Anstoss 2-05 B.qxd
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April 2005 Die Zeitung Erscheinungsort Wien des Vereins „ZUM EUR 0,50 A LT E N EISEN?“ e . V. April 2005 EDITORIAL Lieber Freunde, ie Arbeitslosenquote im gesamten Bundesgebiet für das Monat März 2005 betrug 272.634 Personen. Dazu kommen 51.377 Personen die sich in diversen „Schulungen“ befanden. Es ist mir nicht gelungen Statistiken ausfindig zu machen, welche zeigen würden wie viele der „Schulungen“ tatsächliche Qualifizierungskurse und wie viele reine Disziplinierungsmaßnahmen waren. Was jedoch den Zahlen gegenüber stand, waren 25.376 als offen gemeldete Stellen. (Quelle: Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit.) Die gleiche Quelle informiert uns: „EUROSTAT weist Ende Februar 2005 für Österreich eine Arbeitslosenquote von 4,6%. aufweist. Die Fortschreibung durch das AMS ergibt für März ebenfalls 4,6%. Österreich liegt damit im internationalen Vergleich nach wie vor sehr günstig.“ Also, liebe 324.011 Mitbetroffene - die Statistiken zeigen, dass es uns eigentlich noch immer sehr gut geht, denn „die durchschnittlicher Dauer einer Arbeitslosigkeitsepisode lag Ende März 2005 bei 104 Tagen.“ „Episode“ - ein schönes aus dem Griechischen stammende Wort, kann auch als „kurzzeitig, nebensächlich“ verstanden werden. (Wahrig - Deutsches Wörterbuch). Nur die Betroffenen selbst, ihre Familien und ihre Freunde wissen, dass sich dahinter menschliche Schicksale verbergen. Wahre seelische Tragödien, gesundheitliche Probleme, fortschreitende Verarmung ganzer Gesellschaften. Ein mir bekannter Vertreter einer Wirtschaftsorganisation hat mir mal gesagt, dass „die Arbeitslosen nicht den Verlust ihre Arbeit, sondern den Verlust ihres Einkommens bedauern“. No na! In dem derzeit herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftlichensystem haben nur die Arbeitenden das Recht auf ein würdiges Leben. Die Frage ist, wie lange werden wir - die Betroffenen - uns diese Entmündigung noch gefallen lassen? Was muss noch passieren, damit die Betroffeneninitiativen wie z.B. die unsere, über einen regen Zulauf von Mitgliedern endlich als Gesprächspartner für die Entscheidungsträger akzeptiert werden? Wie mobilisieren wir die stetig wachsenden Scha- D 2 ren der Erwerbslosen, endlich einen Standpunkt zu beziehen? Wie machen wir die Gesellschaft auf die Problematik der globalisierten Wirtschaft, deren Schattenseiten und die Notwendigkeit eine solidarischen Miteinander aufmerksam? Wer glaubt noch an die Märchen der Vollbeschäftigung? Für die Dumpinglöhne auf den Arbeitsmärkten der westlichen Welt kann man nicht die Armen im Osten, in Asien oder sonst wo machen! Hier möchte ich aus dem Buch „Asoziale Marktwirtschaft“, Untertitel „Insider aus der Politik & Wirtschaft enthüllen, wie die Konzerne den Staat ausplündern“ von Hans Weiss/Ernst Schmiederer, die ich wärmstens empfehle, zitieren: „Der Staat holt sich die Einnahmen in erster Linie von denen, die sich am wenigsten wehren können. Je weniger die großen Unternehmen und die Vermögenden Steuern zahlen, desto höher wird die Abgabenlast für Lohnabhängiger und kleine Unternehmen.“ Und weiter: „Zusammenschlüsse und Firmenaufkäufe sind die beste Möglichkeit, um über einen längeren Zeitraum hinweg Gewinne und Verluste nach Belieben zu manipulieren. Alle vergangenen Fehler des Managements können in einem ’großen Bad’ entfernt werden. Es kann auch dazu benützt werden, Umsätze und Gewinne künstlich aufzublähen.“ Keine Anzahl von Disziplinierungsmaßnahmen kann neue Arbeitsplätze kreieren. Wozu also dieser künstliche Nebel mit z.B.: „Das AMS kann angeblich zur Überprüfung der Arbeitsfähigkeit alles tun. Es gibt da keine freie Arztwahl mehr, und die Damen und Herren Psychologen dürfen alle Krankheiten bewerten und nach Lust und Laune das Problem der Arbeitslosigkeit individualisieren.“ Zitat AK: „Falls das Sozialamt dann eine Sperre der Geldleistung vornimmt, können Sie eine Berufung bei der MA15 einbringen, das ist ihre einzige rechtliche Möglichkeit“. Wohin diese Berufung geschickt werden kann, ist aber selbst für Leute, die beruflich mit dieser Materie arbeiten, verwirrend und nicht leicht durchschaubar! „. . . Dieses Recht haben Sie“, meint trocken der AK-ler der „Abteilung Arbeitsmarkt“, ohne irgendeine Unterstützung oder gar Rechtsvertretung anzubieten.“ (Quelle: http://at.indymedia.org/newswire/display/53455). Denken wir also vor und nicht nach! K. Landa April 2005 THEMA Die besonders geringe Arbeitslosigkeit in Österreich oder Die Enttarnung eines Märchens vom Herrn Arbeitsminister Dr. Bartenstein Teil 3 der leider unendlichen Geschichte D ie Zahl der Erwerbsarbeitslosen steigt von Monat zu Monat; auch Erwerbstätige fürchten immer mehr die Verarmung und den sozialen Abstieg durch den Verlust ihrer Erwerbsarbeit. Laut einer Spectra-Studie 1 bangen bereits 600.000 Erwerbstätige um Ihren Broterwerb und sind damit weniger produktiv tätig. Zusätzlich sind 312.000 Menschen erwerbsarbeitslos gemeldet und weitere 45.000 in den berühmt-berüchtigten AMSKursen, über die wir noch berichten werden. Das macht in Summe fast eine Mio. Österreicher (oder ein Achtel der Bevölkerung), die sich berechtigte Sorgen um ihr wirtschaftliches Überleben machen. Das AMS hat 2004 550 Millionen Euro (!) Abgang erwirtschaftet, d.h. die Arbeitslosenversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber mussten aus anderen Steuermitteln ergänzt werden! 2 Die Erwerbsarbeitslosigkeit, die an sich ein Zeichen eines kranken Wirtschaftssystems ist (Menschen werden völlig unzureichend - dafür bezahlt, dass sie keiner Erwerbsarbeit nachgehen!), kostet der österreichischen Volkswirtschaft 5,6 Milliarden Euro jährlich (!)3 und somit mehr, als das Budgetdefizit ausmacht. „Es ist eine immense Vergeudung von Ressourcen und demotivierend für alle Betroffenen“, kommentiert Wolfgang Alteneder von Synthesis die aktuelle Lage.