ZDF/WISO - Das Exper-tenthema Zeitarbeit

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ZDF/WISO - Das Exper-tenthema Zeitarbeit
ZDF/WISO - Das Expertenthema Zeitarbeit
Lichtblick am Arbeitsmarkt / Boom bei Zeitarbeit
Ein erheblicher Teil des jüngsten Rückganges der Arbeitslosenzahlen geht auf das Konto von
Zeitarbeitsfirmen, schätzt die Bundesagentur für Arbeit. Stolze Zahlen legen die führenden
Anbieter von Zeitarbeit zumindest vor: 30 Prozent mehr Personal haben sie im letzten Jahr
eingestellt. Die Zahl von rund 600.000 Leiharbeitern soll sich in den nächsten Jahren auf über
eine Million sogar noch verdoppeln.
"Zeitarbeit bedeutet in erster Linie Flexibilität", so Petra Timm vom Personaldienstleister
Randstad. Diese Flexibilität gilt für beide Seiten: Für die Firma, die mit einem Leiharbeiter einen
kurzfristigen Personalengpass ohne Neueinstellung überbrücken kann, und auch für den Mitarbeiter, der sich schnell und oft auf neue Aufgaben und Kollegen einstellen muss. Zeitarbeit ist
inzwischen für viele auch der Weg raus aus der Arbeitslosigkeit.
Zeitarbeit gibt es in Deutschland schon seit den 1960er Jahren. Seit 2004 kann der Zeitarbeitnehmer unbefristet an nur einen Betrieb entliehen werden. Dabei regelt immer ein "Arbeitnehmerüberlassungsvertrag" die Bedingungen zwischen Betrieb und Zeitarbeitsfirma. Ein solcher
Vertrag kann nur zustande kommen, wenn die Zeitarbeitsfirma eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern durch die Bundesagentur für Arbeit hat.
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Vorteile
Nachteile
abwechslungsreiche Ar- Die Bezahlung von Zeitarbeitnehmern
beit
liegt unter den durchschnittlichen Tariflöhnen der regulär Beschäftigten davon lebt die Zeitarbeitsfirma.
neue Erfahrungen
wechselnde Einsatzorte
Ausbau von Qualifikatio- geringere Planbarkeit
nen möglich
Man kann verschiedene Aufstiegschancen durch dauernden
Unternehmen kennen
Wechsel begrenzt.
lernen.
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Regulärer Arbeitsvertrag
Wer bei einer Zeitarbeitsfirma arbeitet, hat auch einen regulären Arbeitsvertrag mit dieser
Firma und nicht mit dem Unternehmen, an das der Zeitarbeitnehmer "ausgeliehen" wird. Dieser
Arbeitsvertrag zwischen Mitarbeiter und Zeitarbeitsfirma muss grundsätzlich schriftlich erfolgen.
Der Vertrag kann ebenso wie bei klassischen Beschäftigungsverhältnissen befristet oder unbefristet sein.
Das ausgehandelte Gehalt muss die Zeitarbeitsfirma dem Beschäftigten auch dann weiterzahlen, wenn es keine Einsätze beim Kunden gibt, der Angestellte also unbeschäftigt bleibt. "Zeitarbeitsfirmen bieten sozial geschützte Arbeitsverhältnisse", sagt Petra Timm. Die soziale Absicherung ist genauso gewährleistet wie für jeden anderen Arbeitnehmer.
Befristung beachten
Was der Leiharbeiter zu tun hat, bestimmt (in gewissen Grenzen) der Kunde, der sich von
dem Zeitarbeitsunternehmen einen Arbeitnehmer ausleiht und selbstverständlich auch an dieses bezahlt. "Der disziplinarische Vorgesetzte eines Mitarbeiters ist der Disponent der Zeitarbeitsfirma. Der fachliche Vorgesetzte ist der zuständige Mitarbeiter in dem Unternehmen, in
dem der Mitarbeiter eingesetzt ist", erklärt Petra Timm.
Insgesamt darf der Arbeitsvertrag mit der Zeitarbeitsfirma nicht länger als auf zwei Jahre befristet werden. Innerhalb dieser Zeitspanne kann der Vertrag maximal drei Mal verlängert werden.
Danach geht er in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis über. Andere Regelungen dürfen nur getroffen werden, wenn dafür ein so genannter Sachgrund angegeben ist. Das können ein Vertre-
tungsfall, ein vorübergehender Bedarf oder auch der eigene Wunsch des Arbeitnehmers sein.
Mindestlohn
Alle drei Zeitarbeitsverbände haben mittlerweile verbindliche Mindestlohn-Tarifverträge abgeschlossen. Der Bundesverband Zeitarbeit (BZA) und der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ) einigten sich letztes Jahr mit dem DGB auf Mindeststundenlöhne
zwischen 6,22 (Osten) und 7,15 Euro (Westen).
Dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) zugehörige Unternehmen zahlen dagegen mindestens zwischen 5,77 und 7 Euro pro Stunde. Die Branche fordert
jetzt, einen Mindestlohn auch in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufzunehmen. Einen entsprechenden Antrag beim Bundesarbeitsminister haben BZA und IGZ bereits gestellt.
Chancen für junge Akademiker
Mittlerweile wird sogar honoriert, wenn ein Berufsanfänger über eine Zeitarbeitsfirma Erfahrungen in unterschiedlichen Unternehmen sammeln konnte - es gilt keinesfalls als Malus.
Schon allein deshalb nicht, weil der Mitarbeiter lieber arbeitet als Arbeitslosengeld zu erhalten.
Zeitarbeit ist schon lange nicht mehr nur Sache von Hilfskräften. Hilfsarbeiter stellen zwar zusammen mit Facharbeitern und Verwaltungsberufen immer noch eine große Gruppe dar, jedoch wächst der Anteil der Akademiker stetig. Laut BZA liegt er inzwischen bei fünf Prozent.
Das Durchschnittsalter der von Zeitarbeitsfirmen vermittelten Arbeitnehmer liegt derzeit bei 30
Jahren, aber das wird sich ändern, so die Prognose des Geschäftsführers von Manpower,
Thomas Reitz. Allein der demografische Wandel werde dazu führen, dass immer mehr ältere
Arbeitnehmer gesucht würden. Diese hätten außerdem viele Schlüsselqualifikationen, die jüngere Arbeitnehmer oft nicht haben. Sie seien in der Zeitarbeit wegen ihrer Erfahrung, der guten
Allgemeinbildung und der sehr guten Ausdauer sehr gefragt.
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