Dokumentation über die Pfarrkirche St. Heribert zu

Transcription

Dokumentation über die Pfarrkirche St. Heribert zu
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Dokumentation über die Pfarrkirche St. Heribert zu Kreuzau
II-.
4I
*‘•
f4
Liebe Gerneindemitglieder,
liebe Besucher unserer Pfarrkirche St. 1-lerihert,
als kleines Dankeschön für Ihre bisherige treue Unterstützung und Spendenhereitschaft zugunsten
der Renovierung unserer Pfarrkirche möchten wir ihnen im Laufe der Zeit eine vollständige
Dokumentation über unsere hochgolische Pfarrkirche an die 1 land geben.
Die fortlaufenden Ausgaben können gesammelt werden und SO ZU einem umfangreichen
Nachschlagewerk über unsere bau- und kunsigeschichtlich beachtenswerte Pfarrkirche zusammen
gefügt werden.
Die Dokumentation ist wie folgt aufgebaut:
1. Inirnltsverzeichnis der I)okumentation
2. Zeichnungen von Grundrissen. Schnitten, Ansichten und Details
3. Fotografien von Details von Innen und Außen
4. Geschichte mit Erläuterungen zu den einzelnen i3auelemenien und zur baulichen Entwicklung
Die Zeichnungen resultieren aus örtlich getätigtem Aufmaß, geschätzten Maßermittl ungen,
Auswertungen von Fotos und Fachliteratur. Vorhandene alte Bauzeichnungen und Gutachten dienen
als weitere Quellen.
Wir hoffen, Ihnen mit der 1-lerausgabe der Dokumentation über unser Gotteshaus, dem
Zentralpunkt unserer Gemeinde, eine kleine Freude bereiten zu können.
Unsere Vorfahren haben diese Kirche aus ihren Glauben heraus erbaut als Zeichen und Ort
der Gegenwart Gottes unter uns Menschen.
Mit freundlichen Grül3en
11w
—
Pflirrer
—
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 1.000
Vorwort
Liebe Gemeindemitglieder,
liebe Besucher unserer Pfarrkirche St. Heribert,
als kleines Dankeschön für Ihre bisherige treue Unterstützung und
Spendenbereitschaft zugunsten der Renovierung unserer Pfarrkirche möchten wir
Ihnen im Laufe der Zeit eine vollständige Dokumentation über unsere hochgotische
Pfarrkirche an die Hand geben.
Die fortlaufenden Ausgaben können gesammelt werden und so zu einem
umfangreichen
Nachschlagewerk
über unsere bau- und kunstgeschichtlich
beachtenswerte Pfarrkirche zusammengefügt werden.
Die Dokumentation ist wie folgt aufgebaut:
1.
2.
3.
4.
Inhaltsverzeichnis der Dokumentation
Zeichnungen von Grundrissen, Schnitten, Ansichten und Details
Fotografien von Details von Innen und Außen
Geschichte mit Erläuterungen zu den einzelnen Bauelementen und zur baulichen
Entwicklung
Die Zeichnungen resultieren aus örtlich getätigtem Aufmaß, geschätzten Maßer
mittlungen, Auswertungen von Fotos und Fachliteratur. Vorhandene alte
Bauzeichnungen und Gutachten dienen als weitere Quellen.
Wir hoffen, Ihnen mit der Herausgabe der Dokumentation über unser Gotteshaus,
dem Zentralpunkt unserer Gemeinde, eine kleine Freude bereiten zu können.
Unsere Vorfahren haben diese Kirche aus ihren Glauben heraus erbaut als Zeichen
und Ort der Gegenwart Gottes unter uns Menschen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dieter Sülzen
Pfarrer
-
-
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 1.101
Inhaltsverzeichnis
Seite
Inhalt
Deckblatt in Farbe
1.000
Vorwort
1.101
1.102
Inhaltsverzeichnis, 1. Seite
Inhaltsverzeichnis, 2. Seite
2.000
Zeichnungen
2.100
Grundrisse
2.120
2.130
2.140
2.150
2.160
1 Grundriss der Fundamentebene
Grundriss der Ebene
Grundriss der Ebene + 1, Grundriss der Türebene
Grundriss der Ebene + 2, Grundriss der Fensterebene
Grundriss der Ebene + 3, + 4, + 5
Dachd raufsicht
Grundriss durch das Kellergeschoss, Heizungskeller
2.200
Schnitte
2.211
Längsschnitte
2.212
Querschnitte
2.212 1
2.2122
2.2123
bis
2.2126
Turmquerschnitt
Querschnitt mit Chor-Innenansicht
2.220
Ansichten
2.2211
2.2212
2.2213
2.2214
Westansicht
Ostansicht, Choransicht
Südansicht, Männer- bzw. Epistelseite
Nordansicht, Frauen- bzw. Evangelienseite
2.230
Details
2.231
Apostelleuchter mit den dazu gehörigen Medaillons
2.2311
2.2312
2.2313
2.2314
2.2315
2.2316
2.2317
2.2318
2.2319
2.23110
2. 23111
2.23112
Medaillon
Medaillon
Medaillon
Medaillon
Medaillon
Medaillon
Medaillon
Medaillon
Medaillon
Medaillon
Medaillon
Medaillon
-
Querschnitte durch dem Turmhelm
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
[
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 1.102
Seite
Inhalt
2.232
Außentüren
2.2321
2.2322
Übersicht im Maßstab
Türen und Turmportal
2.233
Inneneinrichtungen
2.2331
Übersicht im Maßstab
2.2332
2.2333
2.2334
2.2335
2.2336
2.2338
2.2339
2.33310
2.23311
2.23312
2.23313
bis
2.2331 33
2.23314
bis
2.233145
Hauptaltar im M. = 1:20
Wandtabernakel im M. = 1:15
Piscina und Sacraruim im M. = 1:10
Ambo im M. = 1:10
Beichtstühle im M. = 1:20
St. Heribertaltar
Muttergottesaltar
Mariahilfaltar
Altarmensa
Grabkreuz der freladligen Familie von Tork
=
1:200
=
1:200
Die Orgel in der Pfarrkirche St. Heribert
Der Glockenstuhl in der Pfarrkirche St. Heribert
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
.
Seite 1.103
3.000
Fotoseiten
3.011
3.012
3.013
3.014
3.015
3.016
3.017
3.018
3.019
3.0110
3.0111
3.0112
3.0113
Außentüren
Turmportal
Gedenktafel, links im Altarraum
Wandtabernakel, rechts im Attarraum
St. Heribert, rechtes Seitenschiff
Marienaltar
Taufbecken
Medaillons unter Apostelleuchter, Seite 1
Medaillons unter Apostelleuchter, Seite 2
Medaillons unter Apostelleuchter, Seite 3
Von Tork-.Kreuz
Josef-Statue, linkes Seitenschiff
Süd-Ost-Ansicht
Ab hier neue Bilder
3.020
3.021
3.022
3.023
3.025
3.026
3.027
3.028
Piscina, rechts vom Altar
Orgelansicht
Choransicht
Kreuz auf dem Altar
Glasgemälde der Muttergottes im linken Seitenschiff
Grabplatte der Mutter von St. Heribert im Altarraum
Standkreuz im Chorbereich
Ambo, Seitenansicht
Bis jetzt sind die Fotoseiten:
3.000 Süd-Ost-Ansicht der Kirche,
3.029 Chorfenster,
3.029 Marienfenster über dem Josefaltar
in der Dokumentation enthalten.
Wird weitergeführt und ist noch nicht auf dem letzten Stand.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 1 104
4.000
Geschichte mit Erläuterungen zu den einzelnen
Bauelementen und zur baulichen Entwicklung
4.101 bis
4.10
Einführung in die Geschichte, Wesen, Bedeutung und Baukunst in der
Gotik.
4.200
Erläuterungen zu den einzelnen Bauelementen und zur baulichen
Entwicklung der Pfarrkirche St. Heribert in Kreuzau.
4.201 bis
4.206
Beschreibung der Apostelleuchter und Medaillons mit Kreuzen
4.207 bis
4.209
Beschreibung der Außentüren
4.210 bis
4.211
Gederikpiatte der Mutter St. Heribert, Tiedwidis
4.212 bis
4.213
Hauptaltar
4.214 bis
Wandtabernakel
4.216
4.217
Piscina und Sacrarium
4.218 bis
‘.223
Ambo
4.2301
bis
4.2317
Hochchor
4.224
4.225
4.226
4.227 bis
4.228
4.229
4.2210 bis
4.2211
4.2212 bis
4.2220
4.2221 bis
4.222 12
Die Fenster des Hochchores
4.3001
bis
4. 3012
St. Josefaltar
St. Heribertusaltar
Muttergottesaltar
Altar der lmmerwährenden Hilfe
Altarmensa
Grabkreuz der freiadeligen Familie von Tork
Die Orgel in der Kirche St. Heribert
Das Langhaus und die Seitenschiffe
Das Turmhaus
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
1
Seite 1.105
4.3013
bis
4.3027
Die Glocken in der Pfarrkirche St. Heribert in Kreuzau
[
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.000
2M00
Zeichnungen
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
.
Seite 2.100
2.100
Grundrisse
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.120
2.120 Ebene+1 imMaßstab=1:250
Grundriß in Türebene
m
m
01
c
12
0
19 85
KathoUsche Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.130
2.130 Ebene +2 im Maßstab = 1:250
Grundriß in Fensterebene 1 und Kreuzgewölbe
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.150
2.150 Dachdraufsicht im Maßstab
=
1:250
L
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.160
2.160 Kellergeschoss im Maßstab
=
1:100
2.90
L
—
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w
m
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(/1
2.08
Shrge
49
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Sefte 2.200
2.200 Schnitte
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.211
2.211
Längsschnitte
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.212
2.212 Querschnitte
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.21 21
2.2121
Querschnitt durch den Turm, Turm-Geschossgrundrisse,
Ansicht (Turmhelm), Glocken mit Glockenstuhl, M. = 1:200
Pl
0
c
CN
80
In
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Gruridschni lt 3-3
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Grundschnitt 2-2
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3
1:
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2
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2
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00
l3rundschnilt 1-1
WESTEN
OSTEN
+-0 .00
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2122
2.21 22 Querschnitt mit Chor-Innenansicht
Maßstab = 1:150
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2123
2.2123 Querschnitt „1-1“ durch den Turmhelm,
mit Sicht gegen die Sparren
0
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Draufsicht auf die Sparren- und Pfettenlage
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2124
ngen,
2.2124 Querschnitt „U-W‘ mit Sicht gegen Andreaskreuzaussteifu
Aussteifungen jeweils zwischen den Gratsparren
E
Eberie E
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0
-El
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Ebene D-DJ
Ebene rn
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B
Ebene B-8
NOREEN
den
Draufsicht auf die Ebene „A-A“ mit Einstiegsöffnung, Ebene mit Fußbo
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2125
e
2.2125 Querschnitt „111-IN“ mit Sicht gegen ein Gratsparrengebind
E
--.
—
ben E-E
D
Co
(‘1
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(\J
CN
cl)
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.221
2221
Ansichten
[
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2211
2.2211
Westansicht, Turmansicht
Maßstab = 1:110
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2212
2.2212 Ostansicht, Choransicht
Maßstab = 1:220
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2213
2.2213 Südansicht, Männer- bzw. Epistelseite
Maßstab = 1:250
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.22 14
2.2213 Nordansicht, Frauen- bzw. Evangelienseite
Maßstab = 1:250
1‘
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.230
2.230
Details
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.231
2231
Apostelleuchter mit den dazu gehörigen Medaillons
[
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 22311
1:S
1. Medailton, M
Henkel-oder ägyptisches Kreuz
crux ansata
12®Ø
ijbersichi
0
0
6
1:300
im M.
040
0
2
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2312
2. Medai[IDn. M
=
1:5
Gabet-, Schacher-, Deichse[- Kreuz
As[kreuz
Uers ‚cM
0
0
im M.
1300
0
0
0
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2313
3. Medaitlon, M
=
1:S
Konstant inisches Kreuz
[hrisusmcncgram ([rismon)
Ubersicht im M.
0
0
1:300
0
0
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2314
4. MedaitLon, M
=
1:
Karol us-Kreuz
Sinum Kaiser Kars Öes 6roen
1
1
1
JvOuE®u
Ubersichl
oo
1
1
LDO
im M.
=
0
U
1300
0
UlUpUpUIip
0
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2315
5. Medaillon, M
1:8
=
Lo[hringisches (Doppel-) Kreuz
auch Pa[richalkreuz
Ubrsctir
0
0
im M.
1:OO
0
0
0
J
Kathohsche Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2316
6. Medaillon, M
=
1:5
Päpstliches Kreuz
Ubers cflt
0
0
M.
=
0
13OO
0
0
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2317
7. M2daiLlon, M
=
Kteebtat t-Kreuz
Übers cM
0
0
im M.
=
0
1:300
0
0
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2318
8. Medaillon, M
=
1:5
Wieder-Kreuz
Uie Balkenenden ergeen wieder ein Kreuz
Ubersi ch
0
0
mi
1oo
M
0
0
0
‚
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2319
9. Medaitton
M
=
Petrus Kreuz
Uters cn 1
0
0
m M.
=
0
3OO
0
0
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.23110
10. Medailton, M
=
Anker-Kreuz
Normal senkreLh[, hier diagonal dargestell[
Ubersicht
0
0
1,300
im M.
0
0
0
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2311
11. MedaiLlon. M
Wahrscheinlich eine Kombina[ion
Jerusalem—Kreuz
VOfl:
und
Ubersicht
0
0
Weihe- Kreuz
im M.
=
0
1OO
0
0
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.23112
12. Medailton, M
=
iS
Mal leser- oder Johanniler—Kreuz
Das Zeichen iies Johanni terordens
Ubers icht
0
0
im
M.
=
0
1.300
0
0
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.232
2.232 Außentüren
[1
Ilür 1
0
Männer- bzw
Frauen- bzw
EpisetseUe
0
0
Evanget ensei te
0
0
0
0
Ib%)
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II
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1
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(1)
0
0
Z3
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2322
2.2322 Die Außentüren im M.
=
1:50
‘0
m
LJ
[oL
‘1
1 29
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9
9
[Tür 1, hintere Tür (Frauensei
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ITür 2. hintere Tür (Mnnersei te)I
LL
[L
9
1
ITür 3. vordere Tür (Frauensei te)J
LL
95
9
9
TOr 4. (Sakristeitür)
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Ui
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L
61
.
1 58
Tür 5. (Turmtür)
L
9
61
L
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.233
2.233 Inneneinrichtungen
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.233 1
2.2331
Übersicht im M.
=
1:200
02
0
01
02
03
04
OS
06
07
08
09
10
11
12
13
14
1S
10
0
0
07
12
10
HauptaLtar
Wandtabernaket
Pisc.ina
Amba
Josefallar
Her ibertaltar
Mariahilfaltar
Wandschrank,Gestüh[
Wandschränke
Beichtstühte
GestfJhL (Sakristei)
Gestühi (Mnnerseite)
Kerzentisch
Attarmensa
Marienaltar
9.
1
1
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L
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II
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-.
1
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C)
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CD
N
CD
1
CI)
CD
CD
CD
CD
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2333
2.2333 Wandtabernakel, Vorderansicht im M.
IN CRUCE
SALUS
DIR. 1944-45
REN. 1946-50
REN.
1993
‘
=
1:15
Auslauf (außen)
1
r%)
CO
-o
1%)
Vorderansicht
Seitenansicht
EHEEEEHEZzzz
Rückansicht
0
-
-
II
3
0
3
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C.)
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c
N
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0
CD
-‚
CD
0
:3CD
(/)
-‚
-*‚
-a
CD
(13
0
0
:3-
L
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2336
2.2336 Beichtstühle im M.
Seitenansicht
=
1:20
Vorderansicht
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 22338
2.2338 St. Heribertaltar
m
Lr
L
S6
1
1
L
1.6S
1
12.S
1
L
‚Lio1,io4,
1
12.
‚LioLio,L.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.2339
2.2339 Muttergottesaltar
‘LJ,
Lr
Lfl
———
In
J___
11‘
L—.
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L 38 Lit,
L.
1
3. LLioL
111
L 14 ‚14
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1.3S
1 IS
.
13.S
13.5
1.15
‚.
.1‘
L1OLL3 .S
1.42
KathoIsche Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.23310
2.23310 Mariahilfaltar
L
30
60
30
0
cJ
m
0
120
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.233 1 1
22331 1 Altarmensa
99
0
±
÷
+
0
21
‚L
1.20
2.53
LI
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.23312
2.23312 Grabkreuz der freiadeligen Familie von Torck
27.5
13
27.5
5.5
0.
IN
2.5 2.
‚
Kneuzguerschnitt
IN
-
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0
-
0
u—
SEELIG
IOH.
DIE
IM HERREN STERBEN.
THOMAS LEOPOLD lOS.
GEBOREN
GESTORB,
1755 0.
1635 0.
VON TORCE
25‘
APRIL
60- IUSIY
US
79
5
FRANZ ANTON
GEBOREN
GESTORBEN
LJ
IOSEPH VON TORCK
1801 0.
1635 0.
MAI
25‘
22‘ SEPTEMBER
MARIA CATHARINA VON TORCE
GEB.
4‘ JAN
GEST
1760
3‘ OKT,
0.
1841
IN
In
ALEXANDER VON TORCI<
GEB
8.
MAR
GES
15‘ AS.
1788
GEST
0.
CATHA.RINA CHRIST
8 7‘
JAN
GEST
1789
GERTRUD BERN
GES
0 7‘NOV
GEB
6 5‘ NOV
11
3‘ OCT
1883
VON TORCI<
07‘ MAI
1867
BERT VON TORCE<
GEST.
1789
0
26‘
MÄRZ.
1883
ANTON JOSEPH VON TORCE
ST,
1780
014“ MÄRZ.
1869
MARIA FRANCISCA WILHELMINA VON TORCK
0513
3
15‘ MAI
1804
GEST
0,4‘ MÄRZ
1883
IN
1 .44
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.23313
2.23313 Die Orgel in der Kirche St. Heribert
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.233131
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Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.233132
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Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.23314
2.23314 Der Glockenstuhl in der Pfarrkirche St. Heribert
Allgemeine Beschreibung zu Glockenstühlen
Glockenstühle werden vom Zimmermann hergestellt, und sie sind in der Regel aus
Eichenholz angefertigt.
Sie haben zwei Funktionen zu erfüllen:
1. Die Holzkonstruktion dient dazu, das große senkrecht wirkende Gewicht der
Glocke nach unten (meist durch Sprengwerke) auf die Unterkonstruktion, z. B.
Außenmauerwerk, zu übertragen.
2. Die Holzkonstruktion dient weiter dazu, die waagerecht wirkenden Kräfte, die
aus dem Schwingen der Glocke beim Läuten entstehen, über Aussteifungen
aus schrägen Hölzern, wie Streben, Sprengwerke oder Andreaskreuze auch
nach unten auf die Unterkonstruktion, z. B. Außenmauerwerk, zu übertragen.
Übersicht eines Glockenstuhlmodells
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2.233141
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A-C12 + A-C13
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A-C/1 +A-C/4
2.233145
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 2233142
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Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
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Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
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Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
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Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
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FOTOSEITEN
4
.
.
Süd-Ost-Ansich
.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 3.011
ußentüren
4
Tür 01, Frauenseite hinten
Tür 02, Männerseite hinten
Tür 03, Frauenseite vorne
Tür 04, Sakristeitür
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 3.029
.
Chorfenste
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 3.0127
Marienfenster über dem JosefaIta
Innenansicht, Fenster 01 -S
Innenansicht, Fenster 06-S
Innenansicht, Fenster 02-S
A
Innenansicht, Fenster 05-S
Innenansicht, Fenster 03-S
PL
Sud- bzw. Mnnersei tel
•
Innenansicht, Fenster 04-S
Gesamtübersicht der Fenster 01-N bis 08-N und 01-S bis 06-S
Innenansichten der Fenster 01 -S bis 06-S im rechten Seitenschiff (Männerseite), Südseite.
Innenansicht, Fenster 01 -N
Innenansicht, Fenster 05-N
Innenansicht, Fenster 02-N
Innenansicht, Fenster 06-N
Innenansicht, Fenster 03-N
Innenansicht, Fenster 07-N
Innenansichten der Fenster O1-N bis 08-N im linken Seitenschiff (Frauenseite), Nordseite.
Innenansicht, Fenster 04-N
r
Innenansicht, Fenster 08-N
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4000
4M00 Geschichte mit Erläuterungen zu den einzelnen
Bauelementen und zur baulichen Entwicklung
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.101
4.100 Geschichte
populis caelestia regna
praestat
signum
Hoc
(Diese Zeichen zeigt den Völkern das himmlische Reich)
Besancon/ Frankreich
-
Emführung in Geschichte, Wesen, Bedeutung und Baukunst der Gotik
Der Begriff Gotik bezeichnet zusammen mit dem der Romanik die beiden recht
einheitlichen Stilgruppen in der Baukunst des Mittelalters. Diese Bezeichnungen
entstammen nicht dem Selbstverständnis dieser Epochen, sondern einer späteren
Zeit. Der Begriff Gotik wird in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Italien, der der
Romanik erst um das Jahr 1820 in Frankreich geprägt.
Die Bezeichnung Gotik steht in keiner Weise im Zusammenhang mit den aus
Skandinavien kommenden Goten aus der Zeit der Völkerwanderung. Zu Beginn der
Renaissance setzt sich in Italien die Ansicht durch, dass die dort geprägte
Bezeichnung “gotisch“ gleichbedeutend mit “barbarisch“ zu verstehen sei. Man geht
sogar so weit, dass man jegliche nördlich der Alpen entstandene Baukunst als
gotisch erachtet.
Der erste gotische Kirchenbau entsteht zwischen den Jahren 1140 und 1144 in
St. Denis in Frankreich. Von hier aus verbreitet sich die gotische Baukunst mit
regionalen Verschiedenheiten- in knapp 60 Jahren über fast ganz Europa. Je weiter
die Gotik in östliche Richtung vordringt, desto mehr verlangsamt sich ihr
Voranschreiten. In Deutschland vollzieht sich der Wandel von der Romanik zur Gotik
zu Beginn des 13.Jahrhunderts, wobei fließende Übergangsformen, wie bei uns im
Rheinland, Anwendung finden. Im Bereich der Dorfkirchen baut man bis weit in das
13. Jahrhundert hinein oft noch romanisch.
In Deutschland ist der Durchbruch der Gotik nach französischem Vorbild mit dem
Baubeginn des Kölner Domes im Jahre 1248 gleichzusetzen. Man nennt den neuen
Baustil “opus francigenum“, was soviel bedeutet wie “französische Bauweise“.
Die Gotik gliedert sich in Deutschland in drei Entwicklungsphasen und zwar in die
Frühgotik von 1235 bis 1250, die Hochgotik von 1250 bis 1350 und die Spätgotik
bis 1520.
Der gotische Baustil darf nicht als Ablehnung der bisherigen romanischen Bauweise,
sondern als deren Überschreitung verstanden werden.
Eine bessere Beherrschung der Bautechnik, künstlerische Überlegenheit verbunden
mit zunehmendem handwerklichen Können lassen die Baumeister der Gotik herrliche
Bauwerke schaffen, in denen sich Anmut und Leichtigkeit mit Stabilität vereinen.
Wachsender Wohlstand innerhalb eines aufstrebenden Bürgertums, eine tiefe
gelehrte
Gläubigkeit, soziale und geistige Umwälzungen, insbesondere die
n
symbolreiche
der
Theologie des Mittelalters bahnen im 12. und 13. Jahrhundert
gotischen Architektur den Weg.
In seiner “Kulturgeschichte der Menschheit“ bezeichnet W. Durant die gotische
Baukunst als die höchste Errungenschaft der mittelalterlichen Seele. Die Gotik ist
nicht nur ein mittelalterlicher Baustil, die Gotik ist geradezu eine Bewegung, die alle
gesellschaftlichen Gruppen erfasst und in der das Bauen als gottgewolltes Werk
verstanden wird. Der neue Kirchenbau gilt als machtvolles Zeugnis eines sich immer
mehr ausbreitenden Reiches Gottes auf Erden und der Verherrlichung des Glaubens.
Wesentlichen Anteil an der Verbreitung des gotischen Baustils haben wandernde
Werkmeister, Steinmetzkolonnen und Bauleute.
-
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.102
orstrebende Kirchenbauten
Die Baumeister der Gotik assen lichtdurchflutete emp
Jerusalem, die Heilige Stadt,
entstehen. Sie sollen symbolisch auf das Himmlische
nbarung beschreibt, hindeuten.
wie sie uns der hl. Johannes in der Geheimen Offe
für die christliche Gemeinde
Die Kirche soll sowohl Stadt Gottes, als auch Raum
sein.
der Basilika mit einem
Die neuen Gotteshäuser entstehen entweder in der Form
als Hallenkirche mit
höheren Mittelschiff und niedrigen Seitenschiffen oder
iffen. Letztere Bauform ist
gleichmäßig bzw. annähernd gleichmäßig hohen Seitensch
besonders zur Zeit der Spätgotik weit verbreitet.
n mit der Verwirklichung
Die zugrunde liegenden geistigen Bestrebungen verbunde
in ihrer Vielgestalt bis ins
verbesserter bautechnischer Voraussetzungen wirken sich
letzte Baudetail aus.
eine größere Uberwölbung
An die Stelle des Rundbogens tritt der Spitzbogen, der
en Kreuzrippengewölbes mit
der Zwischenräume mittels eines baldachinartig
m stellt sich durch die
schlanken Stützen zulässt. Der gotische Innenrau
systematische Ordnung
Jocheinteilung als immer wiederkehrende Einheit der auf
bedachten Architektur dar.
besonders im Chorbereich,
Hohe Fenster, die oft die gesamte Breite der Wandteile,
ausgestaltet. Hierdurch wird
einnehmen, werden mit leuchtend bunten Glasgemälden
erung des Lichteinfalls
gegenüber der bisherigen Bauweise eine erhebliche Steig
iffdächer liegende Ober
erreicht. Hinzu kommt der höher als die Seitensch
tzliche Lichtquelle dient.
gadenbereich des Mittelschiffes, der als willkommene zusä
nte sind keine eigentlichen
Viele in der Gotik verwandten Bau- und Ziereleme
sondern werden von römischen Basiliken aus
Erfindungen dieser Baukunst,
maurischen Bauwerken
ägyptischen, arabischen, armenischen, byzantinischen und
Als typisch gotisches
übernommen und zu einer ideenreichen Synthese vereinigt.
ohne jegliches Vorbild
Dekor gilt das Maßwerk, welches eine absolute Neuerung
ken in ihrer Vielfalt von
darstellt. Dessen geometrische Schmuckformen beeindruc
lumen und Rosetten.
Pässen, Coronnements, Wimpergen, Fialen, Krabben, Kreuzb
des Hochaltars für die
Besondere Bedeutung kommt dem Chorraum als Standort
des 13. Jahrhunderts
Feier der HI. Eucharistie zu. Hierzu trägt nicht zuletzt die Mitte
ramentes bei, die ihren
entstehende neue Frömmigkeit der Verehrung des Altarssak
sfestes für die gesamte
besonderen Ausdruck in der Einführung des Fronleichnam
findet. Der Wille und die
Kirche im Jahre 1264 durch Papst Urban IV. (1261-1264)
Baustil mit seinem hohen
Hinwendung zur Sakralität wird durch den gotischen
auf die bevorzugte
Qualitätsanspruch demnach insbesondere im Hinblick
Ausgestaltung des Chorraumes sehr deutlich.
vermitteln nicht nur ein
Strebepfeiler und Strebebogen im Außenbereich der Kirche
statische Funktionen, da
neues optisches Erscheinungsbild, sondern haben wichtige
Auf der hervorragenden
sie den Seitenschub der Gewölbe nach unten ableiten.
dlich die beeindruckend
Ergänzung von Innen- und Außenarchitektur beruht letzten
user.
elegante Schwerelosigkeit im Inneren der gotischen Gotteshä
eren Bereicherung der
Während der spätgotischen Epoche kommt es zu einer weit
en sowie in ihrer letzten
Formen, die in England in den Fächer- oder Schirmgewölb
ruck findet. Da eine
Stufe in Frankreich im Flamboyantstil ihren glänzenden Ausd
rächtige Übertreibung
weitere Steigerung der Formenwahl eine nicht mehr zukunftst
ung des Baustils. Der
dargestellt hätte, kommt es zwangsläufig zu einer Erschöpf
Italien kommenden
Niedergang der Gotik geht einher mit dem Einzug des aus
Baukunst
Renaissancestils, der Wiedergeburt klassisch-antiker Kultur und
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.103
zu Beginn des 16. Jahrhunderts, am Ende des Mittelalters. Die Folge ist, dass sogar
bereits begonnene Bauwerke nicht mehr vollendet werden.
Im 18. Jahrhundert entsteht geradezu eine gotikfeindliche Haltung, die bis
Anfang/Mitte des 19. Jahrhundert andauert und die mancherorts zur Barockisierung
gotischer aber auch romanischer Kirchen führt.
Mitte des 19.Jahrhunderts kommt es zu einer Begeisterungswelle für das Mittelalter
und eine Wiederbelebung bzw. Nachahmung der gotischen Baukunst. Man beginnt
mit modernen technischen Mitteln sog. neugotische Bauwerke zu errichten. Zur
gleichen Zeit werden gotische Gotteshäuser aus dem Mittelalter restauriert oder, wie
der Kölner Dom, vollendet.
Mit dem Ausklang des Historismus, der Nachahmung früherer Baustile, um das Jahr
1920 findet auch die Neogotik ihr Ende.
In fast vier Jahrhunderten ließen die Baumeister der Gotik in Europa sowohl
mächtige, atemberaubende Kathedralen, als auch eine unübersehbare Anzahl Stifts-,
die
Kloster- und Dorfkirchen entstehen. Und so bestaunen wir noch heute
des
bewundernswerten, einfallsreichen Leistungen der Baumeister und Steinmetze
Mittelalters und stehen voller Ehrfurcht vor diesen herrlichen und würdevollen
Bauwerken abendländischen Geistes.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.104
Einführung in Geschichte, Wesen, Bedeutung und Baukunst der Romanik
Die Romanik stellt die erste einheitliche Stilepoche des Mittelalters und gleichzeitig
den ersten monumentalen Baustil seit der Antike dar. Sie war mit erheblichen
Unterschieden und reich an regionalen Besonderheiten im gesamten west
europäischen Raum verbreitet. Die christliche Religion bildet die Grundlage für den
international verbreiteten Kunststil.
Der romanische Baustil unterliegt sowohl römischen, griechischen, byzantinischen,
armenischen und islamischen als auch germanischen Einflüssen. Der Begriff
“Romanik“ entstammt nicht dem Selbstverständnis dieser Epoche, sondern wurde
um das Jahr 1820 aus Frankreich kommend eingeführt. Bis dahin wurde dieser
Kunststil als „byzantinisch“, „griechisch“ oder „Rundbogenstil“ bezeichnet.
Unter dem Begriff “Romanische Kunst“ fasste man ursprünglich alle
westeuropäischen Kunststile zwischen dem 8. und dem beginnenden 13.
Jahrhundert zusammen. Die kunsthistorische Forschung hat die einzelnen Perioden
dieses Stils mittlerweile genaueren Unterscheidungskriterien unterzogen, wobei man
naturgemäß in den einzelnen Ländern zu unterschiedlichen Ansätzen in der
Epochenbestimmung gekommen ist.
In Deutschland beginnt die Romanik im 11. Jahrhundert; die Kunstepoche davor, von
750 bis 1025, wird als Vorromanik bezeichnet.
Demnach gehören die karolingische (von 750 bis 920) und die ottonische Kunst (von
920/30 bis 1030/50) der Periode der Vorromanik an.
Die karolingische Kunst basiert in Thematik und Formengebung auf antiken und
byzantinischen Vorbildern. Das Oktogon der Marienkirche Kaiser Karls des Großen
in Aachen bietet hierfür eine beredtes Beispiel.
In der ottonischen Kunstepoche zur Zeit des sächsischen Herrschergeschlechtes
(936-1024) kommt es zu einer allmählichen Loslösung von byzantinischen Einflüssen
und zur erstmaligen Entstehung einer spezifisch deutschen Stilprägung.
Als eigentliche Zeit der Romanik, in der zahlreiche karolingische und ottonische
Formen weiterentwickelt werden, gilt das 11., 12. und der Beginn des 13.
Jahrhunderts. Die Forschung unterscheidet hierbei zwischen dem salischen (von
1030/50 bis 1140) und dem staufischen Kunststil (von 1140 bis 1250).
Innerhalb der einzelnen Kunstphasen kommt es immer wieder zu Überschneidungen,
wie beim Übergang von der spätottonischen (1000-1030/50) zur frühsalischen (1030
1080) und in besonderem Maße von der spätstaufischen Epoche(1220 1250) zur
Frühgotik (1235-1250).
-
-
Die politische Entwicklung im 11. Jahrhundert ist gekennzeichnet durch ein auf den
Gipfel seiner Macht gelangtes römisch-deutsches Kaisertum. Die im 11. und 12.
Jahrhundert zunehmende Vergrößerung des zum Adel gehörenden Personenkreises
führt zur Ausweitung des Feudalsystems. Das auf Übertragung von Herrschafts
funktionen und gegenseitigem Treueverhältnis beruhende Lehnswesen bestimmt die
staatliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Rechtsordnung. Es ist die Zeit der
ersten Kreuzzüge und der zunehmenden Auseinandersetzungen der Päpste mit den
weltlichen Herrschern. Das geistige und religiöse Leben wird geprägt von den großen
Mönchsorden der Benediktiner und Zisterzienser mit ihren, für das gesamte
Abendland bedeutsamen Reformbewegungen.
Katholische Pfarrl‘ircheSt._Heribert,Kreuzau
Seite 4.215
Mit „Evangelienseite“ ist die vom Kirchenschiff aus gesehene linke bzw. nördliche
Seite des Hochchores gemeint, da an dieser Seite des Altars vor der Liturgiereform
des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1 965) das Evangelium gelesen wurde. Die
gegenüberliegende rechte bzw. südliche Seite heißt Epistelseite, da dort die Lesung
der Episteln erfolgte.
Wegen der noch aus dem Mittelalter stammenden früheren Sitzordnung nannte man
die Evangelienseite auch Frauenseite, die Epistelseite Männerseite.
In dem Abschnitt über die Pfarrkirche schreibt Johann Esser in „Das Dorf Kreuzau“,
erschienen im Jahre 1896, dass sich außer den vergitterten Nischen an der
Südwand des Chores ehemals auch an dessen Nordseite zwei Wandschränkchen
einem Rundbogen bekrönt waren,
die mit
mit viereckiger Steinumfassung,
befanden.
Bei diesen handelt es sich um die in den Aufzeichnungen des Aegidius Gelenius von
1635 erwähnten Wandschränkchen. Der heute noch vorhandene hochgotische
Wandtabernakel wurde dort nicht erwähnt, obschon dieser, belegt durch die
kunsthistorische Datierung der Entstehungszeit um das Jahr 1300, unzweifelhaft
vorhanden war.
Obwohl das Konzil von Trient (1545-1563) die Aufbewahrung der Hl. Eucharistie im
Tabernakel auf dem Hochaltar angeordnet hatte und somit die Sakramentshäuser
und Wandtabernakel für diesen Zweck überflüssig geworden waren, geht aus dem
Visitationsprotokoll des Dekanates Zülpich vom 17. Juni 1698 hervor, dass das
Allerheiligste zu dieser Zeit noch immer in einem Wandtabernakel auf der nördlichen
Chorseite aufbewahrt wurde. Es heißt dort: Der Tabernakel dieser Kirche an der
Evangelienseite ist gut verschlossen, aber feucht und wegen des schlechten
Zustandes des Chores nicht genügend sauber; dennoch wird in ihm das heilige
Sakrament in einer vergolde ten kupfernen Monstranz und einem Kelch sowie unter
einem Korporale aufbewahrt, sowie sich hier auch ein kleines silbernes Gefäß für die
Kranken mit dem Salbungsöl befindet.
Die Lage des Wandtabernakels oder eines Sakramentshauses an der Nordwand des
Chorraumes neben dem Altar entsprach der damals allgemein üblichen Praxis.
Die Ursachen für die erst späte Beachtung des Konzilsbeschlusses lassen sich nicht
mehr nachvollziehen; möglicherweise geschah es aus Gründen der Sicherheit. Noch
um das Jahr 1772 ist das Vorhandensein eines Tabernakels auf dem Hochaltar
belegt.
Im Zuge der Umgestaltung des Chorraumes in den Jahren 1992-93 wurde der
Hochaltar abgebaut und der Tabernakel auf dem Altar des nördlichen Seitenschiffs
aufgestellt.
Seitdem wird die hI. Eucharistie, wie es das Zweite Vaticanum (1962-1965) erlaubt,
wieder im Wandtabernakel aufbewahrt.