“ 4 Was tut der politisch für diese krasse Fehlentwicklung Verantwortliche, Herr Bundesminister Dr. Bartenstein? • um die Jobsuche effizienter zu machen, sollen zusätzlich 400 Planstellen [beim AMS] zu Kundenbetreuung geschaffen werden5 (ob diese 400 Planstellen tatsächlich Arbeitsplätze für die Erwerbsarbeitslosen schaffen werden, ist offenbar nicht Gegenstand des Konzeptes, Anm. des Verf.). • durch interne Umschichtungen und durch die Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit der AMS-Mitarbeiter von 37,5 auf 38,5 Wochenstunden (ein Vorschlag der Wirtschaftsvertreter im sozialpartnerschaftlich besetzten Verwaltungs- rat des AMS), soll der Mehrbedarf an Personal auf 80 Planstellen gedrückt werden 6 (was die neoliberale Aussage, dass Arbeitszeitverlängerung Arbeitsplätze schafft, klar WIDERLEGT!). • die Notstandshilfe wird nun doch nicht auf die Sozialhilfe gekürzt! 7 Hier scheint die krasse Ablehnung der deutschen „Reformen“ (sprich armutserhöhenden Verschlechterungen) namens Hartz I bis IV doch zu einem Umdenken geführt zu haben, denn vor einem Jahr war auf der Netz-Hauptseite des BMWA noch links oben als wichtigste Maßnahme des Herrn „Arbeits“-Ministers die Überführung der Notstandshilfe in die Sozialhilfe zu lesen! Nun liest sich das streichelweich als „Notstandshilfe ist ein schreckliches Wort“! 8 Das neoliberale Herz des Herrn Bundesministers wird wohl innerlich verblutet sein, bedeutet diese Aussage doch eine Mehrausgabe von 240 Mio. Euro, die den Ärmsten der Armen zugute kommen! 9 • ganz im Sinne des herrschenden Neoliberalismus zerstreut Herr Marterbauer vom WIFO allzu große Hoffnungen auf die Verringerung der Erwerbsarbeitslosigkeit. „Wir brauchen sicher drei, vier Jahre lang ein [Wirtschafts-] Wachstum von rund 3 %, um den hohen Stock an Arbeitslosen abzubauen“ 10. (woher dieses Wirtschaftswachstum kommen soll, weiß auch der nicht, der es wissen sollte, nämlich der Herr Wirtschaftsminister! Anm. d. Verf.). • 45.000 Erwerbsarbeitslose werden (aus statistischen Gründen, da sie dann nicht mehr als arbeitslos zählen) in Kurse gesteckt, die qualitativ immer schlechter werden, denn „um 13,- bis 16,- Euro/Std. bekommen sie keinen guten Trainer“ 11 und „bfi und WIFI streiken gegen das AMS-Preisdumping“ 12. Das AMS verordnet also Kurse, die immer unbrauchbarer werden, an immer mehr Erwerbsarbeitslose, denen damit nicht geholfen wird, an immer weniger Unternehmen, die ihre Trainer noch schlechter bezahlen können! Wahrlich ein Todeskreislauf! Die wahren Ursachen dieser Entwicklung sind: Angesichts dieser unglaublichen Konzeptlosigkeit ist der Bürger und ganz besonders der Betroffene völlig sprachlos! • Sozialdumping durch die Verlagerung von Produktionen und Dienstleistungen in schlecht entwickelte Länder, die im „globalen Wettbewerb“ eben „billiger“ anbieten müssen und daher ihren Einwohnern keinen Wohlstand und keine Sozialleistungen bieten. • Umweltdumping durch die Verlagerung von Produktionen und Dienstleistungen in schlecht entwickelte Länder, die sich Umweltschutz kostenmäßig nicht leisten können und daher die Erzeugnisse herstellen bzw. die Dienstleistungen erbringen, die in der EU gesetzlich nicht mehr herstell- und erbringbar sind, jedoch zollfrei eingeführt werden dürfen. • Steuerdumping durch die größeren Unternehmungen und die wohlhabenden Bürger, denen es leicht fällt, ihr Kapital völlig legal ins Ausland zu bringen und dort - wenn überhaupt - sehr günstig zu versteuern. • Sozialbeitragsdumping durch die Höchstbeitragsgrundlage von € 50.820 jährlich; bis zu dieser Grenze zahlt jeder Mitbürger Sozialversicherungsbeiträge; alle Einkommen über dieser Grenze zahlen keine Sozialversicherungsbeiträge mehr! Falls Sie mit uns angesichts dieser unglaublichen wirtschaftlichen Fehlentwicklung über unser Konzept des GRUNDEINKOMMENS FÜR ALLE diskutieren wollen, laden wir Sie herzlich zu unseren Donnerstags-Treffen ein! /bs 01 „Wirtschaftsblatt“ vom 22.2.05 02 „Wirtschaftsblatt“ vom 17.2.05 03 „Wirtschaftsblatt“ vom 10.2.05 04 ebenda 05 „Wirtschaftsblatt“ vom 17.2.05 06 ebenda 07 „Kurier“ vom 5.2.05 08 ebenda 09 durchschnittliche Notstandshilfe etwa EUR 500/Monat; EUR 200,-/Monat mal 12 Monate ergibt je Betroffenem EUR 2.400,-/Jahr an geringerer Armut; mal 100.000 Langzeiterwerbsarbeitslosen ergibt o.a. Betrag 10 „Wirtschaftsblatt“ vom 9.2.05 11 „Wirtschaftsblatt“ vom 26.3.05 12 ebenda 3 ERLEBNISWELT April 2005 „Wer nicht erlebt hat, was uns widerfährt, der wird es nicht glauben.“ Dieser Satz, gefallen in einer Diskussion von Langzeitarbeitslosen, war für mich der Auslöser, diesen Bericht zu schreiben. In ihm sind die Erfahrungen einer ganzen Reihe von Personen, einschließlich von mir selbst, verarbeitet. Ich räume gerne ein, dass der eine oder die andere, vor allem wenn der Kontakt mit dem Arbeitsmarktservice (AMS) nur kurz war, Erfreulicheres erlebt hat, als hier dokumentiert ist. Trotzdem sind es authentische Berichte, die nicht wegdiskutiert werden können. SYMBOLFOTOS:FOTOSTUDIO HASLINGER I 4 m öffentlichen, politischen Diskurs ist die soziale Erfahrung der Arbeitslosen mit dem AMS weitgehend ausgeschlossen. Dass gewisse Kreise Interesse haben, Zerrbilder über Arbeitslose in Umlauf zu setzten, versteht sich von selbst. Aber auch bei linken und kritischen politischen Kräften, die die Arbeitslosigkeit ehrlich als echtes Problem, und nicht als probates Mittel, Druck auf die noch Arbeitsplatzbesitzenden auszuüben, auffassen, fehlt oft jedes Wissen um die Vorgänge im AMS. Immerhin ist das AMS eine Institution, die das Lebensschicksal von über einer viertel Million Menschen verwaltet. Es ist eine Sache, sich Gedanken über die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu machen, politische Vorschläge zu entwickeln oder Maßnahmen vorzuschlagen. Eine andere Sache ist es, die Politik des AMS unter die Lupe zu nehmen. Hier herrscht auch bei linken und oppositionellen Funktionären oft blankes Unwissen und völlige Ahnungslosigkeit, was eigentlich hinter den geschlossenen Türen der Beratungszimmer geschieht. Irgendwie scheint der Irrglaube verbreitet zu sein, dass AMS würde halt offene Stellen vermitteln, ansonsten Arbeitslose durch Schulungen weiterbilden. Und, so wird unausgesprochen hinzugefügt, was sei daran schon so problematisch. Die Kri- tik bezieht sich in der Regel allein auf den Punkt, dass die Kursmaßnahmen die Arbeitslosenstatistik verfälschen würde. Diese Sichtweise ist nicht nur bis zu Lächerlichkeit verkürzt, sie zeigt vor allem den Ausschluss der sozialen Erfahrung. Wer so denkt, hat seit Jahrzehnten kein Arbeitsamt als Betroffener betreten. Ohne Bezug auf die soziale Erfahrung wird ein steriler, von allem Erleben gereinigter politischer Diskurs über die Arbeitslosigkeit geführt, in dem die wirklichen Menschen, ihre Erlebnisse, Befürchtungen und Ängste nicht mehr vorkommen. Wer arbeitslos ist, ist stigmatisiert. Man steht im Schatten von Arbeitsunwilligkeit, Schmarotzertum und persönlicher Unfähigkeit. Und wer arbeitslos ist, kennt das aus seinem Alltag ganz genau. Doch der soziale Ort, an dem sich die Abwertung konkret und mit praktischen Konsequenzen vollzieht, ist die Institution AMS. Wer über Arbeitslosigkeit spricht ohne das AMS mit einzubeziehen, verliert an Glaubwürdigkeit. „. . . den Fuß in der Türe . . .