion der Militärflächen in Neu-Ulm Strategie. Konzept. Ergebnis. Stadt Neu-Ulm Abteilung Stadtplanung Augsburger Straße 15, 89231 Neu-Ulm Telefon: (0731) 70 50 - 531 Telefax: (0731) 70 50 - 575 [email protected] www.neu-ulm.de Städtebauförderung in Schwaben Von Militärarealen zu vitalen Stadtquartieren. Die städtebauliche Entwicklung auf Neu-Ulmer Konversionsflächen seit 1991. Inhalt 4-5 6 7 8-9 10 - 11 12 - 13 14 - 15 16 - 19 20 21 22 Vorwort Neu-Ulm, die Junge Stadt an der Donau Neu-Ulm in der Region Donau-Iller Neu-Ulm als Garnisonsstadt Neu Ulm nach Abzug des Militärs Stufen des Planungsprozesses Strukturkonzept Projektentwicklung und Bürgerbeteiligung Grundstückskauf und Förderprogramme Ideenwettbewerb Bauleitplanung Erfolgreiche Konversion ehemals militärischer Flächen – Beispiel Wiley Soziale Stadt - Gebiet Vorfeld Nelson-Barracks / Supply Center Landesgartenschau 2008 Bahnkonversion Neu-Ulm 21 3 Gerold Noerenberg Dr. Bernd Weiß, MdL Oberbürgermeister der Stadt Neu-Ulm Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium des Innern Neu-Ulm, die junge und moderne bayerisch-schwäbische Stadt an der Donau, begreift die Auflösung des amerikanischen Militärstandorts als Chance, die Rahmenbedingungen der Stadtentwicklung neu zu definieren. Mehr als vier Jahrzehnte lang wurde die Stadt durch amerikanische Militär- und Kasernengelände geprägt. Seit 1991 wird das ehemalige Kasernenareal Wiley neben dem Nelson-Areal in die stadtplanerisch übergreifenden Überlegungen eingebunden. Insbesondere Wiley-Süd als eigentlicher Wohnschwerpunkt bietet moderne Wohnungsangebote und vielfältige Wohnformen in harmonischer Architektur für bis zu 3.000 Menschen, wobei hohe Wohnqualität eine Wertschätzung findet, garantiert mithin durch grüne Innenhöfe. Ein eigenständiges Stadtteilzentrum ist am entstehen, deren grundlegende Struktur die Auswertung des europaweiten Wettbewerbs EUROPAN7 aufgreift. Ein Marktplatz als Ort für Einkauf, Begegnung und Kommunikation ist vorgesehen. 1994 kann das knapp 80 ha umfassende Wiley-Gelände neben weiteren ehemalig militärisch genutzten Flächen nach einem eineinhalbjährigen kooperativen Bewertungsprozess durch die Stadt vom Bund erworben werden. In unmittelbarem Wohnumfeld werden im Sinne einer positiven Nutzungsmischung innerhalb der vorgelagerten Dienstleistungszeile zahlreiche Arbeitsplätze im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie angeboten. Attraktive Freizeitmöglichkeiten präsentieren sich im groß zügig angelegten zentralen Grünzug mit Spielflächen, Sitzgruppen und intensiv gestalteten Gartenbereichen zur Erholung und im nahe liegenden Sport- und Freizeitpark Wiley-Mitte. Parallel zur Erarbeitung eines Entwicklungskonzepts für die Gesamtstadt wird ein städtebauliches Strukturkonzept beauftragt, das sich mit den Potentialen der Konversions flächen auseinandersetzt. Die städtebauliche Neuordnung der ehemaligen Kaserne Wiley basiert auf dem Plankonzept der Architekten und Stadtplaner Baltin & Partner aus Karls ruhe, deren Vorschläge bei einem bundesweit durchgeführten städtebaulichen Ideenwettbewerb den ersten Preis erhielten. Nach 15 Jahren ist Anlass gegeben, auf das vorbildliche Siedlungsprojekt innerhalb der gesamtstädtischen Entwicklung zu blicken. Die Stadt Neu-Ulm hat diese Zeit genutzt, um auf den neu zur Verfügung stehenden wertvollen innenstadtnahen Flächen ein neues Stadtquartier zu entwickeln. Heute bietet Wiley als Stadtteil für alle eine zukunftsweisende Verknüpfung von Wohnen, Arbeiten und Freizeitmöglichkeiten sowie von kostengünstig bis exklusiv, von single-, familienbis seniorengerecht. Neu-Ulm kann einen Blick zurück werfen auf eine erfolgreiche Konversion der langjährig nur militärisch zugänglicher Flächen. Die frei gegebenen, ehemals im Stadtraum Barriere bildenden Flächenpotentiale wurden genutzt, um die kommunalen und regionalen Standortqualitäten zu erhöhen - insgesamt ein Gewinn für unsere prosperierende Stadt. Das Ziel wurde erreicht, hierbei ein neues Stadtquartier zum Wohlfühlen anbieten zu können. Die vorliegende Schrift gibt einen Einblick der städtebaulichen Ansätze bis zur Umsetzung einer Militärkonversion im Kontext der gesamtstädtischen Entwicklung, visuell begleitet durch zahlreich beeindruckendes Bildmaterial. Nachhaltige Stadtentwicklung ist ein wichtiges strukturpolitisches Ziel der Bayerischen Staatsregierung. Bayern steht für attraktive Kommunen, in denen die Menschen gerne leben und Unternehmen attraktive Standortbedingungen vorfinden. Um den aktuellen Herausforderungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels erfolgreich zu begegnen, müssen wir in die Zukunft unserer Städte investieren. Hier sind alle beteiligten Akteure – Kommunen, Staat, Wirtschaft und Bürger – gefordert, sich zu engagieren. Besonders deutlich wird dies bei der städtebaulichen Neu ordnung und Umnutzung von brach