Kathohsche Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
__
-__________
Seite 4200
4.200
4.210
Erläuterungen zu den einzelnen Bauelementen und zur
baulichen Entwicklung der Pfarrkirche St. Heribert zu
Kreuzau
Allgemeines
den erstellten
Hinweis: Die einzelnen Bauteile werden im Zusammenhang mit
ieben.
Bauzeichnungen und Detaildarstellungen beschr
wurde ursprünglich
Die heute dreischiffige Pfarrkirche in Form einer Basilika
n einer älteren
ktione
zweischiffig errichtet. Sie wurde teilweise auf der Unterkonstru
romanischen Kirche errichtet.
Jahrhunderts der
Während der Epoche der Hochgotik wurde gegen Ende des 13.
und das südliche
Hochchor und zu Beginn des 14. Jahrhunderts das Mitteldes an der Kölner
Seitenschiff erbaut, zumindest unter teilweiser Mitwirkung
skirche, der späteren
Dombauhütte geschulten Baumeisters der Dürener St. Martin
Annakirche.
Düren im Stil der
Angeregt durch die Kölner Dombauhütte wurden im heutigen Kreis
Anspruch der
rheinischen Hochgotik, jedoch mit teilweise erheblich reduziertem
Annakirche, der
Bauformen, der Ostbau, der im zweiten Weltkrieg zerstörten
zu Frauwüllesheim
früheren Martinuskirche, die Pfarrkirche St. Mariä Heimsuchung
-Kreuz-Kirche, zu
und der Chor der Pfarrkirche St. Heribert, der früheren Heilig
u sind zudem die
Kreuzau, errichtet. Die Pfarrkirchen zu Frauwüllesheim und Kreuza
die Anregungen
einzigen dörflichen Kirchenbauten der rheinischen Gotik, bei denen
der Kölner Bauhütte aufgenommen wurden.
ssen aus der
Der massive, viergeschossige Westturm ist in den unteren drei Gescho
spätromanischen Epoche, das vierte Geschoss ist gotisch.
dem 14. Jahr
In den Jahren 1869 bis 1872 wurde das südliche Seitenschiff aus
einer umfang
hundert abgebaut und nach Plänen von Heinrich Wiethase im Zuge
et.
reichen Restaurierung in größerer Breite mit der Sakristei neu erricht
das nördliche
Von 1906 bis 1907 wurde durch Diözesanbaumeister F. Statz
des Turmhauses
Seitenschiff angebaut und das südliche Seitenschiff entlang
bis dahin nach drei
verlängert. Durch diesen Erweiterungsbau wurde das Turmhaus,
Seiten offen, vollständig in den Kirchenbau integriert.
mit sechs massiven Strebepfeilern an der
Der nach Osten gerichtete Hochchor
*)
Abschluss. Das Mittelschiff weist sechs Joche
Außenseite besteht aus einen 5/8
zählen.
auf, von denen die ersten beiden verkürzten noch zum Chorbereich
he einen kleinen
Das südliche Seitenschiff besitzt eine Chornische. Das nördlic
*)
Nebenchor. Beide mit einem 3/6 Abschluss.
*) auf, wovon die ersten beiden, wie im
Die Seitenschiffe weisen je acht Joche
Hauptschiff, und die beiden letzten verkürzt sind.
m und in der
Die Außenmaße der Pfarrkirche betragen in der Länge rund 38,35
Bauvorsprung im Chorbereich des nördlichen
ohne Sakristei und
Breite
Seitenschiffes- rund 19,85 m.
dargestellt.
*)
Joche, 5/8- und 3/6-Abschluss ist auf den Blättern 2.120 und 2.130
-
___
_____
_____
Katholische Pfarrkirche St. Hehbert, Kreuzau
Seite 4.201
4.220
Apostelleuchter und MedaHlons mit Kreuzen
(Zeichnerisch dargestellt auf den Seiten 2.2311 bis 2.23112)
Die zwölf Kerzenleuchter und die darunter befindlichen Medaillons mit den
Weihekreuzen sollen die Stellen bezeichnen, an denen die Kirche geweiht wurde.
Die Zahl zwölf weist auf die zwölf Apostel Jesu Christi hin; hieraus resultiert die
Bezeichnung Apostelleuchter. Die Kerzen werden am Tage der Kirchweihe und an
Der Weihetag unserer Pfarrkirche, der alten
dessen Jahrestag angezündet.
Heiligkreuzkirche, liegt allerdings im Dunkel der Geschichte.
In der Kreuzauer Pfarrkirche befinden sich je sechs der Apostelleuchter und
Medaillons an den Außenwänden der beiden Seitenschiffe. Bis zum Jahre 1952
waren in den Medaillons einheitliche Kreuze mit verbreiterten Armenden dargestellt.
unterhalb der
Da in den meisten Gotteshäusern die Kreuzesabbildungen
hiedlichen
untersc
einheitlich sind, stellen womöglich die
Apostelleuchter
Kreuzesformen in der Kreuzauer Pfarrkirche eine Besonderheit dar.
Die Kerzenleuchter oberhalb der Medaillons bestehen aus Meranti, einer
afrikanischen Holzart, die mit einer grauen Lacklasur gestrichen ist; allein die
Leuchterschalen bestehen aus Ahorn.
1. Henkelkreuz oder ägyptisches Kreuz (crux ansata), dargestellt auf Seite 2.2311
Bei diesem Zeichen handelt es sich ursprünglich um die altägyptische Hieroglyphe
“ankh“, die sowohl als Schriftzeichen als auch als Symbol für “Leben‘ galt.
Dieses Lebenssymbol galt auf alten ägyptischen Darstellungen sowohl als Hinweis
auf die Belebung der Erde durch die aufgehende Sonne als auch als Zeichen des
Leben swasse rs.
Das Henkelkreuz war zudem der letzte Buchstabe des semitischen Alphabets
al
( Taw ); das Schriftzeichen diente dort als Unterschrift oder Beglaubigungsmerkm
unter Urkunden.
Die christlichen Kopten Ägyptens übernahmen das Henkel- oder ägyptische Kreuz
als Sinnbild für die lebensspendende Kraft des Kreuzes Christi.
2. Gabel-, Schächer- oder Deichselkreuz, dargestellt auf Seite 2.2312
Das Gabel-, Schächer- oder Deichselkreuz finden wir in der Kunst bei manchen
Kreuzigungsdarstellungen nur für die Schächer.
Doch sind, wie im rheinisch-westfälischen Raum, auch die Darstellung des
gekreuzigten Christus an einem Gabelkreuz nicht selten. Das früheste erhaltene
Gabelkreuz stammt aus der Zeit um das Jahr 1305 und befindet sich in der Kirche St.
Maria im Kapitol in Köln. Es drückt mit schonungsloser Eindringlichkeit das Leiden
und Sterben Christi aus.
Das Kreuz als Lebensbaumsymbol findet in der christlichen Kunst vornehmlich in der
Form des Gabelkreuzes seinen besonderen Ausdruck.
_____
Katholische_Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite
4202
3. Christoqramm, Chrismon oder Konstantinisches Christusmonoqramm, dargestellt
auf Seite 2.2313
In den ersten Jahrhunderten wurden seitens der Christen Kreuzesdarstellungen
vermieden. Man bediente sich vielmehr ausschließlich hindeutender Symbole, von
denen man annahm, das Unergründliche der Erlösung treffender zum Ausdruck
bringen zu können. Man bediente sich hierbei der griechischen Buchstaben
T (Tau), X( Chi) und P ( Rho).
Buchstaben
Eine Verbindung der
Zu den Urzeichen gehörte auch der Stern )1c
1 (Jota) und X (Chi), der Anfangsbuchstaben des griechischen Namens IHCOYC
XPICTOC = JESUS CHRISTUS; der Buchstabe C = S entspricht der in der
Spätantike entstandenen byzantinischen Schreibweise. Bekannt ist auch diese Form
des Sterns * mit einem versteckten Kreuz. Dem Stern hat man später das P (Rho)
als Geheimzeichen für Jesus, den Sohn der Verheißung, hinzugefügt, woraus das
entstand.
uns heute recht bekannte
.
Das Christusmonogramm wird spätestens aus dem Jahre 269 nachgewiesen.
Seit dem ersten Drittel des 4. Jahrhunderts erfährt des Christusmonogramm infolge
der im Jahre 312 erlebten Vision Kaiser Konstantins des Großen ( um 280-337 )‘ wie
sie uns Lactantius (um 250- nach 317) in seinem Werk “De mortibus persecutorum“
Kap. 44,5 ( Über die Todesarten der Verfolger) beschreibt, eine weite Verbreitung.
Vor der Schlacht an der Milvischen Brücke bei Rom gegen Maxentius am 28.
Oktober 312 hatte Konstantin das Christusmonogramm auf die Schilde seiner
Soldaten und im Jahre 314 auf seinen Helm und die kaiserliche Standarte, das sog.
Labarum, aufbringen lassen.
In der Mitte des 4. Jahrhunderts wird das im Chrismon versteckte Kreuz oft durch
Einbringung eines wirklichen Kreuzes in das P ( Rho ) verdeutlich. Es entstand
das Christusmonogramm in der Form des crux monogrammtica, wie es in unserer
Pfarrkirche dargestellt ist.
Später kam es, so P. Gerhard Kroll SJ in seinem Buch “Auf den Spuren Jesu“, zu
einer Verselbständigung der Buchstaben P ( Rho ) und einer Umdeutung des Sterns
zu einem X (Chi).
Diese beiden Buchstaben bilden die Anfangsbuchstaben des Namens Christus in
griechischer Schreibweise: XPICTOC. Wegen des zeitlichen Zusammenhangs wurde
auch hier die byzantinische Buchstabenform gewählt.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.203
4. Signum Karis des Großen, dargestellt auf Seite 2.2314
Die
Das Signum Kaiser Karis des Großen weist die Form eines Kreuzes auf.
n
gische
nachfolgend abgebildete Unterschrift wurde durch einen Schreiber der karolin
Hofkanzlei vorbereitet, und der Kaiser bestätigte ihre Gültigkeit eigenhändig durch
ein Häkchen, den sog. Vollziehungsstrich, unterhalb des Buchstabens R.
rif_s
jtirfi1n
t
-Signum Karoll gloriosissimi regis- (Zeichen Karls, des ruhmreichsten Königs)
Karl der Große ( 748-814 )‘ lat. Carolus magnus, den die Franzosen Charlemagne
der
nennen, seit dem Jahre 768 fränkischer König, seit 774 auch König
in
Langobarden, wurde am 25.12.800 durch Papst Leo MI. (795-816) im Petersdom
Rom, der alten Konstantinischen Basilika, zum Kaiser gekrönt.
Der offizielle Titel Karls lautete seitdem: “Serenissimus augustus a Deo coronatus
magnus pacificus imperator, Romanum gubernans imperium, qui et per
misericordiam Dei rex Francorum et Langobardorum“. ( Erlauchtester und erhabener,
von Gott gekrönter und friedliebender Kaiser, der das römische Reich regiert, und
durch die Barmherzigkeit Gottes König der Franken und Langobarden ).
Karl war der bedeutendste Herrscher des Mittelalters; mit seiner Krönung wurde,
wenn auch nicht juristisch, so doch faktisch der Grundstein für das Sacrum
Imperium, das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, gelegt.
5. Doppelkreuz, Patriarchalkreuz, Erzbischöfliches Kreuz, Lothrinqisches Kreuz,
(crux qemina), dargestellt auf Seite 2.2315
Die Entstehungszeit des wohl im Osten der Christenheit aufgekommenen
Doppelkreuzes ist nicht genau bestimmbar. Es begegnet uns recht häufig in der
byzantinischen und russischen Sakralkunst. Eines der frühesten uns erhaltenen
Zeugnisse der Verwendung des Doppelkreuzes ist ein wahrscheinlich aus dem 6.
Jahrhundert stammendes Kreuzreliquiar im Kloster Ste. Croix in Poitiers in
Frankreich.
Auch die Christenheit des Westens hat das Doppelkreuz dann übernommen, wenn
sie das Gedächtnis an Jerusalem und das durch die Hl. Kaiserin Helena ( um 250
330) um das Jahr 326 aufgefundene Kreuz Christi besonders hervorheben wollte.
Im Verlauf des Mittelalters übernahmen u.a. der lateinische Patriarch von Jerusalem,
der Hospitaliterorden von hl.. Lazarus sowie die Könige von Ungarn das Doppelkreuz
als heraldisches Attribut.
IV. von Bouillon ( 1060-1100), den Herzog von
Mit Hinweis auf Gottfried
Niederlothringen, einen der Anführer des 1. Kreuzzuges (1096-1099) und ersten
des lateinischen Königreiches Jerusalem, nahmen die Herzöge von
König
Lothringen das Doppelkreuz im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts in ihr Wappen
auf. Das Doppelkreuz trägt daher auch die Bezeichnung Lothringisches Kreuz.
Ab dem 15./16. Jahrhundert führt das Doppelkreuz als lnsignie der Patriarchen und
Erzbischöfe die Bezeichnung Patriarchal- und Erzbischofskreuz
-
L
Katholische Pfarrkirche St Heribert, Kreuzau
Seite 4.204
6. Päpstliches Kreuz, dargestellt auf Seite 2.23 16
Die drei Querbalken des päpstlichen Kreuzes deuten auf das dem Apostel Petrus
und seinen Nachfolgern von Jesus übertragene Priester-, Lehr- und Hirtenamt hin.
7. Kleeblattkreuz oder Dreipasskreuz, dargestellt auf Seite 2.23 17
Das Kleeblkattkreuz wird symbolisch als Verbindung zwischen dem Kreuz Christi und
der Allerheiligsten Dreifaltig gedeutet.
In diesem Zusammenhang ist auch die Symbolik des Kleeblattes, die in Irland bis in
das 5. Jahrhundert n.Chr. hineinreicht, zu sehen. Dem hI. Patrick, ( um 385-461),
dem Apostel Irlands, dient das irische Kleeblatt, der Shamrock, als Beispiel, den
Heiden das Geheimnis der Dreieinigkeit zu erklären.
In seiner, in lateinischer Sprache abgefassten Lebensbeschreibung, der “Confessio“
der den Shamrock, in der Hand trägt, irischen Klee; an
schreibt der hl. Patrick u.a.
Am Gedenktag
seinen drei Blättern, die ein Blatt sind, die Dreifaltigkeit deutend
des hl. Patrick, dem 18. März, schmücken die Iren auch heute noch ihre Hüte mit
Büscheln des Kleeblattes, dem Shamrock.
Die Begriffe Dreipass und Kleeblattbogen begegnet uns zudem als Masswerks
bezeichnungen in der mittelalterlichen Architektur der Gotik.
8. Wiederkreuz, dargestellt auf Seite 2.2318
Seine Grundform ist die des griechischen Kreuzes ( Crux quadrata = quadratisches
Kreuz) mit gleich langen vertikalen wie horizontalen Balken. An den Armenden
befinden sich kleine Kreuzesbalken, die wie es die Bezeichnung Wiederkreuz
treffend ausdrückt,
“wieder“ vier weitere und zwar lateinische Kreuze oder
Passionkreuze ( Crux immissa = ineinandergefügtes Kreuz oder crux oblonga =
längliches Kreuz), ergeben.
Während das griechische Kreuz in bevorzugter Weise für den Grundriss vieler
byzantininischer Gotteshäuser bestimmend
ist, kennen wir die lateinische
Kreuzesform als maßgebende Grundrissform in der abendländischen Sakralbaukunst
der Romanik und der Gotik.
9. Petruskreuz, dargestellt auf Seite 2.2319
Der Apostel Petrus erlitt währen der ersten Christenverfolgung im Jahre 64 (oder 67),
die Kaiser Nero ( 37-68 ) nach dem Brand Roms ( 64 ) angeordnet hatte, den
Märtyrertod.
Wie uns Eusebius von Caesarea ( um 260-339/340 ) in seiner zwischen 312 und
324/5 erschienen Historia Ecclesiastica ( Kirchengeschichte ) berichtet, wurde der
Apostel Petrus auf dem Vatikanischen Hügel gekreuzigt und zwar, seinem eigenen
Wunsch entsprechend, mit dem Kopf nach unten. Der Apostel hielt sich nicht für
würdig, den Kreuzestod in der gleichen Weise wie sein Meister zu erleiden.
Aus diesem Grund trägt das Petruskreuz den Querbalken auf der unteren Hälfte des
Längsbalkens.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4 205
10. Ankerkreuz, dargestellt auf Seite 2.23110
Das in unserer Pfarrkirche dargestellte Ankerkreuz hat im Gegensatz zur üblichen
Grundform des griechischen Kreuzes (crux quadrata ) die diagonale Form des
Schräg- oder Andreaskreuzes (crux decussata )‘ des Kreuzes in Form der römischen
Zahl X. = zehn.
Schon von alters her gilt der Anker als Zeichen der Hoffnung und Zuversicht. Der
Urkirche galt er als Symbol der christlichen Hoffnung. Der Apostel Paulus bezeichnet
in seinem Brief an die Hebräer im 6. Kapitel, Vers 18 und 19, die Hoffnung als festen
Anker der Seele.
Die Verbindung zwischen Kreuz und Anker versinnbildlicht auf sehr anschauliche
Weise den kausalen Zusammenhang zwischen dem Kreuz Christi und der daraus
entsprießenden Hoffnung für die Menschen.
Bis um das Jahr 300 findet sich die Darstellung des Ankers auf einer Vielzahl
christlicher Grabinschriften.
11. Kombination von Weihekreuz und Jerusalemkreuz, dargestellt auf Seite 2.23111
Das in diesem Medaillon dargestellte Symbol erinnert wegen des großen Kreuzes an
ein Weihe- kreuz und in Kombination mit den vier kleineren Kreuzen an das
Jerusalem kreuz.
Die vier kleinen Kreuze die sich um ein großes Kreuz gruppieren, deuten zusammen
mit diesem auf die fünf Wunden Jesu hin.
Das Jerusalemkreuz ist das heraldische Ordenszeichen des erstmals um das Jahr
1335 erwähnten Ordens der Ritter vom Heiligen Grab. Den Ritterschlag empfingen
die ursprünglich nur dem Adel angehörenden Ritter bis nach 1500 am Heiligen Grab
selbst. Seit dem Zeitalter der Reformation war die Ritterwürde nicht mehr ausschließlich
auf den Geburtsadel beschränkt. Unter päpstlicher Schutzherrschaft wurde sie durch
den Franziskaner-Guardian vom Berge Sion in Jerusalem verliehen bis der Orden
im Jahre 1848 dem wiedererrichteten lateinischen Patriarchat von Jerusalem
unterstellt wurde. Seit dem Jahre 1949 befindet sich der Zentralsitz der Ritter vom
Heiligen Grab in Rom.
Die Ritter sehen ihre Aufgabe in der Sorge für das Heilige Grab und der Verteidigung
des Glaubens im Abendland.
12. Johanniter- oder Malteserkreuz, dargestellt auf Seite 2.23112
Die acht Spitzen dieses Kreuzes werden auf die acht Seligpreisungen Jesu aus dem
Matthäusevangelium Kapitel 5, Vers 3-10 hin ausgedeutet:
Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.
Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.
Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben.
Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden.
Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.
Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen.
Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.
Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das
Himmelreich.
Kathohsche Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
-_________
Seite 4.206
Dem Johanniter- oder Malteserorden, dem ältesten geistlichen Ritterorden diente das
achtzackige Kreuz als heraldisches Abzeichen.
Um das 1120 nahmen die bis dahin im Heiligen Land als rein karitativ orientierte und
ausschließlich der Pilgerbetreuung und Krankenpflege verpflichteten Hospitaliter den
Charakter eines geistlichen Ritterordens an. Ihre Mitglieder legten vor dem
Patriarchen von Jerusalem die Mönchgelübde der Armut, der Keuschheit und des
Gehorsams ab. Ihr Ordensgewand bestand aus einem schwarzen Mantel mit einem
achtzackigen weißen Kreuz
Im Jahre 1310 wurde der Ordenssitz nach Rhodos, 1530 nach Malta und 1834 nach
Rom verlegt. Daher trägt der Orden auch die Namensbezeichnungen Rhodesier bzw.
Malteser. Heute arbeitet er in der Krankenpflege.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.207
423O
Außentüren
(Zeichnerisch dargestellt auf den Seiten 2.2321 und 2.2312)
Allgemeines
Eine Tür lädt stets dazu ein, sie zu durchschreiten, in einen anderen Raum
einzutreten; sie ist Schwelle zwischen zwei oft recht unterschiedlichen Bereichen.
Die Tür eines Gotteshaus bildet den Übergang zwischen dem profanen und dem
sakralen Bereich.
Jesus sagt von sich selbst im Johannesevangelium (10, 9): “Ich bin die Tür; wer
durch mich hindurchgeht, wird gerettet werden.“
Die Pfarrkirche St.Heribert besitzt neben dem nach Westen gelegenen Hauptportal
und dem Eingang zur Sakristei drei weitere Eingangstüren an den Seitenschiffen.
Hauptportal und Seitenschifftüren unterscheiden sich wesentlich durch Größe und
architektonische Ausgestaltung. Zwischen ihnen existiert außerdem eine nuancierte,
rangbezogene Abstufung, da das Hauptportal nicht nur einfach Eingangstür ist,
sondern insbesondere einen würdigen Rahmen für den Einzug des Bischofs oder
des Priesters sowie der Ministranten bei besonders feierlichen Anlässen darstellt.
Tür 1 Nordseite hinten
Die auf Höhe des Turmes gelegene zweiflügelige Eingangstür mit einer einstufigen
Eingangsschwelle zum nördlichen Seitenschiff befindet sich unterhalb des vorletzten
verkürzten buntverglasten Kirchenfensters. Sie ist, wie auch die übrigen Türen, aus
Holz mit Metallbeschlägen gearbeitet. Die Tür wurde dort in dem Jahren 1906/07 im
Zuge der bereits andernorts erwähnten Erweiterung der Kirche angelegt. Ein
Kaffgesims, welches die Außenwand des Seitenschiffes waagerecht teilt, setzt sich
oberhalb der Türanlage erhöht fort und rahmt von drei Seiten den Türsturz ein.
Tür 2 Südseite hinten
Die Eingangtür des südlichen Seitenschiffes befindet sich unterhalb des vorletzten
Buntglasfensters dieses Nebenschiffes. Gemäß den Ausführungen von Pfarrer
Johann Esser in seiner 1896 erschienen Studie “Das Dorf Kreuzau“ befand sich “die
Kirchtür, mit einer Vorhalle überbaut, am Nebenschiffe, in dessen Verlängerung
neben dem Chore die Sakristei lag“. Der Stiftsherr an St. Andreas und Pfarrer von St.
Christophorus in Köln, der spätere Weihbischof in Osnabrück Aegidius Gelenius,
schreibt in seinen Aufzeichnungen über die Kirche in Kreuzau im Jahre 1635 dazu:
Foris in ecclesia legitur ad aram s. Sebastiani: Joannes Spies archidiaconus
Ardennae in ecclesia Leodiensi. ( Draußen in der Kirche ( gemeint ist die Vorhalle)
liest man am Altar des heiligen Sebastian: Johannes Spies, Archidiakon der
Ardennen in der Lütticher Kirche. ) Aegidius Gelenius bezieht sich hierbei auf den
Minoriten Polius (1588-1 656), den Geschichtsschreiber des Dürener Landes und der
Kölner Ordensprovinz der Franziskaner.
Kathosche Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.208
Demnach befand sich in dieser Vorhalle ein dem heiligen Sebastianus geweihter
Altar. Eine genaue Bestimmung der Lage von Tür und Vorhalle lassen die
geschichtlichen Quellen nicht zu.
Nach der Erweiterung des südlichen Seitenschiffes im Zuge der Renovierung von
1869-72 befand sich die Kirchentür nach einer Grundrisszeichnung vom Beginn
dieses Jahrhunderts an der Rückwand dieses Seitenschiffes, welches auf Höhe der
östlichen Turmmauer endete.
Seit der Verlängerung des Seitenschiffes in den Jahren 1906/07 befindet sich die
Eingangstür an ihrer heutigen Stelle. Das die Außenwand der Kirche vertikal
aufteilende Kaffgesims wird oberhalb der Tür auf Länge des dreiteiligen Türsturzes
fortgesetzt.
Tür 3 Nordseite vorne
Die vordere Eingangstür des nördlichen Seitenschiffes wurde an ihrer heutigen
Stelle im Zuge des Anbaus des nördlichen Seitenschiffes in den Jahren 1906/07
angelegt. Sie führt unterhalb des Nebenchores in das Seitenschiff. Über dem aus
drei Steinelementen bestehenden Türsturz befindet sich waagerecht ein Kaffgesims.
Bis zur Errichtung des Erweiterungsbaues befand sich diese Eingangstür an der die
heutige Mittelwand bildenden früheren nördlichen Außenmauer der Kirche, wo sich
heute die zweite Arkade, der Durchgang vom Seiten- zum Mittelschiff, befindet.
Zu diesem Chortürchen berichtet uns Aegidius Gelenius im Jahre 1635: Ex arce
castri alunt pontem d/rectum fuisse ad supertes adhuc ost/um chori ... (Von der Burg
her, sagt man, habe eine Brücke geradewegs zu dem noch heute vorhandenen
Eingang des Chores geführt ...).
Vor der Errichtung der Backsteinmauer an der Nordseite des Kirchhofes bestand von
der Burg aus eine Wegverbindung zur Pfarrkirche, die von den Bewohnern der Burg
zum Besuch des Gottesdienstes benutzt wurde.
Der Volksmund bezeichnet das Chortürchen, als „Juffere Düerche“ (JungfrauenTürchen). Er geht dabei davon aus, dass diese Bezeichnung mit dem Personenstand
der letzten Generation der freiadligen Familie von Torck zusammen hängt, die alle
unverheiratet blieben.
Die Benennung „Juffere Düerche“ hängt aber wohl eher mit dem im Jahre 1635
unmittelbar neben dem Chortürchen stehenden Altar der seligen Jungfrau Maria im
Hochchor zusammen. Aegidius Gelenius berichtet im Zusammenhang mit dem
Steingrab der Mutter Heriberts, Tiedwidis, über einen im Chor befindlichen Altar der
und wenig weiter: Juxta
seligen Jungfrau Maria: ... in choro retro B. Virginis aram
der seligen Jungfrau ist
Altar
(Neben
...
dem
Crucis
sanctae
ara
aram B. Virginis est
der Altar des hl. Kreuzes ...).
...
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.209
Tür4 Sakristeitür
rung des aus dem 14. Jahrhundert
In den Jahren 1869-72, in denen eine Verbreite
gte, wurde auch die Sakristei neu
stammenden südlichen Seitenschiffes erfol
Heinrich Wiethase vom 27.7.1868 nicht
errichtet. Da das Gutachten des Baumeisters
vorherigen Sakristei und somit auch
mehr vorhanden ist, kann die genaue Lage der
r gelegen“, wie Pfarrer Johann Esser
die ihrer Eingangstür nur als “neben dem Cho
bezeichnet werden. Es liegt daher die
wohl aus eigener Kenntnis heraus berichtet,
istei vor 1869/72 in etwa an der
begründete Vermutung nahe, dass sich die Sakr
ihres Türsturzes befindet sich im
gleichen Stelle, wie die heutige, befand. Oberhalb
e ein leeres Wappenschild.
Schlussstein der bogenförmig angeordneten Stein
Tür 5 Das Hauptportal
ligen Tür führt zunächst in das als
Das spätgotische Westportal mit seiner zweiflüge
omanischen Epoche stammende
Vorhalle zur Kirche dienende, noch aus der spätr
nicht aus der Turmmauer hervor.
Untergeschoss des Turmhauses. Das Portal tritt
Mauerflächen, sog. Gewände auf,
Der Durchgang des Portals weist schräg geführte
esetzt werden.
die mit profilierten Bogenläufen, sog. Archivolten, fortg
1945 aufgrund seiner Lage in
Das Hauptportal wurde in den Kriegsjahren 1944 und
Jahre 1960 seine vollständige
Frontrichtung hin so stark beschädigt, so das im
mit dem Rundstab profilierten
Renovierung erforderlich wurde. Die ehedem
Profil des Rundstabes erneuert.
Archivolten wurden neugotisch ebenfalls mit dem
erigen Spitzbogenfensters ein
Oberhalb des Portals entstand anstelle des bish
Anschlages von 105 cm.
kleines Rundfenster mit einem Innendurchmesser des
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.210
4.300 Gedenkplatte der Mutter St. Heriberts, Tiedwidis
Ambo eine
Im Fußboden des Hochchores befindet sich links neben dem
ca. 970-1021),
Gedenkplatte, die an die Mutter des Hl. Erzbischofs Heribert (
Tiedwidis, erinnert.
Die in lateinischer Sprache gefasste Inschrift lautet:
TIEDWIED ALEMANNA
MATER S(ANCTI) HERIBERTI
ARCHIEP(ISCO)PI COLONIENSIS
ET DOMINI ARCIS IN
CAMPO CRUCIS
Köln und Herrn
(Tiedwied Alemanna, Mutter des Hl. Heribert, des Erzbischofs von
der Burg zu Kreuzau).
des vorigen
Die Gedenkplatte ist modern; sie wurde zu Beginn der 50-er Jahre
Jahrhunderts durch Pfarrer Joseph Dunkel in Auftrag gegeben.
nna“ nimmt im
Die hier erstmals gebrauchte Namenskombination “Tiedwied Alema
tokoll des
Zweitnamen Bezug auf das weiter unten behandelte Visitationspro
rts Alemanna
Dekanates Zülpich vom 17. Juni 1698, in dem die Mutter Heribe
genannt wird. Dieser Name weist auf ihre alemannische Abkunft hin.
eines Deutzer
Nach den Viten Lantberts und Ruperts (1076 1126) sowie anhand
Großvater
Totenbuches aus dem Codex Theoderici ergeben sich Regimbaldus als
Abt im
Rupert
und
und Imma als Mutter Tiedwidis. Lantbert von Lüttich war Mönch
Kloster Deutz.
-
den aus einem
Es besteht die Vermutung, dass es sich bei Tiedwidis Großvater um
schwäbischen
enden
stamm
alten und angesehenen alemannischen Geschlecht
Ungarn unter
Grafen Reginbaldus handelt,(*der im Jahre 955 im Kampf gegen die
912 973) auf dem Lechfeld südlich von Augsburg
Kaiser Otto 1. dem Großen
n sich nicht
gefallen ist. Hinweise auf diese verwandtschaftliche Verbindung ergebe
zuletzt aus der Namensgebung der Kinder Tiedwidis‘.
-
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4211
Tiedwidis ehelichte in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts Hugo, der
wahrscheinlich Graf im mittelrheinischen Einrichgau war. In der Literatur wird zumeist
davon ausgegangen, dass es sich bei Hugo um den Grafen und Kämmerer von
Worms handelt; wir folgen jedoch hier der neueren Forschung, mit deren
Ergebnissen wir uns bei der Abhandlung über den Hl. Heribert näher befassen
wollen.
Aus der Ehe Hugos mit Tiedwidis gingen fünf Söhne hervor: um 970 Heribert,
Heinrich, von 999 bis 1021 Erzbischof von Köln, von 995/6 bis 1018 Bischof von
Würzburg, Gezemann, Luitfrid und Reinmar.
Tiedwidis soll zu Beginn des 11. Jahrhunderts in der älteren romanischen Kirche
beigesetzt und das Grab beim Bau der heutigen gotischen Kirche in diese
übernommen worden sein.
Hierüber existieren jedoch keine zeitgenössischen Quellen.
Das älteste vorhandene Zeugnis mit Hinweis auf das Grab findet sich erst in den
Aufzeichnungen des bereits in dieser Dokumentation erwähnten Aegidius Gelenius
aus dem Jahre 1635: ... ostlum chori, ubi inferne matris s. Hereberti sepulcrum (...
Eingang des Chores, wo darunter das Grab der Mutter des HI. Heribert ist.).
Aegidius Gelenius übernimmt auch hier die Angaben des Minoriten Polius (15881653) aus Düren.
Im zweiten Abschnitt der Aufzeichnungen heißt es zudem: ... cuius sancti mater
in ferne in choro retro B. Virginis aram in oblongo Iapideo tumulo ad unum pedem
elevato inhumata dicitur ... (... die Mutter des Heiligen (Heribert) soll unten im Chor
hinter dem Altar der seligen Jungfrau (Maria) in einem länglichen Steingrab, das
ungefähr einen Fuß herausragt, begraben sein ...).
In dem Visitationsprotokoll des Dekanates Zülpich vom 17. Juni 1698, Blatt 154 f, ist
vermerkt, dass sich auf dem Chor ein Grabmal befand, welches als das der Mutter
des Hl. Heribert galt: Extat in choro sepultura quaedam eminens, prout fertur,
Alemannae, matris s. Heriberti. (Im Chor ist ein hervorragendes Grab, wie berichtet
wird, der Alemanna, der Mutter des hl. Heribert).
Tatsächlich fand man bei Renovierungsarbeiten im Jahre 1869 an der angegebenen
Stelle, so Johann Esser in “Das Dorf Kreuzau“, eine gewölbte Gruft, die wohl unter
dem Chor der im 13. Jahrhundert niedergelegten Kirche beim Chortürchen gelegen
war.
Hinweise auf die Verbindung des HI. Heribert und daraus resultierend auch die
seiner Mutter Tiedwidis zu Kreuzau finden wir wiederum in den Aufzeichnungen des
Aegidius Gelenius: im Mai 1635 berichtet der Küster von Binsfeld Johannes Werner,
der Hl. Heribert sei Burgherr in Kreuzau gewesen.
Ferner existierte eine hohe Verdichtung von Streubesitz des von Erzbischof Heribert
gestifteten Klosters Deutz in der Umgebung von Kreuzau und möglicherweise im Ort
selbst.
Von den vorhandenen und hier angeführten Quellen sind keine weiteren
Erkenntnisse bezüglich des Tiedwidisgrabes zu erwarten. Inwieweit eine
archäologische Untersuchung zu einer endgültigen Aussage führen würde, bleibt
aufgrund des zeitlichen Abstandes von fast eintausend Jahren die Frage.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.212
4.400 Hauptaltar
(Zeichnerisch dargestellt auf Seite 2.2332)
Der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils entsprechend wurde in den Jahren
1992 bis 1995 der Altarbereich umgestaltet.
1993
Bis dahin fand unter Beibehaltung des Hochaltares in den Jahren von 1967 bis
damit
der Josefaltar in der Mitte des Chorraumes als Zelebrationsaltar Aufstellung,
.
der Priester die Hl. Messe zu den Gläubigen hin feiern konnte
t aus
Der Hauptaltar mit dem blockartigen Stipes und vorgekragter Mensa besteh
eten
rotem Bundsandstein. Der Altarblock (Stipes) des im Jahre 1954 erricht
n
Hochaltares mit einem Gewicht von ca 60 Zentnern konnte als Unterbau erhalte
neu
cm
bleiben. Die Altarpiatte (Mensa) wurde in den Maßen 144 x 134 x 22
gefertigt.
mit
Der Altar ruht auf einem aus Beton gegossenen Fundament und ist bodenseits
einem 164cm x 152 cm großen Sandsteinbelag eingefasst.
Der Altarblock zeigt im Sockelbereich ein erhabenes Schriftband, das die Worte:
RECOLITUR MEMORIA PASSIONIS EJUS trägt. Es handelt sich um den Teil eines
im Jahre 1954 geschaffenen Schriftbandes, das fortlaufend auf den Sockeln der
ehemaligen Kommunionbänke unter Einbeziehung des Hauptaltars vom nördlichen
zum südlichen Seitenschiff verlief und abschnittweise lautete:
0 SACRUM CONVIVIUM IN QU0 CHRISTUS SUMITUR RECOLITUR MEMORIA
ET FUTURAE GLORI(AE)
MENS REPLETUR GRATIA
PASSIONIS EJUS
NOB(lS) PIGNUS DATUR (0 heiliges Gastmahl in dem Christus genossen das
Andenken seines Leidens erneuert die Seele mit Gnaden erfüllt und uns das
Unterpfand der künftigen Herrlichkeit gegeben wird).
Auf dem zur Nordseite zeigenden Teil des Schriftbandes ist vor dem Wort
RECOLITUR eine Lyra dargestellt. Das Schriftband auf der Südseite zeigt hinter dem
Wort EJUS eine Zither, ein Becken, eine Trommel und ein Tamburin, im Alten
Testament gebräuchliche Musikinstrumente.
-
-
—
-
-
-
-
-
Die Rückseite des Altarblocks wurde durch einen Steinmetz in der Weise bearbeitet,
dass analog zur Vorderseite und zu den Seiten ein nunmehr umlaufendes
Schriftband entstand. Auf das rückwärtige Sockelband wurden die Worte:
RENOVATUM AD 1992 (Erneuert im Jahres des Herrn 1992) eingemeißelt.
latte
Zuvor war die Altaranlage von 1954 abgebaut worden, wobei zuerst die Altarp
n als
vom Altarblock abgehoben und das Behältnis mit den Reliquien des Heilige
dem
aus
1225)
(1215Märtyrer verehrten Kölner Erzbischofs Engelbert 1. von Berg
nun offenen Reliquiengrab entnommen wurde.
