Datenschleuder #92 - Die Datenschleuder

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Datenschleuder #92 - Die Datenschleuder
die datenschleuder.
das wissenschaftliche fachblatt für datenreisende
ein organ des chaos computer club
ISSN 0930-1054 • 2007
zwo punkt fünnef null euro stop
Kein Postvertriebsstück mehr C11301F
#92
C
Geleitword
Inhalt
Mann Zieht /Stöpsel
die datenschleuder. #91 / 2007
U2
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die datenschleuder. #91 / 2006
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Geleitwort
Die neue Ordnung heißt präventiver
Sicherheitsstaat
Wir haben ja zusammen noch gefeiert bis Silvester. Die Ausnüchterung begann am 1. Januar
2008. Dann kam die Vorratsdatenspeicherung.
Und was die jetzt nicht alles vorratsspeichern!
Allein schon bei Telefonaten: Alle beteiligten Rufnummern und die Seriennummer der
benutzten Geräte, die Dauer der Telefonate. Und
bei Handys sogar den Standort, wann immer
etwas ein- oder ausgeht. Ein schwacher Trost
nur, daß wir uns dem neuerdings doch noch entziehen können. Und dazu müssen wir nicht einmal die Telefone wegwerfen. Es reicht schlicht,
in die Nähe von Gefängnissen zu ziehen.
Dort ist durch die Handy-Blocker ein bißchen
Ruhe im GSM-Netz.
Festspielen aus ihren Kasernen trauen. Und die
sogenannten „Anschlagsversuche“ fehlgeleiteter Jugendlicher wurden ganz ohne Bundestrojaner und Flugzeugabschuß verhindert. Doch
ohne Feind war noch nie ein Staat zu machen.
Falls sich keiner mehr daran erinnert: Alle
Fraktionen des Bundestages haben seinerzeit
die Vorratsdatenspeicherung abgelehnt. Das
hinderte Schily kein Stück, dem gefährlichen
Mumpitz in Brüssel zuzustimmen und damit
über den europäischen Umweg das Parlament
zu mißachten. Und so soll es uns nicht wundern, daß dies nur eines in einer langen Liste
von Gesetzen sein wird, das „materiell verfassungswidrig“ ist. Der biometrische Paß, die
Kennzeichen-Rasterfahndung, die „Anti-Terror-Datei“ genannte Zentralkartei der nun verbundenen Repressionsbehörden, das geplante
Und nach dem nächsten Congress? Kommt das- Bundeszentralregister mit lebenslanger Identifiselbe in grün für das Internet: Die speichern
kation und nun die Computerwanze – die neue
unsere E-Mails. Inklusive aller Pharmapropa- „Sicherheitsarchitektur“ läßt sich doch nicht von
ganda und Körperteilverlängerungen, dazu
so Kleinigkeiten wie dem Grundgesetz auf halVoIP und Webseiten. Wir sind nicht einmal
ten. Es war ja auch nicht alles schlecht im Dritbeim Pr0n-Surfen mehr alleine. Aber es sollte
ten Reich.
uns beruhigen zu wissen, daß es nicht der böse,
an allen Ecken und Enden datenverlierende und Wenn der Bürger nicht sowieso schon seit Jahfür kein verkacktes IT-Großprojekt zu vorsich- ren wüßte, daß Politiker korrupt, kriminalitige Staat ist, der dort die Informationen spei- tätsanfällig und vollkommen merkbefreit sind,
chert. Nein! Wir können uns sicher sein, daß würde er zwischen Shoppen, Urlaub und unterdie zum Speichern gezwungenen Dienstleister
bezahlter Arbeit vielleicht mal hochgucken,
alles in Hochsicherheitsinformationsendlagern
wenn Schäuble 2008 fordert, daß Hausdurchversiegeln und einmotten werden. Allein schon, suchungen wieder heimlich, Folter erlaubt und
um sich vor dem Drang zu schützen, diese
RFID-Implantate sowie akustische und visuelDaten selber zur Verbesserung der Kundenbe- le Wohnraumüberwachung nun verpflichtend
ziehungen zu gebrauchen.
ist. Danach wählt er die Spacken beim nächsten Mal wieder – mangels sinnvoller AlternaAber was erdulden wir als gutgläubige Bür- tiven. Die Deutschen, die in Heerscharen jeden
ger nicht alles, wenn es gegen den bösen Ter- Monat das Land verlassen, sehen wohl keine
rorismus geht. Da können wir doch über klei- Zukunft mehr hier. Es war ja auch nicht alles
ne Kollateralschäden großzügig hinwegsehen. schlecht in der DDR.
Aber halt! SPD-Innenspezialexperte Wiefels­
pütz klärt uns auf: „Ich wäre für die Vorratsda- Und um die zeitgenössischen Referenzen an
tenspeicherung auch dann, wenn es überhaupt
totalitäre Systeme komplett zu machen, borgen
keinen Terrorismus gäbe.“ Achso. Da trifft es
sie auch noch bei Orwell: Die 129a-Verfahren
sich ja gut, daß es hier tatsächlich keinen Ter- bringen uns nun endlich auch in Deutschland
rorismus gibt, sondern wir in einem weitge- Gedankenverbrechen, deren Reichweite mit
hend friedlichen, nur selten von Terror-Torna- der Wiedereinführung der möglichst unschardos überflogenen Land leben, in dem sich selbst
fen „Vorfelddelikte“ weiter ausgebaut wird. Mit
gewalttätige Sturmtruppen nur zu den üblichen
der Online-Durchsuchung hätten sich ja gewiß
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Geleitwort
Bundesinnenminister Schäuble läßt sich extra für den Photographen von dem Kollegen, der ihm üblicherweise das Internet
ausdruckt, selbiges „erklären”. Man achte auch auf die Prachtausgabe des Koran im Hintergrund, das Deutsch-ArabischWörterbuch und den Hardware-Prototypen des Bundestrojaners direkt links neben dem Bildschirm, bei Conrad als KVMSwitch im Angebot.
noch mehr verbotene Gedanken finden lassen.
Die Sicherheitshysteriker an der Spitze des Bundesinnenministeriums werden ja nicht müde,
weiter ohne Unterlaß ihren Trojaner zu fordern.
Wenn man genauer hinsieht, entdeckt man aber
auch zutiefst menschliche Seiten im Überwach­
ungsapparat: Zum ersten gibt es praktisch keine
Vertreter des Innen- oder Justizministeriums
mehr, die diese beispiellose Ermächtigung der
„Sicherheits“behörden öffentlich mit so etwas
Ähnlichem wie inhaltlichen Argumenten verteidigen. Wir glauben ja inzwischen: verteidigen könnten. Die zweite Beobachtung ist noch
beunruhigender: Nahezu jeder Beamte, der
das Räderwerk des Neuen Deutschen Überwachungsstaates bedient, sagt im Privaten, daß er
das eigentlich auch total überzogen und in seiner Gesamtheit sehr erschreckend findet. Aber –
leider, leider – man kann ja nix machen. Befehle sind Befehle, und wo kämen wir denn hin,
wenn in Deutschland plötzlich keine Befehle
mehr befolgt würden.
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Immerhin scheinen die IT-Angestellten der
Polizei in Scharen die Flucht in die Wirtschaft
anzutreten. Wer will auch schon für ein Scheißgehalt einen moralisch äußerst fragwürdigen
Job machen, wenn es Alternativen gibt. Dieser
Trend ist förderungswürdig. Und nur für den
Fall, daß ihr jemanden kennt, der nach dem
Ausstieg aus der Informationsjunkieszene sein
Gewissen erleichtern und Details mit anderen
interessierten Nerds teilen möchte, ist der Braune-Umschläge-Schlitz an der Redaktion Datenschleuder rund um die Uhr geöffnet.
Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht.
Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden,
wenn unerträglich wird die Last - greift er
hinauf getrosten Mutes in den Himmel
Und holt herunter seine ew‘gen Rechte,
die droben hangen unveräußerlich
und unzerbrechlich wie die Sterne selbst.
Friedrich Schiller, Wilhelm Tell
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Geleitwort
Und als Paukenschlag der Weitsicht trifft uns
just beim Schreiben dieser Zeilen das Geschenk
des Bundesverfassungsgerichts. Es waren Backpfeifen in die terrorgeifernden Fressen der
berufsmäßigen Gesetzesverkacker, jede einzelne Schelle so präzise plaziert, wie es in letzter
Zeit leider nur noch die obersten Richter dieser
Republik vermögen.
geschenkt und die Bedeutung der Verschlüsselung dabei besonders betont.
Und wir wünschen uns und euch, daß dieses
neue Grundrecht wahrgenommen und im Grossen wie im Kleinen mit Zähnen und Klauen verteidigt wird. Aber auch, daß wir dieses Grundrecht aller unserer Mitmenschen respektieren.
<die redaktion>
Sie sind die letzte Bastion der
Vernunft vor den immer wieder Grenzen auslotenden Heerscharen digitaler Analphabeten
in den ministerialen Chefsesseln.
Denn daß deren Ignoranz doch
keine Frage der Generation ist,
beweisen die roten Roben so beiläufig, wie sie beim verfassungsrechtlichen Betonieren der digitalen Selbstverständlichkeiten mit
Dampf hammerschlägen links
und rechts des Weges gleich noch
die Vorratsdatenspeicherung und
die Praxis der Rechnerbeschlagnahme auf Punktmasse zusammenstampfen.
Zu unserem neuen Wau-HollandGedenk-Grundrecht möchte die
Redaktion allen Lesern herzlich
gratulieren. Zwar hat das neue
Recht den für Nichtjuristen etwas
sperrig auszusprechenden Namen
„Grundrecht auf Gewährleistung
der Integrität und Vertraulichkeit von informationstech­nischen
Systemen“, aber wir haben uns
schließlich auch daran gewöhnt,
den Zungenbrecher „informationelle Selbstbestimmung“ fehlerfrei auszusprechen.
Wir können nun, kaum 25 Jahre
nach Proklamation der Netzweltlobby, stolz darauf sein, mit unserer Agenda den gesellschaftlichen
Mainstream durchdrungen zu
haben. Uns wurde eine absolut
geschützte digitale Intimsphäre
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Inhalt
Geleitwort / Inhalt
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Impressum
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Die Welt von morgen: Mitro AG
5
Warum eigentlich nicht?
8
Was habe ich eigentlich zu verbergen? 14
Das anonyme Preisausschreiben
17
Suchmaschinen, Privatsphäre und andere
Illusionen
22
Selbstdatenschutz
28
• Mobiltelefone
29
• Keylogger und Keyloggerinnen
30
• Die Hardware-MAC-Adresse
32
• Die IP-Adresse
32
• Wenn Cookie rumkrümeln
33
• Geschichten aus dem Browser 33
• RFID – Schnüffelchipalarm
34
• Anonymes Publizieren im Netz
36
• Reflexionen über Kameras
37
• Tracking torrents
38
• Metadaten putzen
38
• Anonbox – sichere Empfängnis
39
Interview mit Anne R.
