Lukas Bärfuss lockt in die Alte Fabrik

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Lukas Bärfuss lockt in die Alte Fabrik
Datum: 20.01.2016
Ausgabe Gaster & See
Die Südostschweiz
8730 Uznach
055/ 285 91 00
www.suedostschweiz.ch
Medienart: Print
Medientyp: Tages- und Wochenpresse
Auflage: 6'139
Erscheinungsweise: 6x wöchentlich
Themen-Nr.: 800.005
Abo-Nr.: 1068850
Seite: 5
Fläche: 55'531 mm²
Lukas Bärfuss lockt in die Alte Fabrik
Er ist wohl der am meisten diskutierte Schweizer Autor der Gegenwart - nicht zuletzt wegen seiner kritischen Äusserungen zur Schweizer
Gesellschaft. Lukas Bärfuss' Lesung in der Alten Fabrik in Rapperswil-jona zog ein zahlreiches Publikum in ihren Barm.
Vorleser und Schauspieler: Lukas Bärfuss macht seine Worte fühlbar.
von Jöröme Stern
Bild Jöröme Stern
Wie beispielsweise in «Koala», sei- kannten in der ersten Reihe. Bis der
nem letzten Roman, worin er den Leiter der Alten Fabrik, Christoph SteiSelbstmord seines Bruders literarisch ner, ihn zum Vorlesepult auf die Bühne
bittet.
Dienstagabend in der Alten
zu verarbeiten versuchte.
Fabrik: Gut hundert Besucher sind gekommen, um «Nichts Verbindendes»
Lukas Bärfuss in Rappers-
Und «Koala» ist auch das Buch des
wil-Jona live zu hören.
gestrigen Abends. Derweil die zahlreiDer Andrang überrascht nicht, ist der
Autor doch einer der bekanntesten chen Besucher angeregt plaudern und
auf das Erscheinen des Autors warten,
Schweizer Schriftsteller - und sein Erredet dieser unbemerkt mit einem Befolg rührt auch von seiner Vorliebe für
kontroverse Themen her.
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Und so erfährt man von dem
Abend, an dem Bärfuss seinen Bruder
zum letzten Mal in der alten Heimatstadt besucht. Der Grund dafür ist ein
Vortrag zum Thema Selbstmord - was
Bärfuss im Nachhinein als Wink des
Schicksals interpretiert.
«Zwischen uns beiden gab es nichts
Verbindendes ausser der gemeinsa-
ARGUS der Presse AG
Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich
Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01
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Argus Ref.: 60353261
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men Mutter», so die Beschreibung
ihrer nicht existenten Beziehung.
Sein Bruder habe an diesem Abend
wohl kurz eine scheiternde Beziehung
zu einer Frau erwähnt, «doch wenn es
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Spass daraus machen, den Täufling fast
allen möglichen Details beschreibt. ersaufen zu lassen.
Der Autor erinnert sich, wie er an
Eine Stunde dauert die Lesung einem Sommertag das letzte Lebens- und scheint im Nu vorüber zu sein.
zeichen seines Bruders in einer SMS er- Fast ist man dem Autor dankbar dafür,
denn Bärfuss schont weder sich, wenn
zwischen uns eine Vertrautheit gab, hält.
Er erzählt, wie umfassend und sorg- er jeden Satz theatralisch gekonnt vordann beschränkte diese sich auf das
fältig sein Bruder den Selbstmord ge- trägt.
Schweigen».
plant hat. «Auf eineinhalb Seiten
Noch schont er sein Publikum mit
Nüchterne, packende Sätze
schrieb er seinen letzten Willen. Dass Gedanken, die ein gequältes Innerstes
In nüchterner Beobachtung schildert er keine Organspende wünsche, und sichtbar machen. Sanftheit oder Liebe
Bärfuss anschliessend die folgende dass seine Asche in den See verteilt haben da allerdings keinen Raum.
Nacht, wo er eine Prostituierte kennen- werden solle.»
lernt und anschliessend betrunken in Eine schonungslose Lesung
sein Hotelzimmer wankt.
Seine Sprache ist direkt, schnörkel- Im weiteren Verlauf des Romans
schlüpft Bärfuss in die Person seines
und schonungslos. Und sinnlich.
Oft hat man das Gefühl, man rieche Bruders, beschreibt aus dessen Sicht,
geradezu die beschriebenen Orte. Auf- wie dieser als Pfadibub zu seinem Tierfallend, dass Bärfuss beinahe ohne Dia- namen kam.
loge auskommt, dafür Situationen in
«Zwischen uns gab
es nichts ausser
einer gemeinsamen
Mutter.»
Das Ritual der Pfadfinder ist bei Lukas Bärfuss
ihm ein gedankenlos-brutales Ritual Schriftsteller und Dramaturg
von Halbwüchsigen, die sich einen
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