“ Wer Räume des Arbeitsmarktservices betritt, ist von eine Flut von Plakaten und Broschüren umgeben, in denen „Kundenorientiertheit“ und „Problemlösungskompetenz“ signalisiert werden. In wohlwollender, ja salbungsvoller Sprache ist von „Hilfestellung“, „Unterstützung“ und „sinnvollen Maßnahmen“ die Rede. Sobald sich die Türe des Beratungszimmers geschlossen hat und man dem Betreuer alleine gegenüber sitzt, sehen die Dinge bald ganz anders aus. Was nun ver- handelt wird, sind nicht ein paar hundert Euro im Monat, ist nicht die Suche nach einem sinnvollen Arbeitsplatz, sondern die Durchsetzung eines perfides Kalküls, das man zuerst gar nicht recht glauben kann. Tatsache ist: Das AMS kann keine Arbeitsplätze anbieten, die der Ausbildung, der Berufserfahrung, dem Interesse und der Motivation der Arbeitsuchenden entsprechen - und die Beamten wissen das auch. Je länger man arbeitslos ist, desto klarer erkennt mensch, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen offenbar einen anderen Zweck erfüllen, als jenen, den die Hochglanzprospekte suggerieren. Als erster Schritt wird unmissverständlich klar gemacht, dass der Arbeitsplatz nach Wunsch eine Illusion sei, die man sich rasch abzuschminken hätte. Nach und nach zeichnet sich das eigentliche Kalkül der Gespräche, Vorschläge und Maßnahmen ab, die einem unbefangenen Beobachter als nicht zielführend, ja unsinnig erscheinen müssen. Die Arbeitsuchenden sollen dazu gebracht werden, jedes Kriterium für die Arbeitsplatzwahl, jeden Anspruch, jeden Wunsch nach einem bestimmten Arbeitsplatz aufzugeben und dem Credo beizupflichten, jeder Arbeitsplatz, sei er noch so mies, schlecht bezahlt und weit vom Wohnort entfernt, sei besser als gar keiner. Darum kreist die sogenannte „Betreuung“ durch die Beamten des AMS in Wirklichkeit. Widerspruch und Einwände werden nicht geduldet. Wer keine Einsicht zeigt, dem drohen Sanktionen. Ein beliebtes Mittel, Arbeitslose zu schikanieren, sind Kurse. Bei diesen Kursen geht es immer weniger um Vermittlung von beruflichen Qualifikationen, sondern um die Indoktrination marktkonformener Weltanschauungen, schlicht um Gehirnwäsche. Vor dem Hintergrund primitivster neoliberaler Positionen soll dem Arbeitsuchenden eingetrichtert werden, dass sein Schicksal einzig und allein in seinen Händen liegt. Wer April 2005 zu äußern wagt, dass das Problem der Arbeitslosigkeit auf gesellschaftlicher Ebene bekämpft werden muss, wird automatisch zum Querulanten und dokumentiert damit seine heimliche Arbeitsunwilligkeit. Mit subtilen Methoden wird den Arbeitslosen eingehämmert, sie müssten erkennen, dass sie eigentlich von der Gesellschaft durchgefütterte Problemfälle seien. Freilich ertönt auch die frohe Botschaft: „Wichtig ist, den Fuß in der Türe zu haben“. Das heißt im Klartext: Irgend ein Job, sei er noch so übel und miserabel bezahlt, sei besser als gar keiner . . . „Notwendige Dequalifikation“ Als besondere Pikanterie am Rande muss erwähnt werden, wer und zu welchen Bedingungen diese Kurse hält. Oft sind es selbst Langzeitarbeitslose, die, auf Basis von Werkverträgen, Arbeitslosen erklären sollen, wie sie ihrem Schicksal entrinnen können. Ich kenne einige Personen, bei denen es sich im letzten Moment entschieden hat, ob sie den selben Kurs leiten oder ihn konsumieren müssen. Ablehnung von Kursen zieht die Streichung des Bezugs für einige Wochen nach sich; damit wird auch ganz offen gedroht. Qualifizierte Personen, die den Berufsschutz verloren haben, werden ohne Debatte an die absurdesten Stellen vermittelt. „Notwendige Dequalifikation, um die Chancen am Arbeitsmarkt zu erhöhen“ lautet die offizielle Sprachregelung - praktisch bedeutet dies die völlige Ignoranz gegenüber den Fähigkeiten, Interessen, ja der Persönlichkeit des Arbeitsuchenden. Die Rücksichtslosigkeit und Brutalität des Vorgehens kann am besten an Beispielen demonstriert werden. Einer ausgebildeten und preisgekrönten Musikerin und Komponistin wurde ungerührt die Stelle einer Regalbetreuerin in einem Supermarkt angeboten, einem langjährigen Universitäts-Lektor eine Kellnerstelle in Baden, trotz seines Wohnorts in Wien. Einem ausgebildeten Tischler eine Stelle als Abwäscher, inklusive ein täglicher Arbeitsweg von drei Stunden. Diese Beispiele sind keine Einzelfälle und könnten beliebig verlängert werden. Geäußerte Bedenken, die angebotene Arbeitsstelle würde ja nicht im Geringsten der eigenen Person entsprechen, werden zynisch mit dem Hinweis auf zu leistende Flexibilität und der Drohung mit Bezugsstreichung quittiert. Argumente, die Annahme einer besonders unqualifizierten Tätigkeit würde das Resultat jahrelanger Ausbildung in Frage stellen und in weiterer Zukunft das ERLEBNISWELT Erreichen einer entsprechenden Tätigkeit nachhaltig gefährden, werden als Widerspenstigkeit und Arbeitsunwilligkeit ausgelegt. Unmissverständlich wird das Aufgeben seiner eigenen Geschichte, seiner Fähigkeiten, seiner sozialen Identität gefordert. Diese gängige Praxis betrifft alle sozialen Gruppen, Männer wie Frauen. Indem blindwütig Menschen an offene Stellen vermittelt werden, die auf sie passt wie die berühmte Faust auf das Auge, muss bei den potentiellen Arbeitgebern und in Folge in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen, Arbeitslose seien an Anstellungen gar nicht interessiert. Das wiederum hat zur Folge, dass Arbeitgeber, die engagierte und interessierte Personen suchen, offene Stellen den Arbeitsämtern nicht melden. Durch die