Felix Heinrich im Projekt CANTAR DE LOS CANTARES
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Felix Heinrich im Projekt CANTAR DE LOS CANTARES
Quartalsberichte von Felix Heinrich 1. Quartal Beweggründe, Motivation und Vorbereitung Der Wunsch, einen alternativen Dienst im Ausland zu leisten, kam schon früh durch Freunde auf, welche ebenfalls diese Alternative des in Deutschland zu leistenden Zivildienstes wählten. Der Gedanke, nach Beendigung meines Abiturs ein Jahr im Ausland zu leben, neue Erfahrungen zu sammeln, meinen durch die Schullaufbahn nur begrenzten praktischen Erfahrungshorizont zu erweitern, faszinierte mich. Diese Möglichkeit einer derartigen Herausforderung existierte in meinen Augen bei einem weiteren Aufenthalt in der "Weltmetropole" Heidenheim für mich nicht. Meinem Willen, einen sozialen Dienst zu leisten, konnte ich im Ausland ebenso wie in Deutschland nachkommen; daher stand es für mich außer Frage, nach meiner Musterung mein Engagement auf einen Auslandsdienst auszurichten. So kam ich Anfang dieses Jahres mit dem Verein "Helft uns helfen e.V." aus Konstanz in Kontakt, der schon seit mehreren Jahren Schulen hier in Nicaragua nachhaltig unterstützt und mit MICSL (Ministerio Infantil Cristiano Sendero de Luz), seinem nicaraguanischen Pendant, lokale Bildungsarbeit in sozialen Grenzbereichen verrichtet. Da mich dieses Projekt sehr interessierte, bemühte ich mich um eine Stelle und so kam es, dass "Helft uns helfen e.V." (Huh) mir diese Einsatzstelle in Zentralamerika vermittelte und seitdem auch als Träger für meine Freiwilligenarbeit fungiert. Huh stand mir ausserdem in der Vorbereitung und auch organisatorisch und beratend immer bei Seite. Mitte September begann ich also meine Reise, lediglich ausgerüstet mit einem Rucksack mit dem Notwendigsten und einem Kopf voller deutscher Naivität, in dieses für mich so fremde Land, ohne mich zuvor wirklich genauer darüber informiert zu haben. Die gängigen Klischees betreffend Lateinamerika, besonders Nicaragua wie politisches Chaos, Unterentwicklung, Korruption, Urwald, Indios... kannte ich zwar, jedoch liess ich mich nicht von ihnen leiten. Erst wollte ich einen Eindruck vor Ort gewinnen und mich dann in seine Geschichte, seine Sprache, seine Kultur, seine Menschen einarbeiten. Ich war mir bewusst, dass der soziale Aspekt, meine Hauptmotivation, mir hier in diesem so armen Entwicklungsland viel bewusster vermittelt werden würde und bin mir jetzt schon sicher, dass der intensive Menschenkontakt, welcher für mich die einzige Zugangsmöglichkeit des Erfassens, Verstehens und Erlebens der fremden, anderen Kultur darstellt, mich sicherlich auch entscheidend in meiner persönlichen Weiterentwicklung beeinflussen wird. Die beteiligten Organisationen und mein Aufgabenbereich Ich leiste nun seit dem 15. September, also seit 3 Monaten meinen Zivildienstersatz in Managua, der Hauptstadt von Nicaragua, wo ich im Auftrag meiner Trägerorganisation "Helft uns helfen e.V." für den hier vor Ort ansässigen, ebenfalls gemeinützigen Verein MICSL hauptsächlich in zwei Schulen arbeite, die sich jedoch sehr unterscheiden. Die erste Schule namens "El Eden" wurde bereits durch vorhergehende Projekte auf ein Niveau gebracht, das es ermöglicht, hier einen geordneten und weniger problematischen Unterrichtsablauf durchzuführen; daher half ich hier in dieser Schule zunächst in der Anfangszeit nur bei hausmeisterlichen Tätigkeiten aus, bevor ich mit gewisser Regelmässigkeit in der Schulküche bei der Vorbereitung des täglichen Mittagessens mithalf. Beide Schulen befinden sich in stark verarmten Stadtvierteln; daher bekommen die Schüler der unteren Klassen täglich ein warmes Mittagessen, um so die weit verbreiteten Missbildungen bei der körperlichen Entwicklung zu unterbinden, indem ihnen zumindest einmal täglich eine nahrhafte Mahlzeit gewährt wird. Der Kernbereich meines bisherigen Aufgabenfeldes lag jedoch in der Koordination und Vorbereitung des Neubaus der anderen Schule "Cantar de los Cantares", die infrastrukturell noch am Anfang steht und aufgrund der veralteten Gebäude ab Januar teilweise neu aufgebaut wird. Hierzu hat sich der Verein "Helft uns helfen e.V." für den Erwerb eines Nachbargrundstückes der Schule "Cantar de los Cantares" entschlossen. Dieser Kauf wird den Zugang zu Strom und Abwasser ermöglichen, welcher besonders bei den bevorstehenden Bauarbeiten hilfreich sein wird, weitet dieses Projekt aber natürlich auch aus und erfordert ein umfassendes Umdenken und eine erweiterte Planung. So kam es, dass ich mich ab der zweiten Novemberwoche daher fast aussschliesslich der Schule "Cantar de los Cantares" widmete, was die Trockenlegung des Schulhofs für die bevorstehende Promotion durch ein Sandbett und weitere kleinere Vorbereitungsmassnahmen einschloss. Zudem übernahm ich die Verantwortung bei der Durchführung der Abschlussexamen und die Organisation der Abschlussfeier, bei der die traditionelle Piñata und Auftritte