40
BigBrotherAwards 2007
45
Piling more hay
50
Vorratsdatenspeicherung
52
Bastelgimmick
56
Das biometrische Sammelalbum Umschlag
3
3
IMPRESSUM / KONTAKT
Erfa-Kreise / Chaostreffs
Bielefeld, CCC Bielefeld e.V., Bürgerwache Siegfriedplatz
freitags ab 20 Uhr http://bielefeld.ccc.de/ :: [email protected]
Berlin, CCCB e.V. (Club Discordia) Marienstr. 11, ( CCCB, Postfach 64 02 36, 10048 Berlin)
donnerstags ab 17 Uhr http://berlin.ccc.de/ :: [email protected]
Darmstadt, chaos darmstadt e.V. TUD, S2|02 E215
dienstags ab 20 Uhr https://www.chaos-darmstadt.de :: [email protected]
Dresden, C3D2/Netzbiotop e.V., Lingnerallee 3, 01069 Dresden
dienstags ab 19 Uhr http://www.c3d2.de :: [email protected]
Düsseldorf, CCCD/Chaosdorf e.V., Fürstenwall 232, 40215 Düsseldorf
dienstags ab 19 Uhr http://duesseldorf.ccc.de/ :: [email protected]
Erlangen/Nürnberg/Fürth, BitsnBugs e.V. “E-Werk”, Fuchsenwiese 1, Gruppenraum 5
dienstags ab 19 Uhr http://erlangen.ccc.de/ :: [email protected]
Hamburg, Lokstedter Weg 72
2. bis 5. Dienstag im Monat ab etwa 20 Uhr http://hamburg.ccc.de/ :: [email protected]
Hannover, Leitstelle 511 e.V., c/o Bürgerschule Nordstadt, Schaufelder Str. 30, 30167 Hannover
jeden 2. Mittwoch und jeden letzten Dienstag im Monat ab 20 Uhr https://hannover.ccc.de/
Karlsruhe, Entropia e.V. Gewerbehof, Steinstr. 23
sonntags ab 19:30 Uhr http://www.entropia.de/ :­: [email protected]
Kassel, Uni Kassel, Wilhelmshöher Allee 71-73 (Ing.-Schule)
1. Mittwoch im Monat ab 18 Uhr http://kassel.ccc.de/
Köln, Chaos Computer Club Cologne (C4) e.V., Vogelsanger Straße 286, 50825 Köln
letzter Donnerstag im Monat ab 20 Uhr https://koeln.ccc.de :: [email protected]
München, muCCC e.V. jeden 2. Dienstag im Monat ab 19:30 Uhr http://www.muc.ccc.de/
jeden Dienstag Treffen des Infrastrukturprojekts https://kapsel.muc.ccc.de/
Ulm, Café Einstein an der Uni Ulm, montags ab 19:30 Uhr http://ulm.ccc.de/ :: [email protected]
Wien, chaosnahe gruppe wien Kaeuzchen, 1070 Wien, Gardegasse (Ecke Neustiftgasse)
alle zwei Wochen, Termine auf Webseite http://www.cngw.org/
Zürich, CCCZH, c/o DOCK18, Grubenstrasse 18 ( Chaos Computer Club Zürich, Postfach, CH-8045 Zürich),
abwechslungsweise Di/Mi ab 19 Uhr http://www.ccczh.ch/
Aus Platzgründen können wir die Details aller Chaostreffs hier nicht abdrucken. Es gibt aber in den folgenden Städten
Chaostreffs mit Detailinformationen unter http://www.ccc.de/regional/: Aachen, Aargau, Augsburg, Basel, Bochum, Bristol, Brugg,
Dortmund, Frankfurt am Main, Freiburg im Breisgau, Gießen/Marburg, Hanau, Heidelberg, Ilmenau, Kiel, Leipzig, Mainz, Mülheim an der Ruhr,
Münster/Osnabrück, Offenbach am Main, Paderborn, Regensburg, Rheintal in Dornbirn, Stuttgart, Trier, Weimar, Wetzlar, Wuppertal, Würzburg.
Zur Chaosfamilie zählen wir (und sie sich) die Häcksen (http://www.haecksen.org/), den FoeBuD e.V. (http://www.
foebud.org/), den Netzladen e.V. in Bonn (http://www.netzladen.org/) und die c-base Berlin (http://www.c-base.org/).
Die Datenschleuder Nr. 92
Layout
Herausgeber (Abos, Adressen, Verwaltungstechnisches etc.)
evelyn, rpk, 46halbe, starbug und erdgeist.
Chaos Computer Club e.V., Lokstedter Weg 72,
20251 Hamburg, Fon: +49.40.401801‑0,
Fax: +49.40.401801-41, <[email protected]> Fingerprint:
Redaktion dieser Ausgabe
1211 3D03 873F 9245 8A71 98B9 FE78 B31D E515 E06F
Redaktion (Artikel, Leserbriefe, Inhaltliches etc.)
Redaktion Datenschleuder, Pf 64 02 36, 10048 Berlin,
Fon: +49.30.28097470, <[email protected]> Fingerprint:
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Druck
Pinguindruck Berlin, http://pinguindruck.de/
ViSdP
Dirk Engling <[email protected]>.
Chefredaktion
46halbe, starbug und erdgeist.
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46halbe, starbug, Lars Sobiraj, Marco Gercke, Julian
Finn, Martin Haase, Henryk, Frédéric Phillip Thiele,
Henrik Speck, LeV, Sandro Gaycken, saite, erdgeist.
Copyright
Copyright © bei den Autoren. Abdruck für nichtgewerbliche Zwecke bei Quellenangabe erlaubt
Eigentumsvorbehalt
Diese Zeitschrift ist solange Eigentum des Absenders, bis
sie dem Gefangenen persönlich ausgehändigt worden ist.
Zurhabenahme ist keine persönliche Aushändigung im Sin­
ne des Vorbehaltes. Wird die Zeitschrift dem Gefangenen
nicht ausgehändigt, so ist sie dem Absender mit dem Grund
der Nicht-Aushändigung in Form eines rechtsmittelfähigen
Bescheides zurückzusenden.
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Die Welt von morgen: Mitro AG:
15 Jahre mit Sicherheit Erfolg
Da kümmern wir uns drum
Leserbriefe gesammelt von Martin Haase
Vor 15 Jahren, am 23. Mai 2018 schlossen sich die wichtigsten Dienstleister
im Bereich Handel, Banken, Versicherungen, Security und Kommunikation
zur Mitro AG zusammen. Seitdem haben Freiheit und Sicherheit einen neuen
Namen: Mitro.
Zahlreiche unserer innovativen Produkte fanden ihren Weg auf den Markt, den wir inzwischen beherrschen. Vor allem das vor fünf Jahren eingeführte Rundum-Sorglos-Paket miLife
erfreut sich großer Beliebtheit, denn es regelt
alle Probleme des Alltags. Die Verbindung von
Überwachung, Versicherung, Dienstleistung
und Handel erschließt ganz neue Möglichkeiten für eine sichere finanzielle Entwicklung
unseres Konzerns, von dem viele Aktionäre
und Kunden profitieren. Wir veröffentlichen
hier eine Auswahl aus den Zuschriften unserer
begeisterten Kunden:
nen miCam-Nutzern, die sich freiwillig hierfür
gemeldet haben. Leider haben Sie noch nie Bilder aus meiner Wohnung gezeigt! Besonders
bedanken möchte ich mich für meinen letzten Urlaub, den Mitro für mich organisiert hat.
Im ihrem Mitro-Hotel habe ich mich sehr gut
erholt! Die neuen miCams in meiner Wohnung,
einem miHome, passen wunderbar zur Einrichtung. Alle meine Besucher sind begeistert und
wollen sich auch von den miCams filmen lassen.
Wie kann ich die Überwachungsaufnahmen
meiner Gäste abrufen, um ihnen eine Auswahl
zu überlassen?
Frau K. aus S. schrieb:
Die Rentnerin S. aus Q. schrieb:
Liebe Mitro-AG,
Seit meine Wohnung komplett von Mitro überwacht wird, fühle ich mich endlich sicher. Für
uns Ältere geht es ja nicht nur um den Schutz
vor Dieben und Trickbetrügern an der Haustür, sondern auch darum, daß in unserer Wohnung jemand über uns wacht. Ich hatte immer
entsetzliche Angst, daß ich einmal hinfalle und
mir selbst nicht helfen kann. Damit ist dank
miSenior nun Schluß! Wenn mir etwas passiert,
ist sofort ein Mitro-Arzt da und kann mir helfen. Auch als meine Katze neulich verschwunden war, konnte sie dank des RFID-Chips sofort
wiedergefunden werden.
seit ich Kundin bei Mitro bin, hat sich mein
Leben grundlegend verändert. Dank miLife
kümmert sich Mitro um alles. Ich brauche nicht
einmal mehr daran zu denken, meinen Kühlschrank aufzufüllen, denn ich werde immer mit
den Produkten beliefert, die ich wirklich benötige und die ich mag. Dabei wird auch noch
darauf geachtet, daß ich mich richtig ernähre, denn miLife beinhaltet ja auch die ärztliche
Versorgung bei den hervorragenden Mitro-Ärzten. Auch Mitro-TV, das mich mit meinen Lieblingsprogrammen auf meinem miPod Mega
versorgt, gefällt mir richtig gut! Sie treffen
genau meinen Geschmack! Meine Lieblingssendung ist miBigBrother, in der Sie immer
wieder sehr interessante Einblicke in die Privatsphäre der von Ihnen überwachten Kunden
zeigen. Ich selbst gehöre auch zu den 12 Millio-
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Die Staatsrechtlerin Claudia R. aus U.
äußerte sich in ihrem unabhängigen Gutachten
positiv über die Auswirkungen unserer
Angebote auf Staat und Gesellschaft:
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Da kümmern wir uns drum
Besonders dank der umfassenden Lebensgestaltungsund (Ver-)Sicherungsangebote von großen Anbietern
wie Mitro konnte das Rechts­
system deutlich entschlackt
werden. Komplizierte Regelungen des Zivil- und Strafrechts konnten entfallen, weil
die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dieser Dienstleister eine positive Auswirkung auf die Gesellschaft
haben; nehmen wir als Beispiel das erfolgreichste Produkt seiner Art: miLife von
Mitro:
• Dieses Produkt regelt alle
Bereiche des Lebens und
schließt eine komplette
Be- und Überwachung
der Kunden in deren eigenem Interesse ein. Damit
wird der Staatsschutz
stark entlastet, zumal
die Ermittlungsbehörden im Bedarfsfall direkten Zugriff auf alle Daten
haben, sofern die Ermittlungen nicht ohnehin
von Mitro selbst durchgeführt werden.
• Da niemand aus dem
miLife-Dienstleistungssystem ausscheiden will,
beachten die Kunden die AGBs sehr
genau, was sich ebenfalls positiv auf
die Gesellschaft auswirkt.
• Der Wunsch nach einer f lächendeckenden Überwachung ist bei miLife-Kunden so
groß, daß sich die Zahl der Kameras besonders in den Wohngegenden vervielfältigt hat
– mit einem positiven Effekt für die öffentliche Sicherheit. Da es sich um private Überwachungsanlagen handelt, entstehen der
öffentlichen Hand keine Kosten.
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Dank des privaten Engagements für Überwachung, Recht und Ordnung erleben wir die
Befreiung des Bürgers aus der Bevormundung
des Staats. Jeder kann sich sein Lebens-Produkt
frei auswählen. Die noch vor einigen Jahren oft
beschworene Gefahr eines Überwachungsstaats
ist gebannt, denn nun kümmern sich private
Firmen um Sicherheit, und jeder Bürger kann
sich selbst sein Sicherheitspaket schnüren.
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Da kümmern wir uns drum
Die Ergänzungsprogramme miKid und miEdu
entlasten die Bildungsbudgets, denn das öffentliche Schul- und Hochschulsystem wurde praktisch überflüssig und größtenteils durch private Einrichtungen ersetzt. Auch die öffentlichen
Ausgaben für Kunst und Kultur konnten dank
Mitros Einsatz in diesen Bereichen reduziert
werden.
Olaf M. (7) aus T. schrieb:
Zwar verursacht die höhere Lebenserwartung
von miLife-Kunden Mehrausgaben in der Krankenversorgung, die jedoch dadurch ausgeglichen werden, daß miLife auch die komplette
Krankenversorgung im Mitro-eigenen Gesundheitssystem umfaßt und somit ein staatliches
Solidarsystem überflüssig wird. Viele MitroKliniken sind auch Einrichtungen der medizinischen und pharmazeutischen Forschung
und ermöglichen es Mitro daher, neueste Forschungserkenntnisse gleich an die Patienten
weiterzugeben und damit auch wieder die Forschung voranzubringen.
Das Konzept der Community-Überwachung der
Mitro AG hat uns sofort überzeugt. Von jeder
Gartenlaube aus kann unsere ganze Kolonie
überwacht werden. Die Kameras gliedern sich
sehr schön in die Anlage ein. Da viele von uns
schon miLife-Nutzer sind, fiel uns die Bedienung der Kameras sehr leicht. Nun wird bei uns
niemand mehr ungestraft über die Blumenbeete gehen oder am Sonntag seinen Rasen mähen.
Das Gemeinschaftsgefühl hat sich sehr verbessert!
(Prof. Claudia R. lehrt an der Mitro-Hochschule
für Recht und Ordnung.)
