Laboga Caiman:Layout 1

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Laboga Caiman:Layout 1
TEXT EBO WAGNER | FOTOS DIETER STORK
CAIMAN & 212CAIMAN
Laboga
PÜNKTLICH ZUM FROHEN FEST KREDENZT UNS POLENS AUFSTREBENDE
VERSTÄRKERSCHMIEDE EIN VERLOCKEND PREISGÜNSTIGES
RÖHREN-TOPTEIL, „MADE IN THE EU, NOT CHINA“.
WOLLEN WIR MAL SEHEN OB ES SICH LOHNT SEIN
WEIHNACHTSGELD DA ZU INVESTIEREN.
Für Laboga dürfte es ein absoluter Glücksfall
gewesen sein, dass die große Vertriebsgesellschaft Gewa Vertrauen in die Marke gesetzt
hat. Ab von der Qualität eines Produktes ist es
schließlich auch notwendig die Werbetrommel zu rühren, und da ist ein starker Partner
nur willkommen. Die Gewa engagiert sich
aber unter anderem auch sehr nachdrücklich
an der Basis, da, wo sich die reale Praxis
abspielt, knüpft Kontakte zu Musikern, nimmt
die Betreuung der Endorser sehr ernst und
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bekommt im Gegenzug wertvolle Rückmeldungen in Hinsicht auf mögliche Verbesserungen, Ideen für neue Konzepte usw. Die
Klientel kommt zum überwiegenden Teil aus
der Hard-und-Heavy-Szene, wo das potente
Topteil Mr. Hector (Test in Ausgabe 01/2009)
einen exzellenten Ruf genießt, unter anderem
protegiert durch Jeff Waters von Annihilator.
Für gemäßigte Gemüter hat Laboga die Alligator-Modelle im Angebot. Die Amps sind in
unterschiedlichsten Ausführungen erhältlich,
zweikanalig mit individuellen Klangregelungen oder nur einer gemeinsamen, mit ClassAB- oder Class-A-Endstufe, als Topteil oder
1×12/2×12-Combo (Test in Ausgabe
11/2008). Passende Boxen findet man natürlich auch im Katalog.
Alligator, nun Caiman? Großer Beißer, kleines Brüderchen, ja, es existiert eine Verwandtschaft. Das neue Modell ist weniger
aufwendig konzipiert, technisch im Prinzip
aber doch recht ähnlich.
01.10 gitarre & bass
k o n s t r u k t i o n
Es ist in den unteren Preisklassen verbreitet,
Röhren-Amps unter anderem dadurch im
Preis zu senken, dass sich zweikanalige Konzepte auf eine gemeinsame Klangregelstufe
stützen. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, und dass dies auch sehr gut funktionieren kann haben nicht wenige Testkandidaten bereits bewiesen. Laboga geht mit
dem Caiman den gleichen Weg, hat allerdings ein wertvolles Extra integriert. Der für
die Zerrsounds zuständige Drive-Kanal stellt
neben einem eigenen Volume-Poti für die
Gesamtlautstärke zwei Gain-Regler zur Verfügung, zwischen denen per Fußschalter
gewechselt werden kann. So stehen gewissermaßen drei Sound-Ebenen zur Wahl:
Clean und zwei unterschiedlich heiße Distortion-Einstellungen. Das Treble-Spektrum
kann in den beiden Sektionen Clean und
Drive durch individuelle Bright-Schalter
zusätzlich beeinflusst werden.
Im Signalweg direkt vor dem MasterVolume liegt der serielle Einschleifweg, dessen Anschlüsse sich neben den drei Speaker-Outs mit 4/8/16 Ohm an der Rückseite
befinden. Ungewohnt, aber letztlich doch
nur praktisch weil leichter zugänglich,
wurde die stereo ausgeführte FußschalterBuchse (Footswitch) an die Frontplatte verlegt. Ein solides Pedal aus Stahlblech gehört
zum Lieferumfang. Ebenso ein passendes
Kabel, flexibel, recht hochwertig, und mit
einer Länge von knapp fünf Meter nicht
gerade üppig, aber doch ausreichend lang.
Hell leuchtende rote LEDs verdeutlichen die
Schaltzustände.