einzelner Schüler auf dem Programm standen. Ein weiterer Schwerpunkt meiner Arbeit war und wird auch sicherlich in der Zukunft die Kommunikation zwischen den beteiligten Organisationen in Deutschland und Nicaragua sein, da ich mich hier als einziger Vertreter direkt vor Ort befinde und Nicaragua kommunikationstechnisch noch in den Startlöchern steht, was einen "normalen" Informationsaustausch, wie wir ihn kennen, nahezu unmöglich macht und der daher relativ zeitaufwendig ist. Diese "Verbindungsfunktion" zwischen den zwei Nichtregierungsorganisationen (NGO´s) umschloss die Kontaktpflege zwischen den Schulen "El Eden" und "Cantar de los Cantares" in Managua und lokalen Schulen in Konstanz, die sich durch das Sammeln von Spenden für die vom Träger geförderten Projekte einsetzen, jedoch auch die Absprache über die Verwendung von Vereinsmitteln für schulinterne Mikroprojekte und Berichterstattungen. Desweiteren besuchte ich das von Karen Allgeier auf der Vulkansinsel Ometepe geleitete Umwelterziehungsprojekt, in dem sie Schulkinder auf der Insel über einen langfristig schonenden und sinnvollen Umgang mit den Naturschätzen von Ometepe unterrichtet. Da dieses Projekt ab nächstem Jahr erstmalig von deutscher Vereinsseite unterstützt werden wird, erforderte es daher Projektbesichtigungen und umfassende Berichterstattung. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass ich eine gewisse Zeit benötigte, bis ich die Strukturen des hiesigen Denkens, vor allem die der Arbeitswelt, ein bisschen besser verstand und auf meine eigenen übertrug, um mich so nicht unnötig aufzuregen. Die Arbeitseinstellungen hier sind teilweise so verschieden zu denen der Deutschen, was Planung nahezu unmöglich macht und Durchführung auch von nur kleinen Arbeiten deutlich erschwert. Aussichten Trotz der oben genannten Punkte bin ich zuversichtlich, dass der praktische Teil der Umgestaltung der Schule "Cantar de los Cantares", der immer näher rückt und vorraussichtlich ab dem 4. Januar mit der Ankunft von Max Beringer und Kollegen beginnen wird, wie geplant verläuft. Bei den Arbeiten handelt es sich um den Bau von mindestens einem weiteren Schulraum, Räumlichkeiten für die tägliche Kinderspeisung und um das Hochziehen einer Mauer, um die Schule "Cantar de los Cantares" auch auf den Stand von "El Eden" zu bringen. Durch die Verzögerungen bei Grundstückskauf und einer grundsätzlich eher schleppenden Arbeitsgeschwindigkeit liefen hier jedoch die Vorbereitungen eher langsam ab, sodass genug kleinere Arbeiten für die kommenden Monate warten. Zudem habe ich vor, zusammen mit Fernando Ramirez, ebenfalls Mitarbeiter der Organisation MICSL, in den kommenden Monaten in der Schule "El Eden" Strom zu verlegen, um so Licht und Zugang zum Stromnetz in alle Klassenräume zu bringen. Da ich keine längerfristige Aufenthaltsgenehmigung für Nicaragua bekommen habe und so nur das Touristenvisum für 90 Tage besitze, musste ich ausserdem in den letzten Tagen erstmalig ausreisen, auch um dann bei den bevorstehenden Arbeiten keinerlei Ausreiseverpflichtung zu haben. Situation im Land Nicaragua ist ein sehr schönes Land, dass sich durch eine interessante, aber auch traurige Geschichte, unterschiedliche Kulturen (indigene wie westliche), atemberaubende Landschaft und großteils warmherzige Personen auszeichnet. Alle meine Reisen ausserhalb der Hauptstadt Managua haben diesen Eindruck nochmals bestätigt, leider auch die anfängliche Befürchtung, dass Managua doch der Moloch ist, als was es allgemein gilt und alles andere als eine schöne Stadt zum Leben. Managuas ehemalige Kulturschätze wurden spätestens bei dem grossen Erdbeben 1972 zerstört und seitdem fehlt es an den nötigen Mitteln für einen Wiederaufbau. Daher prägen heute auch Armut, Umweltverschmutzung, überfüllte Transportmittel und Strassen, besonders aber Kriminalität und Gewalt und die dadurch enstehende Angst in der Bevölkerung das Stadtbild Managuas. Deshalb bin ich immer auch erleichtert, diese verarmte Grossstadt mit ihren Slums zu verlassen, um beispielsweise Kolonialstädte wie Granada oder verschlafene Bergdörfer zu besichtigen. Die Lage allgemein würde ich jedoch als stabil bezeichnen, vor allem seitdem feststeht, dass der Volksausbeuter Arnoldo Aleman in Zukunft nur gesiebte Luft atmen wird und so viele Diskussionen um eine eventuelle Rückkehr beendet sind und die politischen Gemüter der noch so jungen Demokratie vorerst befriedigt sind. Freizeitleben Für mich ist es momentan noch unmöglich, Privatleben mit Freizeitgehalt und Arbeit strikt zu trennen, was vor allem daher rührt , dass ich bei der Präsidentin des Vereins untergebracht bin und so auch ausserhalb der Arbeitszeiten in das komplette Familienalltagsleben der in diesem Haus wohnenden Familie eingebunden war. Dies half besonders bei der Ueberwindung der Sprachbarriere und schloss auch Tagesausflüge mit Sonnenbädern an unberührten Stränden des Pazifiks oder Bootsfahrten auf einem Fluss durch dichten