Nr. 63 – April 2014 - Klinik für Rheumatologie

Transcription

Nr. 63 – April 2014 - Klinik für Rheumatologie
w w w. rheuma- s c h we i z. ch
Rheumak linik
U niversit ä t sSpit a l Zürich
63
rheuma
NACHRICHTEN
GASTKOLUMNE
Inhalt
Editorial
2
Impressum
­­2
Gastkolumne
3
Klinische Forschung –
was sind die Herausforderungen
Kasuistik
6
Pleuroperikarditis mit
überraschender Diagnose
State of the Art
9
Stosswellentherapie
Zwei neue Basistherapeutika
Forschung
18
Bromodomän Proteine –
neue therapeutische Ziele
Publikationen
20
Fort- und Weiterbildung
22
Klinische Forschung –
was sind die Herausforderungen
Seite 3
­­2
editorial
Impressum
Rheuma-Nachrichten
y 22. Jahrgang – Ausgabe Nr. 63
y Auflage: 1000
y Erscheint dreimal pro Jahr
y Erscheinungsdatum: April 2014
STEFFEN GAY
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen
Mit dieser Ausgabe stellen wir Ihnen neue klinische Aspekte und
neue therapeutische Konzepte vor, die für Ihre tägliche Praxis von
Bedeutung sind und werden könnten.
Wir konnten Johann Steurer vom Horten Zentrum für praxisorientierte Forschung und Wissenstransfer gewinnen, um uns die
Herausforderungen der klinischen Forschung am Projekt «Lumbalstenose» mit den typischen Beschwerden Claudicatio spinalis zu
erläutern.
Sandra Blumhardt erklärt uns die Indikationen der Stosswellentherapie, und Caroline Moser mit Adrian Ciurea weisen nach der
Markteinführung von Tofacitinib (Xelianz®) in ihrem Überblick
auf einen Einschluss der mit diesem Präparat behandelten Patienten
ins SCQM hin. Sie diskutieren ebenfalls über den Einsatz von
Belimumab Benlysta® beim SLE.
Basierend auf der Tatsache, dass wir die RA noch nicht heilen
können, erläutert Ihnen Kerstin Klein aus unserem von der EUund Industriegeförderten Forschungsprojekt «IMI BTCure» einen
neuen therapeutischen Ansatz. Hierbei soll noch bemerkt werden,
dass die experimentelle Forschung des RUZ ab 1. Mai 2014 seine
Forschung und Fortbildungen im Biotechno-Park Schlieren fortsetzen wird.
Mit herzlichen und kollegialen Grüssen
Steffen Gay
Redaktion
y Beat A. Michel (Klinikdirektor)
y Pius Brühlmann (Klinik)
y Steffen Gay (Basisforschung)
Autoren dieser Ausgabe
y Sandra Blumhardt
Dr. med., Oberärztin
y Adrian Ciurea
PD Dr. med., Leitender Arzt
y Oliver Distler
Prof. Dr. med., Leitender Arzt
y Manuela Di Chiara
Dr. med., Assistenzärztin
y Steffen Gay
Prof. Dr. med., Leitender Arzt
Zentrum Experimentelle Rheumatologie
y Kerstin Klein
PhD, Postdoc
y Britta Maurer
Dr. med., Oberärztin
y Caroline Moser
Dr. med., Oberärztin
y Julio Sanchez
Dr. med., Assistenzarzt
y Johann Steurer
Prof. Dr. med., Leiter, Horten Zentrum
für praxisorientierte Forschung und
Wissenstransfer
Gestaltung, Redaktion, Lektorat
Pomcany’s Marketing AG
Ob. Steingrubenstrasse 4, 4500 Solothurn
Regula Keller
Telefon 032 625 17 17
Fotos
Matthias Schwyn und Daniel Beyeler
Rheumaklinik
Sponsoring
ROCHE PHARMA (SCHWEIZ) AG
4153 Reinach
GRÜNENTHAL Pharma AG
8756 Mitlödi
IBSA Institut Biochimique SA
6915 Pambio-Noranco
Abonnemente
Die Rheuma-Nachrichten können kostenlos
abonniert werden bei:
UniversitätsSpital Zürich
Rheumaklinik
Gloriastrasse 25, 8091 Zürich
Telefon 044 255 29 96
Telefax 044 255 89 78
[email protected]
Internetwww.rheuma-schweiz.ch
Nächste Ausgabe: August 2014
63–2014
­­3
Johann steurer
Klinische Forschung –
was sind die Herausforderungen
GASTKOLUMNE
Eine viel diskutierte Herausforderung der klinischen Forschung ist deren Finanzierung. Darauf gehe ich im folgenden
Artikel aber nicht ein. Ich fokussiere mich lieber darauf was klinische Forschung eigentlich ist und welche Ziele diese
Forschung verfolgt.
In der Medizin haben Forschung und Praxis – Praxis verstanden als Betreuung von Patienten – eines gemeinsam. Sowohl
in der Forschung wie in der Praxis wird Wissen geschaffen.
Die beiden Wissen sind aber fundamental unterschiedlich.
Forscher schaffen generelles Wissen, zum Beispiel über die
Funktion von Makrophagen, das Funktionieren einer Röntgenröhre, die molekulare Wirkungsweise monoklonaler Antikörper, oder die Effektgrösse einer spezifischen antihypertensiven Therapie. Die Ärzte in der Praxis schaffen partikulares
Wissen, das heisst Wissen über den individuellen Patienten,
ein Wissen das nur für diesen einen Patienten Gültigkeit hat.
Das ist die Essenz der «Medizin als Praxis», nämlich Wissen zu
schaffen welche Krankheit ein Patient hat oder nicht hat. Das
ist die Domäne der Diagnose. Es ist auch die Aufgabe des Arztes Wissen zu schaffen wie der weitere Verlauf der Krankheit
in Abhängigkeit von keiner, einer, oder unterschiedlichen
Bandscheiben
Verwölbung
Arthrose –
kleine Wirbelgelenke
mit Osteophyten
Therapiemodalitäten ist. Das ist die Domäne der Prognose.
Aus dieser Aufgabe des Arztes leitet sich ab was klinische
Forschung ist oder sein sollte. Klinische Forschung generiert
Erkenntnisse, die einen unmittelbaren Effekt auf die Betreuung von Patienten haben. Diese Ergebnisse, die in aggregierter
Form die medizinische Wissensbasis bilden, unterstützen den
einzelnen Arzt in seiner Praxis das Wissen über den individuellen Patienten zu schaffen. In seiner medizinischen Tätigkeit
greift der Arzt auf diese Wissensbasis zu.
Das Wissen über den individuellen Patienten ist ein Wissen
über Wahrscheinlichkeiten; mit welcher Wahrscheinlichkeit
ein Patient mit Thoraxschmerzen einen Myokardinfarkt hat,
oder mit welcher Wahrscheinlichkeit sich die Beschwerden
eines Patienten mit einer Lumbalstenose nach einer Operation
merkbar verbessern.
Spinalkanal
Verdickte Bänder
(Ligamentum flavum)
Spinalkanalstenose – Einengung des Wirbelsäulenkanals durch Knochen, Bandscheibe und Bänder.
(Bild im Computertomograph)
­­4
GASTKOLUMNE
An einem Beispiel sei das Konzept der klinischen Forschung,
das bis hierher möglicherweise etwas abstrakt klingt, erläutert. Patienten mit einer Lumbalstenose mit den typischen
Beschwerden einer Claudicatio spinalis und einer im MRI
nachgewiesenen Einengung im Bereich der lumablen Wirbelsäule werden operiert, wenn konservative Massnahmen keinen
Erfolg zeitigen. Im Prinzip sind zwei Fakten zum Verlauf nach
einer Operation bekannt. Vergleicht man in einer randomisierten Studie die Ergebnisse des Kollektivs der operierten
Patienten mit den Ergebnissen der nicht operierten Patienten, so haben die operierten Patienten – im Mittel – weniger
Beschwerden wie die nicht operierten Patienten. Bei einem
Drittel bis fast zur Hälfte der Patienten, je nachdem welche
Studie man zitiert, verbessern sich die Beschwerden nach
einer Operation für den Patienten aber nicht merklich. Was
wir nicht wissen ist bei welchem Patienten eine Operation mit
grosser Wahrscheinlichkeit hilft und bei welchem Patienten
mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht.
Derzeit läuft in den Kantonen Zürich, Luzern und Thurgau
eine multizentrische Studie in der das Outcome bei Patienten
mit Lumbalstenose untersucht wird. Eine Frage, die wir uns in
dem multizentrischen Projekt stellen, lautet: Finden wir eine
Kombination von Patientencharakteristika (z.B. Alter des
Patienten, Schweregrad und Lokalisation der Stenose, Komorbiditäten) die eine korrekte Aussage ermöglichen mit welcher
Wahrscheinlichkeit – mit Sicherheit wird man das nie sagen
können – der Patient von einer Operation merklich profitiert.
Ein Ergebnis der Studie wird eine einfache Formel sein mit
der diese Wahrscheinlichkeit für den individuellen Patienten
berechnet werden kann. Die berechnete Wahrscheinlichkeit
ist wichtig um dem Patienten die für ihn beste Therapiemethode zu empfehlen.
Es wurden abertausende Studien publiziert in denen die
Aussagekraft diagnostischer Tests oder die Effekte verschiedener Therapien evaluiert wurden. Die Schwierigkeit ist, diese
Ergebnisse beim individuellen Patienten anzuwenden. Die
zentrale Herausforderung der klinischen Forschung ist innovative Methoden zu entwickeln und damit valide und relevante
Forschungsresultate zu generieren die den Arzt in seiner zentralen Aufgabe unterstützen. Seine zentrale Aufgabe ist mit
möglichst wenig Ressourcen korrekte Aussagen zur Diagnose
und Prognose beim einzelnen Patienten zu machen.
Prof. Dr. med. Johann Steurer
Leiter des Horten Zentrums für praxisorientierte
Forschung und Wissenstransfer, Universität Zürich.
Die Aufgaben des Horten Zentrums sind die Schaffung
praxisrelevanten Wissens vor allem im Bereich der
Diagnostik, und die Zusammenfassung praxisrelevanter
Originalarbeiten, die auf www.evimed.ch publiziert
werden.
63–2014
en
zu
lä
ss
ig
!
­­5
Zerrungen
7e
r-
Pa
ck
un
g
ka
ss
Bei Verstauchungen
und Prellungen
mit Bluterguss
oder Schwellung
Für eine schnellere Rückbildung von Bluterguss oder Schwellung. Lindert den Schmerz und hemmt
die Entzündung. Einfach in der Anwendung für eine bessere Compliance. Auch nachts wirksam.
Z: diclofenacum epolaminum (Pflaster 1,3 g DHEP pro 100 g Gelatum), heparinum natricum 5’600 IE. Liste D. I: Schmerzhafte und
entzündliche Zustände mit Hämatomen/Ödemen infolge stumpfen Traumata. D: 1 Pflaster/Tag. KI: Gesicherte Überempfindlich keit gegen die Wirkstoffe; offene Wunden; Schwangerschaft 3. Trimenon. UW: Juckreiz, Rötung. IA: Keine bekannt. P: Verpackung
mit 7 oder 10 Pflastern.
IBSA Institut Biochimique SA, Headquarters and Marketing Operations, Via del Piano, CH-6915 Pambio-Noranco, www.ibsa.ch
Bewegt Menschen.
­­6
Julio SaNCHEZ, Britta Maurer
KASUISTIK
Pleuroperikarditis mit überraschender
Diagnose
Das Ursachenspektrum der Pleuroperikarditis ist breit und beinhaltet u.a. Infektionen, Medikamente, Drogen,
Stoffwechselerkrankungen, Bestrahlung, Neoplasien, St. n. Myokardinfarkt und Herzoperation. Eine weitere wichtige
Differenzialdiagnose sind rheumatologische Systemerkrankungen, insb. Kollagenosen (v.a. systemischer Lupus
erythematosus) oder Vaskulitiden.
Fallbeschreibung
Extraintestinale Manifestationen der Sprue
Die 54-jährige Patientin wurde uns aktuell ambulant zugewiesen zur weiteren Abklärung einer Pleuroperikarditis unklarer
Genese.
Haut
– Dermatitis herpetiformis during
– Alopezie
Mund(-schleimhaut)
– Zahnschmelzhypoplasie
– Rezidivierende aphthöse Stomatitis
Nervensystem
– Ataxie
– Transverse Myelitis/Devic Disease
– Epilepsie
– Periphere Polyneuropathie
Herz
– Rezidivierende Perikarditis
– Dilatative Kardiomyopathie
Leber
– Isolierte Transaminasenerhöhung
– PBC
Schilddrüse
– Hypo-/Hyperthyreose
Muskuloskeletal
– Arthralgien/Arthritiden
– Myalgien/Myositis/Myasthenia gravis
Gefässe
– Vaskulitis
Im Oktober 2013 hatte die Patientin akute, thorakale Schmerzen mit Exazerbation bei tiefer Inspiration und Fieber (> 38°C)
entwickelt. Es bestand ein eingeschränkter Allgemeinzustand.
Zur weiterführenden Abklärung wurde die Patientin in einem
regionalen Spital hospitalisiert. Das vom Hausarzt mitgegebene
Labor zeigte eine Leukozytose und eine CRP-Erhöhung von 149
mg/l. Das Notfallabor im Spital wies zusätzlich eine Troponinerhöhung bei normaler CK, CK-MB und nicht erhöhten
D-Dimeren nach. Nierenretentionsparameter und TSH waren
normal. Im EKG zeigten sich generalisierte ST-Hebungen.
CT-tomographisch fanden sich keine Hinweise für eine Lungenembolie, eine thorakales Aortenaneurysma oder eine Pneumonie, hingegen fielen beidseitige Pleuraergüsse und eine Perikarderguss auf. Echokardiographisch konnte eine hämodynamische
Relevanz des zirkulären Ergusses ausgeschlossen werden. Nach
infektiologischem Workup wurde eine empirische Therapie
mit NSAR und initial Co-Amoxicillin i.v. eingeleitet, welche
aufgrund von im Verlauf weiter steigender humoraler Entzündungsparameter und Fieberpersistenz auf Piperazillin/Tazobac umgestellt wurde. Die mikrobiologischen Untersuchungen
von Blut, Sputum und des Pleurapunktats (Exsudat) blieben
negativ, und zytologisch wurden keinen malignen Zellen nachgewiesen. Im Verlauf wurde aufgrund des Nichtansprechens
der Therapie mit NSAR und Antibiotika nach mehrfachen
therapeutischen Pleurapunktionen erst eine Pleuradrainage eingelegt und später wegen Abkapselungszeichen zusätzlich noch
Urokinase installiert. Im Rahmen weiterer differenzialdiagnostischer Überlegungen wurden dann noch ANA (1: 80) und
ANCA (negativ) bestimmt. Als Ultima ratio wurde dann Prednison in absteigender Dosierung (initial 50mg/d) verabreicht,
worunter es zu einem raschen klinischen Ansprechen mit auch
Rückgang der Entzündungsparameter kam.
Aufgrund des Ansprechens auf Corticosteroide und des ANATiters wurde uns die Patientin dann mit der Frage nach einer
systemischen Autoimmunerkrankung, insbesondere nach
einer Kollagenose zugewiesen. Eine detaillierte Anamnese
und sorgfältige klinische Untersuchung konnten diesen Verdacht nicht unterstützen, obwohl der ANA-Titer mittlerweile
Tab. 1
mit 1 : 640 deutlich erhöht war, allerdings ohne Nachweis von
spezifischen Auto-AK. Aufschlussreich war hingegen die
persönliche Anamnese der Patientin: Seit Mai 2011 litt sie
unter einer chronisch-rezidivierenden Diarrhö, welche damals
als lymphozytäre Hemikolitis links beurteilt und mit Asacol
vermeintlich erfolgreich behandelt worden war. Anfang 2013
kam es zu einem Rezidiv mit Gewichtsverlust von 15 kg in 4
Monaten. Im Mai 2013 wurde eine Behandlung mit Budenofalk begonnen. Die Patientin selbst stellte zusätzlich die
Ernährung auf lactose- und glutenfreie Produkte um, was im
Verlauf zu einer kompletten Beschwerdefreiheit führte. Ein
Re-Expositionsversuch seitens der Patientin führte innert
Wochen zum erneuten Auftreten der Diarrhö i. S. einer Steatorrhö und zu abdominellen Beschwerden. Zum Zeitpunkt
der Hospitalisation der Patientin aufgrund der Pleuroperikarditis war sie von abdomineller Seite beschwerdefrei, und das
Gewicht hatte sich stabilisiert.
In Zusammenschau aller vorliegenden Befunde interpretierten
wir die Pleuroperikarditis am ehesten i. R. einer Sprue, einer
glutensensitiven Autoimmunerkrankung des Dünndarms, die
63–2014
­­7
Abb. 1: Gastroskopiebefunde. A+B) Sprue. C) Normalbefund.
genetisch prädisponierte Individuen (90 % Positivität für
HLA-DQ2/8) betrifft und eine weltweite Prävalenz von zirka
1% aufweist (Gujral N, et al. World J Gastroenterol 2012).
Dies wurde neben der typischen Anamnese noch unterstützt
durch den serologischen Nachweis eines erhöhten Titers für
Anti-Gliadin deamidiertes IgA. Rezidivierende Perikarditiden
(Laine LA, et al. JAMA 1984) gehören zu den zahlreichen
extraintestinalen Manifestationen der Sprue (Tab. 1), die
z. T. auf IgA-Ablagerungen in den entsprechenden Organen
zurückgeführt werden (Gujral N, et al. World J Gastroenterol 2012). Interessant ist auch die Assoziation der Sprue mit
weiteren Autoimmunerkrankungen (Tab. 2) (Gujral N, et al.
World J Gastroenterol 2012). In diesem Zusammenhang wird
auch diskutiert, ob die lymphozytäre (= mikroskopische oder
Kollagen-Colitis) auch eine Manifestation der gluten-sensitiven Enteropathie (McCashland TM, et al. J Clin Gastroenterol
1992) oder lediglich ein assoziiertes Krankheitsbild darstellt.
Die Abklärung bezüglich einer Sprue beinhaltet neben der
Erhebung anamnestischer und klinischer Befunde als ersten
Screeningschritt die Auto-AK-Serologie, die später auch zur
Evaluation des Therapieansprechens bzw. der Glutenkarenz
Zur Verfügung gestellt von P. Bauernfeind
als Verlaufsparameter herangezogen werden kann (Tab. 3).
Anti-Gliadin-AK haben eine niedrige Sensitivität und Spezifität und sollten aufgrund der hohen falsch-positiven Rate nicht
zum Screening benutzt werden (American Gastroenterological
Association medical position statement: Celiac Sprue. Gastroenterology 2001). Die Durchführung einer Gastroskopie mit
Dünndarmbiopsie zum Nachweis eines erhöhten intraepithelialen Infiltrats (histologisch Grad A) und evtl. einer partiellen
(Grad B1) oder kompletten Zottenatrophie (Grad B2) ist
immer noch Goldstandard (Hopper AD, et al. Clin Gastroenterol Hepatol 2007; Corazza GR, et al. J Clin Pathol 2005).
Genetische Tests für HLA-DQ2 oder HLA-DQ8 sind nicht
Teil der Routinediagnostik, können aber bei Negativität von
Auto-AK- oder Histologiebefunden und weiterhin bestehendem Vd. a. eine Sprue zur weiteren Abklärung durchgeführt
werden, da der negativ-prädiktive Wert sehr hoch ist (Kaukinen K, et al. Am J Gastroenterol 2002). Dies trifft auch für
das empfohlene Screening bei Verwandten ersten Grades bei
bioptisch gesicherter Sprue zu, bei denen die Prävalenz mit
20% deutlich erhöht ist (Freeman HJ. World J Gastroenterol
2010). Allerdings sollte auch hier primär ein Auto-AK-Screening durchgeführt werden.
Assoziierte Erkrankungen
Evtl. Glutenabhängig (IgA-Ablagerungen)
Unabhängig von Gluten
– Typ I Diabetes
– Autoimmunthyreoditis
– Autoimmunhepatitis
– Sjögren-Syndrom
– IgA-Nephropathie
– M. Addison
– Autoimmune atrophische Gastritis
– Autoimmun vermittelte Zytopenien
– Down-Syndrom
– Turner-Syndrom
– Williams-Syndrom
– Kongenitale Herzfehler
– IgA-Mangel
Tab. 2
­­8
KASUISTIK
Therapeutisch empfiehlt sich eine strenge, lebenslange glutenfreie Diät (Haines ML, et al. Aliment Pharmacol Ther 2008),
d.h. ein Glutengehalt der täglich aufgenommenen Nahrung
von <(10-)50mg/d (zum Vgl.: 25g Brot = 1.6 g Gluten). Zu
berücksichtigen ist die interindividuelle sehr unterschiedliche
Sensitivität. Während in der Regel Dosen <50mg/d als aus-
reichend erachtet werden, gibt es jedoch auch sehr viel sensitivere Patienten (Catassi C, et al. Am J Clin Nutr 2007), was
unter Umständen bei der Einhaltung der Diät problematisch
ist, da beispielsweise von der FDA (August 2011) Nahrungsmittel mit eine Glutengehalt <20 ppm als «glutenfrei» deklariert werden dürfen.
Auto-Antikörper-Diagnostik
Test
Sensitivität %
Spezifität %
Kommentare
IgA anti-TG-AK
>95.0
>95.0
Empfohlen als First-Level-Screening-Test
IgG anti-TG-AK
13–99
86–100
Hilfreich in Patienten mit IgA-Defizienz
IgA anti-endomysiale AK
>90.0
98.2
Hilfreich in Patienten mit unsicherer Diagnose
IgA DGP-AGA
84.3%
79.8
Hilfreich in Patienten mit unsicherer Diagnose
IgG DGP-AGA
82.3%
79.8
Hilfreich in Patienten mit unsicherer Diagnose bzw.
mit IgA-Defizienz
IgG AGA
57–78
71–87
Nicht empfohlen
IgA AGA
55–100
71–100
Nicht empfohlen
Tab. 3
63–2014
­­9
SANDRA BLUMHARDT
Stosswellentherapie
Die Stosswellentherapie ist seit Jahrzehnten bekannt, anfangs wurde sie hauptsächlich in der Nierensteinbehandlung
angewendet. Gute Indikationen bestehen auch im Bereich des Bewegungsapparates bei Schmerzen der Sehnenansätze,
bei Verkalkungen oder Pseudoarthrosen. Für den Einsatz am Bewegungsapparat stehen zwei verschiedene Typen von Stosswellen zur Verfügung. Im Folgenden werden die beiden Typen erklärt und die jeweiligen Indikationen dafür aufgezeigt.
Die Stosswelle ist eine akustische Welle, welche einen hohen
Druck aufbaut. Diese akustische Druckwelle wandert in das
Gewebe und entfaltet dort seine Wirkung. Der hohe Druck verursacht im Gewebe Scherkräfte, welche der Patient als Schmerzen empfindet. Das Stosswellengerät sendet je nach Einstellung
zwischen 3 –10 Druckimpulse pro Sekunde in das Gewebe. Eine
Sitzung dauert zirka 10 Minuten, das heisst insgesamt werden
zirka 2000 –3000 Stosswellen-Impulse pro Sitzung appliziert.
Zwei verschiedene Stosswellentypen müssen
unterschieden werden
1. Die eigentliche, fokussierte, hochenergetische Stosswelle
mit sehr raschem Anstieg der Welle und sehr hohem Druck
(100 – 1000 bar)
Diese Stosswelle enthält eine sehr hohe Energie. Ausserdem
kann die Stosswelle auf wenige Millimeter genau fokussiert
werden. Diese Stosswelle wird hochenergetische, fokussierte
Stosswelle genannt. Diese Therapie eignet sich vor allem für
klar umschriebene Therapieziele, welche auch in der Tiefe
liegen können (z.B. Verkalkungen, Pseudoarthrose, Sehnenansätze). Idealerweise sind die Geräte der fokussieren Stosswellen direkt gekoppelt an ein Ultraschall- oder RöntgenBV-Gerät, sodass das Therapieziel exakt eingestellt und auch
während der Therapie kontrolliert werden kann. Bei der
fokussieren, hochenergetischen Stosswellentherapie werden 3
Sitzungen im Abstand von 1–2 Wochen durchgeführt.
Applikator fokussierte Stosswelle
Die Stosswelle
Die Stosswellen werden manchmal mit Ultraschallwellen verglichen. Der Unterschied besteht darin, dass beim Ultraschall
Wellen mit einer Frequenz oberhalb des Hörfrequenzbereiches
(über 16kHz) erzeugt werden, der Ultraschall ist also nicht
hörbar. Ausserdem wird keine schmerzhafte Druckwelle erzeugt, das heisst, der Ultraschall ist schmerzlos.
Fokussiertes Stosswellengerät, gekuppelt mit BV und Ultraschall
STATE OF THE ART
­­10
STATE OF THE ART
2. Die radiale Druckwelle (welche meist auch Stosswelle
genannt wird) mit langsamem Anstieg und geringem Druck
(1 –10 bar)
Sie breitet sich radiär aus, so wie sich die Wellen ausbreiten, wenn
man einen Stein ins Wasser wirft. Diese Druckwelle wird radiäre Druckwelle genannt. Diese Therapie eignet sich vor allem
für grossflächige Therapieziele, welche an der Hautoberfläche
liegen (z.B. Myogelosen, ev. auch Sehnenansätze). Diese Geräte sind meist kleiner, der Druckwellenapplikator wird in der
Hand gehalten. Pro Woche werden 2 – 3 Sitzungen, im Total
8 –10 Sitzungen durchgeführt.
Häufige Indikationen für eine Stosswellentherapie
Sehnenansätze
y
Epikondylopathia (radialis und ulnaris)
Applikator radiale Ausbreitung
y
Fasciitis plantaris
yAchillodynie
y
Tuberositas tibiae
yPatellaspitze
y
Radiales Stosswellengerät
Trochanter major-Schmerzsyndrom
63–2014
­­11
Verkalkung in Weichteilen
y Periarthropathia humeroscapularis calcarea
Frakturen
yPseudoarthrose
y Verzögerte Frakturheilung
yInsuffizienzfraktur
Der Wirkmechanismus
Eine vollständige Erklärung des Wirkmechanismus gibt es
bis heute noch nicht. Es werden einige Hypothesen diskutiert. Gemäss mechanistischem Wirkungsmodell kommt es zu
mechanischen Scherkräften und damit zu einer Mikroläsion
im Zielbereich. Zum Beispiel konnte durch die Stosswellentherapie eine Läsion der Kortikalis gezeigt werden, darauf
folgen osteoinduktive Reparationsprozesse. Es kommt zu einer
Angioneogenese, ausserdem werden Stickstoffmonoxid, vessel
endothelial growth factor (VEGF) und bone morphogenic protein (BMP) freigesetzt. Stammzellen werden stimuliert (Proliferation, Diffenzierung). All dies führt letztendlich zu einem
Umbauprozess im therapierten Gewebe.
Literatur
1
Wess, O.: Physikalische Grundlagen der extrakorporalen Stosswellentherapie.
Journal für Mineralstoffwechsel, 2004;11 (4):7-18
2
Dreisilker, Ulrich: Stosswellentherapie in der Praxis,
Enthesiopathien, ISBN 978-3-9813839-0-4
3
Gleitz, Markus: Stosswellentherapie in der Praxis,
Myofasziale Syndrome und Triggerpunkte,
ISBN 978-3-9813839-4-2
4
Rompe, J.-D. et al: Muskuloskeletale Stossswellenapplikation – aktueller Stand der klinischen Forschung zu
den Standardindikationen.
Z Orthop 2002; 140:267-274. Georg Thieme Verlag
Stuttgart. ISBN 0044-3220.
5
Schaden, W. et al: Extrakorporale Stosswellen-Therapien (ESWT) aus der Sicht der Traumatologie.
J. Miner. Stoffwechs 4/2004.
6
Gerdesmeyer, L. et al: extracorporeal shock wave
therapy for the treatment of chronic calcifying tendonitis of the rotator cuff, a randomized controlled trial.
JAMA, November 19, 2003- Vol 290. No 19
7
Buchbinder, R. et al: Systematic review of the efficacy
and safety of shock wave therapiy for lateral elbow
pain.
J Rheumatol 2006; 33:1351-63.
8
Huisstede BM et al.: Evidence for effectiveness of
extracorporal shock-wave therapy (ESWT) to treat
calcific and non-calcific rotator cuff tendinosis – a systematic review. Man Ther. 2011 Oct; 16(5):419-33. doi:
10.1016/j.math.2011.02.005.
Epub 2011 Mar 10. Review.
9
Romeo P et al: Extracorporeal Shock Wave Therapy
in Musculoskeletal Disorders:
A Review. Med Princ Pract 2014; 23: 7–13.
10Wang FS et al: Extrakorporeal shock wave promotes
growth and differentiation of bonemarrow stromal
cells towards osteoprogenitors associated with induction of TFG-beta-1.
The Journal of Bone and Joint Surgery 2002 April;
Vol 84 B, No 3.
­­12
Caroline Moser, Adrian Ciurea, Manuela di chiara, oliver distler
STATE OF THE ART
Zwei neue
Basistherapeutika
Tofacitinib (Xeljanz®) ist ein kleines Molekül mit grosser Wirkung auf der Suche nach seinem tatsächlichen
Stellenwert bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Belimumab (Benlysta®) empfohlen bei immunmodulatorischen
Therapien beim systemischen Lupus erythematodes.
Caroline Moser, Adrian Ciurea
Xeljanz®
Mit der Markteinführung von Tofacitinib (Xeljanz®) zur
Behandlung der rheumatoiden Arthritis im Sommer 2013
musste auch die Nomenklatur der Basistherapeutika geändert
werden (Tab. 1). Denn das neue synthetisch hergestellte Präparat unterscheidet sich von den konventionellen Basistherapeutika dadurch, dass es gezielt eine spezifische Molekularstruktur
angreift (targeted synthetic DMARD)1. Somit kann es auch
nicht der Gruppe der biotechnologisch hergestellten Präparate
(Biologika) zugerechnet werden.
Tofacitinib ist ein nicht-selektiver Hemmer von Janus-Kinasen (JAK1, JAK2, JAK3, Tyk2), welche als Zelloberflächenrezeptor-Tyrosinkinasen die intrazelluläre Signalübermittlung
durch Zytokinrezeptoren blockieren2. Das chemisch hergestellte Präparat verhindert die nachfolgende Phosphorylierung
von STAT-Proteinen und deren Translokation in den Zellkern.
Somit wird die Zytokin-induzierte Transkription unterschiedlicher Gene blockiert (Figur 1). Dies führt zu einer verminderten Aktivierung, Proliferation und Funktion von Lymphozyten.
Die Wirkung von Tofacitinib wurde in zwei unterschiedlichen
Dosierungen (2 x 5 mg und 2 x 10 mg täglich) bei Patienten mit
mittelschwerer bis schwerer rheumatoider Arthritis in einem
grossen Phase III Programm untersucht. Tofacitinib wurde
entweder als Monotherapie oder als Kombinationstherapie mit
einem konventionellen Basistherapeutikum (meistens Methotrexat (MTX)) verabreicht. Die verschiedenen Studien wurden
bei MTX-naiven Patienten, sowie bei Patienten welche ungenügend auf eine Behandlung mit DMARDs und /oder TNFHemmer angesprochen hatten, durchgeführt. Eine signifikante
Besserung gemäss den ACR20 Kriterien konnte gegenüber
Plazebo bzw. gegenüber Placebo+MTX erreicht werden2. Die
ACR20-Response-Raten in einem Teil dieser Studien und
in einer Dosierung von 2 x 5 mg sind in Figur 2 zusammengefasst 3–6. Zwar wurde in einer Studie ein Adalimumab-Behandlungsarm mitgeführt, das Design dieser Studie ermöglicht
jedoch keinen direkten Vergleich bezüglich Wirksamkeit zwischen Tofacitinib und diesem TNF-Hemmer 5. Die Hemmung
der radiologischen Progression wurde in der ORAL Scan-Studie untersucht 3. Der primäre Endpunkt – die mittlere Änderung des totalen modifizieren Sharp/van der Heijde-Scores nach
6 Monaten – war geringer in beiden Tofacitinib-Dosierungsgruppen im Vergleich zu Plazebo. Die Signifikanz für die 5 mg
Dosierungsgruppe wurde jedoch nur knapp verfehlt. Die Publikation anderer laufenden Studien zur Hemmung von strukturellen Läsionen bleibt abzuwarten.
Basistherapeutika
Synthetische Basistherapeutika
Biotechnologische Basistherapeutika
(Biologika)
Konventionelle
synthetische
Basistherapeutika
Gezielte synthetische
Basistherapeutika
Original-Biologika
Methotrexat
Tofacitinib
Adalimumab
Leflunomid
Infliximab
Sulfasalazin
Etanercept
Hydroxychloroquin
Golimumab
Äquivalente Biologika
= Biosimilars
Certolizumab
Abatacept
Tocilizumab
Rituximab
Tab. 1: Neue Nomenklatur der Krankheits-modifizierenden Antirheumatika (DMARDs)
am Beispiel der in der Schweiz für die rheumatoide Arthritis zugelassenen Präparate.
63–2014
­­1­­133
Hinsichtlich Nebenwirkungen, konnte unter Tofacitinib im
Vergleich zu Plazebo eine erhöhte Rate von schweren Infektionen (opportunistische Infekte und Tuberkulosefälle eingeschlossen) festgestellt werden. Die Infektrate war vergleichbar mit derjenigen unter verschiedenen Biologika, inklusive
TNF-Hemmer. Auch zeigte sich eine relativ hohe Anzahl an
Herpes Zoster-Reaktivierungen. Eine Anämie und Neutropenie ist unter Tofacitinib möglich, diese sind in den meisten
Fällen geringgradig und häufig stabil über die Zeit. Eine Dosisabhängige Erhöhung der Lipidwerte und einzelne Fälle einer
Darmperforation sind beschrieben.
Das Wirkung-Nebenwirkungsprofil wurde von verschiedenen
Zulassungsbehörden unterschiedlich beurteilt. Während das
Präparat in den USA und in der Schweiz zugelassen wurde,
kam das EU-Zulassungskommittee vorerst zum Schluss dass
die bisher fehlende robuste Evidenz für eine Verhinderung
der röntgenologischen Progression in der vorgeschlagenen
Dosierung die ungelösten Sicherheitsbedenken nicht gänzlich
wettzumachen vermögen.
In der Schweiz ist Tofacitinib (Xeljanz®) mit folgender Limitatio auf der Spezialitätenliste aufgeführt: Als Monotherapie oder
Kombinationstherapie mit einem krankheitsmodifizierenden
nicht biologischen Antirheumatikum (einschliesslich Methotrexat) bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer rheumatoider Arthritis, bei denen eine vorherige Therapie
mit Methotrexat nicht angesprochen hat oder nicht vertragen
wurde. Die Therapie bedarf der Kostengutsprache durch den
Placebo + DMARD/MTX
Krankenversicherer nach vorgängiger Konsultation des Vertrauensarztes. Als Kontraindikationen gelten aktive schwere
Infektionen sowie eine schwere Leberinsuffizienz. Während
der Schwangerschaft (teratogene Wirkung im Tierversuch) und
der Stillzeit sollte Tofacitinib nicht angewandt werden.
Die empfohlene Dosis ist 5 mg morgens und abends mit
einer möglichen Steigerung je nach klinischem Ansprechen
auf maximal 2 x 10 mg täglich. Eine Packung Xeljanz® mit
Zytokin
T-Lymphozyt
Rezeptor
JAK JAK
Tofacitinib
STAT
Zellkern
STAT-P
STAT-P
Figur 1: Wirkmechanismus von Tofacitinib.
TOFA 5 mg + DMARD/MTX
ACR20-Response-Rate (%)
90
80
70
MTXVersager
DMARDVersager
MTXVersager
52%
53%
52%
60
50
TNF-HemmerVersager
42%
40
30
25%
31%
28%
24%
20
10
0
Scan (6Mo)
Sync (6Mo)
Standard (6Mo)
Step (3Mo)
Ref. 3
Ref. 4
Ref. 5
Ref. 6
Name und Dauer der Studie
Figur 2: ACR20-Responseraten von Tofacitinib in einer Dosierung von 2 x 5 mg täglich
in verschiedenen Phase-III-Studien nach Versagen einer konventionellen Basistherapie oder
einer TNF-Blockade.
­­14
STATE OF THE ART
56 Tabletten à 5 mg kostet derzeitig CHF 1895.50 (Jahreskosten
von CHF 24’710.–). Vor Therapiebeginn sind der serologische
Ausschluss einer chronischen Hepatitis B und C sowie einer
HIV-Infektion und ein Tuberkulosescreening nötig. Bei positivem Mantoux-Test >5 mm beziehungsweise positivem Tuberkulose-Interferon-gamma-Release-Assay und/oder radiologisch Tuberkulose-Residuen wird eine Isoniazid-Prophylaxe
für 9 Monate empfohlen (Beginn mindestens 4 Wochen vor
Einleitung der Immunsuppression mit Tofacitinib). Im Behandlungsverlauf sind regelmässige Laborkontrollen notwendig
(Entzündungswerte, Blutbild, Transaminasen, Lipidprofil). Die
Behandlungsempfehlungen der schweizerischen Gesellschaft
für Rheumatologie sind unter www.rheuma-net.ch zusammengefasst. Interaktionen sind mit folgenden Medikamenten zu
beachten: Ketokonazol, Fluconazol, Cyclosporin, Rifampicin, Chloroquin. Es besteht hingegen keine Interaktion mit
Methotrexat. Daten zu Kombinationsbehandlungen von Tofacitinib mit Biologika fehlen. Wegen der Gefahr eines weiteren
Anstiegs des Infektionsrisikos sollte eine solche Kombination
vermieden werden.
Der genaue Platz von Tofacitinib im Behandlungsalgorhythmus
der rheumatoiden Arthritis kann aufgrund der aufgeführten
Daten noch nicht eindeutig definiert werden. Angesichts der
fehlenden Langzeiterfahrungen zu Wirkung und Sicherheit,
wird der Einsatz von Tofacitinib in den kürzlich angepassten
EULAR-Empfehlungen erst nach ungenügendem Ansprechen auf eine Behandlung mit Biologika aufgeführt7. «RealLife» Kohortenuntersuchungen werden hier eine besondere
Rolle spielen. Da Tofacitinib in Europa einzig in der Schweiz
zugelassen ist, erscheint ein Einschluss der mit diesem Präparat behandelten Patienten ins SCQM als besonders wichtig
(Jahreskontrolle bei Therapiebeginn, Zwischenkontrollen nach
3, eventuell 6 Monaten, danach Jahreskontrollen).
Referenzen
1
Smolen J et al. Ann Rheum Dis. 73:3-5, 2014.
2
Feist E, Burmester GR. Rheumatology 52:1352-7,
2013.
3
Van der Heijde D et al. Arthritis Rheum. 65:559-70,
2013.
4
Kremer J et al. Ann Int Med. 159:253-61, 2013.
5
Van Vollenhofen RF et al. New Engl J Med. 367:50819, 2012.
6
Burmester GR et al. Lanet 381:451-60, 2013.
7
Smolen J et al. Ann Rheum Dis. 73:492-509, 2014.
Manuela Di Chiara, oliver distler
Benlysta®
Der systemische Lupus erythematodes bezeichnet eine autoimmune Inflammation des Bindegewebes mit möglichem
Befall diverser Organe. Entsprechend den vielfältigen Manifestationen, richten sich die EULAR-Empfehlungen zum Krankheitsmanagement und der Behandlung nach dem systemischen
Befallsmuster und Schwere des Verlaufs. Entsprechend existieren keine Standard-Empfehlungen, sondern vielmehr Richtlinien, die sich an den individuellen Organmanifestationen
orientieren (Tab. 1)1
BlyS
TACI
BlyS
B-Zell
Apoptose
B-Zelle
Belimumab
BCMA
Plasma
Zellen
Autoreaktive
B-Zellklone
Antikörper
Produktion
Abb. 1: angepasst nach 2
BlyS (B lymphocyte stimulator) führt über TACI (transmembrane activator and calcium modulator and cyclophilin
ligand interactor) und BCMA (B cell maturation Antigen)
zur Bildung reaktiver B-Zellklone, Plasmazellen und
Antikörperbildung, was schliesslich über Antigen-Bindung
zum Gewebeschaden führt. Durch die hochaffine Bindung
von Belimumab an BlyS werden diese Vorgänge verhindert
und eine vermehrte B-Zellapoptose eingeleitet.
Im Alltag überwiegt der Einsatz von Hydroxychloroquin,
Steroiden, Methotrexat und Imurek. Bis vor kurzem war
kein Medikament mit expliziter Indikation zu Behandlung
des systemischen Lupus erythematodes verfügbar.1 Seit Juni
2012 ist Belimumab (Benlysta®) in der Schweiz als Zusatztherapie zugelassen. Es handelt sich dabei um einen vollständig
humanen Antikörper gegen den B-Lymphozyten-Stimulator
(BLyS), durch dessen Bindung die Apoptose der B-Zellen
gefördert und die Differenzierung zur Plasmazelle gehemmt
wird (Abb. 1)2
Die B-Zell Aktivität rückte in den letzten Jahren vermehrt ins
Zentrum des Interesses als Angriffspunkt der immunmodulierenden Therapie, da die Pathomechanismen verschiedener
62–2013
­­1­­155
Autoimmunerkrankungen auf Fehlregulation der Zellaptoptose mit Autoreaktivierung der B-Zellen über den B-Zell
Rezeptor (BCR) durch Bindung von Zellkernbestandteilen
basieren. Diese Vorgänge tragen auch zur Bildung der Lupusspezifischen «Anti-native DNA» Antikörper bei.2,3
Bei Patienten mit serologisch und klinisch aktivem Lupus
erythematodes unter etablierter «Standard» Therapie (Steroide, NSAR, Antimalaria und Immunsuppressiva) trat unter der
Behandlung mit Belimumab gegenüber Plazebo eine Besserung
der Allgemeinsymptome (Fieber und Fatigue), der Arthralgien,
Alopezie und Hauteffloreszenzen auf und es gelang eine
Steroidreduktion. Auch wurde eine Stabilisierung des Krankheitsverlaufs beobachtet mit weniger schweren und seltener
auftretenden Schüben. Die Wirkung trat im Schnitt nach 16–24
Wochen auf und konnte für die Dauer der Behandlung aufrechterhalten werden.5,6
Belimumab ist kassenzulässig bei erwachsene Patienten mit
serologisch aktivem SLE (ANA >1:80 und/oder anti-dsDNA
>30IU/ml), die trotz Basistherapie (Prednison, Antimalaria,
Immunsuppressiva) eine hohe Krankheitsaktivität aufweisen
(anti-dsDNA >30 IU/ml und/oder Komplementerniedrigung
C3 <90mg/dl, C4 <16mg/dl). Für Patienten mit schwerem ZNSoder Nierenbefall bestehen noch keine Daten zur Sicherheit
und Wirksamkeit.
Belimumab wird in einer Dosis von 10 mg/Kg Körpergewicht
nach 0, 14, und 28 Tagen als Infusion über eine Stunde verabreicht, danach in vierwöchigem Intervall. In seltenen Fällen
traten verzögerte «Infusionsreaktionen» ähnlich einer Soforttyp-Reaktion vor allem nach den ersten Infusionen auf. Die
SGR (www.rheuma-net.ch) empfiehlt daher eine Überwachung
während vier Stunden nach Beendigung der ersten beiden
Belimumab-Infusionen. Zusätzlich profitieren die Patienten
von einer Prämedikation mit Steroiden und Antihistaminika
und erhalten sicherheitshalber ein Notfall-Set mit nach Hause.
Das Risikoprofil des Medikamentes ist vergleichbar mit
den geläufigen Biologika (TNF-alpha Hemmer, Actemra,
Orencia usw.), wobei die häufigsten und teilweise schwerwiegend verlaufenden Komplikationen die Infekte sind. Im
Rahmen der präklinischen Studien wurden einzelne Todesfälle
in Folge schwerer Infektionen gemeldet, die allerdings gleich
häufig in der Plazebo-Gruppe auftraten.5,6
Es besteht eine erst dreijährige Erfahrung mit dem Medikament, und durch die Zulassungslimitationen können Patienten
erst unter ausgebauter Therapie für die Umstellung auf Belimumab rekrutiert werden. In Zukunft müssen weitere Studien
zeigen, ob Patienten auch von einer früheren Anwendung
von Belimumab gegenüber herkömmlichen Immunsuppressiva profitieren. Studien mit Belimumab zur Behandlung der
aktiven Lupusnephritis sowie zur Behandlung von Kindern mit
SLE werden derzeit durchgeführt.
Empfehlung
Therapie des unkomplizierten
SLE ohne schwere Organmanifestationen
Antimalaria und/oder Steroide zeigen einen Effekt und können eingesetzt werden. NSAR dürfen nach Ermessen
für kurze Dauer bei Patienten mit geringem Risiko für deren Nebenwirkungen eingesetzt werden. Bei Patienten
ohne therapeutisches Ansprechen oder Patienten ohne erfolgreiche Steroidreduktion auf eine akzeptable Dosis
für eine Langzeittherapie sollten auch Immunsuppressiva wie Azathioprin, Mycophenolat Mofetil und
Methotrexat erwogen werden.
Therapie des neuropsychiatrischen SLE
Patienten mit neuropsychiatrischen Manifestationen entzündlicher Genese (N. opticus Neuritis, akute Desorientierung/Coma, kranielle oder periphere Neuropathie, Psychose, transverse Myelitis/Myelopathie) können von
einer Immunsuppressiven Therapie profitieren.
Therapie der Lupus Nephritis
Bei Patienten mit proliferativer Lupus Nephritis sind Steroide in Kombination mit Immunsuppressiva effektiv
gegen eine Progression zu einer terminalen Nephropathie. Ein Langzeiteffekt konnte nur für Cyclophosphamid
gezeigt werden, was allerdings mit erheblichen unerwünschten Nebenwirkungen einhergeht. In kurzen
und mittellangen Studien zeigte Mycophenolat Mofetil eine mindestens gleich gute Wirksamkeit verglichen
mit einer Puls-Cyclophosphamid Therapie bei günstigerem Toxizitäts-Profil: bei fehlendem Ansprechen nach
6 Monaten sollte eine Eskalation der Therapie diskutiert werden. Rezidive in der Remissionsphase sind nicht
selten und erfordern sorgfältige Nachkontrollen.
Tab. 1: EULAR Empfehlungen für die immunsuppressive Therapie des SLE, Februar 2008 (vor Zulassung Belimumab),
adaptiert von 1.
­­16
Referenzen
STATE OF THE ART
1Bertsias G, Ioannidis JP, Boletis J, Bombardieri S,
Cervera R, Dostal C, Font J, Gilboe IM, Houssiau F,
Huizinga T, Isenberg D, Kallenberg CG, Khamashta
M, Piette JC, Schneider M, Smolen J, Sturfelt G,
Tincani A, van Vollenhoven R, Gordon C, Boumpas
DT. Task Force of the EULAR Standing Committee
for International Clinical Studies Including Therapeutics. EULAR recommendations for the management
of systemic lupus erythematosus. Report of a Task
Force of the EULAR Standing Committee for International Clinical Studies Including Therapeutics.
Ann Rheum Dis 2008, 67(2):195-205.
2Chugh PK, Kalra BS. Belimumab: targeted therapy
for lupus.
Int J Rheum Dis 2013, 16(1):4-13.
3Mosak J, Furie R. Breaking the ice in systemic lupus
erythematosus: belimumab, a promising new therapy.
Lupus 2013, 22(4):361-71.
4Furie R, Petri M, Zamani O, Cervera R, Wallace DJ,
Tegzová D, Sanchez-Guerrero J, Schwarting A, Merrill JT, Chatham WW, Stohl W, Ginzler EM, Hough
DR, Zhong ZJ, Freimuth W, van Vollenhoven RF;
BLISS-76 Study Group. A phase III, randomized,
placebo-controlled study of belimumab, a monoclonal
antibody that inhibits B lymphocyte stimulator, in
patients with systemic lupus erythematosus.
Arthritis Rheum 2011, 63(12):3918-30.
5Stohl W, Hiepe F, Latinis KM, Thomas M, Scheinberg MA, Clarke A, Aranow C, Wellborne FR,
Abud-Mendoza C, Hough DR, Pineda L, Migone
TS, Zhong ZJ, Freimuth WW, Chatham WW, on
behalf of the BLISS-52 and BLISS-76 Study Groups.
Belimumab Reduces Autoantibodies, Normalizes
Low Complement Levels, and Reduces Select B Cell
Populations in Patients With Systemic Lupus Erythematosus.
Arthritis Rheum 2012, 64(7): 2328–2337.
6Hahn BH. Belimumab for Systemic Lupus Erythematosus.
N Engl J Med 2013, 368:1528-1535.
63–2014
NEU
2 x täglich – Stark – Verträglich
PALEXIA retard
®
Bei chronischen Schmerzen
Kassenzulässig
retard
Palexia ® retard (Tapentadol) I: Zur Behandlung von mittelstarken bis starken prolongierten Schmerzen bzw. bei ungenügender Wirksamkeit nicht-opioider Analgetika. D: Dosierung individuell dem
Schweregrad der zu behandelnden Schmerzen anpassen. Palexia® retard sollte zweimal täglich, ungefähr alle 12 Stunden eingenommen werden. Gesamtdosen von mehr als 500 mg Palexia® retard
wurden nicht untersucht und werden daher nicht empfohlen. KI: Überempfindlichkeit gegen Tapentadol oder einen sonstigen Bestandteil. Ausgeprägte Atemdepression, akutes oder starkes Bronchialasthma oder Hyperkapnie. Paralytischer Ileus. Akute Intoxikation durch Alkohol, Schlafmittel, zentral wirksamen Analgetika oder psychotropen Substanzen. Nicht therapeutisch kontrollierte Epilepsie.
VM: Entsprechend der Anwendung potenter Opioide in der Schmerztherapie ist die entsprechende medizinische Sorgfaltspflicht vorausgesetzt. IA: Die Einnahme von Palexia® retard ist bei gleichzeitiger
Einnahme von MAO-Hemmern kontraindiziert. Bei gleichzeitiger Anwendung von Substanzen, die ebenfalls auf das Zentralnervensystem wirken, ist mit einer gegenseitigen
Verstärkung zu rechnen. In Einzelfällen wurde im zeitlichen Zusammenhang mit der therapeutischen Anwendung von Tapentadol in Kombination mit serotoninergen Arzneimitteln über ein Serotonin-Syndrom berichtet. UW: Übelkeit, Schwindel, Erbrechen, Somnolenz, Kopfschmerzen, Appetitverlust, Angst, Verwirrtheit, Halluzinationen,
Schlafstörungen, abnormale Träume, Tremor, Erröten, Obstipation, Diarrhö, Verdauungsstörungen, Mundtrockenheit, Juckreiz, vermehrtes Schwitzen, Hautausschlag,
Muskelspasmen, Erschöpfung, Müdigkeit, Gefühl der Körpertemperaturveränderung. P: Palexia® retard 50 mg, 100 mg, 150 mg, 200 mg und 250 mg à 30 und 60 Filmtabletten. Kassenzulässig. Liste A+. Ausführliche Angaben siehe www.swissmedicinfo.ch. Grünenthal Pharma AG, 8756 Mitlödi, Tel. 055 647 31 31, www.palexia.ch
­­17
­­18
Kerstin Klein
FORSCHUNG
Bromodomän Proteine –
neue therapeutische Ziele
In den letzten Jahren rückte mit der Inhibierung epigenetischer «Reader» Proteine ein neuer Ansatz
in den Fokus der Entwicklung epigenetischer Therapien. Am vielversprechendsten scheint die Inhibierung
sogenannter BET Bromodomän Proteine zu sein. Vor Kurzem wurde die erste klinische Phase-I-Studie
mit einem BET Inhibitor begonnen.
Der epigenetische Code
Im Gegensatz zum genetischen Code der durch die DNASequenz festgelegt wird und der für jede Zelle gleich ist,
bestimmen epigenetische Mechanismen, welche Informationen
in einer Zelle abgelesen werden. Beim sogenannten epigenetischen Code handelt es sich um chemische Modifikationen an
der DNA oder an Seitenketten von Histonproteinen um die die
DNA gepackt ist, welche die Ladungseigenschaften der Chromatinstruktur verändern. Dadurch wird die DNA entweder
fester gepackt und unzugänglich, oder lockerer organisiert und
zugänglich für ein Ablesen während der Transkription.
Epigenetische Modifikationen werden durch sogenannte
«Writer» Proteine an der DNA oder an Seitenketten von
Histonproteinen angebracht. Diese werden von «Reader»
Proteinen erkannt. Die dritte Gruppe epigenetischer Faktoren beinhaltet «Eraser» Proteine, die Modifikationen wieder
entfernen (Abb. 1). Bisher konzentrierte sich die Forschung
hauptsächlich auf «Writer» und «Eraser» Proteine, während
die Bedeutung von «Reader» Proteinen unterschätzt wurde. Da
«Reader» Proteine weitere Coaktivatoren an Genpromotoren
rekrutieren und zum Teil auch selbst durch zusätzliche Histonmodifikationen die DNA weiter zugänglich für ein Ablesen
während der Transkription machen, sind sie bedeutende Faktoren der Genregulation.
BET Bromodomän Proteine
Im humanen Proteom sind bisher 41 Bromodomänproteine bekannt. Von besonderem Interesse ist das therapeutische Potenzial der Inhibierung einer Untergruppe von «Reader» Proteinen, sogenannten BET Bromodomänproteinen (BRD2, BRD3,
BRD4, BRDT). Dabei handelt es sich um Proteine mit zwei
Bromodomänen, die auf das Ablesen von Lysin-spezifischen
Histonmodifikationen spezialisiert sind. Diese Histonmodifikation ist generell mit einer offenen und für Transkriptionsaktivatoren zugänglichen Chromatinstruktur assoziiert.
Bromodomän Inhibitoren
Bisher verfügbare BET Inhibitoren (I-BET, JQ1) gehören zur
Gruppe der Benzodiazepine, deren Grundstruktur in bereits
zugelassen Medikamenten wie Alprazolam oder Triazolam
vorkommt. BET Inhibitoren wirken kompetitiv, das heisst sie
fungieren als Histonimitatoren und verhindern damit, dass
writer
reader
eraser
Histonmodifikation (Acetyliereng, Methylierung, Phosphorylierung, u.a.)
Histonkomplex mit DNA
Abb. 1: Epigenetische Modifikationen an Histonproteinseitenketten oder der DNA werden durch «Writer» Enzyme
angebracht. Diese werden durch «Reader» Proteine erkannt
und durch «Eraser» Proteine entfernt.
Bromodomänproteine an ihr Ziel an der DNA binden. Sowohl
I-BET als auch JQ1 sind sogenannte pan-Inhibitoren. Obwohl
ihre Affinität zu Bromodomänen innerhalb der BET Familie
variiert, werden alle BET Proteine inhibiert.
Basierend auf ersten Studien die die Wirksamkeit des BET
Inhibitors JQ1 gegen Plattenepithelkarzinome im Mausmodell
belegten1, wurde die Forschung hinsichtlich der Wirksamkeit
von BET-Inhibitoren in Krebserkrankungen intensiviert. Vor
Kurzem wurde die erste Phase-I-Studie mit dem BET-Inhibitor
I-BET762 zur Behandlung von diversen Tumoren begonnen
(www.clinicaltrials.gov; NCT01587703)2. Verschiedene Studien
lassen jedoch darauf schliessen, dass BET-Inhibitoren auch in
entzündlichen und Autoimmunerkrankungen eine hohe Wirksamkeit aufweisen.
Erste Hinweise auf das stark anti-inflammatorische Potenzial
von I-BET wurde 2010 in in vitro differenzierten Makrophagen beschrieben. So konnte gezeigt werden, dass I-BET die
63–2014
­­19
LPS- und TNF-a-induzierte Expression von Zytokinen und
Chemokinen in in vitro differenzierten Makrophagen hemmt.
Weiterführend konnten die Autoren zeigen, dass I-BET das
Überleben von Mäusen bei bakteriell-induzierter Sepsis und
Endotoxinschock verlängert und gleichzeitig die Ausschüttung
von IL6 reduziert 3. Vor Kurzem wurde auch die Wirksamkeit
des Inhibitors JQ1 in zwei Mausmodellen für Autoimmunerkrankungen beschrieben 4. Sowohl im Modell für experimentelle autoimmune Enzephalomyelitis (EAE), als auch im
Modell der Kollagen-induzierte Arthritis (CIA) wurde JQ1
therapeutisch, das heisst nach dem Einsetzen der Symptome
verabreicht. Bei beiden Modellen konnte eine protektive Wirkung der BET Inhibierung auf das Fortschreiten der Erkrankung sowie eine Verbesserung des klinischen Bildes festgestellt
werden. Einhergehend wurde eine Reduktion der Produktion
von ausgewählten Zytokinen wie IL21 und IL17 in behandelten
Mäusen festgestellt. In beiden Modellen wurden die Effekte auf
eine starke Hemmung der Differenzierung sowie der Funktion
von regulatorischen Th17 Zellen zurückgeführt 4, deren Beteiligung bei Autoimmunprozessen mittlerweile weit etabliert ist.
Weitere Effekte von BET-Inhibitoren auf andere Zelltypen ist
aufgrund der weit verbreiteten Expression von BRD2, BRD3
und BRD4 zu erwarten. Wir konnten die Expression dieser
Gruppe von BET Proteinen im Synovialgewebe von Patienten
mit rheumatoider Arthrits (RA) und Osteoarthrits sowohl in
synovialen Fibroblasten als auch in Makrophagen nachweisen. Die in vitro Behandlung von RA Fibroblasten mit I-BET
blockierte die Ausschüttung von inflammatorischen Zytokinen,
Chemokinen und Matrix-degradierenden Enzymen und reduzierte die Proliferation sowie chemotaktische Eigenschaften
der Zellen 5.
Schlussfolgerungen
Bisherige in vitro und in vivo Studien zeigen, dass das Blockieren von «Reader» Proteinen grundsätzlich in unterschiedlichen
Erkrankungen eine Therapiemöglichkeit darstellt. Dabei ist die
Inhibierung von BET Proteinen ein vielversprechender Ansatz.
Jedoch wurde die individuelle Rolle einzelner BET Proteine in
der Genregulation bisher kaum untersucht. Die meisten verfügbaren Daten stammen aus Experimenten mit pan-Inhibitoren.
Spezifische Inhibitoren für einzelne BET Proteine sind bisher
noch nicht verfügbar, deren Entwicklung steht aber auch im Interesse der pharmazeutischen Industrie. Zukünftige Forschungsarbeiten und klinische Studien werden zeigen, ob sich das hohe
Potenzial von BET Proteinen bewahrheitet.
Referenzen
1Filippakopoulos, P., Qi, J., Picaud, S., Shen, Y.,
Smith, W. B., Fedorov, O., Morse, E. M., Keates,
T., Hickman, T. T., Felletar, I., Philpott, M., Munro,
S., McKeown, M. R., Wang, Y., Christie, A. L., West,
N., Cameron, M. J., Schwartz, B., Heightman,
T. D., La Thangue, N., French, C. A., Wiest,
O., Kung, A. L., Knapp, S., and Bradner, J. E. (2010)
Nature 468, 1067-1073.
2Zhao, Y., Yang, C. Y., and Wang, S. (2013).
J Med Chem 56, 7498-7500.
3Nicodeme, E., Jeffrey, K. L., Schaefer, U., Beinke,
S., Dewell, S., Chung, C. W., Chandwani, R., Marazzi,
I., Wilson, P., Coste, H., White, J., Kirilovsky,
J., Rice, C. M., Lora, J. M., Prinjha, R. K., Lee,
K., and Tarakhovsky, A. (2010).
Nature 468, 1119-1123.
4Mele, D. A., Salmeron, A., Ghosh, S., Huang,
H. R., Bryant, B. M., and Lora, J. M. (2013).
J Exp Med 210, 2181-2190.
5Klein K., Gay R. E., Kolling C., Lin L.-L.,
Gay S., Ospelt C. The bromodomain protein inhibitor I-BET151 suppresses inflammatory and matrix
degrading properties of rheumatoid arthritis synovial
fibroblasts. (2013).
Arthritis Rheum 65, Suppl 10:1850.
­­20
Original- und Übersichtsartikel
PUBLIKATIONEN
Februar 2014 bis Mai 2014
Originalarbeiten
1.Dees C, Schlottmann I, Funke R, Distler A, Palumbo-Zerr
K, Zerr P, Lin NY, Beyer C, Distler O, Schett G, Distler
JH. The Wnt antagonists DKK1 and SFRP1 are downregulated by promoter hypermethylation in systemic sclerosis.
Ann Rheum Dis. 2013 [Epub ahead of print]
2.Beyer C, Reichert H, Akan H, Mallano T, Schramm A,
Dees C, Palumbo-Zerr K, Lin NY, Distler A, Gelse K,
Varga J, Distler O, Schett G, Distler JH. Blockade of
canonical Wnt signalling ameliorates experimental dermal
fibrosis.
Ann Rheum Dis. 2013 Jul;72(7):1255-8.
3.Tomcik M, Zerr P, Pitkowski J, Palumbo-Zerr K, Avouac
J, Distler O, Becvar R, Senolt L, Schett G, Distler JH.
Heat shock protein 90 (Hsp90) inhibition targets canonical
TGF-β signalling to prevent fibrosis.
Ann Rheum Dis. 2013 May 9. [Epub ahead of print]
4.Beyer C, Skapenko A, Distler A, Dees C, Reichert H,
Munoz L, Leipe J, Schulze-Koops H, Distler O, Schett
G, Distler JH. Activation of pregnane X receptor inhibits
experimental dermal fibrosis.
Ann Rheum Dis. 2013 Apr;72(4):621-5
5.Avouac J, Huscher D, Furst DE, Opitz CF, Distler O,
Allanore Y; EPOSS group. Expert consensus for performing right heart catheterisation for suspected pulmonary
arterial hypertension in systemic sclerosis: a Delphi consensus study with cluster analysis.
Ann Rheum Dis. 2014 Jan;73(1):191-7.
6.Schuberth PC, Hagedorn C, Jensen SM, Gulati P, van den
Broek M, Mischo A, Soltermann A, Jüngel A, Marroquin
Belaunzaran O, Stahel R, Renner C, Petrausch U. Treatment of malignant pleural mesothelioma by fibroblast
activation protein-specific re-directed T cells.
J Transl Med. [E-pub]
7.Neidhart M, Karouzakis E, Jüngel A, Gay RE, Gay S.