gefallenen Flächen. Eine besonders wichtige und anspruchsvolle Aufgabe ist die Konversion militärischer Liegenschaften in Folge der Strukturreformen der Bundeswehr und der US-Streitkräfte. Mit der Schließung militärischer Standorte geht vielfach ein tiefgreifender Strukturwandel einher, der von den Städten und Gemeinden eine Neuausrichtung ihrer gesamten Stadtund Ortsentwicklungsplanung verlangt. Die Revitalisierung großer Brachflächen ist zudem eine komplexe städtebauliche Aufgabe, die ein hohes Maß an Fachkompetenz und planerischer Vorbereitung, eine professionelle Projektkoordination und einen langen Umsetzungszeitraum erfordert. Angesichts umfangreicher Militär-, Gewerbe-, Industrieund Bahnbrachen in vielen bayerischen Kommunen hat sich die Brachflächenkonversion seit den 1990er Jahren als ein zentrales Aufgabenfeld der Stadtentwicklung und Stadterneuerung herausgebildet. Damit folgen Staat und Kommunen den Vorgaben für einen sparsamen Umgang mit Grund und Boden und dem Vorrang der Innenentwicklung, wie sie heute auch im Baugesetzbuch und im Landesentwicklungsprogramm verankert sind. Auch Neu-Ulm war wie viele bayerische Städte und Gemeinden lange durch Militär- und Kasernenareale geprägt. Mit der Konversionsmaßnahme Wiley kann die Stadt Neu-Ulm nach 15 Jahren intensiver Arbeit heute auf ein sehr erfolgreiches Kapitel ihrer Stadtentwicklung zurückblicken. Auf der ehemaligen Kasernenfläche ist ein neuer Stadtteil mit Fachhochschule, neuen Arbeitsplätzen und einem Wohnquartier mit hoher Lebensqualität entstanden. Die Stadt Neu-Ulm hat die Chancen der Militärkonversion erfolgreich genutzt. Die Konversion Wiley ist in Bayern eines der herausragenden Beispiele für ein erfolgreiches Flächenmanagement auf ehemaligen Militärflächen. Von den Erfahrungen können Kommunen profitieren, die heute vor ähnlichen städtebau lichen Aufgaben stehen. Dr. Bernd Weiß, MdL Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium des Innern Gerold Noerenberg Oberbürgermeister der Stadt Neu-Ulm 4 5 1 Foto: Gerhard Kolb neu-ulm, die Junge Stadt an der Donau Neu-Ulm hat sich seit dem frühen 19. Jahrhundert aus einer kleinen Siedlung auf dem rechten Donauufer entwickelt. Die Einbeziehung in die ab 1842 ringförmig angelegte Bundesfestung Ulm bedeutete einen Entwicklungsschub. Als Rasterstadt, deren Merkmale heute noch in der Innenstadt ablesbar sind, füllte sie das vom Festungsring umschlossene Gelände auf bayerischer Seite nun allmählich aus. Durch die starke Militärpräsenz wurde Neu-Ulm zugleich als Festungsund Garnisonsstadt geprägt. Langsam nur, beschleunigt erst nach dem Zweiten Weltkrieg, vollzog Neu-Ulm den Wandel zur Industriestadt und ent wickelte damit ein neues Selbstverständnis. Das Militär, nun in Gestalt einer amerikanischen Garnison, spielte nach 1945 weiterhin eine wichtige Rolle. Durch die Belegung von innerstädtischen Flächen waren die planerischen Möglich keiten eingeschränkt. Der komplette Rückzug der US-Truppen 1991 wurde von den politisch Verantwortlichen der Stadt daher sogleich als große Chance erkannt, obwohl damit ein gewisser Arbeitsplatz- und Kaufkraftverlust und folgend eine starke finanzielle Anstrengung verbunden war. Neu-Ulm in der Region Donau-Iller Heute ist Neu-Ulm nach Augsburg eine der bedeutendsten Städte in Bayerisch-Schwaben mit guter Wirtschaftsstruktur und wachsenden Bevölkerungszahlen. Neu-Ulm mit etwa 53.000 Einwohnern bildet mit der Stadt Ulm (rund 115.000 Einwohner) das gemeinsame Oberzentrum in der grenzüberschreitenden Region Donau-Iller. An der Entwicklungsachse zwischen München und Stuttgart und überdies an der Schnittstelle der beiden Autobahnen A8 und A7 gelegen, bietet das Oberzentrum nach raumordnungspolitischen Zielvorstellungen einen wichtigen Entlastungsraum für die beiden Verdichtungsgebiete Stuttgart und München. Die günstige Lage macht es nicht nur als Standort für logistische Betriebe, sondern ebenso als Wohnort begehrt. Stuttgart Die bayerische Große Kreisstadt Neu-Ulm und das badenwürttembergische Ulm standen sich in der Vergangenheit oft in einem scharfen Wettbewerb gegenüber, wenn es um die An- oder Umsiedlung von Unternehmen und Firmen ging. A8 Ulm Donau Augsburg Neu-Ulm A7 Darüber hinaus unterhalten Ulm und Neu-Ulm u. a. zusammen eine Touristik GmbH und richten sich nach einem gemeinsamen Verkehrsentwicklungsplan aus. Beide Städte sind eingebettet in den Regionalverband DonauIller, dem Träger der grenzüberschreitenden Regionalplanung, die bereits 1987 zu einem ersten Regionalplan führte. Jenseits der kommunalen Verwaltungen besteht ein dichtes Netzwerk der Zusammenarbeit von Verbänden und Institutionen. 