Nach dem verfrühten Tod meines verehrten
Gatten, der sich von den Vorteilen des miLifePakets zu Lebzeiten leider nicht überzeugen
lassen wollte, habe ich meine Vermögensverwaltung vollständig an Mitro übergeben. Seither wächst mein Vermögen stetig, und ich kann
mich ganz dem Golfspiel widmen – selbstverständlich auf den Mitro-Golfplätzen, die zu den
schönsten und sichersten der Welt gehören.
Herr S. aus M. schrieb:
Meine Ältern Haben mir ein miKid-paket
geschänkt. Die Vielen Spiele und die Kamara sind SCHÖN! Auch das Fahrrad dass mir
Lena jetzt nicht mehr klauen kann, wegen dem
Schipp.
Laubenkolonie Argus aus B. schrieb:
Frau von R. aus K. schrieb:
Ich möchte Ihnen besonders danken, daß Sie
mich trotz meiner mir sehr unangenehmen Verstöße gegen Ihre AGBs nicht aus ihrem miLifeProgramm ausgeschlossen haben, wie es meiner Schwester geschehen war, die bei
Ihrer Konkurrenz ein vergleichbares
Psalm 23
Produkt hatte. Als sie niemand mehr in
Der Herr ist uns Hirte und uns wird nichts mangeln,
ein Versicherungs- und Versorgungsnicht Freiheit, nicht Würde, wenn er uns behütet.
programm aufnehmen wollte, halfen
Er führt uns auf sicheren Pfaden und Angern
und wacht über alle und alles mit Güte.
Sie ihr mit Ihrem ResozialisierungsWo immer wir wandeln, da schaut uns sein Auge,
programm Any Other Life über das
beim Shoppen, beim Bummeln und beim Demonstrieren,
Schlimmste hinweg, und sie konnte als
beobachtet, speichert. Er weiß, was wir taugen.
Leihmutter und Organspenderin wieEr sieht, wenn wir heimlich auf Klo masturbieren.
der zu einer zahlenden Konsumentin
Er waltet und prüft, ob wir wider ihn sprechen,
werden. Leider ist sie im letzten Jahr
Gebote befolgen, Gesetztes zerbrechen.
verstorben – zu früh, denn sie konnWir sind seine Sklaven, denn wir fürchten die Strafe.
Wir preisen dich Hirte, du hütest uns Schafe.
te die hervorragende miLife-GesundLeV
heitsversorgung nicht in Anspruch
Lizenz: cc-by-nc-nd http://abgedichtet.org/?page_id=95
nehmen. Auch in ihrem Namen möchte ich Ihnen danken.
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Wie erklär ich's Omi?
Warum eigentlich nicht?
Sandro Gaycken <[email protected]>
Das Thema Datenschutz krankt leider immer wieder an einer ganz bestimmten Front:
dem Problem Problembewußtsein. Warum eigentlich Datenschutz? Geht es wirklich nur
um das persönliche Empfinden – wo, wieviel und welche Privatheit man für sich gerne
hätte? Und dies im Verhältnis zur Sicherheit vor Terroristen und nützlichen Verbraucher­
informationen?
Nein! Natürlich nicht. Aber die harten, faktischen Argumente, worum es eigentlich geht,
stehen leider noch viel zu oft viel zu weit hinter
den rein technischen Beschreibungen. Wenn
das Bedürfnis nach Sicherheit das Bedürfnis
nach Privatsphäre in einem Maße übersteigt,
das die entsprechenden Überwachungsmaßnahmen legitimiert, warum soll man dann
nicht einen neuen sozialen Deal in der Gesellschaft dazu aushandeln? Wenn man nur die
als irrelevant empfundenen Teile seiner Privatsphäre anonymen Programmen überläßt. Wenn
diese daraus Profile erstellen, die ausschließlich vor terroristischen Gefahren schützen
und über nützliche Produkte und Angebote informieren, was ist dann bitte daran so
schlecht? Warum eigentlich nicht?
Aber was dann? Sind wir vielleicht wirklich nur
Alarmisten am Rande? Natürlich nicht. Denn
Datenschutz ist Schutz von Freiheit, und Freiheit ist ein wichtiges Gut. Das ist ja auch unser
Credo, unsere Intuition, die wir verteidigen:
Gibst Du Deinen Datenschutz auf, dann gibst
Du große Teile Deiner Freiheit auf. Und gibst
Du erstmal Deine Freiheit auf, dann hast Du
bald gar nichts mehr. Das ist ja auch richtig.
Und wenn man aus der Geschichte noch etwas
anderes lernen könnte als daß man nichts aus
der Geschichte lernt: Das wäre sicher das Naheliegendste.
Totschlagargumente
Diese ganze Art des Argumentierens kennen wir. Und Aktivisten wie wir haben das
leidige Problem, dagegen anzuargumentieren. Und meist läuft das darauf hinaus,
daß man selbst schlicht anders empfindet
und größeren Wert auf Privatsphäre legt
als andere. Aber das subjektive Wertempfinden allein, das in der medial urteilenden Gesellschaft zudem gerade eher gegen
Terror als gegen Überwachung gestimmt
ist – und man kann nur eins von beiden
haben –, bietet keine solide Grundlage für
Gegenargumente. Der eine fühlt sich so,
der andere eben so.
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die datenschleuder. #92 / 2008
Wie erklär ich's Omi?
Leider bieten diese Intuitionen allein keine solide Basis für Verständnis mehr, denn andere
empfinden durch den Dunst des Sicherheitswahns mit abnehmender Klarheit. Was man also
als Datenschützer unbedingt auch argumentativ
zeigen muß, sind gerade exakt die genauen Verbindungen von Datenschutz und Freiheit. Die
starken, faktischen Argumente müssen dabei
gebracht werden. Daher will ich an dieser Stelle noch einmal drei solcher Argumente liefern,
mit einigen kleineren Teilargumenten. Einige
dieser Argumente wurden bereits diskutiert,
andere sind neu.
Profiling
Das erste Argument bezieht sich auf Profiling
durch Data-Miner. Diese produzieren im Profiling stereotype Profile von Menschen aufgrund einiger Rahmendaten ihres Verhaltens.
Das Problem dabei ist nun erst einmal, daß
stereotype Profile nicht mit der echten Person
übereinstimmen müssen. Das wird auch nicht
nachgeprüft. Trotzdem aber werden die Profile als Grundlagen für wichtige Urteile benutzt.
So werden etwa Annahmen über Kreditfähigkeit angestellt, über kulturelle und sexuelle
Präferenzen, über Gesundheit, zu erwartende
Lebensdauer und Risikobereitschaft, und alle
diese Annahmen werden von Versicherungen,
von Banken und vielen anderen Unternehmen
und dem Staat genutzt, um Personen zu bewerten.
Dabei kann es vielfach zu ungerechtfertigten
Urteilen kommen – von der Ablehnung eines
Kredits oder einer Versicherung bis zur langjährigen Inhaftierung in den USA. Denn die
Daten sind ja nicht überprüft, und so urteilt
man über Menschen ohne eine genaue Beweislage, sozusagen nur nach äußerst vagen Indizien. Das ist eine schlechte Sache daran. Was
aber noch schlimmer ist, ist der Umstand, daß
inzwischen ganze Gesellschaften nach Profilgruppen geordnet werden. Das ist gleichbedeutend mit einer neuen sozialen Klassenbildung:
Eine Data-Miner-Klassengesellschaft entsteht.
Überwachung in Form des Data-Mining produziert also soziale Ungerechtigkeit, indem sie
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die Menschen ohne Einflußmöglichkeiten aufgrund spekulativer Annahmen in eine ProfilKlassengesellschaft ordnet, die trotz ihrer Spekulativität als Entscheidungsgrundlage für viele
lebensrelevante Bereiche genutzt wird.
Verhaltensänderungen
Das zweite Argument besteht aus mehreren
kleineren Argumenten. Erstens kann man betonen, daß in einer Gesellschaft, in der die gesellschaftliche Konformität des Verhaltens streng
überwacht wird, die Fähigkeit zum eigenständigen ethischen Handeln verkümmert. Das ergibt
sich zum einen faktisch. Denn wenn die meisten Werthandlungen gesellschaftlich vorausgenommen sind und in einer dauerüberwachten
Konformität alternatives Denken nicht herangezogen werden muß, wird dieses Denken auch
nicht mehr kulturell gepflegt.
Diese psychologische Phänomen kann man
auch bei überbemutterten Kindern beobachten.
Die sind es nämlich gewohnt, daß jemand anderes für sie Werturteile trifft und daher selbst
nicht ohne weiteres dazu in der Lage. Eine dauerüberwachte Gesellschaft macht also Ethik
überflüssig und führt zur Verkümmerung der
entsprechenden Entscheidungskapazitäten.
Zweitens kann man auch Schwierigkeiten für
die Identitätsbildung von Personen festhalten.
Auch hier steht wieder ein psychologisches Phänomen im Hintergrund. Es entwickelt sich bei
Dauerüberwachung und bei sozialer Vorsor-
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Wie erklär ich's Omi?
tierung durch Profiling nämlich der Eindruck,
daß man sich nicht mehr frei bewegen kann,
daß man konform sein und auf Grenzüberschreitungen achten muß. Und dieser Eindruck
generalisiert sich weiter als allgemeiner, gefühlter Konformitätszwang auf alle Lebensbereiche.
Das klingt nach der von den Amerikanern des
Kalten Krieges den Sowjets propagandistisch
angedichteten Gleichschaltung. Dauerüberwachung und Profiling können also auch zu einer
starken Einschränkung der Identitätsbildung
führen.
Drittens läßt sich aus dieser Beobachtung noch
eine weitere Bemerkung ableiten. Denn wenn
durch Dauerüberwachung und Profiling keine
Freiräume mehr für nonkonformes Verhalten
vorhanden sind – weder faktisch noch im Geiste
–, werden sich die sozialen Normen auch nicht
ändern können, die den Rahmen dessen bilden,
was aktuell als Konformität angesehen
wird. Denn das Denken oder Austesten
von Alternativen wird
nahezu unmöglich.
Das ist vor allem
schlecht, da nicht
a n z u ne h me n i s t ,
daß die jetzigen Normen der Gesellschaft
ewige Normen einer
unter allen Bedingungen perfekten Gesellschaft sind. Ganz im
Gegenteil: Man wird
sinnvollerweise von ihnen erwarten müssen,
daß sie Flexibilität mitbringen und sich den
Wandlungen gesellschaftlicher Bedürfnisse
und Notwendigkeiten entsprechend verändern
lassen.
Ein Beispiel dafür ist die Schwulenbewegung.
Hätte sie keinerlei Raum gehabt, eine Subkultur abseits der Normen zu unterhalten, wäre die
inzwischen vollständig und breit gesellschaftlich akzeptierte Bewegung mit all ihren Rechten wahrscheinlich nie entstanden. Eine Überwachungsgesellschaft produziert also mit der
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10
faktischen und geistigen Abschaffung der Spielräume für Nonkonformität eine starre Gesellschaft, die nicht nur keine Änderungen zum
Schlechten, sondern auch keine zum Guten
mehr zulassen kann.
Solange wir allerdings noch keine perfekte
Gesellschaft haben, kann das nicht wünschenswert sein. Und da wir auch nie eine perfekte
Gesellschaft haben können, da dies auch immer
von variablen Umwelt- und letztlich anderen
Wertmaßstäben abhängt, wird das auch nie
wünschenswert sein.
Grenzen und Normen
Das dritte Argument beschäftigt sich mit dem
Unterschied von Überwachungsinfrastruktur
und der gesellschaftlichen Regelung ihrer Nutzung.
Zuerst ist dafür festzuhalten, daß der
gegenwärtige, möglicherweise subjektiv akzeptable Stand
der Kosten-NutzenAbwägung (“ein bißchen Privat­heit für
mehr Sicherheit”)
lediglich ein aktueller Status Quo auf
einer Skala ist, deren
tec hnisc h mögliches Ende anders
aussieht. Denn die
technischen Mittel
machen bei dem als noch irrelevant empfundenen Teil von Privatheit nicht prinzipiell halt.
