Niedersächsischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/200 1
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Niedersächsischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/200 1
Niedersächsischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/200 Gesetzentwurf Der Niedersächsische Ministerpräsident Hannover, den 21. August 1998 An den Herrn Präsidenten des Niedersächsischen Landtages Sehr geehrter Herr Präsident, in der Anlage übersende ich den von der Landesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Übertragung von Zuständigkeiten für die Gewinnung und Verbreitung von amtlichen Verkehrsinformationen sowie für die Anordnung verkehrslenkender Maßnahmen (VILG) nebst Begründung in dreifacher Ausfertigung mit der Bitte, die Beschlußfassung des Landtages herbeizuführen. Federführend ist das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr. Mit dem Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung Gerhard S c h r ö d e r 1 Niedersächsischer Landtag 14. Wahlperiode Entwurf Gesetz zur Übertragung von Zuständigkeiten für die Gewinnung und Verbreitung von amtlichen Verkehrsinformationen sowie für die Anordnung verkehrslenkender Maßnahmen (VILG) §1 Übertragungsermächtigung 1 (1) Die oberste Verkehrsbehörde kann die Zuständigkeit für die Gewinnung und Verbreitung von amtlichen Straßenverkehrsinformationen zum Zweck der Unterrichtung und Warnung der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer sowie zur Lenkung des Straßenverkehrs in diesen Fällen gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) vom 16. November 1970 (BGBl. I S. 1565; 1971 I S. 38), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1654), ganz oder teilweise auf eine 2 andere Stelle übertragen. Ferner kann sie der anderen Stelle weitere damit im Zusammenhang stehende Aufgaben übertragen. (2) Die Übertragung auf einen privaten Träger setzt dessen vorherige Einwilligung voraus. §2 Aufgaben einer Verkehrsleitzentrale, Meldepflichten (1) Die beauftragte Stelle erfüllt die übertragenen Aufgaben im Rahmen einer von ihr zu errichtenden und zu unterhaltenden Verkehrsleitzentrale. (2) Die oberste Verkehrsbehörde legt die örtliche Zuständigkeit der Verkehrsleitzentrale fest. 1 (3) Die Verkehrsleitzentrale sammelt Informationen, die für die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs sowie für seine Lenkung von Bedeutung sein können, wertet diese aus und erstellt ein ständig aktuelles Verkehrslagebild, das sie den Polizei- und Verkehrsbe2 hörden übermittelt. Soweit nicht die zuständigen Straßenverkehrs- oder Polizeibehörden verkehrslagebedingte Anordnungen treffen, hat die Verkehrsleitzentrale auf der Grundlage des Verkehrslagebildes 1. amtliche Warnungen vor akuten Gefahrsituationen im Straßenverkehr zu verbreiten, 2. im Einzelfall vorübergehende amtliche Lenkungsanordnungen zu treffen und 2 Drucksache 14/200 Niedersächsischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/200 3. allgemeine Verkehrsinformationen, sonstige Informationen über die allgemeine Verkehrslage und Lenkungsempfehlungen als amtliche Verkehrsmeldungen zu erstellen und an alle Interessierten zu verbreiten. (4) Die für den Straßenverkehr und den Straßenbau zuständigen Behörden sowie die Polizei stellen der Verkehrsleitzentrale die Informationen, die für die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs von Bedeutung sein können, rechtzeitig zur Verfügung. §3 Pflichten (1) In der Verkehrsleitzentrale dürfen nur Aufgaben wahrgenommen werden, die dem Träger durch die oberste Verkehrsbehörde übertragen worden sind. (2) Die Verkehrsleitzentrale darf nicht als