Was haben wir noch an der Front? Einen
Mini-Switch für die manuelle Kanalanwahl
(nur Clean/Drive-1), eine große „Pilot“Kontrollleuchte, sowie die unvermeidlichen
Schalter Power und Standby.
Der Caiman ist nominell mit einer Leistung
von 50 Watt angegeben. Die schöpft er aus
einem Quartett russischer EL84, die im
Class-AB-Betrieb arbeiten. Die Vorstufe
kommt mit lediglich zwei 12AX7 aus.
Das ist nur möglich, weil ganz vorne, gleich
hinter dem Input, ein Halbleiter-IC – wohlgemerkt klangneutral linear – den Signalpegel auf ein leicht erhöhtes Niveau bringt.
Wie soll sonst weiter hinten in den 12AX7Trioden die Distortion entstehen?
Ein weiteres IC nimmt die Pegelanpassungen im Einschleifweg vor. Die Umschaltvorgänge werden von drei hochwertigen,
voll gekapselten Relais ausgeführt (Hersteller Omron). Auch die weiteren Bauteile
unterstreichen den Eindruck, dass Laboga
in Sachen Fertigungsqualität nichts anbrennen lässt. Waren vor gut einem Jahr im
Test von zwei Alligator-Modellen noch
kleine Ungereimtheiten erkennbar, ist der
Caiman frei von irgendwelchen Schwächen,
gitarre & bass 01.10
Übersicht
Fabrikat: Laboga
Modell: 212Caiman
Gerätetyp: Gitarren-LautsprecherKabinett
Herkunftsland: Polen
Lautsprecher: zwei Stück Celestion, je
12" und 8 Ohm, von hinten montiert:
1× G12-Vintage 30, 60 Watt; 1× G12T75, 75Watt
Impedanz: 8 Ohm
Belastbarkeit: max. 120 Watt
Gehäuse: geschlossen, aus
Birkenschichtholz (ca. 19 mm),
Rückwand angeschraubt, zwei
Resonanzstöcke
Gehäuse-Ausstattung:
Kunstlederbezug, Stoff-Front mit
weißem Piping nicht abnehmbar,
Fittings: Metallkappen an den Ecken,
4 Gummifüße, versenkte Griffmulden
an den Seiten, versenkte
Anschlussplatte an der Rückseite
Anschlüsse: 2 parallel gelegte
Klinkenbuchsen
Zubehör: nein
Gewicht: ca. 28 kg
Maße: ca. 642 × 620 × 280 BHT/mm
Vertrieb: Gewa
82481 Mittenwald
www.gewamusic.com
Preis: ca. € 578
ja sogar ausgesprochen sauber gefertigt.
Die Devise lautet offenbar, tendenziell Teile
eher überdimensioniert zu verwenden,
wovon z. B. diverse Halbleiterdioden
(Gleichrichtung der Wechselspannung) und
die hochwertigen Hochspannungsschalter
zeugen. Unterm Strich reicht die Verarbeitung schon ganz nahe an das Niveau der
klassenbesten Großserienfertiger wie z. B.
Mesa Boogie u. a. heran. Die Mechanik des
Verstärkerchassis wirkt etwas schlichter,
weil die U-Wanne an den Kanten nicht
verschweißt ist. Was letztlich aber funktional als unbedenklich einzustufen ist, da
das Blech mit ca. 1,7 Millimeter relativ
stark ist und somit von sich aus große
Stabilität erreicht. Eine Rückwand im
herkömmlichen Sinne hat das Schichtholzgehäuse nicht. Nur ein senkrecht hinter den
EL84 am Chassis angenietetes Gitterblech,
Übersicht
Fabrikat: Laboga
Modell: Caiman (AD5300)
Gerätetyp: E-Gitarren-Verstärker,
Topteil, zwei Kanäle m. gemeinsamer
Klangregelung
Herkunftsland: Polen
Technik: Vollröhrenbauweise,
Siliziumgleichrichtung,
Kanalumschaltung via Relais,
Halbleiter/IC im FX-Weg
Röhrenbestückung: Class-ABGegentakt-Endstufe, Platinenaufbau,
Vorstufe: 2× 12AX7/EH; Endstufe: 4×
EL84/Russia noname
Gehäuse: Schichtholzplatten (ca.
19 mm), Rückseite offen m.