150.000 � A9 A8 � Iller A96 München A8 Seit 1. Januar 2000 ist dies anders. Mit diesem Tag haben die beiden Nachbarstädte den Stadtentwicklungsverband Ulm/Neu-Ulm als grenzüberschreitende Wirtschaftsförderungseinrichtung gegründet. Seine Ziele sind die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, die Nutzung der vorhandenen Flächenentwicklungspotentiale sowie die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen. Bevölkerungsentwicklung 117.233 100.000 92.943 Ulm 71.132 50.000 24.015 0 121.434 103.494 92.701 80.000 A7 � � 6 Die Region Donau-Iller liegt an der Schnittstelle der Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg, genannt nach den beiden sich hier treffenden Flüssen Donau und Iller. Die Regionalplanung übernimmt hier der einzige einstufige grenzüberschreitende Planungsverband, einmalig nicht nur in Bayern und Baden-Württemberg, sondern im gesamten Bundesgebiet. Die Zusammenarbeit bei der Landesentwicklung und über die Regionalplanung in der Region wurde bereits 1973 als ein besonderes Modell durch Staatsvertrag beider Länder beschlossen, um die bereits vorhandene Vernetzung zu festigen und weiter auszubauen. 1950 34.455 1961 41.766 1970 46.264 50.036 52.482 54.850 Neu-Ulm 1987 1999 2008 2026 SAGS, Institut für Sozialplanung, Augsburg 7 1 3 5 2 4 6 7 8 Neu-Ulm als Garnisonsstadt Am 7. Dezember 1951 traf in der früheren Ludendorff-Kaserne, die 1953 in Wiley-Barracks umbenannt wurde, ein erstes Bataillon des 110. Regiments der 28. US-Infanterie-Division ein. Ebenfalls für die US-Army war bereits Monate zuvor die ehemalige Reinhardt-Kaserne geräumt worden, die fortan den Namen Nelson-Barracks trug. Auf Neu-Ulm, auserkoren US-Garnison zu werden, hatte diese durch den Kalten Krieg bedingte Entwicklung sehr einschneidende Auswirkungen. Die Kasernen und ihre Infrastruktur wurden nach und nach ausgebaut, das Dietrich-Filmtheater und Clubs für die Truppenbetreuung eingerichtet. Das Donau-Kasino, das der deutschen Wehrmacht gehörte, wurde bereits 1952 Offizierclub und Wohnheim der US-Armee. Für den Verkehr schwerer US-Fahrzeuge zwischen Ulm und Neu-Ulm wurde 1953 die Ringbrücke – heute Adenauerbrücke – gebaut. An der Ringstraße entstand die „Housing Area“, die im Lauf der Zeit immer wieder erweiterte Wohnsiedlung für US-Angehörige. Die Stärke der Mannschaften und ihrer Familien belief sich mitunter auf über 8000 Personen. Zeitweise machten die in Neu-Ulm stationierten US-Truppen weit mehr als zehn Prozent der Bevölkerung aus. Das gegenseitige Verhältnis verlief nicht ohne Reibungen, letztmals als im Rahmen der Nato-Nachrüstung in der Garnison Pershing-II-Raketen stationiert wurden. Vor dem Haupttor der Wiley-Kaserne kam es zu Sitzblockaden der Friedensbewegung. Eine bis nach Stuttgart reichende Menschenkette erregte 1983 weltweit Aufsehen. Im Zuge der vom amerikanischen Kongress beschlossenen Reduzierung der US-Truppen in Deutschland wurde die US-Garnison in Neu-Ulm im Jahr 1991 vollständig aufgelöst und am 26. Juli 1991 offiziell geschlossen. Das massige Stahltor verschwand, Schlagbaum und Stacheldrahtrollen ebenso. Die Kasernen, die über Jahrzehnte das Stadtbild von Neu-Ulm geprägt hatten, standen damit für eine zivile Um- und Neunutzung zur Verfügung. Gleichzeitig stellte dies die Stadt vor die immense Herausforderung, in Windeseile ihre zukünftige Stadtentwicklung von Grund auf neu über denken zu müssen. 9 Aus stadtplanerischer Perspektive bedeuteten die riesigen Kasernenareale über vier Jahrzehnte eine unüberwindliche Barriere für die Expansion der Stadt nach Süden und somit ein gravierendes Hemmnis in ihrer Entwicklung. 1_Hauptzufahrt Ludendorff Kaserne, 1953 2 _Wiley-Süd: Luftaufnahme, 1990 3_Vorfeld: die ersten Gebäude an der Ringstraße, 1954 4_Wiley-Barracks, 1990 5_Vorfeld: Wohnblöcke und Shopping-Center, 1954 6_Wiley-Barracks, 1975 7_Demonstration in Neu-Ulm, 1983 10 8_Zufahrt South Wiley Barracks, 1991 9_Zufahrt South Wiley Barracks, 1989 10_ehem. Oberbürgermeister Peter Biebl mit Soldaten, 1984 8 9 1 2 neu-Ulm Nach Abzug des Militärs Sechs Flächen mit insgesamt mehr als 140 Hektar, allesamt im Stadtgebiet liegend, wurden durch den Abzug der US-Army aus Neu-Ulm frei; davon die Wiley-Kaserne mit knapp 80 ha, die Nelson-Kaserne mit rund 15 Hektar, das Vorfeld-Wohngebiet mit fast 29 Hektar sowie das US-Versorgungszentrum, das Donau-Kasino und der Landeplatz Schwaighofen mit zusammen etwa 19 Hektar. Nelson- und Wiley-Kaserne lagen in unmittelbarem Anschluss an die Kernstadt. Die größere Wiley-Kaserne war über das US-Wohngebiet an den Glacisgürtel im Süden der Innenstadt angebunden. Die Europastraße teilt Wiley in einen etwa 15 Hektar großen nördlichen Teil, der in die umliegende Bebauung eingebunden ist, und in ein etwa 65 Hektar großes Gelände, das im Süden und Osten an die freie Landschaft angrenzt. In diesem südlichen Teil befanden sich die Pershing-IIRaketen mitsamt der Infrastruktur, locker bebaute Mannschaftsgebäude sowie die Gemeinbedarfs- und Infrastrukturzone. Unmittelbar südlich der Europastraße liegt die Ludwigsvorfeste der historischen Bundesfestung, worin die Amerikaner Freizeiteinrichtung unterhielten. In Nelson und Wiley befanden sich am Ausgangspunkt insgesamt 47 Wohngebäude mit 641 Wohneinheiten, 24 Gebäude für Mannschaften und Offiziere, über 60 technische Gebäude, zwei Waschanlagen für Panzer und schweres Gerät sowie Gemeinbedarfs-, Freizeit- und Versorgungseinrichtungen wie Kirche, Mehrzweckhalle, zwei Sporthallen, ein Wasserwerk, drei Heizwerke, eine Zahnklinik sowie ein Kino. Über 30 ha der Flächen waren versiegelt, davon mehr als die Hälfte mit Betonflächen. 10 Schon 1990, als sich der Abzug bereits abzeichnete, erkannte die Stadt Handlungsbedarf. Es galt, die Übernahme der Planungshoheit vorzubereiten, was aus der Eigentümerposition heraus geschehen sollte, um damit der Grundstücksspekulation vorzubeugen. Aufgrund der traditionell offensiven kommunalen Bodenpolitik war dieser Punkt im kommunalpolitischen Raum nie strittig. Die Wertschöpfung von Grund und Boden sollte in die städtischen Kassen fließen, um damit die unrentablen Kosten der Baureifmachung und der Nachfolgelasten zu decken. 1993 bestanden aus Sicht der Stadt für das weitere Vorgehen mehrere Risikofelder. Befürchtet wurde Konkurrenzdenken unter den einzelnen Stadtteilen, die einer konzeptionellen kommunalen Entwicklungspolitik entgegen stehen könnten. Zu berücksichtigen war ferner der enge Zeitrahmen, um eine geordnete Entwicklung auf den Weg bringen zu können, sowie das Altlastenrisiko. Entsprechende Erkundungen, noch von der Bundesfinanzverwaltung als damaligem Eigentümer vorgenommen, hatten in Teilbereichen geringfügige bis starke Verunreinigungen ergeben. Und nicht zuletzt sahen die Verantwortlichen die Gefahr in unklaren Kompetenzverteilungen. Um diese von vornherein auszuschließen, wurden eine direkt dem Oberbürgermeister unterstellte Projektgruppe eingerichtet und ein US-Sonderausschuss des Stadtrats installiert. Dieser begleitete alle Planungen und war auch beim städtebaulichen Wettbewerb und dessen Weiterentwicklung eingeschaltet. 1_Abzug der Pershing-II-Raketen,1988 2_Wiley-Barracks: Neue Kasernenumzäunung, 1986 11 3 Das Strukturkonzept Ab Januar 1991 erarbeitete das Planungsbüro Gunter Kölz, Stuttgart, ein Planungskonzept mit den Inhalten: 2 Aufgabe der Stadterneuerung war es, in den Konversions flächen den erhaltenswerten Gebäudebestand umzunutzen und die übrigen Grundstücke im Wege des Flächenrecycling für eine Neubebauung aufzubereiten. 1 Stufen des Planungsprozesses Zielvorgaben Bereits vor Bekanntwerden des Truppenabzugs bestand von Seiten der Kommunalpolitik der Wunsch nach einer eigenständigen Antwort des Freistaats Bayern und der Stadt Neu-Ulm auf das baden-württembergische Konzept der Wissenschaftsstadt Ulm, das 1993 bereits mitten in der Umsetzungsphase war. Er deckte sich mit einem Gutachten beider Länder über deren Auswirkungen auf die Raum- und Wirtschaftsstruktur (Schaffer, Genosko, 1992) und einem von Bayern veranlassten Teilgutachten „Hochschulen und Forschungseinrichtungen“ (Geißler, Hannover, 1992), worin einer zu gründenden Fachhochschule Neu-Ulm eine hohe Bedeutung eingeräumt wurde. Angedacht war die Etablierung eines Technologie- und Gründerzentrums und der Aufbau eines regionalen Aus- und Fortbildungszentrums. Dagegen stand die Konversionsmaßnahme Wiley-Süd, das nur locker bebaut war, unter dem Vorzeichen einer Stadterweiterung im Vordergrund, die aus finanziellen und ökologischen Erwägungen relativ rasch umzusetzen war. Existierten hier lediglich – mit Ausnahme des ehemaligen GemeinbedarfBereichs – punktuelle Gebäude, so ging es hier in einem ersten Schritt vor allem um das Freimachen von Flächen und ihre Entsiegelung in großem Umfang. Erste Umsetzungsmaßnahmen Vorrangig stand 1991 der Kauf von Straßenflächen durch die Stadt sowie von 336 Wohnungen mit sofortiger Wiederbelegung durch die städtische NUWOG. Mit dem Bund wurden Mietverträge über einzelne Objekte zum Zweck ihrer interimsweisen Weitervermietung abgeschlossen. Um diese sofort aktivieren zu können, erwarb die Stadt eine Schule, einen Kindergarten und anschließend diverse Infrastrukturgebäude. Weitere Vereinbarungen betrafen Zwischennutzungen für Gebäude, deren Weitervermietung in der Regel auf fünf Jahre befristet wurde. Die Stadt selbst schuf die Voraussetzung für das schnelle Vorgehen, in dem sie frühzeitig eigene Bewertungen vornahm, wobei sie natürlich eine begründete Aussicht auf den Erwerb der Areale hatte. Stadtentwicklungskonzept für die Gesamtstadt unter besonderer Berücksichtigung der Konversionsareale; als Grundlage für die Überarbeitung des Flächennutzungsplans Städtebauliches Strukturkonzept für die US-Areale selbst; mit ersten Aussagen über Nutzungen, Anordnungen und den städtebaulichen Zusammenhang, über den Verkehr, den Freiraum, den Grünbestand, wodurch ein klares städtebauliches Ordnungsprinzip erkennbar sein sollte. Das Strukturkonzept