Vermittlungspraxis des AMS finden sich letztlich nur Jobs im Angebot, die, höflich ausgedrückt, nicht wirklich arbeitsmarktfähig sind. Nur wer diesen Mechanismus kennt, weiß, warum die Zuweisung von Vorstellungsterminen de facto konterproduktiv und als Schikane zu werten ist. Es wäre naiv zu glauben, das AMS wüsste das alles nicht. Ebenso ist die praktische Erfolglosigkeit diverser Kursmaß- nahmen bekannt. Die in der Öffentlichkeit immer wieder geäußerte Meinung, die Kurse seien dazu da, die Statistik zu beschönigen, ist eben nur die halbe Wahrheit. Auch wenn die Maßnahmen keineswegs dazu führen, Personen an sinnvolle Arbeitsplätze zu vermitteln, sie haben durchaus einen Sinn. Nämlich das Individuum so lange weich zu klopfen, bis es bereit ist, wirklich jede Arbeit zu allen Bedingungen anzunehmen. Wirtschaft, was wünschst du dir mehr! Der Sinn dieser an sich sinnlosen Befehle ist es, die Arbeitslosen ständig auf Trab zu halten mit dem Kalkül, irgendwann wird sich der Arbeitslose vom Bezug abmelden und nicht mehr in der Statistik aufscheinen, egal wie, egal welchen Job er irgendwo organisiert. Beliebt ist auch die Ermunterung, sich „selbständig“ zu machen, das heißt fast immer ohne notwendiges Kapital und Erfahrung, freier Unternehmer zu spielen. Auch dafür gibt es Kurse. Ohnmacht und Angst Sicher treffen die in diesem Bericht festgehaltenen Erfahrungen nicht auf alle in gleichem Maße zu. Die gründlich geschulten Beamten gehen sehr differenziert vor. Jüngere Personen, die nur wenige Wochen arbeitslos sind und als leicht vermittelbar eingeschätzt werden, werden andere Erfahrungen machen, als jene, die als Problemfälle gebrandmarkt werden. Und Problemfall ist man leicht, die „falsche“ Ausbildung, sogenannte Überqualifikation, längere Arbeitslosigkeit, ältere Menschen, alleinstehende Frauen mit Kindern - schon bekommt man Macht und Willkür zu spüren. Über Ohnmacht und Angst spricht mensch nicht gerne. Aber es soll auch einmal gesagt werden: Aus zahlreichen Gesprächen und auch aus eigener Erfahrung weiß ich, welch psychischen Druck es bedeutet, dem sogenannten Betreuer ohnmächtig ausgeliefert zu sein. Man wird zu Aktionen gezwungen, die man aus tiefster Überzeugung für sinnlos, ja konterproduktiv hält. Man wird gezwungen, sich für Jobs zu bewerben, obwohl man selbst weiß - und zumeist auch der potentielle Arbeitgeber, so er über einen Funken Menschenkenntnis verfügt - , dass man für diese Tätigkeit einfach nicht geeignet ist. Das hinterlässt Spuren, den Stachel des Befehls. Überhaupt Kriterien für seinen möglichen Arbeitsplatz zu entwickeln, gilt als lächerlich, ja Arbeitsunwilligkeit. Das Bedrückende ist die Ausweglosigkeit, in der sich die Arbeitslosen befinden. Im gesellschaftlichen Normalfall befindet sich das Individuum in einer Situation, die es aus freier Entscheidung beenden kann. Hält man seinen Arbeitsplatz nicht aus, besteht die Option der Kündigung. Wird die Beziehung zur Hölle, ist Trennung immer noch möglich. Solange man jedoch ohne Arbeit und Einkommen ist, kann man dieser Institution nicht entfliehen. Die psychische Reaktion der Arbeitslosen ist 5 April 2005 ERLEBNISWELT unterschiedlich. Manche reagieren mit Zynismus, andere mit Angst, dritte geraten in Panik und treffen Entscheidungen, die an sich unsinnig sind, weitere reagieren mit Überanpassung und vorauseilendem Gehorsam. „Eigentlich sind wir Leibeigene des Staates“, formulierte eine Langzeitarbeitslose in einem Gespräch. Dem kann ich nur zustimmen. Was tun? Linke Politik kann nicht länger ausschließlich „die Arbeitslosigkeit bekämpfen“ auf ihre Fahnen schreiben, gleichzeitig das AMS und seine Mechanismen als blinden Fleck ignorieren. Diese Haltung arbeitet dieser Institution und ihrer Macht in die Hände. Sie spart einen, ja den Mechanismus der Disziplinierung und Unterdrückung aus der Kritik aus. Wir alle wissen nur zu gut, wie die Drohung mit der Arbeitslosigkeit in den Betrieben wirkt, wie diese Drohung benutzt wird, um die Situation für alle Werktätigen zu verschärfen. ! Besteht die Antwort einzig und allein in der Forderung nach Arbeitsplätzen, so sind die Arbeitslosen weiter schutzlos der Politik der AMS ausgeliefert. Diese Situation ist unerträglich. Ich halte es hier nicht für sinnvoll, einen Forderungskatalog im Detail vorzulegen. Ich persönlich würde für Auslösung des AMS und für Freiwilligkeit bei Beratung und Kursen plädieren. Doch meine Stimme ist nur eine unter vielen. Notwendig ist, dass die Arbeitslosen ihren reinen Objektstatus überwinden. Wie bei jeder stigmatisierten und heterogenen Gruppe ist Selbstorganisation sehr schwierig und existiert nur in Ansätzen. Realistisch gesehen, wird es in Österreich nicht so rasch eine machtvolle autonome Arbeitslosenbewegung geben. Zu unterschiedlich sind die Interessen, zu verschieden die Lebensperspektiven. Vor allem: Arbeiterkammer, Sozialdemokratie und Gewerkschaften haben wenig Interesse, Arbeitslose zu organisieren. Offiziell hat ein Arbeitsloser nur ein Interesse zu Versteuerung des Arbeitslosenentgeltes und der Notstandshilfe - TATSACHE? Ja, es ist tatsächlich wahr! Das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe wird der Lohnsteuerbasis zugerechnet, wenn im Kalenderjahr ZUMINDEST EIN Erwerbseinkommen vorlag. Wer also am 15. 12. des Kalenderjahres eine Erwerbstätigkeit annimmt, darf sein Arbeitslosengeld bzw. die Not- ! 