Regenwald ein. Zudem gelang es mir, seit dem Anfang der Schulferien mehr Eigeninitiative in der Freizeitgestaltung zu übernehmen: so ging ich auf Leguanen-Jagd mit Freunden, fischen bei Vollmond, arbeiten auf Reis-, Kakao- und Bananenplantagen, welche mir allesamt nochmals meinen in dieser Beziehung so sehr beschränkten Erfahrungshorizont bestätigten und einfach unbeschreibliche Erfahrungen waren. Trotz allem habe ich vor, mir bald eine andere Unterkunft in der Nähe zu suchen, um so für die kommenden Monate selbständiger zu sein und effektiver arbeiten zu können. Der Andere Dienst im Ausland in Nicaragua ist sicher in vielerlei Beziehung eine Herausforderung, der Verzicht auf selbstverständlichen westlichen Luxus, ohne Strom und Waschbecken zu leben, ist nicht immer einfach, vor allem wenn man eigentlich sein ganzes bisheriges Leben vom Konsum eingenommen war... So gab es auch Tage - oder besser lange Abende, in denen ich nur damit beschäftigt war , neue Erfahrungen und kulturelle Verschiedenheiten zu verarbeiten, die mich auch viel über meine eigene Kultur nachdenken liessen und meine Ansprüche hier stark sinken liessen. Insgesamt macht es mir aber Spass, die täglichen Herausforderungen verbunden mit dem ständigen Lernprozess der spanischen Sprache und auch der anderen Kultur, anzunehmen. Freilich gab es natürliche Tiefs; doch es waren diese Momente wie exotische Tropenwaldwanderungen und Ausblicke bei Vulkanaufstiegen, für mich vorher unbekannte Naturerscheinungen sowie unglaubliche Wolkenformationen, besonders aber das Lächeln der vielen Schulkinder, denen man hilft, die zumindest für mich bisher alles in den Schatten stellten. Viele Grüsse aus Nicaragua Felix Heinrich 2. Quartal Projektverlauf von "Cantar de los Cantares" Mit der Ankunft von Max Beringer und seinen Freunden, die zum Grossteil in der Schweiz in der Baubranche als absolute Spezialisten arbeiten, konnte der geplante Neubau der Schule "Cantar de los Cantares" beginnen. Das Projekt begann jedoch zunächst mit Problemen. So mussten wir ausgiebig über Besitzverhältnisse und Grundstücksgrenzen mit den Inhabern der Nachbargrundstücke diskutieren, denn die für den Bau speziell erworbene Grundstücksbesitzkarte vermerkte nur die Namen der unmittelbaren Nachbarn in den vier Himmelsrichtungen und ermöglichte diesen die vermeindlich einmalige Chance, Unwissenden ein paar Meter Land abzuluchsen. Doch nach einigen Diskussionen kamen wir auf einen Nenner, der die Grundstücksgrenze zumindest gerade verlaufen liess, wenn es sich auch um kein regelmässiges Viereck handelte. Auch die städtische Behörde war sich nicht einig, ob bei Entwicklungshilfsprojekten überhaupt Baugenehmigungen benötigt werden; hier wurde versucht, aus dieser Situation Profit zu schlagen und so kamen hin und wieder angebliche Angestellte auf dem Bau vorbei, um so die "anfallenden Gebühren" einzusammeln. Zudem versuchten uns selbsternannte Repräsentanten des Stadtviertels zu erklären, dass die Verwaltung der fertig gestellte Schule ihnen unterliegt, weil sie die "eigentlichen" Eigentümer des Grundstückes sind - hier half uns ein Besuch von ca. 100 Elternteilen der Schüler aus dem Stadtviertel, um auch dieses "Missverständnis" zu beseitigen. Schulen sind hier in Nicaragua fast ausschliesslich privat, was besonders bei der armen Bevölkerungsschicht und Linksgerichteten hier immer wieder Ärger verursacht, da sie befürchten, dass die Schule wie ein Geschäft geführt wird, also Profit abschlagen muss. Mit kleiner Verspätung fingen wir nun Anfang Januar mit dem Abriss der zwei alten Schulgebäude und der konkreten Ausarbeitung der Baupläne an; zunächst zu fünft, erhöhten wir jedoch schnell die Zahl der Hilfskräfte, die mit vier Euro täglich zwar für die hiesigen Verhältnisse sehr gut bezahlt wurden, die jedoch in keiner Relation zu den Materialkosten und zum Gesamtbudget standen und so Spielraum boten, die Verzögerung auszugleichen. Nach einmonatiger Bauzeit konnten wir die ersten Erfolge mit der Fertigstellung des Speisesaals, der Küche und des Vorratsraums verbuchen. Wiederum erhöhten wir die Arbeiterzahl auf zwischenzeitlich bis zu 20 Personen, um so den Schulbetrieb, wie mit dem Bildungsministerium abgesprochen, am ersten März starten zu können. Bis Schulanfang stellten wir drei Klassenzimmer fertig, der Unterricht begann jedoch für die "Kleinsten" zunächst im Speisesaal, da ein Raum für die Unterbringung der Baumaterialien und für die Lagerung der Werkzeuge benötigt wurde. Obwohl wir am ersten März nicht arbeiteten, hat uns dieser Tag viel für den noch ausstehenden Bau gebracht, vor allem was Moral und Einstellung der in den letzten sieben Wochen stark belasteten Baucrew anging. So spürten wir an diesem Tag die 40 Grad Außentemperatur ausnahmsweise mal nicht, da 200 Kinder mit funkelnden Augen uns an ihrer Freude teilnehmen liessen und sich an "ihrer neuen" Schule so erfreuten, was uns in unserer Arbeit bestätigte und uns natürlich sehr