Nachdem der Stipes an der eigenen Aufhänge-Vorrichtung, dem sog. Fuchsloch,
ltar
mittels eines Flaschenzuges angehoben worden war, konnten die drei zum Hocha
ent
fundam
führenden Stufen aus Bundsandstein und das ziegelgemauerte Sockel
des Altares entfernt werden.
In einer Laufkatze hängend konnte der Altarblock an seinen jetzigen Platz
de
transportiert werden. Danach konnten die oben erwähnten Reliquien mit der Urkun
das
wurde
latte
wieder in den Altar eingesetzt werden. Durch Auflage der Altarp
Reliquiengrab wieder geschlossen. Es ist unmittelbar unterhalb der Mensa in der
Mitte des Altarblocks zu erkennen.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.213
Die Einsetzung von Märtyrer-Reliquien in einen Altar hat ihren Ursprung im
4. Jahrhundert, als man begann, Gotteshäuser und Altäre über Märtyrergräbern zu
errichten. Der Brauch, in der Nähe eines Märtyrergrabes die Hl. Eucharistie zu feiern,
erfuhr im 6. Jahrhundert dahingehend eine Veränderung, dass man die Gebeine der
Märtyrer zum Altar bzw. zur Gemeindekirche brachte. Dies entsprach der geläufigen
Vorstellung, zu jedem Altar gehöre ein Märtyrergrab bzw. eine Reliquie.
Die zuvor erwähnten vier Kommunionbänke wurden im Turmhaus der Pfarrkirche
aufgestellt; auf jeder ist in Salzlasurarbeit ein Engel mit einem Musikinstrument
dargestellt, der erste mit einer Posaune, der zweite mit einer Laute, der dritte mit
einer Flöte und der vierte mit einer Harfe. Auch hier handelt es sich um
alttestamentarische Musikinstrumente, die somit mit denen des Hochaltares
korrespondieren.
Die Altarplatte des bisherigen Hochaltares hat ihren Platz an der rückwärtigen Wand
des südlichen Seitenschiffes gefunden; sie ist wesentlich älter als die Altaranlage von
1954.
Am 20. Januar 1996 wurde der Altar durch Weihbischof Dr. Gerd Dicke im Rahmen
einer Eucharistiefeier konsekriert. Anlässlich der Altarweihe stellte der Konsekrator
die folgende Urkunde aus: A(NNO).D(OMINI), MXMVI, die XX mensis Januarii. Ego,
Dr. Gerardus Dicke, Episcopus lriensis et Auxiliaris Aquisgranensis dedicavi Altare
Ecclesiae sub titulo Sancti Heriberti ad Kreuzau. + Gerardus Dicke.
(Im Jahre des Herrn 1996, dem 20. des Monats Januar. Ich, Dr. Gerd Dicke, (Titular-)
Bischof von lria (Flavia) und Weihbischof von Aachen, habe den Altar der Kirche
unter dem Titel des heiligen Heribert zu Kreuzau geweiht. + Gerd Dicke).
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.214
4.500 Wandtabernakel
(Zeichnerisch dargestellt auf Seite 2.2333)
An der Südseite des Hochchores befindet sich neben dem oberen Durchgang zum
südlichen Seitenschiff ein hochgotischer Wandtabernakel, dessen Maßwerk auf eine
Entstehungszeit um das Jahr 1300 hindeutet. Es handelt sich hierbei um den letzten
von ursprünglich mehreren Wandschränkchen im Chorraum der Pfarrkirche.
Der Wandtabernakel mit eingebautem Tresor ist durch eine eiserne Schranktür mit
zweigeteiltem Rautengitter verschlossen. Seine Seiten werden durch ein
birnenförmiges Rahmenprofil flankiert. Oberhalb der Schranktür sehen wir ein
reiches gotisches Blendmaßwerk mit einem von Fialen flankierten Ziergiebel, einem
sog. Wimperg, dessen Schrägen mit naturalistischem Blattwerk belegt sind.
Der Wimperg wird von einer dreiblättrigen und die Fialen von je einer zweiblättrigen
Lilie bekrönt. Innerhalb des Ziergiebels sind zudem im unteren Bereich zwei spitze
Dreipaßbögen, in der Mitte ein Vierblatt in einem krummlinig begrenzten Viereck und
in der Spitze ein kleines Dreiblatt angeordnet
Es handelt sich um eine freie und originelle Erfindung des Meisters, bei der die
Nachwirkungen der Kölner Lau bornamentik deutlich erkennbar sind.
Unterhalb des Wandtabernakels befindet sich eine Stele mit einer Konsole, einem
ornamentierten Wulst und einer profilierten Basis aus rotem Sandstein. Auf dem
Wulst der Sakramentsstele befinden sich Darstellungen von Trauben und weitere
kleinere Dekors.
Im unteren Bereich der Stele ist die folgende Inschrift eingemeißelt:
IN CRUCE
SALUS
1944-45
DIR (UTUM)
REN(OVATUM) 1946-50
1993
REN(OVATUM)
(Im Kreuz ist Heil
- zerstört
1944-45
-
erneuert 1946-50
- erneuert
1993)
Auf der gegenüberliegende Seite befindet sich unterhalb der Kredenzkonsole eine
Gedenkplatte, die bis zur Renovierung von 1993 unterhalb des Wandtabernakels
angebracht war. Sie enthält bis auf die letzte Zeile die gleiche Inschrift wie diejenige
auf der Sakramentsstele.
Nach den Aufzeichnungen des Aegidius Gelenius über Kreuzau aus dem Jahre
1635 existierten zu dieser Zeit zwei weitere Wandschränke und zwar an der
nördlichen Chorseite, von denen einer als Wandtabernakel der Aufbewahrung der Hl.
Eucharistie diente: Juxta tabernaculum v(enerabilis) Sacramenti est aliud armarlum
(Nahe bei dem Tabernakel des
repagulis ferreis tribus et cancellis ferreis vestitum
verehrungswürdigen Sakramentes ist ein anderer mit drei eisernen Riegeln mit
subtus fenestram a cornu evangelil
einem eisernen Gitter versehener Schrank...)
secundam.. (und zwar befindet sich der Schrank unter dem zweiten Fenster auf der
Evangelienseite,
). An einer anderen Stelle dieses Berichts heißt es: Sub summa
ara duo armarla cum laminis ferreis et transversis vectibus. ( In der Nähe des
Hochaltars sind zwei Schränke mit eisernen Platten und Querbalken).
...
...
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.215
Mit „Evangelienseite“ ist die vom Kirchenschiff aus gesehene linke bzw. nördliche
Seite des Hochchores gemeint, da an dieser Seite des Altars vor der Liturgiereform
des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1 965) das Evangelium gelesen wurde. Die
gegenüberliegende rechte bzw. südliche Seite heißt Epistelseite, da dort die Lesung
der Episteln erfolgte.
Wegen der noch aus dem Mittelalter stammenden früheren Sitzordnung nannte man
die Evangelienseite auch Frauenseite, die Epistelseite Männerseite.
•
In dem Abschnitt über die Pfarrkirche schreibt Johann Esser in „Das Dorf Kreuzau“,
erschienen im Jahre 1896, dass sich außer den vergitterten Nischen an der
Südwand des Chores ehemals auch an dessen Nordseite zwei Wandschränkchen
einem Rundbogen bekrönt waren,
die mit
mit viereckiger Steinumfassung,
befanden.
Bei diesen handelt es sich um die in den Aufzeichnungen des Aegidius Gelenius von
1635 erwähnten Wandschränkchen. Der heute noch vorhandene hochgotische
Wandtabernakel wurde dort nicht erwähnt, obschon dieser, belegt durch die
kunsthistorische Datierung der Entstehungszeit um das Jahr 1300, unzweifelhaft
vorhanden war.
Obwohl das Konzil von Trient (1 545-1 563) die Aufbewahrung der Hl. Eucharistie im
Tabernakel auf dem Hochaltar angeordnet hatte und somit die Sakramentshäuser
und Wandtabernakel für diesen Zweck überflüssig geworden waren, geht aus dem
Visitationsprotokoll des Dekanates Zülpich vom 17. Juni 1698 hervor, dass das
Allerheiligste zu dieser Zeit noch immer in einem Wandtabernakel auf der nördlichen
Chorseite aufbewahrt wurde. Es heißt dort: Der Tabernakel dieser Kirche an der
Evangelienseite ist gut verschlossen, aber feucht und wegen des schlechten
Zustandes des Chores nicht genügend sauber; dennoch wird in ihm das heilige
Sakrament in einer vergoldeten kupfernen Monstranz und einem Kelch sowie unter
einem Korporale aufbewahrt, sowie sich hier auch ein kleines silbernes Gefäß für die
Kranken mit dem Salbungsöl befindet.
Die Lage des Wandtabernakels oder eines Sakramentshauses an der Nordwand des
Chorraumes neben dem Altar entsprach der damals allgemein üblichen Praxis.
Die Ursachen für die erst späte Beachtung des Konzilsbeschlusses lassen sich nicht
mehr nachvollziehen; möglicherweise geschah es aus Gründen der Sicherheit. Noch
um das Jahr 1772 ist das Vorhandensein eines Tabernakels auf dem Hochaltar
belegt.
Im Zuge der Umgestaltung des Chorraumes in den Jahren 1992-93 wurde der
Hochaltar abgebaut und der Tabernakel auf dem Altar des nördlichen Seitenschiffs
aufgestellt.
Seitdem wird die hl. Eucharistie, wie es das Zweite Vaticanum (1962-1965) erlaubt,
wieder im Wandtabernakel aufbewahrt.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.216
4.600 Piscina und Sacrarium
(Zeichnerisch dargestellt auf Seite 2.2334)
An der südlichen Wand des Hochchores befindet sich links neben dem
Wandtabernakel und 15 cm oberhalb der den Chor umlaufenden Steinbank eine
Piscina, die bei Sanierungsarbeiten an den Chorwänden im Jahre 1993 freigelegt
wurde. Das Wort piscina bedeutet soviel wie Fischbecken, Fischteich oder
Badebassin.
Bei einer Piscina handelt es sich um eine steinernes Wasch- oder Wasserbecken,
das sich, wie auch hier, meistens in einer Mauernische in Altarnähe an der südlichen
Chorwand befindet bzw. befand. Die Piscina diente zu liturgischen Waschungen, z.B.
der hl. Gefäße und der Hände des Priesters bei der Messfeier. Da das dabei
benutzte Wasser nach kirchlicher Vorschrift nicht in das Abwasser gelangen durfte,
befand sich an der Piscina eine Ablaufvorrichtung, durch die das Wasser in eine in
das Erdreich führende Sickergrube, das sog. Sacrarium, ableitetet wurde.
Die Piscina im Hochchor der Kreuzauer Pfarrkirche ist 118 cm hoch und 62 cm breit.
Ein gotischer Dreipaß oder Kleeblattbogen wird von einem Spitzbogen überlangen.
Deutlich sind noch die Überreste von himmelblauer Kalkfarbe, die über weißer
Kalkfarbe aufgetragen wurde, zu erkennen.
Hinter dem gotischen Maßwerk und darüber hinausreichend befindet sich ein
Hohlraum, der wohl der Speicherung des benötigen Wassers diente. Auf Höhe der
Wassereinlaufrinne befand sich eine vorstehende Steinplatte, von der heute nur
noch Fragmente erhalten sind. Im Boden der Piscina befindet sich eine Ablaufrinne,
vor der noch ansatzweise der erhöhte Beckenrand erkennbar ist
An der südlichen Außenmauer des Chorpolygons befindet sich unmittelbar über dem
Sockel ein über das Mauerwerk hinausragender Stein mit einer runden Öffnung,
durch die das Wasser aus der Piscina in das Sacrarium abgeleitet wurde.
•
Das heute benutzte Sacrarium befindet sich durch eine kleine Marmorplatte
abgedeckt im Fußboden des Hochchores unterhalb des Mittelfensters vor der den
Chor umlaufenden niedrigen Steinbank.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.217
4.700 Ambo
(Zeichnerisch dargestellt auf Seite 2.2335)
Die Bezeichnung Ambo kommt von dem griechischen Wort ambon und bedeutet
Erhöhung. Es handelt sich um ein meist steinernes Lesepult ursprünglich in
frühchristlichen und frühmittelalterlichen Basiliken. In der Regel gab es dort zwei
Ambonen, eins für die Verlesung der Epistel an der Südseite und ein weiteres für die
Verkündigung des Evangeliums an der Nordseite der Chorschranken.
Der Evangelien-Ambo bestand aus zwei mehrstufigen Treppen nach Osten und
Westen, in deren Mitte sich ein breites Podest befand, auf dessen Brüstung das
eigentliche Lesepult angebracht war. Östlich vom Lesepult befand sich eine
Vorrichtung für die Osterkerze. Der Epistel-Ambo hatte nur eine Treppe, war kleiner
und weniger aufwendig verziert als der Evangelien-Ambo.
Im Spätmittelalter wurden die Ambonen in manchen Kirchen in sog. Lettner ( hohe
Abtrennungen zwischen Chor und Kirchenraum) integriert oder durch Kanzeln
ersetzt. Der Ambo gilt demnach als Vorform der Kanzel, die erstmals seit dem
13. Jahrhundert vorkommt.
Der Ambo in unserer Pfarrkirche befindet sich an der Nordseite des Hochchores
unmittelbar vor dessen zweistufiger Erhöhung. Er wurde im Jahre 1993 aus rotem
Sandstein gefertigt und weist unmittelbar unter der Lesepultschräge ein dreiseitiges
Band mit einem Blattornament auf. Auf der Rückseite befindet sich eine Buchablage.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.218
4.800 Hochchor
um einen sog.
Der hochgotische Chor unserer Pfarrkirche, es handelt sich hier
et. Einen
erricht
Langchor, wurde gegen Ende des 13. Anfang des 14. Jahrhunderts
sich in den Auf
bestätigenden Hinweis auf die Entstehungszeit des Chores findet
gleichen Jahr
im
ein
über
zeichnungen des Aegidius Gelenius aus dem Jahre 1635
ein Fenster hat
noch vorhandenes Fenster: Fenestra una annum habet 1306 ( Nur
das Jahr 1306).
en, mittelalterlichen
Der Chor ist in seiner Architektur nahezu in seinem ursprünglich
Zustand erhalten geblieben.
bezeichnete in der
Der Begriff Chor entstammt dem griechischen Wort choros und
Sänger. Seit der
Antike den Platz für die Tänzer und die Gemeinschaft der
ch-liturgischen Bereich,
Karolingerzeit findet der Begriff Chor Anwendung im kirchli
Hochaltar in Kloster-,
als Raum für das Gebet der Geistlichen und Mönche vor dem
an findet man die
Dom- und Stiftskirchen. Von der Mitte des 14. Jahrhunderts
Bezeichnung Chor auch für den Altarbereich von Pfarrkirchen.
iffige romanische
Der nach der Mitte des 13. Jahrhunderts abgetragene, wohl einsch
wie das gotische
ße
Vorgängerbau, hatte abgesehen vom Chor ähnliche Ausma
spätromanischen
Hauptschiff unserer heutigen Kirche unter Einbeziehung des
Westturmes.
dem romanischen
Man muss davon ausgehen, dass der hochgotische Chor
gen wurde. Diese
Kirchenbau zuerst vorgesetzt wurde, bevor dieser abgetra
die Gottesdienste
Vorgehensweise war üblich, da auch während der Bauphase
weiterhin gefeiert werden mussten.
die meisten Kirchen,
Das Gotteshaus ist in der Ausrichtung seiner Längsachsen, wie
zum Hl. Land bzw.
von Westen nach Osten orientiert, so dass der Chor nach Osten
ereich ist durch zwei
zur aufgehenden Sonne gerichtet ist. Der eigentliche Altarb
nbodens erhöht.
Stufen von 2 x 18 = 36 cm über dem Niveau des übrigen Kirche
NORDEN
III
1
Att
WESTEN
SUDEN
___________
______
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.219
4.801 Der äußere Chorbereich
Das am Außenbau der Kirche hervortretende Abschlusselement, das Chorhaupt,
zeigt mit einem Sockel, einem gleichmäßig durchgezogenen Gesims, das sich um
die Strebepfeiler verkröpft, einem Dachgesims und den sechs Strebepfeilern eine
einfache Gliederung. Die giebelartigen Strebepfeilerabdeckungen waren ursprünglich
mit Kreuzblumen besetzt, deren Ansätze zumindest noch um das Jahr 1937
erkennbar waren.
Die zweifach abgetreppten Strebepfeiler weisen auf ungefähr dreiviertel ihrer Höhe je
einen Wasserschlag auf. Unterhalb der über das Dachgesims hinausragenden
Giebelchen der Chorstrebepfeiler befinden sich vier drachenartige Larven als
Wasserspeier, die die Elemente Feuer, Erde, Wasser und Luft darstellen. Ein fünfter
Wasserspeier, der erste von links, stellt lt. Bildhauer Matthias Esser das „Element
Humor“ dar. Eine Erneuerung der mittelalterlichen Wasserspeier, die wegen
Auswitterung des Steinmaterials erforderlich geworden war, erfolgte im Jahre 1986.
Vier der ausgetauschten Wasserspeier befinden sich seit dem Jahre 2000 auf einer
Stele auf dem Kirchhof unweit des südlichen Seitenschiffes. Die Wasserspeier am
nordwestlichen Strebepfeiler, im weiteren Verlauf des Langchores und an der
Nordwand des Hauptschiffes, bestehen aus einer einfachen Sandsteinrinne.
Das Regenwasser wurde ursprünglich in einer das gesamte Gotteshaus umziehen
den unterhalb der Mauerkrone angebrachten Steinrinne aufgefangen und zu den
Wasserspeiern weitergeleitet. Von dort aus gelangte das Wasser im freien Fall auf
den Erdboden, möglichst ohne dabei das Mauerwerk zu durchnässen.
_____
___________
KathoHsche Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4220
Unterstützende Funktion hatten dabei die vorerwähnten Wasserschläge. Heute
haben die Wasserspeier nur noch dekorativen Charakter; das Wasser wird durch
Dachrinnen und Fallrohre in die Regenwasserkanalisation abgeleitet.
Am westlichen Teil der Südseite des Langchores, über der Mitte und am Ende der
Sakristei, sind anstelle von Strebepfeilern Lisenen angebracht, schwach hervortretende Mauerverstärkungen mit pultförmiger Hausteinabdeckung, wie auch im
weiteren Verlauf der Gliederung der Südwand und des Mittelschiffes zu sehen sind.
Die Bundsandsteine zum Bau des Gotteshauses weisen in ihrer Mitte Zangenlöcher
auf. Diese wurden von beiden Seiten in die Quader eingearbeitet, damit diese mit
einer Steinzange aufgegriffen und mit Hilfe einer Hebevorrichtung an die benötigte
Stelle gesch affl werden konnten.
Auf den Sichtflächen der Steine, insbesondere im Bereich des Chorhauptes sowie an
der Südwand der Kirche, befindet sich eine Vielzahl unterschiedlichster mittelal
terlicher Steinmetzzeichen. Hierüber wird ausführlich in einer der nächsten Folgen
der Dokumentation berichtet.
Im Chorhaupt befinden sich fünf zweibahnige Spitzbogenfenster, deren Pfosten und
Gewände innen und außen aus glatten Schrägen bestehen und eine hochgotische
Maßwerkbekrönung tragen. Über den Teilungsbogen sind je eine Maßwerkfigur in
Form eines rundblättrigen Vierpasses mit vorspringenden Spitzen, den sog. Nasen,
angeordnet, ein um das Jahr 1300 übliches Motiv.
Im Vorchor befinden sich im Obergadenbereich je zwei Fenster, wobei die beiden
westlichen Fenster der Nordseite in ihrer Bekrönung ebenfalls die Maßwerkform des
rundblättrigen und die auf der Südseite die des spitzblättrigen Vierpasses aufweisen.
Die Ostspitze des Chordaches wird von einem erzbischöflichen Doppelkreuz
überragt; ggf. im Sinnzusammenhang mit dem Patron der Kirche, dem heiligen
Kölner Erzbischof Heribert, aber auch mit dem Gedächtnis und der besonderen
Verehrung des heiligen Kreuzes in der Pfarrgemeinde. (Siehe hierzu unter
„Apostelleuchter und Medaillon mit Kreuzen“ S. 4.203 dieser Dokumentation.)
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Sefte 4.221
4.802 Der innere Chorbereich
..
\ /
2.71
1
1
1
6.4S
1.7
‚75J.1.O24.
ss und in
Der Langchor besteht in seinem Chorhaupt aus einem Fünfachtel-Abschlu
des Mittelseiner Verlängerung aus rechteckigen Jochen, im Gegensatz zu denen
schiffes verkürzt sind.
Kelch
In den vier Polygonecken ragen je ein stabartiger Runddienst mit einem
kapitell als Gewölbeträger empor.
Dreierbündeln
Im weiteren Verlauf des Chores sind an jeder Wandseite zwei zu
zusammengefasste Runddienste mit je drei Keichkapitellen angeordnet.
hselnd in den
Die konkav ausgebuchteten Kehlungen der Kelchkapitelle sind abwec
Formen wie
Farben rot und blau gefasst. Die Kelchkapitelle besitzen die gleichen
zerstörten
1944,
ber
diejenigen im Ostchor, der im Zweiten Weltkrieg, am 16. Novem
kung des
Dürener Annakirche; ein Hinweis auf eine zumindest zeitweilige Mitwir
auf einer
e
ruhen
Dienst
Baumeisters dieser Kirche am Kreuzauer Gotteshaus. Die
durch die
den Chor bis zu den Chorstufen umlaufenden niedrigen Sockelbank, die
sockel sind
Arkadendurchgänge zu den Seitenschiffen unterbrochen wird. Die Dienst
polygonartig mit einer flachen abgerundeten Basis.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.222
Die stabartigen Säulen des Dreierbündels an der Nordseite zwischen den ersten und
dem zweiten rechteckigen Chorjoch mussten, wie deutlich erkennbar, in einer Länge
von je 55 cm oberhalb der Sockeldienste und gleich diesen, infolge von Kriegseinwirkungen, modern erneuert werden.
Die den Chor umlaufende Sockelbank hat eine durchschnittliche Höhe (Oberkante)
von 16 cm. Sie verlief bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts vom westlichen
Säulenbündel auf der nördlichen bis zu dem auf der südlichen Chorseite.
Sie war lediglich durch den obersten Arkadendurchgang zum südlichen Seitenschiff
in Richtung Sakristei hin unterbrochen.
Im Zuge des Anbaus des nördlichen Seitenschiffes im Jahre 1907 wurde die Sockelbank auf Breite des Arkakendurchganges zum Nebenchor hin, schräg zu beiden
Seiten hin abgekantet, durchtrennt. Die Sockelbank wurde zudem an ihren beiden
westlichen Enden durch Abschlagen des Steines geringfügig gekürzt.
Auf die Flächen der fünf Chorwände sind unterhalb der Fenster ein Meanderfries
und darunter ein schuppenartiger Vorhang mit einer Abschlussborde aufgemalt.
Die beiden Dreiviertel-Säulen zwischen dem Chor und dem Langhaus weisen eine
unterschiedliche Stärke auf. Die dickere, nördliche trägt ein Kapitell mit in Gold ge
fasstem Blattwerk; die Deckplatte darüber zeigt eine oktogonale Form. Ihr Sockelprofil weist eine ähnliche Form wie die der Dienste in oberen Chorraum auf.
Die südliche Säule trägt ein Kapitell mit stilisiertem, botanisch nicht genau zu bestim
mendem Blumen- oder Knospenwerk. Das Sockelprofil entspricht dem des
Arkadenpfeilers und des daran angefügten Nebenaltares.
Um das Jahr 1300 erhielt der schlanke Chor ein Kreuzrippengewölbe, dessen
Rippen und die, die Joche einteilenden Gurtbögen, das Profil des Birnstabes zeigen.
Den Skelettbau des Gewölbes bilden als vorstehendes Tragelement die Gewölberippen, zwischen denen sich die statisch nicht tragenden vier Gewölbekappen
befinden.
rBirnstab als Gewölberippen im ChorbereTEh
—
UI
4.3.54.3 4.3.5
.1
10
_-
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.223
Bevor man mit Ausfertigung der Gewölberippen und Gewölbegurte beginnen konnte,
wurde zuerst der Dachstuhl errichtet. Er diente als Schutz vor Wasser- und
Frostschäden und gleichzeitig als Aufhängevorrichtung für Hebekräne, Gerüste und
Arbeitsplattformen.
Die aus Bundsandstein bestehenden Gewölberippen wurden über, von Zimmer
leuten vorher eingerichteten hölzernen Lehrgerüsten gemauert. Die Gewölbekappen
wurden später, entweder über ein die gesamte Gewölbefläche überspannendes
Gerüst, meistens aus freier Hand ohne Lehrgerüst nur mit Hilfe mobiler und einfach
zu handhabender Hilfsmittel, aufgemauert. Für die Aufmauerung der Gewölbe
kappen wurden in der Regel Steine mit einem möglichst geringen spezifischen
Gewicht genommen.
Schon die mittelalterlichen Baumeister ließen, wie deutlich erkennbar, kleine
Öffnungen in den Kappen, durch die Seile für die Befestigung von Lasten am
Dachstuhl durchgezogen werden können. So wurde auch im Jahre 2000 die
Aufhängung des Bronzekreuzes durch die Gewölbelöcher hindurch geführt und am
Dachstuhl befestigt.
Die am Hauptknotenpunkt des Kreuzrippengewölbes angebrachten Schlusssteine
tragen stilisiertes Blat[werk. Der Schlussstein des westlichen Chorrechtecks ist mit
einer kleinen Laubmaske, deren heraushängende Zunge gespalten ist, belegt. Die
gespaltene Zunge soll auf die menschliche Doppelzüngigkeit hinweisen. Blatt
masken, die uns zuerst in der antiken römischen Baukunst begegnen, wurden
vornehmlich von der Romanik in Frankreich wieder aufgenommen. In der deutschen
Gotik finden wir sie wieder häufig als Schmuckelement von Schlusssteinen und
Konsolen.
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.224
4.900 Die Nebenaltäre
4.901 St. Josefaltar
Auch mit Maßen dargestellt auf Seite 2.2337
Im Chor des nördlichen Seitenschiffes steht ein dem heiligen Josef geweihter, im
Jahre 1952 durch eine ortsansässige Schreinerei gefertigter Altar aus Eichenholz. Er
diente ab dem Jahre 1967 bis zur Umgestaltung des Chorraumes im Jahre 1993 als
Zelebrationsaltar gemäß den Richtlinien des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962
1965).
Bis gegen Ende des Zweiten Weltkrieges befand sich hier ein Herz-Jesu-Altar,
dessen Altarstein im K riege u nversehrt g eblieben war. N ach R ückkehr d es d ama
ligen Pfarrres Heinrich Stiegeler aus der Evakuierung und der Wiederaufnahme der
Gottesdienste fand dieser Altarstein Verwendung in einem Notaltar.
-
[
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.225
4.902 St. Heribertusaltar
Auch mit Maßen dargestellt auf Seite2.2338
in
Der Heribertusaltar im Chor des südlichen Seitenschiffes besteht aus Bundsandste
Die
asst.
und ist abschließend in den 3/6 Abschluss des Nebenchores eingep
Altarplatte weist an den Seitenteilen graue bzw. blaue Farbspuren unterschiedlicher
Stärke auf. Über die Herkunft des Altares machen die orts- und pfarrgeschichtlichen
Quellen keine Angaben.
Aus der Pfarrchronik ist unter dem Datum 4. November 1954 lediglich zu erfahren,
dass sich im Heribertusaltar zumindest seit diesem Tag die Reliquien eines un
bekannten Märtyrers befinden und die Benediktion des Altares durch Pfarrer Joseph
Dunkel in Anwesenheit des Aachener Weihbischofs Dr. theol. Friedrich Hünermann,
der am gleichen Tag den Hochaltar konsekrierte, erfolgt ist. Der Verschlussstein des
Reliquiengrabes ist auf der Vorderseite des Altarblocks unterhalb der Mensa zu
erkennen.
Auf dem Altar befindet sich eine polychromierte Statue des heiligen Erzbischofs
Heribert aus dem 19. Jahrhundert.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.226
4.903 Muttergottesaltar
Auch mit Maßen dargestellt auf Seite 2.2339
südlichem
Unterhalb der ersten östlichen Arkade zwischen Langhaus und
ltar mit
Seitenschiff befindet sich, an den Pfeiler angebaut, ein romanischer Blocka
ein weniges
vorgekragter Mensa. Die Mensa ist, typisch für einen Blockaltar, nur um
kigen Pfeiler
größer als die Abschlussfläche des Stipes und reicht bis an den achtec
fünf Konse
bzw. die Rundsäule heran. Auf der Mensa sind noch vier der
dereinst
altar
Neben
krationskreuzzeichen sichtbar, die darauf hinweisen, dass der
angrenzenden
als Zelebrationsaltar diente. Diesen Hinweis gibt uns auch die in den
zudem darauf
die
ogen,
Pfeiler eingelassene 12 cm tiefe Kredenznische mit Spitzb
den hat. Das
schließen lässt, dass der Altar bereits früher an dieser Stelle gestan
ppten ca. 30
abgetre
bzw.
fünfte Kreuzzeichen ist durch einen zweiteilig abgestuften
den Aufsatz,
cm hohen nicht mittig angelegten Aufbau überdeckt. Der Altar hat ohne
jedoch mcl. Fundamentation eine Höhe von 110 cm.
r und die
Der Sockel des Altars trägt das gleiche Profil wie der Arkadenpfeile
ebenfalls daran angelehnte Dreiviertelsäule.
mit Jesuskind
Auf der oberen Stufe des Aufbaus steht eine polychromierte Madonna
aus dem 18. Jahrhundert.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.227
4.904
Altar der lmmerwährenden Hilfe
Auch mit Maßen dargestellt auf Seite 2.23310
ngs des
Beim Altar der lmmerwährenden Hilfe, unweit des westlichen Ausga
geligen
nördlichen Seitenschiffes, handelt es sich um ein Tryptichon, einen dreiflü
mit
mutter
Altar, in dessen Mitte sich eine ikonographische Darstellung der Gottes
dem Jesuskind auf dem Arm befindet.
einem
Der Hintergrund ist goldfarben. Die Gottesmutter trägt ein rotes Gewand mit
ind
schwarzen, golddurchwirkten Umhang der auch über den Kopf geht. Das Jesusk
lls
ebenfa
n,
braune
trägt ein grünes Gewand mit rotem Gürtel und einen dunkel
Rechte
golddurchwirkten Umhang. Das Jesuskind legt beide Hände in die geöffnete
seiner Mutter.
Die griechischen Schriftzeichen MP links und GY neben dem Haupt der Maria
€EOY
bedeuten Mutter Gottes. MP ist die Abkürzung für METEP = Mutter, GY die für
= Gottes.
en
Die Buchstaben IC links und XC rechts neben dem Kopf des Jesuskindes bedeut
=
OC
XPICT
flr
XC
Jesus Christus. IC ist die Abkürzung für IHCOYC = Jesus,
Christos.
rot
Während Maria auf den Betrachter schaut, blickt das Jesuskind auf einen
er die
gewandeten Engel, der ihm ein Kreuz mit drei Querbalken zeigt. Darunt
Buchstabenfolge: 0 AP M = Der Erzengel Michael.
el.
AP ist die Abkürzung für APXHAFFEAOC = Erzengel; M für MIXAEA = Micha
der
Engel,
Auf der linken Seite des Bildes sehen wir einen weiteren, grüngewandeten
dem Jesuskind die Leidenswerkzeuge, die Lanze und den Essigschwamm zeigt.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.228
Darunter die Buchstabenfolge 0 AP F
FABPIEA = Gabriel.
=
Der Erzengel Gabriel. AP wie oben; F flur
Bei dem Schriftzeichen AP sind die Buchstaben miteinander verschmolzen. Es
handelt sich um eine Buchstabenverbindung, eine sog. Ligatur.
Inschriften, bei denen es sich wie hier um Abkürzungen handelt, wurden im
Mittelalter und in der frühen Neuzeit, wie auch auf dieser Ikone erkennbar, mit sog.
Kürzungszeichen überschrieben.
Unterhalb des Bildes steht in goldenen Buchstaben der Bittruf: 0 MARIA! HILF
Umrahmt ist die Ikone mit einer 6 cm breiten Blumen-Blattschnitzerei.
Entstanden ist das Original der Ikone wahrscheinlich im 14. Jahrhundert auf der Insel
Kreta.
Sie kam um das Jahr 1500 nach Rom; Papst Pius IX. (1846-1878) übergab sie 1865
den Redemptoristen für die Kirche S. Alfonso.
Die Art der Darstellung wird auch Hodegetria genannt nach dem Standort des
Prototyps, dem Hodegon-Kloster in Konstantinopel.
Der linke Flügel des Tryptichons zeigt einen Engel in oxydrotem Gewand und einem
Schriftband mit der Aufschrift: Ave Regina Coelorum. (Sei gegrüßt, Königin des
Himmels.)
Auf dem rechten Flügel sieht man einen bordeauxrot gewandeten Engel mit einem
Schriftband und der Aufschrift: Ave Domino Angelorum. Es müsste grammatikalisch
richtig heißen: Ave Domina Angelorum. (Sei gegrüßt, Herrin der Engel). Die
Hintergründe der Altarflügel sind goldfarben.
Der i n H olz g efertigte n eugotisch gestaltete Unterbau des Mariahilf Altares weist
links zwei, in der Mitte vier und rechts zwei Bahnen mit je von Spitzbogen über
fangene Kleeblattbogen auf. Die Zweierbahnen tragen in der Mitte außen je einen
Vierpass in einem Kreis und innen je einen Vierpass in einer Raute eingefasst.
In der Mitte ist ein größerer Vierpass in einem Kreis angelegt. Das in dem Vierpass
eingefügte stilisierte Epigramm lässt die Buchstaben ‚M“ und „A“ für Maria und ein
Kreuz erkennen.
-
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.229
4.905 Altarmensa
1;
fl
ri
Auch mit Maßen dargestellt auf Seite 2.23311
Die Mensa des im Jahre 1993 abgebauten Hochaltars ist an der Rückwand des
südlichen Seitenschiffes unter dem Bild der Kreuzesabnahme angebracht. Die
Mensa hat eine Abmessung von 2,60 m x 0,90. Deutlich erkennbar sind auch hier die
fünf Kreuzzeichen, als die Stellen, an denen der Altar bei der Konsekration gesaibt
wurde.
Das in der Pfarrchronik angegebene Alter von ca. 450 Jahren kann nicht belegt
werden. Ungeachtet dessen besitzt die Altarmensa nahezu Reliquiencharakter.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2210
4.906 Grabkreuz der freiadeligen Familie von Torck
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1:35:
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ALEXANDER VON TORCE
MAO
VON 7000*
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11007 VON 71100K
1OSPII VON 00000
WO
1
r
Auch mit Maßen dargestellt auf Seite 2.23312
Vor dem Hochchor der Pfarrkirche befindet ein Denkmal, das an die letzte Gene
ration des freiadligen Hauses von Torck und deren Eltern erinnert. Das Denkmal
ruht auf einem 22 cm hohen Sockel und hat einschließlich des Kreuzes mit eisernem
Korpus eine Gesamthöhe von 302 cm.
Unterhalb des Kreuzessockels befinden sich in einem Medaillon eine kleine und eine
größere Darstellung des Familienwappens. Beide gotische Wappenschilde sind in
der Mitte durch eine Leiste geteilt. Die senkrechte Schraffierung im oberen Teil
deutet b ei der nicht farbigen W appendarstellung d ie heraldische Farbe rot an. In
dem Feld unterhalb der Wappenleiste sind waagerecht vier, darunter drei Rauten
angeordnet.
Oberhalb des größeren Wappens befindet sich ein Spangen- oder Turnierheim mit
einer Helmkrone zu deren beider Seiten je ein Flügel als Helmzier hervorkommt und
quasi den oberen kleinen Schild ganz umfängt. Unter dem Spangen- oder
Turnierhelm ist eine Halsberge (Halsschutz) erkennbar, die den Wappenschild
leicht überlappt. Hinter dem Wappen erscheint eine vorhangartige Draperie als
Wappenmantel, die hinter dem Helm zeltartig g erafft i st. E r i st i m o beren Bereich
gebauscht mit Schnüren gebunden und hängt an den Seiten in Falten herab.
KathoHsche Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
—
Seite 4.2211
Das Denkmal trägt folgende Inschrift:
SEELIG DIE IM HERRN STERBEN.