6 haben, nämlich rasch einen Arbeitsplatz zu bekommen und sonst nichts. Doch die hohen Arbeitslosenzahlen in Europa werden nicht sinken. Arbeitslose wird es auch in Zukunft geben. Ob man Arbeitslosigkeit ehrlich bekämpft oder zynisch als Drohung für die Werktätigen akzeptiert, macht für die Situation der Arbeitslosen keinen großen Unterschied, ob man es wahrhaben will oder nicht. Gemeinsam mit den Arbeitslosen gilt es, Rechte zu fordern. Etwa das Recht, „Nein“ zu einem angebotenen Arbeitsplatz zu sagen, das Recht Kurse abzulehnen, das Recht, nach längerer Arbeitslosigkeit Urlaub konsumieren zu können. Man mag diesen Vorschlägen ablehnend oder zustimmend gegenüberstehen, entscheidend ist, dass der Alltag im AMS endlich aus jenem Dunkel geholt wird, in dem Herrschaft und Willkür so prächtig gedeihen. Wenn dieser Artikel dazu ein Anstoss ist, hat er seinen Zweck erfüllt. Verfasser ist der Redaktion bekannt standshilfe des ganzen Jahres versteuern! Zuzüglich einer geringfügigen Beschäftigung kommt so mancher doch dorthin, tatsächlich Lohnsteuerabzüge zusammenzubringen! Eine Tatsache, die wieder einmal die Ärmsten der Armen auf Kosten der Wohlhabenden benachteiligt. Sozialstaat Österreich? Mitnichten! Geringfügig Beschäftigte, aber höchst Ausgebeutete, AUFGEPASST! Uns werden Fälle bekannt, dass Handelsketten (wir sagen nicht wer und welche Fachrichtung!) Mitarbeiter als Aushilfskräfte zur stundenweisen Beschäftigung auf Abruf suchen. Erwerbsarbeitslose müssen diese Angebote annehmen, da sie sich wenige Euro Mehreinnahmen versprechen, alles besser, als vom Arbeitslosengeld oder der Notstandshilfe NICHT überleben zu können! Der geringfügig Beschäftigte wird vom Arbeitgeber bei der Sozialversicherung angemeldet und nach Ablauf des Bedarfes (z.B. Ende der Inventur) sofort wieder abgemeldet, z.B. nach neun Tagen. In diesen neun Tagen hat der geringfügig Beschäftigte aber vielleicht mehr verdient, als ihm der Gesetzgeber gestattet! Es gilt nicht nur die Grenze von 323,46 Euro im Monat, sondern die Grenze von 24,84 Euro im Tag1 zu beachten! Das AMS überprüft diese Einnahme, und falls diese - wie in unserem Fall - in neun Tagen, davon sieben Werktage, 7* 24,84 = 173,88 Euro überschreitet, wird für genau diese neun Tage das Arbeitslosengeld/die Notstandshilfe gestrichen! Eine Tatsache, die wieder einmal die Ärmsten der Armen auf Kosten der Wohlhabenden benachteiligt. Sozialstaat Österreich? Mitnichten! 1 http://www.sozialversicherung.at/esvapps/page/page.jsp?p_pageid= 110&p_id=5&p_menuid=511&pub_id=500 April 2005 THEMA Gedränge am Arbeitsamt Die Arbeitsmarktstatistik verheißt nichts Gutes. Noch nie gab es in der Zweiten Republik so viele Arbeitslose. Und das quer durch alle Bevölkerungsschichten und Einkommensgruppen. Sowohl Akademiker als auch der große Bereich des Mittelstandes ist immer mehr von Arbeitslosigkeit betroffen. Von Georg Widerin Armutsgefährdet „Der sogenannte Mittelstand in Österreich ist nicht nur zunehmend von Arbeitslosigkeitsphasen betroffen, sondern auch von Armutsgefährdung. Gebot der Stunde ist also nicht nur eine aktive Arbeitsmarktpolitik, sondern auch Sozial- und Umverteilungspolitik“, erläutert Monika Vana, stellvertretende Klubobfrau der Grünen im Wiener Rathaus. „Die Österreicher müssen Reallohnkürzungen hinnehmen, während gleichzeitig Beiträge erhöht und Selbstbehalte eingehoben werden. Den Menschen bleibt immer weniger Geld in der Tasche. Armut und Armutsgefährdung nimmt in Österreich enorm zu“, ergänzt Monika Vana. Ein Blick auf ewig lange Wartelisten der Schuldnerberatungen und die vollen Wartezimmer der Sozialämter gibt Vana recht. Auch die immer größer werdende Zahl der so genannten „Working Poor“, die sich mit so genannten McJobs mehr schlecht als recht über Wasser halten, bestätigen die These, dass Arbeit schon lange nicht mehr vor Armut schützt. Blick zum Nachbarn D ie vor wenigen Tagen veröffentlichte Arbeitslosenstatistik für 2004 zeigt einen Rekordwert bei Jobsuchenden. Und es sind nicht mehr nur die klassischen Gruppen, die davon betroffen sind. In Österreich ist es nun auch zunehmend der große Bereich des Mittelstandes. Dies bestätigt auch Josef Wallner, der Leiter der Abteilung Arbeitsmarkt der Arbeiterkammer Wien: „Arbeitslosigkeit trifft keineswegs nur Randgruppen, sondern zumindest als Risiko bereits große Teile der Kernschichten der Erwerbsgesellschaft.“ Gespaltenes Land Diese dramatische Entwicklung birgt die Gefahr einer Spaltung der Gesellschaft. Denn wenn immer mehr Angehörige der Mittelschicht in die Gruppe der derzeit mehr als 364.000 Jobsuchen- den fallen und damit deutlich weniger verdienen, geht bald ein Bruch quer durch das Land. Die Teilung in Arm und Reich sowie in Job-Besitzende und ]obSuchende könnte die Grundfeste unserer Gesellschaft nachhaltig erschüttern. Dass die Arbeitslosigkeit quer über alle Bildungs- und Einkommensschichten vor niemandem halt macht, hängt auch mit dem Wandel der Arbeit und der Arbeitswelt zusammen. Immer mehr Menschen des sogenannten Mittelstandes haben befristete Jobs. „Es gibt einen Trend bei den Unternehmen, Arbeitsplätze immer häufiger nicht unbefristet, sondern befristet und ’just on demand’ anzubieten. Das führt dazu, dass zunehmend alle Gruppen auf dem Arbeitsmarkt dem Risiko der Arbeitslosigkeit zumindest temporär und immer wiederkehrend ausgesetzt sind“, berichtet Wallner. In Deutschland ist die Arbeitsmartksituation noch dramatischer als hier zu Lande. Auch ’Hartz IV’ und das gebetsmühlenartige Mantra der „IchAG“ konnten nicht verhindern, dass Deutschland mit fünf Millionen Arbeitslosen den Nachkriegsrekord knackt. Unsere Nachbarn befinden sich heute fast auf dem Arbeitslosenniveau der Weimarer Republik 1932 nach der Weltwirtschaftskrise. „Es hat mich extrem gewundert, dass ’Hartz IV’ in Deutschland keine Massenproteste ausgelöst hat. Doch anscheinend ist die Schmerzgrenze noch nicht erreicht. Wie bitte kann man heutzutage von knapp 400 Euro leben?“, fragt sich Herr S. erstaunt. Herr S. war selbst lange Zeit arbeitslos und ist Kassier bei einem Selbsthilfeverein für ältere Arbeitslose. Herr S. möchte auf eigenen Wunsch anonym bleiben. 7 April 2005 THEMA Arbeitslos - ein Dauerlos? Das Ausmaß der Arbeitslosigkeit ist ein humanitärer Skandal und eine volkswirtschaftliche Idiotie. N eunzehn Millionen Arbeitslose in der gesamten EU (das sind in etwa 8,9% der unselbständig Beschäftigten gemessen nach unterschiedlichen Methoden) und davon rund 400.000 Menschen in Österreich (das sind 7,1% der unselbständig Erwerbstätigen) bedeuten noch mehr Menschen (infolge der Familienangehörigen), die an finanziellen Schwierigkeiten und seelischen Problemen leiden. Dieses zivilisatorische Versagen der modernen kapitalistischen Gesellschaft ist wahrlich ein unglaublicher humanitärer Skandal. Darüber hinaus stellt dieser Zustand durch den Teilausfall der Betroffenen als Konsumenten (Steigerung der Inlandskonjunktur), als Steuerzahler (Lohnsteuer, Mehrwertsteuer) und Produzierende (Steigerung des Bruttoinlandsproduktes, also des volkswirtschaftlichen Reichtums) eine ausgesprochene