wurde Anfang 1993 vorgelegt, unter Berücksichtigung anzunehmender Bevölkerungs entwicklung mit folgenden Kernaussagen und Ergebnissen: Entwicklung des Wiley-Areals zum neuen Stadtquartier „Südstadt“ Stärkung der Nord-Süd-Stadtachse zwischen Innenstadt und Ludwigsfeld mit struktureller Vernetzung Beachten des Zentralitätsgefüges der Gesamtstadt mit hierarchischer Abstufung entlang der axialen Siedlungsstrukturen Stärkung der Funktion der Innenstadt, keine Konkurrenz durch neue „Südstadt“ Qualitätsverbesserung als primäres Ziel im südlichen Stadtteil ohne wesentlich störendes Gewerbe Schaffen von wichtigen Verknüpfungsqualitäten durch Ausbau des ÖPNV Schaffung dringend benötigten Wohnraums Erhalten und Ergänzen vorhandener Grün- und Freiflächen 1_Wiley-Süd: Luftaufnahme, 1992 2_Wiley-Nord, Vorfeld: Luftaufnahme, 1992 3_Modell „Südstadt“, 1991 4_Modell „Südstadt“, 1991 12 Integration städtebaulicher Ziele in den gemeinsamen Verkehrsentwicklungsplan Ulm/Neu-Ulm Definition stadträumlicher Strukturen mit Schaffung von Stadteingängen 4 Projektentwicklung und Bürgerbeteiligung Wegen der Komplexität des bevorstehenden Bauleitplanverfahrens und in der Absicht, die gesellschaftlichen Gruppen einzubinden und in den politischen Gremien einen möglichst breiten Konsens herzustellen, wurde 1993 eine Projektentwicklung installiert. Ihre Aufgaben: Politikberatung sowie Organisation von Bürgerbeteiligung. Die Stadt Neu-Ulm besaß bereits Erfahrungen mit einer Bürgerwerkstatt aus den Zeiten der Erarbeitung eines Verkehrskonzepts. Erneut wurde ein solcher Beteiligungs prozess im Januar 1995 initiiert, zeitgleich mit der Anfangsphase der Überarbeitung des Wettbewerbsergebnisses. Es entwickelte sich eine überaus fruchtbare öffentliche Diskussion. Ein weiterer positiver Nebeneffekt der Bürgerwerkstatt war, die Voreingenommenheit gegenüber einem ehemals militärisch genutzten Gebiet abzubauen. Bestärkt durch die positiven Erfahrungen aus den bisherigen Bürgerbeteiligungen installierte die Stadt 2001 auf gesamtstädtischer Ebene den „dialog 2015 – Wege einer verantwortungsvollen, bürgerschaftlich getragenen Stadtentwicklung in Neu-Ulm bis 2015“, ebenfalls in der Form eines moderierten Verfahrens. 13 Wiley-Nord ca. 11 ha Staatliche Zuschüsse seit 1992 Vorfeld / Wiley / US-Areale Städtebauförderung: 4,703 Mio Euro 0 2 1 3 Wiley-Mitte ca. 26 ha 4 5 Mio 1992 - 1998 Bayer. Städtebauförderungsprogramm 3 1992Experiment. Wohnungs- u. Städtebau 1996 - 1998EU-Konver 1996 Wohnbauland-Programm seit 1999Bund Länder-Städtebauförderungsprogramm, Teil II: Soziale Stadt Wohnraumförderung: 1,387 Mio Euro Wiley-Süd ca. 42 ha 0 1 Grundstückskauf und Förderprogramme Ohne Förderung durch Bund und Land hätte die Stadt NeuUlm die mit gewaltigen finanziellen Belastungen verbundene Aufgabe kaum bewältigen können. Die Oberziele für das Gebiet waren schon vor dem Erwerb festgelegt worden. Im Februar 1993, Monate vor der Unterzeichnung, war das Projekt der Militärkonversion von Wiley in ein bundesweites Modellvorhaben im Rahmen des Forschungsprogramms „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ aufgenommen worden. 14 Mio Staatliche Zuschüsse seit 1986 Innenstadt Städtebauförderung: 17,386 Mio Euro Sanierungsgebiete I, II.1, II.2, III 2 IDEENWettbewerb 0 In mehreren Etappen gelangte die Stadt Neu-Ulm in den Jahren 1993 und 1994 in den Besitz der ehemaligen militärischen Liegenschaften. In Verhandlungen mit dem Bund hatte man sich auf einen Kaufpreis von 86 Millionen D-Mark einigen können. Darin eingeschlossen war auch die so genannte Elefantensiedlung neben der ehemaligen Nelson-Kaserne, die der Bund in den 50er Jahren für ehemalige Hilfswillige der deutschen Wehrmacht aus der Ukraine und anderen Teilen der Sowjetunion errichtet hatte. 2 1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 seit 1986 Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm, Teil 1 1992 - 2007Bayer. Städtebauförderungsprogramm seit 2005Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm, Teil 2: Soziale Stadt 2009 Konjunkturpaket II Zuschüsse des Landes für Städtebauliche Planungen und Forschungen: 10.000 Euro Wohnungsbauförderung: 1,785 Mio Euro 0 1 2 Mio Die Zuschüsse wurden eingesetzt für städtebauliche Untersuchungen Wettbewerbe und Plangutachten Rahmenpläne und Gutachten Bebauungspläne Freilegung von Grundstücken und Herstellung von Straßen, Plätzen und Brücken Modernisierung und Instandsetzung von Gebäuden Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen Kommunales Förderprogramm und Quartiersfonds Planer, Projektsteuerer und Quartiersmanager 4 2 Bauleitplanung Mio Die vorliegenden Planungen sowie die baulichen Umsetzungen basieren auf dem Ergebnis eines 1994 bundesweit ausgeschriebenen städtebaulichen Ideenwettbewerbs für das Wiley-Areal. Zum Entwurf des Büros Wolfram Baltin + Partner, das den 1. Preis gewann, vermerkte das Preisgericht: „Das städtebauliche Grundgerüst aus Bebauung und Frei räumen in Wiley-Nord und Süd ist schlüssig, der Umgang mit der historischen Bausubstanz in Wiley-Mitte angemessen. Die Freiräume in Wiley-Süd sind bis auf die etwas eng gefassten Innenhöfe gut angeordnet. Die funktionelle und gestalterische Zuordnung von Wiley-Nord zu Vorfeld ist geglückt. Die Ausformung der Wohnquartiere im einzelnen und ihre Zuordnung zu Freibereichen lassen eine gute Wohnqualität erwarten.