zu vermieten!

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zu vermieten!
I M M OBILIEN & A R CHI T E K T U R
Zu vermieten!
Japans Immobilienmarkt gehört zu den größten der Welt. Doch die Finanzkrise hat das Umfeld stark verändert: Statt sich durch den Kauf von Büros
oder Mietverträge mit mehrjähriger Laufzeit langfristig zu binden, streben
die Unternehmen nach maximaler Flexibilität.
Von Lisa Börner
apan verfügt über den zweitgrößten
Immobilienmarkt weltweit, bei Büroflächen steht es sogar an der Spitze. Nach
Angaben von Kenzo Capital Corporation
übersteigt allein Tokyos Angebot das von
New York und London zusammen. Doch
im Zuge der Finanzkrise hat sich der Markt
verändert, das Verhältnis von Nachfrage
und Angebot stark gewandelt. Besonders
Immobilien für kommerzielle Zwecke wie
Büros und Ladenflächen litten unter Kostendruck und Firmenpleiten. Die Krise
haben vielen Firmen genutzt, um Büros
zu verkleinern und zusammenzufassen;
auch ganz neue, platzsparende Formen
der Zusammenarbeit werden ausprobiert
(siehe Artikel ab Seite 32). So erhöhte sich
die Quote leerstehender Büros im vergangenen Jahr stark, bis sie im August ein
Rekordhoch von über 9 Prozent erreichte.
Der große Leerstand, der nach 30 Monaten stetigen Anstieges im August endlich
zum Stillstand kam, drückte im vergangenen Jahr unerbittlich auf die Preise.
Nach Angaben des Ministeriums für Land,
Infrastruktur, Transport und Tourismus fiel
der Preis für kommerziell nutzbare Fläche
seit Juli letzten Jahres um ganze 10 Prozent. Für einen Tsubo (3,3 Quadratmeter)
bezahlt man momentan durchschnittlich
in Tokyo „nur noch“ etwa 17.800 Yen. In
den Metropolen Nagoya (9540 Yen im
August) und Osaka (8510 Yen) sind die
Preise ähnlich stark gefallen.
Mieten bei Bedarf
Was viele Mieter freuen dürfte, ist das
Leid der Immobilienfirmen. Noch ist eine
nachhaltige Erholung der Preise nicht
in Sicht. Hinzu kommt, dass durch den
bald einsetzenden Abschied der BabyBoomer-Generation aus dem Arbeitsleben die arbeitende Bevölkerung deutlich
abnehmen wird, sodass die Nachfrage
voraussichtlich auch in Zukunft nicht ihr
altes Niveau erreichen wird.
Die Immobilienbranche muss sich
daher durch neue, flexiblere Formen der
Vermietung auf die gewandelten Ansprü30 J A PA N M A R K T Oktober 2010
che und finanziellen Möglichkeiten ihrer
Kunden einstellen. Der Trend gehe in
Richtung kurzer Mietverträge, meint Miki
Yamada, CEO der Firma ProLogis, die sich
auf das Geschäft mit Miet-Distributionszentren und –Ladenflächen spezialisiert
hat. Unternehmen sind aufgrund von
unsicheren wirtschaftlichen Prognosen
zurückhaltender bei dauerhaften Anlagen und Mietverträgen geworden und
streben nach maximaler Flexibilität. Viele
Firmen sind dazu übergegangen, Verträge für Büroflächen nur noch für einen
begrenzten Zeitraum einzugehen und
ganz vom Kauf eines Objektes abzusehen.
Durch den Verzicht auf eigene Konferenzund Projekträume, die nur bei Bedarf
angemietet werden, kann zusätzlich permanenter Büroraum eingespart werden.
Regus Japan KK ist beispielsweise eines der Unternehmen, die sich auf
diese Art von kurzfristigen Objektvermietungen spezialisiert haben. Das Geschäft
der US-Firma brummt; der Kundenstamm
vergrößerte sich seit 2009 um 30 Pro-
zent. Regus eröffnete in diesem Jahr fünf
neue Gebäude mit komplett eingerichteten Büros unter anderem in Roppongi
und plant noch einmal dieselbe Anzahl
2011 hinzuzufügen. Doch nicht nur Büros,
ganze Ladenfläche und Distributionszentren werden zunehmend nur noch
kurzfristig angemietet.
Um den „Teufelskreis“ von Leerständen und Preisdruck zu beenden, hofft
die Immobilienbranche vor allem auf
Investoren aus dem Ausland. Doch durch
den starken Yen erscheinen die Preise
für kommerzielle Flächen in Japan auf
Dollar-Basis lange nicht so unterbewertet wie in der Landeswährung. Der heftige Preissturz dringt deswegen nicht bis
zu ausländischen Investoren durch. Im
Jones Lang LaSalle's Global Real Estate
Transparency Index 2010, der die Transparenz von 81 Immobilienmärkten weltweit
angibt, steht Japan dementsprechend auf
Platz 26; überholt von Hongkong, Singapur und Indien.