ein auf Gewinn abzielender Geschäftsbetrieb geführt werden. Für sie ist eine gesonderte Erfolgsrechnung durchzuführen. (3) Der Träger der Verkehrsleitzentrale hat das Land von allen Ansprüchen Dritter wegen Schäden freizustellen, die in Ausübung der ihr übertragenen amtlichen Aufgaben verursacht werden. §4 Aufsicht über die Verkehrsleitzentrale (1) Die oberste Verkehrsbehörde übt die Aufsicht über die Verkehrsleitzentrale aus. (2) Zuständige Stelle nach dem Verpflichtungsgesetz vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547), geändert durch § 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942), ist die Leiterin oder der Leiter der Verkehrsleitzentrale. §5 Kosten (1) Die beauftragte Stelle trägt alle mit der Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben anfallenden Kosten. 1 (2) Die Behörden des Landes und der Kommunen stellen der Verkehrsleitzentrale ihre verkehrsrelevanten 2 Informationen unentgeltlich zur Verfügung. Die Verkehrsleitzentrale stellt den Behörden des Landes und der Kommunen die sie betreffenden Straßenverkehrsinfor3 mationen unentgeltlich zur Verfügung. Dritte erhalten nur Warnungen vor akuten Straßenverkehrsgefahren und verkehrslagebedingte Lenkungsanordnungen unentgeltlich. 3 Niedersächsischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/200 1 (3) Für die Weitergabe allgemeiner Straßenverkehrsinformationen an Dritte gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 2 Nr. 3 ist ein Entgelt zu erheben. Die Tarifgestaltung 3 bedarf der Zustimmung durch die Aufsichtsbehörde. Die Einnahmen aus der Verwertung der amtlichen Straßenverkehrsinformationen dürfen ausschließlich für Zwecke der Verkehrsleitzentrale verwendet werden. §6 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft. Begründung A. Allgemeiner Teil 1. Anlaß und Ziele des Gesetzes Zu den Aufgaben der Verkehrsbehörden bei der Durchführung der Straßenverkehrsordnung (StVO) gemäß § 44 Abs. 1 StVO zählt es, durch Erhebung und Auswertung von Informationen über den Straßenverkehr ein Verkehrslagebild zu erstellen. Auf dieser Grundlage sind die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer vor akuten Gefahren zu warnen (Verkehrswarndienst) und ist der Verkehr zu lenken. Diese Maßnahmen sind dem hoheitlichen Aufgabenbereich der Verkehrsbehörden zuzurechnen. Die Verkehrsbehörde kann die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer darüber hinaus aber auch über die sonstige aktuelle Verkehrslage informieren und ihnen Verhaltensempfehlungen geben (Verkehrsinformationsdienst). Insoweit haben ihre Maßnahmen nur den Charakter schlichten Verwaltungshandelns. In der Praxis wurden diese Aufgaben bislang von der Polizei durchgeführt, weil sie aus dem aktuellen Verkehrslagebild heraus die Voraussetzungen für ihr Eingreifen nach § 44 Abs. 2 StVO (Eilfallzuständigkeit) ableitete. Die ständig steigende Datenflut, die notwendige Vernetzung der Verkehrsdaten und das zunehmende Interesse Dritter an staatlich „autorisierten“ Daten bedingen mittlerweile aber einen kontinuierlichen Anpassungsbedarf an Datenverwaltung und Datenbearbeitung, der mit originär polizeilichen Aufgaben kaum noch in Einklang zu bringen ist. Die Polizei muß sich daher künftig verstärkt auf ihre Eilfallzuständigkeit konzentrieren, so daß die Verpflichtung zur Wahrnehmung der allgemeinen Verkehrsinformation und Verkehrslenkung wieder vorrangig den zuständigen Verkehrsbehörden zufällt. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 StVO können die Zuständigkeiten der obersten Landesbehörde und der höheren Verwaltungsbehörde zur Durchführung der StVO jedoch im Einzelfall oder allgemein auf eine andere Stelle übertragen werden. Nach dem Gesetzeswortlaut ist nicht ausgeschlossen, daß dies sowohl staatliche Behörden als auch Private sein können. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen deshalb die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, die Erhebung, Auswertung und Weitergabe von Informationen über den Straßenverkehr einschließlich begrenzter Rechte zur Lenkung des Verkehrs ganz oder teilweise vom Staat auf Private zu übertragen. Denn diese Informationsaufgaben müssen nicht notwendigerweise von staatlicher Seite wahrgenommen werden. Dies zeigt das 4 Niedersächsischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/200 ständig wachsende Dienstleistungsangebot im Bereich der Verkehrstelematik durch Automobilklubs und Mobilfunkbetreiber. Gleiches gilt für Warnhinweise und Lenkungsmaßnahmen auf der Basis eines umfassenden Verkehrslagebildes. Allerdings müssen in diesem Fall die Verkehrsinformationen so miteinander vernetzt und autorisiert sein, daß der staatliche Auftrag zur Erhaltung der Verkehrssicherheit und zur Verkehrslenkung sachgerecht erfüllt und sichergestellt wird. Soweit dabei begrenzte Rechte zur Verkehrslenkung (z.B. vorübergehende Umleitungsanordnungen) und Pflichten zur Warnung vor akuten Verkehrsgefahren (Verkehrswarnmeldungen) – originär hoheitliche Maßnahmen – auf den Privaten übertragen werden, ist daher seine Beleihung mit entsprechenden Kompetenzen (Hoheitsrechten) erforderlich. Der Gesetzentwurf orientiert sich in seiner Struktur an den gesetzlichen Regelungen zur Übertragung hoheitlicher Kompetenzen im Bereich der amtlichen Fahrzeugüberwachung auf Private (Kraftfahrsachverständigengesetz). Er beschränkt sich auf die notwendigen Rahmenbedingungen und überläßt die spezifischen Details der staatlichen Beauftragung. Eine Prüfung im Sinne der Entschließung des Landtages vom 18. 6. 1997 (Drs. 13/3022) hat ergeben, daß keine Vorschriften aus dem mit der beabsichtigten Neuregelung verwandten vorhandenen Gesetzesbestand entbehrlich werden und daß auch eine Befristung der Rechtsvorschrift nicht möglich ist. 2. Anhörungen Im Rahmen der Verbandsbeteiligung sind folgende Stellen angehört worden: – die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens, – NDR Norddeutscher Rundfunk, Hamburg, – ADAC Niedersachsen/Sachsen-Anhalt, – Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen e.V. Die eingegangenen Stellungnahmen erstrecken sich im wesentlichen auf die Kostenregelung in § 5 des Entwurfs (s. u. B. zu § 5). 3. Auswirkungen auf die Umwelt, von frauenpolitischer Bedeutung und auf Schwerbehinderte Die vorgesehenen Regelungen haben keine Auswirkungen auf die Umwelt, von frauenpolitischer Bedeutung und auf Schwerbehinderte. 4. Voraussichtliche Kosten und haushaltsmäßige Auswirkungen Das Land wird sich in den Jahren 1998 bis 2000 mit jährlich 350 000 Deutsche Mark an den Kosten der Verkehrsleitzentrale beteiligen. Die Mittel sind im Nachtrag zum Landeshaushalt 1998 vorgesehen. B. Besonderer Teil Zu § 1 (Übertragungsermächtigung): Mit dieser Vorschrift wird, ausgehend von § 44 Abs.1 Satz 3 StVO, die Rechtsgrundlage dafür geschaffen, daß die oberste Straßenverkehrsbehörde des Landes einen Privaten ganz oder teilweise mit der Gewinnung, Verarbeitung und Verbreitung von Straßenverkehrsinformationen zum Zwecke der amtlichen Unterrichtung der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer über aktuelle Verkehrsgefahren, zum Zweck begrenzter 5 Niedersächsischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/200 notwendiger Lenkungsmaßnahmen sowie zur Information über die allgemeine Verkehrslage beauftragen kann. Es handelt sich um eine reine Zuständigkeitsregelung, der jegliche subjektiv-rechtlichen Elemente fehlen (vgl. VG Hannover, Urteil v. 28. 