Technisch möglich ist viel mehr, nämlich die
lückenlose, allgegenwärtige Überwachung
eines in Handeln und Denken nahezu vollständig transparenten Menschen. Diese Möglichkeit ergibt sich ganz nüchtern aus der Projektion
der gegenwärtig in Entwicklung befindlichen
Sicherheitssysteme. Technisch möglich ist also
mit der sich gegenwärtig ausbauenden Infrastruktur der Überwachung noch sehr viel mehr.
Das einzige, was nun die entsprechend interes-
die datenschleuder. #92 / 2008
Wie erklär ich's Omi?
sierten Nutzer davon abhält, sind die gegenwärtig ausgehandelten Regelungen der Nutzung.
Hier allerdings muß man jetzt sehen, daß diese
nicht für alle Zeiten oder auch nur alle möglichen Nutzer bindend sind. Allein schon die
gegenwärtigen Nutzungsregelungen beweisen da eine Dehnbarkeit, die sich schon in der
vagen Definition des Begriffs “Terrorist” wiederfindet. Nicht einen Tag nach dem 11. September hat jeder zweite Staat seinen Intimfeind
als Terroristen bezeichnet. Für Japan etwa sind
Greenpeace-Aktivisten Terroristen, für die USA
fast jeder Moslem, der einmal Flugunterricht
genommen hat. Und Terroristen dürfen lückenlos überwacht und ge-profiled werden.
Es wird also eine Überwachungsinfrastruktur gebaut, die das Handeln und Denken ihrer
potentiellen Feinde rein technisch gesehen
immer allgegenwärtiger und immer lückenloser
überwachen kann und deren Anwendungsfokus allein von der Definition vom “potentiellen
Feind” abhängt. Das ist gerade der Unterschied
zwischen Überwachungsinfrastruktur und der
gesellschaftlichen Regelung der Nutzung. Die
Infrastruktur macht vor der gegenwärtigen Nutzung nicht halt. Um zu sehen, wohin das dann
geht, muß man sich nur überlegen, wer demnächst wen als potentiellen Feind definiert.
die datenschleuder. #92 / 2008
Auf den noch dezenten nächsten Schritten der
Skala kann man dann die Versicherungen verorten, die jeden Versicherten als potentiellen
Versicherungsbetrüger, jeden Raucher, Esser
und Autofahrer als finanzielles Risiko einstufen und die sicher Interesse an den Daten über
das Eß-, Fahr- und Freizeitverhalten haben, um
jeden seiner Gewohnheiten gemäß einstufen
und entsprechend ablehnen zu können.
Das Finanzamt sieht sich ja ohnehin nur von
Steuerbetrügern umgeben, sodaß bestimmt
auch dort bald Informationen über das Informations- und Konsumverhalten der Bürger gesammelt und ausgewertet werden dürften. Diese
Optionen würden wohl auch den Durchschnittsbürger alarmieren und letztendlich nicht ganz
gefallen. Rein technisch steht dem – wie gesagt
– mit der gegenwärtigen Infrastruktur nichts
mehr im Wege.
Noch viel schlimmer allerdings ist das extreme Ende der Skala, an dem wir einen totalitären Staat finden, der sich vollständig von seinen
Bürgern abgekapselt hat und jeden als potentiellen Feind einstuft.
Gegen eine derart fiktive Extremisierung kann
man natürlich sofort einwenden, daß man ja
doch zwischen totalitären Überwachungsdys-
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Wie erklär ich's Omi?
topien und der demokratisch-grundrechtlich
geregelten Gegenwart unterscheiden muß.
Allerdings gibt es – wie gesagt – eben keinen
technisch-infrastrukturellen Unterschied mehr
zwischen diesen beiden Extremen. In anderen
Worten: Die technische Infrastruktur, die heute
demokratisch-grundrechtlich geregelt entworfen und faktisch gebaut wird, ist die gleiche,
die morgen totalitär-dystopisch genutzt werden kann und die in diesem Fall einem Diktator
instantan eine unverschämte und nie dagewesene Macht und Stabilität verleihen würde.
tät der nächsten Diktatur, und es gibt an dieser Überwachungsinfrastruktur keinen Schalter, keine Sicherung, die den “gesellschaftlichen
Mißbrauch” durch Diktatoren verhindern könnte. Wenn also eine unter ohnehin bereits fragwürdigen und unklaren Kompromissen und
Kosten-Nutzen-Abwägungen erkaufte technische Infrastruktur vor Mißbrauch und Versagen
mit extremen gesellschaftlichen Konsequenzen
nicht geschützt werden kann, wie kann man die
Einrichtung einer solchen Infrastruktur dann
noch gesellschaftlich absegnen? Es wird ja wohl
Korrekt ausgerichtete Überwachungskamera
Jeder Andersdenkende, aller Widerstand, jeder
definierte Feind wäre innerhalb von Sekunden
aus Profildaten zusammenvermutet, mit seinem „Handy“ lokalisiert und kann ohne Hoffnung auf Flucht verhaftet werden. Man stelle
sich nur einmal vor, was wohl Hitler gemacht
hätte, wenn er über das Internetverhalten jedes
Einzelnen Bescheid gewußt hätte – wofür der
sich wohl so interessiert. Wenn er von jeder
Bezahlung jedes Bürgers gewußt hätte – was
der so kauft und in seiner Freizeit macht. Wenn
er wirklich jede Kommunikation zwischen
Menschen maschinell hätte abhören können
und jeden Menschen sofort lokalisieren.
In einer solchen Diktatur ist jede Hoffnung vergebens und die schlechte Nachricht dazu ist
eben: Die Infrastruktur dafür hätten wir schon
mal. Man baut also heute schon an der Stabili-
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keiner ernsthaft behaupten wollen, daß sich die
Menschheit überraschend zum Besseren geändert hätte, sodaß Mißbrauch oder auch nur falsche Behandlung aufgrund technischen Versagens nicht mehr zu erwarten wären.
Es geht also – um auf die Kosten-Nutzen-Abwägung im Status Quo zurückzukommen – nicht
um die Aufgabe von ein bißchen Privatheit für
ein akzeptables Mehr an Sicherheit und Konsumkomfort. Nein! Weil die technische Infrastruktur von “ein bißchen weniger Privatheit”
technisch identisch ist mit der Infrastruktur
von “keine Privatheit”, geht es schon jetzt um
die vollständige, die kategoriale Aufgabe von
Privatheit und allen persönlichen Freiheiten,
die damit verbunden sind.
die datenschleuder. #92 / 2008
Wie erklär ich's Omi?
Die vielleicht für Einige paradox klingende Konsequenz kann daher eigentlich nur die folgende sein: Jeder demokratische Rechtsstaat, der die Gefahr
von totalitären Strukturen als historisches Faktum anerkennt, muß einer
Ü ber wac hungsinfrast r u k t ur ausschließlich entgegenbauen. Sie darf
allerdings in keinem Fall selbst produziert und ausgebaut werden und schon
gar niemals perfektioniert werden. Kurz
gesagt: Überwachungstechnologie sollte einzig und allein entwickelt werden,
um Gegenmaßnahmen gegen ihren Mißbrauch
zu produzieren.
Die sich gegenwärtig ausbauende Überwachungsinfrastruktur gestattet rein technisch
gesehen also bereits jetzt die totale Überwachung von Handeln und Denken jedes Einzelnen. Das einzige, was potentielle Interessenten
davon abhält, sind gegenwärtige Verabredungen auf einen sonst unverbindlichen Status
Quo. Die Kosten-Nutzen-Abwägung zwischen
ein bißchen Privatheit und ein bißchen Mehr
an Sicherheit und Konsumkomfort muß also
zusätzlich gegen die in der Zukunft abzuzahlende Hypothek einer sehr, sehr starken Stabilisierung der nächsten Diktatur mitbelastet werden.
Und da man (schon gar nicht als Deutscher), die
Gefahr einer nächsten Diktatur ausblenden sollte, wird die Rechnung ungleich komplexer.
Fazit
Mit diesen Argumenten hat man nun bessere Karten in der Hand als das bloße individuelle Wertempfinden. Denn keiner kann ernstlich
wollen, daß sich eine neue, auf wüsten Internetspekulationen beruhende Klassengesellschaft
bildet. Keiner kann wirklich eine in faktischer
und geistiger Konformität erstarrte, moralischethisch und in ihren Identitätsformen angsthaft
verkümmerte Gesellschaft wollen. Und keiner
kann ernsthaft der nächsten Diktatur irgendwo
auf der Welt schon jetzt gratis die technischen
Mittel der totalen Überwachung von Denken
und Handeln aller Menschen
in die Hand geben wollen.
All das sind direkte Konsequenzen aktueller Entwicklungen. Es sind sicherlich
noch die Anfänge. Aber es
sind äußerst faktische Anfänge, keine dystopischen Spekulationen. An diesen jetzt
anzusetzen, das ist unsere
aktuelle Aufgabe. Und dazu
gehören eben – neben den
technischen Fakten – auch
die präzisen Argumente.
Damit jeder weiß, warum die
Fakten überhaupt so interessant sind.
die datenschleuder. #92 / 2008
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13
Nur wer nix erlebt, hat auch nix zu verbergen
C
Was habe ich eigentlich zu
verbergen?
Julian Finn <[email protected]>
Schon im Jahre 1787 hatte der Philosoph Jeremy Bentham die Vision, daß in einem Gefäng­
nis, in dem die Insassen nicht wissen, ob sie überwacht werden, kaum eine Überwachung
nötig sei. Schon der Gedanke, daß ein Wärter anwesend sein könnte, würde ausreichen.
Auch als Michel Foucault 1975 das Buch „Überwachen und Strafen“ schrieb, hatte er Benthams
Panopticon im Sinn. Er verglich das allzeit einsehbare Gefängnis mit einer modernen Gesellschaft, die permanente Überwachung als Mittel
zur Disziplinierung einsetzt.
ist er unter konstanter Beobachtung. Wer in
den USA ein Flugzeug besteigen möchte, wird
freundlich darauf hingewiesen, daß er sich keiner Durchsuchung unterziehen muß, solange
er am Boden bleibt – von echter Freiwilligkeit
kann hier keine Rede sein.
Überwachung ist also nur sekundär als Auf klärungsinstrument zu verstehen. In erster Linie
ist eine umfassende Überwachung die Grundvoraussetzung einer Gesellschaft, in der sich
der Einzelne allen Regeln gegenüber konform
verhält. Sie bedeutet auch, daß derjenige, der die
Regeln vorgibt, ein Vielfaches an Macht erhält.
Schon der Wunsch, etwas daran zu ändern,
kann als Auflehnen, als Auffälligkeit betrachtet werden. Der Druck, sich regelkonform zu
verhalten, steigt also und wird zur Gefahr für
eine offene Gesellschaft. Denn dort, wo Frei­
geister und Querdenker in die Enge getrieben,
wo es schwierig wird, Kritik zu üben, da ist auch
eine Weiterentwicklung der Gesellschaft unvorstellbar. Wo kritische Literatur oder Musik, wo
progressive Gedanken nicht mehr ohne Angst
konsumiert werden können, kann auch keine
Demokratie gelebt werden.
Auch die Sammelwut an persönlichen Daten
nimmt zu: biometrische Reisepässe, DNA-Datenbanken, Telekommunikationsdaten. Alles
wird mit Hinweis auf die nötige Auf klärung
und Prävention vor Terrorismus und Kriminalfällen generiert, sortiert und gespeichert.
Zudem geben Millionen Menschen täglich freiwillig Auskunft darüber, was sie tun oder kaufen. Allein Procter & Gamble kann auf 240.000
Jugendliche vertrauen, die gern dafür, daß sie
alle paar Monate ein Parfümpröbchen gratis
bekommen, Auskunft über ihre Konsumgewohnheiten geben.
Doch wo fängt diese Gefahr an? Sind denn die
paar Kameras auf öffentlichen Plätzen oder die
paar Datenbanken wirklich ein Problem?
Wer heutzutage manche Wohnbezirke besucht
oder auch einfach nur einkaufen will, wird in
großen Lettern damit begrüßt, daß er nun
im Dienste der Sicherheit gefilmt wird. Ob er
möchte oder nicht: Wenn er den Bezirk betritt,
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14
Es ist aber nicht nur die freiwillige oder unfreiwillige Auskunft über persönliche Daten, der
biometrische Personalausweis, die Flugpassagierdatenübermittlung oder der freiwillig
ausgefüllte Konsumverhaltenfragebogen für
das Großunternehmen: ein Klick, ein Bild –
Daten entstehen. Daten, deren Umfang man
zwar überblicken kann, deren Ziel aber unbekannt ist. Normalerweise weiß man nicht, wo
die übermittelte Information gespeichert wird.
Es ist unbekannt, ob Verknüpfungen zu anderen Daten geschaffen werden, ob und wie oft
Back-ups erstellt und wie diese gelagert und
transportiert werden. Sobald diese Daten Browser, Telefon oder Wohnung verlassen, gehören
die datenschleuder. #92 / 2008
Nur wer nix erlebt, hat auch nix zu verbergen
sie zwar vor dem Gesetz noch ihrem Urheber,
faktisch aber sind sie anderen zugänglich und
damit jeglicher Kontrolle entzogen. Das gleiche
gilt natürlich für alles, was indirekt Auskunft
gibt: ein Foto, ein Standort, den das Mobiltelefon übermittelt, Geld, das vom Automaten abgehoben wird.
Das ist in der analogen
Welt anders. Wollte man
bislang ein Foto auf fünfzig Abdrucke limitieren,
vernichtete man danach
unter Aufsicht eines
Notars das Negativ und
konnte somit belegen,
daß keine weiteren perfekten Kopien des Bildes
entstehen werden. Heute,
da Fotolabore längst digital arbeiten, ist das nicht
mehr möglich. Niemand
weiß, ob nicht irgendwo
noch ein digitaler Abzug
des Bildes archiviert
wurde. Was in diesem
Fall noch recht abgehoben klingt, schließlich genügt mir normalerweise die Aussage des Fotolabors, daß keine
Kopien erstellt wurden, ist an anderer Stelle
durchaus ein Problem. Wer seinen Account bei
einem dieser schönen neuen Online-Dienste
löscht, kann sich nicht sicher sein, ob die Daten
tatsächlich weg sind. Back-ups werden gespeichert, möglicherweise über Jahre auf bewahrt
oder bei einem Verkauf der Firma weitergegeben. Unvorsichtige oder voyeuristische Admins
werfen vielleicht eines Tages ebenjene Bänder
mit dem Jugendsündenfoto in den Müll, von wo
aus sie nicht zwingend in der Verbrennungsanlage landen. Oder sie packen die Daten gleich in
ein anonymes Blog. Allein die Geschichten über
abhanden gekommene Kreditkartendaten würden den Umfang dieses Artikels sprengen. Und
während eine Kreditkarte noch gesperrt werden
kann und im Zweifelsfall die Bank für den Verlust des Geldes auf kommen muß, gibt es nur
selten jemanden, der sich für den Verlust von
Privatsphäre zur Verantwortung ziehen läßt.
die datenschleuder. #92 / 2008
Daten kumulieren also. Sie werden nicht weniger und verändern sich nicht, auch wenn man
selbst längst mit seinem Leben fortgeschritten
ist. Jeder kennt das seltsame Gefühl, wenn man
nach zehn Jahren einem alten Bekannten begegnet, der inzwischen ein völlig anderer Mensch
geworden ist. Die betretene Stille, die entsteht, wenn
man einfach nicht mehr weiß,
was man sich erzählen soll.
Es ist schwer vorstellbar, daß
Erinnerungen, etwa an einen
romantischen Abend im Park,
nicht mehr nur im Gedächtnis
oder dem eigenen Fotoalbum,
sondern auch in der digitalen
Sphäre lagern und eines Tages
wieder an das Licht der Öffentlichkeit geraten könnten – daß
Maschinen eben kein Auge
zudrücken können, sich nicht
darauf berufen, daß „das
alles schon so lange her“ sei.
Nun muß dieser romantische
Abend nicht einmal im eigenen Flickr-Account existieren,
den man vielleicht damals
online mit seiner Fernbeziehung geteilt hat.
Schon das Versenden einer E-Mail mit persönlichen Inhalten generiert Kopien dieses einen Bildes, die sich außerhalb der Kontrolle derjenigen
befinden, für die sie bestimmt waren.
Hinter den Maschinen, die all das speichern,
sitzen Menschen wie du und ich. Menschen,
die auch mal das Bedürfnis haben, einen heimlichen Blick in fremde Badezimmerschubladen
zu werfen. Beamte, die aus der gleichen Sensationsgier, aus der sie täglich die „Bild“-Zeitung
lesen, auch „mal schauen“ könnten, wer aus
dem Bekanntenkreis denn so im örtlichen SexShop einkaufen geht oder was der Nachbar so
an Musik hört, wenn er allein ist. Der Grund,
warum genau diese Daten nicht für jedermann
bestimmt sein sollten, ist der gleiche, aus dem
mein Nachbar eine zwei Meter hohe Hecke um
sein Grundstück gezogen hat und aus dem ich
niemandem erzähle, daß ich heimlich die „Sängerin“ Blümchen mag: weil es niemanden etwas
angeht – ob es Videobilder sind oder die eigent-
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15
Nur wer nix erlebt, hat auch nix zu verbergen
lich nur für meinen Freundeskreis bestimmten
Bilder vom Fußballabend.
Doch was, wenn nicht nur der alltägliche Voyeurismus, sondern echte Interessen dahinterstehen? Wenn Staat oder auch Industrie aus
ihren eigenen Gründen systematisch in die Privatsphäre eines Menschen eindringen wollen?
Einkaufsgewohnheiten, Wohnort, Hobbies und
die finanzielle Situation sagen schon viel über
einen Menschen, seine möglichen gesundheitlichen Risiken oder seine Zuverlässigkeit aus.
Es ist nicht schwer, mit der Kombination einiger weniger Daten Rückschlüsse auf einen Menschen zu ziehen, die möglicherweise voreilig
sind, im seltensten Falle aber zum Vorteil des
Einzelnen gereichen. Vielleicht ist derjenige,
der jede Woche drei Kästen Bier kauft, ein Alkoholiker, vielleicht ist er aber nur spendabel und
lädt jeden zweiten Abend ein paar Freunde ein,
vielleicht hilft er dem Alkoholiker in seinem
Aufgang, der schon zu alt zum Kistenschleppen
ist. Die Krankenkasse würde sich wahrscheinlich auf ersteres festlegen und den spendablen
Freund oder hilfsbereiten Nachbarn in die Risikogruppe stecken.
Es muß nicht der Alkohol- oder Tabakkonsum
sein, der solche Vermutungen zuläßt. Ein häufiger Besucher von Snowboard-Foren wird wahrscheinlich selbst am Sport interessiert sein,
ein Abonnent mehrerer Freeclimbing-Newsletter hat vielleicht zumindest vor, selbst einmal
ein paar Felsen zu besteigen. Doch was, wenn
die Sportunfallversicherung oder der Arbeitgeber sich dafür interessieren? Was, wenn die
Staatsanwaltschaft gerade nach einem Menschen fahndet, der einen Mord mit einem Eispickel begangen hat? Sie wird es sich nicht nehmen lassen, auch in der Klettercommunity eine
Rasterfahndung durchzuführen. Wer aus dieser Gruppe in letzter Zeit einen neuen Eispickel
gekauft hat, wird verdächtig. Egal, ob er damit
lediglich zum Eisklettern in die Alpen wollte
oder vielleicht sogar nur gern mit seiner Ausrüstung angibt, die er eigentlich noch nie benutzt
hat.
Noch dramatischer wird es natürlich, wenn
DNA- und Fingerabdruckdatenbanken oder gar
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16
gesichtserkennende Kameras existieren. Ein
unachtsam weggeworfener Zigarettenstummel
– natürlich mit Speichelspuren des Rauchers –
in der Nähe des Waldstücks, an dem ein kleines
Mädchen verschwindet. Dazu eine Kamera, die
am Ortsausgang etwa eine halbe Stunde vor der
Tatzeit das Gesicht des Waldspaziergängers aufnimmt: Und schon gilt er als verdächtig.
Dabei muß festgehalten werden, daß Datenbanken und Maschinen eben nicht nach Korrektheit,
sondern vor allem nach Plausibilität suchen.
Daß mit der Unterstützung von Maschinen
der Druck entsteht, sich auf diese zu verlassen.
Überwachungskameras verhindern nicht, daß
Menschen in U-Bahnhöfen überfallen werden.
Aber wenn die Kameras da sind, ist es ein Leichtes, sich darauf zu berufen und das Wachpersonal abzubauen. Wenn dank DNA-Datenbank
und Bilderkennung eine Mordkommission nur
noch aus drei statt sechs Beamten besteht, spart
das möglicherweise Geld. Die Chance, daß der
„Schuldige“ aber dank eines Computer-Fehlurteils ermittelt wird, ist in jedem Falle höher.
Was habe ich also zu verlieren? Auch der ständige Druck, unter Verdacht zu stehen oder geraten zu können, führt zu schon genannter Verhaltensänderung. Auch wer nicht sofort davon
ausgeht, daß all seine Daten verkauft, zusammengeführt und gegen ihn verwendet werden,
wird schon bald unter dem ständigen Eindruck
der Überwachung beginnen, sich anders zu verhalten. Ob es nur das Quentchen mehr an Verschlossenheit ist, das man beim Vorstellungsgespräch an den Tag legt (und das vielleicht genau
deshalb zur Absage führt), oder das eine Bier
weniger, das man trinkt, um nicht die video­
überwachte Straße herunterzutorkeln. Vielleicht ist es auch nur die eine Blümchen-CD, die
ich nicht kaufe, weil mein Nachbar davon erfahren könnte. Überwachung und Datensammelei
gehen Hand in Hand. Sie arbeiten gemeinsam
daran, daß Privatsphäre zur Seltenheit wird,
möglicherweise auch zum Luxusgut, das sich
nur wenige leisten können. Daran, daß Stück
für Stück die Grundfesten unserer Individualität untergraben werden. Und gegen die Vielfalt, die eine freie und offene Gesellschaft ausmacht.
die datenschleuder. #92 / 2008
C
Das anonyme Preisausschreiben
“Keine Macht für niemand”
quizzz
<[email protected]> und <[email protected]>
Wir dürfen hocherfreut mitteilen, daß es einen Gewinner des anonymen Preisausschrei­
bens gibt! Wir können leider natürlich nicht sagen, wie er oder sie heißt. Wir veröffentli­
chen aber gern die Antworten. Falls es dazu Kommentare gibt, freuen wir uns, diese in der
Leserbriefsektion abdrucken zu können. Bitte wie immer an [email protected] senden.
An dieser Stelle nochmal einen herzlichen Dank allen Einsendern!
1.) Du bist in einem offenen Funknetz. Nenne
drei praktische Wege, wie jemand dich tracken
könnte!
b) Ein Flash- oder ActiveX-Objekt oder Java‑
Script nutzt Funktionalitäten oder Schwachstellen
des Browsers, um die IP-Adresse zu ermitteln.
a) Jemand hört den Netzwerkverkehr mit einem
passiven WLAN-Sniffer ab und ordnet die Daten‑
pakete mit Hilfe der MAC-Adresse zu.
c) Ein Cookie, der beim Besuch einer Seite über
eine nicht-anonymisierte Verbindung gesetzt
wurde, verrät die IP-Adresse oder sogar die Identi‑
tät des Benutzers.
b) Der Betreiber des Funknetzes schneidet den
Verkehr mit einem gewöhnlichen Packetsniffer mit.
c) Ein Dritter gibt durch gefälschte ARP- oder
DHCP-Pakete vor, das Gateway oder der DNSResolver des Netzwerkes zu sein und kann so den
gesamten Netzwerkverkehr bzw. alle Namensauflö‑
sungen verfolgen und manipulieren.
Kommentar der Redaktion: Gern gehört hätten
wir auch die einfachere Variante:
d) Dein Tischnachbar im Cafe schaut dir beim
Surfen und E-Mails schreiben über die Schulter, der
üble Spanner.
2.) Du verwendest deinen Browser für http mit
TOR. Nenne drei praktische Wege, wie deine IP
dennoch aufgedeckt werden kann! Dabei ist der
Angreifer nicht die NSA.
a) Ein Java-Applet, das vom Webbrowser gestar‑
tet wird, stellt eine nicht-anonymisierte Verbin‑
dung über das Internet her.
die datenschleuder. #92 / 2008
Kommentar der Redaktion: Welch unglaubliches
Vertrauen in die Neutralität der Infrastruktur.
Der Redaktiton brannte noch folgende Antwort
unter den Zehnägeln:
d) Der Betreiber der Exit-Node ist nicht so ver‑
trauenswürdig, wie man es eventuell erwartet.
3.) Manchmal nervt dich, daß TOR zu langsam ist. Daher schaltest du ihn zuweilen ab oder
benutzt einen Filter für bestimmte Webadressen,
die du weiterhin nur mit TOR besuchst. Erkläre,
warum du damit deine Anonymität gefährdest!
Beim Besuch der Seite kann ein Cookie gespei‑
chert oder eine Session-ID verwendet werden. Mit
deren Hilfe können Seiten-Anfragen eindeutig
einem Benutzer zugeordnet und die verwendeten
IP-Adressen protokolliert werden. Dadurch wird
es möglich, frühere und spätere Anfragen mit der
wahren Adresse in Verbindung zu bringen.
17
17
quizzz
Kommentar der Redaktion: Sehr schön. Als
Beispiele seien hier ad-Server wie doubleclick.
net genannt. Weiterdenkend könnte man TOR
beschleunigen, indem man in die Infrastruktur
Zeit und Geld investiert und selber TOR-Nodes
betreibt. Da in der momentanen Situation der
Betrieb eines TOR-Exit-Nodes nicht jedermanns
Sache ist, kann man alternativ auch Sach- oder
Finanzmittel für den Betrieb der CCC-TOR-Server beisteuern. (Wir freuen uns über Post an
[email protected].)
4.) Du hast JavaScript in deinem Browser
aktiviert. Nenne zwei Möglichkeiten, wie dich
jemand dadurch tracken kann!
a) Ein Seitenbetreiber bindet über dynamisch
per JavaScript erstelltes HTML ein Bild mit ent‑
sprechend generierter URL ein, anhand dessen der
Betreiber meine Anfragen und weitere per Java‑
Script verfügbare Informationen protokolliert.
b) Der Betreiber generiert per JavaScript Links,
die diverse Systeminformationen enthalten, die bei
der Anfrage mit übertragen werden.
Kommentar der Redaktion: Wie sich zeigt, ist
das Ausführen einer Turing-vollständigen Sprache im Browser ein Quell kreativer TrackingSzenarien. Am lustigsten wäre aber sicherlich,
auf der Webseite unappetitliche Inhalte zu präsentieren und durch JavaScript das Schließen
der Seite zu verhindern. Etwaige kurzfristig
und unüberlegt abgesetzte Beschwerden darüber ließen sich sicher tracken.
5.) Erkläre, wie du auf einfachem Wege verhinderst, daß dich jemand mittels JavaScript tracken kann, ohne daß du global die Benutzung von
Javascript verbietest!
Man kann das Risiko mindern, indem man dyna‑
misch per JavaScript generiertes HTML in den
Browsereinstellungen verbietet. Somit bleibt dem
Betreiber nur noch die Möglichkeit, Cookies und
serverseitig dynamisch generiertes HTML zu ver‑
wenden.
Kommentar der Redaktion: In der Politik ist es
übrigens auch ein erprobtes Mittel, sich den
18
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Inhalt der Webseite von seiner Sekretärin ausgedruckt vorlegen zu lassen.
6.) Wie kannst du wirkungsvoll verhindern,
daß bestimmte Applikationen deine Proxy-Einstellungen umgehen?
Man kann dies verhindern, indem man über
einen Paketfilter alle ausgehenden Pakete verwirft
oder ablehnt, die nicht vom Proxyserver versendet
worden sind.
Kommentar der Redaktion: Man sollte sich solche „bestimmten“ Applikationen gar nicht erst
installieren. Wenn der Hund aber schon in den
Brunnen gepinkelt hat, sind „Personal Firewalls“
kein gutes Mittel: Diese sind meist selbst nur
mehr schlecht als recht zusammengeschriebene Auswüchse von wirtschaftlichen Sachzwängen ihrer Hersteller.
7.) Nenne vier local services, die deine Identität im local network oder beim VPN-Endpunkt
aufdecken können!
a) Ident
b) TAP
c) SMTP
d) NetBIOS
Kommentar der Redaktion:
e) http://127.0.0.1:80/~admin/Privatpr0n/
8.) Die Wikipedia blockiert das Editieren von
Artikeln mit TOR. Nenne mindestens zwei Möglichkeiten, wie du diese Blockierung umgehen
kannst, ohne deine Anonymität zu verlieren!
a) Einen Benutzer-Account anlegen.
b) Zusätzlich einen offenen Proxy-Server ver‑
wenden, der nicht geblockt wird.
Kommentar der Redaktion: Leider ist Antwort
a) keine Möglichkeit, um Wikipedia-Artikel zu
editieren. In der Regel werden auch Benutzer
mit Account geblockt, wenn sie TOR verwenden.
Wir beklagen dies. Der Redaktion sind spontan
fünf Wege eingefallen, sich vor Vandalismus zu
die datenschleuder. #92 / 2008
quizzz
10.) Erkläre, welche Gefahren generell bestehen, unabhängig vom Provider, wenn man einen
anonymen Mailaccount klickt!
Selbst wenn man keinen Namen und keine Kon‑
taktadresse angibt, bedeutet dies nicht, daß man
anonym ist. Dem Provider ist es immer noch mög‑
lich, den Account mit einer IP-Adresse in Verbin‑
dung zu bringen.
Kommentar der Redaktion: Tja, man macht sich
auch verdächtig. Die Gefahren für der Gesellschaft!!! Anonyme E-Mail wird doch eh nur von
Terroristen, Kinderschändern, Hooligans und
Nazis benutzt. In welches Licht rückt man sich
denn bitte sehr?
11.) Du möchtest einen öffentlichen IRC-Server anonym verwenden. Welche Einstellungen
deines Client können hierbei deine Anonymität bedrohen?
Bedroht werden kann meine Anonymität von
Einstellungen, die das Client-To-Client Protocol
(CTCP) und Direct Client-to-Client (DCC) Trans‑
fers betreffen.
schützen, ohne das TOR-Netzwerk kaputtzuspielen, diese wurden der Wikipedia Deutschland anonym eingesendet.
9.) Du möchtest einen anonymen Mailaccount
haben. Welche Provider sollte man hier nicht
verwenden? Begründe, worin jeweils die Gefahr
besteht, wenn man diese Provider benutzt!
Man sollte solche Provider vermeiden, die expli‑
zit erwähnen, daß sie Anonymität bieten. Sie sind
meistens nicht seriös und werden sicherlich Ver‑
bindungsdaten vorhalten, um sich rechtlich abzu‑
sichern.
Kommentar der Redaktion: Nach dem computergestützten Auflösen der zahlreichen verschachtelten Satzteile kommen wir zu dem Schluß:
Honey, name three.
die datenschleuder. #92 / 2008
Kommentar der Redaktion: Weiter oben wurde
ja schon der ident-Service genannt, dessen Fehlen das Einloggen auf dem IRC-Server verhindert. Zusätzlich können Einstellungen, die Smileys und Textfarbe betreffen, Auskunft über
dein Geschlecht und deine sexuellen Gewohnheiten geben.
12.) Nenne mindestens zwei anonyme Zahlungswege!
a) Bargeld per Post ohne Angabe der Anschrift
des Absenders
b) Zahlungsanweisung (money order)
Kommentar der Redaktion: Antwort a) skaliert
leider nicht. Wo sich bei digitaler Bezahlung
ein nur dem Geldempfänger und dem -absender bekanntes Geheimnis in den Nachkommastellen verstecken läßt, würde sich dieser
Versuch mit Bargeld in unendlichen Komplikationen, hohen Geldbeträgen oder unhandli-
19
19
quizzz
chen Stückelungen niederschlagen. Ab einer
bestimmten Geldmenge sehen wir zudem weitere praktische Probleme. Die Antwort besticht
aber in der B-Note, darum lassen wir sie durchgehen, sofern kein videoüberwachter Brief kasten verwendet wird. Antwort b), auch als nigerianisches Inkasso bekannt, läßt sich komplett
unelektronisch nur in videoüberwachten Bankhäusern umsetzen.
13.) Du möchtest Google Groups verwenden,
um im Usenet zu posten. Erkläre, was du vor und
nach dem Zugriff beachten mußt?
Vor dem Zugriff sollte man alle Google-Cookies
entfernen und anschließend das Tab bzw. Fenster
schließen und die Cookies wieder entfernen. So
erschwert man, daß frühere oder spätere Anfra‑
gen bei Google mit dem Posting in Verbindung
gebracht werden.
Kommentar der Redaktion: Man könnte auch
darauf verzichten, mit seinem Namen zu unterschreiben. Aber mal Scherz beiseite, gerade
Postings zu sehr speziellen Randgruppenthemen lassen sehr leicht auf einen bestimmten
Menschen schließen. Im Übrigen ist daneben
immer auch eine Textanalyse möglich, um das
Geschriebene einer Person zuzuordnen.
14.) Du sitzt hinter einer Firmen-Firewall,
die jeden Internet-Zugriff protokolliert und
außerdem bestimmte Ports sowie Programme
blockiert. Erkläre, wie du trotzdem machen
kannst, was du eben so machen willst!
Man kann seinen Netzwerkverkehr über einen
verschlüsselten SSH-/VPN-Tunnel leiten.
b) Ich lege sehr viel Wert auf meine Privatsphä‑
re und lehne es ab, daß andere meinen Netzwerk‑
verkehr mitlesen.
c) Ich bin der Überzeugung, daß ich ein Recht
auf beide (also die Freiheit und die Privatsphäre)
habe.
Kommentar der Redaktion: Also naja, etwas konkreter hätten wir es ja doch gern gehabt. *hust*
Nix YouPorn, nix Videochatten mit der oder
dem Liebsten? Nicht mal eBay während der
Arbeitszeit?
16.) Du bist weiterhin in der Firma mit der vordergründig restriktiven Firewall. Du weißt, daß
der dortige Netzwerk- und Firewallverantwortliche mittels eines Keyloggers auch deine Tastatureingaben überwacht. Du mußt aber ganz
dringend deiner Mama tausend Euro überweisen. Erkläre, wie du das Paßwort für dein Online-Banking so eingibst, daß dieser Schnüffler
leer ausgeht!
Kommentar der Redaktion: Ja, aber nur ein eige­
ner SSH-/VPN-Tunnel ist ein guter SSH-/VPNTunnel.
Ich starte eine Bildschirmtastatur, um dem Key‑
logger zu entgehen und verbinde mich per SSH zu
meinem Shell-Server. Dort starte ich den Textbrow‑
ser, um über das barrierefreie Webinterface meiner
Bank die Überweisung zu tätigen.
15.) Du sitzt immer noch hinter besag ter
Firewall. Nenne drei Dinge, die dein Antrieb
sind, die Firewall zu umgehen!
17.) Erkläre, wie man auf einfachem generischen Weg ein verstecktes Rootkit auf einem
Rechner aufdeckt!
a) Ich mag es nicht, wenn jemand meine Freiheit
einschränkt.
Man sucht mit einem Port-Scanner nach lau‑
schenden Programmen. Man untersucht den Netz‑
werkverkehr des Rechners mit einem Sniffer.
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die datenschleuder. #92 / 2008
quizzz
Kommentar der Redaktion: Der generische Weg
wär eigentlich, die Kopie der Festplatte zu nehmen und einen anderen Rechner zur Betrachtung des Dateisystems zu verwenden.
18.) Gib zwei Beispiele, warum der OnlineKauf von Büchern gefährlich sein kann!
a) Man gibt einem großen Unternehmen persön‑
liche Vorlieben preis, die dieses eigennützig verwen‑
den könnte.
b) Man muß seine Kreditkartendaten oder Bank‑
verbindung übermitteln und erteilt dem Unterneh‑
men eine Einzugsermächtigung.
Kommentar der Redaktion: ...oder man wird bei
nächsten Versuch, ein Flugzeug zu besteigen,
gebeten, doch bitte erstmal mitzukommen...