IOH(ANN) THOMAS LEOPOLD IOS(EPH) VON TORCK
1755 D(en) 25 T(en) APRIL
GEBOREN
IUNY
GESTORB(EN) 1835 D(en) 6T(en)
FRANZ ANTON IOSEPH VON TORCK
1801 D(en) 6 T(en) MAI
GEBOREN
GESTORBEN 1835 D(en) 22 T(en) SEPT(EM)B(E)R
MARIA CATHARINA VON TORCK
GEB(OREN) 4 T(en) JAN(UAR) 1760 GEST(ORBEN) D(en) 3 T(en) JAN(UAR) 1841
ALEXANDER VON TORCK
GEB(OREN) D(en) 15 T(en) AP(RIL) 1788 GEST(ORBEN) D(en) 27 T(en) OCT(OBER) 1863
MAR(IA) CATHARINA CHRIST(INA) VON TORCK
GEB(OREN) D(
en) 7 T(en) JAN(UAR) 1799 GEST(ORBEN) D(en) 26 T.(en) MAI 1863
GERTRUD BERN(HARDINE) BERT(RANDINE) VON TORCK
GEB(OREN) D(en) 2 T (en) FEB(RUAR) 1791 GEST(ORBEN) D(en) 11 T(en)NOV(EMBER)1867
ANTON JOS(E)PH VON TORCK
GEB(OREN) D(en) 5 T(en) NOV(EMBER) 1789 GEST(ORBEN) D(en) 14 T(en) MÄRZ 1869
MARIA FRANCISCA WILHELMINA VON TORCK
GEB(OREN) D(en) 15 T(en) MAI 1804 GEST(ORBEN) D(en) 4 T(en) MÄRZ 1883
Vor den von Torck waren die von Raesfeld im Besitz der Burg. Nachdem der letzte
Burgherr aus dem Hause Raesfeld am 8. Dezember 1658 verstorben war, verließ
dessen kinderlose Witwe Sophia Agnes geb. von Hersel im Jahre 1659 die Burg.
Durch einen Schenkungsakt seitens einer Verwandten, der Äbtissin des freiadligen
Stiftes Bocholtz, Anna Stephana von Raesfeld, gelangte die Burg im Jahre 1668 in
den Besitz des Oberstleutnants Dietrich Adolf von Torck zu Nordheringen und Galen.
In vierter Generation empfing am 7. Juli 1782 Johann Thomas Leopold von Torck
(1755-1835) “als der geeignetste zur Erhaltung des Gutes und der Gerechtsame“
gegen eine Gebühr von 60 Rthlr. die Belehnung mit der Burg. Am 17. Januar 1786
heiratete Johann Thomas Leopold von Torck die aus Kreuzau gebürtige Maria
Katharina Bonn (1760-1841).
Aus der Ehe gingen elf Kinder hervor, von denen neben den Eltern sechs auf dem
Grabstein genannt sind.
Die Kinder Maria Franciscus Wilhelminus Henricus (getauft am 27.12.1786 + am
19.04.1804), Carolus Casparus (getauft am 15.05.1793 + 1793), Josephus Hubertus
(getauft am 11.06.1794 + 1795) und Maria Clara (getauft am 17.03.1796), sowie der
im Alter von 2 Jahren verstorbene Balduin (getauft am 17.03.1797 + am 04.09.1799)
auf dem Grabstein nicht erwähnt. Sie sind entweder, wie Balduin, im
sind
Kindesalter gestorben oder auswärts beerdigt worden.
Bei der Beinschriftung des Grabsteines kam es bei Maria Catharina Christina und
Gertrud Bernhard ine Bertrandine von Torck zu falschen Angaben der Sterbedaten.
Maria Catharina Christina ist nicht am 26. Mai 1863, sondern am 11. November 1863
verstorben.
Kathohsche Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2212
Gertrud Bernhardine Bertrandine verstarb nicht, wie auf dem Grabstein angegeben,
am 11. November 1867, sondern am 26. Mai 1867.
Zwischen Maria Catharina Christina und Gertrud Bernhardine Bertrandine von Torck
war es demnach zur Verwechslung der Tages und Monatsdaten gekommen und bei
ersterer ursprünglich noch zu der falschen Jahresangabe „1867“, die später, wie
noch deutlich erkennbar, in „1 863“ berichtigt wurde.
Der jüngste Sohn, Franz Anton Joseph (1789-1869), stand von 1846 bis 1863 der
Bürgermeisterei Stockheim vor.
Da alle Kinder der Eheleute Johannes Thomas Leopold und Maria Katharina
unverheiratet geblieben waren, vermachte ihre letztlebende Tochter, Maria Franziska
Wilhelmina (1804-1 883), die Burg dem Oberregierungsrat Wilhelm Jungbluth, einem
Urenkel ihrer im Jahre 1748 geborenen Tante Franziska Adolfina Jakobina
Widdmann geb. von Torck.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2212
4.1 000 Die Orgel in der Kirche St. Heribert
Ansicht vom Hochchor aus
bis
Die Zeichnungen zu der Orgel sind auch auf den Zeichnungsseiten 2.23313
2.233132 dargestellt.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2213
4.1001 Die Orgelempore
Den ersten Hinweis auf eine Orgelempore können wir aus der baulichen
Gegebenheit ableiten, dass die westliche Arkade, zum südlichen Seitenschiff hin
führend, deutlich niedriger ist als die übrigen drei Arkadenöffnungen des
Mittelschiffes. M an m uss d aher d avon a usgehen, dass bereits die mittelalterlichen
Baumeister eine Westempore zumindest geplant, wenn nicht eingezogen haben.
Der im Jahre 1863 erneut festgestellte bautechnisch bedenkliche Zustand der
Pfarrkirche betraf auch die Orgelempore. Der Gemeinderat beschloss am 28.11.1863
zur Stabilisierung der Orgelbühne, die dort befindlichen hölzernen durch vier eiserne
Säulen ersetzen zu lassen. Aus Kostengründen, es handelte sich um 100 bis 120
Thaler, beanstandete der Bürgermeister der Bürgermeisterei Stockheim, Johann
Josef Schmitz, den Beschluss mit dem Hinweis, dass dafür der notwendige Fonds
fehle und somit eine Genehmigung der Regierung eingeholt werden müsse.
Daraufhin warf der Gemeinderat ein, dass die benötigten Anschaffungskosten durch
Wohltäter bereitgestellt würden und bat diesbezüglich um die Einholung der „höheren
Genehmigung“.
Ob überhaupt und wenn ja, welche Sanierungsmaßnahmen hinsichtlich der Orgelbühne dann tatsächlich kurzfristig ergriffen wurden, lässt sich anhand des vorlie
genden Quellenmaterials nicht bestimmen. Sicher ist nur, dass es sich dabei um ein
Kostenproblem gehandelt hat.
Die Art und Weise des Zuganges zur Orgelbühne vor Errichtung des Treppenturmes
gibt uns infolge fehlender Quellen einige Rätsel auf. Es kann jedoch davon
ausgegangen werden, dass der Aufgang vom Inneren des Gotteshauses entweder
über eine Stufen- oder eine Wendeltreppe zur Empore führte. Vermutlich befand sich
dieser Aufgang auf Höhe der nordwestlichen Wand des Hauptschiffes zum
Turmhaus hin. Diese Seite bot sich an, da das nördliche Seitenschiff zu dieser Zeit
noch nicht errichtet war.
0
Im Zuge der Gesamtrestaurierung der Kirche in den Jahren 1869-1872 durch
Heinrich Wiethase kam es zum Bau einer neuen Orgelbühne und eines gesonderten
Treppenturmes als Aufgang zur Orgelbühne. Dieser befand sich an der nördlichen
Außenwand der Kirche auf Höhe des ersten westlichen Mittelschiffjoches.
Beim Anbau des nördlichen Seitenschiffes der Pfarrkirche in den Jahren 1906/07
wurde d er T reppenturm durch den jetzigen Emporenaufgang ersetzt. Der Aufgang
wird neben der elektrischen Beleuchtung durch zwei mit gelbem Kathedralgias
versehenen sowie einem unverglasten, vergitterten Spitzbogenfenster belichtet. Der
Aufgang verläuft überwiegend entlang der in den Innenraum der Kirche integrierten
nördlichen Turmhausmauer. Unterhalb des Treppenaufganges liegt ein Abstellraum,
in dessen Innerem ein Teil des nördlichen unteren Turmgemäuers sichtbar ist.
Ende Dezember 1951 stellte man fest, dass die Orgelbühne sich hinten um 4 cm
gesenkt und vorne um 2 cm gehoben hatte und ein völliger Neubau unumgänglich
war. Nach dem Abbruch der Empore wurde der bis dahin verdeckte, schöne gotische
Bogen des Durchganges vom Hauptschiff zum Turmhaus für kurze Zeit sichtbar.
Die erneuerte Orgelempore, die gegenüber der bisherigen vergrößert wurde, über
spannt eine Breite, die sich aus der lichten Mittelschiffbreite mit einem Maß von rd.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2214
6,40 m ergibt und einer Tiefe von der Turmmauerkante bis zur Innenkante der
Emporenbrüstung mit einem Maß von 5,27 m. Hieraus ergibt sich mit einer kleinen
Verbreiterung in Nähe der Brüstung eine Gesamtgrundfläche von ca. 35,00 qm;
davon sind ca. 9,50 qm Grundfläche für die Orgel anzusetzen. Für Orgelemporen
gelten nach den einschlägigen DIN-Vorschriften Verkehrslasten von 500 kg/qm.
Unter Verkehrslast versteht man die Last, die zum Deckeneigengewicht hinzukommt,
wie z.B. Menschenansammlungen und das Eigenwicht der in diesem Fall 3.200 kg
schweren Orgelanlage.
Das Eigengewicht der Decke wurde einschließlich Unterdecke, Verkleidung, Stufen
und Holzfußboden auf der Empore mit rund 230 kg/qm angenommen. Die Gesamtlast von 500 kg/qm + 230 kg/qm = 730 kg/qm wird über Stahlträger abgetragen.
Im Abstand von rd. 70 cm liegen Stahiträger als Längsträger, in denen Stahlbetonplatten eingelegt sind. Diese Träger sind von der Turmwand bis zur Brüstung hin
verlegt.
Bei der Turmwand ruhen die Längsträger auf dessen Mauerwerk und im Bereich der
Emporenbrüstung auf einem Querträger, der über die Breite des Mittelschiffs
gespannt ist. Dieser Querträger ist von unten und seitlich mit Holz verkleidet.
Die 5,27 m lange Brüstung der Orgelbühne stammt noch aus der Zeit der großen
Kirchenrestaurierung der Jahre 1869-72.
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Gebläse, Turmaufang und Technikj
I
=
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1
Draufsicht auf die Orgelbühne
C
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2215
4.1002 Beschreibung der Orgel
Den ersten Bericht über eine Kirchenorgel in Kreuzau entnehmen wir einem Auszug
aus einer Chronik der Bürgermeisterei Stockheim, begonnen am 1. Januar 1827.
Darin finden wir unter dem Jahre 1832: In diesem Jahre wurde eine neue Orgel in die
Pfarrkirche zu Kreuzau durch den Orgelbauer Herrn Paul Müller aus Reifferscheidt
Kreis Schleyden für die Summe von 930 Thaler.... gebaut.
In den Jahren 1869-1972 kam es wohl auch zu einer Vergrößerung der Orgel, wie
ein Gemeinderatsprotokoll vom 18. Juli 1873 vermerkt. (siehe auch hierzu unter
0 rg elem P0 re)
In den Wintermonaten der Jahre 1923-1924 erhielt die Pfarrkirche eine Orgel mit
zwei Manualen und einem Pedal u nd 2 1 R egistern. Das 1. M anual h atte folgende
Register: 1. Bordun, 2. Principal, 3. Flaut major, 4. Gedackt 5. Salicional, 6. Oktave
und 7. Flauto. Das II. Manual :8. Hornprincipal, 9. Gamba, 10. Rohrflöte, 11. Aeoline,
12. Vox coelestia, 13. Trompete, 14. Traversflöte, 15. Piccolo, 16. Mixtur. Das Pedal
hatte die Register 17. Contrabass, 18. Subbass, 19. Gedacktbass, 20. CeIIo und 21.
Flautbass
Beim Bau dieser Orgel war minderwertigeres lnflationsmaterial verwandt worden,
das sich im Laufe der Jahre nicht bewährte, so dass spätestens gegen Mitte der 30
er Jahre des 20. Jahrhunderts das Werk nicht mehr störungsfrei bespielbar war.
Zudem war der Aufbau des Orgelwerkes äußerst ungünstig. Die Empore war in nur
zwei Meter Höhe durch die auf Eisenschienen ruhende Orgel überbaut. Der
Kirchenchor stand unterhalb der Orgel, wodurch der Gesang wesentlich und zwar
negativ beeinträchtigt wurde. Die im Jahre 1939 geplanten Umbaumaßnahmen, die
u.a. eine Verlegung der Orgel in das Turmhaus vorsahen, konnten wegen des am 1.
September des gleichen Jahres begonnen Zweiten Weltkrieges nicht mehr realisiert
werden.
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Pfarrkirche durch Granattreffer
einwirkung erheblich beschädigt. Die Orgel wurde so sehr in Mitleidenschaft
gezogen, dass selbst nach der Zusammenstellung der Orgeireste im August 1947
nur ein Manual mit neun Registern und eine Koppel an das Pedal für die
Bespielbarkeit instand gesetzt werden konnte.
Nachdem Pfarrer J oseph D unkel a m 25. D ezember 1 951 bekannt gegeben h atte,
dass anstelle der „kriegsversehrten“ Orgel eine neue Orgel gestiftet worden sei,
erfolgte im Januar 1952 der Abbau des alten, nur noch notdürftig bespielbaren
Instruments. Anfang März begann die Montage des neuen Orgelwerkes, das in der
Zeit vom 28. D ezember 1 951 b is 1 M ärz 1 952 i n d er 0 rgelbauanstalt J ohannes
Klais KG, Bonn, gebaut worden war.
.
Am 11. und 15. März 1952 nahm der Beauftragte des Bischöflichen Generalvika
riates, Domorganist Herbert Voss, Aachen, die „Technische Überprüfung“ vor und
bescheinigte dem Orgelwerk eine hervorragende klangliche und technische Qualität.
Die Disposition des Orgelwerkes erfolgte nach eingehender Besprechung seitens
Pfarrer Joseph Dunkel mit dem Direktor der Kirchenmusikschule (Gregoriushaus)
und des Konservatoriums zu Aachen, Dr. phil. Heinrich Freistedt und dem
Domorganisten Herbert Voss und stellt sich wie folgt dar:
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2216
Zwei Manuale und ein Pedal
Das Hauptwerk (1. Manual) hat 56 Tasten mit 56 Tönen und 7 Register; das
Oberwerk (II. Manual) hat ebenfalls 56 Tasten mit 56 Tönen und 7 Register; das
Pedal hat 30 Tasten, 30 Töne und 6 Register. Das Orgeiwerk besitzt somit 142
Tasten mit ebenso vielen Tönen und neben den 24 Registertasten noch 48
Registerwippen.
Das Pfeifenwerk besteht aus 1272 Pfeifen, und zwar 100 aus Holz, 144 aus Zink und
1028 aus Zinn.
Das Hauptwerk hat folgende sieben Register:
5. Oktave 2fach
1. Prinzipal 8‘,
6. Mixtur 4fach
2. Rohr[Iöte 8‘,
7. Schalmei8‘
3. Spitzflöte4‘,
4. Gemsquinte 2 2/3
Das Oberwerk hat ebenfalls sieben Register:
5. Waldflöte 2‘
1. Gedackt 8‘,
Sesquialtera 2fach
6.
2. Salicional 8‘,
7. Scharf 3 4fach
3. Prinzipal 4‘
4. Quintadena 4‘
-
Das Pedal hat sechs Register:
4. Choralbass 4‘ cb.
1. Subbass 16‘
5. Flachflöte 2‘ cb.
2. Prinzipalbass 8‘
6. Fagott 16‘ 0— H
3. Gedacktbass 8‘ cb.
Hinzu kommen vier Nebenregister und Spielhilfen:
3. Pedalkoppel l-P
1. Manualkoppel 11-1
4. Pedalkoppel ll-P
2. Suboktavkoppel 11-1
Begriffserklärungen zu den Registern und zur Technik der Orgel
Register des Hauptwerkes
worauf
1. Prinzipal: das Grundregister der Orgel. Grundklang und führende Stimme,
dem
die anderen Register aufgebaut sind. Die Bezeichnung kommt aus
Lateinischen: principalis = der erste, der hauptsächlichste.
2. Rohrtlöte: der Klang ist dem einer Blockflöte ähnlich
3. Spitzflöte: klingt wie eine sehr helle, leichte, spitze Flöte
mentes,
4. Gemsquinte: ein altes Instrument, klingt in der Art eines Streichinstru
konisch, offene Labialpfeife, hat einen weichen Klang
welches das
5. Oktave: klingt laut. Bezeichnung für ein Prinzipalregister,
Oberton des
oktavierend bestimmte Grundregister verstärkt, z.B. den ersten
Prinzipals
6. Mixtur: ein schreiendes Register, dem Scharf ähnlich
7. Schalmei: altes Zungeninstrument mit spezifischem Klang
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2217
Register des Oberwerkes
Oberwerk bedeutet, dass die Pfeifen oberhalb des Hauptwerkes angeordnet sind.
1. Gedackt: Die Orgelpfeife ist oben geschlossen, gedeckt daher der Name. Bei
dem Gedackt handelt es sich auch um einen gedeckten Ton, verwandt mit dem
Prinzipal
2. Salicional: Weidenpfeifen. Der Name kommt vom lateinischen Wort salix = Weide
3. Prinzipal: siehe unter Pos. 1 beim Hauptwerk
4. Quintadena: ein eng mensuriertes, gedacktes Orgelregister bei dem der zweite
Oberton (Quinte) über dem Grundton deutlich mitklingt.
Der Begriff Mensur bedeutet in diesem Sachzusammenhang: Verhältnis von
Länge zur Breite der Pfeifen.
5. Waldflöte: heller, leichter Flötenklang
6. Sesquialtera: 2fach, setzt sich aus Quinte und Terz (2 2/3 und 1 3/5) zusammen.
Die Sesqiualtera ist ein Soloinstrument, charakteristisch für den niederländischen
und deutschen Orgelbau.
7. Scharf: lauter, scharfer, ganz hoher Ton, grell und hart, fast schreiend. Das
Register gibt dem Ganzen etwas Glanz.
—
Register des Pedals
1. Subbass: In dieser Orgel die tiefste Stimme
2. Prinzipalbass: siehe unter Pos. 1 des Hauptwerkes, nur tiefer als Bass
3. Gedacktbass: siehe wie Oberwerk Pos. 1, der Gedacktbass geht in den
Choralbass, der dann in die Flachflöte übergeht.
4. siehe unter 3
5. siehe unter 3
6. Fagott: 12 Töne von c bis h, geht in die Schalmei im Hauptwerk über. Die
Schalmeipfeifen und einige Fagottpfeifen sind strahlenförmig angeordnet.
zeigt die Höhe der
Die Zahlen hinter den jeweiligen Registern und das Zeichen
ca. 30 cm.
von
Höhe
ne
bezoge
Pfeifen in „Fuß“ an. Das Fuß hat hier eine landes
Der Begriff „fach“ hinter den Fußangaben der Register besagt, dass beim Anschlag
einer Taste mehrere Töne gleichzeitig erklingen, z. B. bei der Mixtur vier Töne, bei
der Sesquialtera zwei Töne. Beim Register Scharf 3-4fach werden in den höheren
Lagen drei und in den tieferen vier Töne zum Erklingen gebracht.
‘
Die Buchstabenangabe cb. weist auf die sog. Auszüge hin, die nicht komplett auf das
Manual, sondern teilweise auch auf das Pedal gebaut sind. Der Gedackt 8‘ aus dem
Oberwerk geht in den Choralbass 4‘cb. und dann später in die Flachflöte 2‘cb. über.
Man beachte hier die von 8 nach 4 und 2 geringer werdende Höhe der Pfeifen.
Die Buchstabenfolge C-H hinter dem 6. Register Fagott im Pedal bedeutet, dass
dieses Register nur 12 Töne hat und zwar von c bis h.
Nebenregister und Spielhilfen
ppelt
Die Manualkoppel 11-1: Das zweite Manual kann an das erste Manual angeko
mit.
werden; die Register im zweiten Manual klingen dann auch im ersten Manual
Die Suboktavkoppel 11-1 bewirkt, dass einige Register eine Oktave niedriger klingen.
Diese Spielhilfe wird selten benutzt.
‘
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2218
Die Pedalkoppel l-P: Die Register des ersten Manuals können mit in das Pedal
gekoppelt werden.
Die Pedalkoppel Il-P: Die Register des zweiten Manuals können ebenfalls mit in das
Pedal gekoppelt werden.
Die Koppelung kann stets ausschließlich in die angegebene Richtung erirolgen, nicht
auch umgekehrt.
Registerwippen: Mittels der Registerwippen kann man Klangkombinationen pro
grammieren und durch Knopfdruck abrufen. In unserem Fall kann man somit drei
Klangvariationen erzeugen, ohne den Spielverlauf zu unterbrechen.
Walze: Die Fußwalze schaltet beginnend mit dem leisesten weitere Register zu, bis
die Leistung des vollen Orgelwerkes erreicht wird.
Windladen: Die Pfeifen stehen auf einer Windlade aus Eichen- und Kiefernholz
oberhalb eines Windkanals. Die Kanäle leiten den Wind in die Laden; dieses sind
rechteckige flache Kästen aus Holz auf denen die Pfeifen stehen und in denen sich
elektrische Präzisionsrelais befinden, durch die der Organist die gewünschten
Pfeifen erklingen lassen kann.
Der rein elektrische, freistehende und fahrbare Spieltisch ist aus Eichenholz, innen
Edelholz, und mit einem Roliladendeckel ausgestattet. Das Kontaktmaterial ist aus
9000 Massivsilber; die Leitungen und Kabel aus Kupfer. Die Orgel wird mit SpezialSchwachstrom Gleichrichter und elektrischer Gebläseanlage für 220/380 Volt
Drehstrom betrieben.
Die Erläuterungen zu den Registern und zur Technik der Orgel verdanken wir dem
Organisten an der Pfarrkirche St. Heribert, Herrn Kurt Kappes.
Die Kosten für die Orgel betrugen DM 30.000,00 davon waren DM 500,00 für noch
wiederverwendbare Teile der alten Orgel und DM 2.000,00 für das restliche Material
in Abzug gebracht, so dass sich ein Gesamtkostenbetrag von DM 27.500,00 ergab.
Der Name des damals ungenannt bleiben wollenden Stifters, dessen Veröffent
lichung nach über 50 Jahren durchaus historiographischen Gepflogenheiten
enstspricht, ist Peter Lüttgen, Mitinhaber der ehem. Papierfabrik Peter Lüttgen oHG.
Am Sonntag, dem 16. März, dem Fest des hl. Kölner Erzbischofs Heribert (999-1021)
des Patrons der Pfarre und des Hochaltares, wurde das neue Orgelwerk in einer
musikalischen Andacht mit Eucharistischem Segen durch Dr. phil. Heinrich Freistedt
eingeweiht u nd d urch 0 rtspfarrer D unkel d er P farrgemeinde ü bergeben. D ie Feier
wurde durch den Kirchenchor gesanglich mitgestaltet, an der Orgel Herbert Voss,
Domorganist an der Hohen Domkirche zu Aachen.
In seinem Gutachten vom 25. März 1952 schreibt Domorganist Herbert Voss:
„Die Orgelbauerfirma Joh. Klais, Bonn, hat mit dem Bau der Orgel zu Kreuzau erneut
ihre Meisterschaft bewiesen. Es war für mich eine Freude, dieses Instrument in einer
kirchenmusikalischen Feierstunde einzuspielen.
Welche Registrierungsmöglichkeiten bieten sich dem Organisten bei nur wenigen
Registern! Jedes Manual bildet ein Werk für sich und bei der ungünstigen Raumfrage
(Empore) hat man eine gute Lösung in der Aufteilung der Werke gefunden. Das 2.
Manual (Obeiwerk) befindet sich über dem 1. Manual (Hauptwerk) und erfreut
besonders durch seinen sllbrigen Glanz in den Aliquoten. 1) Es hebt sich gegenüber
dem Hauptwerk gut ab. Nicht zu vergessen, die sehr schön intonierten
Grundregister.
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2219
O
Gedackt 8‘ und Quintade 4‘im 2. Manual, die in den tiefsten Lagen bei schnellstem
Figuren werk jeden einzelnen Ton deutlich erkennen lassen, während man bei den
meisten Orgeln in den tiefen Lagen kaum die Töne genau voneinander
unterscheiden kann. Auf dieser Orgel kann man durch die hervorragende lntonation
und Präzision der Register alle Arten der Phrasierung und Artikulation bestens
ausführen und der Spieler hat seine helle Freude daran, dass bei dieser
Anschlagsart die Werke der Orgelliteratur genauestens wiedergegeben werden
können.
Jedes Register ist von besonderer Schönheit und die Intonation ist bei niedrigem
Winddruck so gehalten, dass ein runder ausgeglichener Klang in allen Lagen
vorherrscht. Die Mixturen passen sich den anderen Registern gut an und werden
durch die Grundregister gut gedeckt. Die Schalmei ist als Solostimme, wie auch für
das Plenum sehr wertvoll und bringt zu dem herrlichen Silberglanz der Mixturen die
goldene Färbung. Auch das Pedal bildet ein Werk für sich und setzt sich gut durch.
Die Disposition ist genauestens überlegt und dem Kirchenraume angepasst. Bei
Eurer Kirche klingt die Orgel in solcher Fülle, dass man meint, viel mehr Register zur
Verfügung zu haben als man in Wirklichkeit hat! Aber auch bei gefüllter Kirche geht
vom Glanz des Instrumentes nicht viel verloren.
Es ist von Wichtigkeit, auch das äußere Bild der Orgel in Erwägung zu ziehen.
Der offene Prospekt fügt sich architektonisch in würdiger Weise dem Kirchenraum
an.
Wenn man in das Innere des Prospektes hineinschaut, ist man von der sauberen
Arbeit und dem hervorragenden Pfeifenmaterial überrascht. Alles lässt eine
gewissenhafte Arbeit erkennen und spricht für den Erbauer. Auch auf einer solchen
Orgel, die dem barocken Klangideal entspricht und die nur wenige Spielhilfen
besitzt, (ohne Jalousienschweller) 2) kann man alle Werke der Orgelliteratur bringen.
Besonders gut durch die Anlage der Disposition lassen sich die Werke Bachs und
der klassischen Orgelmeister sowie die moderne Literatur wiedergeben.
Aber auch die romantische Orgelmusik kann man ohne den so beliebten
Jalousienschweller zu Gehör bringen. Man hat zwei freie Kombinationen zur
Verfügung und somit neben dem Handregister und der geteilten Kombination
Abwechslungsmöglichkeiten genug.
Alles in allem kann man sagen, dass die Orgel klanglich sowie technisch ihrem
Erbauer alle Ehre macht und die kath. Pfarrgemeinde Kreuzau zu diesem Werk
beglückwünschen
“.
Erläuterungen
zu 1) Aliquoten: mitklingende Obertöne, stärker als der Hauptton
zu 2) Schwellwerk: Das Schwellwerk ist ein Teilwerk der Orgel und steht in einem
allseits geschlossenen Gehäuse, dem Schwellkasten, dessen Vorderseite aus einer
Jalousie mit beweglichen Klappen besteht. Die Klappen dieses Jalousienschwellers
können vom Organisten durch eine Trittvorrichtung geöffnet oder geschlossen
werden. Die hiesige Orgel besitzt kein Schwellwerk.
Erläuterungen von H. Kurt Kappes
Zu den Ausführungen von Domorganist Voss schrieb Pfarrer Joseph Dunkel
ergänzend:
„Lebhafte Zustimmung fand die auf äußere Schönheit und der tiefe Sinn des
offenen Orgelprospektes: inmitten des gradlinig aufwärts strebenden Werkes
versinnbildlichen die strahlenförmig angeordneten Pfeifen der Schalmei ( und des
Fagotts) die Strahlen des heiligen Kreuzes, dem die Pfarrkirche (ursprünglich als
erstem, jetzt als zweitem) Titelpatron geweiht ist und das die Himmelsstatt erhellt.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2220
Das aus Eichenholz gefertigte Gehäuse der Orgel trägt
auf ihrer dreigeteilten
Frontleiste u nterhalb d er Pfeifen e in 0 hronogramm, das Pfarr
er i.R. Andreas Pohl
aus Blens verfasste und das von Peter Brings, dem dam
aligen stellvertretenden
Vorsitzenden des Kirchenchores, der sich auf der rechten
Seitenleiste mit seinen
Initialen PB verewigt hat, eingeschnitzt wurde. Es lautet: Mater
Dei et s. heribertus
augeant Lumen Crucis organo et Canticis in Campo Crucis.
(Die Mutter Gottes und
der hl. Heribert mögen durch Gesang und Orgelspiel das
Licht des Kreuzes in
Kreuzau vermehren).
Ein Chronogramm (griech. Zeit und Satz) ist eine Inschrift in
lateinischer Sprache, in
der gewisse Buchstaben durch Größe oder Farbe herv
orgehoben sind. Diese
Buchstaben sind zugleich als römische Zahlenzeichen zu lesen
, aus denen sich
addiert eine Jahreszahl ergibt. Dies war vor allem in Zeiten der Rena
issance und des
Barocks eine beliebte Datierung in lateinischen Inschriften.
-
-
Die innerhalb unserer Orgelinschrift durch Großschreibung herv
orgehobenen Buch
staben sind: M (Mater) D (Dei) 1 (herlberti) L (Lumen) C (Crucis)
C (Canticis) 1 (In) C
(Campo) 0 (Crucis)
ueant Lumen Gruci orguno
Oirr
Di rf
.
rrXbrfu
rf Oan1iri In Oninpa Oruris
Addiert man diese römischen Zahlenzeichen, so ergibt sich
die Jahreszahl
MDCCCCLII Millesimo nongentesimo quinquagesimo secundo = 1952,
das Jahr
des Einbaus der Klaisorgel.
-
Anfang des Jahres 1952 wurde in der Orgelbauanstalt Johannes Klais
in Bonn die
von der Stadt Köln für Hiroshima/Japan gestiftete Orgel gebaut. Sie
erhielt die
gleiche Disposition wie die Orgel der Pfarrkirche St. Heribert in Kreuzau.
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Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2222
4.2001 Allgemeines zur Baugeschichte der Pfarrkirche im
19. Jahrhundert bezüglich des Langhauses und der
Seitenschiffe
Um das Jahr 1820 befand sich die Kirche in einem baulich sehr bedenklichen
Zustand, der sich bis zum Jahr 1863 weiter verschlechterte.
Die Kreisbaubehörde zog aufgrund eines Gutachtens die Schließung der Kirche in
Betracht. Das Bauamt empfahl dem Gemeinderat, der für die baulichen Belange des
Kirchengebäudes zuständig war, dessen Abriss und einen Neubau. Da die Zahl der
Gemeindemitglieder mittlerweile auf ca. 1500 angewachsen war, beabsichtigte man,
die neue Kirche dreischiffig, jedoch nicht mehr gotisch, sondern im byzantinischen
Stil zu erbauen. Mit „byzantinisch“ war romanisch gemeint, ein Stilbegriff, der erst um
das Jahr 1820 von französischen Gelehrten geprägt worden war und der sich noch
nicht allgemein durchgesetzt hatte. Zwecks der Baufinanzierung wollte man sich an
den Oberpräsidenten des Rheinlandes in Koblenz wenden und um die Genehmigung
einer Kollekte im gesamten Rheinland für den Kirchenneubau bitten. Ferner wollte
man bei König Wilhelm 1. (1861-1888) „untertänigst um ein Gnadengeschenk“
nachsuchen.
Um die drohende Gefahr eines Einsturzes abzuwenden, entschloss man sich, die
Kirche mit Holzbalken abzustützen.
Ein weiteres Gutachten ging jedoch davon aus, dass ein Neubau nicht zwingend
notwendig, jedoch umfangreiche und durchgreifende Sanierungsmaßnahmen drin
gend erforderlich seien.
Es wurden daraufhin einige Restaurierungs- und Sanierungsentwürfe erstellt, die
jedoch nicht befriedigend waren. So beauftragte man schließlich im Jahre 1868 den
Kölner Architekten Heinrich Wiethase, einen der renommiertesten Neogotiker des 19.
Jahrhunderts, mit der Erstellung eines Gutachtens und eines Konzeptes für die dem
mittelalterlichen Baustil adäquate Sanierung des Gotteshauses.
Nach den vorgenannten Plänen von Heinrich Wiethase wurde die Pfarrkirche in den
Jahren von 1869 bis 1872 grundlegend saniert. Die Wand innerhalb des vierten
Joches von Westen und ein Teil des ersten Langchorjoches musste abgebrochen
und neu errichtet werden, und das gesamte Langhaus wurde neogotisch eingewölbt.
Das südliche Seitenschiff und die Sakristei wurden erneuert.
(Siehe hierzu detaillierte Beschreibung bei den entsprechenden Bauteilen.) Bereits
an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es sich bei den angegeben Maßen
infolge der Bauausführung des öfteren um Durchschnittswerte handelt.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 42223
4.2002 Das Äußere des Langhauses
-
Nordseite
Die Außenwand des Langhauses ist an der Nordseite durch vier Strebepfeiler
gegliedert, die gleich denen des Chorbereichs mit einer giebelartigen Abdeckung
versehen sind. Die bei den Strebepfeilern des Chorbereiches sichtbare Abtreppung
ist hier durch das Dach des Seitenschiffes verdeckt.
Das Mauerwerk ist zwischen dem Turmhaus, mit dem es schwach verzahnt ist, und
dem ersten bis dritten westlichen Pfeiler auffallend kleinteilig. Es besitzt innerhalb
des ersten westlichen Joches einen und innerhalb des dritten und vierten Joches je
zwei Zuganker. Die Auffassung, dass das Mauerwerk in seinen drei westlichen
Jochen noch von einem älteren, romanischen Kirchenbau stammen könne, lässt sich
nicht verifizieren.
Die drei westlichen Strebepfeiler an der Nordseite des Langhauses wurden erst im
letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entsprechend der Jocheinteilung im Inneren der
Kirche angefügt. Gemäß einer beim Katasteramt in Düren aufbewahrten
Flurzeichnung von März 1857 reichten die Strebepfeiler nur bis zum Abschluss des
Langchores. Im Jahre 1882 sind die drei westlichen Strebepfeiler, wie ein
„Gräberplan des Kirchhofes zu Kreuzau“ zeigt, angefügt. Erst nach der Anfügung
dieser Strebepfeiler konnten aus statischen Gründen auf Höhe der drei westlichen
Joche zumindest größere Fenster angelegt werden, die nahezu die gleichen
Ausmaße wie die des westlichen Langchores hatten. Auf Höhe des ersten westlichen
Joches befindet sich kein Obergadenfenster.
Beim Anbau des nördlichen Seitenschiffes in den Jahren 1906/7 wurden die Fenster
zu Obergadenfenstern verkürzt. Vor dem Neuanstrich der Kirche in den 1990-er
Jahren konnte man auf der Innenseite der nördlichen Mittelschiffwand deutlich die
abgesetzte Vermauerung der Fenster erkennen. Die Fenster reichten nahezu bis auf
die heutigen Bogendurchgänge hinab.
Eine Fotografie der Pfarrkirche (ohne nördliches Seitenschiff), erschienen in
„Kunstdenkmäler der Rheinprovinz“ von Paul Clemen, die unmittelbar vor der letzten
Erweiterung aufgenommen wurde, zeigt u.a. die Nordseite mit den bis zum
Turmhaus reichenden Strebepfeilern und dem damaligen zur Orgelbühne führenden
äußeren Treppenturm.
Das Maßwerk der drei Obergadenfenster an der Nordseite des Hauptschiffes
besteht aus je zwei Bahnen mit Kleeblattbögen und einem darüber gelegenen
Vierpass sowie aus Zwickeln und Rauten. Das vierte Joch ist fensterlos. Die beiden
östlichen Obergadenfenster mit Kleeblattbögen und Vierpass gehören zum
Langchor.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2224
4.2003 Das Äußere des Langhauses Südseite
-
Die Südseite bildet die Schauseite der Kirche mit ihrer Lage zum ehema
ligen
Kirchhof hin. Hier sind keine Strebepfeiler angelegt, sondern lediglich Wandvorlagen
,
sog. Lisenen, die mit pultförmigem Haustein abgedeckt sind. Wegen des bereits
im
14. Jahrhundert erfolgten Anbaues des südlichen Seitenschiffes, haben die mittel
alterlichen Baumeister auf Strebepfeiler verzichtet, da das Seitenschiff den Gewöl
beschub auffängt.
Von den ursprünglich vier Obergadenfenstern wurde das westliche nach dem
Zweiten Weltkrieg zugemauert. Das dort unbeschädigt gebliebene Fenstermaßwerk
wurde gegen ein zerstörtes ausgetauscht, nicht zuletzt um den unerwünschte
n
Lichteinfall auf die Orgelempore zu vermeiden. Sowohl von außen als auch von der
Orgelempore sind die Fensterlaibungen noch sichtbar. Das Maßwerk der drei
verbleibenden Obergadenfenster besteht jeweils aus zwei Bahnen mit
Kleeblattbögen, die von einem Vierpass überhöht werden sowie aus Rauten und
Zwickeln. Die beiden ebenfalls zweibahnigen östlichen Obergadenfenster mit
Kleeblattbögen und einbeschriebenem Vierpass gehören zum Langchor.
