MITGLIEDERMAGAZIN JUNGE LIBERALE BERLIN
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MITGLIEDERMAGAZIN JUNGE LIBERALE BERLIN
Ausgabe 3/2010 • Juliversum • www.julis-berlin.de MITGLIEDERMAGAZIN JUNGE LIBERALE BERLIN Volkes Stimme - unerhört ? Wahlpflicht - Von Risiken und Nebenwirkungen „Wahlzwang als Alternative?“ Populismus 2.0. „Was Besti flokkurinn, Tea Party & Berlusconi gemeinsam haben“ Freiburg hat Vorfahrt „Warum die FDP ein neues Grundsatzprogramm braucht“ Seite 5 Seite 9 Seite 11 Redaktion: Chefredakteurin: Josephine Blankenstein Stellv. Chefredakteure: Johannes Issmer, Dario Mohtachem Redaktion: Ise Schmidt, Dirk-Fabian Lange, Philipp Kardinahl, Josephine Dietzsch, Anna Dietrich Gestaltung: Gordon Adams - www.gordon-adams.com Email: [email protected] Autoren dieser Ausgabe: Josephine Blankenstein, Richard Boeck, Sören Brodersen, Anna Dietrich, Alexander Eck, Mischa Hecker, David Issmer, Johannes Issmer, Christoph Krelle, Dirk-Fabian Lange, Jenny Langner, Justus Leonhardt, Alexander Lipowski, Dario Mohtachem, Daniel Schaebs, Ise Schmidt, Holger Sieg Lektorat: Ise Schmidt, Johannes Issmer Bildnachweis/Quelle: Seite 1 - S. Hofschläger/pixelio.de Seite 4 - S. Hofschlaeger/pixelio.de Seite 5 - Lars Kulesch/pixelio.de Seite 7 - Klicker/pixelio.de Seite 9 - Ulla Trampert/pixelio.de Seite 10 - Stephanie Hofschlaeger/pixelio.de Seite 13 - Gabriele genannt Gabi Schoenemann/pixelio.de Seite 14 - 20 - Junge Liberale Berlin Anzeigenverkauf: Landesvorstand der Jungen Liberalen Berlin – Kontakt: [email protected] Vetrieb: Landesvorstand der Jungen Liberalen Berlin Druck: flyeralarm GmbH, Alfred-Nobel-Str. 18, 97080 Würzburg Junge Liberale Berlin Vorsitzender: David Issmer Stellv. Vorsitzende: Josephine Blankenstein (Presse), Franziska Schubert (Programmatik), Lukas Karnasch (Organisation) Geschäftsführerin: Silke Güse Schatzmeister: Sirko Schulz Vorstandsbeisitzer: Ise Schmidt, Marcus Bertz, Johannes Jahreiß, Dario Mohtachem, Felix Laurich, Nicklas Pommer Kooptierte Mitglieder: Julia Hesse, Christian Ullrich, Katrin Anna Wollschläger Die Redaktion behält sich vor, eingereichte Beiträge zu kürzen. Alle im Juliversum abgedruckten Beiträge oder Artikel geben alleine die Meinung des jeweiligen Verfassers und nicht unbedingt die der Redaktion oder der Herausgeber wider. Nachdruck nach vorheriger Nachfrage möglich. Wir bitten um Quellenangabe und Belegexemplar. 2 Grußwort Liebe JuLis, der Bundeskongress im Herzen unserer Stadt war für uns Berliner JuLis sicherlich der Höhepunkt der letzten Monate. Wir Berliner haben uns dort maßgeblich in die Debatte eingebracht und den Leitantrag zur Finanzmarktordnung ganz erheblich beeinflusst. Daniela Langer leitete den Kongress im Tagespräsidium souverän, Ise Schmidt kümmerte sich um den reibungslosen Ablauf aller Wahlgänge. Und mit Ann-Kristin Spindler haben wir Berliner auch wieder eine Hauptdelegierte für den europäischen LYMEC-Kongress. Abgerundet wurde der erfolgreiche Kongress mit einem Empfang zum 30. Geburtstag der Jungen Liberalen, auf dem sich Jung und Alt mit Blick auf das Brandenburger Tor austauschen konnten. David Issmer Landesvorsitzender JuLis Berlin [email protected] Mir sei an dieser Stelle eine Anmerkung in eigener Sache erlaubt: Diese Kolumne ist meine letzte als Berliner Landesvorsitzender. Nach vier Jahren im Landesvorstand werde ich mich im Jahr 2011 ganz auf mein anstehendes Anwaltsexamen konzentrieren. Natürlich fällt mir der Abschied als „aktiver“ JuLi sehr schwer. Zugleich aber bin ich mir ganz sicher, dass unser Verband im nächsten Jahr in guten Händen sein wird. Denn wir haben so viele engagierte und motivierte Mitglieder, dass wir aus deren Mitte im Januar einen hervorragenden neuen Landesvorstand wählen können. An dieser Stelle möchte ich mich bei Euch allen für das große Vertrauen und die tolle Zusammenarbeit in den letzten Jahren bedanken. Insbesondere meine Stellvertreter/innen Franzi, Phine, Lukas und Sirko haben dafür gesorgt, das wir gemeinsam alle Herausforderungen des Jahres 2010 meistern und die JuLis Berlin weiter voranbringen konnten. Auch den LaVo-Beisitzern und den Bezirksvorsitzenden sei für die Unterstützung und die gute Zusammenarbeit gedankt – wir JuLis sind immer als Team am stärksten, das haben die letzten Jahre eindrucksvoll gezeigt. Nun wünsche ich Euch allen eine erholsame, möglichst politikfreie Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins Wahljahr 2011! Euer David Issmer Inhaltsverzeichnis Grußwort............................................ Editorial.............................................. Die Partei: eine gesellschaftliche Organisationsform mit Zukunft?...... Wahlpflicht - Von Risiken & Nebenwirkungen.......................................... Volksentscheid = Entscheidung vom Volk?.......................................... Die Online-Petition – ein Instrument der Einflussnahme? Populismus 2.0: Von Eisbären und Kavalieren.......... Demokratie falsch verstanden........ Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de 2 3 4 5 6 8 Freiburg hat Vorfahrt!....................... 11 Was tun, wenn die Glaubwürdigkeit schwindet?........................................ 12 Aufstand der Aufrichtigen?.............. 13 Männer sind ... und Frauen auch – Überleg dir das mal!......................... 14 Aktion Jacken für Bedürftige............ 15 Bezirksberichte................................. 16 9 Julis in Aktion................................... 20 10 Jubiläums-BuKo................................ 20 Editorial Demokratie darf nicht nur in vitro stattfinden! Josephine Blankenstein Chefredakteurin [email protected] Politikverdrossenheit im Volk ist seit Jahr und Tag ein Thema in Deutschland. Viele machen dies auch an unserer repräsentativen Demokratie fest. Nur „einmal wählen gehen können alle paar Jahre“ sei auf die Dauer nicht demokratisch genug. Dies sprach auch Richard D. Precht in seinem Beitrag zum Thema „Bürger“ auf dem Freiheitskongress der FDP in Berlin an. Was ihn dabei besonders interessierte, waren die Möglichkeiten der Meinungsäußerung. Dabei fiel auf: Durch die Entwicklung des Web 2.0 könne jedermann Tag und Nacht im Netz seine Meinung äußern, zu Protest aufrufen und Veranstaltungen organisieren. Im realen Leben sei dann aber doch nur das Kreuzchen beim Gang zur Wahl möglich. Diese Diskrepanz zwischen virtueller Meinungsbildung und realen Beteiligungsmöglichkeiten könne einer der Gründe sein, warum die Menschen heutzutage so unzufrieden mit der Politik seien. Sobald also der Kasten aus ist und der digital native nicht mehr im Netz aktiv sein kann, steht er dem Gang der Politik und dem Zeitgeschehen ohnmächtig gegenüber. So jedenfalls Prechts Schlussfolgerung. Hilfe man direkt auf Politiker einwirken kann. So gut wie jeder MdB hat so eine Sprechstunde, doch genutzt wird sie selten. Und wenn doch, dann sind 70% „Verrückte“ dabei, wie mir gesagt wurde. Man wäre für eine Änderung dieser Quote wahrhaftig dankbar! Statt also Vorhandenes zu nutzen, verpulvern viele ihre Energie im Netz und wundern sich dann, dass „draußen“ nichts passiert. Sie sollten einfach mal rausgehen, sich an Echtzeit-Diskussionen beteiligen oder sich in Parteien engagieren. Dann werden sie auch merken, wie schwierig es ist, mit Enthusiasmus und gleichzeitig auch Gelassenheit gute Argumente zu finden und anzuerkennen. Jedenfalls schwieriger, als von der Couch aus im virtuellen Forum zu diskutieren. Doch: Demokratie muss auch gelebt werden und darf nicht nur invitro stattfinden! Sie sollten einfach mal rausgehen, sich an Echtzeit-Diskussionen beteiligen oder sich in Parteien engagieren. Damit steht er nicht allein, es gab schon viele Überlegungen, unserer Demokratie mehr partizipative Elemente zu verpassen. Den Bundespräsidenten direkt wählen oder mehr Plebiszite auf Bundesebene sollen Allheilmittel sein. Doch sollten wir nicht - ähnlich wie beim stereotyp wiederkehrenden Ruf nach höheren Strafen - zunächst einmal die bestehenden Mittel ausnutzen? In Berlin haben die Bürger ihre Beteiligungsmöglichkeiten wieder entdeckt, die ihnen die Berliner Verfassung gibt. Volksbegehren und Volksinitiative sind wieder en vogue: Sei es Tempelhof, Ethik oder Wasser. Querbeet kommt alles auf den Tisch - und das ist gut so: Auch mal selbst organisieren, informieren, unterschreiben oder ganz bewusst nicht unterschreiben. Die Medien greifen so was auf und – schwups – schon kümmert sich der Senat (oder redet zumindest darüber). Und wenn mal gerade keine Unterschriftenliste herum geht, gibt es auch noch Petitionen oder Bürgerbriefe oder auch die ganz einfache Bürgersprechstunde, mit deren Übrigens: was heißt hier „...nur alle paar Jahre ein Kreuz machen...“? Vor nicht allzu langer Zeit konnte schon die Forderung nach dem „Kreuz machen“ lebensgefährlich sein. Und es ist gerade mal 20 Jahre her, dass man sich mit dem Verweigern des Kreuzmachens an der „richtigen“ Stelle ernsthafte Probleme einhandeln konnte. Ich mache nun sogar drei Kreuze - nach einem Jahr als Chefredakteurin übergebe ich den Staffelstab und muss jetzt nicht mehr über Druckkosten, Finanzierung und Heftplänen grübeln. Aber auch wenn ich mich künftig weniger in verantwortlicher Stelle beteilige, sehen wir uns doch gerne bei der Aussprache wieder! ;-) .......um in vivo zu bleiben Eure Josephine Blankenstein Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de 3 Die Partei: Artikel eine gesellschaftliche Organisationsform mit Zukunft? Es heißt ja bekanntlich „Totgesagte leben länger“ – doch trifft dies auch auf die politischen Parteien unseres Landes zu? Viele Kommentatoren machten in den vergangenen Jahren eine Erosion unseres Parteiensystems und eine Verdrängung durch neue soziale Bewegungen aus, „Parteiverdrossenheit“ ist das Schlagwort unserer Zeit. Die Statistiken scheinen ihnen Recht zu geben: Nahezu alle im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien verzeichneten in den 90er und 00er Jahren einen deutlichen Mitgliederschwund. Gleichzeitig zersplitterte das Parteiensystem, die ehemals großen Volksparteien CDU/ CSU und SPD verloren in den regionalen und bundesweiten Wahlen beständig an Prozenten sowie – selbst wenn es scheinbar einmal aufwärts ging – doch an absoluten Stimmen. Ein Blick in die Geschichte zeigt jedoch, dass es die angeblich so moderne Parteienverdrossenheit schon lange gibt. So stellt der Parteienforscher Franz Walter heraus, dass bereits 1872, als eine Etablierung der wichtigen Parteienfamilien gerade stattgefunden hatte, sich die Begeisterung in der Bevölkerung und in den Medien in Grenzen hielt. Dies änderte sich bis heute nicht wesentlich, Umfragen, Leitartikel und Gespräche am Stammtisch zeigten und zeigen eine große Skepsis und ein geringes Vertrauen gegenüber den Parteien. Dazu herrschte und herrsche die Auffassung vor, Parteifunktionäre seien „machtversessene Beutejäger in staatlichen Ämtern“, denen es zuvorderst um ihr eigenes Wohl gehe. Parteienstaatskritik, so Walter, gehöre daher inzwischen zur „Grundmelodie der politischen Kultur dieser Republik“. Trotz alledem: Nahezu durchgängig war eine – wenn auch missmutige – Akzeptanz gegenüber der Interessenvertretung durch politische Parteien im Volk vorhanden. Doch in der Tat steht die deutsche Parteienlandschaft heute vor neuen Herausforderungen. Parteien sind durch ihre demokratische Beschaffenheit und die damit verbundenen langen Entscheidungsprozesse schwerfällig, sie haben es schwer mit flexiblen, auf Einzelthemen fokussierten Gruppierungen zu konkurrieren. Dies hängt auch mit einem sich stetig wandelnden Lebensstil der Bürger zusammen. Ein langwieriges Engagement in einer Partei verliert durch eine Verknappung der freien Zeit und dem geradezu explosionsartig gewachsenen Angebot an Freizeitaktivitäten an Attraktivität. Leichter ist es, sich zielgerichtet im Einzelfall zu engagieren: Die neue Einflugschneise liegt über dem eigenen Haus? Man schließt sich einer „Bürgerbewegung“ an, geht auf die 4 Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de Straße und demonstriert. Ist dies nicht der Fall, wird der Durchschnittsbürger doch lieber ins Kino oder ins Fußballstadion gehen. Eine ähnliche Sprunghaftigkeit ist auch im Wahlverhalten feststellbar: Der Wechselwähler gewinnt an Einfluss, für eine Partei reicht es nicht mehr auf die schwindende Stammwählerschaft zu setzen. Wir sehen es aktuell bei der FDP, wie schnell die Wählerschaft heute (ab)wandert. Doch lässt sich aus dem genannten eine echte Parteienverdrossenheit ableiten? Nicht unbedingt. Politische Parteien können in einer schnelllebigen Welt einen Hort von Stabilität und Berechenbarkeit darstellen und mehr als nur Einzelinteressen vertreten. Wechselwähler wandern zwar in großen Scharen von den traditionellen Volksparteien ab, doch sie wenden sich stattdessen den kleineren Parteien zu. Gleichzeitig zeigen die Parteien, dass sie den Wandel annehmen: Sie öffnen sich für neue Konstellationen und bieten neue Wege zum „Mitmachen“ an, auch ohne sich parteipolitisch zu binden – was von vielen Bürgern durchaus angenommen wird. Auf diesem Wege bleibt die Partei eine gesellschaftliche Organisationsform mit Zukunft. Johannes Issmer, FKN [email protected] Artikel Wahlpflicht – Von Risiken & Nebenwirkungen Stuttgart 21, das Kernenergiekonzept, der Ausbau der A100 - die Deutschen sind in Proteststimmung. Die Politikverdrossenheit im Land war nie größer: Fast täglich hört man in den Medien, wie sich die Menschen über die vermeintliche Realitätsferne der Politiker beklagen. Bis November 2010 verlor die Regierungskoalition 28% ihrer Unterstützer (und erreichte damit ein Umfragetief von 34%), Tendenz abnehmend. Das verwundert vor allem dann nicht, wenn man einen Blick auf ihre Legitimationsbasis wirft: Insgesamt erhielt die Union-FDP-Koalition 48,4% der abgegebenen Stimmen bei der Bundestagswahl 2009. Man beachte: weniger als die Hälfte der abgegebenen Stimmen. Doch wie viele der 62,2 Mio. Wahlberechtigten rafften sich an jenem sonnigen Sonntag auf, um den Weg in die Wahllokale zu suchen? 