Workshop 1
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Workshop 1
2. Teil 11.00-12.30 Uhr Was macht eine Aufgabe attraktiv, was macht sie schwierig? Aufgabenentwicklung und Aufgabendiskussion 1. Diskussion des Textes? Schwierigkeitsgrad 2. Diskussion der Aufgaben zum „Hilflosen Knaben“ Ziel: Die Schwierigkeit von Aufgaben einschätzen können. Der hilflose Knabe Herr K. sprach über die Unart, erlittenes Unrecht stillschweigend in sich hineinzufressen, und erzählte folgende Geschichte: »Einen vor sich hin weinenden Jungen fragte ein Vorübergehender nach dem Grund seines Kummers. „Ich hatte zwei Groschen für das Kino beisammen“, sagte der Knabe, „da kam ein Junge und riß mir einen aus der Hand“, und er zeigte auf einen Jungen, der in einiger Entfernung zu sehen war. „Hast du denn nicht um Hilfe geschrien?“ fragte der Mann. „Doch“, sagte der Junge und schluchzte ein wenig stärker. „Hat dich niemand gehört?“ fragte ihn der Mann weiter, ihn liebevoll streichelnd. „Nein“, schluchzte der Junge. „Kannst du denn nicht lauter schreien?“ fragte der Mann. „Nein“, sagte der Junge und blickte ihn mit neuer Hoffnung an. Denn der Mann lächelte. „Dann gib auch den her“, sagte er, nahm ihm den letzten Groschen aus der Hand und ging unbekümmert weiter.« Bertolt Brecht 1. Einschätzung der Textschwierigkeit Hinweis auf Lesbarkeitsindex: Die sprachliche Schwierigkeit von Texten kann rechnerisch ermittelt werden. Der schwedische Pädagogikforscher Carl- Hugo Björnsson hat 1968 eine immer noch populäre Lesbarkeitsformel (Lix = Lesbarkeitsindex) entwickelt Dazu muss man folgende Zahlen erheben. 1. Gesamtzahl der Wörter 2. Zahl der Sätze 3. Durchschnittliche Satzlänge (SL) - stellt den besten Messfaktor dar (Gesamtzahl der Wörter dividiert durch die Zahl der Sätze). 4. Zahl der Wörter mit mehr als sechs Buchstaben („Lange Wörter“) – nach Björnsson trennen Wörter mit mehr als sechs Buchstaben am besten zwischen schwierigem 5. Prozentualer Anteil der „Langen Wörter“ (l W) (Zahl der langen Wörter dividiert durch die Gesamtzahl der Wörter mal 100) Der Lesbarkeitsindex (Lix) ergibt sich aus der Summe von SL und l W. Die Schwierigkeitsstufen von Lix: KJL Textarten Lix 20 25 30 Textschwie- Sehr leichte rigkeit Belletristik 35 leichte 40 45 Sachliteratur 50 55 mittelschwere schwierige Texte Fachliteratur 60 65 70 sehr schwierig Ermitteln Sie die Lixwerte der Erzählung. Diskutieren Sie Ihre Ergebnisse. Es interessiert natürlich, ob der Lixwert der Erzählung mit den ermittelten inhaltsbezogenen Schwierigkeitswerten übereinstimmen. Vgl. dazu: Richard Bamberger/Erich Vanecek: Lesen-VerstehenLernen-Schreiben. Die Schwierigkeitsstufen von Texten in deutscher Sprache. Wien 1984. Vgl. http://www.deutschunterricht-westermann.de (Heft 05/2005) 2. Einschätzung der Aufgabenschwierigkeit Lehrerfragebogen 2 Die folgenden 15 Aufgabenstellungen beziehen sich auf Bertolt Brecht, Der hilflose Knabe. Es handelt es sich um Aufgaben für Klassenarbeiten. Sie sollen entscheiden, wie schwierig Sie die vorgeschlagenen Aufgaben finden. Sie können für jede Aufgabe 1 Punkt (leicht), 2 Punkte (mittelschwer) oder 3 Punkte (schwer) vergeben. Tragen Sie die Punktzahl in das Kästchen unter der Aufgaben-Nummer ein. Die Aufgaben, die Sie am schwierigsten finden, erhalten 3 Punkte; die Aufgaben, die Sie leicht finden, erhalten 1 Punkt. Aufgabe Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Begründen Sie bitte für jeweils eine Aufgabe, warum Sie 1, 2 oder 3i Punkte vergeben haben. Aufgabenstellungen: 1. Die Geschichte könnte eine ganz andere Wendung nehmen. Schreibe eine solche. Erkläre den Unterschied zwischen den beiden Fassungen. 2. Stelle Vermutungen an über die Wirkung, die das Verhalten des Mannes auf den Knaben hat: a. in deiner Version; b) in Herrn K.s Geschichte. 3. Beschreibe den Handlungsaufbau und die Verhaltensweisen der Personen und erkläre den (überraschenden) Schluss in Brechts Geschichte ‚Der hilflose Knabe’. 4. Wenn wir davon ausgehen, dass es Herrn K. nicht darum geht, den Mann zu kritisieren, wie ist dann die Geschichte zu verstehen? 5. Ermittle die Intention / Aussageabsicht der Geschichte. 6. Welches Ende der Geschichte hättest du erwartet? Begründe deine Erwartung aus dem Text. 7. Warum ist der Schluss der Geschichte überraschend? 8. Welche erzählerischen Darstellungsmittel kennst du? Welche davon werden in diesem Text verwendet? 9. Um welche Textsorte handelt es sich? Begründe deine Antwort, indem du dich auf konkrete Textmerkmale beziehst. 10. Kreuze die zutreffendste Antwort an. Die Absicht des Textes ist A zu zeigen, dass man Dieben keine Gelegenheit bieten soll B angesichts von Unrecht zum Mitleid anzuleiten C die Kinderrechte zu stärken D zur Gegenwehr bei erlittenem Unrecht aufzufordern Begründe die von dir getroffene Wahl. 11. Herrn K.s Geschichte ist ein Beispiel für eine allgemeingültige Lehre. Skizziere eine neue passende Beispielgeschichte aus der heutigen Zeit. 12. Ermittle die Erzählperspektive. 13. Wer ist der Erzähler der Geschichte? 14. Finde eine Situation, auf die sich der Text übertragen lässt, und nimm abschließend zur dargebotenen Schlusslösung kritisch Stellung. 15. Erkläre den in Herrn K.s Geschichte vorgetragenen Schluss. Berücksichtige dabei die Überschrift und den Einleitungssatz. Einordnen nach Offenheit+Komplexität Aufgabe Offenheit Komplexität Zugänglichkeit Erfolgsorientierung Fazit: Es geht darum, schwierigkeitsbestimmende Merkmale von Texten und von Aufgaben zu kennen und zu identifizieren; Was macht Texte schwierig? • Lesbarkeit • Vorwissen • Bei Sachtexten: Konzeptstruktur • Bei literarischen Texten: Differenz zwischen Oberflächen- und Tiefenstruktur Was macht Aufgaben schwierig? • Entscheidungsspielraum • Präzisionsgrad • Integrationsgrad