4.2004 Das Innere des Langhauses
Wie bereits erwähnt ( siehe S. 4.222 f.) erhielt um das Jahr 1300 nur der Chor einen
steinernen Gewölbebau, ein Kreuzrippengewölbe. Für das zu Beginn des 14.
Jahrhunderts fertiggestellte Langhaus war ebenfalls ursprünglich eine Einwölbung
durch ein Kreuzrippengewölbe vorgesehen, das aber nicht zur Ausführung kam.
Hierauf verweisen die Runddienste mit ihren mit Blattornamenten geschmückten
Kapitellen, die das erst im 19. Jahrhundert fertiggestellte Steingewölbe tragen.
Die mittelalterliche Planung sah, wie bei Instandsetzungsarbeiten im Jahre 1934
festgestellt wurde, eine Erhöhung der Mittelschifffirst gegenüber einem niedrigeren
Chorniveau vor. Anstatt mit einer Steineinwölbung wurde das Mittelschiff mit einer
höher gelegenen hölzernen Tonne, die auf der Mauerkrone aufliegt und gleichzeitig
die Konstruktion für den Dachstuhl der Kirche bildet, versehen.
Der Teil des Hochchores, der oberhalb der gotischen Einwölbung lag, war in
Richtung Mittelschiff durch eine vertikale Wand zur höher angelegten Holztonne hin
geschlossen.
Im Zuge der bereits erwähnten großen Sanierung der Jahre 1869-1872 musste die
nördliche Wand innerhalb des vierten Joches von Westen und ein Teil des ersten
Langchorjoches abgebrochen und neu errichtet werden.
Anschließend wurden die vier Joche des Langhauses, wie es der ursprüngliche
mittelalterliche Entwurf vorsah, mit einem Kreuzrippengewölbe geschlossen. Rippen
und Gurtbögen tragen das Profil des Kehistabes, einer Formgebung, die aus Epoche
der Spätgotik entlehnt wurde. Die Schlusssteine sind mit stilisiertem Blattwerk belegt.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2225
Als Gewölbeträger mit Kelchkapitellen dienen Runddienste aus der Zeit der
Erbauung des Langhauses. Diese nicht vom Boden aufsteigenden Dienste laufen
nach unten spitztütig aus. Die Kapitelle sind mit unterschiedlichen, für die Gotik
typischen stilisierten Blattornamenten, Rosetten, Blüten oder sternförmigen
Schmuckelementen belegt. Unterhalb der Runddienste befinden sich Konsolen für
die Aufnahmen von Heiligenstatuen.
Die Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg betrafen neben anderen Bauteilen auch
den Hochchor und das Mittelschiff. Acht Gewölbekappen mussten erneuert werden.
Der Chor und das Mittelschiff weisen heute keine ikonographische Ausmalung mehr
auf. Bereits im Jahre 1934 war die bisherige, teilweise überladene Ausstattung und
die ungünstige Bemalung der Kirche entfernt worden. Der aus Kreuzau stammende
Kunstmaler Wilhelm Braun gestaltete die Ausmalung durch Darstellungen der zwölf
Apostel neu.
Bei den je fünf Obergadenfenstern an den Seiten des Mittelschiffes wurde das nach
dem Zweiten Weltkrieg eingesetzte Kathedralgias in den 1960-er Jahren gegen Echt
Antikglas unter Verarbeitung von Opalglas ausgewechselt. Bei den Fenstern, die
keine gegenständlichen Darstellungen enthalten, handelt es sich um Entwürfe des
Künstlers Heinz Geuer, ausgeführt von der Glasmalerei Gossel in Urberach.
Die vier oktogonalen verputzen und farblich gefassten Arkadenpfeiler an der Süd
seite des Mittelschiffs gehen gleitend in die geschrägte Bogenlaibung der
Arkadenöffnung über. Die Pfeilerschäfte haben einen Durchmesser von ca. 83 cm.
Die Arkadendurchgänge weisen unterschiedliche Maße in Höhe
und Breite auf. Der westliche ist wegen einer schon im Mittelalter
geplanten Westempore mit 4,25 m breiter als die übrigen
Durchgänge des Mittelschiffes, um den baulichen Anschluss an
den Turm zu gewinnen. Die übrigen Maße der Arkadendurchgänge sind der Zeichnung auf Seite 4.2221 zu entnehmen.
Die Pfeilerbasen, mit Wülsten und Hohlkehlen profiliert, differieren
in ihrer Höhe von 54,5 cm bis 43,5 cm und ragen zudem in unüblich geringer Höhe
über das Bodenniveau hinaus. In der bereits erwähnten Studie „Das Dorf Kreuzau“
aus dem Jahre 1896 gibt uns Johann Esser hierfür die folgende Erklärung: Da dieser
(sc. Kirchenbau) vor der e,wähnten Restauration (1869-1872) einen so tiefen
Sandsteinbelag hatte, dass man drei Stufen hinabtrat, und noch tiefer Spuren eines
älteren, aus kleinen gelblichen Steinchen zusammengesetzten Bodens sich zeigten,
diese Bodentiefe aber nur durch eine starke Erhöhung des Erdreiches außerhalb der
Diese Sachverhalte weisen eindeutig auf eine
Kirche entstehen konnte
nachträgliche Erhöhung des Niveaus des Kirchenbodens hin.
...
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2226
Noch in der Neuzeit fanden Beerdigungen auch innerhalb des Kirchenraumes statt.
Im Jahre 1762 musste der Bodenbelag der Kirche erneuert werden. Das Stiftkapitel
zum hl. Johannes, das seit der Inkorporation der Pfarrkirche vom 20. Juni 1384
zuständig und im Jahre 1 569 von Nideggen nach Jülich übergesiedelt war, lehnte die
Übernahme der Kosten mit der Begründung ab, dass der Kirchenboden für
Beerdigungen aufgerissen werde, wofür die Kirche Gebühren nehme. Im März 1798
begrub Pfarrer Peter Andreas Clermont (1797-1798-1840) seinen Vorgänger,
Pfarrer Johann Wilhelm Froitzheim (1739-1798), in der Kirche. Es war die letzte
Beerdigung eines Pfarrers innerhalb des Gotteshauses.
Als im Jahre 1928 eine Zentralheizungsanlage in die Kirche eingebaut wurde, fand
man beim Bau der Heizungskanäle im rechten Teil des Hochchores, am St. Heribert
Altar und bei der teilweise Unterkellerung des südlichen Seitenschiffes, (s. hierzu
Zeichnung S. 2.160, sterbliche Überreste von dort Beerdigten, teilweise von Priestern
im Messgewand. Die vorgefundenen Gebeine wurden auf dem Kirchhof eingebettet.
Im Zuge des Erweiterungsbaues in den Jahren 1906/7 wurde die nördliche
Mitteischlifwand zum neu zu errichtenden Seitenschiff hin, durchgebrochen. Die bis
dahin außen führenden Strebepfeiler wurden in den Kirchenraum des nördlichen
Nebenschiffs integriert und dienen seitdem als polygonale Wandpfeiler, die oberhalb
des Seitenschiffdaches in ihrer ursprünglichen Funktion als Strebepfeiler heraus
ragen. Der einfache Wanddurchbruch erklärt die Unterschiedlichkeit der südlichen
und der nördlichen Pfeilerreihe des Mittelschiffes.
Die Maße der Arkaden finden sich ebenfalls auf Seite 4.2221. Im Mittelschiffinneren
wurde nach Westen die Mauer unterhalb der Orgelempore bis zur Turmwand um 21
cm aufgedickt, um somit für den Eisenträger der Orgelempore eine breitere Auflage
zu schaffen.
4.2005 Das südliche Seitenschiff
Das südliche Seitenschiff wurde im Verlauf des 14. Jahrhunderts an das Langhaus
der Pfarrkirche angefügt. Es war geschlossen durch eine kreuzgewölbeartige Decke
mit Pliesterwerk. In östlicher Verlängerung des Seitenschiffes befand sich bis zu der
großen Kirchenrestauration der Jahre 1869 —1872 auf Höhe der beiden verkürzten
Chorjoche die Sakristei, mit einem nach Norden leicht verjüngtem Grundriss. In
westlicher Richtung verlief das Schiff bis auf die Höhe der östlichen Mauer des
Turmhauses. In diesem Winkel befand sich laut einer Flurzeichnung der Gemeinde
Kreuzau, des Kreiskatasteramtes Düren, von März 1857, ein profanes Gebäude von
ca. 7.00 m x 4.50 m, wohl eine Baubaracke. Die Flurkarte weist zudem auf Höhe des
heutigen vierten westlichen Joches einen Vorbau von ca.4,50 m Tiefe und ca. 4,00 m
Breite aus. Siehe auch hierzu unter Beschreibungen „Außentüren“ Seite 4.207 f.
Im Zuge der schon mehrfach erwähnten Restauration wurden das südliche
Seitenschiff mit einer Innenbreite von ca. 3,70 m und die Sakristei gänzlich abgebaut
und in einer Breite von 5,00 m (lnnenmaß) neu errichtet.
Innenansicht, Fenster 05-S
Innenansicht. Fenster O1-S
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bzw.
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Innenansicht, Fenster 04-S
Gesamtübersicht der Fenster O1-N bis 08-N und O1-S bis 06-S
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Innenansicht, Fenster 03-S
Innenansichten der Fenster O1-S bis 06-S im rechten Seitenschiff (Männerseite), Südseite.
Innenansicht. Fenster 06-S
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Innenansicht. Fenster 06-N
Innenansichten der Fenster O1-N bis 08-N im linken Seitenschiff (Frauenseite), Nordseite.
Innenansicht. Fenster 03-N
Innenansicht, Fenster 02-N
Innenansicht, Fenster 08-N
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Innenansicht, Fenster 04-N
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Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2227
Das Seitenschiff besitzt eine Chornische mit 3/6 Abschluss, deren drei einbahnige
Fenster mit Kleeblattmaßwerk gegenstandslos buntverglast sind. Die Decke ist mit
einem Kreuzrippengewölbe geschlossen, welches das Profil des Kehlstabes zeigt.
Als Gewölbeträger dienen Konsolen, die möglicherweise noch vom früheren
Seitenschiff stammen.
Von den heutigen acht Jochen zählen die zwei östlichen mit 5,00 m x 2,50 m zum
Chorbereich. Die beiden westlichen Joche mit 5,00 m x 3,00 m wurden im
Zusammenhang mit dem letzten Erweiterungsbau, der Errichtung des nördlichen
Seitenschiffes, in den Jahren 1906-1 907, angefügt. Bis dahin stand der Turm nach
drei Seiten frei. Dieser Anbau erhielt die gleiche architektonische Ausgestaltung wie
das nördliche Seitenschiff. Wandvorlage und Bogen messen ca. 60 cm x 20 cm.
Die sechs Seitenfenster sind zweibahnig; sie weisen oberhalb der von
Halbkreisbögen überfangenen Kleeblattbögen ein unterschiedliches Maßwerk auf.
Die lkonographie der Fenster wurde in den Jahren 1960-er von dem Glasmaler
Heinz Geuer nach einer von Pfarrer Rudolf Pleuß (1958-1973) erarbeiteten
theologischen Thematik: „Die Eucharistiefeier als Vergegenwärtigung des
Kreuzesopfers Jesu“ künstlerisch gestaltet.
Fenster 01-S Maßwerk: Zwei Fischblasen, Zwickel und Rauten
lkonographie: Confiteor Christus nimmt die Sünder auf
Fenster 02-S Maßwerk: Zwei Dreipässe im Kreis, Raute und Zwickel
lkonographie: Der Priester tritt an die Stelle Christi
Bereitung der Opfergaben
Fenster 03-S Maßwerk: Zwei Fischblasen, Raute, kleine Zwickel
lkonographie: Bereitung der Gaben
Fenster 04-S Maßwerk: Vierpass mit deutlichen Nasen in einem Kreis, Zwickel und
Raute
Ikonographie: Wandlung; Blut fließt aus der Seitenwunde Jesu in den
Kelch
Fenster 05-S Maßwerk: Zwei Fischblasen Raute und Zwickel, der Bogen, der die
die Kleeblattbögen überfängt, ist im Ansatz spitz
Ikonographie: Die verwandelten Opfergaben werden der
Allerheiligsten Dreifaltigkeit dargebracht
Fenster 06-S Maßwerk: Vierpaß in einem Kreis und Zwickel
lkonographie: Austeilung der hl. Kommunion an die um den Altar
versammelten Gläubigen
—
Das erste und vierte Fenster von Westen tragen den Namenszug des Künstlers
Heinz Geuer mit der Jahresangabe (19)65.
Die Außenwand ist durch einfach abgetreppte Strebepfeiler in sechs Felder
gegliedert. Sie zeigt einen Sockel und ein durchgezogenes Kaffgesims, das sich
unterhalb der Fenster um die Strebepfeiler verkröpft entlang zieht. Die Strebepfeiler
sind mit pultförmigem Haustein abgedeckt. Der westliche Pfeiler ist diagonal zur
Wand angeordnet. Die Westseite besaß nördlich und südlich des Turmhauses,
ebenso wie dieses, bis Ende des Zweiten Weltkrieges je ein neogotisches
Spitzbogenfenster.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2228
4.0006 Das nördliche Seitenschiff
Das nördliche Seitenschiff wurde in den Jahren von 1906-1907 nach Plänen des
Diözesanbaumeisters Franz Statz im neogotischen Stil angebaut. Dabei wurde die
nördliche Mauer des Hauptschiffes durchbrochen und die Strebepfeiler in das Seiten
schiff integriert. Die Mauerstärke an der Nordseite beträgt zwischen 75 und 80 cm,
die in das Seitenschiff hineinreichenden Strebepfeiler messen 50 cm X 65 cm. Um
eine einheitliche Architektur des Seitenschiffes zu erreichen, wurden der Nordwand
Blendarkaden vorgesetzt. Das Schiff besitzt einen kleinen Nebenchor mit einem 3/6
Abschluss. Die Breite des Schiffes beträgt von Wand zu Wand 5,00 m, unterbrochen
durch die vorgenannten Strebepfeiler bzw. die Wandvorlagen.
Die acht Joche sind mit einem Kreuzrippengewölbe geschlossen, als Gewölbeträger
dienen auch hier Konsolen. Die ersten beiden östlichen Gewölbefelder mit 2,50 m x
4,12 m gehören zum Chorbereich, der mit einer 1,25 m tiefen Blendarkade auf einen
lnnenmaß von 7,25 m verbreitert ist. Wegen des Treppenaufgangs zur Orgelempore
ist das zweite Gewölbefeld von Westen auf eine Breite von 3,50 m verkürzt, und das
dritte Gewölbe weist fünf unregelmäßige Felder auf. (s. hierzu die Zeichnung auf 5.
2.130)
Die ersten beiden, wie bereits erwähnt, zum Langchorbereich gehörenden Joche,
sind um je einen Meter verbreitert. Innerhalb des ersten östlichen Joches befindet
sich eine Art Nische, in der ein Kirchenstuhl aufgestellt und in dessen Wand oberhalb
ein Schrank eingelassen ist.
Im östlichen Fenster des Nebenchores befindet sich eine wertvolle glasmalerische
Kostbarkeit. Es handelt sich um eine ikonographische Darstellung aus dem Jahr
1306 der Gottesmutter Maria mit dem Jesuskind.
Das Marienfenster gehörte aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem Fensterzyklus,
der das Leben des hl. Heribert ikonographisch darstellte. Gestützt wird die Angabe
der Jahreszahl 1306 durch das Quellenzeugnis des Aegidius Gelenius aus dem
Jahre 1635.
Das Marienfigürchen ist mit Ausnahme der beiden Köpfe noch vollständig erhalten.
Die angefertigten Ersatzstücke entsprechen sowohl im Hinblick auf die
Beschaffenheit des Glases als auch in der malerischen Ausführung denen der
Originale, die sich heute im Museum Schnütgen in Köln befinden. Das Kreuzauer
Madonnenbild ist das älteste Glasgemälde im Dürener Land.
Zur Glasmalerei schreibt Josef Burtscheidt in einem Aufsatz, veröffentlicht im
Heimatjahrbuch des Kreises Düren von 1964 u.a.: Die Zeichnung ist im Gegensatz
zu den Erstlingswerken rheinischer Glasmalkunst schon voll seelischer Ausdruckskraft. Zwar sind die Pupillen noch, wie bei den romanischen Bildwerken seitlich
gerückt, aber die Konturen zeigen deutlich eine zeichnerische Fortschrittlichkeit
gegenüber den älteren Darstellungen. Durch zwei technische Eigentümlichkeiten hat
das Glasbild besondere Bedeutung. Der Nimbus der Madonna und des Jesuskindes
ist mit Silbergelb bearbeitet. Der leichte Lilaton ist als färbende Schicht im weißen
Glas eingefangen. Dadurch entsteht ein frischer Fleischton. Das leicht olivfarbene
Untergewand passt vorzüglich zu dem feurigen Rot des Überwurfs. In voller
harmonischer Farbenpracht ergänzt das stumpfe Violett des Kindergewandes den
herrlichen Farbdreiklang. Maria hält in der Rechten einen Apfel, worin drei
Kreuzesnägel stecken.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2229
Das Kindlein greift nach dem mittleren der drei Kreuzesnäqel. Der Apfel in der Hand
Mariens ist eine Anspielung auf die Mutter Gottes als „Zweite Eva“ in der
Heilsgeschichte.
Das ganze Figürchen ist 44 cm hoch. Es ist im unteren Drittel durch ein
Fensterquereisen geteilt, so dass der untere Gewandteil und die schwarz
schraffierten Schuhe in das nächste Fensterfeld hineinragen.
Um das prächtige Glasbild wieder zur Geltung zu bringen, musste der Restaurator
den Bildgrund ergänzen. In rote, übereckgestellte Quadrate ist eine leicht getönte
hellgelbe Rosette mit Kreuzmotiv eingebleit. Das Bandnetz, das die Vierecke mit
ruhig abgestimmten blauen Gläsern umschließt, wird an den Knotenpunkten
ebenfalls von weißen Rosetten, die ein Kreuzblümchen mit Ringelchen tragen,
durchbrochen. Um das karierte Mittelstück füllte der Restaurator die verbleibende
Fensterfläche mit einer glasmalerischen Architektur, wie sie aus frühgotischen
Glasgemälden belegt ist.
Das Chörlein besitzt neben dem Marienfenster zwei weitere Fenstern mit
gegenstandslos gestalteter Buntverglasung. Diese Fenster sind einbahnig mit
Kleeblattma ßwerk.
Die acht zweibahnigen Fenster, ebenso wie die des südlichen Seitenschiffes mit von
je einem Halbkreisbogen überfangenen Kleeblattbogen, zeigen ein unterschiedliches
Maßwerk. Die ikonographischen Darstellungen zeigen in den ersten sechs Fenster
von Westen heilsgeschichtliche Begebenheiten aus dem Alten und im siebten und
achten Fenster aus dem Neuen Testament.
Fenster O1-N Maßwerk: Zwei Dreipässe in einem Kreis, Zwickel und Raute
lkonographie: Die Erschaffung des Menschen (Gen 2,7)
Fenster 02-N Maßwerk: Zwei Fischblasen mit Nasen, Zwickel und Raute
lkonographie: Der Sündenfall (Gen 3, 1-19)
Fenster 03-N Maßwerk: Zwei Dreipässe im Kreis, Zwickel und Raute
lkonographie: Der Brudermord, Kam erschlägt Abel (Gen 4,8-16)
Fenster 04-N Maßwerk: Zwei Fischblasen mit Nasen, Zwickel und Raute
lkonographie: Die Fronschaft der lsraeliten in Ägypten (Ex 1,1- 11,9)
Fenster 05-N Maßwerk: Zwei Dreipässe im Kreis, Zwickel und Raute
lkonographie:. Die Zehn Gebote,Gesetzgebung am Sinai (Ex 20,1-21)
Fenster 06-N Maßwerk: Zwei Fischblasen mit Nasen, Zwickel und Raute
lkonographie: Das Opfer Abrahams (Gen 22,1-19)
Fenster 07-N Maßwerk: Zwei Dreipässe im Kreis, Zwickel und Raute
lkonographie: Maria Verkündigung (Lk 1,26-38)
Fenster 08-N Maßwerk: Zwei Fischblasen, Zwickel und Raute
lkonographie: Christi Geburt (Lk 2,1-20)
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.222 10
Das Fenster, in dem der Brudermord dargestellt ist, trägt die Jahreszahl (19)64 und
den Namen des Künstlers Heinz Geuer.
Die Fotografien der Fenster und ihrer Anordnung finden sich auf den Seiten:
4.22211 und 4.22212
Die Außenwand mit Sockel ist durch sechs einfach abgetreppte Strebepfeiler
gegliedert, wobei der erste von Westen diagonal zur Wand steht. Das Gesims findet
sich nur auf der Wand und umläuft nicht, wie auf der Südseite, die Strebepfeiler,
sondern lediglich den oberen Teil des Rahmens der westlichen Tür.
Der noch zum Langchor gehörende Vorbau zum Seitenschiff ist durch drei
Strebepfeiler, von denen sich die äußeren diagonal zur Wand befinden, in zwei
Felder aufgeteilt. Die Strebepfeiler am nördlichen Seitenschiff sind ebenso wie die
des südlichen Seitenschiffes mit pultförmigem Haustein abgedeckt.
4.0007 Die Sakristei
Die ebenfalls anlässlich der großen Restauration der Pfarrkirche neu errichtete
Sakristei liegt mit einer Breite von 6,75 m und einer Tiefe von 4,50 m (Außenmaße)
südlich der beiden Langchorjoche. Die Sakristei ist ebenfalls in zwei Joche, von
einem Gurtbogen mit Hohikehlprofil getrennt, gegliedert und mit einem neogotischen
Kreuzgradgewölbe geschlossen. Das östliche Gewölbefeld misst 3,00 m x 4,00 m
und das westliche 2,50 m x 4.00 m. Letzteres besitzt zudem eine kreisrunde Öffnung
mit einem Durchmesser von 1,00 m. Die Gewölbe ruhen auf sechs Konsolen, von
denen sich vier in den Ecken und zwei in der Mitte befinden.
Die Sakristei wird durch drei vergitterte Fenster mit weißem Kathedralglas belichtet.
Die Fenster sind einbahnig mit Kleeblattmaßwerk, eines weist nach Westen und zwei
nach Süden.
An der Südseite ist in der dritten Steinlage oberhalb des westlichen Fensters an der
Südseite das Teilstück eines Grabsteines als Spolie mit vermauert. Als Spolie
werden wiederverwendete Bauteile bezeichnet, wie Säulen, Gesimse, Kapitelle und
auch Steine. Der Begriff Spolie kommt vom lat. spollum = Beute. Die teilweise noch
erkennbare Inschrift lautet in der oberen Zeile: IL SEIN und in der unteren Zeile: VS
FRAU. Die Textfragmente lassen eindeutig darauf schließen, dass es sich um den
Grabstein einer Frau handelt: SEIN(E) (HA)VS FRAU(V).
Die südliche Außenwand der Sakristei wird durch drei einfach abgetreppte
Strebepfeiler, von denen die beiden äußeren diagonal zu Wand stehen, gegliedert.
Die nördliche Sakristeiseite wird durch den östlichen diagonal angeordneten
Strebepfeiler der Südseite und einen weiteren, rechts neben der Sakristeitür
angeordneten, gegliedert. Die Außenwände der Sakristei weisen keine Gesimse auf.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2301
4.803 Die vorderen drei Buntgiasfenster im Hochchor
Übersicht der Nummern zu den Fenstern zur nachfolgenden Beschreibung
T,
Hierzu die Fotoseite Blatt 3.029
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2302
Ohne Licht, ohne Gott, gibt es kein Leben:
am Morgen beginnt das Licht im Osten über dem Altar, dem Thron Christi,
am Tage durchstreift es die Kirche, erleuchtet,
am Abend geht es im Westen unter, verlöscht,
am Morgen beginnt es von neuem, das Leben des Menschen anzeigend:
Geburt, Leben im Glauben, im Licht Gottes,
Sterben, Erlösung und Auferstehung weisend.
Prof. Dr. Günter Binding, Was ist Gotik?
Eine Analyse der gotischen Kirchen Frankreichs
Die Fenster des Hochchores
Der Hochchor ist weitestgehend in Fenster aufgelöst. Die durch das Maßwerk
gehaltenen Fenster haben jedoch nicht nur einen rein funktionalen Charakter. Das
durch die farbigen Scheiben eindringende Licht ist Sinnbild des göttlichen Lichtes und
der alles verwandelnden göttlichen Gnade.
Die drei mittleren Fenster des Hochchores sind ein aus ca. 3500 Glasscheiben
bestehendes und 52,81 qm großes Bildwerk aus dem Jahre 1951, das der aus Kreuzau
stammende Künstler Wilhelm Braun entworfen und die Münchener Glasmalerei F.X.
Zettler ausgeführt hat. Das Antikgussglas wurde der Pfarrgemeinde von den
Vereinigten Glaswerken in Sindorf für den Wiederaufbau der Kirche kostenlos zur
Verfügung gestellt.
Ursprünglich waren alle fünf Chorfenster in die Überlegungen zu einer Neugestaltung
einbezogen worden. Die äußeren Fenster sollten allerdings nur ornamental gestaltet
werden, wobei für das linke Fenster eine Darstellung Tiedwied Alemannas, der Mutter
des hl. Heribert, und für das rechte eine Darstellung des hl. Willibrord beabsichtigt war.
Die im Zweiten Weltkrieg zerstörten Chorfenster wurden 1947 durch eine
Notverglasung aus gelbem Kathedraiglas ersetzt, das die Pfarre gegen eine Ladung
Verpackungsstroh bei den o.g. Glaswerken eingetauscht hat.
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Die Thematik der ikonographischen Darstellungen basiert auf Überlegungen und
Plänen von Pfarrer Joseph Dunkel (1946-1958). Diese zeigen in ihren theologischen
bzw. hagiographisch-historischen Inhalten die Allerheiligste Dreifaltigkeit, das Jüngste
Gericht und die Patrone der Pfarre, das Heilige Kreuz und den hl. Heribert. Bei der
Gestaltung der Fenster hat man bei den zentralen Personen, mit Ausnahme des
mittleren Fensters, auf frühere Darstellungen zurückgegriffen, deren Ursprünge bis
zum Jahr 1306 zurückzuverfolgen sind.
Zu Beginn der Glasmalereiarbeiten wurde ein großer „Karton“ angefertigt, auf dem die
künstlerischen und technischen Inhalte der entstehenden Glasfenster aufzubringen
waren. Danach erfolgte aus einem Duplikat des Kartons der Zuschnitt kleiner
Schablonen mittels derer dann die einzelnen Glasscheiben passgenau zugeschnitten
wurden. Nach diesen Arbeitsgängen geschah die eigentliche Bemalung der Glasstücke,
die in einem Brennofen bei ca. 600°, dem Erweichungspunkt von Glas, gebrannt
wurden. Vor der Verbleiung wurden die einzelnen Glasteile nach ihrem
Bildzusammenhang geordnet. Das Blei erhielt die Form einer verhältnismäßig dünnen,
im Mittelstück verdickten Rute, die sich dem Umriss des Glases anpasste. Wo die
einzelnen Bleiruten aufeinander trafen, wurden sie ineinander geschoben und sodann
mit einer Blei-Zinn-Legierung verlötet. Danach wurden die einzelnen Buntglasscheiben
auf den Bolzen der Sturmeisen in die Chorfenster eingesetzt.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2303
Im linken Fenster sind die Geschichte der Kreuzauffindung und als zentrale Personen
Kaiser Konstantin der Große und seine Mutter die hl. Kaiserin Helena, dargestellt; im
mittleren Fenster die Allerheiligste Dreifaltigkeit, das Jüngste Gericht sowie die
Wiedergewinnung des Hl. Kreuzes durch Kaiser Herakleios 1. Das rechte Fenster
thematisiert Szenen aus dem Leben des hl. Heribert, der zusammen mit Kaiser Otto III.
in Großdarstellung den mittleren Teil dieses Fensters belegt.
Die beiden Chor-fenster links und rechts außen enthalten keine gegenständlichen
Darstellungen; sie wurden in den Jahren von 1962-1966 zusammen mit den
Obergadenfenstern, den Fenstern der Seitenschiffe und dem des südlichen Nebenchores von dem Künstler Heinz Geuer gestaltet.
Im Jahre 2003 erfolgte eine grundlegende Restaurierung der Chorfenster durch die
Glasmalerei Peters in Paderborn. Nach dem Ausbau der bleiverglasten Fenster wurden
die Innen- und Außenflächen gereinigt, wobei diese dabei einer möglichst geringen
Belastung ausgesetzt wurden. Beschädigte Gläser wurden originalgetreu ersetzt und
defekte oder verformte Verbleiungen zwischen den Glasstücken erneuert. Nach dem
Ausbau der bleiverglasten Fenster wurden vor Ort die alten Sturmeisen durch neue
ersetzt. Diese Sturmeisen wurden zur Innenseite zwecks späterer Aufnahme der
Kunstverglasung mit langen Gewindebolzen versehen. Hierauf wurde dann die
Schutzverglasung dort installiert, wo sich früher die Kunstverglasung befand. Vor die
Schutzverglasung wurden daraufhin mit einem Abstand von ca. 4 cm nach innen die
bleiverglasten Buntfenster als Vorhangfassade eingebaut. Da die Fensterleibungen
nach innen schräg verlaufen, wurde die Kunstverglasung zur Außenseite hin mit
Bleistreifen geschlossen. 1)
1) Ausführungen zu den Restaurierungen der Fenster von Herrn Heribert Weyermann
Die theologischen Inhalte des mittleren Chorfensters
Im oberen Bereich des mittleren Chorfensters sehen wir in der in einem Vierpass
Gottvater thronend und mit ausgebreiteten Armen die Welt segnend. In den beiden
Vier-pässen zur rechten und linken musizierende Engel mit Laute und Violoncello. (siehe
Abb. Ola und Olb, Seite 4.2301)
In den Kleeblattmaßwerken befinden sich fünf Engelsdarstellungen; der dritte von links
mit einer Trompete, der vierte mit einem Spruchband: Anno 1951 und der fünfte das
erzbischöfliche Wappen haltend. Im oberen Teil des Kleeblattpasses des mittleren
Fensters ist rechts der Heilige Geist in Gestalt einer Taube dargestellt.
Darunter thront in einer Mandorla, oberhalb eines Regenbogens, der im Zeichen des
Kreuzes zum letzten Gericht wiederkehrende Christus, von dem das Leben der Pfarre
und darüber hinaus das der ganzen Kirche Wesen und Sinn erhalten.
Neben Christus stehen drei Engel mit einem Buch, einer Posaune und einem Schwert
mit einer Waagschale. Unterhalb dieser Darstellungen erkennen wir links die zum
ewigen Leben Geretteten, zu Christus, der Sonne der Gerechtigkeit aufschauend, und
rechts diejenigen, die im göttlichen Gericht nicht bestanden haben, die Verdammten,
die verzweifelt ihre Hände an den Kopf und vor das Gesicht halten.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2 304
Die hagiographisch- historischen Inhalte des linken Chorfensters
Die zentralen Personen sind Kaiser Constantin 1., den die Geschichte den Großen
nennt, und seine Mutter, die heilige Kaiserin Helena mit roter Aureole, einer Farbe, die
ausschließlich dem Kaiser vorbehalten war.
Helena wird um das Jahr 250 in Drepanon, dem späteren Helenopolis,
in Bithynien als Tochter eines Schankwirtes geboren. Bei Ambrosius
Stallmagd bzw.
d. h.
(347-397) wird ihr Beruf als stabularla
Herbergswirtin angegeben; ihre Muttersprache dürfte das Griechische
Feldherrn
gewesen sein. Vor 270 heiratet sie den illyrischen
Constantius Marcus Flavius mit dem Beinamen Chlorus (ca. 250-293306). Wegen des Rangunterschiedes hatte Constantius Helena nach
geltendem römischen Recht wahrscheinlich nicht in Form einer
vollgültigen Ehe, (lustum matrimonlum) = (rechtlich/vollständige Ehe)
sondern mit dem Status einer gesetzmäßigen Konkubine (legitima
coniunctio) = (rechtmäßige! gesetzmäßige Verbindung) geheiratet. Bei
solchen Ehen gehörten die Kinder der Mutter.
Um 272/3? wird ihr Sohn Constantin in Naissos in Dazien geboren. 2)
Bild 05
Bevor Constantius Chlorus im Jahre 293 in der Tetrarchie Diocletians zum Caesar
(Unterkaiser) ernannt wurde, verstieß er Helena auf dessen Geheiß. Der Aufenthalt
Helenas nach der Trennung von Constantius Chlorus ist ungewiss; möglicherweise hat
sie sich weiterhin am Hofe in Nikomedia aufgehalten und sich dort um die Erziehung
ihres Sohnes Constantin gekümmert, ohne jedoch irgendwelche Vorrechte und Ehren
zu genießen.
Der Aufstieg Constantins im Jahre 306 bringt auf für Helena eine grundlegende
Veränderung ihrer Situation mit sich. Wohl im gleichen Jahr übersiedelt sie an den
Hof Constantins nach Trier, an dem sie bald erheblichen Einfluss erlangt. Nach dem
Sieg Constantins über seinen Gegenspieler Maxentius im Jahre 312 (s. auch hierzu
unter „Constantin“, Seite 4.2307) erhält sie einen eigenen Palast, das Palatium, als
Geschenk ihres Sohnes und spätestens in den Jahren 318/19 verleiht er ihr den
Adelstitel einer nobilissima femina (vornehmste Dame < des Reiches >). Nach der
Hinwendung Constantins zum Christentum wird Helena selbst Christin und wie uns
Eusebius Pamphili, der Bischof von Caesarea, in der Vita Constantini berichtet „zu einer
großen Dienerin Gottes“.
Nachdem Constantin 324 die Alleinherrschaft über das gesamte Imperium errungen
hatte, lässt er Helena 325 durch seine Truppen zur Augusta (Kaiserin) ausrufen. Das
mit der neuen Würde verbundene Recht, zum Tragen des Diadems und der
Münzprägung mit ihrem Abbild und die Ehrung durch Statuen im ganzen Reich
machen ihre außergewöhnliche Stellung als Repräsentantin der kaiserlichen Familie
deutlich. Helena ist sich durchaus ihrer Würde bewusst, die sie mit der Erhebung zur
Kaiserin erlangt hat und ist willens, diese Stellung wahrzunehmen und auszufüllen.
Gegen Ende ihres Lebens unternimmt Helena wohl in der zweiten Hälfte des Jahres
326 eine Pilgerreise in das Heilige Land. Die Verfügung über den kaiserlichen Schatz
gibt ihr die Möglichkeit zu mannigfaltiger Wohltätigkeit gegenüber Bedürftigen und
Bedrängten und zur Stiftung von Gotteshäusern, wie der Geburtskirche in Bethlehem
und der Eleonakirche am Abhang des Ölberges in Jerusalem. Ihre segensreiche
Tätigkeit und Frömmigkeit, „in eh,würdiger und einfacher Kleidung mitten unter dem
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2305
Volke“ (Eusebius) muss großen Eindruck auf die damalige Bevölkerung Palästinas
gemacht haben.
Helena gilt zudem als Stifterin der römischen Kirche Santa Croce in Gerusalemme und
der Märtyrerbasilika der heiligen Marcellinus und Petrus.
Den ersten Bericht über die Auffindung des Hl. Kreuzes verdanken wir Cyrill, dem
Bischof von Jerusalem, aus der Zeit um das Jahr 350. Demnach wurde das
Kreuzesholz bereits vor 350 in Jerusalem aufbewahrt und verehrt. Zeitgenössische
Quellen bezeugen für die gleiche Zeit das Vorhandensein von Kreuzreliquien in
Nordafrika.
Wenig später bringt Cyrill den Reliquienfund mit der Bautätigkeit Kaiser Constantins in
Jerusalem in Verbindung, und bereits vor 381 wird das Fest der Kreuzauffindung in der
Kirche gefeiert.
Mit dem Namen der Kaiserin Helena wird die Auffindung des Hl. Kreuzes erstmals
durch den Mailänder Bischof Ambrosius ( 374-397) in dessen Trauerrede zum Tode
des römisch-byzantinischen Kaisers Theodosius 1., des Großen (379-395), „De ob/tu
Theodosif‘ (Über den Tod des Theodosius) im Jahre 395 in Verbindung gebracht. Nach
Ambrosius hat Helena während ihrer Pilgerfahrt in das Heilige Land nach dem Kreuz
Christi gesucht, dabei drei Kreuze entdeckt und das Kreuz Christi durch die ebenfalls
aufgefundene 1 nschriftentafel erkannt.