Schutzgitter für EL84,
Kunstlederbezug, Metallkappen an
allen Ecken, Gummifüße, Tragegriff a.
d. Oberseite
Chassis: Stahlblech (Wandstärke ca.
1,70 mm), stehend montiert; alle
Röhren mit Kappen bzw. FederRetainern fixiert
Anschlüsse: Front: Input, Footswitch;
Rückseite: 3 Lautsprecheranschlüsse
(16, 8, 4 Ohm), Effects-Loop-Send, Return, Netzbuchse
Regler: Front: Clean-Gain, Drive-Gain1, -Gain-2, Bass, Middle, Treble,
Master (-Volume)
Schalter/Taster: Front: Clean/Drive
(Kanalumsch.), Bright-Clean, -Drive,
Power, Standby
Effekte: nein
Einschleifweg: ja, seriell
Besonderheiten: keine
Zubehör: Netzkabel
Gewicht: ca. 15 kg
Maße: ca. 493 × 217 × 272 BHT/mm
Vertrieb: Gewa
82481 Mittenwald
www.gewamusic.com
Preis: ca. € 790
das etwa drei Viertel der Fläche abdeckt.
Rundum große Metallecken, ein stabiler
Tragegriff an der Oberseite, das Tolex
sauber verklebt und zugeschnitten, innen
auf dem Boden massekontaktete Metallfolie
zur Abschirmung der Elektronik – die
Substanz des Caiman ist hochwertig und
frei von Mängeln.
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Was der große Bruder Alligator mehr hat: Bei ihm ist
ein Federhall integriert, der
Status des Effektwegs kann
per Fußschalter kontrolliert
werden. In der Klangregelung
sorgt der EQ-Mod genannte Schalter dafür, dass das Mid-Poti wahlweise in einem höheren Frequenzbereich eingreift. Hinten steht
beim Alligator neben dem zusätzlichen Footswitch-Anschluss ein
Line-Out mit Speaker-Simulation
zur Verfügung.
2 1 2 c a i m a n
Laboga geht hier keine Kompromisse ein. Die Würfelbox mag
klein sein, das gilt aber nur für das
Volumen. In Konstruktion und
Ausstattung zeigt sie sich erwachsen und anspruchsvoll verarbeitet.
Das allgemein für den Zweck als
ideal betrachtete Birkensperrholz
findet Verwendung, und unterm
Strich ist das Cabinet im Grunde
genauso hochwertig gearbeitet
wie z. B. die geschätzten DiezelCabinets.
Auf Steckrollen wurde verzichtet,
was wegen des moderaten
Gewichts durchaus vertretbar ist
(ca. 28 kg). Im übrigen machen die ergonomisch
günstig
geformten
Schalengriffe, die seitlich versenkt eingelassen sind, den Transport unproblematisch; keine Gefahr sich den Handrücken
einzuklemmen.
Das Gehäuse ist geschlossen, innen, unter
Spannung zwischen Schallwand und
abnehmbarer Rückwand klemmend, reduzieren zwei schmale Holzstöcke Resonanzen. Die hinten im oberen Bereich versenkt
montierte Anschlussplatte ist mit zwei
Klinkenbuchsen bestückt. Sonst nichts?
Nein, wer gerade an eine Stereo-Option
dachte, folgt der falschen Fährte. Wenn
man erfährt, dass die beiden 12"-Chassis
diagonal angeordnet sind, schwant
schon etwas, gelle? Des Rätsels Lösung ist,
dass Laboga in dem Caiman-Cab zwei
verschiedene Speaker-Modelle verwendet.
In der Frontansicht oben links sitzt
Celestions Rock-Klassiker schlechthin, der
G12T-75, unten rechts ein Vintage 30. Die
beiden sind von hinten an der Schallwand
montiert, vorbildlich mit Unterlegscheiben
und Federringen – so werden sie sich kaum
durch
Vibrationen
lösen
(können).
Sehr schön, und wir zücken ein zweites
Fleißkärtchen für die Verkabelung mit
2×1,5 Quadratmillimeter starken (HiFi-)
Kupferleitungen.
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p r a x i s
Kollegen, die sich den Alligator-AD5200S
schon einmal vorgeknöpft haben, wissen
über den Sound des Caiman eigentlich
schon Bescheid. Die Reptilien-Brüder sind
sich in der Wiedergabe sehr ähnlich. Der
Alligator hat aber eindeutig das Plus
wesentlich höherer Variabilität in der Nutzung auf seiner Seite.
Wenn wir nur vom Ton reden, gibt es einen
wesentlichen Unterschied: Der Caiman
muss auf den Luxus des Schalters EQ-Mod
verzichten. Dadurch schränkt sich absolut
gesehen die Bandbreite der möglichen
Sound-Prägungen doch um einiges ein. Ein
Mangel entsteht dadurch jedoch keinesfalls, denn die Klangregelung arbeitet in
allen drei Bereichen effizient und bietet z. B.
genügend Reserven um einem weniger
voluminösen Instrument zu kräftigem Bass
zu verhelfen. Das Mid-Poti setzt relativ hoch
im Frequenzspektrum an, übergreifend in
den Treble-Bereich. Es steuert daher weniger die Wärme und Fülle des Tons als die
Transparenz und den Biss.
Wichtig ist bei zweikanaligen Amps mit
gemeinsamer Klangregelung, ob man beim
direkten Wechsel zwischen den Sektionen
zu ausgeglichenen Sound-Ergebnissen
kommt. Das ist beim Caiman zweifellos
schon grundsätzlich gegeben, es helfen
darüber hinaus die Bright-Schalter bei der
Abstimmung. Eigentlich müsste man sie
Mid-/Bright-Schalter nennen, denn sie
beeinflussen nicht nur die Brillanz der
höchsten Frequenzen, wie das sonst ja
meist der Fall ist, sondern reichen weit
herunter in die oberen Mitten. Da diese
Schalter zudem sehr kräftige Anhebungen
bewirken, ist der tonale Unterschied gravierend. Will man den Distortion-Sound
wenig scharf und nimmt deswegen die
Regler Treble und Middle zurück, sorgt
der Bright-Switch im Clean-Kanal dafür,
dass es trotzdem durchsichtig brillant
tönt. Für das persönliche Antesten empfehle ich erst einmal alle Regler auf Mitte
zu stellen. Das ist ein guter Ausgangspunkt. Dann ist der Caiman allerdings
schon gut laut. Zu laut? Dann bitte CleanVol. und Drive-Vol. zurückdrehen, nicht
das Master-Volume. Wenn das nämlich im
ersten Drittel steht, zerrt der Clean-Kanal
mit einem subtilen Overdrive, egal ob sein
Volume ganz hoch oder auf Halbmast
steht. Wohl eine Kapriole des technischen
Layouts. Laute Cleansounds brauchen
jedenfalls ein weit offenes Master-Volume.
Die Wiedergabe des Caiman entpuppt
sich als tendenziell angriffslustig. Ursache
dafür ist eine markante Betonung der
Hochmitten, die dem Amp letztlich einen
wirklich eigenen individuellen Charakter
beschert. Schöngeistige Klänge sind ihm
besonders im Drive-Kanal zuwider. Die Verzerrungen entwickeln sich angenehm harmonisch, die Klangfarben sind jedoch
immer eher rotzig, bissig, grob. Der DriveKanal steigt bei geringem Gain klanglich
mit britischer Retro-Attitüde ein und behält
diese bei steigender Distortion-Intensität
lange bei. Der anfangs noch eher luftige
Overdrive-Sound wird in den Mitten immer
kompakter, um dann in Nähe des Maximums auf bretthartes Metal-Sägen umzukippen. Das alles geschieht mit einem
Dynamik-Druck, hinter dem man eher EL34
als EL84 vermuten möchte. Wenngleich
keine vordergründige Gain-Kompression
entsteht, zeigt der Caiman im mittleren Distortion-Bereich trotzdem einen anderen
Sättigungseffekt. Nach dem mit strammer
Impuls-Rückmeldung zu Ohren kommenden Attack/Beginn einer Note, bläht diese
sich im Ausklang auf, nimmt an Kraft erst
etwas zu, bevor sie dann ganz allmählich
ausschwingt. Dieses willkommene Phänomen sorgt dafür, dass der Caiman letztlich
doch das Sustain unterstützt. Derselbe
Effekt ist im cleanen Kanal zu beobachten;
einfach mal das ultimative „a“ am VII. Bund
der D-Saite anschlagen.