19.) Du möchtest trotzdem ein Buch online
kaufen. Erkläre, wie du vorgehst, wenn du die
eben genannten Gefahren ausschließen willst!
a) Ich teile mir einen Account mit vielen Leuten.
b) Ich verwende die Anschrift eines Vereins oder
einer Firma.
c) Ich bezahle nur auf Rechnung oder per Nach‑
nahme.
die Nachricht mit dem public key der Redaktion
und sende sie per TOR anonymisiert an [email protected].
Sollte ich das Preisausschreiben gewinnen, muß ein
Mitglied der Redaktion den Preis in einem Bahn‑
hofschließfach deponieren und den Schlüssel an
einem Ort hinterlassen, der – mit meinem public
key verschlüsselt – in der nächsten Datenschleuder
bekannt gegeben wird.
b) Ich wähle eine zufällige Anzahl Leute aus
dem CCC-Umfeld aus, die vertrauensvoll sind, aber
die ich nicht direkt kenne, und besorge mir deren
public keys. Anschließend verschlüssele ich ein paar
Zufallsdaten mit meinem richtigen PGP-Key, dann
mit dem ersten Key, anschließend mit dem zweiten,
dem dritten, und so weiter. Diese Nachricht lege
ich meiner – wie oben anonymisiert zugestellten –
Antwortmail bei und bitte darum, den gewonnenen
Preis an die Person auszuhändigen, für welche die
Nachricht zuletzt verschlüsselt wurde. Diese ent‑
schlüsselt die Nachricht und erfährt den Namen
der nächsten Person in der Kette und gibt den Preis
sowie die entschlüsselte Nachricht weiter, sodaß
diese Person ihrerseits die nächste Schicht der
Nachricht entschlüsseln kann, bis der Preis irgend‑
wann bei mir angelangt ist. Da niemand weiß, daß
ich die letzte Person in der Kette bin, bleibe ich
anonym.
c) Die letzte Methode läßt sich auch um die
Zustellung per Post über verschiedene Länder
erweitern, wobei ich das Geld für die enormen Ver‑
sandkosten der Redaktion per money order zukom‑
men ließe.
Kommentar der Redaktion: Wir bitten bei dieser Gelegenheit, davon Abstand zu nehmen,
Bücher an die Postadresse des CCC zu senden.
Ausnahmen sind natürlich Geschenke oder
Kommentar der Redaktion: Na? Hast du den
etwaige Schriftstücke, die aufgrund ihres bri- Preis schon bekommen oder hat einer deiner
santen Inhalts an uns geschickt werden.
„Freunde“ das Teil behalten?
20.) Wie kannst du, im Falle du das Quiz
gewinnst, sicherstellen, daß du den Preis
von uns bekommst, ohne deine Anonymität preiszugeben? Zeige mindestens drei
Wege auf, unter der Bedingung, daß in keinem der Szenarien die physische Integrität
eines Mensches gefährdet wird!
a) Die Antworten signiere ich mit einem
PGP-Key, den ich nur für das Preisausschrei‑
ben erstelle. Anschließend verschlüssele ich
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Sag mir, was du suchst, und ich sag dir, wer du bist.
C
Suchmaschinen, Privatsphäre
und andere Illusionen
Frédéric Phillip Thiele und Henrik Speck
You have zero privacy anyway. Get over it. –
Scott McNealy, CEO of Sun Microsystems
Der Trend zur Datenprostitution ist nicht zu
übersehen. Die mehr oder weniger aktive Beteiligung an der Kompromittierung der Privatsphäre hat einen Höhepunkt in den Generationen von Schülern und Studenten gefunden, die
sich öffentlich in verschiedenen sozialen Netzwerken und Weblogs entblößen. Weitere Verschiebungen der Privatsphäre entstehen durch
die Unzahl verschiedener Dienste und Plattformen, die durch die Preisgabe vermeintlich
weniger privater Daten komplette Nutzungsprofile, Klick- und Kaufverhalten, Nutzerinteressen
und Kommunikationsprofile erstellen können.
(Meusers 2006)
Daß die Transformationen im Verhältnis von
öffentlichem und privatem Raum gesellschaftlich noch nicht vollständig nachvollzogen sind,
wird durch das inkonsequente Verhalten vieler Internetnutzer deutlich: Obwohl die freiwillige Herausgabe von persönlichen Informationen, Namen, Adressen, Bankverbindungen
und Kommunikationsverhalten mittlerweile gesellschaftsfähig geworden ist, demonstrieren viele Internetnutzer eine kaum erklärbare
Scheu beim Umgang mit anderen Metaebenen
– insbesondere beim Einkommen, Vermögen,
Verschuldungsgrad und innerhalb von Patientenkarteien wird versucht, die Illusion der Privatsphäre aufrechtzuerhalten. Dies gilt auch für
die an der Gesetzesfindung beteiligten Abgeordneten, die sich einer Offenlegung ihrer Gehälter standhaft verweigert hatten.
Diese Versuche sind selbstverständlich rein
kosmetisch, schon bei der Einreise in befreundete Länder wird eine Kompletterfassung ein-
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schließlich Fingerabdrücken und Mugshots
freundlich begrüßt. Laptops, Festplatten und
andere Datenträger können, wie ein US-amerikanisches Gericht im Juli 2007 bestätigte, dabei
komplett auseinandergenommen und einer
forensischen Analyse unterzogen werden ohne
entsprechenden Grund, Verdacht oder Gerichtsbeschluß – die Ausnahmeregelungen zu den
Grenzkontrollen bereiten dafür den rechtlichen
Hintergrund. Zusammen mit den in den Reisepässen enthaltenen biometrischen Informationen entstehen damit interessante Diskussionsbeiträge für die sogenannten Screener, die sich
zumeist am Boden der Gehaltsgruppen bewegen. (Sharkey 2006)
Einige besonders interessante Veränderungen der Privatsphäre werden von attrition.org
verwaltet, die seit dem Jahrtausendwechsel in
ihrem „Data Loss“-Verzeichnis die Eigentümerwechsel von Nutzerdaten dokumentieren. Die
Anzahl der dabei kompromittierten Nutzerprofile ist ständig ansteigend und beträgt momentan mehr als 100 Millionen. (Attrition, Zeller
2006a und 2006b)
Kevin Poulsen verwies dabei insbesondere auf
die kompromittierten 800.000 Profile der Universität von Kalifornien, die 130.000 der Firma
Aetna und die 382.000 Nutzerdaten und Social
Security Numbers, die beim Flugzeughersteller Boeing betroffen wurden, als er das traurige
Ausmaß dieser Veränderungen kommentierte.
Poulsen muß es wissen: Er ist eine Hacker-Ikone. Im Juni 1994 bekannte er sich unter dem
Druck der US-Regierung des Computermißbrauchs, der Geldwäsche und der Behinderung
der Justiz schuldig und wurde zu 51 Monaten
Haftstrafe und 56.000 US-Dollar Strafe verurteilt. Zu diesem Zeitpunkt war dies die härte-
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Sag mir, was du suchst, und ich sag dir, wer du bist.
ste Strafe, die bis dahin für Hacken vergeben
wurde. Er wurde durch den Vorläufer des Web
2.0, die Fernsehsendung Unsolved Mysteries –
eine amerikanische Variante von „XY Ungelöst“
– aufgespürt und verbrachte tatsächlich drei
Jahre im Gefängnis. Für drei weitere Jahre war
es ihm durch das Gericht verboten, einen Computer zu benutzen.
Diese Zeiten sind längst vorbei: Poulsen arbeitet jetzt für das „Wired Magazine“ und demonstrierte im Oktober 2006, wie sich durch
primitive Datenabgleiche Sexualstraftäter identifizieren lassen, die innerhalb des sozialen
Netzwerkes „MySpace“ auf Opferjagd gehen.
Durch Poulsens Arbeit konnten 744 verurteilte Sexualstraftäter innerhalb des (US-amerikanischen) MySpace-Netzwerkes identifiziert
werden – eine Person, Andrew Lubrano, wurde
darauf hin verhaftet. (Poulsen 2006)
Die Veränderungen, die sich aus der Verletzung
der individuellen Selbstbestimmung ergeben,
sind insbesondere für die Opfer von Identitätsbetrug schmerzlich. Die New York Times hat
diesem Thema bereits mehrfach ganze Artikelserien gewidmet. (New York Times 2005)
Insbesondere der Umgang mit derartigen Transformationsprozessen ist Grund zur Besorgnis: Für viele Firmen entspricht die öffentliche
Bekanntgabe derartiger Unfälle einem Offenbarungseid. Die Mehrzahl zieht es deshalb
vor, ihre Kunden nicht oder nicht in angemessenem Umfang zu informieren. Den Kunden
Keine Anzeige
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wird dabei insbesondere das Ausmaß und die
Details der kompromittierten Daten verschwiegen. Die wenigen Nachrichten liefern meist
keine brauchbaren Informationen zu den möglichen Konsequenzen beziehungsweise welche
Schritte durch den Verbraucher zur Schadensminimierung unternommen werden können.
Für eine große Anzahl der betroffenen Kunden
sind derartige Vorgänge damit nicht nachvollziehbar. (Sullivan 2005)
Digitale Jäger und Sammler
Die bereits beschriebenen Erscheinungen
verblassen im Vergleich zu den Datenerhebungsmöglichkeiten durch Suchmaschinen.
Suchmaschinen agieren als Gralshüter der Wissensgesellschaft. Sie ermöglichen einen Zugriff
auf die ständig anwachsenden Inhalte des Internet, sie werden von einem Großteil der Internetnutzer als Navigationsersatz benutzt, ein
Ansteigen der Nutzungsintensität und Häufigkeit ist seit Jahren zu beobachten.
Diese zentrale Funktion erlaubt es Suchmaschinen, auch Nutzerprofile in einer Komplexität zu
erstellen, welche die Staatsicherheit der DDR als
Kinderschutzbund erscheinen läßt. In den sogenannten Logfiles werden bei jeder Suche und
bei jedem Klick innerhalb der Suchergebnisse nicht nur transaktionsbezogene Daten, zum
Beispiel Datum, Uhrzeit, besuchte Webseite,
Suchwörter erhoben, sondern auch spezifische
Accountinformationen, die zum Beispiel den
Browsertyp, Version, Betriebssystem, Sprache
und IP-Adresse beinhalten. Gekoppelt mit den Nutzer­accounts der
verschiedenen Dienste, die durch
kleine Tracking-IDs, sogenannte Cookies, identifiziert werden,
ergibt sich insbesondere bei längerfristiger Nutzungsdauer das Abbild
eines gläsernen Bürgers. Die durch
Datenschutzgesetze vorgeschriebene informationelle Selbstbestimmung wird dadurch unterlaufen, daß wie im Fall von Google
die Cookies praktisch nie verfallen (erst im Jahr 2038) oder aber
dadurch, daß die entsprechenden
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Sag mir, was du suchst, und ich sag dir, wer du bist.
te das Vorgehen der US-Regierung
im Frühjahr 2006, als von den
Marktführern im Suchmaschinenbereich (Google, Yahoo, MSN und
AOL) die Herausgabe umfangreicher Logfiles der Suchanfragen verlangt wurde. Während Yahoo, MSN
und AOL sich widerstandslos der
Justiz beugten, protestierte Branchenführer Google getreu dem Firmenmotto „don’t be evil“ gegen die
Herausgabe der Daten. Die US-Generalstaatsanwaltschaft reichte darauf beim US District Court for the
Northern District of California eine
Klage gegen Google auf Herausgabe
der Daten ein. (Hafner 2006)
Löschanforderungen – im klaren Gegensatz zu
den sonst so benutzerfreundlichen Angeboten –
mit besonderer Sorgfalt tief in den Abgründen
der Suchmaschinen versteckt werden.
Die durch die Suchmaschinen gesammelten
Daten erhalten insbesondere dadurch an Brisanz, da hier auch Nutzerprofile erhoben werden und somit nachverfolgt werden können,
die zum Beispiel für Strafverfolgungsbehörden eine richterliche Verfügung voraussetzen.
Durch die Verlagerung auf private Unternehmen, insbesondere wenn diese sich wie alle führenden Suchmaschinenanbieter im Ausland
befinden und damit außerhalb der Reichweite
national geltender Datenschutzrichtlinien, können vernachlässigbare Einschränkungen, insbesondere innerhalb des demokratischen Rechtsverständnisses, erfolgreich unterlaufen werden.
