Die Stellung des Freiberuflers in Europa
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Die Stellung des Freiberuflers in Europa
Die Stellung des Freiberuflers in Europa „Kleiner Geodätentag Brandenburg 2009“ in Erkner „Freiberufler“ in diesem Vortrag = Vermessungsingenieur mit Lizenz • Definition aus EuroGeographics-Projekt: “European requirements for cadastral surveyor activities”: – natürliche oder juristische Person, die berechtigt ist, von Amts wegen Liegenschaftsvermessungen auszuführen, indem sie Eigentumsgrenzen (und andere Daten) feststellt und die erforderlichen Dokumente nach den nationalen Anforderungen, die im Allgemeinen durch Gesetze bestimmt sind, erstellt. – Cadastral surveyor - person (physical or juridical) that is entitled to officially execute cadastral surveying determining real estate property boundaries (and other data) and producing certain real estate property documents according to national requirements, which usually are defined by law (regulations). Beispiele für Berufsbezeichungen Belgien: 1) Expert fiscal (ex géomètre-expert des Finances), 2) Inspecteur principal d'administration fiscale Dänemark: praktiserende landinspektør Deutschland: Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur Frankreich: géomètre-expert Großbritannien: Chartered Surveyor Kroatien: ovlasteni inzenjer geodezije Österreich: Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen Polen: Geodeta uprawniony Schweiz: Ingenieur-Geometer (d), Ingénieur-Géomètre (f), ingegnere(a) geometra (i) Nicht nur die Bezeichnungen sind unterschiedlich, sondern auch die Rechststellung! Wo gibt es „freiberufliche“ Vermessungsingenieure in Europa? EU Nicht-EU Wo gibt es „freiberufliche“ Vermessungsingenieure in Europa? EU Nicht-EU Einfluss der EU auf den Berufsstand Artikel 39, 43, 45, 49 EG-Vertrag Öffentlich Ausübung Bedienstete öffentlicher Gewalt Artikel 39 Artikel 45 Reglementierter Beruf Freier Markt Artikel 43 Artikel 49 Artikel 39 EG-Vertrag – Öffentlich Bedienstete – (1) Innerhalb der Gemeinschaft ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet. (2) Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen. (3)... (4) Dieser Artikel findet keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung. Einfluss der EU auf den Berufsstand Artikel 39, 43, 45, 49 EG-Vertrag Öffentlich Ausübung Bedienstete öffentlicher Gewalt Artikel 39 Artikel 45 Reglementierter Beruf Freier Markt Artikel 43 Artikel 49 Artikel 45 –Ausübung öffentlicher Gewalt– • Auf Tätigkeiten, die in einem Mitgliedstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, findet dieses Kapitel in dem betreffenden Mitgliedstaat keine Anwendung. • Für die Vermessungsverwaltungen und die ÖbVI in Deutschland ist Art. 45 der entscheidende Artikel. – Anmerkung: Gegen Deutschland (NRW und R-P) wurde 2002 ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des Berufszugangs und der Berufsausübung von ÖbVI eingeleitet, aber 2005 eingestellt. Wo gilt Art. 45 EG Vertrag? Generell gilt auch Art. 49 Art. 45 Art. 45, wenn EU Art. 45 ??? Einfluss der EU auf den Berufsstand Artikel 39, 43, 45, 49 EG-Vertrag Öffentlich Ausübung Bedienstete öffentlicher Gewalt Artikel 39 Artikel 45 Reglementierter Beruf Freier Markt Artikel 43 Artikel 49 Richtlinie 2005/36/EC: Berufsanerkennungsrichtlinie Artikel 43 – Reglementierter Beruf – • Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. – Beruf der Ingenieure, also auch der Vermessungsingenieure gehört zu den „reglementierten Berufen“. – Für den “Freiberufler”, sofern er nicht unter Art. 45 fällt, ist dieser Artikel von grundlegender Bedeutung, da sich die nationalen Vorschriften an den vorgenannten Kriterien orientieren müssen. Nationale Regelungen sind zulässig, dürfen aber nicht diskriminierend wirken (“angemessen”, “nicht überzogen”, “zumutbar”). – Die