Die Leistungsreserven der Clean-Sektion
liegen hoch. Das runde, in sich ausgewogene Klangbild kann eine hohe Lautstärke
01.10 gitarre & bass
gitarre & bass 01.10
Röhrenverstärker mit ähnlichen Konzepten
gibt es in großer Fülle auf dem Markt. Abgesehen von den eklatanten Unterschieden
sind die Produkte vom Preis her nur bedingt
miteinander vergleichbar. Man muss die
Sound-Ausrichtung qualifizieren, um zu
plausiblen Ergebnissen zu kommen. Alles in
allem ist der Caiman letztlich so eigenständig, dass kaum Kontrahenten in Sicht sind.
In Frage kommt primär der Laney-GH50L
(ca. € 853), direkt vergleichbar in Qualität
und Preis-/Leistungsrelation. Eine Low-Budget-Alternative wäre der Peavey Valveking,
made in China (ca. € 529).
r e s ü m e e
Laboga zeigt mit dem Caiman wie man aus
einem soliden Grundkonzept ein Maximum
an Leistung herauskitzelt. Durch Hinzufügen eines zweiten fußschaltbaren Gain/Drive-Reglers und zweier geschickt abgestimmter Bright-Switches macht das Topteil
gegenüber der rein zweikanaligen Konkurrenz der Bauklasse Boden gut. Variabilität ist
die eine Seite, die andere ist die SoundQualität an sich. Hier braucht sich der
Caiman erst recht nicht zu verstecken, hat
er doch mit seiner individuellen, charaktervollen Tonkultur gewichtige Trümpfe in der
Hand. Quasi als Sahnehäubchen schlummert unsichtbar im Verborgenen noch ein
anderes Plus, nämlich die sehr gute Verarbeitung bzw. ein ausgesprochen solider
technischer Aufbau, der hohe Verlässlichkeit
im Betrieb verspricht. Das 2×12-Cabinet
wartet ebenfalls mit sehr guter Verarbeitung
auf und erreicht klanglich ein höchst überzeugendes Niveau. Fazit: Preis und Leistung
stehen bei beiden Produkten in einem
angemessenen Verhältnis. I
Plus
• Sound
• Variabilität
• eigener Charakter
• Dynamik
• harmonische
Verzerrungen
• obertonfreundlich
• geringe Nebengeräusche
• 2×12-Cab: offensivausgewogene
Wiedergabe, hochwertige
Substanz
• Verarbeitung
• Qualität der Bauteile
C L A S S I C WA H WA H
V845
Vox
Neben dem Dunlop Cry Baby hat das
ursprüngliche Vox WahWah gleichermaßen
Geschichte geschrieben, und zählt auch
über 50 Jahre nach seiner Markteinführung
zu den beliebtesten Klassikern. Als Vox V847
wurde es Anfang der 90er-Jahre neu aufgelegt, und in Lizenz beim WahWah-Spezi Jim
Dunlop in den USA gefertigt. Die heute
erhältliche Version V847A stammt jedoch
aus dem Vox/Korg-Werk in Hong Kong, hat
als Modernisierung einen zusätzlichen Netzteilanschluss mit auf den Weg bekommen,
und ist deutlich preiswerter zu haben
als die USA-Variante. Noch eine
Stufe günstiger
gibt’s das neue V845,
das sich gleichermaßen
an Einsteiger und preisbewusste Gitarristen richtet. Das
V845 wird im gleichen Werk wie
das aktuelle V847A gefertigt, und ist
mit fast 950 Gramm um ca. 700 Gramm
leichter ausgefallen als das schwere V847A
Profi-WahWah. Die Preisersparnis erkauft
man sich also in erster Linie mit einer leichteren Verarbeitung und Materialien, außerdem verzichtet der Hersteller beim Neuling
auf den Chromrand. Ein Billigteil ist das
V845 jedoch absolut nicht, Pedalober- und
Unterseite bestehen aus massivem Druckguss, die Bodenplatte aus Stahlblech. Die
Klinkenbuchsen sind mit dem Gehäuse verschraubt, ebenso die Gummifüße, die gefettete Zahnstange sowie das Zahnrad bestehen aus Kunststoff. An Verarbeitung und
Bauteilen gibt es nichts zu mäkeln, im Inneren wartet eine sauber bestückte Platine mit
Fasel-Spule auf ihren Einsatz, der Fußschalter ist ein direkt verdrahteter True-BypassTyp. Gegen einen Batteriebetrieb spricht
wegen der geringen Stromaufnahme von
5 mA nichts, ein 9-V-Block dürfte um die
100 Stunden
durchhalten.