Abfallen der Mietpreise
Preisentwicklung in Tokyo (Durchschnitt Stadtzentrum)
23.000
22.000
21.000
Yen/Tsubo
J
20.000
19.000
18.000
17.000
16.000
15.000
III 2008
Quelle: e-miki.com
IV 2008
I 2009
II 2009
III 2009
IV 2009
I 2010
Mitsubishi Estate Co., Ltd.
Chiyoda-ku
In Tokyos zentralem Geschäftsviertel Marunouchi wird immer noch kräftig gebaut. Am Hauptbahnhof, der bis 2012 komplett renoviert und
umgestaltet wird, entstehen zahlreiche neue
Gebäude, darunter ein Tower der Post mit über
200.000 Quadratmetern Fläche. In Otemachi
plant Tokyo Tatemono, bis 2014 ein beinahe
ebenso großes Projekt fertigzustellen.
Shinjuku-ku
Im Westen des riesigen Bahnhofs hat die Stadt
gemeinsam mit mehreren Bauunternehmen ein
neues Großprojekt gestartet. Vier neue Gebäudekomplexe sollen das Antlitz des etwas in die Jahre
gekommenen Hochhausviertels modernisieren.
Am Ostausgang entsteht bis 2012 der 170.000 Quadratmeter umfassende Shinjuku East Side Square,
an dessen Gestaltung unter anderem Mitsubishi
Estate, Daiwa House, Nippon Tochi-Tatemono und
Heiwa Real Estate beteiligt sind.
Sumida-ku
Tokyo
Minato-ku
Zusammen mit der Stadt Tokyo will Mori Building
das Areal zwischen den Stationen Shimbashi und
Toranomon vollkommen restrukturieren. Der Fokus
liegt auf der Gewinnung von freien Flächen für
Freizeitaktivitäten und Begrünung. Das Toranomon Roppongi Area Projekt von Mori Building soll
2012 bezugsfertig sein. Rund um den 47-stöckigen
Tower entstehen großzügige Parkanlagen.
Kanagawa
TOBU RAILWAY CO.,LTD. & TOBU TOWER SKY TREE CO.,LTD
Ein Bauprojekt, das für Aufsehen
sorgt, ist Tokyos neuer Funkturm, der Sky Tree. Mit einer
Höhe von 634 Metern wird er
nach seiner planmäßigen Fertigstellung im Frühjahr 2012
Japans höchstes Gebäude sein
und seinen kleinen Bruder, den
Tokyo Tower, um das Doppelte
überragen. Das Stadtviertel, das
bisher wegen seiner Randlage
für Firmen kaum in Frage kam,
soll durch Büro- und Geschäftskomplexe aufgewertet werden.
In Minatomirai werden Ende dieses Jahres noch mehrere
Großprojekte abgeschlossen. Marubeni und Mizuho
bauen gemeinsam an einem 96.000 Quadratmeter großen Gebäudekomplex, der sowohl Raum für Büros als
auch Kunst, Läden und Freizeit bieten soll. Mitsui Estate
will im Herbst ein 89.000 Quadratmetern großes Office
Building fertigstellen, das auch für den kulturellen Austausch genutzt werden soll.
Wachsendes Angebot
Trotz der sinkenden Nachfrage und des
großen Leerstandes sind momentan
zahlreiche neue Projekte entweder im
Bau oder bereits fertiggestellt. Im Zuge
dessen wird die ungenutzte Fläche, nach
Expertenmeinung, von 400.000 Quadratmetern in diesem Jahr, auf das dreifache
2012 anwachsen.
Eines der größten Projekte ist ein
neuer Büroturm der Immobilienfirma Mori Building. Im Bezirk Minato, wo
Chuo-ku
SHOCHIKU Co.,Ltd.
Mori Building Co., Ltd.
Yokohama
2013 soll auf der Ginza die Kabukiza wiedereröffnet werden. Direkt hinter dem ursprünglichen
Theaterbau wird ein Hochhaus mit über 90.000
Quadratmetern Fläche entstehen. Verantwortlich für den Umbau ist die Entertainment-Gruppe Shochiku selbst.
Mori bereits seine berühmten Roppongi Hills stehen hat, soll nun ein weiterer
Gebäudekomplex mit insgesamt 143.000
Quadratmetern Fläche in der Nähe des
Bahnhofes Toranomon entstehen. Für den
Eröffnungstermin ist Juni 2012 angesetzt.
Ein weiteres Großprojekt von Mori Building ist eine Kooperation mit der Stadt
Tokyo zur Restrukturierung des Stadtgebietes zwischen Shimbashi und Toranomon rund um die Schnellstraße „Loop
Road Nr. 2“. Die Umstrukturierung, die vor
allem mehr Raum für Erholung und Freizeit schaffen soll, soll 2014 abgeschlossen
werden.
Bereits in diesem Jahr stellte Sumitomo Realty & Development ein neues
Bürogebäude mit einer Gesamtfläche von
153.000 Quadratmeterfläche in Shinjuku
fertig. Im nächsten Jahr plant das Unternehmen im Zuge eines Projektes zur
Sanierung von West-Shinjuku den Umbau
einer seiner bereits in den 70er Jahren
gebauten Superhigh-rise Tower.
Oktober 2010
J A PA N M A R K T
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