ermutigte, weiter zu machen. Jedoch fast zeitgleich mit dem Unterrichtsbeginn verliessen die Helfer aus der Schweiz das Land, um so ihrer alltäglichen Arbeit in den so verschiedenen Ländern nachzukommen. Innerhalb dieser drei Monate stellten wir den Bau von 3 Schulräumen, einem Speisesaal, einer Küche mit Vorratsraum und einem Lagerraum fertig. Ein Antrag auf Unterstützung des Mobiliars, den wir zeitgleich bei der Schweizer Botschaft eingereicht hatten, wurde leider von dieser abgelehnt und so konnten wir die notwendigen Mittel für die Ausstattung noch nicht auftreiben; es blieb also beim alten Schalk, jedes Schulkind bringt seinen Stuhl von Zuhause mit, meist auf dem Kopf tragend, so, wie es es über die letzten Jahre gewöhnt war. Mein Aufgabenbereich Während des zweiten Quartals meines einjährigen Aufenthaltes, also in der Zeit zwischen 15. Dez und 15. März arbeitete ich ausschliesslich auf dem Bau der Schule "Cantar de los Cantares", wo wir täglich um sieben Uhr morgens begannen und bis vier Uhr nachmittags, manchmal jedoch auch bis Sonnenuntergang arbeiteten. So öffnete ich morgens den Klassenraum, in welchem wir Materialien und Werkzeuge unterbrachten, überprüfte zudem die Anwesenheit der Arbeiter und teilte diesen ihre Arbeit zu. Dabei war meine tägliche Präsenz von Anfang bis Ende essentiell, da ich als einziger sowohl Deutsch als auch Spanisch ausreichend beherrschte, um so alle Arbeitsanweisungen zu vermitteln und Detailfragen zu klären. Jedoch wurde ich auch mit der schwierigen Aufgabe des Einstellens und Entlassens der Arbeiter betraut, was bei täglich mehreren Bewerbungen ohne Gesuche bis hin zu bettelnden Ehefrauen nicht einfach war; in einem Stadtviertel wie diesem hat fast jeder Bedürfnisse und ist dankbar um jede Arbeit, die er auftreiben kann. Die Moral der Arbeiter, welche mit 4 Euro täglich für hiesige Verhältnisse gut bezahlt wurden, konnte ich dabei nur bewundern, da dieser Betrag auch hier nur für das Lebensnotwendige im gesunden! Zustand ausreicht und absolut keinen Spielraum zum Sparen lässt. Bei der Auswahl der Arbeiter beschränkten wir uns jedoch auf Personen, die in unmittelbarer Nähe der Schule wohnten; dies war gut möglich, da ein Grossteil der Bevölkerung viel praktisches Bauwissen des einfachen Häuserbaus aufweist, da dieser vor allem aus finanziellen Gründen hier fast ausschliesslich mit Freunden und Bekannten durchgeführt wird. Ausserdem erreichten wir so, dass sich viele aus der umliegenden Bevölkerung mit der Schule identifizieren konnten und wir uns zudem bei Bedarf schnell fehlendes Werkzeug von Zuhause oder Freunden besorgen konnten. Die einzelnen Tage waren für mich oft sehr anstrengend, obwohl ich als einziger, oder vielleicht gerade genau weil ich als einziger keine direkten praktischen Arbeitsaufträge hatte, jedoch mit der Koordination der Einkäufe, der Arbeitszuteilung und der Arbeitskontrolle, Klärung von Problemstellen und Verbesserungsvorschlägen und zudem mit der Verwaltung der Finanzen aus vier verschieden Kassen auch ausserhalb der Arbeitszeiten gut beschäftigt war. Persönlicher Höhepunkt war für die mich die Aussage eines 6-Jährigen Jungen, der zu mir kam und mir sagte, dass er es nicht verstehen könne, warum ich denn um alles in der Welt diese Schule nur für ihn gebaut habe. Dies hat mich sehr aufgebaut! Zeitgleich zum Bau erstellte ich den Verwendungsnachweis des Botschaftsgeldes, in welchem zum einem die Verwendung der zugesagten Gelder für einen Teil des Projekts "Cantar de los Cantares" wie im Finanzplan beantragt nachgewiesen, zum anderen auch über das Gesamtprojekt berichtet werden musste. Dieser wurde eingereicht und bestätigt, dass alle Gelder wie im Antrag verwendet wurden und in keinster Weise zweckentfremdet wurden. Aussichten Da der Neubau noch nicht abgeschlossen ist, werde ich voraussichtlich die nächsten sechs Wochen weiterhin in der Schule "Cantar de los Cantares" arbeiten. Dort wartet eine grosse Herausforderung auf mich, da mir nach der Abreise von dem Polier Max Beringer die komplette Bauleitung und Verantwortung des noch ausstehenden Baus übertragen wurde, dabei werde ich versuchen, diese Aufgabe so gut wie möglich zu erfüllen, auch wenn mit dem Abschluss des letzten Klassenraums und der Umrandungsmauer der vermeindlich leichteste Teil bevorsteht. Ein breites Arbeitsspektrum wird zudem durch den Beginn der Regenzeit im Mai in der Schule "Cantar de los Cantares" gegeben sein, da die Auswirkungen der hier so starken Platzregen erst dann sichtbar werden, eventüll nachgedichtet werden muss oder sonstige Baumängel ausgebessert werden müssen. Nach Abschluss der Bauzeit werde ich dann noch Bilder und Berichte der fertiggestellten Schule, aber auch von der Schule "El Eden" sowie die vollständigen Abrechungen nach Deutschland an den Verein "Helft uns Helfen e.V." schicken. Ausserdem habe ich bei der Deutsch-Nicaruaguanischen Bibliothek den Besuch des Bücherbusses als mobile Bibliothek für die Schule "El