Berufsanerkennungsrichtlinie kann als Implementierungvorschrift für Art. 43 verstanden werden. Berufsanerkennungsrichtlinie • Am 7. September 2005 in Kraft getreten, Pflicht zur Umsetzung in nationales Recht bis zum 20. Oktober 2007 • EU hat keine Regelungskompetenz für allgemeine und berufliche Bildung. Daher sind die Ausbildungssysteme und Berufsbilder in dem EU-Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich. • Aufnahme und Ausübung bestimmter Berufe ist häufig an den Besitz bestimmter nationaler Berufsqualifikationen gebunden („reglementierte Berufe“). • In Deutschland sind mehr als 70 Berufe reglementiert (z.B. Gesundheitsberufe, Ingenieure und Architekten, Rechtsanwälte, Steuerberater, Lehrer usw.). • Der Begriff „Vermessung“ taucht in der Richtlinie nur im Zusammenhang mit dem italienischen Vermessungstechniker („geometra“) auf. Tätigkeit eines Vermessungsingenieurs fällt unter die Allgemeinen Anerkennungsrichtlinien. Ziel der Berufsanerkennungsrichtlinie • Verbesserung und Erleichterung der Mobilität von qualifizierten Arbeitskräften innerhalb der Europäischen Union • Sie gilt nur in solchen Fällen, in denen – der Beruf in einem Mitgliedstaat reglementiert ist und – der ausländische Bewerber die Berechtigung / Befähigung für den Beruf in einem Mitgliedstaat hat. • Es geht um die gegenseitige Anerkennung von Berufsabschlüssen (keine Automatik) • Funktionale Gleichwertigkeit (d.h., wenn ein Migrant im Herkunftsland berechtigt ist, einen Beruf auszuüben, gilt das auch für die anderen MS) Alternative: Multilateraler Akkord • Die Richtlinie bietet die Möglichkeit, dass sich Berufsverbände und -organisationen zusammentun und auf europäischer Ebene gemeinsame Plattformen vorschlagen können. • Eine gemeinsame Plattform besteht in einer Reihe von Kriterien (z.B. eine Zusatzausbildung, ein Anpassungslehrgang in der Praxis unter Aufsicht, eine Eignungsprüfung, ein vorgeschriebenes Minimum an Berufserfahrung oder eine Kombination solcher Anforderungen), mit denen wesentliche Unterschiede möglichst umfassend ausgeglichen werden können. • GE / CLGE haben 2004 den multilateralen Akkord initiiert. Der BDVI war beteiligt, die AdV hat sich dagegen ausgesprochen. Einfluss der EU auf den Berufsstand Artikel 39, 43, 45, 49 EG-Vertrag Öffentlich Ausübung Bedienstete öffentlicher Gewalt Artikel 39 Artikel 45 Reglementierter Beruf Freier Markt Artikel 43 Artikel 49 Richtlinie 2005/36/EC: Berufsanerkennungsrichtlinie Bologna Bologna-Prozess • Der Begriff Bologna-Prozess bezeichnet ein politisches Vorhaben zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulwesens bis zum Jahr 2010. Er beruht auf einer im Jahre 1999 von 29 europäischen Bildungsministern im italienischen Bologna unterzeichneten, völkerrechtlich nicht bindenden Bologna-Erklärung. • Der Bologna-Prozess verfolgt drei Hauptziele: Die Förderung von – Mobilität, – internationaler Wettbewerbsfähigkeit und – Beschäftigungsfähigkeit. • Als Unterziele umfasst dies unter anderem: – die Schaffung eines Systems leicht verständlicher und vergleichbarer Abschlüsse, auch durch die Einführung des Diplomzusatzes, – die Schaffung eines zweistufigen Systems von Studienabschlüssen (konsekutive Studiengänge, undergraduate / graduate, in Deutschland als Bachelor und Master umgesetzt) Einfluss der EU auf den Berufsstand Artikel 39, 43, 45, 49 EG-Vertrag Öffentlich Ausübung Bedienstete öffentlicher Gewalt Artikel 39 Artikel 45 Reglementierter Beruf Freier Markt Artikel 43 Artikel 49 Richtlinie 2006/123/EC: Dienstleistungsrichtlinie Artikel 49 EG-Vertrag – Freier Markt – • Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. – Art. 49 ist für den Vermessungsingenieur von zentraler Bedeutung, wenn er auf dem freien, nicht reglementierten Markt tätig ist, da alle wirtschaftlich orientierten Dienstleistungen, die