Delfin- und Naturschutzprojekt in Peru

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Delfin- und Naturschutzprojekt in Peru
GRD
Delfin- und Naturschutzprojekt in
Peru-Paracas
in Zusammenarbeit mit
ACOREMA
Areas Costeras y Recursos Marinos
Calle San Francisco 253 of. B
Pisco, Peru
Vorläufiger Zwischenbericht 1. Jahreshälfte 2008
Das Projekt wird gefördert von der Deutschen Umwelthilfe e.V. und Rapunzel
Naturkost AG aus Mitteln des HAND IN HAND-Fonds
Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V., München
Denise Wenger, Dipl.-Biol.
September 2008
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Inhalt
I. (Rückblick:) Zerstörungen durch das Erdbeben 2007
S. 3-4
1. Environmental Interpretative Centre/Meeresschutzzentrum
2. Biodiversität und Artenschutz: Internationale Bedeutung der Region Paracas
II. Projektschritte im ersten Halbjahr 2008
S. 5-10
1. Anmieten des Büros
2. Vorträge im neuen Büro und „Straßenaktionen“ für die Einwohner Piscos
3. Schulprojekt: Vorlesungszirkel mit Flipcharts, Broschüren; Schülerwettbewerbe
4. Ankauf von zwei Grundstücken, Planung des neuen EIC/Meeresschutzzentrum
5. Öffentlichkeitsarbeit (Artikel in Magazin) und wissenschaftliche Publikation über
Hauterkrankungen der Paracas-Delfine durch Superinfektionen (IWC Dokument)
III. Hintergrund des Projekts
S. 11-14
1. Hohe Biodiversität – viele Gefahren
2. Freiland-Erkenntnisse über residente Delfine
- Überfischung und Zerstörung des Lebensraumes
- Meeresverschmutzung durch Abwässer und Plastikmüll
3. Beifang und direkte Jagd
4. Projektziele
IV. Anhang
- Artikel über die Paracas-Delfine in peruanischem Magazin
- Publikation über Hautkrankheiten (SC/60/DW4)
- Farbausdruck Flipcharts
- Sticker
- Grundschüler-Büchlein
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I. (Rückblick:) Zerstörungen durch das Erdbeben 2007
1. Environmental Interpretative Centre/Meeresschutzzentrum
Ein schweres Erdbeben der Stärke 8 verwüstete im August 2007 die Region Ica/Paracas (s.
http://de.wikipedia.org/wiki/Erdbeben_in_Peru_2007). Das Erdbeben forderte hunderte
Todesopfer und zerstörte zahllose Gebäude. Das Epizentrum des Bebens lag direkt bei der
Hafenstadt Pisco im Süden Perus, in der die Gesellschaft zur Rettung der Delphine zusammen
mit der peruanischen Naturschutzorganisation ACOREMA seit 1999 den Ausgangspunkt für
ein umfassendes Delfin- und Meeresschutzprojekte aufgebaut hatte.
In Pisco wurde gleich zu Projektbeginn ein Umweltinformations– und schulungszentrum
(Environmental Interpretative Centre) mit Schwerpunkt Meeresschutz in einem berühmten
Haus, dem Tiravanti-Haus, (vom gleichnamigen Schweizer bereits 1909 erbaut) eingerichtet.
Mit finanzieller Unterstützung der GRD konnte es ausgebaut und mit besonderen
Attraktionen, wie zum Beispiel dem lebensgroßen Modell eines Großen Tümmlers, sowie
Schautafeln und –kästen ausgestattet werden.
Neben einer ständigen Ausstellung über Wale und Delfine sowie Meeresökologie fanden hier
Seminare, Kurse für Schüler und Aktionen für die Gemeinde statt, die umfassend viele
relevante Umweltschutzthemen beinhalteten.
Das EIC war eine Attraktion, die bei der
einheimischen Bevölkerung großen Anklang
fand. Die Kurse und Gruppentreffs machten es
gerade für die jüngere Generation zu einem Ort
der
Begegnung
mit
sinnvoller
Freizeitbeschäftigung.