Alternativ
schließt man halt ein Netzteil an. Unterm
Fuß fühlt sich das Vox V845 sehr vertraut an,
auch dank des hochwertigen Fußschalters in
der Zehenposition. Das Pedal läuft sahnig
und satt, und nicht zu leicht. Und es klingt
so, wie man sich ein Vox-WahWah wünscht
und vorstellt: Leicht rau, sehr vokal und in
den Höhen leicht süßlich. Das Vox V845 ist
ein hochwertig aufgebautes semi-professionelles WahWah mit professionellem, weil
authentischem Vox-Klang.
Vertrieb: Korg & More, 35041 Marburg
www.voxamps.de
Preis: ca. € 71 I
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THOMAS JESCHONNEK
k o n k u r r e n z
Plus
erreichen und besticht selbst dann noch mit
klar definierten Bass-Impulsen und spontaner, extrem dynamischer Ansprache. Der
Caiman bleibt hier im Grunde stets übersteuerungsfrei und geht nicht in die Knie
(so gut wie kein Sag). Stilistisch deckt der
Amp einen weiten Bereich ab, er kann im
Blues genauso bestehen wie im Rock/Metal-Genre.
Wer den Amp lieber von seiner dezenten
Seite hören will, sollte zu einem Cabinet mit
Greenbacks oder ähnlichem greifen. Die
extrovertierten Hochmitten werden so zahmer. Lässt man die Caimans im Team von
der Leine, geht die Reise in die gegenteilige
Richtung. Das notorische im Ton wird erst
recht herausgestellt. Scharf und akzentuiert
werfen einem Leadsounds das Obertonspektrum entgegen. Retro-Rocker werden
die Box sicher mögen und schätzen, wobei
der oft so verschrieene G12T-75 gar nicht so
giftig zulangt wie gerne behauptet wird.
Klar, er ist brillanter als der Vintage 30, aber
alles andere als überzogen scharf. Die beiden Lautsprechertypen ergänzen sich hier
wirklich sinnvoll, sodass es durchaus angebracht ist, live zwei gleiche Mikrofone
davorzustellen und über eine Y-Kabelpeitsche zusammengefasst auf einen MischpultKanal zu führen. Na ja, muss aber nicht
unbedingt sein, sich je nach Örtlichkeit für
nur einen der beiden zu entscheiden wird
auch funktionieren und genügen.
Der angriffslustige Ton der Caiman-Kombination muss im übrigen mit speziellen Interaktions-Momenten der Paarung zu tun
haben, denn für sich genommen wirkt das
2×12-Cabinet gar nicht besonders extrovertiert. Im Gegenteil, auf Basis der satten
präzisen Wiedergabe im Low-End entwickelt die Box eine sehr schön ausbalancierte
Ausgewogenheit mit eigenem Charme.
Nicht gerade ein absoluter Allrounder, aber
zumindest bei allen härteren Gangarten klar
eine empfehlenswerte Option. Hier vor Ort
machte das Cabinet sogar an dem eher vintage-orientierten DCP100-Top von Marble
eine sehr gute Figur.
Zum Caiman-Amp ist noch anzufügen, dass
er an sich erfreulich wenig Nebengeräusche
entwickelt. Der Kanalwechsel von Clean
nach Drive/Distortion wird aber von einem
wahrnehmbaren Schaltknacks begleitet,
der je nach Volume-Stellung seine Intensität
ändert, wie auch die Drive-GainUmschaltung. Die Geräusche gelangen
über den Loop-Send leider auch in angeschlossene Effektgeräte; ein Übel, das man
bei Relais-Switching nur schwer eliminieren
kann. Dass der Einschleifweg ausschließlich
seriell arbeitet, ist angesichts des Preises
kein Manko. Bei ca. 0 dB als Arbeitspegel ist
seine Funktion qualitativ hochwertig und
problemlos.