Der lateinische Kirchenhistoriker Rufinus ( um 345-410) berichtet in seiner Kirchengeschichte von 402/3 ebenfalls von drei aufgefundenen Kreuzen, und dass Bischof
Makarios von Jerusalem, um das wahre Kreuz Christi herauszufinden, eine
schwerkranke Frau hat herbeiholen lassen, die dann durch Berührung mit dem dritten
Kreuz wieder gesund wurde.
Kurz darauf im Frühjahr 403 erfahren wir von Paulinus von Nola (um 354-431), dass
das Kreuz nach Befragung der Juden ausfindig gemacht und danach ein Toter durch
Auflegung wieder zum Leben erweckt wurde.
Die Begebenheiten aus dem Bericht des Paulinus von Nola sind im zweitoberen und im
unteren Fensterfeld thematisiert: Im unteren Feld sehen wir die Befragung der Juden
nach dem Versteck der Hl. Kreuzes und das zweitobere zeigt die Kaiserin Helena mit
dem Kreuz und den wieder zum Leben erweckten Mann, voll Ehrfurcht auf das HI.
Kreuz schauend, sowie die erstaunt dreinblickenden Umstehenden.
Im oberen Bildfeld ist der Empfang der Kreuzigungsnägel durch die Kaiserin Helena
dargestellt, deren Auffindung in Zusammenhang mit der des Hl. Kreuzes steht.
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Bild 08
Nach ihrer Rückkehr aus dem Heiligen Land stirbt die Kaiserin gegen Ende des Jahres
329 in Gegenwart ihres Sohnes in Konstantinopel. Unter militärischem Ehrengeleit
nach Rom übergeführt, wird ihr Leichnam dort in einem Mausoleum, das an die Kirche
der heiligen Märtyrer Marcellinus und Petrus angefügt war, in einem Porphyrsarkophag
beigesetzt.
Seit dem 5.16. Jahrhundert wird Helena in Byzanz und seit der zweiten Hälfte des
9. Jahrhunderts auch im Westen als Heilige verehrt.
2) oder erst ca. 285
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2306
Constantin 1., der Große wird am 27. Februar 272 oder 273 3) als
Flavius Valerius Constantinus in Naissos, dem heutigen Nisch, in
Seine Eltern sind Constantius Marcus Flavius
Dazien geboren.
(ca. 250-306), wegen seines blassen Aussehens mit dem Beinamen
Chlorus, der spätere Kaiser Constantius 1. und Helena, die spätere
hl. Kaiserin.
Die Verstoßung seiner Mutter Helena durch Constantius Chiorus vor
293 4) beschert auch Constantin vorerst ein Los in Ungnade und
Abhängigkeit. Unter diesen Umständen erhält er nur eine spärliche
in recht jungen Jahren das
Bildung, erlernt jedoch bereits
Kriegshandwerk.
Nachdem er sich durch besondere Tapferkeit ausgezeichnet und
den Rang eines Tribuns erlangt hat, wird er nach dem Tode seines
Vaters im Jahre 306 in Eburacum (York) von dessen Truppen zum
Aug ustus ausgerufen. Kaiser Galerius (293-3 1 1) gesteht ihm jedoch
nur den Titel eines Caesars zu, und Constantin stimmt dieser
Entscheidung aus kluger Einsicht zu.
Bild 04
Nach seiner Ehe mit Minervina, die ihm seinen Sohn Crispus gebar, heiratet er im
Jahre 307 Fausta, eine Tochter des Kaisers Maximinian ( 285-310), der ihm den Titel
eines Augustus verschafft. Constantin werden drei weitere Söhne und zwei Töchter
geboren. Im Jahre 310 ist die Lage im römischen Imperium derart verworren, dass
anstatt der ursprünglich zwei Augusti nunmehr sieben den Titel eines Augustus
beanspruchen bzw. tragen; hierzu gehören auch Constantin und Maxentius (306-312)
zwischen denen es noch im gleichen Jahr zum Zerwürfnis kommt. Constantin wird 310,
in Gallien weilend, im ganzen Reich als Augustus anerkannt.
Im April 311, kurz vor seinem Tode, beendet Galerius die Diocletianische
Christenverfolgung (303-311) durch das sog, Toleranzedikt von Serdica (Sofia); das
Christentum wird zur religio licita (erlaubten Religion).
Der Bruch zwischen Constantin und Maxentius läuft auf eine militärische
Auseinandersetzung hinaus. Constantin zieht mit seinen gallisch-germanischen
Truppen über die Alpen in Richtung Rom. Am 28. Oktober 312 steht er bei Saxa Ruba
(rote Felsen) 9 km vor Rom mit seiner Streitmacht der seines Gegenspielers Maxentius
gegenüber. Wie uns der Biograph Constantins, Eusebios von Caesarea, überliefert,
hatte Constantin am Nachmittag vor der Schlacht eine Vision: Er sah ein Kreuz über der
Sonne gelegen am Himmel und die Worte outw vtict (tuto nika = in diesem siege).
Bekannter ist sicher die in lateinischer Sprache gefasste Form: In hoc signo vinces (in
diesem Zeichen wirst du siegen). Eusebios berichtet weiter, dass Constantin ihm selbst
der Vision erzählt und deren Wahrheitsgehalt sogar eidesstattlich
den Hergang
versichert habe.
Lactantius (um 250-um 325) berichtet uns in seinem Werk „De mortibus persecutorum“
(Über den Tod der Verfolger), dass Constantin im Traum die Weisung erhielt, die
Schilde seiner Soldaten mit dem Chrismon, einer Kombination der griechischen
Buchstaben X (Chi) und P (Rho), den ersten Buchstaben des Namens XPICTOC
(Christus) bezeichnen zu lassen.
‚
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2307
Lactantius, der eine größere Nähe zu Kaiserhaus hatte als Eusebius, und dessen
Darstellung daher glaubwürdiger ist schreibt weiter: „Er (Constantin) tat wie befohlen,
und indem er den Buchstaben X umlegte und die Spitze umbog, brachte er Christus auf
den Schilden an.“
Nach der Beschreibung des Lactantius ergibt sich diese -P- Form als die des
Erscheinungszeichens.
Die sich unterscheidenden Darstellungen, von Eusebios und Lactantius bieten ebenso
wie die lnterpretationsmöglichkeiten der Formen des Erscheinungsbildes bis auf den
heutigen Tag Anlass zu vielfältigen Hypothesen und Meinungen.
In diesem Zusammenhang ist das folgende wissenschaftliche Forschungsergebnis der
Planetarien Emphorum der Technik in München von Interesse. Die Wissenschaftler
haben eine historische Rekonstruktion des Sternenhimmels unter Berücksichtigung des
Längen- und Breitengrades des Betrachtungsortes sowie des Datums vom 27. Oktober
312 vorgenommen. Das Ergebnis zeigt, dass sich die Planeten Mars, Saturn, Jupiter
und Venus zu einer äußerst seltene Konstellation gruppieren und eine Linie bilden. Die
Sternbilder des Steinbocks und des Adlers formen darüber den griechischen
Buchstaben „P“ (Rho). Zusammen bilden diese Sternlinien das Christusmonogramm.
Am Morgen des 28. Oktober 312 lässt Constantin die Schilde seiner überwiegend
heidnischen Soldaten mit dem Chrismon, dem Zeichen Christi, bemalen. Er selbst stellt
sich mit seinem Feldzeichen, welches ebenfalls das Chrismon trägt und später die
Bezeichnung Labarum erhalten wird, an die Spitze seiner Streitmacht.
Die Truppen des Maxentius stehen mit dem Rücken zum Tiber, der ihnen einerseits den
Rücken deckt, ihnen andererseits jedoch den Rückzug erschwert.
Trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit erringt Constantin mit seinen Soldaten an der
Milvischen Brücke (pons milvius) den Sieg über Maxentius. Die Schlacht an der
Milvischen Brücke gehört zu den großen Entscheidungen der Weltgeschichte
(Demandt). Der Sieger, nunmehr alleiniger Herrscher über den westlichen Teil des
Imperiums, zog in Rom ein, unterließ jedoch den üblichen Opfergang zum Capitol. Eine
Inschrift auf dem Constantinbogen in Rom nahe des Colosseums besagt u.a., dass der
Sieg instinctu divinitatis ( durch göttliche Eingebung) erfolgt sei.
Im Jahre 313 kam es in Mailand zu einer Vereinbarung zwischen Constantin und
Licinius (308-324), dem Kaiser der östlichen Reichshälfte, der zufolge das Christentum
die völlige Gleichberechtigung neben den anderen Religionen erhielt: „Wir gewähren
den Christen und allen anderen das freie Recht, derjenigen Religion anzugehören, die
ein jeder sich auswählt.“ Die Christen werden in den Staat eingegliedert und der Kirche
[
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2308
wird der während der Christenverfolgung geraubte Besitz zurückerstattet. Diese, für die
Kirche wichtige Ereignisse, bezeichnet man auch als „Constantinische Wende.
Ständig wachsende Feindseligkeiten und mehrfache kriegerische Auseinander
setzungen zwischen Constantin und Licinius führen schließlich zu der entscheidenden
Schlacht zwischen den beiden Kontrahenten. Nach den Siegen Constantins bei
Adrianopel und in der Nähe von Chalzedon ist Constantin nunmehr der alleiniger
Herrscher sowohl über den Westen als auch über den Osten des Imperium Romanum.
Er ruft von Licinius verbannte Christen zurück und erstattet ihnen ihre Habe. Bereits in
den vorausgehenden Jahren war es zu einer zunehmenden Annäherung zwischen
Kaiser Constantin und der Catholika gekommen.
Zunächst geduldet, erfahren die Christen, deren Standhaftigkeit er während der
Diocletianischen Verfolgung erlebt hatte, vielfältige Vergünstigungen. Dies zeigt sich
nicht zuletzt in der Erbauung und Stiftung zahlreicher Kirchen. Noch vor 315 hatte der
Bau der Lateranbasilika begonnen und 324 beginnt die Errichtung der Petersbasilika
auf dem ager vaticanus, dem Vatikanischen Hügel. Diese größte von Constantin
erbaute Kirche gilt der Verehrung des Petrusgrabes.
Bei allem Respekt vor den kirchlichen Würdenträgern nennt sich Constantin selbst
„Bischof in den äußeren Angelegenheiten der Kirche‘. Einige seiner Gesetze lassen
sich auf christliche Anschauungen zurückführen. Er trägt den alten Titel Pontifex
maximus der römischen Kaiser und fühlt sich als solcher, nunmehr im christlichen
Sinne, für die ordnungsmäßige Durchführung des Kults und die Belange der Religion
verantwortlich. Als solcher beruft er für Mai 325 eine allgemeine Kirchenversammlung
nach Nicaea ein. An diesem ersten Ökumenischen Konzil nehmen nahezu 300 Bischöfe
aus dem Osten und sieben aus dem Westen teil. Der hochbetagte Papst Silvester 1.
(314-335) wird durch zwei Legaten vertreten. Auf dem Konzil werden Fragen des
Ostertermins, der Bußordnung und des Klerus erörtert. Hauptstreitpunkt allerdings ist
die Irrlehre des Arius (um 260-336) aus Alexandrien, der die Wesensgleichheit von
Gottsohn mit Gottvater zugunsten einer bloßen Wesensähnlichkeit bestreitet.
Am 19. Juni 325 bekräftigt das Konzil die Glaubenslehre von der Wesensgleichheit von
Vater und Sohn: oiooürnov tz twtp (homoousion to patri) = eines Wesens mit dem
Vater.
Im Jahre 326 kommt es zu einer Familientragödie im Kaiserhaus. Auf Befehl
Constantins werden sein Sohn Crispus, seine Gemahlin Fausta, ein Neffe und
zahlreiche Freunde hingerichtet. Teile der römischen Stadtbevölkerung reagieren
empört und greifen die Person des Kaisers in anonymen Wandzeitungen an.
Constantin kehrt der Stadt Rom endgültig den Rücken und gründet auf den Boden des
alten Byzanz seine neue Hauptstadt Konstantinopel, die er als christliche Stadt
gegenüber dem noch überwiegend heidnischen Rom 330 feierlich einweiht.
Im Jahre 335 feiert Constantin den 30. Jahrestag seines Regierungsantritts und regelt
seine Herrschaftsnachfolge. Im gleichen Jahr wird in seiner Anwesenheit die von ihm
gestiftete Grabeskirche in Jerusalem eingeweiht.
Im Jahre 337 erkrankt Constantin während der Vorbereitungen zu einem Feldzug gegen
die Perser. Auf dem Sterbebett empfängt er durch den arianischen Bischof Eusebios
von Nikomedia das HI. Sakrament der Taufe. Die Spättaufe auf dem Sterbebett ist im
4. Jahrhundert keine Seltenheit. Der Täufling braucht sich wegen der sündenvergeben
den Wirkung der Taufe nicht mehr einer späteren Bußübung der Kirche zu unterwerfen.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2309
Am 22. Mai 337 stirbt Constantin. Er wird in einem für ihn erbauten Mausoleum neben
der Apostelkirche in Konstantinopel beigesetzt. Bald nach seinem Tode wird er von der
Ostkirche als Heiliger verehrt.
3) oder erst ca. 285
4) möglicherweise auch schon vor 289
Das mittlere Buntglasfenster
-
Inhalte
—
Wie bereits oben erwähnt,
hat das mittlere
Chorfenster
im
unteren
Bereich
die
Wiedergewinnung des Heiligen Kreuzes im Kampf
der Byzantiner mit den Persern und die
Rückführung nach Jerusalem zum Thema Die
Darstellung des barhäuptigen Kaisers Heraklelos 1.
mit dem Heiligen Kreuz ist textlich unterlegt:
Herakilus trägt das Kreuz auf Golgatha.
In den Jahren von 602 bis 610 wird Byzanz durch
das Versagen der Herrenschicht und nicht zuletzt
aufgrund eines Plebiszits,
von einem
ver
brecherischen Tyrannen, Kaiser Phokas, einem
ehemaligen
trotz
Unteroffizier,
regiert,
der
eingegangenen Schwures seinen Vorgänger Kaiser
Maurikos (586-602) ermorden lässt.
Bild 09
Um der brutalen Schreckensherrschaft des Phokas ein Ende zu bereiten, wenden sich
die Byzantiner schließlich an den Exarchen von Karthago und ehemaligen Feldherrn
Herakleios, mit der Bitte um Hilfe. Phokas soll gestürzt und Herakleios zum Kaiser
ausgerufen werden. Dieser fühlt sich jedoch aus Altersgründen mit dem Herrscheramt
überfordert und schlägt seinen gleichnamigen, um das Jahr 575 geborenen Sohn für die
Kaiserwürde vor. Herakleios stammt aus einer schon im 5. Jahrhundert bekannten
syrischen Familie.
Im Jahre 610 zieht der jüngere Herakleios mit einer Flotte von Karthago nach
Konstantinopel und vertreibt den Gewaltherrscher Phokas, der verurteilt und hinge
richtet wird. Noch am Tage seiner Ankunft, am 5. Oktober 610, wird Herakleios (610641) vom Patriarchen von Konstantinopel Sergios in der Thomaskirche zum Kaiser
gekrönt. Im gleichen Jahr heiratet er Eudokia, die bald nach der Geburt ihres Sohnes
Herakleios Constantinos 612 verstirbt.
Bereits nach der Ermordung des Maurikos hatte der persische Großkönig Chosroes II.
Abharvez (590-628) im Jahre 603 einen Krieg gegen das durch Parteienzwist zerrüttete
Byzanz begonnen. Im Verlauf dieses Feldzuges erobern und plündern die persischen
Streitkräfte im Jahre 614 die Stadt Jerusalem; zehntausende Christen werden ermordet,
zahlreiche christliche Kirchen, darunter die Grabeskirche niedergebrannt und die
heiligste Reliquie der Christenheit, das von der Kaiserin Helena um 326 aufgefundene
Kreuz Jesu Christi, wird geraubt und in das persische Reichsgebiet nach Ktesiphon,
dem heutigen Bagdad, verschleppt. Die Nachricht von der Zerstörung Jerusalems und
dem Raub des Heiligen Kreuzes rief in der gesamten christlichen Welt grenzenloses
Entsetzen hervor.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2310
Im Verlauf ihres weiteren Siegeszuges eroberten die Perser Ägypten und Kleinasien.
615 belagert ein persisches Heer Chalzedon, die Stadt des IV. Ökumenischen Konzils
(451), die nur durch die Enge des Bosporus von Konstantinopel getrennt ist. Im Jahre
617 stehen die Awaren vor Konstantinopel, und ihre slawische Gefolgschaft zieht
plündernd durch das byzantinische Staatsgebiet. Herakleios gelingt es mit den Awaren
einen Waffenstillstand zu vereinbaren Er reorganisiert nun seinerseits die oströmische
Armee und Patriarch Sergios, sowie auch das Mönchtum beteiligen sich aus dem
Vermögen der Kirche an den Kosten bzw. schießen dafür benötigte Gelder vor. Die mit
den Awaren vereinbarte Waffenruhe wird zwar von diesen ständig verletzt, hat aber
trotzdem für Herakleios die Beendigung eines Zweifrontenkrieges zur Folge. Mit einer
großen Offensive bricht er 622 zu einem Krieg gegen die Perser auf.
622 heiratet Herakleios zum zweitenmal und zwar seine Nichte Martina, die ihm neben
dem Thronfolger Heraklonas wohl noch zehn weitere Kinder gebiert. Patriarch Sergios
bekundete wegen des nahen Verwandtschaftsgrades zwischen Herakleios und Martina
offen seinen Unwillen.
Im Jahre 626 kommt es erstmalig zu einer militärischen Allianz zwischen den Persern
und den Awaren. Im Juni erobern die Perser erneut die Stadt Chalzedon, derweil die
Awaren Konstantinopel belagern.
Reorganisation der byzantinischen Streitkräfte trägt ihre Früchte und führt
Die
schließlich zu einem Befreiungsschlag gegenüber den Belagerern der Hauptstadt im
Jahre 626 und dem entscheidenden Sieg über die Perser im Dezember 627 bei Ninive.
628 stürzen und ermorden die Perser ihren Großkönig Chosroes II. Abharvez; sein
Nachfolger Kawadh II. (628) schließt Frieden mit Herakleios.
Herakleios führt im Jahre 629 Griechisch als Amtssprache
ein, den die
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und den Titel Basileus
des Titels
anstelle
seitdem
byzantinischen Kaiser
Imperator tragen.
-
-
Der größte Triumph im Leben des Kaisers ist die
Wiedergewinnung des geraubten Heiligen Kreuzes und
dessen Rückführung nach Jerusalem und Aufrichtung auf
dem Hügel von Golgotha am 14. September 630. Es war
ein ergreifender Augenblick.
Bild 10
In den letzten Jahren nimmt der Basileus nicht mehr persönlich an den Feldzügen teil.
In Fragen des christlichen Glaubens billigt er 638 den Monenergismus, eine Lehre, die
nur von einem Willen Christi ausging. Papst Johannes IV. (640-642) verurteilt im
Jahre 641 diese Lehre ebenso wie das III. Konzil von Konstantinopel (680-681), dass
die Lehre sowohl von den zwei Naturen als von den zwei Willen und Wirkungsweisen
Christi bestätigt.
Unter der Herrschaft des Basileus Herakleios erleben Kunst und Literatur eine letzte
große Blüte, an die das 9. Jahrhundert erst wieder anknüpfen kann.
Seine letzten Lebensjahre sind von Enttäuschungen und insbesondere von Krankheit
gekennzeichnet. Als Herakleios am 11. Februar 641 stirbt, ist die Herrschaft der
herakleischen Dynastie bis zum Jahre 711 gesichert.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2311
Das südliche Buntgiasfenster
-
Inhalte
-
Im südlichen Chorfenster befinden sich die Darstellungen von Kaiser Otto III. mit
Krone, Reichsapfel und Schild und unserem Pfarrpatron, dem heiligen Erzbischof
Heribert sowie in den kleineren Bildfenstern Szenen aus dessen Leben und Wirken.
Die Einbeziehung Kaiser Ottos III. in den Fensterzyklus hat ihre Ursache in der
sowohl freundschaftlichen, als auch kirchen- und staatspolitischen Verbindung des
jungen Kaisers zu dem älteren, erfahrenen und besonnenen Heribert.
Otto III. wird im Juni oder Juli 980 im Reichswald Kessel bei Kleve
geboren. Sein Vater ist Kaiser Otto II. (*955983), seine Mutter ist die
byzantinische Prinzessin Theophanu, eine Nichte des oströmischen
Kaisers Johannes 1. Tzimiskes (969-976), die Otto lt. im Jahre 972
geheiratet hat.
Auf dem Reichstag in Verona im Mai 983 lässt Otto II. um die
Nachfolge zu sichern, seinen dreijährigen Sohn von deutschen und
italienischen Fürsten zum Mitkönig wählen. Am Weihnachtsfest des
gleichen Jahres wird Otto III. von den Erzbischöfen Johannes von
Ravenna und Willigis von Mainz in der Aachener Marienkirche zum
König gekrönt. Wenige Wochen zuvor, war Kaiser Otto II. am
7. Dezember 983 in Rom in Alter von 28 Jahren gestorben. Die
Nachricht vom Tode des Vaters ereicht Otto III. erst nach den
Krönungsfeierlichkeiten, so dass es sich bei der Krönung letztendlich
nicht um die des Mitkönigs, sondern um die des tatsächlichen
Herrschers handelte. Die Kinderkrone Ottos III. befindet sich heute
in der Domschatzkammer in Essen.
Bild 11
Im Streit um die Regentschaft bemächtigt sich der Bayernherzog Heinrich II. der Zänker
( * 951-995) als nächster männlicher Verwandter des Kindes, dessen Mutter und
Großmutter zu diesem Zeitpunkt noch in Italien weilen. Als Heinrich jedoch selbst nach
der Krone greift, formiert sich der fürstliche Widerstand, sodass Heinrich im Juni 984
das Kind seiner Mutter Theophanu zurückgeben muss. Bis zu ihrem Tode am
15. 6.991 führt Theophanu unangefochten die Regentschaft für „das Kind auf dem
Thron“.
Nach Theophanus Tod übernimmt die Großmutter, Kaiserin Adelheid Gattin Ottos
l.,des Großen (912-962-973), die Regentschaft bis Otto im Herbst 994 vierzehnjährig
auf dem Hoftag zu Sohlingen durch die Zeremonie der Schwertleite für volljährig
erklärt wird und die Regierungsverantwortung übernimmt. Im gleichen Jahr beruft er
Heribert, den späteren Erzbischof von Köln zum Kanzler der italienischen Kanzlei.
Im Frühjahr 996 zieht Otto nach Rom. Auf dem Weg dorthin erreicht ihn die Nachricht
Tode Papst Johannes XV. (985-996). Noch von Ravenna aus bestimmt er
vom
seinen Vetter Brun als Gregor V. (996-999) zum Papst; Klerus und Volk von Rom
stimmen zu. Am 21. Mai 996 empfängt Otto III. von Gregor V. die römische
Kaiserkrone und führt nunmehr den Titel: Romanorum Imperator augustus (Erhabener
Kaiser der Römer).
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durch eine stadtrömische Verschwörung und die
Die Vertreibung Gregors V.
Einsetzung des Gegenpapstes Johannes XVI., veranlasst Otto Ende 997 zu einem
erneuten Romzug; Gregor V. kehrt nach Rom zurück. Die Verschwörer trifft ein
grausames Strafgericht. Der Zweite Italienzug 01105 III. ist nicht nur durch die
Bestrafung der Verschwörer gekennzeichnet, sondern steht unter dem Leitgedanken
der „Renovatio“, der Erneuerung des Römischen Reiches im christlichen Sinne.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
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Eine 998 verwendete Metallbulle trägt die programmatische Umschrift „Renovatio
imperii Romanorum“( Erneuerung des Reiches der Römer).
Am 18. Februar 999 stirbt Gregor V., der nach dem Willen des Kaisers in dem
Gelehrten Gerbert von Aurillac einen Nachfolger erhält, der sich Silvester II. (999-1003)
nennt. Im Zusammenwirken zwischen Papst und Kaiser entstehen die Grundlagen der
Erneuerung des Imperium Romanum, an deren Ausgestaltung auch der Kanzler
Heribert und der Bischof Leo von VercelIl, enge Vertraute des Kaisers, maßgeblich
beteiligt sind. Otto III. stellt zudem seine Herrschaft in die Tradition Karls des Großen,
für den er eine große Verehrung hegt.
Nach Vakantwerden des erzbischöflichen Stuhles von Köln wählen Klerus und Volk im
Jahre 999 den Erzkanzler Ottos III., Heribert, zum neuen Erzbischof von Köln. Otto und
Papst Silvester geben dem Wunsch der Kölner Kirche zustimmend statt.
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Am Weihnachtstage 999 bricht der Kaiser von Rom aus zu einer Wallfahrt zum Grabe
des heiligen Adalbert nach Gnesen auf. Otto bezeichnet sich als se,vus Jesu Christi
(Knecht Jesu Christi) und später als seivus apostolorum (Knecht der Apostel) und stellt
sich damit in die apostolische Tradition der Ausbreitung des christlichen Glaubens. Er
gelangt in einem triumphalen Zug nach Gnesen. Der polnische Herzog Boleslaw
bereitet dem Kaiser einen prachtvollen Empfang. Nachdem Otto am Grabe des hl.
Adalbert g ebetet u nd d as E rzbistum Gnesen gegründet hat, geleitet ihn der Herzog
persönlich zurück in das deutsche Reich.
Am Pfingstfest des Jahres 1000 besucht Otto III. die Marienkirche in Aachen und lässt
das Grab Karls des Großen, seines großen Vorbildes, u. a. in Anwesenheit von
Erzbischof Heribert öffnen.
Nach weniger als einem halbjährigen Aufenthalt im Reich zieht Otto erneut nach Rom.
die
Zu Beginn des Jahres 1001 bricht in Tivoli in der Nähe Roms ein Aufstand aus;
Bevölkerung lehnt sich gegen die kaiserliche Herrschaft auf. Später brechen auch in
zu
Rom Unruhen aus, so dass s ich Papst u nd Kaiser g ezwungen sehen, d ie Stadt
der
verlassen und nach Ravenna zu fliehen. Otto IM. ist gekränkt über den Undank
ndten
Römer um derentwillen, wie er s elbst s agt, e r s ein Vaterland u nd s eine Verwa
n
andere
allen
verlassen habe, die (die Römer) er an Kindes Statt angenommen und
vorgezogen habe.
Ende des Jahre 1001 zieht das Heer Ottos erneut gegen Süden. Als erim Januar
2002 auf Rom vorstoßen will, erliegt er am 24. Januar in der Burg Paterno (bei Viterbo),
nicht einmal 22 Jahre alt, wahrscheinlich einem malariaartigen Fieber.
zu
Erzbischof Heribert geleitet den Leichnam Ottos III. durch Italien über Augsburg
der
wird
Karfreitag
nächst nach Köln, wo er in mehreren Kirchen aufgebahrt wird. Am
von
Leichnam Ottos III. nach Aachen übergeführt und am Osterfest, dem 5. April 1002,
1414
der
In
etzt.
Erzbischof Heribert in der Aachener Marienkirche beiges
Ge
fertiggestellten gotischen Chorhalle befindet sich noch heute eine Grabplatte zum
denken an Kaiser Otto III.
Gottes
Den frühen Tod Ottos III. haben manche seiner Zeitgenossen als eine Strafe
angesehen. Welche Sünden mag er begangen haben, dass Gott ihn so früh sterben
für die
ließ? Die Wirren und die Zwietracht nach dem Tode des Kaiser waren
falsch
Menschen des Mittelalters ein Hinweis dafür, dass an der Politik Ottos etwas
gewesen sein musste.
tigen
Ungeachtet dessen wird Otto III. von seinen Zeitgenossen wegen seiner großar
Reichsideen „Das Wunder Welt‘ genannt.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2313
Rechts neben Kaiser Otto III. haben wir eine ikonographische
Darstellung des Pfarrpatrons der Pfarrkirche, des heiligen Kölner
Erzbischofs Heribert ( um 970-1021) im Messgewand mit Mitra,
Stab und Pallium. Die ältesten Biographen Heriberts sind Lantbert
von Lüttich und Rupert von Deutz. Lantpert verfasste seine Vita
Heriberti zwischen 1046 und 1056 in Köln-Deutz, wo er als
Scholastiker weilte. Ein noch umfangreicheres Werk veröffentlicht
der Abt und Theologe Rupert von Deutz ( 1076-1129) in den
Jahren nach 1120.
Heribert entstammt dem gebhardinisch-wetterauischen Zweig der
Konradiner, die mit den Heribertinern von Vermandols verwandt
waren. Um das Jahr 970 wird er als Sohn des Grafen Hugo,
wahrscheinlich Graf im mittelrheinischen Einrichgau, und der
alemannischen Gräfin Tiedwidis geboren. Der Einrichgau befindet
sich nördlich des Rheinknies von Bingen bis Mainz und unterhalb
der Lahn. Heribert hat vier Brüder: Heinrich, von 995/6 bis 1018
Bischof von Würzburg, Gezemann, Luidfrid und Reinmar. Wir
folgen hier der neueren Heribertforschung.
Bild 12
Im Alter von ungefähr sieben Jahren schicken die Eltern Heribert in die Wormser
Domschule. Dem vorbereitenden Studium der septem artes liberales, der sog. sieben
freien Künste, folgt das Studium der Theologie. Gegen Ende der achtziger Jahre
vervollkommnet Heribert seine Studien in dem damals für seine Wissenschaftlichkeit
berühmten lothringischen Reformkloster der Benediktiner in Gorze bei Metz.
Heribert findet in Gorze seine geistige Heimat, deren Gedankengut er zeitlebens treu
verbunden bleibt. Bald nach seiner Rückkehr von Gorze wird er trotz seines noch
jugendlichen Alters Dompropst in Worms. Zu Beginn der neunziger Jahre erfolgt sein
Eintritt in die königliche Hofkapelle. Im September 994 ernennt ihn König Otto III. (993996-1002), mit dem er schon früh befreundet war, zum Leiter der italienischen Kanzlei.
Heribert, der zum engsten Kreis um König Otto, also zur königlichen und später zur
kaiserlichen familla gehört, wird vom Herrscher mit mannigfaltigen Schenkungen
bedacht.
Heribert empfängt die Priesterweihe entweder in den letzten Monaten des Jahres 994
oder zu Beginn des Jahres 995. Otto III. bietet 995 Heribert den vakant gewordenen
Bischofsstuhl von Würzburg an; Heribert verzichtet auf die Würde, erwirkt aber, dass
sein Bruder Heinrich zum Bischof des Kiliansbistums gewählt und geweiht wird.
996 begleitet Heribert König Otto III. auf dessen erstem Italienzug und zur Kaiserkrönung nach Rom. Als Otto III. Ende 997 zu einem zweiten Italienzug aufbricht
begleitet ihn sein Kanzler für die italienischen Angelegenheiten erneut. Mit
diplomatischem Geschick und durch besonnenes Vorgehen regelt Heribert wichtige
anstehende Probleme in Ravenna, Pavia, Cremona und Rom.
Nach dem Tode des Bischofs Hildibald vom Worms im August 998 wird Heribert auch
Kanzler für Deutschland und führt neben dem Titel eines Cancellarius auch den eines
Logotheten. Heribert unterstützt die Bestrebungen Kaiser Ottos um die „Renovatio
Imperii Romanorum“ unter christlichen Vorzeichen.
Als am 11. Juni 999 Erzbischof Everger (985-999) stirbt, ist der Erzstuhl von Köln
verwaist. Nachdem sich anfangs Geistlichkeit und Volk nicht auf einen gemeinsamen
Anwärter für das Amt des Erzbischofs einigen können, schlägt Dompropst Wezelin, der
Kandidat des Klerus, Heribert als neuen Oberhirten vor. Heribert wird einstimmig zum
Erzbischof gewählt, und sogleich bricht eine Gesandtschaft nach Bennevent, dem
Aufenthaltsort Ottos, auf, um das Einverständnis des Kaisers einzuholen.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.23 14
Andererseits kann aber auch davon ausgegangen werden, dass Otto III. seinen
Kanzler zum neuen Erzbischof bestimmt hat, eine für die damalige Zeit durchaus
gängige Praxis. Die kirchlich-kanonische Einsetzung erfolgt durch Papst Silvester II.
(999-1003).
Wie freundschaftlich das Verhältnis des Kaisers zu seinem Kanzler ist, zeigt das
geradezu humorvolle Schreiben, mit dem Otto III. dem in Ravenna weilenden Heribert
die Wahl zum Erzbischof von Köln mitteilt: „Otto Imperator sola Dei gratla, Heriberto
archiogotetae gratiam et Coloniam ac pallil cubitum unum.“ (Otto, allein durch Gottes
Gnade Kaiser, entbietet dem Archilogotheten Heribert seine Huld und Köln und eine
Eile vom Pallium.) Der Titel eines Logotheten wurde aus Byzanz übernommen und
beschreibt die Eigenschaft des Kanzlers als Vorsitzenden des Hofgerichts und den des
Archilogotheten als Kanzler. Es besteht jedoch auch die Vermutung, das der Titel
Archilogothet als Gegenstück zum dem des Archiepiscopus (Erzbischof) getragen
wurde.
Nach Erhalt des kaiserlichen Schreibens bricht Heribert sofort von Ravenna nach
Benevent auf, wo im Juli 999 in Gegenwart von Papst Silvester II. und Kaiser Otto, die
Investitur stattfand. Vor seiner Bischofsweihe wickelt Heribert noch einige politische
Angelegenheiten in Italien ab. Gegen Ende Oktober 999 weht er im Rom, erbittet und
erhält dort von Papst Sylvester das Pailhum, das Zeichen seiner Metroplitangewalt. Am
24. Dezember 999 hält Heribert, nachdem er das PalIlum und die bischöflichen
lnsignien hat voraus schicken lassen, trotz größter Kälte barfüßig Einzug in seine
Bischofsstadt dargestellt im zweitoberen Chorfenster. Die Bischofsweihe empfängt er
während der nächtlichen Weihnachtsmesse; die Namen der Konsekratoren sind nicht
überliefert.
—
Neben den priesterlichen und episcopalen Aufgaben, obliegt es einem Bischof des
Mittelalters, an den Armen und Bedürftigen Vaterstelle zu vertreten. Für Erzbischof
Heribert hat die Caritas neben seinen geistlichen Pflichten, wie wir später noch sehen
werden, einen hohen Stellenwert. Diese Sorge Heriberts für Arme und Bedrängte ist in
der Heilung eines Bessenenen im oberen Teil des Fensterbildwerkes thematisiert.
Am Pfingstfest des Jahres 1000 steht der Erzbischof an der Seite Ottos III., als dieser
das Grab Karl des Großen in der Aachener Marienkirche öffnen lässt. Heribert, der den
dritten ltalienfeldzug Ottos nicht begleitet, erhält für den 27. Dezember 1001 zusammen
mit den anderen Bischöfen eine Einladung zu einer Synode unter Vorsitz von Papst und
Kaiser nach Todi/ltalien. Aufgrund ungünstiger Witterungsverhältnisse trifft Heribert erst
am 11. Januar 1002 im Lager des inzwischen schwer erkrankten Kaisers Otto III. ein.
Erzbischof Heribert kann seinem kaiserlichen Freund nur noch in dessen Todeskampf
beistehen. Kaiser Otto III. stirbt am 24. Januar 1002. Zuvor hatte Otto dem Kölner
Erzbischof die Reichsinsignien übergeben und diesen gebeten, ihn in der Aachener
Marienkirche, in der Nähe des von ihm hochverehrten Kaisers Karl, beizusetzen. Das
untere Glasbild zeigt den hl. Heribert an der Totenbahre Kaiser Ottos III., wie er dessen
Leichnam mit Weihrauch inzensiert.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2315
Heribert geleitet mit einem Heer, ständig von Feinden bedrängt,
den Leichnam Ottos durch Italien über den Brenner zunächst
nach Polling bei Augsburg.
Der Bayernherzog Heinrich IV, Sohn Heinrich des Zänkers,
erweist dem toten Kaiser zwar die letzte Ehre, erhebt jedoch
sogleich Anspruch auf die Königswürde und fordert von
Heribert, die Herausgabe der Krönungsinsignien. Heribert hatte
die Hl. Lanze bereits ahnungsvoll vorausgeschickt. Bei der
Heiligen Lanze handelt es sich um eine sog. Flügellanze, in deren durchgestemmtem
Blatt ein Nagel eingelassen ist, der von der Kreuzigung Christi stammen soll. Als
Heribert sich weigert auch die übrigen Herrschaftszeichen auszuhändigen, wird er von
Heinrich in Beugehaft genommen. Nach kurzer Zeit entlässt Heinrich den Erzbischof
aus der Haft, nimmt dafür jedoch dessen Bruder Heinrich, den Bischof von Würzburg,
in Bürgehaft bis Heribert ihm die Hl. Lanze aushändigt.