Konkrete Aktionen zum Schutz des marinen
Ökosystems
oder
allgemeine
Umweltschutzaktionen
(Müllproblematik)
zielten darauf ab, die täglichen Gewohnheiten
der Einheimischen positiv zu verändern und ihnen Verantwortung und Umweltbewusstsein zu
vermitteln. Gerade junge Menschen konnten so für einen besseren Umgang mit der Umwelt
gewonnen werden. Sie trugen ihr Wissen hinaus in die Öffentlichkeit und gewannen andere
Teile der örtlichen Bevölkerung.
Mehr als 15.000 Besucher konnte das EIC von 1999 bis 2007 verbuchen. Die Arbeit im EIC
wurde mehrfach mit nationalen Preisen ausgezeichnet.
Das EIC/Meeresschutzzentrum wurde durch das
schwere Erdbeben zerstört, so wie 80% der
Stadt Pisco.
Da es eine große Bedeutung für die
Naturschutzarbeit vor Ort hat, ist es ein Ziel,
wieder
ein
EIC/Meeresschutzzentrum
aufzubauen.
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Ehemaliger Ausstellungsraum im EIC
Das Tiravanti-Haus wurde durch das Erdbeben so stark
beschädigt, dass es nicht mehr repariert werden kann. Zudem
wurde das Grundstück, auf dem es stand, von der Stadt Pisco
nicht mehr als Bebauungsgebiet ausgewiesen.
Der Ankauf eines neuen Grundstücks und Aufbau eines
neuen EIC/Meeresschutzzentrum als Ausgangspunkt für die
Delfin-/Naturschutzarbeit und Schulprojekte sowie für eine
dauerhafte Ausstellung und das Anbieten von Seminaren für
in- und ausländische Besucher ist deshalb nötig.
Die Aufräumarbeiten in der Hafenstadt
Pisco sind selbst ein Jahr nach der
Katastrophe noch im Gange.
Eine Neuverlegung der Stromversorgung
und Kanalisation muss durchgeführt werden
2. Biodiversität und Artenschutz: Internationale Bedeutung der Region Paracas
Die Region Pisco-Paracas bietet sich als Standort für ein Meeresschutzzentrum an, da hier
jährlich Hunderttausende von Einheimischen und ausländischen Touristen das
Nationalreservat Paracas besuchen, das als einziger im Land nicht nur eine terrestrische Zone
schützt, sondern auch ein Meeresschutzgebiet aufweist. Es wurde von der UNESCO zum
Weltnaturerbe erklärt und umfasst eines der außergewöhnlichsten und artenreichsten
Ökosysteme der Welt.
In der Nähe von Pisco ist auch der Ausgangspunkt für den Besuch der Ballestas-Inseln, eine
Natur-Hauptattraktion aufgrund des Vorkommens von Südamerikanischen Seelöwen (Otaria
byronia, Mähnenrobbe), Seebären (Arctocephalus australis) und besonderen Meeresvögeln
(darunter Blaufußtölpel, Flamingos, Pelikane, Humboldt-Pinguine).
Mehr als 30 Wal- und Delfinarten kommen in den Gewässern vor der Küste Perus vor.
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II. Erste Projektschritte 2008
1. Anmieten eines Büros
Dank finanzieller Förderung durch Mittel aus dem HAND IN HAND-Fonds (Deutsche
Umwelthilfe, Rapunzel Naturkost), Spendengelder der GRD und Unterstützung seitens der
amerikanische Organisation AVINA konnte von ACOREMA seit März 2008 ein Büro in
Pisco angemietet und die Arbeit von unseren Projektpartnern provisorisch wieder
aufgenommen werden.
Bürogebäude in Pisco
Hier konnte ACOREMA ein kleines Büro
anmieten.
Nur wenige Gebäude in Pisco überstanden
das Erdbeben.
Das „neue“ provisorische Touristeninformationsbüro
Hier gibt es kleine Informationsschriften von
ACOREMA/GRD über die Paracas-Delfine
und ihren Schutz, die an die Touristen
ausgegeben werden.