72%! Somit haben gerade mal ein Drittel der Wahlberechtigten, oder ein Viertel aller Einwohner dieser Regierung ihre Zustimmung gegeben. Kein Wunder, dass die Mehrheit der Deutschen die Regierungspolitik verteufelt, sie hat sie ja auch nicht explizit gewollt! Nun könnte man, um es sich einfach zu machen, die ständige Kritik an der nationalen Politik mit dem Negativismus des deutschen Naturells begründen, welcher unbestritten historischen Wert besitzt. Während jedoch die deutsche Meckerkultur ihren Klimax feiert, schlummert paradoxerweise die Wahlbeteiligung auf ihrem Tiefpunkt. Das verursacht nicht nur ein Legitimations- und Akzeptanzproblem für Regierungen, vielmehr wird somit der Grundsockel einer jeden Demokratie ausgedünnt. Das einfachste Mittel legitimierter politischer Mitbestimmung bleibt damit ungenutzt. „Demokratie ohne Demokraten funktioniert nicht“, meint der SPD-MdB Jörn Thießen nach der Europawahl und fordert die Einführung einer sanktionierten Wahlpflicht, wie sie in anderen EU-Staaten praktiziert wird. Dabei verkennt er die Gefahren des Wahlzwanges. Nicht nur wäre die Zwangslösung verfassungswidrig, auch haben Studien (A.Lijphart; S.Verba) gezeigt, dass beim Gang zur Wahlurne eine Selbstselektion unter den Wahlberechtigten stattfindet. Demnach machen vor allem diejenigen von ihrem Wahlrecht Gebrauch, die aus höheren Bildungsschichten stammen, während bildungsfernere Milieus eher Proteste und Demonstrationen zum Ausdruck ihrer Meinung nutzen. Das ist zunächst auch begrüßenswert, denn Untersuchungen haben ebenfalls ergeben, dass Wähler eines höheren Bildungsniveaus besser in der Lage sind, soziale und ökonomische Entwicklungen zu analysieren. Sie tendieren dazu allgemeinwohlorientiertere Entscheidungen zu treffen, die ihren eigenen Erfahrungshorizont überschreiten. Das heißt nicht, dass eine breitere Wahlbeteiligung nicht erstrebenswert ist. Jedoch ist der Ansatz des Wahlzwangs der absolut falsche. Stattdessen muss - mal wieder - bei der Bildung angefangen werden. Sie fördert eigenverantwortliche Informationsbeschaffung, welche wiederum Schlüssel zur Motivation zu politischer Aktivität ist. Eine umfassende Allgemeinbildung sowie der gezielte Ausbau analytischen, multiperspektivischen Denkens wird langfristig bei den Bürgern automatisch dazu führen, dass sie in der Lage sind, politische Meinungen zu entwickeln, welche sie mit Abgabe ihres Stimmzettels auch artikulieren wollen. Aus der Wahlbeteiligung ergibt sich erwiesenermaßen der Anreiz zur weiterführenden Mitgestaltung; sie ist also der Knotenpunkt politischer Partizipation und damit des demokratischen Staates insgesamt. Die Entwicklung in Deutschland zeigt, dass es neben Steuer- und Wirtschaftskonzepten notwendig ist, die Mechanismen und Grundpfeiler unserer Demokratie zu stärken. Nur durch eine politisch gebildete Bürgerschaft kann verhindert werden, dass ein generationenübergreifender Teufelskreis zu mehrheitlicher Politiklethargie führt und eine vom Volk losgelöste Politik-Elite die Geschicke des Landes lenkt, während sie dafür permanent kritisiert, sabotiert und verachtet wird. Anna Dietrich, FKN [email protected] Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de 5 Artikel Volksentscheid = Entscheidung vom Volk? In letzter Zeit wurde zum Beispiel im Zusammenhang mit Stuttgart21 oder der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken immer wieder der Ruf nach einem Volksentscheid laut. Im Sommer 2010 wurde sogar in dieser Form in Bayern über das Rauchverbot und in Hamburg über die Schulreform abgestimmt. Dabei werden die Begriffe „Bürgerentscheid“, „Volksentscheid“, „Volkbegehren“ und „Volksabstimmung“ häufig synonym verwendet. Doch ist das eigentlich alles das Gleiche oder bezeichnen diese Begriffe unterschiedliche Prozesse? Und ist diese Form von Bürgerbeteiligung sinnvoll? Der Oberbegriff ist in diesem Fall „Volksabstimmung“. Er wird häufig pauschal für alle Formen von Bürgerbeteiligung verwendet, bezeichnet aber eigentlich ein mehrstufiges Abstimmungsverfahren. Auf kommunaler Ebene ist dieses Verfahren meist zweistufig: ein Antrag auf einen Bürgerentscheid heißt Bürgerbegehren. Damit dieses erfolgreich ist, muss eine bestimmte Anzahl von Unterschiften in einem bestimmten Zeitraum gesammelt werden. Dann wird ein Bürgerentscheid durchgeführt, bei dem über einen konkreten Sachverhalt mit „Ja“ oder „Nein“ abgestimmt wird. Damit das Ergebnis gültig wird, muss sich ein gewisser Prozentsatz der Wahlberechtigten an der Abstimmung beteiligen. und der eingebrachte Entwurf wird abgelehnt, können die Initiatoren als dritten Schritt einen Volksentscheid verlangen. Statt einer solchen Initiative kann auch direkt ein Antrag auf ein Volksbegehren gestellt werden. Wird dem stattgegeben, kann damit über die Durchführung eines Volksentscheids zu einem bestimmten Thema entschieden werden. Für den Erfolg eines Volksentscheids gelten die gleichen Bedingungen wie beim Bürgerentscheid. Auf Landes- und Bundesebene ist das Verfahren dreistufig, wobei es auf momentan nur auf Landesebene solche Abstimmungen gibt. Zunächst gibt es die Volksinitiative oder den Antrag auf ein Volksbegehren. Bei einer Volksinitiative handelt es sich um einen Antrag oder einen Gesetzesentwurf, über dessen Einbringung in das Parlament durch ein Volksbegehren abgestimmt wird. Ist dieses erfolgreich 6 Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de Doch inwieweit sind diese Verfahren geeignet, um die Bürger in politische Entscheidungs-prozesse einzubinden? Diese Frage ist in der Tat nicht leicht zu beantworten. Einerseits bietet ein Bürger- oder Volksentscheid die Chance, dass betroffene Bürger direkt ihre Meinung zu einem konkreten Vorhaben ausdrücken können. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass nur kurzfristig gedacht wird, die Wahlberechtigten lediglich auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind und es zu einer Blockadepolitik kommt. JuLiversums-Einladung: „partizipative Demokratie“ Liebe JuLis, liebe Interessenten, die JuLis FKN laden am 2. Februar 2011 passend zum Titel dieser Ausgabe zu einer Diskussions- und Informationsrunde mit Dr. Michael Efler, Landesvorsitzender Mehr Demokratie e.V. Berlin ein. Im Rahmen unserer Reihe „Politik trifft...“ setzen wir uns unter dem Motto „Partizipative Demokratie“ u.a. mit der aktuellen Protestkultur auseinander. Unser Referent Dr. Michael Efler stellt Partizipationsmöglichkeiten fernab der Wahlurne vor, erklärt uns das Proteststimmungshoch vor dem Hintergrund sinkender Wahlbeteiligung und wird seine Lösungsvorschläge für den deutschen Politik-Negativismus erläutern. Im Anschluss steht er uns Rede und Antwort auf alle unsere Fragen. Meiner Meinung nach sind Volksabstimmungen kein Allheilmittel. Volksentscheide auf Bun-des- und Landesebene sind höchstens bei Gesetzesentwürfen wie etwa dem Raucher-schutzgesetz in Bayern sinnvoll. Entscheidungen über Infrastrukturmaßnahmen sollten in diesem Umfang nicht gefällt werden, denn in der Regel sind die meisten Wahlberechtigten nicht von dem Vorhaben betroffen. Dennoch können Sie abstimmen und da häufig die eine Seite ihre Anhänger besser mobilisieren kann als die andere, werden die Ergebnisse verzerrt. Auf kommunaler Ebene können Bürgerentscheide sowohl in Bezug auf Gesetzesvorlagen als auch auf Infrastrukturmaßnahmen sinnvoll sein. Üblicherweise sind dort die meisten Bewohner von einem Vorhaben wie etwa einer neuen Umgehungsstraße betroffen und kön-nen auf diesem Weg ihre Meinung dazu äußern. Insofern gibt es kein klares Ja oder Nein zur Volksabstimmung. Wir freuen uns auf eure neugierigen und kritischen Beiträge und hoffen auf zahlreiches Erscheinen am Mittwoch, dem 2. Februar 2011, um 19:15 Uhr in einem der gemütlichen Cafés in FriedrichshainKreuzberg! Eure JuLis FKN. Ise Schmidt, Mitte Mitgliederbetreuerin der JuLis Berlin [email protected] Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de 7 Artikel Die Online-Petition – ein Instrument der Einflussnahme? Es war die Sternstunde der Online-Petition: Am 22. April 2009 reichte Franziska Heine die Petition „Internet – Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten“ beim Deutschen Bundestag ein, die sich gegen das von der damaligen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen geplanten Gesetz zur Sperrung von kinderpornografischen Internetseiten richtete. Mit dem sog. Zugangserschwerungsgesetz wollte von der Leyen erreichen, dass der Aufruf solcher Seiten durch ein rotes Stoppschild blockiert wird was ihr prompt den Spitznamen Zensursula einbrachte. Die Petition hatte riesigen Erfolg: Nach ihrer Freischaltung am 4. Mai 2009 auf dem Server des Deutschen Bundestages unterzeichneten innerhalb von vier Tagen über 50.000 Bürger und ließen sie damit die Mindestzahl an Zeichnern erreichen, die für eine persönliche Anhörung der Petentin im Bundestag nötig ist. Bis zum 16. Juni 2009, dem Ende der Zeichnungsfrist, trugen sich 134.015 Unterstützer ein – damit ist sie die bislang größte Online-Petition in der Geschichte der Bundesrepublik. Doch worin lag der große Erfolg der Online-Petition? War dies ein einmaliger Hype, oder könnte diese Form doch das Zeug dazu haben Demokratie von „unten“ und über das Internet zu erneuern? Die Möglichkeit der Einreichung einer Online-Petition an den Deutschen Bundestag gibt es seit 2005. Man unterscheidet hier zwischen Einzelpetitionen und Öffentlichen Petitionen. Während bei einer Einzelpetition für gewöhnlich lediglich private Anliegen eines Einzelnen über ein Online-Formular an den Petitionsausschuss des Bundestages übermittelt werden, steht bei einer Öffentlichen Petition die Anzahl der Mitunterstützer eines 8 Anliegens im Mittelpunkt. Einer der großen Vorteile von öffentlichen Online-Petitionen ist mit Sicherheit die niedrige Hemmschwelle für eine Mitunterzeichnung, die ohne großen zeitlichen Aufwand von jedem internetfähigen Computer erfolgen kann. Mai dieses Jahres eine Petition gegen die steigenden Haftpflichtprämien für Hebammen einreichte. Flankiert von Pressemitteilungen und Anzeigen in der „Offline-Welt“ wurden sowohl Unterschriften gesammelt als auch für die Online-Unterzeichnung geworben. Außerdem lässt sich online ein Anliegen schnell und großflächig kommunizieren. So wurde das Medium Internet etwa im Fall von Franziska Heine nicht nur für die Zeichnung der Petition selbst genutzt, sondern die „Vermarktung“ und Verbreitung geschah vor allem ebenfalls online. Mit Erfolg: Bereits nach drei Tagen waren 50.000 Unterzeichner gewonnen, womit die Schwelle zur Anhörung im Ausschuss erreicht war. Bis zum Zeichnungsende gab es über 186.000 – davon über 60 Prozent online. Die Möglichkeit der Einreichung einer Online-Petition an den Deutschen Bundestag gibt es seit 2005. Über Soziale Netzwerke wie Facebook, über Microblogging-Dienste wie Twitter sowie über diverse Blogs und Foren wurden die Unterstützer mobilisiert. Erst daraufhin griffen auch die „Offline-Medien“ das Thema auf und sorgten ihrerseits für Wiederhall in der Onlinewelt. Ähnlich war das Vorgehen des Deutschen Hebammenverbandes, der im Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de Diese und andere Beispiele großer und erfolgreicher Online-Petitionen zeigen, dass das Medium Internet durchaus öffentliche Anliegen in einer Art „Demokratie von unten“ befördern und direkt in die politischen Entscheidungsprozesse einbringen kann. Allerdings besteht der maximale „Erfolg“ darin, im entsprechenden Ausschuss angehört zu werden, dem Anliegen insgesamt eine große Resonanz und damit Gewicht zu verschaffen. Eine Art Volksentscheid ist die OnlinePetition zweifelsohne nicht, nichtsdestotrotz dürfte sie – gut online und offline kommuniziert – weiter an Bedeutung gewinnen. Johannes Issmer, FKN [email protected] Artikel Populismus 2.0: Von Eisbären und Kavalieren Ein drogenfreies Parlament bis 2020, kostenlose Handtücher für Badegäste und ein neuer Eisbär für den Zoo. So sieht ein volksnahes Wahlprogramm aus - in Island jedenfalls. Die Spaßpartei „Besti flokkurinn“ (Beste Partei) trat im Sommer 2010 mit diesen Kernforderungen zur Bürgermeisterwahl in Reykjavik an – und gewann. Zumindest der Eisbär soll nun tatsächlich kommen. Deutlich humorloser aber nicht minder volksnah buhlten bei den US-amerikanischen midterm elections einige Kandidaten der Tea-Party um Wählerstimmen: So versprach Gouverneurskandidat Carl Paladino der unfähigen Verwaltung New Yorks mit der Baseball-Keule zu Leibe zu rücken, während Senatskandidatin Christine O’Donell unbekümmert gegen Masturbation und Evolution fabulierte. Was die schrillen Kandidaten der Tea Party mit den fröhlichen Clowns der Besti flokkurinn verbindet, ist die Geringschätzung des als unfähig empfundenen politischen Establishments. Diese Entfremdung zwischen Regierten und Regierenden ist die Grundvoraussetzung erfolgreicher populistischer Agitation, die Vereinfachung von Problemen und der Einsatz kerniger Rhetorik sind ihre Mittel. Das Prinzip der gnadenlosen Simplifizierung ist das Erfolgsgeheimnis des Populismus, zugleich aber auch seine Achillesverse. Schlichte Konzepte und plakative Forderungen mögen Wählerstimmen bringen, bei der Bewältigung komplexer Sachfragen helfen sie wenig. Die Gefahr, als plebejischer Löwe in die politische Arena zu starten und als Bettvorleger im parlamentarischen Alltag zu landen, ist hoch - Ronald Schill lässt grüßen. Dass Populismus aber durchaus auch dauerhaft funktionieren kann, beweist Silvio Berlusconi. Trotz Reformstau und Rekordverschuldung der öffentlichen Haushalte, trotz abnehmender Wettbewerbsfähigkeit der italienischen Wirtschaft und trotz schwacher Produktivität wählten die Italiener den Westentaschen-Duce 2008 zum dritten Mal in den Palazzo Chigi und bestätigten seine Popolo della Libertà (Parteihymne: „Zum Glück gibt es Silvio“) auch bei den italienischen Regionalwahlen im März 2010. Das Prinzip Berlusconi ist denkbar simpel: Selbststilisierung als politischer Outsider, populärer Volkstribun und als Macher. Anstatt sich mit mühseligen Strukturreformen zu belasten, setzt Il Cavaliere lieber auf einfache, öffentlichkeitswirksame Aktionen: Die für italienische Verhältnisse rasche Beseitigung des neapolitanischen Müll-Chaos oder Berlusconis zupackende Omnipräsenz nach dem Erdbeben von L‘Aquila waren klug kalkulierte, effektive Selbstvermarktungsaktionen eines begnadeten Populisten. konkretes Handeln durch öffentliche Entrüstungsrhetorik zu ersetzen. Eine Technik, deren Urheberrechte übrigens bei den Grünen liegen dürften. Populismus ist also Bestandteil der politischen Realität. Auch in Deutschland und in allen politischen Lagern. Besserung ist nicht in Sicht - im Gegenteil: Das Web 2.0 revolutioniert mittels Facebook, Twitter & Blogs zunehmend die politische Willensbildung. Kampagnen, die noch vor wenigen Jahren lokal versickerten, erreichen heute Millionen und zwingen die Politik, Farbe zu bekennen. Der politische Diskurs wird dadurch schneller, lauter und volksnäher werden. Populistischer eben. Dirk Lange, CWS [email protected] Hierzulande fühlen sich vor allem Oskar Lafontaine und Horst Seehofer dem gesunden Volksempfinden verbunden. Die SPD hinkte lange etwas hinterher, hat unter Sigmar Gabriel aber ordentlich aufgeholt. Wäre doch gelacht, wenn sich aus Stuttgart21 oder aus Hartz4 nicht sozialdemokratischer Honig saugen ließe. Und die Liberalen? Guido Westerwelle erliegt auch in Regierungsverantwortung gelegentlich der Versuchung, Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de 9 Artikel „Demokratie falsch verstanden“ Den Deutschen werden einige Tugenden nachgesagt. Dazu zählt auch der Fleiß: Viele Menschen in Deutschland gehen zurzeit auf die Straßen, um fleißig jeden Tag zu protestieren. Den Protest beim Projekt „Stuttgart 21“ tragen beispielsweise das „Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21“ und weitere Gruppierungen aus Stuttgart und Umgebung. Zehntausende beteiligen sich an den Demonstrationen. Ein Bürgerbegehren zum Ausstieg aus Stuttgart 21 unterschrieben über 61.000 Stuttgarter. Einige haben inzwischen den Protest als wahrhafte Leidenschaft kultiviert und damit falsch verstanden, was Demokratie bedeutet. Das Projekt wird seit 15 Jahren vorbereitet, der Bundestag, der badenwürttembergische Landtag und das Stadtparlament haben zugestimmt, auch seinerzeit die Grünen-Vorsitzenden Renate Künast und Jürgen Trittin im Schröder-Kabinett. Es wurden 60 Alternativen diskutiert, rund 30 externe Gutachten angefertigt, über 11.500 Änderungswünsche von Bürgern, Gemeinden und Verbänden berücksichtigt. Unabhängig davon, ob man nun für Stuttgart 21 ist oder dagegen - das Verhalten der Gegner ist absolut unangemessen, insbesondere das der Grünen, die das Projekt lange Zeit unterstützt haben und nun in der Opposition bei den Wählern mit Populismus zu punkten versuchen. Stuttgart 21 hat einige Vorteile wie z.B. eine größere Kapazität, einen positiven Beitrag zur Stadtentwicklung, die Schaffung vieler Arbeitsplätze und eine internationale Anbindung zu verschiedenen großen Städten Europas. Gerade heutzutage müssen wir „global denken und lokal handeln“. Wer sich heute abschottet, verliert den Anschluss an die Welt. Als Nachteil wird angeführt, dass die jahrelange Großbaustelle im Zentrum Stuttgarts zu Verkehrsbehinderungen und Lärmbelastung führen. Genauso wie vor einigen Jahren beim Potsdamer Platz, der heute kaum noch von Berlin wegzudenken ist. Aber wir sind halt mal einfach dagegen, weil wir das Alte so gern bewahren möchten und das Neue Risiken birgt! Auch der ursprünglich für das Jahr 2010 geplante Ausbau der A100 in Berlin vom Autobahndreieck Neukölln bis zum Treptower Park bekommt organisierte Gegenwehr. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund) 10 Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de und die Bürgerinitiative Stadtring Süd (Biss) wollen gemeinsam den Weiterbau der Stadtautobahn stoppen. Durch die Verlängerung der A 100 soll die Berliner Innenstadt vom Verkehr entlastet und eine bessere Verbindung zum geplanten Großflughafen BBI geschaffen werden. Aber da war doch etwas? Stimmt! Gegen den Großflughafen wird natürlich auch wieder protestiert. Es muss ja immerhin im gemeinsamen deutschen Interesse verhindert werden, dass Häuser abgerissen werden und Kleingärten verschwinden. Deswegen gab es, fleißig wie die Deutschen halt sind, 30 Bürgerinitiativen - und einige fordern bereits, ähnlich wie bei „Stuttgart 21“, einen kompletten Baustopp. Demokratie aber sollte niemals so weit gehen, dass darüber abgestimmt wird, wer in der Familie der Vater ist. Wie in einer Familie, in der das Kind sämtliche Entscheidungen für sich trifft und somit auch natürlich alle Vorzüge genießen möchte, ohne gewisse Grenzen und Schranken durch die Eltern zu erfahren. Würden die Wähler direkt über solche Wohltaten entscheiden, wäre die baldige Staatspleite wohl unvermeidlich. Und setzt sich der Trend fort, schaufelt sich Deutschland demokratisch sein Grab. Also liebe Deutsche: Wenn Ihr etwas ändern wollt, nutzt euren Fleiß wieder mehr für eure eigene Bildung oder geht in die Politik, statt jedes Mal auf die Straße! Dario Mohtachem, CWS [email protected] Artikel Freiburg hat Vorfahrt! Seitdem die FDP Gestaltungsverantwortung in der Regierung trägt, ist es noch wichtiger als in Oppositionszeiten, auf ein ideologisches Fundament zurückgreifen zu können, um konkrete Politik sinnvoll zu gestalten. Dieses Fundament muss jenseits von Tagespolitik bestehen, aber für diese zugleich fruchtbar gemacht werden können. Nur so kann die Bevölkerung von liberaler Politik überzeugt werden. Woran liegt es nun aber, dass es der FDP nicht gelingt, breite Bevölkerungsschichten mit ihrer Politik für sich zu gewinnen? Wieso scheint bei so vielen komplexen Thematiken immer als erstes und am lautesten der Ruf nach Steuersenkungen aus der FDP zu erschallen? Ist ein „einfaches, gerechtes Steuersystem“ tatsächlich tragende Säule liberalen Politikverständnisses? Dagegen spricht die Verantwortungswahrnehmung für Frieden in der Welt, vor allem in Europa. Dies ist u.a. durch die klare Linie um die Nichtnominierung von Frau Steinbach für die Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt worden. Auch die Bürgerrechte verteidigende Politik, etwa in Fragen von Sicherungsverwahrung und Informationsfreiheit, zeugen von einem ganzheitlich liberalen Politikverständnis. Selbst in der Wirtschaftspolitik bekennt sich die FDP im Tagesgeschäft zur Notwendigkeit der stärkeren Regulierung von bestimmten Wirtschaftszweigen, bspw. durch die Verschärfung der Eigenkapitalberechnung der Banken bei der Veräußerung von Forderungen. Kurzarbeit für Not leidende Menschen wird auch unter einem FDP-Wirtschaftsminister fortgeführt. All dies verwundert nicht, führt man sich den Einfluss beeindruckender Denker auf die FDP-Programmatik vor Augen, der sich insbesondere in den Freiburger Thesen manifestierte. Frauen und Männer vom Schlage Reinhard Naumanns bildeten mit ihren sozial-liberalen Gedanken das Fundament intellektuellen Funkenschlags weit über die Partei hinaus. Für die siebziger Jahre bahnbrechend und heute noch programmatisch grundlegend für die FDP, wurde dort dem Umweltschutz Vorrang vor Gewinnstreben und persönlichem Nutzen Einzelner eingeräumt (s. vierter Teil, These 1). Die liberale Reform des Kapitalismus sollte zugleich der Steigerung der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft, wie ihrer Mitmenschlichkeit dienen (s. Einleitung, These 4). Diskutiert man unter dem Blickwinkel solcher Thesen mit Liberalen außerhalb der FDP sind diese begeistert, verbunden werden diese Thesen jedoch mit der Politik von SPD oder Grünen. Wie kann das sein? Die Freiburger Thesen sind noch immer gültig, sie sind nicht aufgehoben worden. Sie scheinen aber im Parteibewusstsein von Sprüchen wie: „Sozial ist was Arbeit schafft!“ oder „ Steuern runter, Arbeit rauf!