Eden" beantragt und werde auch dieser Sache bei Zeiten ausgiebiger nachgehen. Situation im Land Die Lage im Land ist weiterhin stabil, auch wenn sich gerade in den letzten zwei Monaten die Preise hier unnatürlich schnell erhöhten. Diese Inflation betrifft die "arme Bevölkerung" besonders stark, da ihre Arbeit nach wie vor weder in Dollar ausbezahlt wird, noch sie über Geldreserven in anderen Devisen verfügt. Dies verursachte eine starke Zunahme der Gewalt und Überfälle, v.a. auf die hier reiche, meist weisshäutige, Bevölkerungsschicht, die bis heute anhält. Freizeitleben Durch die körperliche Belastung auf dem Bau nutzte ich die wenige Freizeit, die mir blieb, um mich ein bisschen auszuruhen und soviel Information wie möglich an meine Trägerorganisation weiterzuleiten, was mir bei den hiesigen Computergeschwindigkeiten und dem Diskettenverschleiss so einige Abende raubte. Die freien Sonntage verbrachte ich dann aber grösstenteils ausserhalb der Hauptstadt Managua; so verliess ich beispielsweise eines abends noch mit dem letzten Bus die Stadt, sprang auf die letzte Fähre nach Ometepe, wo ich mit Freunden am Folgetag den dortigen Vulkan bestieg. Ein Wochenende übernachtete ich in einem Schildkrötenreservat und hatte dort die jährlich einmalige Chance, nicht nur die Riesenschildkröten beim Eierlegen zu beobachten, sondern auch den tausenden Frischgeschlüpften aus den Sandgruben zu helfen. Einen Sonntag musste ich zudem noch für die Verlängerung meiner Aufenthaltsgenehmigung opfern, so fuhr ich 5 Stunden bis zur Grenze, reiste dort aus- und unmittelbar wieder ein, um so wieder als Tourist 90 Tage freien Aufenthalt zu haben. Als Sportbegeisterter konnte ich natürlich die Einladung zum sonntäglichen Fussballturnier des Stadtviertels nicht abschlagen, der Austragungsort war der Lagerplatz der konkursgegangenen Reifenfabrik des Barrios, bei der einst bis zu 50% der männlichen Bewohner des Stadtviertels gearbeitet haben. Dort spielten wir immer mit "Golden Goal" um Geld, wobei der Gewinner mit dem Mannschaftseinsatz von sich und dem des Gegners von jeweils 1.20 $ immer Wasser, Eis und Fruchtsäfte kaufte, und es bei der Verteilung absolut keine Rolle mehr spielte, ob man im Gewinner- oder Verliererteam gespielt hat. Diese drei Monate waren für mich im Rückblick sehr wichtig, so lernte ich bei den täglichen Gesprächen in den Pausen mit den Arbeitern viel über die Chancen, Bedürfnisse und Träume der materiell armen Bevölkerung und konnte so auch mein Spanisch in dieser Zeit sehr verbessern. Doch auch Zwischentiefs gehörten dazu; so wurde in mein Zimmer von einem Mitbewohner, der im selben Haus ein Zimmer mietete und, wie ich später erfuhr, illegal im Land war und seitdem untergetaucht ist, eingebrochen und dieses ausgeraubt. Nach Aussagen von Bewohnern und Freunden im Barrio "Jorge Salazar" musste ich zwei bei uns angestellte Aushilfskräfte entlassen, die nach Aussagen versucht haben sollen, gestohlenes Material zu verkauften, was mir alles nicht leicht viel. Während der Arbeit wurde mir nochmals eindrucksvoll klar, welches Privileg man allein mit der Deutschen Staatsbürgerschaft und einer bei uns so selbstverständlichen Ausbildung besitzt, denn "echte" absolute Aussichtlosigkeit und berufliche Unsicherheit ist hier unter den Arbeitern viel häufiger zu finden. Ein dazu eindrucksvolles Erlebnis war, als mich ein Arbeiter auf dem Lichtfest fragte, nachdem wir anstatt Reis mit Bohnen als Bonbon Pizza bestellt hatten, ob er vielleicht ein Stück seiner Tochter bringen könnte; er hatte ihr dies so oft schon versprochen, weil sie es noch nie gegessen hatte und hatte ihr diesen Wunsch aber bisher nicht erfüllen können. In diesem Sinne, Viele Grüsse aus Nicaragua Felix Heinrich 3. Quartal Projektverlauf von "Cantar de los Cantares" In den ersten sechs Wochen des jetzt schon dritten Quartals arbeitete ich wie bereits in den vorhergehenden drei Monaten ausschliesslich auf dem Bau der Schule "Cantar de los Cantares". In dieser Zeit stellten wir den Bau des letzten Klassenraums und der Umrandungsmauer unter meiner Aufsicht ferig. So beendeten wir Ende April das Hauptprojekt des Neubaus und der normale Schulbetrieb ohne Störungen konnte beginnen. Seit ersten März arbeiten neben drei Lehrerinnen und dem Direktor der Schule "Cantar de los Cantares" dort ein Nachtwächter, der sich wochenends 24 Stunden auf dem Schulgelände befinden wird. Der Neubau wurde wie geplant beendet, jedoch wurden die Kosten vorallem aufgrund der steigenden Preise auf dem Stahlmarkt überschritten. Auch deshalb konnte das Mobiliar noch nicht erworben werden, wir rechnen jedoch damit, dass wir Anfang Juli/Mitte Juli die benötigten Mittel für den Kauf der Einrichtung des Speisesaals/Küche und der einzelnen Schulräume bereitstellen können. Nach einwöchigem Urlaub besuchte ich erst mit dem Anfang der Regenzeit Mitte Mai wieder regelmässig die Schule "Cantar de los Cantares", um dort Problemstellen wie Pfützenbildungen und