volkswirtschaftliche Idiotie dar. Noch vor fünfzehn Jahren wurde ein solcher Zustand von allen europäischen Politikern als absolut untragbar bezeichnet. Heutzutage wird er als bedauerlich, aber offenbar unvermeidlich hingenommen. Das ist in erster Linie eine Folge der ideologischen und politischen Vorherrschaft des Neoliberalismus in unserer Zeit. Diese Ideologie begreift den Menschen hauptsächlich als profitabel verwertbares Teilelement des Wirtschaftsprozesses. Ist eine Steigerung des Profits durch Freisetzung (so nobel definiert man heute das Unglück) von Arbeitskräften möglich, dann wird sie durchgeführt. Das ist betriebs- 8 wirtschaftlich und kurzfristig gedacht durchaus vernünftig. Und es ist auch Teil der Steigerung der Produktivität, also volkswirtschaftlich als ein Teilschritt der Gesamtproduktion sinnvoll. Aber vor der Zeit des Neoliberalismus wurde als gleichrangige volkswirtschaftliche Verpflichtung der nächste Schritt in der Handlungskette volkswirtschaftlicher Tätigkeit gesehen: nämlich die Verpflichtung der Gesellschaft (sowohl der Unternehmen als auch des Staates) für neue Arbeitsplätze zu sorgen. Die Idee der sozialen Marktwirtschaft bedeutete die Verpflichtung, den Profit auch zur Schaffung und Erhaltung der notwendigen Arbeitsplätze zu verwenden. Der Neoliberalismus hat ein anderes Ziel: die Umverteilung von unten nach oben. Oder deutlich kapitalistisch gesagt: die ausschließliche Profitsteigerung. Natürlich ist dieses Ziel in einer Demokratie nicht mehrheitsfähig (weil gegen die Mehrheit der Bevölkerung gerichtet) und muss daher in der argumentativen Verkleidung der objektiven Notwendigkeit dargeboten werden. Also werden die arbeitslosen Opfer zu Schuldigen erklärt: Sie seien nicht flexibel genug und die Löhne an den Verhältnissen des Marktes gemessen zu hoch. Dementsprechend schauen auch die neoliberalen Rezepte gegen die Arbeitslosigkeit aus. Eine Senkung der Löhne, eine Kürzung der finanziellen Unterstützung, die Einrichtung eines Niedriglohnsektors wird empfohlen und bei der ersten Gelegenheit durchgesetzt. Diese Wirtschaftspolitik verschlimmert dann die Krankheit als deren Heilmittel sie sich ausgibt. Die Senkung der Lohnquote (der Anteil der Löhne und Gehälter am gesamten Volkseinkommen) führt in der Folge zu einer Senkung der Massenkaufkraft und daher zum Abwürgen der Inlandskonjunktur. Die weitere Steigerung der Arbeitslosigkeit erfolgt bei verschärfter Ausgangslage. Den neoliberalen Hauptakteuren (vor allem den Konzernen) macht das vorerst wenig aus. Die unmittelbare Profitsteigerung haben sie in der Tasche und den weiteren Umsatzerfolg suchen sie im Export. Die Europäische Union bietet dafür eine ideale Geschäftsgrundlage. Erstens schafft ihre neoliberale Ausgestaltung (Kapitalverkehrs-, Dienstleistungs-, Niederlassungs- und Personenverkehrsfreiheit) den Unternehmern ein faktisches Übergewicht gegenüber den Lohnabhängigen, also günstige Möglichkeiten für Lohndrückerei. Zweitens bringt die Erweiterung der EU neue Absatzmärkte (als Ersatz für den stagnierenden Inlandsmarkt) und die EU selbst ist ein machtvoller Akteur auf dem Weltmarkt, was die ökonomische Übervorteilung von Nichtmitgliedsstaaten erleichtert. Doch das schlechte Ende ist schon in Sicht, denn der Export des einen ist der Import des anderen, und wenn alle vorwiegend exportieren, dann sind die Märkte bald mit Waren überfüllt. Deshalb ist zunehmend der Verdrängungswettbewerb (das Aufkaufen von Firmen) und nicht die Umsatzausweitung die vorherrschende Tendenz. Und das führt wiederum zur Steigerung der Arbeitslosigkeit. Die wesentlichen volkswirtschaftlichen Daten beweisen die Richtigkeit der hier angeführten Beschreibung: Während die österreichische Wirtschaft 1960 bis 1980 (also vor der neoliberalen Liberalisierung, Deregulierung, Flexibilisierung und Privatisierung) im Schnitt um 4,4% wuchs, sind es seit dem EU-Beitritt nur noch 2,1%. Während der Anteil der Löhne und Gehälter am österreichischen Volkseinkommen seit den 70er Jahren von 73 auf 58% gesunken ist, haben die Gewinn-, Kapital- und Selbstständigeneinkommen von 27 auf 42% zugenommen. Während die Neoliberalen über Standortnachteile jammern, steigt die Produktivität in Österreich und Deutschland im Vergleich mit den wichtigen Handelspartnern und daher jagt auch ein Exportrekord den anderen. Weil seit Anfang der 90er Jahre in der EU die Reallöhne deutlich hinter der Produktivität zurückgeblieben sind, ist es zu einem Sinken der realen Lohnstückkosten (Summe der Kosten pro erzeugtem Produkt) und damit zu einer höheren Gewinnentwicklung der Unternehmen gekommen. « April 2005 ERWIN. H Die Gespräche und Gedanken des Erwin H. Na sowås, da Kärntna Laundeshauptmaun! Då in Wien beim Heurign ? Haumma wieda amoi an Nau jå Jörg, oba wås is denn jetzt aundas wurdn, bei Gusto auf a Viertl ? Ah so, si miassn a wengl ausspaun- da BZÖ ? San jå eigentlich diesöbn Leit wia vurher, nua a nan nåch die letzten Tåg. Woa do a bißl vü auf amoi, wia poa weniga hoit. Jo, kloa, des san kane destruktiven ma so sågt. Woascheinlich woa oba des Gründn vun ana Elemente … neichn Partei vü afocha, wia waun ma Jå sakrateifel, jetzt is er scho wieda de aundaren olle het ausseschmeißn vaschwundn! Des hoit ma jå in Kopf net miaßn. Woa jå scho bein Mölzer net aus, wia ma so sågt. Amoi is er då, so gaunz afoch. Wås haums gsågt, daun is er wieda weg, daun is er wieda Herr Haider ? Ah jå, des woa a då, ah, do is er jå wieda! destruktives Element, der Und jetzt, Jörg, wia is denn des mit Mölzer. I vasteh scho … dem Schüssl? Üba den håst jå die Wo is er denn jetzt ? Auf amoi is gaunze Zeit fuachtboa gschimpft, er verschwundn, der Haider. So und jetzt auf amoi is er wieda dei schnöll, das i des goa net gsegn Freind? Nau kloa, hätt i vun söba drauf håb. Oba sei Glasl steht no då. kumman kennan, da Schüssl is ka Vielleicht håt er jå nua aufs Häusl destruktives Element … miaßn. Ah! Do is er jå scho wieda. Meina Seel, jetzt is er scho wieda weg. Oba Oiso, wia woa des jetzt wirklich, i glaub, jetzt is er wirklich gaungan, wäu sei Herr Haider - oda derf i Jörg sågn ? Glasl is a weg. I derf ? Des is sche, des gfreit mi. Oiso Jörg, wia woa des, warum host Herr Oba ! Zoin ! Wås ?? I soi sei Rechnung