Der Leichenzug gelangt schließlich über Köln nach Aachen, wo die Gebeine Kaiser
Ottos III. am Ostersonntag in der Marienkirche beigesetzt werden. Nach dem Tode
Ottos braucht Heribert das Amt des Kanzlers nicht mehr zu versehen. Fortan wird er in
Angelegenheiten der Reichspolitik nur noch selten in Anspruch genommen, zudem ist
es sein Wunsch, sich ausschließlich der Hirtentätigkeit in seinem Erzbistum zu widmen.
Bei der anstehenden Königswahl tritt Heribert für seinen Verwandten, den Herzog von
Schwaben Hermann II., ein. Die Wahl fällt jedoch auf den Bayernherzog Heinrich IV.,
der als Heinrich II. (1002 -1014 -1024) zum König gekrönt wird. Das Verhältnis
zwischen Erzbischof und Kaiser ist aufgrund der entschiedenen Parteinahme Heriberts
für Hermann von Schwaben von Entfremdung und Missstimmungen geprägt, zeitweise
sogar von Feindseligkeiten und Argwohn Heinrichs II. gegenüber Heribert. Es gibt aber
auch Phasen der Entspannung, in denen Heribert fallweise wieder mit Reichsgeschäften betraut wird.
1002/1 003 gründet Heribert, ein gegenseitiges Versprechen zwischen ihm und Kaiser
Otto III. einlösend, die Benediktinerabtei Deutz, der er, da dem Mönchtum nahestehend,
auch in den weiteren Jahren seine Fürsorge und Unterstützung zuteil werden lässt.
Heribert ist während seiner gesamten weiteren Amtszeit mit der Deutzer Klostergründung beschäftigt.
1005/6 kommt es in Europa zu einer der schlimmsten Hungersnöte des gesamten
Mittelalters. Große Scharen hungernder Menschen suchen die Bischofsstädte und
Klöster auf. Gerade die wohlhabende Stadt Köln mit einem der bedeutendsten
Bischofsitze der Christenheit, verheißt den Bedürftigen Hilfe aus ihrer lebensbedrohenden Lage. Erzbischof Heribert initiiert eine großzügige Einrichtung zur
Speisung der Hungernden, setzt einen Almosengeber ein und kümmert sich selbst um
Unterstützung in Notfällen jeglicher Art. Er meistert die große Herausforderung nicht
zuletzt aufgrund seines außerordentlichen Organisationstalentes, das ihm, dem
ehemaligen Kanzler, in hohem Maße zu eigen ist. Seine Maßnahmen, die weit mehr als
nur Mildtätigkeit im Einzelnen erfordern, lassen erste Ansätze einer modernen
Wohlfahrtspflege deutlich werden.
Als es (wahrscheinlich) im Jahre 1009 zu einer erneuten Hungersnot kommt, strömen
die Notleidenden, eingedenk der wirksamen Hilfe, erneut in die Kölner Bischofsstadt.
Kennzeichnend für Heriberts Zuneigung zu den Armen ist die folgende Begebenheit:
Der mittellose Vater eines Kindes bittet den Erzbischof sein Kind zu taufen,
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
‘
Seite 4.2316
da angeblich in Köln kein Priester ohne materielle Zuwendung bereit war, dem Kind das
Sakrament der Taufe zu spenden. Heribert tauft das Kind, beschenkt anschließend den
Vater sowie den Täufling und nimmt zudem am Essen des Armen auf dessen Einladung
hin teil.
Für die Jahre von 1008 bis 1018 sind die Quellen hinsichtlich des Lebens und Wirkens
von Erzbischof Heribert nur sehr spärlich. Im Mai 1017 gelingt es Heribert eine
Versöhnung zwischen Heinrich II. mit dessen Verwandten herbeizuführen. Zu einer
erneuten Auseinandersetzung des Kaisers mit dem Erzbischof kommt es im Jahre
1020 als Heribert die Teilnahme an der Belagerung der Burg Hammerstein verweigert.
Zur Jahreswende 1020-1021 sucht Heinrich II. Erzbischof Heribert, der bereits von
schwerer Krankheit gezeichnet ist, in Köln auf. Er bittet Heribert für die ihm zugefügten
Unbilden um Vergebung; es kommt zu einer ehrlichen Aussöhnung zwischen
Erzbischof und Kaiser.
Heribert, den nahen Tod vorausahnend, unternimmt trotz des sehr harten Winters eine
(Abschieds) Reise zu den Kirchen und Klöstern seiner Diözese. In Neuß befällt ihn ein
heftiges Fieber. Mit dem Schiff wird der Sterbende zurück in seine Bischofsstadt Köln
gebracht, hier lässt er sich trotz später Stunde in den Dom bringen. Auf dem Sterbebett
verteilt er sein Vermögen, wobei er ganz besonders der Armen und Bedürftigen
gedenkt.
Erzbischof Heribert stirbt am 16. März 1021 und wird vor dem Hochaltar der
Klosterkirche in Köln-Deutz im Rahmen einer eindruckvollen liturgischen Feier
beigesetzt.
„Ein vorbildliches Leben hatte seinen entsprechenden Ausklang in einem würdigen und
christlichen Tod gefunden. Köln besaß so in Heribert einen guten und würdigen
Oberhirten; wer die Blütezeit des deutschen Episkopats am Morgen des zweiten
Jahrtausends rühmt, wird stets seinen Namen zu nennen haben. Als der getreue und
redliche Verwalter des Petrusbistums starb, hinterließ er seinem Nachfolger ein
geordnetes Erbe. “5)
-
Der Nachfolger Heriberts auf dem Kölner Erzstuhl Pilgrim (1021-1036) nennt ihn bereits
in einer Urkunde des Jahres 1031 ‚sanctus“ heilig. Aufgrund dessen kann man mit
Sicherheit annehmen, dass Heribert bereits kurz nach seinem Tode als Heiliger verehrt
wird.
Die Gebeine Erzbischof Heriberts werden am 30. August 1147 durch Erzbischof Arnold
1. von Merxheim (1138-1151) erhoben, der die Gebeine in einen Holzkasten legen lässt.
Um 1165/70 werden zwei Goldschmiede aus dem Rhein-Moselraum mit der Fertigung
eines Heribertschreines beauftragt. Dieser Schrein, der heute in der Pfarre St. Heribert
in Köln Deutz steht, gilt als einer der kunsthistorisch bedeutsamsten Heiligenschreine
des Mittelsalters und ist einer der wenigen des 12. Jahrhunderts, die noch vollständig
des
erhalten sind. Der vorerwähnte Holzkasten bildet auch noch heute das Innere
Heribertusschreins.
—
eine
Auch in unsere Pfarrgemeinde fand die Verehrung des heiligen Heribert Einzug
für die
genaue Zeitstellung hierfür ist allerdings nicht möglich. Das früheste Zeugnis
der
das
über
Heribertverehrung ist ein Fenster im Hochchor aus dem Jahrel3O6,
folgt
Hofhistoriograph des Kölner Erzstiftes Aegidius Gelenius im Jahre 1635 wie
chte
Geschi
(Die
berichtet: „Historia s(ancti) Heriberti est in fenestra ad cornu epistolae.“
von
des hI. Heribert ist im Fenster auf der Epistelseite) dargestellt. Die beiden Glocken
geweiht.
1362 und 1582— heute noch vorhanden sind dem hI. Heribert
-
-
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.2317
Der vorerwähnte Aegidius Gelenius teilt uns weiter mit: ‚Im Jahre 1635 im Mai
berichtete der Küster von Binsfeld Johann Werner, der hl. Her/bert sei Burgherr in
Kreuzau gewesen und habe dort auch die ganze Gemeinde vertreten, sowie der hl.
Arnold in Arnoldsweiler. Von dem hl. Heribert sei dort auch ein in Silber gefasstes Kreuz
geschenkt worden, dasselbe, das in den Rhein gefallen war, wie dies dem Küster selbst
seine mütterliche Großmutter Eva Hilgers im Alter von 110 Jahren erzählt hätte. Der
Brunnen, aus dem das Pferd des hl. Heribert getrunken hat, wird auf dem Platz „Auf der
Strassen“ auch jetzt noch unter dessen Namen verehrt.“ Bei dem Bericht des Küsters
von Binsfeld handelt es sich um ein über Jahrhunderte mündlich vermitteltes
Traditionsgut. Hiermit korrespondiert auch die sagenhafte Uberlieferung, der hl. Heribert
habe für die ganze Gemeinde durch Waldschenkungen gesorgt.
Zwischen den Jahren 1572 und 1635 wird das Patrozinium der Pfarrkirche und des
Hochaltars vom Heiligen Kreuz in St. Heribert umgewidmet.
neben der Pfarrkirche der Kirchenchor, der Kindergarten, die
tragen
Heute
Schützenbruderschaft, die Schule an der Rur und eine Straße in Kreuzau den Namen
unseres Pfarrpatrons, des heiligen Kölner Erzbischofs Heribert.
5) 1)eribeit MtilIer, Ileribert. Kanzler Ottos III. und Erzbischof von Köln
Köln 1977
Kathollsche Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.300 1
4.3000 Das Turmhaus
Allgemeines
Der nach Westen ausgerichtete, ungegliederte und sich nach oben leicht
verjüngende Turm mit quadratischem Grundriss besteht heute aus vier Geschossen.
Das Untergeschoss sowie das zweite und dritte Geschoss wurden in der ersten
Hälfte des 13. Jahrhunderts aus glatten großen Rotsandsteinquadern, die nur wenig
Mörtel erforderlich machten, in sorgfältiger Bauweise errichtet. In der Mitte der
Quadern sind auch heute noch sog. Zangenlöcher erkennbar, die nennenswerte
Spuren mittelalterlicher Bautechnik darstellen. Eine sog. Baunaht trennt den
romanischen vom gotischen Bauteil.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Mauerwerk der Westseite stark in Mitleidenschaft
gezogen, so dass umfangreiche Sandsteinverblendarbeiten erforderlich wurden.
Das vierte Turmgeschoss wurde während der Kunstepoche der Spätgotik aufgesetzt.
Das Turmhaus stand bis zum Anbau des nördlichen und der Verlängerung des
südlichen Seitenschiffes in den Jahren 1906/7 bis auf den Anschluss an das
Hauptschiff nach drei Seiten frei.
Der Turm hat einen Grundriss von 8,60 x 8,40 m, die Maße verjüngen sich in der
zweiten Etage auf 8,20 x 8,00 m, in der dritten auf 8,00 x 7,80 und in der vierten auf
7,80 x 7.40 m. Die Turmanlage hat eine Gesamthöhe von 46,20 m: das Gemäuer
misst 23,80 m, der Turmhelm 20,00 m und das Turmkreuz mit dem Hahn 2,40 m.
(S. Querschnitt durch den Turm 5. 2.2121)
Zum Schutz gegen Blitzschlag besitzt der Turm eine Blitzableiteranlage.
Der Zugang zum Turmhaus heute und früher
Nach dem Bau einer Orgelempore führte, wie noch heute, über diese der Zugang in
die oberen Geschosse des Turmhauses. Eine Zeitstellung für den Bau der ersten
Westempore ist wegen fehlender Quellen nicht möglich. (Siehe hierzu S. 4.2213)
Von der Orgelbühne gelangt man durch den Orgelprospekt und eine oberhalb
gelegene Tür in das Turminnere und von dort über Leitern in die weiteren
Turmgeschosse.
Wie aber gelangte man in das Innere des Turmhaus, bzw. in die Holztonne, die bis
auf weniger Meter zum Turm hin, den Deckenabschluss des Mittelschiffs bildete, als
eine Orgelempore zwar geplant, aber noch nicht ausgeführt war? Leider fehlen die
zur Aufhellung des Sachverhaltes notwenigen Quellen. Die folgenden Ausführungen
besitzen daher lediglich hypothetischen Charakter.
Möglicherweise existierte eine Wendel- oder Stufentreppe mit ggf. einem oder
mehreren Treppenabsätzen bis zur der, oberhalb des heutigen Orgeiprospektes
gelegenen Türöffnung. Leitern im Inneren führten dann zu dem im dritten Stock
gelegenen noch zu behandelnden romanischen Türdurchgang und weiter in den sog.
Spitzboden, von wo aus man in die Holztonne gelangte.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3002
Das Untergeschoss
—
die Turmhalle
Das Untergeschoss betritt man von außen durch ein im 15. Jahrhundert spätgotisch
umgestaltetes und nach starken Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg in den 1960
er Jahren neugestaltetes Eingangsportal und durch einen Windfang. Siehe hierzu
auch S. 4.209. Links und rechts neben dem Windfang befindet sich jeweils ein
korbförmiges Weihwasserbecken.
Oberhalb des Eingangsportals befindet sich ein im 0 1,70 m großes, gegenstandslos
gestaltetes Rundfenster (einschl, profilierte Einfassung), das ein ursprünglich dort
vorhandenes gotisches Spitzbogenfenster, ebenfalls im Zweiten Weltkrieg stark
beschädigt, ersetzt hat.
Die Turmhalle, ursprünglich romanisch, wurde wohl gegen Mitte des 13.
Jahrhunderts frühgotisch umgestaltet. Sie besitzt ein gotisches Kreuzrippengewölbe,
das auf kurzen umgeknickten Dienstansätzen mit Kelchkapitellen ruht. Auf der Südund Nordseite der Turmhalle befinden sich je eine gotische Blendarkade und eine
50 cm hohe, 32 cm breite und 4,55 m lange steinerne Bank, deren ursprüngliche
Funktion unklar ist.
Ein kunstschmiedeeisernes Gitter trennt die Turmhalle vom Mittelschiff, das sich
durch einen gotischen Spitzbogen mit einem Kämpfergesims auf eine architektonisch
wirkungsvolle Weise eröffnet.
Ritzzeichnungen an der Turminnenwand: „Ein Weihrauchfass und eine Kaffeemühle“
An der Nord- und Südseite des Turmuntergeschosses, im
Durchgang zwischen Turm und Mittelschiff, befindet sich
auf einer Höhe von 2,20 m je die Ritzzeichnung einer
Kaffeemühle bzw. eines Weihrauchfasses mit sieben
Rauchfahne n.
Die Ausdeutung der Zeichnungen basiert im Wesentlichen
auf einem, in der Dürener Zeitung erschienen Artikel des
aus Kreuzau stammende Pfarrers Bernhard Schulte
Krumpen (1897-1932-1986) vom 28. Februar 1951.
Die Ritzzeichnungen kamen anscheinend nach Reinigung der Wände erneut zum
Vorschein.
Auf der südlichen Seite befindet sich ein durch eine Mittellinie geteilter Kreis mit
einem kleinen Sockel, der ein Weihrauchfass darstellt. Aus der oberen Kreishälfte
treten aus kleinen, kreisrunden Öffnungen zwei und aus der unteren Kreishälfte fünf
Rauch- oder Feuerfahnen hervor. Der große Kreis bedeutet den Kreislauf des
Lebens. Die sieben kleinen Kreise und die daraus aufsteigenden Rauch- oder
Feuerfahnen weisen auf die sieben Sakramente hin, die dem natürlichen Leben des
Menschen erst das eigentliche, das übernatürliche Leben schenken: die Taufe, das
Bußsakrament, die Firmung, das Allerheiligste Altarssakrament, welches durch die
mittlere, längste Rauchfahne symbolisiert wird, das Ehesakrament, die Priesterweihe
und die Krankensalbung. Die genaue Anordnung der Rauch- oder Feuerfahnen ist
aus der obigen Skizze ersichtlicht.
Pfarrer Bernhard Schulte-Krumpen gibt uns einen weiteren tieferen Deutungsansatz:
Der Sockel, auf dem der Kreis ruht, bedeutet den Altar; hier wird das heilige Opfer
gefeiert. Der Kreis deutet auf den in der verwandelten Hostie gegenwärtigen Christus
hin. Die Trennungslinie versinnbildlicht das Brechen der Hostie vor der Kommunion,
zeigt also den Tod Christi an: Erst dieser Tod schenkt den Menschen die Erlösung
und den Sakramenten ihre Kraft.
Katholische Pfarrkirche St. HeribertKreuzau
Seite 4.3003
Auf der nördlichen Wand ist eine Kaffeemühle eingefurcht. Sie mag auf das Gebet
hinweisen. Bevor wir durch den Torbogen in das eigentliche Gotteshaus eintreten,
sollen wir uns darüber klar werden, dass unser Gebet nicht das des Leierns einer
Gebetsmühle sein soll, sondern ein andächtiges Sprechen mit Gott.
Wasserstandszeichen
Zahlreiche zeitgenössische Quellen, hierzu gehören auch entsprechende Markierun
gen an Kirchen und Häusern, berichten über Hochfluten und Eisgänge der Rur und
deren Auswirkungen.
der Kreuzauer Pfarrkirche befinden sich unterhalb des vorher
Im Turmhaus
beschriebenen Weihrauchfasses zwei dieser Markierungen, die auf die Höhe des
Rurwasserstandes in den Jahren 1724 und 1817 hinweisen. 1724 stand das Wasser
1,78 m und 1817 1,65 m hoch in der Kirche.
Diese Markierungen befanden sich bis zur Verlängerung des südlichen
Seitenschiffes der Pfarrkirche in den Jahren 1906/7 an der Südseite, des bis zu
diesem Zeitpunkt noch nach drei Seiten freistehenden Turmhauses. Die noch
erhaltene Urmarkierung wurde durch Kriegseinwirkung 1944 wieder sichtbar und
1949 durch Reparaturarbeiten erneut verdeckt.
Einer mündlichen Überlieferung zufolge, soll bei einer dieser Hochwasser ein Reiter
zu Pferd das Allerheiligste vom Hochaltar geborgen haben.
Das zweite Turmgeschoss
Von der Orgelempore führt, wie bereits erwähnt, eine Stufenleiter mitten durch die
Orgelpfeifen hindurch in das zweite Turmgeschoss. Ca. 90 cm oberhalb des
Dielenbodens beginnend, sind nach Süden, Westen und Norden je eine, sich zu
einem Lichtschlitz verjüngende dreifache Abtreppung angelegt, die an den
Wandaußenseiten 10 cm breit und 1,20 m hoch sind. (Siehe auch Zeichnung auf
Seite 2.2121)
Das dritte Turmgeschoss
Im dritten Turmgeschoss sind nach Süden und Norden hin je ein gekuppeltes
romanisches Zwillingsfenster mit einer Mittelstütze angelegt. In diesem Geschoss
sind in der drittobersten Horizontalfuge an jeder Seite drei eiserne Zuganker
eingelassen, von denen der mittlere an der östlichen Turmseite durch das Dach
verdeckt und nur vom Dachraum über dem Mittelschiff aus, zu sehen ist. Dieses
Geschoss diente bis zum Aufbau des vierten Turmgeschosses wohl als
Glockenstube für die damalig vorhandenen beiden Glocken der Pfarrgemeinde,
aus den Jahren 1362 und 1382. Darauf verweisen die als Schallfenster gestalteten
Zwillingsfenster hin.
Die Fenster haben an den Laibungen zum Innenraum hin Einkehlungen als
Schmuckelernent. Von außen haben möglicherweise später Glasfenster vorgestan
den. Der Raum war farblich gefasst, es sind noch deutlich Reste dunkler
Farbschuppen zu erkennen. In den Ecken und in der Mitte befinden sich romanische
Kragsteine, Konsolen, die als Träger für die Balkendecke dienen. Zur Sicherung des
Mauerwerks der Glockenkammer wurde oberhalb der mit Ziegelsteinen
aufgemauerten Konsolen im Jahre 1956 ein Auflagerkranz aus Stahlbeton
eingezogen.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3004
Innerhalb dieses Geschosses befindet sich auf 2,20 m Höhe eine kleine Empore
über die man zu einem romanische Türdurchgang, heute durch eine zweiflügelige
Eisentür geschlossen, gelangt.
Die Anlage der romanischen TOr erfolgte zu Beginn des 13. Jahrhunderts, als der
Bau der hochgotischen Pfarrkirche noch nicht in Planung stand. Die besagte Empore
ist neueren Datums; jedoch muss bereits im Mittelalter eine ähnliche Einrichtung
bestanden haben um den Spitzboden zwischen Tonne und östlicher Turmhauswand
zu erreichen. Noch heute sind in der Turmwand Aussparungen vorhanden, die auf
die Existenz einer früheren Empore bzw. eines Aufgangs hindeuten.
Die Michaelskapelle
Vermutlich diente das dritte Turmgeschoss entweder vor 1362 oder nach der
Errichtung des vierten Geschosses als sog. Michaelskapelle. Solche Kapellen
befanden sich häufig in höher gelegenen Räumen von Gotteshäusern, besonders in
den Westtürmen. Sie standen im Zusammenhang mit der mittelalterlichen
Vorstellung, dass der Westen als finsterer Ort der Sitz der bösen Geister sei, denen
der Erzengel Michael entgegen treten sollte. Michaelskapellen begegnen uns schon
im 8. Jahrhundert.
Das vierte Turmgeschoss
Dieses Turmgeschoss wurde gegen Ende des 14. oder im 15. Jahrhundert oberhalb
der drei romanischen Geschosse im spätgotischen Baustil aufgesetzt.
An der Nord- ‚West- und Ostseite befinden sich je zwei einbahnige spätgotische
Spitzbogenfenster mit Dreipassbogen (Kleeblattbogen) und Nasen.
Zur Südseite öffnet sich das Turmgeschoss durch zwei spätgotische, mit einem
Spitzbogen überfangene Zwillingsfenster ebenfalls mit Dreipassbogen und Nasen.
Den Abschluss des Couronnements bildet ein herzförmiges Maßwerk. In allen
Fenstern sind Schalllukenjalousien aus Holz eingebaut.
Das vierte Turmgeschoss dient wohl schon seit seiner Errichtung als Glockenkammer, in der sich heute vier Glocken befinden. Der Glockenstuhl, an dessen
unterem Teil drei und an dessen oberem Teil eine Glocke hängt, hat keine feste
Verbindung zu den Turmwänden, da jede Verstrebung zum Turm wegen der starken
Schwingungen der Glocken zu erheblichen Bauschäden führen würde.
Die Pfarrgemeinde St. Heribert besitzt heute vier Glocken und zwar eine aus dem
Jahre 1362, eine aus 1382 und zwei aus dem Jahre 1956.
Jede dieser Glocken hat innerhalb des Glockenstuhles eine Aufhängevorrichtung.
Sie ist an einer Achse (Joch), die in Lagern läuft, befestigt. Seit Februar 1956 besitzt
die Pfarrkirche eine automatische Läuteanlage. Bis dahin wurden die Glocken mit
einem Handseil gezogen, zum Läuten gebracht. Zwei runde Offnungen für die
Glockenzugseile sind noch im Holzfußboden des vierten Turmgeschosses zu sehen.
Oberhalb der Glockenkammer wurde ebenfalls im Jahre 1956 zur Sicherung des
Mauerwerks eine Stahlbetonplatte auf dem Mauerabsatz oberhalb des
Glockengeschosses eingezogen.
Der Turmhelm, das Turmkreuz und der Hahn
Neben umfangreichen Beschädigungen am Kreuzauer Gotteshaus im Zweiten
Weltkrieg, die sich auf einen Schadengrad von insges. 75 % beliefen, wurde auch
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 43005
der Turmhelm, ein weitaus massiverer als der heutige, total zerschossen, der daraufhin
bis zum Mauerwerk eingestürzte.
Über den Bau dieses Turmhelmes berichtet ein Urkundenbuch der Bürgermeisterei
Stockheim, begonnen am 1. Januar 1827, aus dem Jahre 1844 u.a: „Schon zuAnfang des
Jahres war eine technische Untersuchung des nach der Westseite zeigenden Kirchihurnidaches
.
.
zu Creuzau vorgenommen, und daraufhin die gänzliche Abtragung desselben von polizeiwegen
verfügt worden. Der Herr Landesbauinspektor Cremer zu Aachen veranschlagte den
Wiederaufbau desDaches zu einer Höhe von 65 Fuß, unter Mitverwendung der alten Materialien
zu 1000 Thaler.. Am lOten September begann der Abbruch und bereits am letzten September
stand der Bau ganz in seiner Vollendung da. In den Thurmkopfwurde seine durch den
Kirchenvorstand unterzeichnete Schrfl, welche die Erbauung bespricht, und die politischen
Verhältnisse Europas berührt, hinterlegt.“
—
Im Jahre 1948 wurde ein auf 40 Jahre vom Landeskonservator genehmigter flacher Not
Turmhelm fertiggestellt. Am 14. September, dem Fest Kreuzerhöhung, wurde in den
„Apfel“ unterhalb des Turmkreuzes eine Urkunde eingeschlossen.
Die in den „Apfel“ unterhalb des Turmkreuzes eingelassene lateinische Urkunde lautete:
Anno Domini MCMXXXXVIII
regnante Pio P. P. XII,
Josepho, SS Romanae Ecclesiae Cardinal,, Archiepiscopo Coloniensi, Frings,
Joanne Josepho, Episcopo Aquisgranensi, van der Velden,
Huberto Windelschmidt, archipresbytero decanatus Nideggen,
parocho Josepho Dunkel,
assistente parocho emerito, Henrico Stiegeler, cubiculario papale
crux renovata
super turris tectum in atrocissimo bello MCMXXXXIV incursionibus aeronauticis dirutum
ac diffisum forma minori restitutum
in festo Exaltationis S. Crucis D. N. J. Ch. erecta est.
Kreuzau, die 14. septembris
gez. Dunkel, par.
Im Jahre des Herrn 1948
Unter der Regierung Papst Pius XXI.
(unter) Joseph, der Heiligen Römischen Kirche Kardinal, Erzbischof von Köln, Frings,
Johannes Joseph, Bischof von Aachen, van der Velden,
Hubert Windelschmidt, Erzpriester (Dechant), Dekanat Nideggen
Pfarrer Joseph Dunkel
assistiert durch den emeritierten Pfarrer, Heinrich Stiegeler, päpstlicher Ehrenkämmerer,
wurde das renovierte Kreuz
über dem Turmdach, im schrecklichsten Krieg 1944 durch Flugzeugangriff zerstört und
zertrümmert, in kleinerer Form wiederhergestellt
am Fest der Erhöhung des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus errichtet.
Kreuzau, den 14. September gez. Dunkel, Pfr.
Bereits im März 1956 begann der Aufbau des jetzigen, 20 m hohen, neogotischen
Turmhelmes, der durch starke Abkantungen oberhalb der Glockenstuhlebene wesentlich
schlanker gestaltet ist als der Turmhelm von 1844.
Durch eine Einstiegsluke oberhalb des vierten Turmgeschosses und durch Leitern
gelang man in die Holzkonstruktion des Turmhelmes. Im unteren quadratischen Teil des
Turmhelmes befindet sich in der östlichen Dachfläche eine Dachgaube. Von der
Turmhelmtraufe aus gemessen, liegt in ca. 8,00 m Höhe ebenfalls auf der Ostseite ein
Dachfenster, das der Anbringung einer Kirchenfahne an hohen Festtagen dient. Der
Turmhelm trägt auf einer Holzverschalung eine Eindeckung aus blauem Moselschiefer.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3006
(Querschnitte durch den Turmhelm s. 5. 2.2123-2.2125 und der Holzstärken
5. 2.2126)
Oberhalb der Helmspitze, die einen Kupfermantel trägt, befindet sich der Turmknopf,
ein kugelförmiger Abschluss des Turmhelmhelmes. Die Turmkugel trägt das
Turmkreuz und darüber den in eine Drehvorrichtung eingestellten Kirchturmhahn.
Schon in der Antike galt der Hahn als Symbol der Wachsamkeit. Diese sinnbildliche
Bedeutung hat das Christentum nicht zuletzt im Bezug auf die Mahnung Jesu zur
Wachsamkeit übernommen: „Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der
Hausherr kommt, ob am Abend oder um die Mitternacht, ob beim Hahnenschrei
oder erst am Morgen. Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend
antreffen. Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!“
(Markus 13,35).
Einen Hahn auf eine Kirchturmspitze zu montieren, ist urkundlich bereits für das
9. Jahrhundert in Italien belegt.
Am 26. 1956 März wurde das Original der hier in Abschrift abgebildeten Urkunde
(siehe nächste Seite) im Beisein von Pfarrer Joseph Dunkel und der
mitunterzeichneten Zeugen in eine Bleikapsel eingeschlossen.
Die Urkunde lautet zu deutsch:
Im Jahre des Herrn 1956
Unter der Regierung Papst Pius XII.,
(unter) Joseph, der Heiligen Römischen Kirche Kardinal Frings, Erzbischof von Köln,
Johannes Bischof von Aachen Pohischneider,
dem unterzeichneten Ortspfarrer
und Heinrich Stiegeler, dem emeritierten Ortspfarrer
ist diese Spitze des Turmes,
die im schrecklichsten Weltkrieg zerstört und im Inneren zertrümmert und nach drei
Jahren in kleinerer Form restauriert worden war,
das Gebälk ist neu
und dieses wiederhergestellte Turmkreuz,
das am Fest der Erhöhung des Hl. Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus, des
Ortspatrons, im Jahre 1948 aufgerichtet worden war,
ist heute, am Dienstag, dem 3. Wochentag, der erneuerten Heiligen Woche,
von neuem aufgerichtet worden.
Herrlichkeit, Lob und Ehre seit Dir, König Christus Erlöser!
Kreuzau, den 27. März 1956
Unterschrift: Joseph Dunkel, Pfr.
Mit der erneuerten Heiligen Woche ist die Liturgiereform der Karwoche durch Papst
Pius XIl.(1 939-1958) im Jahre 1956 gemeint.
Neben der offiziellen Urkunde haben auch die am Bau des Kirchturmes unter Leitung
des Zimmermeisters Ludwig Kniprath beteiligten Zimmerleute in einem ca. 10 cm
großen Glasröhrchen, mit Isolierband umwickelt, ein Papier mit ihren Unterschriften,
den Teil einer Tagszeitung und eine Einpfennigkupfermünze oben in den dort
achteckig auslaufenden „König“, in den ein Loch gebohrt worden war, eingelassen.
Unter dem „König“ versteht man einen, im oberen Drittel der dreiteilig gegliederten
Holzkonstruktion eingebauten Mittelpfosten.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3007
A.D. M C M 1 V 1
regnfnte Pio F P XII,
Josepho S S Rom Eec]. Card .‘rirs Archieppo Cooniensi,
Joanne ippo A)
r;Lnens± Pohlschneider,
infracripto arocho bei
et Henrico Stiee1er parocho booi emerita
hoc turris fatigiuin
Qucd in atrcciirno mundi bello dirutur et intrinsecurn pulvere
diffisu.m ac
post tres a::nos formn iiori rs .iuratum erat,
recente contignatuin est
e t haec turris cru.x restaurata,
quac in £esto xaltaon±s
Cruc..s i)iJC,patroni .ocis, a.D.
MCMXLVIII exa1tat:. erat,
hodie tor. 3. IVbdornadae SJ.rkctae inutauratae
denuo exaitata est.
Gloria, laus et honor Tibi oiL, Pe:c Christe Redemptor!
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von herrn Hubert Jocks in i3ciuein der nitunterceichneten Zeugen
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Kreuzau, den 26.Marz 1956
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Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3008
Auf Bitte von Pfarrer Joseph Dunkel, hat Zimmermeister Ludwig Kniprath das hier
abgebildete Modell des Kirchturms im Maßstab von 1:10 angefertigt. Das genau
2,00 m hohe Kirchturmmodell ist leider nicht mehr vorhanden.
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Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3010
[rurniheim der Kirche St. Heribert vor und nach dem Kriege]
Turmhelm nach der Zerstörung
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Ansicht vom Dach der Volksbank
u „Neuer Turmhelm“ 19
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Heraufziehen einer Glocke
Unteres Stockwerk
Fertige Zimmererarbeit
1Viederaufbau des Turmhelmes im Jahre 1957]
Obere Dachschalung
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Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3012
Belegschaft der Gebr. Schmidt auf der Turmhelmspitze
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Gesellen der Firma Bachem aus Düren zogen 1956 mit dem Turmhahn durch den Ort
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3013
Glocken in der Pfarrkirche St. Heribert in Kreuzau
Glockenübersicht
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Querschnitt durch das Glockengestüht
mit den vin 6tocken
Giockenge1iui
der Glocken von der Pfiirrkirchc in Kreuzau
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Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.30 14
Glocken allgemein
-
Sprachgeschichtlich ist der Ursprung des Wortes „Glock
e“ nicht eindeutig geklärt.
Eine Möglichkeit wäre die Herleitung aus dem Mittellateinischen
„cfocca“.
Bereits im 9. Jahrhundert vor Christus gab es in Asien Bronze
glocken und in Ägypten
Glocken aus Gold oder Silber.
Man unterscheidet zwischen geschmiedeten Glocken
(vasa productilia) und
gegossenen Glocken (vasa fasilla). Heute werden ausschließlic
h Glocken aus dem
Gussmaterial Bronze, zu 78 % aus Kupfer und zu 22
% aus Zinn bestehend,
hergestellt.
Die Kirche hat die Glocken schon früh in ihren Dienst
genommen. Für die
Apologethen des 2. Jahrhunderts galten sie als Symbo
l der Verkündigung des
Evangeliums durch die Apostel. Für ihren kirchlichen Dienst
wurden Glocken seit
dem 8. Jh. gesegnet und gesalbt (Glockentaufe), oft auf den
Namen eines Heiligen.
Im 9. Jahrhundert kam es zur allgemeinen Verbreitung
von Kirchenglocken in
Deutschland. Karl der Große legte in seinen Kapitularien fest,
wie viele Glocken zu
welchen Tagezeiten zu läuten hatten. Die karolingische Verord
nung bezog sich vor
allem auf das Läuten zu den Gottesdiensten, zur Verkündigung
des Evangeliums
und zur Wandlung während der Eucharistiefeier; hinzu kamen
das Propace-Läuten
(Friedensläuten) und das Gebetsläuten am Morgen, Mittag und
Abend.
Und so läuten die Glocken auch noch heute zu den Gottesdienste
n, zur Wandlung,
freitags um 15.00 zur Sterbestunde Jesu, anlässlich von Taufen
, beim Tode eines
Pfarrangehörigen und bei besonderen Anlässen. Sie läuten in
der Pfarre St. Heribert
zu drei Tageszeiten, und zwar morgens um 7.00, mittags um
12.00 und abends um
18.00 Uhr.
Die Glocken lösten im Westen das sog. Schlagbrett ab, dess
en Relikt heute noch
durch die Klapper an den Kartagen bekannt ist.
Im Laufe des 14. vor allem aber im 15. Jahrhundert hat man
melodische Geläute
geplant und versucht, die Töne der Glocken aufeinander abzust
immen.
Der im 14. Jahrhundert einsetzende Stundenschlag
bedeutete nahezu eine
„Revolution“ im Lebensrhythmus des mittelalterlichen Menschen.
Kirchenglocken kündeten schon in früher Zeit auch Unwetter,
Brand- und Hoch
wasserkatastrophen an.
Der Glockenguss wurde im Wesentlichen von Mönchen
entwickelt. Zu den
ursprünglich geistlichen Glockengießern traten seit dem 13. Jahrh
undert zunehmend
bürgerliche Meister auf. In diesem Zusammenhang kann
man jedoch nicht von
Glockengießereien im heutigen Sinne sprechen, denn die
Glocken wurden mit
Ausnahme kleinerer Glocken jeweils am Bestimmungsort gego
ssen. In Nähe der
Kirche hob man eine Grube aus, in der die Formen aufgemau
ert und die Glocke
dann, von einem feierlichen Zeremoniell begleitet, gegossen
wurde. Schon damals
war ein Glockenguss ein herausragendes Ereignis im Leben einer
Domkirche, einer
Pfarrgemeinde oder einer Stadt.
Im 14. Jh. nahmen die Gussglocken die heutige Form an. Erst
im 19. Jahrhundert
entstanden Glockengießereien im heutigen Sinn als ortansässi
ge Werkstätten.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 43015
Die Entstehung einer Glocke
Es ist schon erstaunlich, dass die Entstehung einer Glocke mehr auf den erprobten
Erfahrungen des Glockengießers als auf wissenschaftlichen Berechnungen beruht.
Ein solches Kunsthandwerk setzt gute physikalische, mathematische und
musikalische Kenntnisse voraus.
Mit einer Schablone, in welche die Töne der Glocke festgelegt sind, wird der erste
Teil der Glockenform, der sog. Kern, aus lufttrockenen Lehmsteinen hohl
aufgemauert. Danach wird Lehm auf die gemauerte Kernform aufgebracht und
anschließend mit Brikett beheizt, um die Lehmschichten zu trocknen. Mit immer
feinerem Lehm wird dieser Vorgang so oft wiederholt und mittels der Schablone
immer wieder abgezogen bis ein Lehmkern entsteht, der dem Inneren der Glocke
entspricht.
Die Schablone wird nun entsprechend der späteren Glockenstärke immer wieder
ausgeschnitten und durch fortgesetztes Auftragen von Lehmschichten gefüllt bis alle
Lehmschichten für den zweiten Formenteil, die sog. „falsche Glocke“, aufgetragen
sind.
Auf die „falsche Glocke“ wird zuletzt noch eine Rinderfettschicht aufgetragen, auf
welche nun Bildwerke, Verzierungen und Buchstabenfolgen aus Wachs aufgeklebt
werden. Diese Form bildet nun das genaue Abbild der künftigen Glocke.