1. 1997, Az. 5 A 4915/95). Die vorgesehene Einrichtung soll als abstraktes Rechtsgebilde den Namen Verkehrsleitzentrale (VLZ) erhalten. Im Gesetz ist auch die Möglichkeit vorgesehen, der Stelle weitere Aufgaben zu übertragen, die im unmittelbaren Sachzusammenhang mit der Datenerhebung und Datenverbreitung zum Zweck der Verkehrsinformation und -lenkung stehen. Dies kann beispielsweise ein Auftrag zur systematischen statistischen Erhebung und Auswertung des anfallenden Datenmaterials oder die Verbreitung von verkehrsrelevanten Informationen (z.B. nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz – BImschG –) sein. Eine Übertragung auf einen privaten Träger setzt allerdings voraus, daß dieser in die Übertragung einwilligt. Zu § 2 (Aufgaben einer Verkehrsleitzentrale, Meldepflichten): Errichtung Der Auftrag zur Errichtung und Unterhaltung einer VLZ – einschließlich der Übertragung der damit verbundenen Rechte und Pflichten – erfolgt im Rahmen des Organisationsermessens des Staates auf der Grundlage des vorliegenden Gesetzes durch Verwaltungsakt oder im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nach Maßgabe der Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Damit obliegt dem Staat zum einen die freie Auswahl des Auftragnehmers im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung. Zum anderen kann er den Auftrag mit allen erforderlichen Maßgaben und Auflagen versehen. Als notwendiges Korrektiv im Hinblick auf noch fehlende Erfahrungen einerseits und unabsehbare technische sowie sonstige Entwicklungen andererseits kann der Auftrag zeitlich befristet werden. Eine VLZ kann regional oder für das gesamte Land zuständig sein. Dies obliegt der Entscheidung der obersten Verkehrsbehörde. Aus Effektivitätsgründen, zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten sowie zur wirtschaftlichen Absicherung der Investitionen des Beauftragten sollen vom Land für denselben Bereich nicht mehrere Verkehrsleitzentralen errichtet werden. Aufgabe Aufgabe der VLZ ist es, sämtliche Informationen, die für die Sicherheitsbelange des Straßenverkehrs und/oder seine Lenkung von Bedeutung sein könnten, zu sammeln, auszuwerten und der Verwaltung (insbesondere Straßenverkehrsbehörden, Polizei) sowie Dritten – in erster Linie den Rundfunkanstalten zur Weiterverbreitung an die Verkehrsteilnehmer, aber auch kommerziellen Nutzern und sonstigen Interessierten – zur Verfügung zu stellen. Dabei ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen solchen Verkehrsinformationen, die vor akuten Verkehrsgefahren warnen wie Glatteis, Falschfahrern oder Unfällen einschließlich der deshalb notwendigen Lenkungsanordnungen (amtlicher Verkehrswarndienst = VWD), und solchen Informationen, die für den Verkehrsteilnehmer allgemein von Interesse sein könnten wie Staumeldungen ohne besondere Gefahrenlage, Straßensperrungen, Baustellen, verkehrsbehindernde Veranstaltungen etc. (Verkehrsinformationsdienst = VID) einschließlich Lenkungsempfehlungen. Soweit Warnhinweise vor akuten Verkehrsgefahren oder Lenkungsanordnungen abgegeben werden, haben diese hoheitlichen Charakter, da sie unmittelbar Einfluß auf das Verkehrsgeschehen haben. Lenkungsanordnungen und Warnhinweise darf die VLZ nur geben, soweit nicht die (örtlich) zuständigen Straßenverkehrsbehörden oder die im Eilfall zuständige Polizei anlaßbezogene Einzelfallregelungen treffen oder getroffen haben, die in jedem Fall nach § 44 Abs. 2 Satz 2 StVO oder dem Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetz (NGefAG) Vorrang haben. Daher ist eine ständige Kommunikation zwischen VLZ, Verkehrsbehörden und Polizei erforderlich. Daneben darf die VLZ aber auf der Basis des Verkehrslageberichtes auch sonstige amtliche Verkehrsinformationen verbreiten, die für die Verkehrsteilnehmer von Interesse sein 6 Niedersächsischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/200 könnten, einschließlich bestimmter Verhaltensempfehlungen. Die Informationen muß sie an alle interessierten Dritten abgeben. Diese Informationen und Empfehlungen sind dem Bereich des schlichten Verwaltungshandelns zuzurechnen. Im Rahmen der Verbandsbeteiligung hat sich der Norddeutsche Rundfunk dafür eingesetzt, daß durch dieses Gesetz auch die Zuständigkeit für allgemeine Gefahren- und Katastrophenmeldungen in der Weise geregelt wird, daß – wie bisher von der Landesmeldestelle – sämtliche Meldungen über nur eine Stelle weitergeleitet werden. Der NDR verkennt hierbei, daß das Gesetz ausschließlich Regelungen vorsieht, die die Durchführung von Verpflichtungen nach der StVO auf eine andere rechtliche Grundlage stellen. Gegenstand der Neuordnung können und sollen wegen der Ermächtigung in § 44 Abs. 1 Satz 3 StVO und der herausragenden Bedeutung der Verkehrsinformation daher nur verkehrsrelevante Verlautbarungen sein. Allgemeine Gefahren- und Katastrophenmeldungen werden weiterhin an das jeweils zuständige Lagezentrum der Polizei oder direkt an die Landesmeldestelle gegeben und von dort an die Rundfunkanstalten und Private zur weiteren Verbreitung übermittelt. Meldepflichten Die Verpflichtung der Straßenverkehrsbehörden, Straßenbaubehörden und der Polizei zur Meldung der Verkehrsdaten und der verkehrsbehördlichen Anordnungen soll der VLZ die notwendigen Informationen zur Erstellung des umfassenden Verkehrslagebildes verschaffen. Dabei sollen die Informationsverpflichtungen und -möglichkeiten in der Form und in dem Umfang, wie sie jetzt noch gegenüber dem Land (Lagezentrum MI) bestehen, künftig dem privaten Träger der VLZ des Landes zugänglich gemacht werden. Soweit Informationspflichten des nachgeordneten Bereichs bestehen, sind – wie bisher – entsprechende Daten künftig dem privaten Träger auf Kosten des Informationspflichtigen rechtzeitig und unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Nur dann besteht die Gewähr, daß das Verkehrsdatengerüst in der erforderlichen Komplexität erstellt werden kann. Ein bestimmter Weg zur Datenübermittlung wird damit nicht vorgeschrieben. Einzelheiten über Meldungsanlaß und Meldungsumfang werden von der obersten Verkehrsbehörde im Einvernehmen mit der obersten Polizeibehörde festgelegt. Zu § 3 (Pflichten): Aufgabenerfüllung Der Auftrag zur Errichtung einer VLZ kann mit Auflagen verbunden werden, um bestimmte Anforderungen der Verkehrsbehörden an Inhalt und Umfang der Aufgabenerfüllung oder der Polizei zur Sicherstellung ihrer Eilfallzuständigkeit durchzusetzen. Dies gilt z.B. hinsichtlich der Verpflichtung zur gegenseitigen Abstimmung vor der Herausgabe von Warnmeldungen, hinsichtlich der Verpflichtung, bestimmte Informationen herauszugeben oder aber ihre Herausgabe zu unterlassen, oder für den Wunsch zur statistischen Erfassung und Auswertung von Unfallmeldungen. In der VLZ dürfen nur solche Aufgaben wahrgenommen werden, die dem Träger von der obersten Straßenverkehrsbehörde des Landes übertragen worden sind oder künftig im Zusammenhang mit amtlichen Verkehrsinformationen (VWD und VID) noch übertragen werden. Dies können auch sonstige verkehrsrelevante amtliche Verlautbarungen aus dem Bereich der Gefahrenabwehr (z.B. nach NGefAG oder BImSchG) sein. Der Träger der VLZ hat für die Wahrnehmung der Aufgaben als Informationszentrale Mitarbeiter in der erforderlichen Anzahl anzustellen und die notwendigen technischen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Dies bedeutet nicht nur, daß die erforderliche Anzahl von Mitarbeitern – rund um die Uhr – für diese Informationsaufgaben eingesetzt wird, sondern daß diesen auch die sachlich und räumlich erforderlichen Mittel – einschließlich Hardware und Software für die zeitnahe elektronische Erfassung, Auswertung und Verbreitung der amtlichen Verkehrsmeldungen – für ihre Arbeit zur Verfügung gestellt werden. 7 Niedersächsischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/200 Für die Erfüllung der Aufgaben als VLZ müssen eine Leiterin oder ein Leiter sowie eine stellvertretende Leiterin oder ein stellvertretender Leiter bestellt werden, deren Bestätigung sich die Aufsichtsbehörde vorbehält. Damit wird sichergestellt, daß die Leitung der VLZ nur in fachkompetente Hände gelegt wird. Die Leitung der VLZ muß nicht notwendigerweise identisch sein mit der Geschäftsführung des Trägers. Die Leitung der VLZ hat die ordnungsgemäße Erledigung der den Mitarbeitern übertragenen Aufgaben zu überwachen. Dies geschieht auf der Grundlage einer Geschäftsordnung, die von der mit der Unterhaltung der VLZ beauftragten Stelle zu erlassen ist. Diese Geschäftsordnung bedarf der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Gewinnerzielungsverbot Als quasi öffentliche Einrichtung darf die VLZ bei Wahrnehmung ihrer amtlichen Tätigkeit keinen auf Gewinn ausgerichteten Geschäftsbetrieb führen. Andererseits kann der Träger als Wirtschaftsunternehmen nicht in seinem sonstigen Unternehmenszweck, der in der Regel auch in einer Gewinnerzielung liegt, beschnitten werden. Daher muß die VLZ eine – von der Rechnungsführung des Trägers getrennte – gesonderte Gewinn- und Verlustrechnung erstellen, um die Einhaltung dieser Rahmenvorgabe überwachen zu können. Erzielte Überschüsse dürfen ausschließlich für Zwecke der VLZ verwendet werden. Haftung Da sowohl die Warnung vor akuten Verkehrsgefahren als auch Lenkungsanordnungen hoheitliche Maßnahmen sind (s. o.) ist es erforderlich, daß der Träger der VLZ das Land, in dessen Auftrag er tätig wird, von allen Schadensersatzansprüchen freistellt, die im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit gegen das Land erhoben werden könnten. Diese Freistellung hat durch den Abschluß einer Haftpflichtversicherung in ausreichender Höhe zu erfolgen. Die Sach- und Rechtslage ist damit vergleichbar geregelt wie bei der amtlichen Überwachung von Kraftfahrzeugen. Als Amtshaftung ist die Haftung nach Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Zu § 4 (Aufsicht): Aufsichtsbehörde der VLZ ist die oberste Straßenverkehrsbehörde des Landes, das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr. Verpflichtung der Mitarbeiter Die Verpflichtung der in der VLZ tätigen Personen nach den Vorschriften des Verpflichtungsgesetzes soll gemäß § 1 der Verordnung über die Bestimmung der zuständigen Stelle nach § 1 Abs. 4 Nr. 2 des Verpflichtungsgesetzes vom 18. April 1975 (Nds. GVBl. S. 111) durch die Leiterin oder den Leiter der VLZ, deren Verpflichtung durch die oberste Verkehrsbehörde des Landes erfolgen. Geschäftsanweisung Die Aufsichtsbehörde erläßt eine Geschäftsanweisung, die als allgemeine Anweisung für die Durchführung der amtlichen Verkehrsinformationsaufgaben Rahmenregelungen und Maßgaben enthält. An diese Geschäftsanweisung ist die Leitung der VLZ genauso gebunden wie an Einzelweisungen der Aufsichtsbehörde. Sie hat diese intern umzusetzen. Werden die von der Aufsichtsbehörde erteilten fachlichen Weisungen, die für den Betrieb der VLZ maßgeblichen Vorschriften, Auflagen oder Anordnungen nicht befolgt, kann die Aufsichtsbehörde die Bestätigung der Leitung der VLZ widerrufen. Gleiches gilt für den Fall, daß auf Grund anderer Umstände keine Gewähr mehr dafür geboten ist, daß die Leitung ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt. Gründe hierfür können z.B. eine strafrechtliche Verurteilung, mangelnde Kompetenz oder eine längerfristige Erkrankung sein. Kommt der Träger der VLZ seinen Verpflichtungen aus dem Auftrag oder der Geschäftsanweisung nicht nach, kann der Auftrag nach den Vorschriften des VwVfG widerrufen werden. 8 Niedersächsischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/200 Zu § 5 (Kosten): Die beauftragte Stelle hat alle mit der Erhebung, Auswertung und Verbreitung von Straßenverkehrsinformationen anfallenden Kosten grundsätzlich selbst zu tragen. Dies betrifft sowohl die Personal- als auch die Sachkosten und hier in erster Linie die mit der Beschaffung, Auswertung und Verbreitung der Verkehrsinformationen, Warnmeldungen und Lenkungsanordnungen anfallenden Kosten. Auf eine finanzielle Unterstützung durch das Land besteht kein Anspruch. Einzige Ausnahme: Soweit der VLZ für den Straßenverkehr relevante Informationen von Landes- und Kommunalbehörden zur Verfügung gestellt werden, geschieht dies unentgeltlich, d.h. für die Informationen selbst und für ihre Übermittlung von der Behörde zur VLZ besteht keine Kostentragungspflicht der beauftragten Stelle. Die Kosten hierfür tragen die zuständigen Behörden des Landes und der Kommunen – nicht anders, als wenn sie im Rahmen der Berichtspflicht bei Erfüllung von Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis der obersten Verkehrsbehörde berichten würden. Korrespondierend hierzu ist die VLZ jedoch umgekehrt verpflichtet, den Landes- und Kommunalbehörden die ausgewerteten Straßenverkehrsinformationen – soweit diese die jeweilige Behörde betreffen – gleichermaßen unentgeltlich und auf ihre Kosten zur Verfügung zu stellen. Dritten (z. B. Mobilfunkbetreibern, Automobilklubs, Flottenbetreibern) müssen nur jene Informationen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, in denen es um Warnungen vor akuten Straßenverkehrsgefahren sowie verkehrslagebedingte Lenkungsanordnungen oder amtliche Verlautbarungen geht. Soweit andere Straßenverkehrsinformationen allgemeiner Art oder Lenkungsempfehlungen erarbeitet und abgegeben werden (müssen), muß die VLZ hierfür ein Entgelt erheben, um ihre Arbeit zu finanzieren. Denn die VLZ muß insgesamt kostendeckend arbeiten, um die Erfüllung ihrer Aufgaben sicherzustellen. Die hierbei erzielten Einnahmen dürfen dementsprechend ausschließlich für Zwecke der VLZ eingesetzt werden. Die entgeltlichen amtlichen Verkehrsinformationen können auch mit sonstigen – im freiwirtschaftlichen Tätigkeitsbereich des Trägers gesammelten – Verkehrsinformationen (Bahn, Schiff, Flugzeug, ÖPNV, Wetterdaten) verknüpft werden und als „Informationspaket“ an Dritte (kommerzielle Nutzer) abgegeben werden. Auch der dabei auf die amtlichen Straßenverkehrsinformationen entfallende Entgeltanteil ist ausschließlich für Zwecke der VLZ zu verwenden. Die Tarifgestaltung für die entgeltliche Abgabe der Straßenverkehrsinformationen bedarf der Zustimmung durch die Aufsichtsbehörde. Damit soll einerseits sichergestellt werden, daß alle (kommerziellen) Abnehmer von Verkehrsinformationen – wie beim Staat – gleichbehandelt werden, andererseits aber durch ausreichende Erträge die Fortführung der Arbeit