a miaßn a neiche Partei gründn ? Ah so, zoin ? Nau der is beinaund. Vaschwindt afoch und des woan ollas destruktive Elemente. Nau guat … Jetzt is er scho wieda weg! Des is a bißl mühsaum låßt mi sei Zech zoin, wia ma so sågt ! Nau guat, woa eh nua a anziges Viertl, oba wieso is er eigentlich gaunz mit dera Untahoitung, waun ana dauand vaschwindn vaschwunden? Woascheinlich håt er glaubt, daß da Wirt tuat. Jessas! Jetzt bin i oba daschrockn, so schnö is er a destruktives Element is und tuat jetzt an neichn Heurign wieda kumman. gründen. Wås was ma scho, wås so an einfoit !? « Während die Arbeitslosen- und Armutszahlen in Österreich gestiegen sind, ist die Sozialquote (der Anteil sämtlicher Sozialleistungen an der Wirtschaftsleistung) seit 1996 von knapp 30 auf 28,5% gesunken. Wenn die neoliberalen Rezepte gegen die Arbeitslosigkeit wirken würden, hätte diese abnehmen müssen! Die momentane Arbeitsmarktpolitik besteht im wesentlichen im Verwalten, das heißt Ruhighalten der Arbeitslosen. Wenn es am notwendigen Geld fehlt, kann sie auch kaum etwas anderes tun, denn auf eine offene Stelle kommen zehn Arbeitslose. Da muss man sich wirklich im Bewerben und in der Selbstdarstellung üben! Wenn wir eine soziale Marktwirtschaft gestaltet durch einen Sozialstaat haben wollen, dann ist eine andere Wirtschaftspolitik notwendig. Der Staat muss viel Geld in die Hand nehmen: Erstens um den momentan Arbeitslosen ein menschenwürdiges Auskommen zu sichern und damit auch die Inlandskonjunktur zu stimulieren. Zweitens um die Umschulung und Ausbildung von hochwertigen Arbeitskräften voranzutreiben. Drittens um durch Investitionen neue Arbeitsplätze zu schaffen und deren Schaffung zu begünstigen. Im Bildungswesen, in der Betreuung von älteren Mitmenschen, im Umweltschutz, in der Verbesserung der Infrastruktur haben wir eine Reihe von Aufgaben, die nicht nur Arbeitsplätze schaffen, sondern auch die wirtschaftliche Zukunft sichern helfen. Der Staat hat heute das notwendige Geld nicht, denn die Steuern auf Gewinne, Kapitalerträge und Vermögen sind zu niedrig. Gerade dort, wo das meiste Geld ist, wird anteilsmäßig am wenigsten besteuert! Auch bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zeigt sich wieder, die Steuerfrage ist der zentrale Punkt in der Wirksamkeit des Sozialstaates. Wenn sie nicht im Interesse der Bevölkerung gelöst wird, ist alles andere zu wenig. Wenn die Politik nicht in diesem Sinne handelt, muss es die Zivilgesellschaft mit Hilfe einer Volksabstimmung tun. Hans und Gerhard Kohlmaier, Steuerini, Doeltergasse 5/4/7, 1220 Wien, Februar 2005 9 April 2005 SOZIALBERICHT 1 Million von Armut und Armutsgefährdung betroffen V or Kurzem wurde vom Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz der Bericht über die soziale Lage 2003-2004 veröffentlicht. Der Bericht erscheint jeweils in zweijährigem Abstand. Er dokumentiert einerseits die Tätigkeiten des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (Tätigkeitsbericht) und enthält andererseits Analysen über die soziale Entwicklung (Sozialbericht). Der vollständige Text umfasst 282 Seiten und kann von der Homepage des Ministeriums (www.bmsg.gv.at) unter dem Punkt Sozialstatistik sowohl gesamt als auch in einzelnen Kapiteln aufgeteilt herunter geladen werden. Daneben gibt es auch eine 25-seitige Kurzfassung, welche die wesentlichen Ergebnisse zusammenfasst. Der Tätigkeitsbericht befasst sich mit den Themenschwerpunkten Pensionsversicherung, Konsumentenpolitik, Sozialentschädigung, Behindertenpolitik, Pflegevorsorge, Sozialhilfe, Familien- und Generationenpolitik sowie Sozial- und Verbraucherschutzpolitik. Er enthält weiters im Anhang einen Statistikteil über die soziale Lage von bestimmten Bevölkerungsgruppen. Die Pensionsversicherung 10 Neben der ausführlichen Aufzählung der im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen einschließlich der Darstellung der letzten Pensionsreformen springen folgende Daten ins Auge: Rund drei Viertel der Pensionszugänge erfolgen vor Erreichen des gesetzlichen Regelpensionsalters, sind also vorzeitige Alterspensionen oder Invaliditätspensionen. Die Reformen haben die Anhebung dieses Pensionsantrittsalters zum Ziel. Die Lebenserwartung der Pensionsbezieher (in Amtsdeutsch Pensionsaustrittsalter) stieg von 1970 bis 2003 von 75,7 auf 80,0 Jahre bei den Frauen, bei den Männern von 73,3 auf 75,5 Jahre. Demgegenüber sind die durchschnittlichen Pensionshöhen immer noch relativ bescheiden. Die durchschnittliche Neuzugangsalterspension einer Arbeiterin betrug 2003 nur € 544, was zwar eine deutliche Steigerung gegenüber 2002 bedeutet, gegenüber anderen Pensionsgruppen jedoch noch immer beträchtlich nachhinkt. Die entsprechende Pension eines männlichen Angestellten betrug z.B. € 1.771. Immerhin 228.380 Personen oder 11,3% der Pensionsbezieher bezogen eine Ausgleichszulage. Andere Themenschwerpunkte Im Ressortschwerpunkt Behindertenpolitik wird von einer Beschäftigungsoffensive für Menschen mit Behinderung (Behindertenmilliarde) berichtet. Im Jahre 2003 wurden so 14.053 Menschen gefördert. Darüber hinaus wird auf zusätzliche Programme des Bundessozialamtes mit Hilfe des Europäischen Sozialfonds zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit und Heranführung von Menschen mit Behinderung an den Arbeitsmarkt hingewiesen. Neben diesen kurzen Anmerkungen beschäftigt sich der Tätigkeitsbericht aber kaum mit den Problemen der wachsenden Arbeitslosigkeit und der Beschäftigungspolitik. Auf Rückfrage weist das Ministerium darauf hin, dass die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, sondern in jenes des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit fällt. Wo jene älteren Arbeitnehmer, denen der vorzeitige Zugang zur Pension systematisch verbaut wird, beschäftigt werden sollen, interessiert das Sozialministerium offensichtlich nicht. Bedauerlicherweise sieht Wirtschaftsminister Bartenstein die zu geringe Anzahl der Arbeitsplätze insbesonders auch für ältere Arbeitssuchende nicht als Problem der Sozialpolitik und der Chancengleichheit, sondern legt der Schwerpunkt seiner Beschäftigungspolitik auf die Förderung der Betriebe in der Hoffnung, dass diese dann schon irgendwann zusätzliche Arbeitskräfte