undichte Stellen konkret zu bearbeiten. Zusätzlich gruben wir einen Abwasserkanal, den wir dann unterirdisch mit Rohren an den nahe verbeifliessenden Cause " eine Art Bach, in den jedoch alle Abwasser und Fekalien geleitet werden - anschlossen, ein Novum hier im Stadtviertel, so wird das Abwasser fast ausschliesslich auf die Strasse geleitet werden und bei Sonnenschein zeitweise sehr unangenehme Gerüche verursacht. Ausserdem verbesserten wir die Zufahrtsstrasse und schütteten dort viel Erde auf, um so zu vermeiden, dass die Wassermassen, die bei Regen die Strasse entlang strömen, in den Schulhof fliessen, wie es über die letzten Jahre leider der Fall war. Bücherbus Der Bücherbus der Deutsch-Nicaraguanischen Bibliothek stattete am 3. Juni den ersten Besuch in der Schule "El Eden" ab und wird auch weiterhin den Kindern der Schule die Möglichkeit geben, neben Kinderbüchern auch Geschichten, sowie ausgewählte Literatur zu lesen. Diese ersten Besuche wurde neben den Kindern auch von der Schulleitung mit grosser Freunde aufgenommen, da die Schule nur über wenige Unterrichtsbücher verfügt und auch Kopien verhältnissmässig teuer sind, die Kinder also vorher fast keine Möglichkeiten zum Lesen hatten. Mein Aufgabenbereich Zunächst reduzierte ich die Zahl der Bauarbeiter in "Cantar de los Cantares", um so im kleineren Rahmen zu arbeiten, da wir mit dem Abschluss der Mauer und des letzten Schulraums nicht unter Zeitdruck standen, denn der Speisesaal konnte auf Grund des fehlenden Materials noch nicht eingeweiht werden und so fand dort bis zur Fertigstellung Ende April Unterricht der Vorschulkinder statt. Trotz der Einführung der 7-Tage-Woche war diese Bauzeit für mich entlastender und so konnte ich weitaus mehr direkt auf dem Bau mithelfen, dessen harte Arbeit mir viel Spass bereitete und meine praktische Bauerfahrung ernorm erweiterte. In der Osterwoche, die hier in Zentralamerika zu der grössten Feiertagswoche zählt, arbeiteten wir bis einschliesslich Donnerstag und fuhren am Karfreitag geschlossen an einen völlig überfüllten Strand, für viele der Arbeiter war der erste Ausflug seit Jahren, fingen aber schon am Sonntag nach Bitten mit dem Weiterbau an, da viele neben dem Verdienstausfall mit dem zweitägigen Ausflug finanziell angeschlagen waren und den Lebensmitteleinkauf der kommenden Woche sichern mussten. Nach zweiwöchiger Arbeit schlossen wir den Bau des letzten Schulraums ab und beendeten auch die Aufziehung der Mauer plangemäss, fügten lediglich einen kleinen Eingang mit Eisentür spontan hinzu, neben dem geplanten grossen Eingangstor für Fahrzeuge. Nach einwöchigem Urlaub mit meiner Schwester, die mich zu der Zeit besuchte, begann ich anfang Mai zusammen mit dem Direktor Fernando Ramirez mit den Ausbesserungsarbeiten an den einzelnen Schulräumen, so verputzten wir undichte Stellen und gruben einen Graben als Abflusskanals mit Anschluss an ein zuvor verlegtes Abwasserrohr. Zudem schütteten wir die Strasse mit Erde auf, um so das Gefälle gegen unsere Maür und das Eingangstor umzukehren und die Wassermassen umzuleiten. Auf die letzten Maiwoche fielen zwei Feste, bei welchen ich organistarisch mithielf, neben dem Muttertag feierten wir den Kindertag, auf letzteren legten wir besonders viel Wert und versuchten so gut wie möglich auf die Kinderwünsche einzugehen. So durfte ich nicht nur bei selbsterfundenen Wettkämpfen wie "Cola-auf-Geschwindigkeittrinken" (wobei es nicht um siegen ging, sondern hauptsächlich um das Trinken der hier als Luxusgut empfunden Cola) oder "Luftballon-bis-zu-Platzen-aufblasen", sondern auch bei in Deutschland verbreiteten Spielen wie Sackhüpfen und Wettrennen als Schiedrichter fungieren. Für die ersten Klassen stand natürlich die Piñata auf dem Programm, eine bei uns in diesem Falle mit Murmeln gefüllte grosse Puppe, auf die so lange von einem Kind mit verbundenen Augen eingeschlagen wird bis der meist komplette Inhalt auf einmal herausfällt. Nach der Piñata als Höhepunkt war auch kein Programm mehr notwendig, da mit den Murmeln, dem momentanen Trendspiel, jedes Kind beschäftigt war. Besondere Freude kam dann erst wieder beim Essen auf, wo mit "Arroz a la Valenciana" auch der Apettit aller Kinder, egal ob Schüler oder Besucher gestillt werden konnte. Nach mehreren Besuchen in der Deutsch-Nicaraguanischen Bibliothek fand am 3. Juni der erste Besuch der Bücherbusses in der Schule "El Eden" statt, nachdem der erste Versuch gescheitert war, da zunächst die Strassenverhältnisse für die Zufahrt verbessert werden mussten. Dies hatte ich in den darauffolgenden Tagen zusammen mit Louis, einem der Arbeiter, der sowohl in "Cantar de los Cantares" also auch schon bei vielen unseren Projekten mitgeholfen hatte, getan und so wurde neben dem Füllen unzähliger Reissacke mit Erde und dem Fällen und Kürzen einiger Bäume die Zufahrt nicht nur sichtlich verbessert und nach der Verlegung des Abwassergrabens in die Mitte der Strasse konnte der Bus nun problemlos