2. Vorträge, Informationsveranstaltungen und „Straßenaktionen“ für die Bürger Piscos
Der von ACOREMA angemietete Raum
wird bereits rege für Delfin- und
Naturschutz-Vorträge genutzt und von
vielen Bewohnern Piscos besucht.
Da die örtliche Bibliothek sowie die Kirche
zerstört sind, es fast keine geöffneten
Geschäfte oder gar Kinos mehr in Pisco
gibt, ist das öffentliche Leben fast völlig
zusammengebrochen.
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Umso mehr findet jede Veranstaltung von ACOREMA als kleine Abwechslung im sonst
tristen Alltag guten Zulauf und viel Zuspruch.
„Straßenaktionen“
Da die Häuser der meisten Einwohner Piscos zerstört wurden, leben noch heute viele
Familien in Notunterkünften, die ihnen von der Regierung zur Verfügung gestellt wurden.
Meist sind dies Zelte, manchmal auch kleine Holzhütten. Noch gibt es in vielen Stadtteilen
weder Strom noch eine funktionierende Abwasserentsorgung (Kanalisation).
ACOREMA hat als Hilfsorganisation auch Decken und Essen an die Bedürftigen verteilt. Die
meisten Gelder und Hilfsgegenstände dafür kamen aus der Hauptstadt Lima.
Für die Kinder und auch viele Erwachsene,
die seit dem Erbeben in den Straßen leben,
finden in Zusammenarbeit mit dem Paracas
Nationalreservat fast wöchentlich mit einem
mobilen Puppentheater Aufführung in den
Straßen statt. Die vorgespielten Geschichten
haben immer etwas mit Delfin- oder
Naturschutz zu tun, sind informativ, aber
zudem lustig und unterhaltsam gemacht, um
den
Kindern
ein wenig
Ablenkung
von dem erlittenen Schrecken und den Alltagsnöten zu
bieten und sie gleichzeitig über etwas Sinnvolles zu
informieren.
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3. Schulprojekt: Vorlesungszirkel mit Flipcharts, Schülerwettbewerbe
Auch die meisten Schulen der Region
Ica/Paracas/Pisco wurden durch das Erdbeben
zerstört.
Hier
im
Bild
sieht
man
die
Wiederaufbaumaßnahmen an der St. Martin
School.
- Flipcharts
(s. dazu Farbausdrucke Anhang/Anlage)
Da viele Schulen in der Region Ica/Paracas seit dem Erdbeben ohne Stromversorgung, wurde
eigens ein tragbares Equipment mit Schautafeln (flipcharts) entworfen, mit dem die
ACOREMA-Mitarbeiter die Schulen besuchen.
Die anschaulichen Farbtafeln aus Vinyl informieren z.B.
über „Die Delfine“: „Was sind diese Tiere?“ „Sie sind
Säugetiere wie der Mensch, Pferde oder Kühe, sie atmen
Luft und müssen deshalb an die Wasseroberfläche. Delfine
sind keine Fische.“
Auf den 13 Schautafeln werden die Unterschiede zu den
Fischen und die stammesgeschichtliche Entwicklung in
einfach verständlicher Form verdeutlicht und die
Verbreitung, die Delfinarten, die Bedrohungsfaktoren
(Dynamitfischerei, Meeresverschmutzung, Beifang) und
das peruanische Delfinschutzgesetz (Kleinwalschutzgesetz
Nr. 26585, mit dem Fang und Handel verboten wurde) für
die Schüler eingängig dargestellt.
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Der Unterricht findet oft draußen vor oder
hinter der zerstörten Schule statt.
Kostenlos werden Begleitbroschüren an die Schüler verteilt.
- Druck von Broschüren und Stickern
Ein Teil der Gelder aus dem HAND IN HAND Fonds (1000 €) flossen in die Durchführung
der Schulprojekte, Vorträge und den Druck von Stickern und den kleinen Broschüren für den
Unterricht (s.o. und Anlage).
Da ACOREMA mit den meisten Schulen bereits seit Jahren zusammenarbeitet und im letzten
Jahr das von der GRD finanzierte Lehrbuch „Especies Amenazadas de la Zona Marino
Costera de Pisco„ („Bedrohte Arten der Küstengewässer bei Pisco“) kostenlos an über 900
Lehrer persönlich überreicht werden konnte, sind Vorträge von ACOREMA über Delfin- und
Artenschutz schon fast fester Bestandteil des Lehrplans.
Schulen aus der Hauptstadt Lima und anderen größeren Städten, die in den vergangenen
Jahren die Ausstellungen im (ehemaligen) EIC/Meeresschutzzentrum besucht haben, fragten
in diesem Jahr bereits mehrfach nach, wann wieder ein Besuch möglich wäre. Da sie
ACOREMA über die Zerstörungen informierte, haben bereits mehrere Schulen und Schüler
auch tatkräftige Hilfsaktionen durchgeführt. Eine Schule in Lima, die das frühere
EIC/Meeresschutzzentrum jährlich besuchte, organisierte einen Kuchenverkauf und konnten
eine stolze Summe von 2800 US$ erzielen und an ACOREMA für den Wiederaufbau des EIC
spenden.
Wissenswettbewerb in der Schule von St.
Andres, dem Ort bei Pisco, in dem der
Fischmarkt ist und viele Fischerfamilien
wohnen.
Über die Kinder können auch die
Fischerfamilien
erreicht
und
über
Meeresschutzbelange informiert werden.
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4. Ankauf von Grundstücken für den Neubau des EIC/Meeresschutzzentrums
Dank der finanziellen Unterstützung durch den HAND IN HAND Fonds (der Anteil von
4.000 € bzw. ca. 5.700 US$ davon flossen in den Landkauffonds) und durch Spendengelder
der GRD aus dem Aufruf „Pieces for Paracas“ sowie seitens dritter Stellen konnten nun im
August 2008 zwei kleine Landparzellen in Nähe des zentralen Hauptplatzes von Pisco zu
einem Preis von insgesamt 19.000 US$ gekauft werden. Ein drittes kleines Grundstück soll
noch dazugekauft werden, es ist vorreserviert. Hierfür fehlen nur noch etwa 5000 US$.
Ein Architekt, der sich auch auf ökologisches Bauen versteht, ist bereits gefunden und mit
dem Projekt vertraut und kann durch finanzielle Mittel seitens einer amerikanischen
Organisation bezahlt werden. Sobald das dritte Grundstück gekauft ist, würde er mit der
Planung beginnen.
Von der Kirche in Pisco sehen nur noch die Türme, das
Mittelschiff fiel zusammen und begrub viele Menschen
unter sich.
Die „City Hall“ von Pisco
Kirche und City Hall sind wie in vielen
südamerikanischen Städten um einen begrünten
Platz im Stadtzentrum gruppiert. Auf diesem Platz
hatte ACOREMA in den vergangenen Jahren
vielfach Ausstellungen zu relevanten Umwelt- und
Delfinschutzthemen
und
eine
Ökoparade
durchgeführt.
Ausstellung zum Thema Umweltverschmutzung
durch Plastikmüll und Abwässer
Das „alte“ Meeresschutzzentrum lag etwa 700 Meter vom zentralen Platz entfernt.
Das neue Grundstück liegt nun wesentlich näher an diesem Stadtzentrum.
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5. Öffentlichkeitsarbeit (Artikel in Zeitungen und Magazin) und wissenschaftliche
Publikationen über Hauerkrankungen der Delfine
Die professionelle Arbeit von ACOREMA geht trotz der schwierigen Umstände (die
Mitarbeiter verloren durch das Erdbeben ihr Zuhause und sind seitdem bei ihren Eltern oder
befreundeten Familien in Lima und Ica untergebracht und haben mit dem Bus bis zu fünf
Stunden Fahrtzeit nach Pisco) weiter.
Allein im ersten Halbjahr 2008 konnte ein großer 5seitiger, reich bebilderter Artikel über die
Paracas-Delfine in einem peruanischen Magazin platziert werden (s. Anhang).