der VLZ langfristig sichergestellt wird. Durch die Zweckbindung der Erträge wird insoweit eine „Gewinnausschüttung“ an die Gesellschafter unterbunden und damit der öffentliche Zweck der VLZ unterstrichen. Im Rahmen der Anhörung hat sich die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens gegen die Kostenregelung in § 5 Abs. 2 gewandt, wonach auch die Kommunalbehörden der VLZ ihre verkehrsrelevanten Informationen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen haben. Sie weist darauf hin, daß die beauftragte Stelle nach § 5 Abs. 3 die Möglichkeit hat, die erhaltenen Informationen wirtschaftlich zu nutzen. Es wäre konsequent, wenn sie als privatrechtliche Einrichtung dafür ihrerseits ein Entgelt entrichtete. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß der private Träger der VLZ keine auf Gewinnerzielung ausgerichtete Tätigkeit ausübt, sondern die Einnahmen aus der Verwertung der amtlichen Straßenverkehrsinformationen ausschließlich für Zwecke der VLZ verwenden darf. Im übrigen bestehen die Informationspflichten der Behörden des Landes und der Kommunen auf der Grundlage des Gemeinsamen Runderlasses des Ml und des MW vom 10. Juni 1976 (Nds. MBl. S. 1198) – „Richtlinien für den Verkehrswarndienst 9 Niedersächsischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/200 der Polizei“ – unverändert fort. Sie werden dadurch, daß die Informationen künftig an einen privaten Träger zu geben sind, inhaltlich nicht geändert. Zur Kompensation dieser Informationspflichten ist zudem vorgesehen, daß die Kommunen die sie betreffenden Verkehrsinformationen vom Träger der VLZ unentgeltlich erhalten. Damit dürfte ein hinreichender Interessenausgleich gewährleistet sein. Der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen e. V. hat in seiner Stellungnahme die in § 5 Abs. 3 vorgesehene Entgelterhebung für die Weitergabe allgemeiner Straßenverkehrsinformationen an Dritte beanstandet. Er befürchtet, daß die Entgeltlichkeit dieser Informationen erhebliche Auswirkungen auf den freien und sicheren Verkehrsfluß haben wird. Der Verband verkennt hierbei, daß die weiterhin unentgeltlich abzugebenden Warnmeldungen und vorübergehenden amtlichen Lenkungsanordnungen als notwendige Maßnahmen der Gefahrenabwehr gerade dem Zweck dienen, die von ihm befürchteten Verkehrsverhältnisse zu verhindern. Nur soweit darüber hinaus allgemeine Verkehrsinformationen zur Verfügung stehen (die etwa bei besonderen Interessenlagen von Bedeutung sein können), wird ihre Verbreitung als marktfähige Dienstleistung angesehen, deren Entgeltlichkeit der Finanzierung der abgebenden Stelle dient. Dem Verband bleibt es im übrigen unbenommen, sich an der privaten Trägergesellschaft zu beteiligen, besondere Konditionen für die Abnahme allgemeiner Straßenverkehrsinformationen zur Weitergabe an seine Mitglieder zu vereinbaren und als mögliche Kompensation auch eigene Dienstleistungen einzubringen, z. B. Staumeldungen von Fahrzeugführern ausgewählter Mitgliedsbetriebe. Der Norddeutsche Rundfunk setzt sich – unter Berufung auf seine Informationspflicht als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt – gleichfalls dafür ein, entgegen § 5 Abs. 3 auch die allgemeinen Straßenverkehrsinformationen unentgeltlich zu erhalten. Dieses Anliegen ist auch unter dem geltend gemachten Aspekt abzulehnen. Unentgeltlich ist lediglich die Ausstrahlung von Verkehrsinformationen an alle Verkehrsteilnehmer nach Maßgabe der Richtlinien für den Verkehrswarndienst. Alle darüber hinausgehenden Informationen sind als freiwillige Dienstleistung anzusehen, die zu bezahlen sind. 10 (Ausgegeben am 11. September 1998)