vom Staat oder Privaten erbracht werden, der Dienstleistungsrichtlinie unterliegen (Ausnahme: Dienstleistungen, die unter Art. 45 fallen). – Aber: Abgrenzung zwischen den Artikeln 43, 45 und 49 ist schwierig. Hilfe dürfte das von CLGE/GE in Auftrag gegebene Gutachten von Prof. Henssler (“Henssler II”) zum Thema “Einflüsse des europäischen Gemeinschaftsrechts auf mitgliedstaatliche Regelungen des Berufs des Vermessungsingenieurs” bringen. – Die Dienstleistungsrichtlinie enthält die Implementierungsvorschriften. EU-Dienstleistungsrichtlinie • Die Richtlinie gilt für Dienstleistungen, die von einem in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringer angeboten werden. – Niederlassung ist die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit durch den Dienstleistungserbringer auf unbestimmte Zeit und mittels einer festen Infrastruktur – Dienstleistung ist die vorübergehende Tätigkeit ohne feste Einrichtung oder die vorübergehende Tätigkeit mit fester Einrichtung oder die Tätigkeit auf unbestimmte Zeit ohne feste Einrichtung. Dienstleistung ist jede selbstständige Tätigkeit • Ziele (Auswahl) – Europa als starker Wirtschaftsraum, Schaffung von Arbeitsplätzen (LissabonStrategie) – Abbau von Beschränkungen im grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr, der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit • DL-RL ist am 28.12.2006 in Kraft getreten • Umsetzung muss bis 28.12.2009 in den Mitgliedsstaaten erfolgt sein (Deutschland: Bund und Länder) Die Richtlinie gilt u.a. nicht für • Glücksspiele • Tätigkeiten von Notaren und Gerichtsvollziehern • Tätigkeiten, die im Sinne des Artikels 45 des Vertrags mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind – Daher sind die in den Vermessungsgesetzen der Länder definierten Aufgabenträger (Vermessungs- und Geoinformationsbehörde des Landes, Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure, andere behördliche Vermessungsstellen) keine Dienstleister i.S. der EU-Dienstleistungsrichtlinie, soweit Sie Aufgaben nach den Vermessungsgesetzen (Landesvermessung, Führung des Liegenschaftskatasters und des Geobasisinformationssystems) wahrnehmen. Wo gilt Art. 43 EG Vertrag? Art. 43 und 49 Art. 43 und 49, wenn EU Regelungen für Vermessungsingenieure Art. 45 Art. 45, wenn EU Art. 45 ??? Art. 43 und 49 Art. 43 und 49, wenn EU Freier Beruf in Europa – Art der Lizenz – Individual-Lizenz Firmen-Lizenz Individual- und Firmen-Lizenz Anzahl Individuallizenzen und Firmen Land Individuallizenz Firmen Österreich 300 30 Dänemark 300 100 Slowakei 400 100 Estland 448 205 Slowenien 550 259 Schweiz 650 250 Belgien 800 1050 Lettland 1500 118 Deutschland 1500 0 Frankreich 1900 1390 Tschechien 2290 780 Polen 5000 1500 Rumänien 5400 620 Wer vergibt die Lizenzen? VuK-Behörden mit Kammern 11% Sonstige 6% VuK-Behörden 33% Ministerium 22% Kammern 28% Voraussetzungen für die Lizenz in Europa • Grundsätzliche Voraussetzung – Hochschulausbildung in Geodäsie oder verwandten Disziplinen – Berufspraxis • Daneben: – Prüfung – Fortbildung – Versicherung Minimale Dauer der Ausbildung bis zum Erwerb der Lizenz nach Schulabschluss 8 Jahre 4% k.A. 9% 2 Jahre 4% 5 Jahre 26% 3 Jahre 31% 4 Jahre 26% Hauptarbeitsgebiete der Lizenznehmer • • • • • • • • • Liegenschaftsvermessungen (22) Vermarkung von Grenzpunkten (21) Beratung der Grundstückseigentümer (20) Einholen von Genehmigungen für Katasterpläne bei Behörden (18) Wertermittlung (10) Fortführung der Datenbanken (6) Definition von Nutzungsbeschränkungen (6) Vorbereitung (und Korrektur) von Bauleitplänen (5) Sonstiges (4) • Anm: Die Zahlen Klammern geben die Anzahl der Länder an Wer führt die Aufsicht durch? Ministerium 13% Kammern 10% Regionalverwaltung 10% Besondere Institution 13% VuKBehörden 54% Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit