Veronika Hafner Die Jeux Dramatiques Die Jeux Dramatiques sind

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Veronika Hafner Die Jeux Dramatiques Die Jeux Dramatiques sind
Veronika Hafner
Die Jeux Dramatiques
Methodik: Der Weg
Die Jeux Dramatiques sind keine Methode,
die systematisch angewendet wird, um ein
bestimmtes Ziel zu erreichen, sondern ein
Weg, die individuellen Ausdrucksmöglichkeiten zu entdecken und zu
fördern. Es werden kein Vorwissen und
keine
Fertigkeiten
verlangt.
Die
Spieler/innen brauchen sich nicht in
mühsamen Proben Spieltechniken anzueignen oder Texte auswendig zu lernen.
Jede/r Spieler/in darf spontan aus sich
heraus persönliches Empfinden und innere
Bilder ausdrücken und so seine
schöpferischen Fähigkeiten frei entfalten.
Die Jeux Dramatiques sind Ausdrucksspiele aus dem inneren Erleben. Es geht
um Theater zur eigenen Freude und zum
schöpferischen Ausdruck - Theater spielen
mit und ohne Sprache, ohne Proben, ohne
Konzepte von „richtig- falsch“, ohne
Zuschauer. Impulse dazu geben Texte, Geschichten, Märchen, Bilder. Den Rahmen
bilden einige Spielregeln für Schutz und
Freiraum des Einzelnen sowie die
Begleitung durch die Leiterin, den Leiter.
Diese/r setzt sich in der Vorbereitung mit
verschiedenen Überlegungen auseinander:
z. B. Gestaltung des Anfangs: wie und
womit gebe ich Impulse für den Einstieg
(Texte, Märchen, Bilder, Geschichten...);
wie biete ich welche Struktur für das
gemeinsame Arbeiten (Raum, Verkleidungsmaterial, Zeit, inhaltliche Strukturierung...)? Im Spiel wird auch der Umgang mit Aggressionen und sanften
Gefühlen Teil seiner/ ihrer Aufgabe und
dieser der Teilnehmer/innen sein.
Foto: Christine Pranter
Märchen
Der Wunsch, sich mit einer Rolle zu
identifizieren,
ist der erste Schritt auf dem Weg zum
Ausdrucksspiel.
Es gibt kein „richtig , es gibt kein
„falsch“
Spielregeln
? Jede/r kann sich Zeit lassen, mit
seiner/ihrer momentanen Stimmung
in Kontakt zu kommen.
? Jede/r kann sich seine/ihre Rolle
selbst aussuchen.
? Jede/r spielt vor allem für sich
selbst.
? Jede/r spielt so, wie er/sie sich
fühlt.
? Jede/r respektiert den Freiraum
seiner/ihrer Mitspieler.
? Jede/r darf Zuschauer sein, wenn
er/sie aus irgend welchen Gründen
nicht mitspielen kann oder will.
Die Spielregeln sind eine Hilfe für die
Spieler/innen und den/die Spielleiter/in,
um Ausdrucksspiel aus dem Erleben zu
ermöglichen. In der Praxis können bei der
Anwendung der Regeln Widersprüche
entstehen. Die übertriebene Anwendung
aller Regeln könnte für den Spielprozess in
der Gruppe auch hinderlich sein. Deshalb
müssen die Regeln in manchen Situationen
ausbalanciert werden.
Freies Spiel zum Thema
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Für wen ist Ausdrucksspiel oder Jeux
Dramatiques geeignet?
Zielgruppen und Arbeitsfelder
? Kindergärtnerinnen, Kindergartenassistentinnen
? Lehrer/innen aller Schulstufen
? Sozialarbeiter/innen, Sozialpädagogen, Sozialpädagog/innen
? Heilpädagogen und Heilpädagoginnen
? Psychologen und Psychologinnen
? Erwachsenenbildner/innen
? Jugendleiter/innen
? Eltern und Kinder
? Fachschulen für soziale Berufe
Geschichtliche Perspektive der Jeux
Dramatiques
Das Ursprungsland des Ausdrucksspiels
aus dem Erleben ist Frankreich. Der
Begriff „Jeux Dramatiques“ wurde von
dem Pädagogen Lèon Chancerel geprägt.
Er selbst schreibt über seine Ziele:
Foto: Marion Vedovelli
Zur Zeit läuft der erste Lehrgang auch hier
in Südtirol für Kindergärtnerinnen,
Kindergartenassistentinnen und Lehrerinnen der Grundschule und Mittelschule
unter der Leitung von Frau Marion Seidl
aus Graz (Organisation: Pädagogisches
Institut /Kerngruppe Kindergarten; Kursleiterinnen: Christine Pranter, Marion
Vedovelli)
„Wir brauchen den Ausdruck ‚jeu’
absichtlich. ‚Jeu’ (Spiel) ist einerseits
lustbetonte Bewegungsfreude, andererseits die freiwillige Unterordnung unter
die
Spielregeln.
Der
Ausdruck
‚dramatique’ an Stelle von ‚theatrale’ soll
hervorheben, dass wir nicht in erster
Linie für Publikum auftreten, sondern
zur eigenen Freude und zur persönlichen
Entwicklung Theater spielen wollen.“
Aus einem Bericht von Marion Seidl über
ein Nachgespräch mit Kindern:
Eva wollte den Himmel spielen, den
Taghimmel und den Nachthimmel. Sie
wollte als Himmel über allem stehen, alles
sehen und von niemandem berührt werden.
Sie stand auf einem Tisch und strahlte in
ihrem „blau“.
Im Nachgespräch erzählte Eva:
„Als Himmel war ich zwar schön, aber es
war fad. Da habe ich mir gedacht, als
Nachthimmel decke ich einfach alles zu
und bin runter gegangen, um die Tiere
zuzudecken. Ein richtiger Himmel war ich
aber erst, wie die Fledermäuse in mir
geflogen sind.“
Heidi Frei aus der Schweiz hat zusammen
mit anderen Pädagogen und Pädagoginnen
wesentlich am Ausbau der Jeux
Dramatiques mitgearbeitet und das
Kindertheater auf die Erwachsenenebene
übertragen.
Mittlerweilen gibt es sowohl in der
Schweiz wie in Deutschland und Österreich gezielte Aus- und Weiterbildungen
zum Ausdrucksspiel.
Quelle: Ausdrucksspiel aus dem Erleben 1 Ein Zytglogge Werkbuch / Verlag Bern
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