“ Das Büro wurde 1995 mit der Erstellung einer Rahmenplanung beauftragt, die anschließend die Grundlage zu sämtlichen Bebauungsplänen für dieses Areal bildete. Den Zielsetzungen des Wettbewerbs und der Stadtent wicklungsplanung entsprechend blieb die Dreigliederung des Gebiets Wiley über sämtliche Planungsphasen hinweg erhalten. Um Planungsrecht für das Wiley-Areal vorzubereiten, wurde im Dezember 1995 das Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans eingeleitet. Bereits nach knapp einem Jahr, im November 1996, konnte die Planung abgeschlossen werden und wurde nach der Genehmigungsphase mit Veröffentlichung im Mai 1997 rechtswirksam. Parallel wurden seit Ende 1995 die ersten Bebauungspläne entwickelt. Planungsrecht bestand für den ersten Bauabschnitt der Wohnbebauung in Wiley-Süd im August 1997 und fast zeitgleich für den gewerblichen Teil der angrenzenden Dienstleistungszeile. Rechtskraft erlangte ebenso der erste Bebauungsplan in Wiley-Nord für das Parkhaus im April 1998. Die Bebauungsplanungen wurden konsequent weiter geführt und dabei jeweils dem aktuellen Bedarf an Wohnraum und Wohnformen angepasst. 1_Unterzeichnung Kaufvertrag: ehem. Bundesfinanzminister Theo Waigel und ehem. Oberbürgermeister Peter Biebl, 1993 2_Ergebnis Ideenwettbewerb, 1994 3_Mitglieder des Preisgerichts, 1994 4_Preisgericht Ideenwettbewerb, 1994 15 1991 1991 Arts&Crafts Mehrzweckhalle US Casino EM Club Wiley Club Vorfeld Wiley-Nord 1992 Wiley-Mitte 1992 Parkplatz Dietrich Kino 2009 Hochschule Neu-Ulm 1992 Wohnblöcke 2009 Studentenwohnheim 2009 Wiley-Mitte: Grünflächen auf dem ehemaligen Veranstaltungsgelände der Landesgartenschau 2008: Skateranlage, Blumenrabatten und Spielplatz Dietrich Kino 2009 2009 Erfolgreiche Konversion ehemals militärischer Flächen – Beispiel Wiley Wiley-Mitte Wiley-Nord (ca. 11 ha) wird als ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil gesehen. Die Nutzungsarten erstrecken sich auf Ausund Weiterbildungsstätten, Seniorenwohnanlage, Kinozentrum mit Parkhaus und sonstige gewerbliche Einheiten. Die städtebauliche Aufgabe bestand überwiegend in der Stadterneuerung und dem Freimachen von Flächen, um so Neubaumaßnahmen zu ermöglichen. Bestehende Kasernen gebäude wurden umgenutzt bzw. abgebrochen. Wiley-Süd 2005 wurde ein städtebaulicher Rahmenplan beschlossen und der gesamte Bereich Wiley-Nord sowie das Quartier Vorfeld als Sanierungsgebiet festgelegt. 16 Wiley-Mitte (ca. 26 ha) blieb ganz überwiegend als großer Freiraum erhalten. Er ist weitgehend identisch mit jenen 19 Hektar Fläche, die für die Landesgartenschau 2008 gestaltet wurden und danach der öffentlichen Nutzung überlassen blieben. Darin enthalten ist ein großzügiges Freizeitangebot mit Bolz- und Fußballplatz, Skaterbahn, Kinderspielplatz und Beachvolleyballfeld. Die Entwicklung von Wiley-Mitte wurde mit der Fertigstellung der neuen Gebäude für die Hochschule Neu-Ulm im Herbst 2008 abgeschlossen. Diese war in ihrer Aufbauphase in Bestandsgebäuden untergebracht gewesen Auf den Flächen in Wiley-Mitte befinden sich, angrenzend an die Memminger Straße, bestehende Wohngebäude, die als Studentenwohnungen dienen, Gastronomie (Wiley-Club, ehemals US Casino) und die alte Vorfeste (Vorwerk 13), die ebenfalls gastronomisch genutzt wird. 17 1_Wiley-Süd: Luftaufnahme, 1992 2_Wiley-Süd: Luftaufnahme, 2009 3_Grünzug, Blick nach Süden, 2009 4_Studentwohnheim, 2009 5_Kindergarten Wiley-Süd, 2008 6_Reihenhauszeile, 2002 7_Grünzug, Blick nach Norden, 2009 8_Wohnhaus am Stadtpark 1992 1 Wiley Süd 9_edisoncenter, 2002 10_Wohnungsbau, 2006 2 3 5 7 9 4 6 8 10 Das Gebiet heute gliedert sich bezüglich der Wohnbebauung in drei Bauabschnitte. Seit Juni 1998 sind rund 1500 Wohn einheiten entstanden beziehungsweise im Bau. Bestimmendes Element der räumlichen Gestaltung ist eine U-förmige Hofform, die in zwei- oder vierfacher, einander zugeordneter Wiederholung große, zusammenhängende Hofquartiere schafft und die Möglichkeit zu Modifikationen und flexibler Umsetzung beließ. 