ZSZ_Bärfuss_Lesung

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ZSZ_Bärfuss_Lesung
Datum: 21.01.2016
Zürichsee-Zeitung Obersee
8712 Stäfa
055/ 220 42 42
www.zsz.ch
Medienart: Print
Medientyp: Tages- und Wochenpresse
Auflage: 6'091
Erscheinungsweise: 6x wöchentlich
Themen-Nr.: 800.005
Abo-Nr.: 1068850
Seite: 2
Fläche: 69'412 mm²
Dem Dichter
beim De ke
z
scha e
Ein Schriftsteller, der sich in gesellschaftliche Diskurse einmischt: Lukas Bärfuss.
Irost
«Eine Welt, in der die
64 Reichsten gleich
viel besitzen wie die 3,5
Milliarden am unteren
Ende der Gesellschaft,
kann auf Dauer nicht
funktionieren.»
Lukas Bärfuss
Medienbeobachtung
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ARGUS der Presse AG
Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich
Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01
www.argus.ch
Argus Ref.: 60366492
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RAPPERSWIL -JONA Literatur- gestimmt. Die üblichen Fragen - so richtet der 44-j ährige Autor sei-
abende finden häufig
im kleinen Kreis statt. Doch
wenn Lukas Bärfuss liest,
strömt das Publikum herbei.
Und es bekommt neben
Literatur eine gute Portion
Philosophie und
Kapitalismuskritik geliefert.
«Warum schreiben Sie?», «Was
für ein Verhältnis haben Sie zu
Ihrer Hauptfigur» - werden zwar
auch gestellt, sind aber eingebet-
nen Blick in Rapperswil auf die
weltweiten schreienden Ungerechtigkeiten. Eine Welt, in der die
64 Reichsten gleich viel besässen
tet in ein grosses Ganzes, das man wie die 3,5 Milliarden Menschen
als das bärfusssche Weltverständ- am unteren Ende der Gesellschaft,
nis bezeichnen könnte. Der Autor könne auf Dauer nicht funktionieliest zunächst mehrere Passagen ren. Denn, sagt Bärfuss, nicht nur
aus seinem Roman «Koala». Der das Geld, sondern damit auch die
Der Kalauer, dass die Fans auch Text kreist um den Suizid des Macht sind ungleich verteilt. «Die
barfuss durch Schnee und Streu- Bruders des Icherzählers und hat 3,5 Milliarden können nicht selber
salz gestapft wären, um den Lite- einen deklariert autobiografi- über ihr Leben entscheiden.» Was
raturstar zu hören, ist so billig, schen Hintergrund. Das Thema Bärfuss sieht, wenn er auf die
dass Sie ihn gleich wieder verges- steht den ganzen Abend im Raum. schaut, die eigentlich selber über
sen können. In die Alte Fabrik Bärfuss sagt: «Ein Suizid stellt
gestapft waren aber tatsächlich dein ganzes Leben in ein anderes
viele - andere kamen mit Velo, Licht. Er ist für die ZurückbleiBus oder Zug: Junge, Alte, Frauen, benden eine Zurückweisung,
Männer, einer sogar in der Uni- denn sie haben nicht genügt.» Die
form der Schweizer Armee - die Frage, ob man sich selber töten
ihr Leben entscheiden könnten,
stimmt ihn allerdings auch nicht
froh. Das permanente Bemühen
darum, dass es der Wirtschaft «Wer ist das eigentlich?» - gut ge-
he, habe uns Westler in unserem
120 bereitgestellten Stühle reich- dürfe, sei in Philosophie und Lite- Wohlstand einsam gemacht. Die
ten nicht aus. Bärfuss, im Einla- ratur seit Jahrhunderten zentral. angeblichen Freiheiten würden
dungstext der veranstaltenden «Und trotzdem können wir dar- von den meisten Menschen gar
Gebert- Stiftung für Kultur als über nicht reden, nur schweigen.» nicht genutzt, viel zu gross sei der
«der wohl einflussreichste Diese Spannung habe ihn inter- Druck, sich den herrschenden
Schweizer Schriftsteller seit Max essiert, auch wenn er sie nicht Konventionen zu unterwerfen.
Frisch» angekündigt, ist vieles: vollumfänglich verstehe. Bei Wal- Zum Schluss dreht die DiskusTräger des Schweizer Buchprei- ter Benjamin habe er aber gelernt,
ses 2014 («Koala»), gefeierter Stü- dass am Schluss jedes Denkprockeschreiber («Die sexuellen zesses nicht die festgefügten AntNeurosen unserer Eltern»), Pole- worten stehen, sondern noch
miker und Provokateur («Die mehr offene Fragen.
sion noch einmal ab zur Literatur,
öffnet Bärfuss für die Zuhörer ein
Fenster nicht nur in seine Denk-,
Schweiz ist des Wahnsinns»).
dere Form von Lesen, sagt er. Die
Roman über Selbstmord
Vor allem aber ist Bärfuss ein Intellektueller, dem man beim Denken zusehen darf. Er spinnt seine
64 und 3,5 Milliarden
sondern auch in seine Schreibwerkstatt. Schreiben sei eine an-
Hauptarbeit sei Sinnieren, sich
Das insistierende Nachbohren Personen, Räume, Handlungen
einer Zuhörerin führt zu einem bis ins kleinste Detail vorzustelweiteren Bekenntnis. Er frage sich len und sie gedanklich zu erspünie, warum er lebe, sagt Bärfuss. ren. «Wenn ich eine SchiffsüberAber er frage sich, wie er lebe. Und fahrt beschreibe, dann sehe ich
wie er leben wolle. Von da ist es ein nicht nur das Schiff und die Perkleiner Schritt zur Kritik am herr- sonen darauf ganz genau vor mir,
schenden System. Zielte die Pole- ich höre auch die Geräusche und
mik in der «Frankfurter Allgemei- rieche das Holz und das Wasser.»
Sätze weiter und weiter, ohne je
den Faden zu verlieren. Deshalb
ist er bekannt dafür, dass die Diskussionen mit ihm mindestens so
spannend sind wie die vorausgehenden Lesungen. Das Publikum nen Zeitung» vom vergangenen
in Rapperswil-Jona ist darauf ein- Herbst noch gegen die Schweiz,
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Elvira Jäger
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