Ein Tag an der Uni Flensburg von Nadja K.
Transcription
Ein Tag an der Uni Flensburg von Nadja K.
Ein Tag an der Universität Flensburg 7.53 Uhr. Das monotone, schrille Klingeln des Weckers dröhnt in meinen Ohren, fast so als schreie er "Komm wach auf ich zähl bis zehn". Nur das er etwas länger zählt, so ungefähr bis 1577. Nach dem vergeblichen Versuch, das Klingeln mit in meine Träume einzubauen, wage ich einen verhaltenen Blick aus dem Fenster. Das Wetter ist typisch "Nordish by nature": "Regen und Meer". Meine bereits geringe Motivation wandert nun völlig in den Keller. Ein Blick in den Kühlschrank verrät "Milk and Toast and Honey" muss reichen. Na dann "Guten Morgen liebe Sorgen". Schnell die Klamotten der letzten Partynacht gewechselt, Zähne geputzt und raus gerannt. Jetzt aber "Avanti, avanti, avanti", um den letzten Bus zur Uni noch zu bekommen. Natürlich wird daraus nichts, da der Busfahrer einmal zu viel "Speed" mit Sandra Bullock gesehen hat und mit quietschenden Reifen an der Haltestelle vorbeifährt, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Bei der Vorstellung, den Uniberg zu Fuß im Schneckentempo hochzukraxeln, steigt meine Laune ins Unermessliche. "Dieser Weg wird kein leichter sein". Wie schon gedacht, verfalle ich nach zehn Metern und gefühlten 500 Prozent Steigung in Schnappatmung. "Tell me how I'm supposed to breath with no air"? Der nette Opa mit seinem Elektrorad überholt mich und ruft mir zu: "Das geht schon von allein". Ein weiteres Mal denke ich "Yesterday, all my troubles seemed so far away". Angekommen im Hörsaal, erreicht mich die nächste schlechte Nachricht. Alle Plätze sind belegt und ich muss auf dem Boden sitzen. Schweißtriefend und mit hochrotem Kopf denke ich mir "Was soll das"? Diese Heuchler. In den meisten Vorlesungen glänzen die Flensburger Studenten mit ihrer Abwesenheit, aber in der Statistik-Vorlesung sind bereits fünfzehn Minuten vor Beginn alle Plätze belegt. Als würden sie dadurch eher die Klausur bestehen. Ja, genau die, mit 80 Prozent Durchfallquote. So munkelt man jedenfalls. Aber "Wunder gibt es immer wieder". Wie auch immer, denke ich mir, "Lass die Leute reden". Der Dozent faselt etwas von Deduktion und Induktion in sein Mikrophon und entfacht damit ein kollektives Fragezeichen in den Gesichtern seiner Studenten. Auch ich denke: "Das sind Dinge von denen ich gar nichts wissen will". Kurz darauf folgt die elementarste Frage eines jeden Studienganges, quasi fester Bestandteil des universalen Studentenvokabulars, gestellt von einer Studentin, dessen Handy höchstwahrscheinlich größer ist als ihr IQ:„ Ist das klausurrelevant?″ Zwei Reihen vor mir murmelt jemand "Ich wär' so gern so blöd wie du". Jemand anderes kommentiert anerkennend "Applaus, Applaus für deine Worte"... Meine Gedanken schweifen ab, "ich bin raus, ich kann nicht mehr, ich bin wo anders". Ach, "wenn jetzt Sommer wär". Vor mir öffnet sich ein Vorhang und ich tauche ein in meinen Tagtraum: "Hey, ab in den Süden". Ich liege am Strand, mich umgibt der weiße Sand und die Sonne verpasst mir fast einen Brand. "Surfin' U.S.A", Cocktails schlürfen und den ganzen Stress einfach mal vergessen. Zudem sind es "36 Grad und es wird noch heißer". Am Abend dann "Griechischer Wein" und "Bacardi feeling", perfekt ist der "Endless Summer". Rechts von mir erscheint eine Seifenblase mit dem Gesicht meiner Mutter. "Du kannst nicht immer siebzehn sein, Liebling das kannst du nicht", schmettert sie mir fröhlich entgegen. Als wäre dies nicht schon ernüchternd genug, erscheint links von mir nun auch noch das erzürnte Gesicht meines Vaters, der mich fragt: "Mädchen, warum hast du nichts gelernt? Guck, dir den Dieter an, der hat sogar ein Auto". Da platzt mir nun der Kragen und ich entgegne meinem erträumten Vater, dass der Dieter ja auch eine Ausbildung zum Mechaniker gemacht habe und dass ich als Akademikerin die Zukunft des Landes sei. Denn schon ein mitteloser Jazz-Sänger erkannte "Frauen regier'n die Welt". Meine Kommilitonen schauen mich entgeistert an und ich merke, dass ich soeben den halben Hörsaal mit meinem Zwiegespräch belustigt habe. Es gibt ja sonst nichts zu lachen an der Uni, da freut man sich über jeden Anlass, den man auf irgendeine Art und Weise als Belustigung nutzen kann. Fast wie bei einem Horrorfilm, bei dem man krampfhaft versucht, etwas lustiges zu finden, um die unerträgliche Spannung zu entladen. Warte mal, der Text der PowerpointFolie kommt mir irgendwie bekannt vor...ist das nicht...das kann nicht sein...Wikipedia. "Das ist alles nur geklaut", denke ich und wundere mich ein weiteres Mal über die Doppelmoral der Dozenten. Ich strenge mich an, wieder in meinem Tagtraum zu landen. Mein Handy piept. Eine Sms von meiner Freundin: Komm heute Nachmittag zur Solitüde. Das Unwetter soll nachher abziehen und dann grillen wir am Strand. "Wenn nicht jetzt, wann dann"?. Meine Mundwinkel wandern umgehend nach oben. Hach, auch wenn manchmal alles schief läuft, möchte ich es nicht missen dort zu studieren, wo andere Urlaub machen. "Denn es hat schon einen Sinn, dass jeder Kompass nach Norden zeigt". Verwendete Songtitel: Seeed- Aufstehn Fettes Brot- Nordish by nature Juli- Regen und Meer Roxette- Milk and Toast and Honey Jürgen von der Lippe- Guten Morgen, liebe Sorgen Vico Torriani- Avanti, avanti, avanti Xavier Naidoo- Dieser Weg Chris Brown feat. Jordin Sparks- No air Culcha Candela- Von allein Beatles- Yesterday Herbert Grönemeyer- Was soll das Katja Ebstein- Wunder gibt es immer wieder Die Ärtzte- Lass die Leute reden Die Ärzte- Dinge von Denen Tic Tac Toe- Ich wär' so gern so blöd wie du Sportfreunde Stiller- Applaus, Applaus Bosse- Weit weg Pohlmann- Wenn jetzt Sommer wär Buddy & DJ The Wave- Ab in den Süden The Beach Boys- Surfin' U.S.A 2Raumwohnung- 36 Grad Udo Jürgens- Griechischer Wein Kate Yanai- Bacardi feeling Oceana- Endless Summer Chris Roberts- Du kannst nicht immer siebzehn sein Roger Cicero- Frauen regier'n die Welt Die Ärtzte- Junge Die Prinzen- Alles nur geklaut Höhner- Wenn nicht jetzt, wann dann Daniel Bertram- Unser Himmel atmet