Inhibition of spermidine/spermine N1-acetyltransferase
(SSAT1) activity - a new therapeutical concept in rheumatoid arthritis.
Arthritis Rheumatol [Epub ahead of print] 2014
8.Ospelt C, Camici GG, Engler A, Kolling C, Vogetseder A,
Gay RE, Michel BA, Gay S. Smoking induces transcription
of the heat shock protein system in the joints.
Ann Rheum Dis [Epub ahead of print] 2014
9.Jordan S, Distler JHW, Maurer B, Huscher D, van Laar
JM, Allanore Y*, Distler O* on behalf of the EUSTAR
Rituximab study group. Effects and safety of Rituximab
in Systemic Sclerosis: An analysis from the European
Scleroderma Trial and Research group (EUSTAR).
*Contributed equally.
Ann Rheum Dis [E-pub ahead of print)]
10. Beyer C, Zenzmaier C, Palumbo-Zerr K, Mancuso R,
Distler A, Dees C, Zerr P, Huang J, Maier C, Pachowsky
ML, Friebe A, Sandner P, Distler O, Schett G, Berger P,
Distler JH. Stimulation of the soluble guanylate cyclase
(sGC) inhibits fibrosis by blocking non-canonical TGFβ
signalling.
Ann Rheum Dis. 2014 [Epub ahead of print].
11. Saketkoo LA, Mittoo S, Huscher D, Khanna D, Dellaripa
PF, Distler O, Flaherty KR, Frankel S, Oddis CV, Denton
CP, Fischer A, Kowal-Bielecka OM, Lesage D, Merkel PA,
Phillips K, Pittrow D, Swigris J, Antoniou K, Baughman
RP, Castelino FV, Christmann RB, Christopher-Stine L,
Collard HR, Cottin V, Danoff S, Highland KB, Hummers
L, Shah AA, Kim DS, Lynch DA, Miller FW, Proudman
SM, Richeldi L, Ryu JH, Sandorfi N, Sarver C, Wells
AU, Strand V, Matteson EL, Brown KK, Seibold JR.
Connective tissue disease related interstitial lung diseases
and idiopathic pulmonary fibrosis: provisional core sets of
domains and instruments for use in clinical trials.
Thorax. 2014 [Epub ahead of print].
12. Zerr P, Vollath S, Palumbo-Zerr K, Tomcik M, Huang J,
Distler A, Beyer C, Dees C, Gela K, Distler O, Schett G,
Distler JH. Vitamin D receptor regulates TGF-β signalling
in systemic sclerosis.
Ann Rheum Dis. 2014 [Epub ahead of print].
13. Distler A, Lang V, Del Vecchio T, Huang J, Zhang Y,
Beyer C, Lin NY, Palumbo-Zerr K, Distler O, Schett G,
Distler JH. Combined inhibition of morphogen pathways
demonstrates additive antifibrotic effects and improved
tolerability.
Ann Rheum Dis 2014 [Epub ahead of print].
14. Zhang Y, Dees C, Beyer C, Lin NY, Distler A, Zerr P,
Palumbo K, Susok L, Kreuter A, Distler O, Schett G,
Distler JH. Inhibition of casein kinase II reduces TGFβ
induced fibroblast activation and ameliorates experimental
fibrosis.
Ann Rheum Dis 2014 [Epub ahead of print].
15. Avouac J, Huscher D, Furst DE, Opitz CF, Distler O,
Allanore Y; for the EPOSS group. Expert consensus
for performing right heart catheterisation for suspected
pulmonary arterial hypertension in systemic sclerosis: a
Delphi consensus study with cluster analysis.
63–2014
­­21
Reviews
16. Ospelt C, Gay S. [Epigenetics in inflammatory systemic
diseases].
Internist (Berl). 55:124-7, 2014
17. Buzas EI, György B, Nagy G, Falus A, Gay S. Emerging
role of extracellular vesicles in inflammatory diseases.
Nat Rev Rheumatol. 2014 [Epub ahead of print]
Book Chapters
18. Maurer B. «Muscle involvement in SSc and sclerodermamyositis overlap syndromes».
EULAR Textbook on on Systemic Sclerosis 2013.
Artikel in Zeitschriften
19. Maurer B. Early symptoms of dermatomyositis and antisynthetase syndrome.
Z Rheumatol. 2013; 72:970-6.
Abstracts
20. Kam NW, Brentano F, Kyburz D, Gay S, Filer A, Buckley
C, Pitzalis C, Bombardieri M. A1.12 Endogenous SLPI
released by rheumatoid synovial fibroblasts control BAFFdependent-B cell activation in vitro and in the CIA and
RA/SCID-arthritis models.
Ann Rheum Dis. 2014 Mar 1;73 Suppl 1:A5.
21. Iwamoto N, Vettori S, Maurer B, Brock M, Jüngel A,
Calcagni M, Gay RE, Distler JH, Gay S, Kawakami A,
Distler O. A3.19 mIR-193B induces UPA in SSC and
contributes to the proliferative vasculopathy via uPAR
independent pathways.
Ann Rheum Dis. 2014 Mar 1;73 Suppl 1:A49.
­­22
FORT- UND
WEITERBILDUNG
Fort- und Weiterbildung
Rheumaklinik UniversitätsSpital Zürich
14. April bis 31. August 2014
Datum
Thema
Zeit
Ort
Montag,
14. April
Jahresversammlung der Zürcher Rheumatologen
Kaffeepause 19.15 bis 19.30 Uhr (vor Beginn des Kolloquium Schwindel)
18.30 bis
19.15 Uhr
Kleiner Hörsaal OST
HOER B 5
Kolloquium: Schwindel
19.30 bis
20.00 Uhr
Kleiner Hörsaal OST
HOER B 5
Einführung und Moderation: Dr. Pius Brühlmann
19.30 Uhr
– Prof. Dr. Dominik Straumann, Leitender Arzt der Universitätsklinik für
Neurologie, UniversitätsSpital Zürich
Schwindel
19.35 Uhr
Apéro
20.00 Uhr
Anerkennung der Fortbildung durch die Fachgesellschaften:
1 Credit SGR/SGPMR
Dienstag,
27. Mai
Experimentelle Rheumatologie
– Dr. Liliana Layer, Universität Zürich, Anatomisches Institut
Update zu Lorfus
13.30 bis
14.10 Uhr
Wagi 14, 3. OG,
Besprechungsraum
352
Montag,
2. Juni
Kolloquium: SLE
Das Kolloquium wird in Deutsch und Englisch gehalten.
18.30 bis
20.00 Uhr
Kleiner Hörsaal OST
HOER B 5
Moderation: Prof. Oliver Distler
18.30 Uhr
– Prof. A. Kuhn, Klinik für Hautkrankheiten, Universitätsklinikum Münster (D)
SLE und Haut
18.35 Uhr
– Prof. R. Martin, Zürich, Leitender Arzt, Klinik für Neurologie, USZ
SLE und ZNS
19.00 Uhr
– Prof. F. Houssiau, Direktor service de rhumatologie, Cliniques universitaires
Saint-Luc Bruxelles (B)
What did we achieve with biologicals in SLE?
19.25 Uhr
Apéro
19.50 Uhr
Anerkennung der Fortbildung durch die Fachgesellschaften:
1 Credit SGR/SGPMR
Dienstag,
3. Juni
Experimentelle Rheumatologie
– Prof. Dr. Constance Ciaudo, ETH Zürich, Center for Systems Physiology and
Metabolic Diseases
Linie 1 Regulation
Donnerstag,
11. Juni
EULAR 11. bis 14 Juni 2014
Dienstag,
24. Juni
Experimentelle Rheumatologie
– Dr. Raffaella Santoro, Universität Zürich, Institute of Veterinary Biochemistry
and Molecular Biology
Noncoding RNAs link PARP1 to heterochromatin
Donnerstag,
26. Juni
Rheuma Highlights 2014
Programm folgt im Frühjahr 2014 auf www.rheuma-schweiz.ch
13.30 bis
14.10 Uhr
Wagi 14, 3. OG,
Besprechungsraum
352
Paris (F)
13.30 bis
14.10 Uhr
Wagi 14, 3. OG,
Besprechungsraum
352
Convention Point,
Zürich
63–2014
­­23
Datum
Thema
Zeit
Ort
Donnerstag,
21. August
Rheuma Top 2014
Programm folgt im Frühjahr 2014 auf www.rheuma-schweiz.ch
13.30 bis
14.10 Uhr
Seedamm Plaza,
Pfäffikon (SZ)
Dienstag,
26. August
Experimentelle Rheumatologie
– Dr.
Reto Sutter, Uniklinik Balgrist, Radiologie
Extremitäten-MRI von Kniegelenk und Fuss: Vergleich zu Standard
MRI-Geräten
13.30 bis
14.10 Uhr
Wagi 14, 3. OG,
Besprechungsraum
352
Aktualisierte Informationen finden Sie auf der Website http://www.rheuma-schweiz.ch/go2/de/33
Sponsoren «Fort- und Weiterbildung»
Folgende Firmen haben unsere Weiterbildungsveranstaltungen unterstützt, wofür wir uns herzlich bedanken!
FORT- UND
WEITERBILDUNG