Ebenfalls konnte bei der diesjährigen IWC eine Publikation über Hauterkrankungen von
Delfinen eingereicht werden, die von ACOREMA und GRD initiiert und in Zusammenarbeit
mit Wissenschaftlern aus anderen südamerikanischen Länder erarbeitet wurde, sich aber vor
allem auf die Erkenntnisse aus Paracas und den Beobachtungen bei den Großen Tümmlern in
der Paracas Bucht stützt. Es wird vermutet, dass durch die massive Meeresverschmutzung
durch Abwässer (Eutrophierung), aber auch toxische Reinigungsmittel (die bei der Säuberung
der Fischmehlfabriken oder Fischerboote verwendet werden) das Immunsystem der Delfin
geschwächt wird, dass sie so genannte Superinfektionen zeigen, die an den Hauterkrankungen
durch Pilz-, Viren- und Bakterienbefall sichtbar sind.
Die Publikation „Miscellaneous skin lesions of unknown aetiology in cetaceans from South
Amerika“ ist als Dokument SC/60/DW4 beim Wissenschaftlichen Komitee der IWC gelistet
und im folgenden Anhang zu finden.
Bekannte Große Tümmler in der Paracas-Bucht: Chaco, Tatooine, Bodo und Pisco
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III. Warum ist Delfinschutz in Peru wichtig? - Hintergrund des Projekts:
1. Hohe Biodiversität – viele Gefahren
30 Wal- und Delfinarten sind im Pazifik vor Peru anzutreffen. Sogar eine eigene Art, der
Peruanische Schnabelwal (Mesoplodon peruvianus), wurde hier entdeckt. Der ungewöhnliche
Artenreichtum ist unter anderem der hohen Produktivität und Biodiversität zu verdanken, die
der Humboldtstrom (eine kalte Meeresströmung von der Antarktis bis zum Äquator) vor der
Küste mit sich bringt.
Doch so vielfältig die Arten, so vielfältig sind auch die Gefahren, denen vor allem die
Kleinwale in den Gewässern des Andenstaates ausgesetzt sind. Die peruanische
Fischereiflotte ist die drittgrößte der Welt und dementsprechend hoch ist der Beifang an
Delfinen, Meeresschildkröten und anderen bedrohten Arten. Zusätzlich findet auch heutzutage
noch die direkte Jagd auf Delfine und Schweinswale statt, die entweder gleich an Bord
zerstückelt und als kostenloser Haiköder verwendet oder angelandet werden, wo ihr Fleisch
auf vielen Märkten entlang der fast 3000 Kilometer langen Küste für den menschlichen
Konsum trotz Verbots gehandelt wird. Zudem wird an Perus Küste noch immer mit Dynamit
gefischt und dadurch werden Fischlaichgründe und Lebensräume vieler Meerestiere und
letztendlich die Lebensgrundlage der Küstenbewohner selbst zerstört.
Seit 1999 unterstützt die GRD deshalb die Delfinschutzarbeit der peruanischen
Mit
umfassendem
Naturschutzorganisation
ACOREMA
(www.acorema.org.pe).
wissenschaftlichen Konzept und großem persönlichen Engagement haben die Vorsitzende
Mónica Echegaray (Fischereiwissenschaftlerin), der Biologe Julio Reyes und ihre drei
Mitarbeiter in Zusammenarbeit mit der GRD ein groß angelegtes Projekt zum Schutz der
Kleinwale ins Leben gerufen und hatten in der Hafenstadt Pisco im Süden Perus ein
Umweltinformations- und Meeresschutzzentrum eingerichtet, das durch ein Erdbeben 2007
zerstört wurde.
2. Freiland-Erkenntnisse über residente Delfine
Mit finanzieller Unterstützung der GRD führt ACOREMA Langzeitstudien über zwei
Gruppen Großer Tümmler (Tursiops truncatus) im Gebiet der Paracas-Halbinsel durch.
Südlich der Halbinsel lebt eine isolierte Gruppe von 16 Delfinen, die im Folgenden als
„Supay-Delfine“ bezeichnet werden. Nördlich davon findet man die „Paracas-Delfine“, nach
der gleichnamigen Bucht benannt.