“ übertönt zu werden. Wir sollten uns in der anstehenden Debatte um ein neues Grundsatzprogramm dafür einsetzen, dass Freiburg nicht geschliffen wird und damit die FDP in eine Ecke abdriftet, in der nur über Entfesselung im libertären Sinne schwadroniert wird. Außerdem müssen wir, wo immer es geht, dafür kämpfen, dass unsere „Mutterpartei“ auch in der Tagespolitik darauf aufmerksam macht, dass es höhere Werte gibt als materiellen Wohlstand und sich an Steuersenkungen nicht die Zukunft unseres Landes entscheidet! Dr. Mischa Hecker Vorsitzender des Landesschiedsgerichts der Julis Berlin [email protected] Doch der Wahlkampf ist vorbei und es ist Zeit für ganzheitlich-liberale Politik in Deutschland. Daher ist es richtig, dass die FDP sich ein neues Grundsatzprogramm geben will. Es kann vor allem der Eichung des liberalen Kompasses dienen, denn: „So viel ist sicher, daß der Liberalismus als Gesamterscheinung zu Ende ist, wenn er (...) aus Furcht oder Mangel eines neuen freiheitlichen Gedankens sich tatenlos und programmlos zurückzieht“ (Friedrich Naumann). Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de 11 Gast-Beitrag Was tun, wenn die Glaubwürdigkeit schwindet? Nicht das Image der Partei, sondern das Image der Kandidaten bestimmt Nicht das Image der Partei, sondern das Image der Kandidaten bestimmt Die FDP stürzte ab. Sie steht schwankend zwischen vier und sechs Prozent in den Umfragen. Eigentlich nicht verwunderlich, sind die Erwartungen an die Liberalen vor der Wahl, von Jahr zu Jahr, in fast viel zu großen Dimensionen gewachsen. Als dann im September 2009 die Blase platzte, die FDP sich der Verantwortung und ihren eigenen Versprechen stellen musste, machte sich unter den Wählern tiefer Unmut breit. Sie dachten, sich mit Guido Westerwelle und der blau-gelben Partei einen Mercedes zu kaufen, mussten nach der Wahl aber feststellen, dass sie anscheinend nicht mehr als einen VW bekamen. ihre Ergebnisse im Hinblick auf die langfristige Bindung der Wähler strategisch verarbeitet werden. Der FDP in Berlin muss es nun auf beide Dinge ankommen, wenn sie ihre Chance, wieder in das Abgeordnetenhaus einziehen zu können, ernsthaft wahrnehmen will. Begeisterung und Wählerorientierung sollten einander nicht ausschließen. Besonders entscheidend ist es dabei, sich von den Entwicklungen auf Bundesebene hinreichend abzugrenzen. „Ich sage Ihnen, es ist ein ungeheueres Glücksgefühl, wenn Sie am Sonntag Ihre Stimme der FDP schenken“, rief Westerwelle den Bürgern im Wahlkampf zu. Mit Begeisterungsfähigkeit kann in der politischen Landschaft viel bewirkt werden. Langfristiger Erfolg braucht jedoch noch mehr: eine gesunde Wählerorientierung. Es gilt, im Rahmen des politischen Marketings bereits vor der Wahl zu klären, welchen Bedarf es bei den Wählern gibt, welche Bedürfnisse man bei den Wählern selbst wecken will, welche Bedürfnisse man wecken kann und wie sich diese „im Zweifel“ auch tatsächlich erfüllen ließen. Je planmäßiger und präziser eine solche Analyse stattfindet, desto erfolgversprechender können Die FDP als Marke wird in den Wahlkämpfen 2011 nicht großartig punkten können, wenn sie nicht einen individuellen Strategiewechsel erfährt. Die Kandidaten vor Ort müssen sich etablieren, jeden Tag ein Stückchen mehr. Die Personen müssen medial in den Mittelpunkt gestellt werden, müssen an Glaubwürdigkeit gewinnen. Die Marke FDP kann sie dabei „leise“ begleiten, doch das Image bestimmen die aufgestellten Kandidaten – Guido Westerwelle bleibt außen vor. Langfristiger Erfolg braucht jedoch noch mehr: eine gesunde Wählerorientierung. 12 Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de Autor: Christoph Krelle, Berater für politisches Marketing, Courageous Concepts Mehr Informationen finden Sie hier: http://www.cc-politikberatung.de Artikel Aufstand der Aufrichtigen? Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Thema Sicherungsverwahrung ist eine hitzige Debatte entbrannt. Sollen Straftäter aufgrund dieser Entscheidung aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden? Wie soll eine Sicherungsverwahrung im Unterschied zu normalen Gefängnissen aussehen? Soll es eine zentrale Straftäterdatei geben, die deren Wohnort für alle im Internet nachvollziehen lässt? Wir brauchen schnell eine Gesetzesreform, die das Thema „Sicherungsverwahrung“ endgültig zufriedenstellend festlegt und eine klare Grenze zur Strafhaft zieht. Doch wie ist mit den bereits verurteilten „Problemtätern“ zu verfahren? Fakt ist, dass es unmöglich ist, alle Täter 24 Stunden am Tag von der Polizei observieren zu lassen. Ebenso kann eine elektronische Fußfessel keine Sicherheit bieten. Alle in Haft zu lassen geht aber aus rechtsstaatlichen Gründen genauso wenig, da die Rechtssicherheit und das Prinzip „Keine Strafe ohne Gesetz“ zurecht Grundpfeiler unserer Gesellschaftsordnung sind. Ein Aushebeln dieser Prinzipien würde Tür und Tor für jeglichen Missbrauch seitens der Machthabenden öffnen und würde auch einer Überprüfung durch Gerichte nicht standhalten. Bei aller Sorge um die Sicherheit – denn es gibt tatsächlich brandgefährliche Rückfalltäter – bitte ich, eine Sache zu bedenken: Die Pressemeldungen über Demonstrationen gegen freigelassene Straftäter (Bild) erfüllen mich oft mit Sorge. Ich finde es unserer Gesellschaft nicht würdig, dass sich ganze Dorfgemeinschaften mit teils menschenverachtenden Plakaten zu Demos zusammentun, weil keiner einen freigelassenen Täter in seiner Nachbar- schaft wohnen haben will. Neben der tatsächlichen Angst habe ich das Gefühl, dass hier aufgestaute Wut und Frustration ein Ventil suchen, und man glaubt, die oberste Legitimation zu Gewalt und Selbstjustiz gegen speziell dafür freigegebene Personen zu haben. Man fühlt sich rechtschaffend, hat ein vermeintlich gutes Ziel wo alle mitmachen und erzeugt dabei schnell eine gefährlich eskalierende Situation. Dabei unterscheidet man meist nicht zwischen Tätern, die ihre Strafe abgesessen haben und sich wieder in die Gesellschaft integrieren möchten, und andererseits potentiell gefährlichen Verbrechern, die „nur“ aufgrund juristischer Detailentscheidungen freigekommen sind. Eine öffentliche Straftäterdatei würde dies noch verschärfen. Unser Staat ist ein Rechtsstaat, weil er eben keine Menschen zum Abschuss freigibt oder Denunziantentum legitimiert und mit der Wut des Volkes spielt. Es erfordert viel Selbstdisziplin und manchmal einen Blick in die eigene Vergangenheit, um zu verstehen, das es nicht sinnvoll ist, seine Entscheidungen Angst und Wut zu überlassen. Unser Rechtssystem ist eine der größten Errungenschaften unserer Zeit und Garant für ein freies und menschenwürdiges Leben. Holger Sieg, Mitte [email protected] Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de 13 Artikel Männer sind ... und Frauen auch – Überleg dir das mal! Die Bilder der Berliner JuLi-Mädels sind bewusst an den früheren BundesJuLis-Flyer angelehnt. Der wird seit dem Bingo-Vorfall übrigens nicht mehr verwendet.... 