18 Entlang der westlichen Grenze wurde parallel zur Haupt verkehrsachse Memminger Straße 2001 das „edisoncenter“ als Dienstleistungszeile mit Lärmschutzfunktion für die angrenzende Wohnbebauung in Kooperation mit dem Projektentwickler Hochtief realisiert. Prägnant für das Gebiet ist die doppelte Baumreihe, die den gesamten Bereich einfasst, und ein großzügig angelegter, mittiger Grünzug, der nach Süden bis zum Stadtteil Ludwigsfeld führt. Er bietet Raum für Spielplätze, weitläufige Spielwiesen, Ruhebereiche und Treffpunkte sowie einen Kindergarten. Geplant ist außerdem im westlichen Bereich, angrenzend an die Dienstleistungszeile, ein Marktplatz als Ort für Einkauf, Begegnung und Kommu nikation. Dieser zentrale Standort wird eine Zentrumsfunktion für das neue Stadtquartier übernehmen. 2009 Vermieden wurden so die Nachteile einer traditionellen Blockstruktur unter Beibehalt eines betont städtischen Siedlungsgefüges. Der halböffentliche Bereich der Höfe erlaubte bis zur privaten Zone der Hausgärten eine großzügige Gestaltung. 1991 Wiley-Süd (ca. 42 ha), das größte Teilgebiet, wurde als eigentlicher Wohnschwerpunkt bestimmt. Da nur relativ locker bebaut, bestand die Notwendigkeit zu einer flächenhaften Entwicklung unter dem Vorzeichen einer Stadterweiterung, die aus finanziellen Gründen relativ rasch umzusetzen war. Erste Maßnahmen waren auch hier das Freimachen von Flächen und ihre Entsiegelung. 1945 Konversion am Beispiel Wiley In Wiley-Süd wurde eine große Bandbreite an Wohnkonzepten umgesetzt, darunter insbesondere Reihenhäuser und Kettenhauszeilen, entlang des Grünzugs Geschosswohnungsbau. 19 1992 1 Nelson-Barracks 4 6 2 3 5 5 Soziale Stadt – Gebiet Vorfeld Das Bund-Länder-Programm Soziale Stadt, in dem bauliche Sanierung und soziale Maßnahmen verschränkt sind, wurde 1999 gestartet, um der zunehmenden sozialen und räumlichen Spaltung in den Städten entgegenzuwirken. Noch im gleichen Jahr wurden das Vorfeld, in dem die städtische NUWOG 1991 336 ehemalige US-Wohnungen übernommen hatte, und ein Teil von Wiley-Nord in das Programm aufgenommen. Die Ziele der Quartierentwicklung: Die Entwicklung des Vorfelds zu einem attraktiven Wohngebiet und die Verbesserung des Images. Die Erhöhung der Chancen von sozial benachteiligten Bewohnern durch Vermittlung von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissen. Die Schaffung von lebendigen, aktiven und stabilen Vereinigungen und die Stärkung von Nachbarschaftsbeziehungen. Um im Stadtquartier möglichst viele Akteure zu gewinnen, die sich an einer positiven Entwicklung im Stadtteil beteiligen wollen, wurde 2002 im Vorfeld ein Stadtteilbüro eingerichtet mit der Aufgabe, die erforderlichen Kontakte aufzubauen und die stadtplanerischen Entwicklungen mit den Interessen der Bürger zu vernetzen. Ein Sportprojekt und das Modell vorhaben IdA („Integration durch Arbeit“) sowie zahlreiche Mikroprojekte konnten gestartet werden. 20 7 Die bauliche Sanierung des Vorfelds Ebenfalls 1999 begann die NUWOG stufenweise mit der Modernisierung ihres im Vorfeld vorhandenen Wohnungs bestandes. Dabei wurden großzügig bemessene Wohnungen bedarfsgerecht umgebaut. Fast die Hälfte der Wohnungen ist mittlerweile barrierefrei und mit Aufzügen erreichbar. Die Gestaltung der Fassaden mit kräftigen Farben ließ ein im wahrsten Sinne des Wortes buntes Siedlungsbild ent stehen. In der Ringstraße erteilte die NUWOG den Auftrag zum Neubau einer Wohnanlage mit 68 Wohnungen, davon 47 barrierefrei, die auf einem ehemaligen Tankstellengrundstück steht. Trotz der umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen sind die Mieten, ohne dass sie der gesetzlichen Sozialbindung unterliegen, günstig geblieben. Nach Abschluss der Maß nahmen 2008 wohnten im Vorfeld etwa 3.000 Menschen aus den unterschiedlichsten Nationen und Kulturkreisen. In der Innenstadt ist die Stadterneuerung bereits seit 1986 im Gange. Die Schaffung des neues Petrusplatzes sowie die Neugestaltung des Rathaus- und des Bahnhofvorplatzes – nun Heiner-Metzger-Platz – sind die einprägsamsten Ergebnisse. Die Schaffung von attraktivem Wohnraum und die Innenhof-Begrünung waren weitere Schwerpunkte. 6 8 NElson-Barracks / Supply-Center Landesgartenschau 2008 Die ehemaligen Kasernenflächen der „Nelson-Barracks“ stellen ein weiteres städtebauliches Entwicklungsgebiet dar. Die vier aus den 1930er Jahren stammenden Kasernen gebäude werden heute nach Umbau u. a. durch Polizei und Finanzamt genutzt, die beide ihre innerstädtischen Gebäude aufgegeben haben. Im südlichen Teil wurde die örtliche Feuerwache installiert. Auf einem Teil der Konversionsflächen wurde die Landes gartenschau 2008 eingerichtet, zu deren Besonderheit die neuartige Gliederung in drei separate Bereiche – Wiley, Vorfeld und Glacis – zählte. Insgesamt knapp 30 ha umfassend, wurden diese jeweils durch Stegbauwerke miteinander verbunden. Diese wiederum sind Bestandteil der „Grünen Brücke“, einer vom Donauufer nach Ludwigsfeld führenden zentralen Achsenverbindung für Radler und Fußgänger. Das Areal des „Supply-Center“ bot Gewerbebetrieben Erweiterungsmöglichkeiten und der Stadt die Gelegenheit zu einer neuen Verkehrserschließung. Eine Restfläche, auf der Bodenverunreinigungen festgestellt wurden, befindet sich noch im Eigentum des Bundes. 