Es konnte gezeigt werden, dass es sich um residente
Große Tümmler handelt, die ein bestimmtes
Verbreitungsgebiet haben und regelmäßig in der Bucht
beobachtet werden können. Anhand ihrer Rückenfinne,
die durch ihre Form, Einkerbungen und Entfärbungen
einzigartig ist wie ein Fingerabdruck, konnten bereits
über 80 Delfine individuell identifiziert und ein
„Finnenkatalog“
erstellt
werden.
Verhaltensbeobachtungen sowie die Datenaufnahme über
Gruppengröße, Interaktionen mit Fischerbooten oder
Erkrankungen konnten dadurch bis auf individuelle
Ebene durchgeführt werden. Für wild lebende Delfine ist das sehr selten möglich.
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Zu den menschlichen Einflussfaktoren und landesüblichen Gefahrenpotentialen, die das
Überleben der Meeressäuger bedrohen, gehören neben Beifang in Fischernetzen und direkter
Jagd vor allem auch die Dynamitfischerei, die Meeresverschmutzung, der Rückgang ihrer
Nahrung durch Überfischung und die Degradierung ihres Lebensraumes.
- Überfischung und Habitatzerstörung
Ein großes Problem im Gebiet und auch in anderen Küstenregionen stellt die
Dynamitfischerei dar, die sogar innerhalb des „Paracas National Reserve“ und dabei
besonders im Lebensraum der dort ansässigen 16-köpfigen Delfinfamilie durchgeführt wird.
Die Dynamitfischerei ist eigentlich landesweit verboten, doch gibt es keine effektiven
Kontrollen und wirksamen Bestrafungen.
Eine weitere Beeinträchtigung stellt die Kammmuschelzucht dar. Es konnte beobachtet
werden, wie die Delfine ihren Kurs beim Schwimmen änderten, um die Muschelfarmen zu
meiden.
Das Nahrungsangebot für die Delfine ist durch die intensive Anchovie-Fischerei stark
reduziert. Anscheinend um ihre Jagdstrategien effizienter zu gestalten, werden die Delfine in
der Region tendenziell in Gruppen von mehr als 30 Tieren angetroffen, was für Große
Tümmler im Küstenbereich ansonsten eher die Ausnahme darstellt. Die größte bei Pisco
gesichtete Delfinschule umfasste circa 60 Individuen.
- Meeresverschmutzung durch Abwässer und Müll
Ein zusätzliches Problem in der Region ist die Wasserverschmutzung durch die Einleitung
von Abfallstoffen der ortsansässigen Fischmehlfabriken und Einleitung der ungeklärten
Stadtabwässer. Besonders die Reinigung von Schiffen mit Mitteln, die hochtoxisches Cresol
enthalten, vergiftet das Wasser der Paracas-Bucht. Zusätzlich stark Umwelt belastend in der
gesamten Region und ebenso landesweit sind die großen Mengen an Müll, der in Form von
Plastikflaschen, -tüten, Netzresten, Stricken, Batterien und sonstigen Gegenständen das
Wasser und die Strände verunreinigt. Die potentiellen Gefahren für Wale, Delfine und auch
Meeresschildkröten reichen hierbei vom Verfangen in Netzresten bis hin zum versehentlichen
Verschlucken von Plastikteilen.
Eine neue und wichtige Entdeckung war das Auftreten von Hauterkrankungen der Delfine
als mögliche Folge der Meeresverschmutzung (Schwächung des Immunsystems,
Superinfektionen).
Die nähere Beobachtung der individuell
identifizierten Delfine erbrachte, dass manche von
ihnen dunkelgraue Narben auf der Haut hatten, die
als sogenannte „Tatoo Marks“ bekannt sind und
von einer Virusinfektion herrühren. Weiterhin
wiesen manche Individuen größere depigmentierte
Hautstellen auf, wahrscheinliche Ursache dafür
sind Pilzinfektionen.
Delfin „Pacman“: ein Jahr vor dem völligen Abfallen der
Finnenspitze
Mindestens 9 Delfine in der Paracas-Bucht zeigten eine Erkrankung der Haut, die an der
Rückenfinne als offene rote Wunde beginnt, sich dann gelblich und schließlich gräulich färbt.