14 Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de Bericht Aktion Jacken für Bedürftige ... jedenfalls nicht nur gut genug für eine Bingo-Spielvorlage. So geschehen mit einem Flyer des JuLi-Bundesverbandes, der eigentlich für mehr Frauen in der Politik werben sollte. Doch wie so oft werden die aktiven und selbstbewussten Frauen nicht als für den Verband wichtig wahrgenommen, sondern die Bilder werden als Steilvorlage für Lästereien und Belustigungen benutzt. Dies wie so oft im (Politiker)Leben. Dass wir das so nicht akzeptieren wollen, zeigt der Beschluss des Landeskongresses 1/2009, auf den ein Konzept des erweiterten Landesvorstands folgte, wie u.a. das „Problem Frau“ besser in den Griff zu kriegen ist. Dass es bei der Entstehungsgeschichte dieses Papieres zu vielerlei (nicht nur sachlichen) Diskussionen kam, war traurig, aber auch leider folgerichtig, da es sich immer noch um ein recht sensibles Thema handelt. Nicht nur Mann und Frau, sondern auch Frau untereinander teilt nicht immer die gleichen Vorstellungen. Doch war es wichtig, diese, nicht von allen wahrgenommene, aber durchaus vorhandene Problematik, einmal auf die Tagesordnung zu setzen. Denn von sexuellen Anspielungen über Verunglimpfungen bis hin zu Belästigungen ist alles vorgekommen. Deshalb gilt es, Problembewusstsein zu schaffen, den Umgang untereinander und die Kommunikation über Missstände zu verbessern. Eines der wichtigsten Ideen war hierbei das Netzwerk-Projekt: Die Berliner Entgegen anders lautender Gerüchte haben wir JuLis mit der großen Kleiderspendenaktion für die Diakonie im Herbst 2010 bewiesen, dass unser Engagement weit über eine vielfach unterstellte Klientelpolitik hinausreicht. Politik für die Menschen vor Ort fängt mit der Bekämpfung sozial unhaltbarer Zustände an. Die Nächstenliebe sollte hierbei stets Priorität vor der Frage nach der Selbstverschuldung sozialer Umstände und der politischen Diskussion möglicher Reintegrationsmaßnahmen genießen. JuLi-Frauen sollten sich durch regelmäßige Treffen besser kennenlernen, um durch eine bessere Vernetzung künftig mehr bewegen zu können oder auch nur Tipps und Tricks auszutauschen. Sei es programmatisch oder organisatorisch, Frauen sollen als ernstzunehmende Macht angesehen werden. Mit Ladies` Brunch und Dinner begann es, mit Fertigkeitenseminaren und anderen Aktivitäten kann es weitergehen. Die Mädels lernen sich besser kennen, bauen so auch Vorurteile untereinander ab und finden es vielleicht ausnahmsweise auch mal schön, sich nur unter „Gleichgesinnten“ zu unterhalten auch wenn wir alle recht verschieden sind. Zeitlich parallel zum ersten winterlichen Kälteeinbruch wurde deswegen Anfang Oktober die Kleidersammelaktion durch einen Aufruf auf der Mitgliederversammlung der JuLis Mitte ins Leben gerufen. Bereits zwei Wochen später kamen viele freiwillige Helfer auf dem Landeskongress zusammen, um für den guten Zweck zu spenden. Auch auf dem 2. Abgabetermin des Bezirksverbands Mitte am 11.11. konnten zahlreiche Textilien entgegengenommen werden. Neben mehreren trotz kaltem Novemberwetters mit den Öffentlichen angereisten Gönnern konnte auch ein verbandsexterner Großspender gewonnen werden. Einige Spendenutensilien wurden sogar „live“ auf der Sitzung von ihren Trägern ausgezogen und für die gute Sache bereitgestellt. Insgesamt hat der JuLi-Landesverband Berlin über fünf große Ikea-Tüten voller Textilspenden zusammengetragen und an die Diakonie Teltow-Zehlendorf übergeben. An dieser Stelle möchte ich noch einmal allen danken, die mich bei der Durchführung der Aktion tatkräftig unterstützt haben. Jenny Langner, BV Mitte [email protected] Auf dem letzten Landeskongress waren erstaunlich viele Frauen anwesend und weibliche Wortmeldungen gab es reichlich. Dies vielleicht schon ein erster Erfolg? Wir wollen es hoffen! Ich kann jedenfalls alle JuLi-Mädels nur dazu ermuntern, einmal bei einem Treffen vorbeizuschauen, das Potential zu erkennen und dann daraus zu machen, was ihnen gefällt. Denn ein Netzwerk funktioniert nie „von oben“, sondern lebt von seinen Partizipanten. Josephine Blankenstein, JuLis Nord, josephine.blankenstein@ julis-berlin.de. “Wer mitmachen will, einfach bei Anna Dietrich oder mir melden oder auf Facebook in die Gruppe JuLi-Mädels (Berlin) eintreten.“ Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de 15 Bezirksberichte Wie sehen die Planungen zum Wahlkampf aus? Wie stellen wir JuLis uns die Zukunft unserer Hauptstadt Berlin vor? Diese und viele weitere Punkte diskutierten wir in großer Runde mit Christoph Meyer am 06.09. Am 21.09. kamen wir zu einer inhaltlich getriebenen Mitgliederversammlung zusammen. Wir besprachen zwei Anträge: zur besseren Integration von Ärzten aus der ehemaligen Sowjetunion sowie zur Beibehaltung der Pendlerpauschale. Beide Anträge wurden nach hitziger Debatte abgelehnt. Zwei Tage später besichtigten wir das „Haus des Rundfunks“, ein Haus mit viel Geschichte: Während des 2. Weltkriegs wurde von dort die Goebbelsche Propaganda ins ganze Land übertragen. Nach dem Krieg war das Gebäude eine sowjetische Enklave in West-Berlin. Am 12.10. trafen wir uns im Rathaus Spandau, um das Antragsbuch zum kommenden Landeskongress zu beraten. Besonders freuen konnten wir uns über zwei Neumitglieder sowie zwei Interessenten – ungewöhnlich viele neue Gesichter für einen Termin im fernen Spandau. Eine Podiumsdiskussion zu Wohl und Wehe der Gemeinschaftsschule, ein Workshop unter dem Motto „Berlin – Bildungsstandort Nr. 1!“, eine Diskussionsrunde zur Hauptschule, fünf Experten, 15 Teilnehmer: das war „Apropos Bildung“ am 16. Oktober; ein Format, das gut ankam und viel Zukunftspotenzial bietet. Kurz nach unserer Versammlung in Charlottenburg (Thema: grüne Politik) besuchten wir am 19.11. eine Vorstellung des Prime Time Theater in Wedding – hochpolitisches Schauspiel wurde geboten. Die bevorstehende kalte Jahreszeit rückt immer näher und so wurden bei uns in Treptow-Köpenick die letzten Sonnenstrahlen genutzt, um unsere Flyer zur Abschaffung der Wehrpflicht vor Oberschulen in unserem Bezirk zu verteilen. Der Appell wurde verstanden und von fast allen Schülern unterstützt. Auch hatten wir zu diesem Thema einen Offizier der Bundeswehr eingeladen, um mit einem Betroffenen über die Planung zu diskutieren. Es wurde lange debattiert, als Ergebnis nehmen wir jedoch mit, dass unsere Forderung – die Abschaffung der Wehrpflicht – vollkommen richtig ist! Auf unseren Bezirksversammlungen berieten wir Anträge für die Landeskongresse und diskutierten über den politischen Alltag. Durch eine Hand voll Neumitglieder wurden die Diskussionen umfangreicher und gleichzeitig auch spannender. Als Neumitglieder begrüßen wir: Eric Schulz, Luise Hennicke, Claudia Marschner und Francesco Malo. 16 Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de Bezirksberichte Reinickendorf sucht den Superlehrer – Eine Initiative der Jungen Liberalen Nordberlin Wir glauben nicht an das Vorurteil vom faulen Lehrer. Darum wollen wir mit RSDS auf hervorragendes Engagement in Reinickendorfs Schulen aufmerksam machen. Gute Lehre fängt für uns im Kleinen an und entscheidet sich nicht an der einen oder anderen Bildungsideologie. Wir glauben, dass es trotz der verkorksten Berliner Bildungspolitik der letzten Jahre immer noch viele Lehrer gibt, die sich von starren und ständig wechselnden Vorgaben von oben nicht kleinkriegen lassen. Und mit unserer Initiative wollen wir den besten, engagiertesten und beliebtesten Lehrer, kurz den Superlehrer in Reinickendorf finden. Ohne Frage gibt es auch den einen oder anderen Lehrer, bei dem der Eindruck entsteht, dass er den Beruf verfehlt hat. Deswegen treten wir unter anderem dafür ein, dass Schulen autonom über ihr Personal entscheiden, also