1_Vorfeld: die ersten Gebäude an der neu gebauten Ringstraße, 1954 2_Vorfeld: Wohnblöcke, 2009 Zu den besonders nachhaltigen Projekten der Ausstellung zählt außerdem die Schaffung von drei Parkanlagen inmitten der Stadt, die seit Ende der Schau wertvolle Naherholungsgebiete auch für die Bewohner aus weiter entfernt liegenden Quartieren darstellen. Damit hat sich die Landesgartenschau ideal in die Erfordernisse der gesamten Stadt eingefügt und weitere Impulse im Vorfeld und Wiley gesetzt. 3_Vorfeld: Spielanlagen, 2009 4_Vorfeld: Wohnblöcke und Shopping-Center am Allgäuer Ring, 1954 5_Vorfeld: Steg über die Ringstraße, 2009 6_Nelson-Areal: Gebäude der Polizei nach Umbau, 2009 7_Nelson-Areal: Gebäude des Finanzamts nach Umbau, 2009 8_Übersichtsplan der Neu-Ulmer Landesgartenschau, 2008 21 1951 1_Neu-Ulm 21: Luftaufnahme, 2009 US-Garnison wird eingerichtet 2_Das neue Bahnhofsgebäude, 2008 3_Wohnen am Glacis-Park I: Wohnanlage „glacisterrassen“, Stephan Braunfels Architekten, 2008 1991 4_CE im neu gebauten Trog, 2008 5_Wohnen am Glacis-Park II: Städtebaulicher Wettbewerbsentwurf, Kees Christiaanse Architects & Planners, 2008 1993 5_Bahnsteige des neuen Bahnhofs, 2008 6_ntwurf „Glacis-Galerie“, 2008 1994 1 1995 2 1997 1998 1 3 5 Auftragserteilung für städtebauliches Strukturkonzept Schließung der US-Garnison Neu-Ulm Übernahme von 336 ehemaligen US-Wohnungen durch die NUWOG Aufnahme als ein bundesweites, gefördertes Modellvorhaben im Rahmen Forschungsprogramm „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ Schrittweiser Erwerb der Konversionsflächen durch die Stadt vom Bund Auslobung städtebaulicher Ideenwettbewerb Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans Überarbeitung des Entwurfs des Ideenwettbewerbs durch Prof. Wolfram Baltin, Karlsruhe Erste Bebauungspläne für Wiley 1 Mio. Euro EU-Mittel für Gründerzentrum in Wiley-Nord Bürgerwerkstatt Veränderter Flächennutzungsplan rechtswirksam Beginn der Abbrucharbeiten Planungsrecht für 1. Bauabschnitt in Wiley-Süd und den gewerblichen Teil Entwurfsplanungen einzelner Bauabschnitte des zentralen Grünzugs durch Prof. Schmid, Treiber u. Partner, Leonberg Rahmenplan Neu-Ulm 21 (Büro Speer und Partner) 1. Bebauungspan für Wiley-Nord (Parkhaus) Realisierung des 1. Bauabschnitts Wiley-Süd 1999 Beginn der Sanierung in der Vorfeld-Siedlung Realisierung des 2. Bauabschnitts Wiley-Süd 2000 Einrichtung des Informationsbüros der Stadt im früheren Wachgebäude in Wiley Beginn 3. Bauabschnitt Wiley-Süd 2001 2 4 2002 Bahnkonversion Neu-Ulm 21 Das städtebauliche Projekt Neu-Ulm 21, das seit Mitte der 1990er planerisch und seit 2004 baulich Schritt für Schritt umgesetzt wird, hat für die Stadt Neu-Ulm herausragende Bedeutung. Nach Abschluss der Bauarbeiten zur Bahntieferlegung bietet sich nunmehr die Chance, die bisher durch die Bahnanlagen eingeschnürte Innenstadt mit den angrenzenden Stadträumen zu verknüpfen. Ein Flächenpotenzial von 18 Hektar steht nun für urbanes Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Freizeit und Erholung zur Verfügung. Das Gesamtprojekt wurde u. a. mit Mitteln der Städtebauförderung unterstützt. Beginn der Baumaßnahmen für Neu-Ulm 21 6 Einrichtung eines Stadtteilbüros im Vorfeld 1. von 3 Bauabschnitten des edisoncenters in Betrieb Zu den bereits realisierten Bausteinen zählen die tiefergelegten Gleisanlagen, der hochmoderne Tiefbahnhof sowie der neue „Zentrale Umsteigepunkt“. Der zur Innenstadt liegende Teil der freigewordenen Bahnflächen wird mit einem Einkaufscenter („Glacis-Galerie“) überbaut werden, die Fläche südlich steht dem Wohnungsbau zur Verfügung. Eine erste Wohnanlage ist bereits realisiert, für einen weiteren Abschnitt „Wohnen am Glacispark 2“ laufen die Vorbereitungen. Grundlage für das Großprojekt ist der Rahmenplan Neu-Ulm 21 des Büros Albert Speer und Partner aus dem Jahr 1998. Dieser umfasst das Nutzungskonzept für die Teilbereiche und wurde im Zuge der Planungen fortlaufend optimiert. 2004 Auslobung des europaweiten Wettbewerbs EUROPAN 7 für das Stadtteilzentrum 2005 2007 Erstellung der Kindertagesstätte Bebauungsplan „Zentrum Wiley-Süd“ Neubau der Fachhochschule Abschließender Bebauungsplan für Wohnbebauung in Wiley-Süd ÖPNV wird mit der Linie 5 durch Wiley-Süd geführt Rad- und Fußwegverbindung von der Innenstadt bis Ludwigsfeld, Brückenbauwerke über die Ringstraße und Europastraße 2008 Erschließung des letzten Bauabschnittes in Wiley-Süd Landesgartenschau auf einem Teilbereich Impressum: Herausgeber Stadt Neu-Ulm, Gestaltung: Ikons Intermedia Concepts, Text: Thomas Vogel Bildnachweis: Stadtarchiv und Pressestelle Neu-Ulm, Manfred G. Schwellies, Volkmar Könneke, IRACI Visuelle Median, Horst Hörger, Franz-Severin Gässler, IKONS Gefördert mit Zuschüssen aus dem Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ durch die Regierung von Schwaben. 22