Manchmal lösen sich dabei Hautteile ab und bei einem Delfin fiel sogar die ganze Spitze der
Rückenfinne ab.
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3. Beifang und direkte Jagd auf Delfine
Obwohl die Jagd auf Kleinwale und der Verkauf des Fleisches per Gesetz in Peru seit 1996
verboten wurde, gibt es landesweit Verstöße gegen die nationalen Delfinschutzvorgaben.
Delfinfleisch wird in Peru noch immer zum Verkauf angeboten, wie eine von der GRD
finanzierte Untersuchung von Fischereimärkten entlang der gesamten Küste zeigte. In Callao,
dem Fischereihafen der Haupstadt Lima oder beispielsweise in Chimbote wird das Fleisch
offen feil geboten, als „chancho marino“ oder getrocknet und gesalzen als „muchame“. In den
1990ziger Jahren wurden schätzungsweise 20.000 Delfine jährlich durch direkte Jagd getötet,
heute sind es wahrscheinlich mindestens 3000-5000, hierunter Burmeister-Schweinswale und
Schwarzdelfine.
ACOREMAs Studien erbrachten, dass allein im kleinen Anlandungshafen und Fischmarkt
San Andres bei Pisco jährlich etwa 20 bis 60 Tiere aus vier Cetaceen-Arten auf dem
Fischmarkt zu finden waren, die durch die Fischerei um Leben kamen, entweder direkt gejagt
oder als Beifang. Das Fleisch wurde zeitweilig unter der Hand von Tür zu Tür verkauft.
Patrouillen wurden durchgeführt, um Strandungen von Delfinen und Walen zu untersuchen.
Netzspuren, Wunden durch Harpunen oder fehlende Finnen verrieten die Ursache ihres
Todes.
Delfin zum Verkauf auf dem Fischmarkt
Delfinfleisch und Meeresschildkröte werden trotz
bestehenden Verbots auf dem Fischmarkt gehandelt
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4. Projektziele
1. Einrichtung von Meeresschutzgebieten und Umsetzung von Delfin-Schutzmaßnahmen
2. Beendigung der direkten Jagd auf Delfine und Schweinswale
3. Wiederaufbau eines Umweltinformations- und Meeresschutzzentrums in Pisco-Paracas
mit einer ständigen Ausstellung über Meeresökologie, Biodiversität und Artenschutz
(Schwerpunkt bedrohte Arten der Region, darunter Delfine und Wale, Meeresschildkröten
u.a.)
4. Öffentlichkeitsarbeit, Weiterbildung und Aufklärungsprojekte zum Meeresschutz und
Meeressäugerschutz für die einheimische Bevölkerung
4.1. Schwerpunkt: Schulen in der Region Paracas; Veröffentlichung eines Lehrbuchs
4.2. Aktionen und Informationsschriften für öffentliche Plätze und Touristenknotenpunkte
4.3. Zusammenarbeit mit Behörden und Nationalreservat Paracas
4.4. Aufklärung der Fischer über negativen Auswirkungen der Dynamitfischerei und
Hinführung zu ökologischer Fischerei
4.5. Projekt Müllvermeidung (Problem Abwässer, Plastikmüll)
4.6. Medienarbeit, überregional
5. Etablierung von Regeln zum naturverträglichen Whale-Watching
6. Monitoring (Erforschung, Beobachtung und Bestandserfassung) der beiden residenten
Gruppen Großer Tümmler in der Region Paracas und Bekanntmachung der daraus
gewonnenen Erkenntnisse zur Steigerung von Beliebtheit und Schutz der beiden
Delfingruppen
7. Untersuchung der Ursache von Cetaceen-Strandungen
8. Kontrollen von Fischmärkten (lokal und landesweit) auf Beifänge und illegale Jagd
9. Etablierung von Mikroprojekten für die lokale Bevölkerung (z.B. Herstellung und
Verkauf von Souvenirs, künstlerische Arbeiten zur Stadtgestaltung)
10. Beibehaltung der Position Perus gegen kommerziellen Walfang
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