einfahren; mal sehen wie lange dies anhält, da die Schule als einziges Grundstück fast täglich angefaheren wird, denn die Anwohner in dem verarmten Stadtviertel "Villa Nueva" besitzen zum Grossteil kein Kraftfahrzeug. Zudem hatte ich die Chance, zusammen mit den Bücherbus einige Gefängnisse von Nicaragua anzufahren und dort zu bei dem Bücherverleih zu mitzuhelfen, welche ich auch mehrmals nutzte. Diese Gefängnisse werden regelmässig angefahren und so wird den Inhaftierten die Möglichkeit gegeben, ihre Zeit mit ausgewählter Literatur zu füllen. Aussichten Auch für die letzten 3 Monate denke ich, dass noch genug Arbeit anfallen wird. Neben dem Einkauf des Mobiliars, also der Küchenausstattung und der Schulpulte für die Klassenräume sowie den Schulstühlen werde ich voraussichtlich noch Regale für die Vorratskammer und den Lagerraum bauen, sobald ich dort die genauen Masse und das vorhandene Budget kenne. Außerdem planen wir einen spiralförmigen Sicherheitszaun an der Maür auf Strassenseite von der Schule "Cantar de los Cantares" zu befestigen, um so nach dem Erwerb des Mobiliars auch dessen Erhalt zu garantieren. In den letzten Jahren wurde dort mehrmals eingebrochen, was hoffentlich nach den getroffenen Sicherheitsmassnahmen und der Einstellung des Nachtwächters nicht mehr vorkommen wird. Zudem möchte in "Cantar de los Cantares" noch Strom verlegen, da wir auch dort über einen Anschluss verfügen, der doch bis jetzt weitgehend ungenutzt ist. Nach dem Einkauf des Mobiliars steht die offizielle Einweihung bevor, bei der wir sowohl von Botschaftsseite als auch von Bildungsministerium mit Vertretern rechnen und dies dann in entsprechenden Rahmen feiern wollen. Freizeitleben Nachdem ich zunächst sieben Tage die Woche auf dem Bau gearbeitet habe, kam meine Schwester zu Besuch und ich verbrachte mit ihr die Wochenenden meist an verschiedenen Ecken Nicaraguas. Gleich nach Abschluss des Baus und damit Sicherung der ganzen Schule vor möglichen Einbrüchen zogen wir uns in ein Dorf mitten im Regenwald an der Karibikküste zurück und ich konnte dort mal wieder nach längerer Zeit ausruhen, wenn auch nicht körperlich, da wir mit uns allen Junglewanderungen anschossen und auch noch Freundschaften schliessen konnten, die uns viel mit ihrem Boot von der Landschaft und der Tierwelt ihrer Umgebung zeigten. Wir begegneten zwar keinem Tiger, die es dort auch geben soll, hatten aber viel Spass mit wilden Krokodilen und Affen, Schlangen und einer Vielzahl uns bisher unbekannter Tiere. Aus privatem Anlass besuchte ich mit meiner Schwester auch das Umwelterziehungsprojekt auf Ometepe, das auch von meiner Trägerorganisation "Helft uns Helfen e.V." getragen wird und lernte nach den zuletzt hektischen Bautagen einmal mehr den Reichtum und die Ruhe dieser Vulkaninsel kennen. Dieses Quartal verging nicht nur für meine Schwester rasend schnell, so bin ich jetzt schon am Anfang meiner letzten drei Monate angelangt, in denen mich meine Eltern mit meinem Bruder besuchen werden, was mich sehr freut, da ich auch ihnen das hier alles zeigen will. Besonders interessant für mich waren die zahlreichen Gefängnissbesuche, in der viele der Inhaftierten die Möglichkeit des Freigangs nutzten, um über ihr Leben und ihrer Vergangenheit zu erzählen, dies war zum Teil aber auch sehr erschreckend, da viele der Inhaftierten noch keine 16 Lebensjahre erreicht haben und für Kavaliersdelikte ins Gefängniss gesperrt wurden. Die Inhaftierung von Minderjährigen ist auch hier verboten, jedoch verfügt Nicaragua nicht über eine Art "Jugendgefängnis" und daher werden "Kinder" mit teilweise erschreckenden Lebensgeschichten weder psychologisch behandelt und mit Hochkriminellen im selben Gefängnis gehalten. Viele Grüsse aus Nicaragua Felix Heinrich 4. Quartal Projektabschluss des Neubaus der Schule "Cantar de los Cantares" Nach dem Abschluss weiterer Ausbesserungen beliefen sich die meisten Arbeiten auf die Vorbereitung der bevorstehenden Einweihung. So verputzten wir noch viele Säulen der Verbindungsmauer der Kirche zur Aula 3, da diese Mauer die beiden Pausenhöfe verbindet und als einziger Durchgang fungiert und daher für die bevorstehende Einweihungsfeier "ansehnlicher" gestaltet werden sollte. Auf Wunsch der Direktorin kürzten wir noch Bäume und Sträucher im Eingangsbereich, besserten die Eingangstür nach, reparierten die Schultoiletten und reinigten den Raum, der nach Einkauf des Mobiliars und des Einbaus der Trennwand einerseits als Klassenzimmer für die Vorschulkinder, als auch als Direktion dienen sollte. Ende August kauften wir schlussendlich das Schulmobiliar, bestehend aus je 35 neuen Schreibstühlen (span. pupitres) für jedes der drei Klassenzimmer, einem bisher für Lehrkräfte von "Cantar de los Cantares" unbekannten Pult mit zugehörigem Stuhl, vier "Sets" bestehend aus kleinen Tischen mit jeweils 6 Stühlchen für die Vorschulkinder. Zudem wurde die Direktion und der Speisesaal mit angrenzender Küche komplett eingerichtet, damit