Auf das Wachs werden jetzt mehrere Schichten ganz feinen Zierlehms aufgetragen.
Darauf wird aus steifem, rauem Lehm eine erste dicke Mantelform, der dritte
Formenteil, aufgebracht. Die Form wird solange beheizt, bis jeder Auftrag getrocknet
ist, bevor der nächste erfolgen kann. Es werden so viele Schichten aufgetragen, bis
der „Mantel“ die erforderliche Stärke hat.
Die fertige Glockenform wird nun mit Holz ausgebrannt, damit das Rinderfett und die
Schrift und Bildnisse aus Wachs der „falschen Glocke“ zerschmelzen. So lässt sich
der Mantel abheben. Die falsche Glocke hat ausgedient und wird vom Kern, dessen
Hohlraum mit Erde gefüllt wird, abgeschlagen. Der Mantel wird nun über den Kern
gestülpt, so dass zwischen diesen ein Hohlraum entsteht, der beim Guss mit dem
Glockenmetall (Bronze) gefüllt wird.
Die Glockenformen werden nun in die Glockengrube gehoben, mit Erde
eingestampft, um dem erheblichen Druck beim Guss standzuhalten. Es ragen jetzt
nur die beiden „Windpfeifen“ über die ebene Oberfläche hinaus. Offen gemauerte
Rinnen leiten die etwa 1100 Grad flüssige Glockenspeise (eine Legierung aus 78 %
Kupfer und 22 % Zinn) zu den Gusslöchern. Der eigentliche Gussvorgang, der zuvor
durch ein Bitt- und danach durch ein Dankgebet begleitet wird, dauert nur wenige
Minuten.
Es vergehen einige Tage bis die Form soweit erkaltet ist, dass der Mantel
abgeschlagen und das Innere, der Kern, herausgeschlagen werden kann. Mit Sand
und Wasser gereinigt, erhält die Glocke ihren hellen Bronzeglanz. Abschließend
erfolgt eine Prüfung durch den/die Glockengießer/in und anschließend durch einen
Glockensachverständigen, ob die gewünschten Töne (Schlagton, Ober- und
Untertöne) genau und fein erklingen.
Die Beschreibung des Glockengusses entstand unter fachlicher Mitwirkung der
Glockengießerei Hans August Mark, Brockscheid-Eifel.
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
.
Seite 4.3016
Die vier Glocken
—
ein harmonisches Geläute
Die kath. Pfarrgemeinde St. Heribert besitzt heute vier Glocken und zwar eine aus
dem Jahre 1362, eine aus 1382 und zwei aus dem Jahre 1956. Die Glocken
befinden sich im vierten Turmgeschoss, der Glockenstube. In der unteren Reihe sind
drei Glocken angebracht und zwar von West nach Ost die Pius/Maria Goretti
Glocke von 1956, die Glocke von 1362 und die aus dem Jahre 1382; darüber die
Heilig-KreuzlWillibrord-Glocke von 1956.
Die Aufhängevorrichtungen der unteren drei Glocken bestehen aus Eichenholz, die
der oberen Glocke aus zwei nebeneinanderliegenden und mit Stahiplatten
verschweifiten Stahlträgern, die aus 2 x 1120 bestehen.
-
-
Glocke „1“ auf Seite 4.3013
Die Glocke ist dem hl. Heribert geweiht und enthält eine Friedensbitte an Gott, den
König der Herrlichkeit. Sie hat einen unteren Durchmesser von 106,5 cm und ist auf
den Schlagton FIS abgestimmt.
Die Inschrift lautet in der oberen Zeile:
+S
0
HERIBERTVS 0 REX GLE VENI CVM PACE DATVANNO
0
0
0
0
00
DNI M C C C LXII IPO DIE SERVATII DEDERIC 10
in der unteren Zeile:
PASTOR MAGR CONRADVS ME FECIT DE ISBRØCHGEN
+
÷ Sanctus Heribertus 0 Rex Gloriae veni cum pace datum anno Domini millesimo
trecentesimo sexagesimo secundo ipso die Servatii Dederic Johannes Pastor
Magister Conradus me fecit de lsbrochgen +
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3017
+ Heiliger Heribertus
0 König der Herrlichkeit, komm mit Frieden. Gegeben im
Jahre des Herrn 1362 am Tage des Servatius (13. Mai
) Dietrich Schimann von
Aue, der Patronatsherr) Johannes ( Schinmann) Pastor. Meiste(
r Conrad von
Isenbruch hat mich geschaffen. +
-
—
Die zweizeilige Inschrift, durch einen Kordelstab getrennt, besteht
aus gotischen
Majuskeln (Großbuchstaben) und Unzialbuchstaben. Die Abbrev
iaturen sind teils
gebrauchlich, teils willkürlich. Einige der durchschnittlich 18 bis
20 mm hohen
Schrifttypen sind im Guss missraten, wie z.B. das 5 im Wort PASTOR.
Die eigentliche Glockeninschrift, der Glockenspruch, sowie Datum
und Tag stehen in
der oberen Zeile. Da nun auch der Patronatsherr, der Pfarrer und der
Gießername
genannt werden sollten, wurde dieser Textteil ab dem Wort PASTOR
in einer zweiten
Zeile angefügt.
Zu Beginn und am Ende der Inschrift befindet sich jeweils ein 20 mm
hohes Kreuz;
zwischen dem Buchstaben S und dem Namenwort HERIBERTUS eine
22 mm hoch
und breite runde Blütenrosette. Bis auf die Wortfolge DATV und
ANNO sind
zwischen allen Worten kleine runde oder rautenförmige, ca. 10 bis
15 mm große,
stilisierte Blütenornamente als Zäsurzeichen gesetzt.
Die kleinen Buchstaben o ergänzen oberhalb des Buchstabens N in der
Abkürzung
DNI das o im Wort Domini und markieren oberhalb der Jahreszahl
die lateinischen
Ablativendungen.
Die Glockenhaube ist mit drei horizontal verlaufenden Stegen verzier
t. Die
Glockenkrone besteht aus sechs ornamentverzierten Bügeln. In
die Oberplatte
wurde, aus heute nicht mehr bekannten Gründen, oberhalb des Buchstabens
E, der
Abbreviatur GLE (Gloriae), eine Schraube eingesetzt.
Nun Näheres zur Glockeninschrift:
Der heilige Kölner Erzbischof Heribert, und das zeigt auch diese Glocke
, wurde in
unserer Pfarre schon sehr früh verehrt. (Siehe hierzu auch Dok. Seite
4.2313 bis
4.2317).
Die Friedensbitte an Gott, den König der Herrlichkeit, könnte einerseits
mit der zu
dieser Zeit noch verbreiteten Bedrohung des Landfriedens durch Wegelagerer
und
Räuber zusammenhängen.
Der Kölner Erzbischof Wilhelm von Gennep (13491362) hat sich in dieser Zeit um die Wahrung dieses Landfriedens im Deutsc
hen
Reich sehr verdient gemacht. Andererseits tobte in den Jahren von 1338
bis 1453,
zeitweilig durch Friedensphasen unterbrochen, der Hundertjährige Krieg
zwischen
England und Frankreich, in dessen weiterem Verlauf die Jungfrau von
Orleans,
Jeanne d‘Arc ( um 1412-1431), auftrat. Das Jahr des Glockengusse
s 1362 lag
innerhalb einer neunjährigen Friedensphase von 1360-1369. Kirchengesch
ichtlich
bleibt zu erwähnen, dass in der Zeit von 1309 bis 1377 die Päpste die Kirche
aus
dem Exil von Avignon leiteten.
-
-
-
Gegossen wurde die Glocke am Tag des hl. Servatius, am 13. Mai.
Im Mittelalter
wurden Urkunden und Inschriften in ihrer Datierung auf Hochfeste,
Feste des
Kirchenjahres, der Gottesmutter oder eines Heiligen bezogen.
Ritter Dietrich Schinmann von Aue war der Besitzer der Burg und Inhabe
r des
Kirchenpatronats. Das Kirchenpatronat hatte sich aus dem, zu dieser Zeit
bereits
überwundenen Eigenkirchenwesen entwickelt.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3018
Der Priester Johannes Schinmann, ein jüngerer Bruder
des Ritters Dietrich, war
Pfarrer der noch weitausgedehnten Pfarrei Kreuzau,
zu der mehrere, heute
selbständige Pfarrorte, gehörten. Pfarrer Johannes Schi
nmann war Nachfolger
seines Onkels Reynard.
Conradus de lsbrochgen, Konrad von Isenbruch, war
ein in Köln ansässiger
Glockengießermeister, der als Familien- bzw. Herkunfts
name seinen Heimatort
Isenbruch benutzte. Außer der Glocke in der Kreuzaue
r Pfarrkirche wird von der
Forschung keine weitere Glocke dem Meister Conradu
s zugeschrieben, sie ist ein
singuläres Exemplar.
Isenbruch ist ein im äußersten Westen gelegenes Dorf,
das heute zur Gemeinde
Selfkant gehört. Dort ist, wie eine Anfrage ergab, der Gloc
kengießer nicht bekannt.
Der Name Isenbruch wird dort als „Eisenbruch“ gedeutet
und heißt im Volksmund
»lsebrook“. Das Dorf liegt am Rande eines Sumpfiandes, das
eisenhaltig ist.
Die Glocke ist mit drei figürlichen Flachreliefs geschmückt.
Hierbei handelt es sich
um sog. Pilgerzeichen, die an größeren Wallfahrtsorten vertr
ieben wurden und seit
dem 14. Jahrhundert beim Glockenguss als beliebter Bildsc
hmuck Verwendung
fanden. Diese Methode war einfacher und kostengünstig
er als die Gestaltung
eigener Modem als Glockenschmuck, zudem die Glockeng
ießer keine Modelleure
waren. Die Pilger- oder WaNfahrtszeichen bestanden in der
Regel aus einer BleiZinn-Legierung. An den meisten Pilgerzeichen befanden
sich kleine Ösen, mittels
derer die Pilgerzeichen auf Kleidung oder Hüte aufgenäht werd
en konnten.
Heute sind originale Pilgerzeichen nur noch selten erhalten;
doch existieren sie als
indirekte Bildzeugnisse, wie hier in Kreuzau und auch anderw
eitig, als Verzierung
auf noch so mancher mittelalterlicher Glocke.
Das erste Pilgerzeichen zeigt eine thronende Muttergo
ttes als Himmelskönigin mit
dem Jesuskind. Die Madonna trägt eine Krone und hält in
der rechten Hand einen
Stab mit einem Rosenkreuz. Das Pilgerzeichen ist 83 mm hoch
und 50 mm breit; es
ist unterhalb der ersten drei Buchstaben des Wortes ANNO ange
ordnet.
Das gleiche Pilgerzeichen zeigt eine Glocke aus der Pfarre
Aachen-Haaren aus dem
Jahre 1357. Diese Glocke befindet sich heute im Stadtmuseum
in Köln.
Das zweite, kreisrunde Pilgerzeichen, ohne Kreuzigu
ngsszene 88 mm hoch und
87 mm breit, thematisiert die Verkündigung der Geburt Jesu
an Maria durch den
Erzengel Gabriel (Mariä Verkündigung). Rechts oben über
den Darstellungen des
Erzengels und der Gottesmutter ist der Heilige Geist in Gest
alt einer Taube
erkennbar. Zwischen Maria und dem Erzengel befindet sich
ein Lilienstab.
Ausgeschmückt ist die Verkündigungsszene mit einem
Weinlaubrankenwerk.
Oberhalb des Kreises befindet sich eine 31 mm hohe Kreu
zigungsdarstellung mit
den Assistenzfiguren Maria und Johannes. Das Kreuz ist an
den Enden verbreitert,
womöglich mit einem Kleeblatt. Das Pilgerzeichen, das insg
esamt 119 mm hoch ist,
befindet sich unterhalb der Buchstabenfolge IPO und DIE.
Im oberen und unteren Bereich des Rundrahmens erke
nnen wir noch die
Befestigungsösen zum Aufnähen auf die Kleidung.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3019
Das dritte Pilgerzeichen wurde, wie das vorherige, in der Technik des Gittergusses
hergestellt. Aufgrund von Materialschwund und Verformung beim Abguss, ist die
lkonographie nur schwer zu deuten. Sie ist von einem hochgotischen, sich leicht
nach unten verjüngenden, Architekturrahmen eingefasst, der im oberen Teil an
beiden Seiten durch kleine Türmchen flankiert wird. Die Türmchen sind je durch ein
Fenster mit einem Dreipass unterbrochen. Der Giebel des Rahmens ist mit Krabben
besetzt; seine Spitze wird von einem Kreuz überragt. Unten sind deutlich die
vorbeschriebenen Ösen zu erkennen.
Die Maße des Pilgerzeichens, das unterhalb der Buchstaben 10 positioniert ist, be
tragen in der Höhe 92 mm und in der Breite, im unteren Bereich 65 mm im oberen 72
mm.
Bei den Darstellungen am linken Rand handelt es sich um die Muttergottes mit dem
Jesuskind. Der König oder Kaiser am rechten Rand könnte vermutlich Karl der
Große mit einem Kirchenmodell sein, das er der Gottesmutter darreicht.
Die Person in der Mitte deutet möglicherweise auf die im Mittelalter sowohl im Osten
als auch im Westen hochverehrte hl. Katharina von Alexandrien hin, zu deren Füßen
sich ihr Attribut, das Rad, befindet.
Oberhalb der Personengruppe, jedoch noch innerhalb des Architekturrahmens
befindet sich eine Kreuzigungsdarstellung, bei der die Gottesmutter Maria und der
Apostel und Evangelist Johannes je seitlich eines, den Golgothahügel andeutenden
Halbkreises, zu erkennen sind.
1. Pilgerzeichen
2. Pilgerzeichen
cnr.ftzug (Jüd) auf der Gic..e 1 nach Seite 4...... 13
von 1362.
Sc ug (Süd) auf der
von 1382.
3. Pilgerzeichen
2 nach
Wir danken an dieser Stelle dem Glockenwissenschaftler Herrn Jörg Poettgen, Overath,
für seine fachkundigen und hilfreichen Hinweise zu den Glocken von 1362 und 1382.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3020
Die Glock “ri 1382
Glocke „2“ auf Seite 4.3013
Die Glocke, die auch Totenglocke genannt wird, mit einem unteren Durchmesser von
96 cm ist auf den Ton Ais abgestimmt und hat an der Seite in Richtung Osten ein
Schlagwerk, das die Glocke anlässlich der Wandlung jeweils dreimal bei der
Elevation der in Christi Leib und Blut verwandelten Gestalten von Brot und Wein
sowie vor dem jeweiligen Tageszeiten- Läuten dreimal mit drei Anschlägen (Kleppen)
kurz zum Tönen bringt.
—
-
Die Inschrift ist einzeilig und mit einem Kordelstab eingefasst, sie lautet:
+
0
0
0
0
+AVE +SANTVS--HERIBERT\JS+SANTA+KATERINA÷SB +A+D+M+
+
LXXXII
Ave Santus Heribertus Santa Katerina SB Anno Domini millesimo octogesimo secundo.
Die Inschrift lautet zu deutsch:
Sei gegrüßt heiliger Heribert, heilige Katharina, SB. Im Jahre des Herrn 1082, jedoch
ist die Jahreszahl laut Gutachten von Glockensachverständigen unvollständig und
als 1382 zu lesen.
Es wurden bei der Jahreszahl die Hunderter-Zahlenzeichen CCC für trecentesimo =
300 entweder vergessen oder bewusst ausgelassen, um die Einzeiligkeit der Inschrift
nicht zu sprengen. Diese Vorgehensweise war im Mittelalter nicht seltene Praxis, da
den Zeitgenossen das Jahr des Glockengusses ja bekannt war.
Entscheidend für die Zeitbestimmung ist die unziale Form der Buchstaben, die nur
im 14. Jahrhundert verwendet wurden, so dass eindeutig das Jahr 1382 in Frage
kommt.
Die Schrifttypen sind durchschnittlich 20 mm hoch.
In der Literatur des 19. und des 20. Jahrhunderts wurden die Jahreszahl aufgrund
des undeutlichen Gusses mit 1582 bzw. 1532 angeben. Man hat das A als M =
Millesimo gelesen und kam so auf das 16. Jahrhundert.
Nach dem Ave befindet sich ein markantes Trennzeichen in Form von 3 Kreuzen, die
laut Glockenwissenschaftler darauf hindeuten, dass sich diese Akklamation nicht nur
auf den hl. Heribert und die hl. Katharina, sondern auf eine weitere heilige
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 43021
Person beziehen. Mit Ausnahme der Schriftzeichen SB und der Zahlenfolge LXXXII befinden sich
zwischen allen Worten bzw. Buchstaben Trennzeichen in Form von ca. 13 mm hohen Kreuzchen.
Bei einzelnen Schrifttypen und Trennzeichen ist der Abdruck des Schablonenrandes noch
deutlich zu erkennen.
Unter dem Wort Ave befindet sich ein kleiner Münzabdruck, ein Siegel oder eine Gießermarke
mit einem Durchmesser von 27 mm, dessen Inhalt nicht zu erkennen ist.
Der Glockengießer hat anstatt der Schreibweise Sanctus und Sancta, Santus und Santa
ausgeführt. Dies dürfte, wie sich auch an anderer Stelle zeigt, auf mangelnde Kenntnisse der
lateinischen Grammatik zurückzuführen sein.
Oberhalb der Buchstaben A = Anno und M = MllIesimo befindet sich ein hochgestelltes o, das
auch hier die lateinische Ablativendung anzeigen soll.
Seltsamerweise befindet sich dieses o oberhalb des Buchstabens D, der als Abkürzung für das
Wort Domini (des Herrn) steht.
Ebenso ist das gleiche o über dem Buchstaben B angesetzt, was im Bezug auf das vorher
Gesagte (lateinische Grammatik) nicht heißen muss, dass es sich hier um einen männlichen
Heiligen handelt. Die kleinen Buchstaben o befinden sich alle oberhalb des Kordelstabes.
Die Buchstaben SB sind nicht eindeutig zu erklären. Möglicherweise handelt es sich um die
Abkürzung Sancta Barbara. Ein Hinweis hierauf dürfte das Vorhandensein von Bergwerken in
unserer Gegend im Mittelalter sein, deren Schutzpatronin die hl. Barbara war. Sie zählte zudem,
wie die hI. Katharina, im Mittelalter zu den beliebtesten Heiligen und gehört, wie diese, zu den
Vierzehn Nothelfern.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Pfarrer Joseph Dunkel (1 946-1 957) in den 1950
er Jahren das Vorhandensein eines früheren Barbara-Altars in der hiesigen Pfarrkirche erwähnt
hat. Ein Beweis ist dies nicht, da uns die historische Quelle fehlt; andererseits kann dem eine
gewisse Plausibilität wohl nicht abgesprochen werden.
Die Glockenkrone besteht aus sechs Bügeln, die in der Mitte je leicht geteilt sind, jedoch keinen
ornamentalen Schmuck aufweisen.
Person und Wirken des hI. Erzbischofs Heribert * (um 970-1021) sind auf den Seiten 4.2313 bis
4.2317 eingehend behandelt.
Bei der hI. Katharina handelt es sich mit Sicherheit um Katharina von Alexandrien. Alle
Traditionen, die sich auf Katharina von Alexandrien beziehen, sind vollkommen legendarisch. Der
Legende nach soll sie ins Gefängnis geworfen mit einem messerbewehrten Rad gefoltert worden
sein, bevor sie von einem Engel gerettet wurde.
Später soll sie um das Jahr 310 den Märtyrertod durch Enthauptung erlitten haben und ihr
Leichnam daraufhin von Engeln auf den Sinai getragen worden sein. Daher wurde sie
namensgebend für das Katharinenkloster am Fuße des Berges Sinai. In der Klosteranlage, die
von einem hohen Mauerring umgeben ist, lebt bis heute eine kleine griechisch-orthodoxe
Mönchsgemeinschaft. Das Kloster ist eine vielbesuchte Pilgerstätte.
Im Spätmittelalter wurde Katharina aufgrund ihres gelehrten Wissens zum Vorbild beschaulichen
Lebens und zur mystischen Braut Christi. Als historische Person ist Katharina von Alexandrien
nicht belegbar.
Das Martyrium der hI. Barbara wird zumeist örtlich in Nikomedien und zeitlich in die
Regierungszeit des Kaisers Maximinus Daia (305-313) angesetzt. Nach der Legende soll sie,
nach Verrat durch einen Hirten, gemartert und von ihrem heidnischen Vater enthauptet worden
sein. Die Entstehung der Barbara-Legende wird für das 7. Jahrhundert im byzantinischen Raum
angenommen.
Ihre Gebeine sollen um 1000 nach Venedig gekommen sein und von dort in das Kloster S.
Giovanni Evangelista in Torcello gelangt sein. Die hl. Barbara ist Schutzpatronin der Sterbenden,
der Bergleute (s. o.) und der Artilleristen. Historisch ist die hI. Barbara nicht nachgewiesen.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3022
Die Glocken von 1956
—
Maria
Glocke „3“ auf Seite 4.3013
Die Glocke mit dem Schlagton Dis ist dem hl. Papst Pius X. (1903-1914) und der hI.
Maria Goretti (1890-1 902) geweiht.
Unter dem 14,6 cm hohen und 10,8 cm breiten, oval gerahmten Relief mit einem
Brustbildnis des hl. Papstes Plus‘ X. steht eine Choralnotenreihe und darunter:
QUI-A Pl-US ES!
DUM TAHOR, AUDITE!
DUM VOCO, SENTITE!
AD SACRA VENITE!
VENITE FlUt, AUDITE ME! TIMOREM DOMINI DECEBO VOS!
PS 33,12
=
0FF. MISSAE 3. SEPT.
S. JOSEPH SARTO, PAPA PlUS X., ADJUVET NOS.
OMNIA INSTAURARE IN CHRISTO!
Unter dem rechteckig eingefassten, 12 cm hohen und 9 cm breiten Relief der
hI. Maria Goretti mit einer Taube, hier als Symbol der Tugend:
S. MARIA GORETTI PROTEGAT ECCLESIAM POPULUMQUE
KREUZAU!
GESTIFTET VON DEN PAPIERFABRIKANTEN:
GEBR. HOESCH, GEBR. KAYSER, PETER LÜTTGEN O.H.G. UND PH. STREPP
UNTER PFARRER JOSEPH DUNKEL. A.D. MCMLVI
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3023
Denn du bist gütig oder Denn du bist mild oder Denn du bist voll Erbarmen.
(Aus dem Kommunionvers der Messe für die Verstorbenen)
Wenn ich geläutet werde, höret! Wenn ich rufe, merket auf! Zum Gottesdienst
kommet!
Kommt, ihr Kinder, hört auf mich, die Furcht des Herrn will ich euch lehren. (Aus
Psalm 33 und dem Kommunionvers der Messe vom 3. September)
Der heilige Joseph Sarto, Papst Pius X., möge uns beistehen.
Alles in Christus erneuern ! (Wahlspruch Papst Pius X.)
—
-
-
-
Die heilige Maria Goretti möge die Kirche und das Volk von Kreuzau beschützenl
A.D. MCMLVI = Anno Domini millesimo nongentesimo quinquagesimo sexto (Im
Jahre des Herrn 1956)
Bis auf die Papierfabrik Gebr. Hoesch, die heute unter “Niederauer Mühle“ firmiert,
existieren die auf der Glocke genannten Papierfabriken heute nicht mehr. Pfarrer
Joseph Dunkel war von November 1946 bis zu seiner Ernennung zum Pfarrer von St.
Heinrich in Krefeld-Uerdingen im November 1957 Pastor in St. Heribert, Kreuzau.
Buchstaben und Ziffern sind bei diesen Inschriften von unterschiedlicher Größe, sie
reichen von 29 bis 16 mm.
Zur Aufgliederung der Oberfläche umziehen horizontal verlaufende Stege, die auch
der Einfassung der Inschriften und hier ebenso als Notenlinien dienen, die Glocke.
Was bezüglich der Stege für die Pius-/Maria Goretti-Glocke zu sagen ist, gilt auch
für die nachstehend beschriebene Heilig-Kreuz-IWillibrord-Glocke. Das gleiche gilt
für die jeweilige Glockenkrone, die aus sechs, mit Ornamenten verzierten Bügeln,
besteht.
Gegossen wurde diese Glocke, wie auch die in Anschluss hieran beschriebene
Heilig-Kreuz-IWillibrordglocke am 18. Januar 1956 in der Glockengießerei Mabilon &
Co in Saarburg.
Die Glockengießerei in Saarburg wurde 1770 durch Urbanus Mabillon (1744-1818),
der aus einer alten französischen Glockengießerfamilie stammte, gegründet. Die
Glockengießerei ist heute nicht mehr in Betrieb, die letzte Glocke wurde dort im
Jahre 2003 gegossen.
Die Glocke trägt am unteren Rand das rund eingefasste Wappen der Gießerei; es
zeigt eine Glocke mit einem Kreuz und darunter ein Kanonenrohr und die
Buchstaben U M (für Urbanus Mabillon), an beiden Seiten flankiert durch Ast- Blatt
bzw. Blütenwerk. Unterhalb des Wappens befindet sich die Glockennummer 5722.
Die Glocke hat ein Gewicht von 1.220 kg und einen unteren Durchmesser von 127
cm; die Gesamtkosten md. Zubehör und Montage beliefen sich auf 10.284,00 DM.
Papst Pius X. wurde am 2. Juni 1835 als Guiseppe Sarto in Riese (Treviso)
geboren.1858 wurde er zum Priester und 1884 zum Bischof geweiht und zum
Oberhirten von Mantua ernannt. 1893 wurde er Kardinal und Patriarch von Venedig.
Nach dem Tode Leos XIII. (1878-1903) wurde Kardinal Sarto am 4. August 1903 zum
Papst gewählt. Zu seinem Leitspruch machte der neue Papst das Pauluswort „Alles in
Christo erneuern“.
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3024
Pius X., der sich auf reine kirchliche Angelegenheiten konzentrierte, reformierte die
Kurie, das Kirchenrecht und die eucharistische Praxis, indem er zum öfteren Empfang
der Hl. Kommunion aufrief und das Erstkommunionatter herabsetzte.
Zudem leitete er eine Verbesserung der wissenschaftlichen Ausbildung des Klerus ein
und forderte zum Lesen und Studieren der Bibel auf. Mit seiner liturgischen Reform
und der Reform der Kirchenmusik förderte er die Pflege des Gregorianischen Chorals.
Der Pontifikat Pius X. war getragen vom Geist des frommen Seelsorgers auf dem
Stuhl Petri. Er bekämpfte den Modernismus, eine Bewegung, die ihrer Anpassung an
den Zeitgeist sowie die moderne Wissenschafts- und Denkweise teilweise
wesentliches Glaubensgut preisgab. Unter Voranstellung geistlicher Interessen geriet
er mit verschiedenen Staaten in Konflikt.
Papst Pius X. starb am 20. August 1914 im Rom. Am 3. Juli 1951 sprach ihn Papst
Pius XII. (1939-1958) selig und am 29. Mai 1954 heilig.
Maria Goretti wurde am 16. Oktober 1890 in Corinaldo in Italien geboren. Nach dem
Tode ihres Vaters im Jahre 1900 übernahm sie als Zehnjährige alle häuslichen
Pflichten, damit ihre Mutter den Lebensunterhalt für die Familie verdienen konnte.
Mehrmals stellte ihr ein Zwanzigjähriger mit unsittlichen Anträgen unter Drohungen
nach. Da sie sich widersetzte brachte er ihr am 5. Juni 1902 14 Stichverletzungen bei,
an deren Folgen sie, ihrem Mörder verzeihend, einen Tag später verstarb. Am 27.
April 1947 wurde sie selig- und am 14. Juni 1950 durch Papst Pius XII. (1939-1 958)
heilig gesprochen.
Mit dem hl. Papst Pius X. und der hl. Maria Goretti besitzt die Pfarrkirche in Kreuzau
zwei Glockenpatrone, die nahezu unmittelbar vor dem Glockenguss zur Ehre der
Altäre erhoben wurden. Heilige unserer Zeit.
PiusX.
Maria Goretti
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3025
-Kreuz
—
r
—
Willibrord Glocke
.
Glocke „4“ auf Seite 4.3013
Die Glocke mit dem Schlagton Gis hängt als einzige im oberen Bereich des
Glockenstuhles und ist dem hl. Kreuz und dem hl. Willibrord (658-739) geweiht.
Auf der Heilig-Kreuz-Seite befindet sich im oberen Bereich ein Medaillon mit einem
Durchmesser von 10 cm. In dessen Mitte sehen wir ein altes Kreuzauer Wappen,
das den Jülicher Löwen und darüber das Kreuz zeigt. Das Wappen führt die
eingefasste Umschrift: IN TRAU VAST KREUZAU. Zwischen die einzelnen Worte
wurden mehrteilige nicht zu identifizierende Trennzeichen gesetzt.
—
Unterhalb des Medaillons befindet sich eine aus drei Takten bestehende Notenreihe
und darunter der Text:
0 KREUZ, DU EINZ-GER TROST IM LEID!
HELLIG-KRÖZ SU HEESCHE ICH,
ICH ROF ÜCH MENSCHE: HÜRT OP MICH!
DOMET, WENN KÜTT DA JÖNGSTE DAAG,
DA HÄERGOTT ÜCH BESCHÖTZE MAG!
DURCH DAS ZEICHEN DES KREUZES ERLÖSE UNS VON UNSEREN FEINDEN,
DU UNSER GOTT! KOMMUNION VERS AM 14. SEPT.
Unter dem 132 mm hohen und 58 mm breiten Relief des hI. Willibrord, das den
Heiligen mit Mitra und bis zu einer Bodenplatte reichenden Kreuzesstab in der
Rechten und einem Kirchenmodell in der Linken zeigt, befindet sich die Inschrift:
HEILIGER WILLIBRORD, SENDBOTE CHRISTI,
BEFESTIGE IN UNSEREN FAMILIEN DEN GLAUBEN DER VATER!
GESTIFTET VON DER ZIVILGEMEINDE KREUZAU
DURCH DIE GEMEINDEVERTRETER UNTER AMTSDIREKTOR
GERHARD KÜPPER UND ORTSBÜRGERMEISTER WILHELM WAHL, A.D. 1956.
1
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
.
Seite 4.3026
In TRAU VAST: In Treue fest Kreuzau, hierbei handelt es sich um einen jahrhun
dertealten Wappenspruch der Gemeinde Kreuzau.
—
Der Liedtext „0 Kreuz du einz‘ger Trost im Leid“ stellt den Anfang der 6. Strophe des
Liedes „Des Königs Banner walt empor“ dar, nach dem Kreuzeshymnus „Vexilla
regis“ (Banner des Königs); der Text stammt von Peter Sömer aus dem Jahre 1874.
Heilig-Kreuz, so heiße ich, ich rufe euch Menschen: Hört auf mich! Damit, wenn
kommt der Jüngste Tag, der Herrgott euch beschützen mag!
Der Glockenspruch auf Kreuzauer Platt wurde von Heimatdichter Tillmann
Gottschalk (1905-1 991) verfasst.
Amtsdirektor Gerhard Küpper stand von März 1946 bis zu seiner Pensionierung am
31 .05.1958 der Verwaltung des Amtes Kreuzau vor. Wilhelm Wahl war von 1946 bis
zu seinem Tode am 20.08.1959 Bürgermeister von Kreuzau.
Die Buchstabengröße ist auch auf der Glocke unterschiedlich und reicht von 16 bis
20 mm. Bei den Worten ERLÖSE, KÜPPER und ORTSBÜRGERMEISTER sind die
bei Umlauten üblichen, über die Buchstaben gestellten horizontalen Striche, durch
Punkte innerhalb dieser Buchstaben ersetzt.
Die Glocke hat ein Gewicht von 480 kg und einen unteren Durchmesser von 94 cm;
die Gesamtkosten mcl. Zubehör und Montage beliefen sich auf 3.875.40 DM.
Auch am Rand dieser Glocke befindet sich das oben beschriebene Wappen der
Glockengießerei, darunter die Glockennummer 5723.
Heilig-Kreuz Die Pfarrgemeinde besitzt seit unvordenklicher Zeit zwei Splitter des
Kreuzes Christi. Führte doch im Jahre 1582 die Pfarrkirche noch den Titel des
Heiligen Kreuzes. Erst für das Jahr 1635 ist der hl. Erzbischof Heribert als Patron des
Hochaltars und der Pfarrkirche nachgewiesen. Heute ist das Heilige Kreuz der zweite
Titelpatron der Pfarrkirche. (Zur Geschichte der Kreuzauffindung und der
Kreuzreliquien siehe 5. 4.305)
—
Willibrord wurde um das 658 in Nordhumbrien/England geboren. Bereits als Kind
wurde ins Kloster Ripon gegeben und dort Schüler Wilfriths von York. 678 ging er in
das irische Kloster Rathmelsigi/Grafschaft Carlow. Im Alter von 30 Jahren empfing er
die Priesterweihe. 690 landete Willibrord mit einer von ihm angeführten Zwölferschar
im Rheinmündungsgebiet. Sogleich knüpft er Verbindungen zu Pippin II., dem
Mittleren (um 635-714), unter dessen Schutz er mit der Mission im südwestlichen
Friesland begann. 691 ging er nach Rom und wurde dort von Papst Sergius 1. (687701) offiziell mit der Friesenmission beauftragt. 695 zog er erneut nach Rom, wo ihn
Papst Sergius 1. am 21. November 695 zum Erzbischof der Friesen weihte, ihm das
Pallium verlieh, den Namen des römischen Heiligen Clemens gab und ihn mit
Reliquien, u. a. einer des hI. Kreuzes, beschenkte. Den Namen Clemens-Willibrord
scheint er persönlich seitdem geführt zu haben, während der Mit- und Nachwelt
sonst sein heimatlicher Name im Gebrauch blieb. Nach seiner Rückkehr aus Rom
erhielt Willibrord in Utrecht seine Kathedralkirche, von wo er seine Mission
organisierte.
Mit dem Tode Pippins im Jahre 714 brach das Missionswerk zusammen, konnte aber
unter Karl Martell (um 688-741) in ganz Friesland fortgesetzt werden. Willibrord war
zudem in Würzburg und in Thüringen missionarisch tätig sowie Abt in mehreren
Klöstern etwa Susteren (Maas) und in Echternach. Er war möglicherweise Verfechter
eines Mitteiweges zwischen Mönch und Klerikertum.
—
Katholische Pfarrkirche St. Heribert, Kreuzau
Seite 4.3027
Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Echternach, wo er am 7. November 739
wahrscheinlich auch verstarb. Sein Grab befindet sich in der Krypta der dortigen
Basilika. Zu Ehren des hl. Willibrord findet alljährlich am Pfingstmontag die bekannte
„Echternacher Springprozession“ statt.
Im Historischen Archiv des Erzbistums Köln befindet sich eine Abhandlung von Dr.
Paul Heusgen, Köln, aus dem Jahre 1928 mit dem Titel: „St. Willibrords Wirken in der
Nordeifel“. Demnach ist die Missionstätigkeit des Heiligen dort und in der Gegend
von Zülpich weniger bekannt als in seinen sonstigen Missionsgebieten.
In einem weiteren Aufsatz unter der Überschrift „Nachtrag und Berichtigung“ aus
dem Jahre 1929 schreibt der Autor zu dem selben Thema.: “Gerade zu St.
Willibrords Zeit bewegte die 628 erfolgte Zurückführung des heiligen Kreuzes nach
Jerusalem durch Kaiser Heraklius freudig die Herzen aller Christen. (siehe hierzu
Dok. 5. 4.2309-10). Es heißt u.a. weiter: „Infolge des freudigen Ereignisses von 628
hat wohl auch St. Willibrord zu Wollersheim, möglicherweise auch zu Kreuzau -altes
Kreuzpatrozinium- Kreuzkirchen bauen lassen. Bei der geringen Zahl der Urkunden
aus der Merowingerzeit ist man leider für diese Zeit meistens nur auf Vermutungen
angewiesen.“
Die Überlieferung, der hI. Willibrord habe auch in Kreuzau eine christliche Gemeinde
gegründet, wird anscheinend, wie auch der vorstehende Text erkennen lässt, an der
u. U. bereits frühmittelalterlichen Verehrung des heiligen Kreuzes und der Existenz
zweier Kreuzpartikel in der Pfarrgemeinde, die später den Namen des Kreuzes
Christi -Kreuzau- tragen soll, festgemacht. Die Anwesenheit des hl. Willibrord in
Kreuzau lässt sich historisch nicht belegen, da zeitgenössische Quellen fehlen.
Daher werden alle Bemühungen um ein möglichst glaubwürdiges Geschichtsbild
keinen Erfolg haben.
Ungeachtet dessen hat die Pfarrgemeinde gut daran getan, mit der Weihe der
Glocke zu Ehren des hI. Kreuzes und des hl. Willibrord diesen großen Missionar und
Erzbischof zu würdigen.
In TRAU VAST
Heiliger Willibrord