einstellen werden. Der Sozialbericht Das Ergebnis dieser Politik zeigt der zweite Teil des Berichts, der als Sozialbericht bezeichnete Analysenteil. Die- Von Kurt Pausackerl ser befasst sich mit der Armut und der Armutsgefährdung, den Sozialausgaben, mit der Vermögensbildung und dem Reichtum sowie die langfristige Entwicklung der Einkommensverteilung in Österreich. Die Ergebnisse dieses Analysenteils können wie folgt kurz zusammengefasst werden: Mehr als die Hälfte der Sozialausgaben entfällt auf die Sozialversicherung. In Österreich wurden im Jahr 2002 nicht ganz 30% der wirtschaftlichen Wertschöpfung für soziale und gesundheitsbezogene Leistungen ausgegeben. In Österreich überwiegen die sozialversicherungsrechtlichen Leistungen, auf die mehr als die Hälfte der Sozialausgaben fällt. Die Hälfte der Sozialausgaben entfallen auf Pensionen, Pflegegelder und soziale Betreuungseinrichtungen für ältere Menschen, rund ein Viertel auf die Gesundheitsversorgung, ein Zehntel auf Familienleistungen und nur rund ein Zwanzigstel auf Arbeitslosenund Arbeitsmarktleistungen. Die Finanzierung des Sozialversicherungssysteme erfolgt bei Gesamtbetrachtung zu jeweils mehr als einem Drittel aus Arbeitgeberbeiträgen und den öffentlichen Zuwendungen, die Versicherten tragen etwas weniger nämlich über einem Viertel bei. Die Anteile der Versicherten haben im letzten Jahrzehnt zugenommen. 1 Million von Armut und Armutsgefährdung betroffen Über eine Million Menschen (über 13% aller ÖsterreicherInnen) leben unter der Armutsgefährdungsschwelle von 60% des Medianeinkommens. Anders als ein Durchschnittseinkommen beschreibt das Medianeinkommen den Wert, der alle EinkommensbezieherInnen in zwei Hälften teilt, 50% haben ein über und 50% ein unter diesem Medianwert liegendes Einkommen. Die armutsgefährdeten Haushalte unterschreiten allerdings diesen Schwellenwert durchschnittlich um ein Fünftel (Armutsgefährdungslücke), haben somit etwas über 50% des Medianeinkommens, also rund € 680 im Monat zur Verfügung. Für die Armutsgefährdung in Österreich gelten folgende Schwellenwerte: April 2005 Haushaltstyp Einpersonenhaushalt 1 Erw. und 1 Kind 2 Erwachsene 2 Erw. und 1 Kind 2 Erw. und 2 Kinder 2 Erw. und 3 Kinder SOZIALBERICHT Euro/Jahr Euro/Monat 9.425 12.252 14.137 16.965 19.792 22.620 0.785 1.021 1.178 1.414 1.649 1.885 Die Zahl der Armutsgefährdeten ist von 2000 bis 2002 von 12 auf 13,2% gestiegen. Staatliche Sozialleistungen schwächen Umfang und Intensität des Armutsrisikos deutlich ab. Ohne Sozialleistungen würde die Armutsgefährdungsquote der Gesamtbevölkerung 42% betragen. In armutsgefährdeten Haushalten machen Leistungen der öffentlichen Hand 60% des Gesamteinkommens aus. In nicht armutsgefährdeten Haushalten macht dieser Teil nur etwas über 30% des Gesamteinkommens aus. Wer ist wann, wodurch und wie sehr arm? Das Haushaltseinkommen allein ist lediglich ein Teilaspekt der Armutserfahrung. Ausgabenseitige Belastungen (Miete oder Eigentum) und spezifische Umweltfaktoren, wie die Nichtexistenz sozialer Netzwerke oder unzureichende öffentliche Infrastruktur (Kinderbetreuungseinrichtungen, öffentlicher Nahverkehr etc.) werden in dieser Auswertung nicht berücksichtigt. Armut kann nicht nur über niedriges Einkommen definiert werden, da die Kostenstrukturen und Lebenslagen sich von Haushalt zu Haushalt sehr unterscheiden können. Daher wurde in dem Bericht auch die subjektive Wahrnehmung der Betroffenen hinterfragt. Stark negativ wirkt sich unregelmäßige Beschäftigung - besonders im Zusammenhang mit freien Dienstverträgen und Werkverträgen - aus. Nachdem diese Formen der Arbeitsverhältnisse im Steigen begriffen sind, steht zu befürchten, dass immer mehr Menschen die beschriebenen Schwellenwerte unterschreiten werden. Demnach berichten 12% jener Haushalte, die als nicht armutsgefährdet eingestuft wurden, dass sie mit ihren finanziellen Mitteln nicht auskommen können - in Wien beträgt dieser Anteil sogar 20%. Vermögensbildung und Reichtum in Österreich Auf Anregung des Sozialausschusses wurde vom Ministerium eine Studie „Privater Reichtum in Österreich“ in Auftrag gegeben. In Österreich besteht in dieser Frage nur eine sehr unzulängliche Datenlage bzw. sind die Statistiken nicht miteinander vergleichbar. So beinhalten z.B. die Daten der Sozialversicherung nicht die hohen Einkommen (über der Höchstbemessungsgrundlage). Statistiken aufgrund von Steuererklärungen natürlicher Personen unterschätzen das Vermögen systematisch. Aufgrund der mangelnden Datenlage sind die Aussagen dieser Studie mit Vorsicht und als noch nicht endgültig zu betrachten, folgendes kann aber schon heute festgestellt werden: Die Vermögensanteile in Österreich „wachsen rasant“, die Lohnquote „fällt kontinuierlich“. Betrug die Lohnquote 1978 noch ca. 80%, beträgt sie jetzt nur mehr rund 70%. Demgegenüber stiegen die Einkommen aus Besitz von rund 5% Mitte der 60er Jahre auf rund ein Viertel. Für die längerfristige Entwicklung der Verteilung wird die Arbeitsmarktlage als von entscheidender Bedeutung erkannt. Einerseits fallen Arbeitslose unmittelbar aus der Lohnstatistik heraus, andererseits ändert steigende Arbeitslosigkeit auch die ökonomischen Machtverhältnisse. Auch die Zunahme der atypischen Arbeitsverhältnisse wie Leiharbeit, freie Dienstverhältnisse und Teilzeitbeschäftigung, verringern die Lohnquote. Insgesamt steigen die Löhne langsamer als die Pro-Kopf-Produktivität. Frauen verdienen weniger Weiters wird im Sozialbericht festgestellt, dass Frauen im Schnitt noch immer um ein Drittel weniger als Männer verdienen. „Reicher Mann und armer Mann standen da und sah’n sich an. Und der Arme sagte bleich: Wär’ ich nicht arm, wärst du nicht reich.“ (Bert Brecht) Straßenfest Mariahilfer Straße 13.30-20 Uhr 11 ZUM ALTEN EISEN Österreichische Post AG Info.Mail Entgelt bezahlt 1080 Wien, Laudongasse 16 Tel/Fax 01/402 47 77 [email protected] www.zum-alten-eisen.org Können wir helfen? Vereinstreffen jeden Donnerstag ab 17.30 Uhr im Laudon-Stüberl, 1080 Wien, Laudongasse 16. Falls der Sitzungssaal nicht frei ist, gibt der Pächter Auskunft über den Ersatzort. ab 16 Uhr nur für Mitglieder, ab 17.30 Uhr auch für Gäste HERZLICHEN DANK FÜR IHRE SPENDE! Kto-N Nr. 465.997 (BLZ 32000)