ihre Lehrer selbst einstellen und auch selbst wieder entlassen können. Aber um diese Negativbeispiele geht es oft genug! Daneben gibt es auch viele gute und engagierte Lehrer, deren Arbeit nicht einmal ansatzweise ausreichend gewürdigt wird. Das wollen wir ändern, denn wir finden: gute Leistungen müssen mehr als bisher belohnt werden. Wir sind uns sicher, dass wir mit RSDS viele Beispiele hervorragender Lehre in Reinickendorf finden werden. Unser Bezirk kann stolz auf jedes Einzelne von ihnen sein. Eine so große und umfangreiche Aktion wie RSDS ist natürlich nicht von uns alleine zu stemmen. Darum möchten wir uns auch ganz herzlich bei allen für die tolle Unterstützung und die großzügig eingegangenen Spenden bedanken. Ausdrücklich danken möchten wir an dieser Stelle Andre Spannemann, Fritz Ohnesorge, Daniela Langer, Matthias Bick, Andreas Vetter und Mieke Senfteben. Zu unserer Abschlussveranstaltung seid ihr alle selbstverständlich herzlich eingeladen! Dann beantworten wir die spannende Frage: Wer wird Reinickendorfs Superlehrer? Nach der Sommerpause packten die Jungen Liberalen Wuhletal aktiv bei der Programmatik mit an. Beim Landeskongress im Oktober waren wir mit einigen Anträgen und mehreren Wortbeiträgen präsent. Bei den Vorbereitungen zum 41. JuLi-Bundeskongress in Berlin zeichnete sich unser Bezirksvorsitzender Sören Brodersen aus, indem er bei dem finanzpolitischen Seminar, das die JuLis Wuhletal zusammen mit den JuLis FKN und Mitte veranstaltet hatten, aktiv mitgearbeitet hat. Die Vorstellung und Diskussion über den Leitantrag zum Finanzmarkt, die Sören zusammen mit Christian Ebertz aus Mitte durchgeführt hat, ergab über 20 Änderungsanträge zum Leitantrag. Bei dem Bundeskongress am 12.-13.November stellte Sören mehrere Änderungsanträge der JuLis Berlin vor, die dann auch größtenteils angenommen wurden. Mehrere Mitglieder der JuLis Wuhletal waren beim BuKo aktiv dabei, auch als Helfer beim Check-In. Im November fand auch der Umzug unserer Homepage julis-wuhletal.de auf das Regio-System des Bundesverbandes statt. Mit dem Umzug verbinden wir die Hoffnung, mehr Neumitglieder zu gewinnen, da die neue Seite viel überschaubarer und optisch ansprechbarer ist. Für die nächsten Monate ist eine gemeinsame Aktion mit den JuLis Treptow-Köpenick zum Ausbau der A100 geplant. Somit setzen wir uns weiterhin für den Ausbau der A100 in unseren Bezirken und wollen für mehr Aufmerksamkeit und Zustimmung sorgen. Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de 17 Bezirksberichte Es war einmal das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) in Berlin-Friedrichshain. Doch der Zahn der Zeit nagte unerbittlich, so dass das gesamte Areal vor vielen Jahren zum Verkauf stand. Und wie es in Friedrichshain-Kreuzberg kommen musste, erhielt 2003 ein „Investor“ aus Liechtenstein für einen (!) Euro den Zuschlag. 2010 sieht das SEZ aus wie eine Ruine: zerbrochene Scheiben, beschmierte Fassaden und Bauschutt wohin das Auge reicht. Und der Bezirk guckt zu. Der ganze Bezirk? NEIN! Zehn mutige Junge Liberale protestierten am 27. September gegen den Zerfall und forderten „TATORT SEZ: Rückgabe statt Ruine!“. Die Hintergründe und weitere Fotos sind auf www.julis-fkn.de unter „Aktionen“ zu finden. Dieses Engagement hat Tradition! Seit nunmehr dreißig Jahren wollen die JuLis unser Land verändern und feierten im November 30-jähriges Jubiläum, mit viel Prominenz und mit einem Leitantrag zum Thema Finanzmarktpolitik. Gemeinsam mit den JuLis aus Mitte und Wuhletal richteten wir JuLis FKN ein ganztägiges Vorbereitungsseminar aus, aus dem eine Vielzahl von Änderungsanträgen hervorging. Bereichert wurde das Seminar durch die zwei jungen MdBs Björn Sänger und Florian Toncar sowie den Bankenvertreter Markus Becker-Melching. Aus dem gleichen Anlass entstand auch die fünfte Folge von „Issmer & Harrer“. Sie feiern die JuLis, sich selbst und beschweren sich mit Leidenschaft über die Grünen – das gehört bei den beiden einfach dazu! Besucht uns und die Protagonisten auf: www.youtube.com/JuLisFKN. 18 Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de Bezirksberichte Schwerpunkt-Thema Bildung, die JuLis Mitte bleiben hier am Ball: Im November konnten wir als Referenten eine Lehrerin einer Berliner Sekundarschule sowie den Vorsitzenden des Bezirkselternausschusses begrüßen. Aufschlussreich und bisweilen auch haarsträubend, was unsere Gäste aus dem Berliner Schulalltag berichteten! Nicht zuletzt der „Bikini-Trick“ und das Wirrwarr um die unübersichtlichen Kompetenzen der verschiedenen Ebenen der Schulaufsicht haben uns gezeigt: Wir Liberale müssen im Wahlkampf in der Bildungspolitik Kante zeigen und neben dem Versagen des Rot-Roten Senats insbesondere die Berliner für unsere Alternativen begeistern! Natürlich stehen wir auch schon in den Startlöchern für unser nächstes Projekt: ein Workshop zum Thema Bildung und Integration. Auch jenseits der Bildung sind die JuLis Mitte aktiv: Initiiert aus Mitte, wurde auf dem LaKo im Oktober sowie auf unserer MV im November eine stattliche Menge an Winterklamotten gesammelt, die inzwischen an die dankbare Diakonie übergeben werden konnte. Ein großer Erfolg war das zusammen mit den JuLis FKN & Wuhletal durchgeführte Seminar „Liberalismus in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise“. Neben politischen Inhalten kommt freilich die Geselligkeit nicht zu kurz: Begonnen wurde die Biergartensaison beim Public-Viewing zum ersten Deutschlandspiel der WM, feucht fröhlich verabschiedet im Rahmen unseres Sommerfestes, das wir gemeinsam mit den JuLis Wuhletal gefeiert haben. Darüber hinaus hat unsere Mitgliederbetreuung einen weiteren Schliff erhalten: künftig bekommen Interessenten und Neumitglieder einen informativen und charmanten Flyer in die Hand gedrückt – willkommen bei den JuLis Berlin Mitte! Frischer Wind tut immer gut... Nach der Klausurtagung im Juli 2010 hat sich Einiges getan. Die JuLis Tempelhof-Schöneberg haben eine neue Leiterin der Marketing- und Kreativgruppe gewählt. Chantal Zwarg ist seit 2010 Mitglied unseres Bezirksverbands und nunmehr für die Betreuung der Gruppe in den Bezirksvorstand kooptiert worden. Seit September finden jeweils mindestens zwei Treffen pro Monat statt. Neben den Mitgliederversammlungen, die in der Regel alle im Rathaus Schöneberg abgehalten werden, veranstalten wir einen monatlichen JuLis-TS-EventDay. Letzterer ist stets als geselliger Abend angedacht, an dem man gemeinsam Aktivitäten unternimmt. Während der letzten Monate nahmen wir unter anderem an der FDP-Veranstaltung auf dem Breslauer Platz in Berlin Schöneberg sowie an der Demonstration gegen die geänderten Flugrouten für den zukünftigen Flughafen BBI teil. Aber auch eine Aktion anlässlich des Schulanfangs, bei dem wir Zuckertüten verteilten, konnten wir erfolgreich durchführen. Am 2. Dezember 2010 fand wie gewohnt das JuLis TS-Bowling zum Welt- Aids-Tag statt. Hierbei sammelten wir erneut Spenden zugunsten der Berliner Aidshilfe. Das Jahr 2010 rundeten wir mit einem gemeinsamen Besuch des Weihnachtsmarktes in Schöneberg im Dezember ab. Juliversum | Ausgabe 3/2010 2/2010 | www.julis-berlin.de 19 Jetzt Buchen: Juliversumwerbung@ Googlemail.com Oder Fax an: 030 / 609 807 529