dort bald nicht nur Lehrersitzungen gehalten werden können, sondern die Kinder auch zukünftig eine warme Mahlzeit in der Schule nach dem Vorbild von "El Eden" bekommen können. Ein Woche vor der Einweihung in der ersten Oktoberwoche, kaufte ich zusammen mit einem Freund aus Deutschland und meiner Schwester, die mich gerade besuchten, die Einzelteile für den Bau der Trennwand. Diese wurde dann nach Vorstellung der Direktorin zusammengebaut und blau angestrichen. Der Bücherbus besuchte weiterhin die Schule "El Eden" in regelmäßigen Abständen. Die Besuche verliefen wie geplant und werden auch nach meiner Abreise weiter stattfinden. Zusammen mit Ivo, dem Zivildienstleistenden der deutsch-nicaraguanischen Bibliothek, half ich bei der Ausarbeitung eines Informationsvideo über die Arbeit des Bücherbusses hauptsächlich in Gefängnissen mit, jedoch auch in der Schule "El Eden". Dafür begleitete ich den Bus wiederum bei mehreren Besuchen in entlegene Gefängnisse und hatte dort auch nochmals intensiven, prägenden Kontakt zu Insassen. Mein Aufgabenbereich Die Arbeit, die ich bis zur Einweihung am 10.Oktober verrichtete, gestaltete sich äußerst vielseitig. In der zweiten Hälfte des Juni-Monats und im Juli beliefen sich die Arbeiten hauptsächlich immer noch auf praktische Ausbesserungen, bis ich dann für zwei Wochen den Unterricht der Vorschulkinder übernahm, da deren Lehrerin krank geworden war und Doña Teresa sich immer in der anderen Schule "El Eden" aufhielt, da auch dort Personalmangel bestand. Der "Unterricht" der mir sehr ans Herz gewachsenen Vorschulkinder war für mich eher die Bändigung einer wilden Kindergruppe mit gelegentlichen Unterrichtseinheiten wie Wochentag-Auswendig-Lernen, Uhrzeit-Lesen, Bis-20-Zählen usw. Diese Arbeit war für mich, als übermotivierten Aushilfslehrer, anfangs sehr anstrengend, so arbeitete ich in diesen Wochen nur Vormittags und ging nach der Mittagspause nach Anfang des Unterrichts der älteren Jahrgangsstufen gegen 14 Uhr nach Hause, erschöpft, nach stundenlangen Diskussion, wer denn nun zuerst aufs Klo gehen und wer das Wasser aus dem Wasserhahn zum trinken abfüllen dürfe. Diese zwei Monate waren für mich persönlich mit vielen nachhaltigen Erfahrungen verbunden, vor allem sprachlich fühlte ich mich den Kindern näher und hatte so beispielsweise auch die Möglichkeit einige Familieneltern kennen zu lernen, Kindergeburtstage mit zu feiern und einige Schüler beim täglichen Einkauf außerhalb der Schulzeiten zu begleiten. Anfang August bekam ich Besuch von meinen Eltern und meinem Bruder, mit denen ich hauptsächlich reiste und daher nicht arbeitete. In dieser Zeit befand sich Fernando Ramirez, Sub-Direktor von "Cantar de los Cantares" fast ganztägig in der Schule und leitete den Schulbetrieb. Kurz vor Abflug meiner Eltern kauften wir noch, zusammen mit Doña Teresa und Fernando Ramirez, das Mobiliar ein. Nach harten Verhandlungsrunden erhielten wir an allen Orten den Zuschlag für die gewünschte Ware, doch auch hier bekamen wir die Auswirkung des zuletzt von Wirtschaftsexperten schon "abnormale" Aufkaufens von Stahl für den besonders chinesischen Markt wieder einmal hart zu spüren. Preise stiegen hier teilweise über 30 % gegenüber denen des Vormonats und boten so weniger Spielraum für Mengenrabatte. Freizeitleben Mit meinen Umzug Anfang Juni in eine Wohngemeinschaft mit einer Waliserin, einem Nicaraguaner und einer Deutschen änderte sich auch ein Freizeitleben komplett. In meiner Freizeit kochte ich, hierbei u.a. Nudeln, so aß ich also nur noch einmal täglich in der Mittagspause in der Schule Reis mit Bohnen, die ich jetzt im Nachhinein komischerweise ein bisschen vermisse, hörte viel Musik und las viel. Außerdem spielte ich in zwei Fußballmannschaften, reiste mehr und ging auch des Öfteren aus" Höhepunkte dieser vier, im Rückblick ruhigen und stressfreien Monate, waren meine Reisen. So fuhr ich mit Freunden bspw. nach Guatemala und Mexiko. Tief beeindruckt von der Lebensweise der Mayaindianer im guatemaltekischen Hochland verbrachten wir dort viel Zeit, besuchten abgelegene Dörfer und suchten immer den Kontakt mit den Einheimischen. Aber natürlich werden auch die Reisen mit meiner Familie und Freunden aus Deutschland für mich in besonderer Erinnerung bleiben, so konnte ich ihnen endlich mal all das zeigen, von dem ich während dieses Jahres so aufregend berichtet habe. Persönliches Fazit Nicaragua war, vor knapp einem Jahr nicht viel mehr als ein Ländername für mich. Sobald ich dieses Wort heute in den Medien höre, horche ich auf und " Vieles, was ich höre ärgert mich, vieles berührt mich zutiefst und lässt mich gedanklich woanders sein" Mein Zivildienst im Nicaragua. Einmalig. Diese Erfahrungen kann ich nicht in Worte fassen. "Helft uns Helfen e.V." hat mir bei der Verwirklichung meines alternativen Dienstes sehr geholfen. Vor wenigen Wochen bin ich nun zurückgekehrt und trage dieses Land, die andere Lebens.- und Denkweise immer noch tief in mir.