Welche Relevanz diesen Daten zukommt, zeig-
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Ob Google wirklich die Privatsphäre
der Nutzer am Herzen lag oder ob es
sich vielmehr um einen geschickten
Schachzug der Marketingabteilung
zur Auf besserung des Firmen­image
handelte, bleibt dabei unbeantwortet. Der Patriot Act der Vereinigten Staaten verpflichtet auch Suchmaschinenbetreiber zur sofortigen
Herausgabe angeforderter Informationen. Die betroffenen Firmen sind
weiterhin verpf lichtet, über diese
Vorfälle zu schweigen.
Das AOL-Vorkommnis
AOL Research veröffentlichte im August 2006
eine frei verfügbare Datenbank mit 20 Millionen Suchanfragen von 658.000 AOL-Nutzern
im Internet, die detaillierten Nutzerprofile wurden dabei durch simple Nutzer-IDs ersetzt. Die
angestrebten Forschungsinteressen wichen
schnell der öffentlichen Aufregung. Wenige Tage nach der Veröffentlichung der Daten
wurden diese bereits wieder vom Netz genommen. Chefentwicklerin Maureen Govern mußte
ihren Arbeitsplatz räumen, und AOL schloß die
gesamte Forschungsabteilung. (Karnitschnig
2006)
Trotz aller Bemühungen, den brisanten Datensatz möglichst schnell wieder verschwinden zu
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Sag mir, was du suchst, und ich sag dir, wer du bist.
lassen, verbreitete sich dieser innerhalb weniger
Tage in einschlägigen Blogs und Foren. Bereits
nach einigen Stunden wurden erste Analysen
des Datenmaterials einschließlich der beinhalteten Nutzerprofile im Internet veröffentlicht.
Neben statistisch interessanten Daten über das
Suchverhalten der Suchmaschinennutzer offenbart diese Datensammlung noch weitaus brisantere Details. So enthält der Datensatz auch
Kreditkartennummern, Sozialversicherungsnummern, Paßwörter und E-Mails und eine
ganze Reihe weiterer, teils sehr skurriler, teils
erschreckender Details.
Obwohl die Suchanfragen von AOL in einer
anonymisierten Form herausgegeben wurden, die keinen direkten Zugriff auf Nutzernamen oder IP-Adressen ermöglichte, lassen sich
durch den Umfang des Datenmaterials in vielen
Fällen individuelle Nutzer anhand ihrer Suchanfragen identifizieren. Die bereits in mehreren
Forschungsarbeiten untersuchten Vorstellungen von Privatsphäre und Anonymität im Internet erscheinen nur illusorisch. (Speck 2004)
Diese Problematik griff auch die New York
Times auf. So enttarnte die Zeitung den Nutzer
hinter der User-ID 4417749 anhand der gestellten Suchanfragen. Darunter befanden sich
Anfragen wie „numb fingers“, „60 single men“
oder „dog that urinates on everything“. Eine
kurze Recherche des Suchportfolios verriet auch
die wahre Identität des Suchenden. Dabei handelte es sich um die 62-jährige Thelma Arnold
aus Lilburn im US-Bundesstaat Georgia. Die
ältere Dame verriet ihre Identität durch Suchan­
fragen wie „landscapers in Lilburn, Ga“, „homes
sold in shadow lake subdivision gwinnett county georgia“ und Suchen nach verschiedenen Personen mit dem Nachnamen „Arnold“. So war
es für die Journalisten der New York Times ein
Leichtes, die Dame ausfindig zu machen. Konfrontiert mit der Veröffentlichung ihrer Suchergebnisse zeigte sich Ms. Arnold sehr empört
(„We all have a right to privacy“) und kündigte
an, AOL zukünftig den Rücken zu kehren. (Barbaro 2006)
Dabei wählte die New York Times bewußt eine
Person mit einem besonders harmlosen und
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unverfänglichen Suchprofil. Die Suchanfragen
offenbaren oftmals intime Details, Sorgen und
Befürchtungen. Sexuelle Vorlieben, gesundheitliche Probleme, politische Ansichten oder
die finanzielle Situation stellen dabei nur die
Spitze des Eisberges dar. Manche Suchhistorien erzählen sogar ganze Lebensgeschichten.
Eine Untersuchung der Suchanfragen offenbart
menschliche Abgründe: Allein die Häufung
von Suchanfragen wie „how to kill your wife“
und „child porn“ sind erschreckend. (AOL Data
Collection)
Welch detaillierte Nutzerprofile sich anhand
der Suchanfragen erstellen lassen, sind leicht
am zufällig ausgewählten AOL-Nutzer mit der
User-ID 1588208 zu verdeutlichen. Dieser Nutzer plant einen Urlaub in Orlando, Florida, wo
er gern die Universal Studios besuchen möchte. Nach Orlando möchte er mit der Fluggesellschaft JetBlue fliegen, wobei er leider noch nicht
die passenden Koffer für seinen Flug hat und
daher sehr interessiert an den Produkten der
Firma AmericanTourister ist.
Auch über den gesundheitlichen Zustand unseres Nutzers gibt das Suchprofil Auskunft. So
scheint unser Nutzer sein rechtes Bein verloren
zu haben. Eine Vielzahl von Suchanfragen zum
Thema Schuhkauf von speziellen orthopädischen linken Schuhen zeigt, daß der Schuhkauf
für unseren Nutzer auch nicht ganz einfach ist.
Sportwagen und Boote scheinen ebenfalls in
das Interessensgebiet des Nutzers zu gehören.
Besonders ein Chrysler Crossfire, ein Porsche
Cayman, eine Chevy Corvette oder ein BMW
haben es ihm angetan. Weiterhin scheint unser
Nutzer auch an der Finanzierung einer Eigentumswohnung interessiert zu sein, und auch
das Pay-TV-Angebot von Verizon hat sein Interesse geweckt.
Doch die Interessen unseres Nutzers liegen
auch in anderen Bereichen. So bezieht sich der
überwiegende Teil der Suchanfragen auf eindeutig pornographische Inhalte. Seine besonderen Vorlieben liegen hier bei College Girl und
Celebrity Tapes von Pamela Anderson bis Britney Spears.
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Sag mir, was du suchst, und ich sag dir, wer du bist.
Profiler
Schon eine derart oberflächliche Analyse des
Suchprofils liefert einen tiefen Einblick in die
Privatsphäre des Nutzers und erlaubt eine recht
genaue Vorstellung von der Person hinter der
anonymen User-ID 1588208. Dabei handelt
es sich bei dem ausgewählten Fall um keinen
Sonderfall. Das Suchprofil eines jeden Nutzers
wird einen ähnlich detaillierten Einblick bieten.
Hinzu kommt, daß sich jedes Profil mit jeder
neuen Suchanfrage immer weiter verdichtet.
Wie ein Puzzle fügt sich das Gesamtbild mit
jedem Einzelteil immer weiter zusammen.
Die Auswertung der Nutzerprofile erfolgt dabei
längst nicht mehr manuell, entsprechende Algorithmen erlauben eine Klassifizierung und Clus­
terung anhand einer Vielzahl von Eigenschaften. Zwar geben
alle großen Suchmaschinen an, daß keinerlei personalisierte
Analyse der Suchan­
fragen durchgeführt
wird und daß die Daten
der Nutzer nicht an Dritte weitergegeben werden,
dennoch stellt sich hier
die Frage, wie seriös diese Versprechungen zu bewerten sind.
Der kommerzielle und der politische Wert solch detaillierter Profile ist nicht
von der Hand zu weisen. Auch der Bereich des
Online-Marketings entwickelt sich immer weiter weg von ungenauer Massenwerbung hin zu
zielgruppenspezifischen Werbeformen. Hier
liegt das eigentliche Geschäftsmodell der Suchmaschinen: Wer wie Google 99% seines Einkommens mit Werbung erzielt, kann den Profit nicht unerheblich steigern, je genauer die
Werbung auf die Zielgruppe abgestimmt wird.
Dabei erweist es sich durchaus als förderlich,
daß Suchmaschinen durch ihre vielen Kooperationen und Zusatzdienste weitere Informationsquellen zur Verfügung haben. Selbst hartnäckige Suchmaschinenverweigerer sind durch die
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von den Suchmaschinen auf Webseiten angebotene Werbung verfolgbar; integrierte E-Maildienste erlauben die Erfassung des Kommunikationsverhaltens und des sozialen Netzwerkes;
Preissuchmaschinen und elektronische Bezahlverfahren erlauben Einblicke in das Finanzverhalten; Browsertoolbars verfolgen jede Surfsession; Desktopsuchmaschinen können sich eines
Tages als dankbare Dienstleister für Strafverfolgungsbehörden und Interessenverbände der
Film- und Musikindustrie erweisen. (Speck
2005)
Betrachtet man den Nutzer mit der User-ID
17556639, der mit Hilfe der Suchmaschine
nach Möglichkeiten sucht seine Frau umzubringen, so könnte das Suchprofil schnell zum
Täterprofil werden. Selbst
eine Vorhersage von Straftaten anhand einer Analyse
der Suchmaschinenanfragen
scheint damit nicht ausgeschlossen. Assoziationen
zu Szenarien, wie sie in Steven Spielbergs Film „Minority Report“ beschrieben
werden, erscheinen dabei
nicht unmöglich. (Minority
Report 2002)
Scotland Yard hat seine
Pläne bereits zur Diskussion gestellt: Britische
Polizeipsychologen versuchen,
eine Datenbank mit möglichen
Tätern anhand ihrer psychologischen Profile aufzubauen, bevor sie ihre Verbrechen begehen. Angestrebt wird hierbei eine Klassifizierung der Bürger nach Bedrohungspotentialen.
Stillschweigend wird dafür die Profilierung
und Bespitzelung von Millionen unschuldiger Bürger vorausgesetzt – sofern man innerhalb dieses verschobenen Sicherheitsverständnisses überhaupt noch von Schuld reden kann.
Die Unschuldsvermutung muß dafür sicherlich ausgesetzt werden. (Cowan 2004, Agence
France-Presse 2006, Bannermann 2006a und
2006b)
Ein frohes neues Jahr.
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Sag mir, was du suchst, und ich sag dir, wer du bist.
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Milestone: 100 Million Data Leaks.“ New York
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http://online.wsj.com/article/SB115618361010241207.html
die datenschleuder. #92 / 2008
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Wir brauchen keinen starken Mann, denn wir sind selber stark genug
Selbstdatenschutz
von 46halbe und erdgeist
Nachdem wir nun aus verschiedenen Perspektiven unsere Bedenken ausgeführt haben,
die wir gegenüber der um sich greifenden Überwachung haben, könnte beim geneigten
Leser schon das schale Gefühl aufkeimen, daß man doch eh nichts tun könne, daß die Spe­
zialexperten aus Staat und Wirtschaft weiter neue Wege finden werden, immer tiefer in
uns hineinleuchten zu können, jedem Schritt zu folgen und jeden Gedanken zu protokol­
lieren. Doch wer sind denn hier die eigentlichen Spezialexperten was den Schutz von pri­
vaten Daten angeht? Das sind ja wohl wir. Wenn wir keine technischen oder andersartigen
Gegenmaßnahmen ergreifen, wer denn dann?
Selbstdatenschutz war schon immer eine Frage
des Wissens. Wenn man nicht weiß, wer wo wie
wen abschnorchelt, kann man sich nicht schützen. Anhand praktischer Beispiele, die den meisten im täglichen Leben begegnen, wollen wir
daher versuchen, auf die Fallstricke der zarten
Maid Privatheit hinzuweisen. Da, wo uns das
Datenschutzgesetz und der ohnehin vollkommen überbewertete Richtervorbehalt nicht
mehr hilft, müssen wir das Heft selber in die
Hand nehmen.
Nun – wie kann man sich im Detail vor der allgegenwärtigen Ausspioniererei von staatlicher
und privater Seite schützen? Was kann der Bürger im Rahmen der freiheitlich demokratischen
Grundordnung tun, um sich und anderen wieder Stück für Stück Privatsphäre zurückzuerobern? Nicht jeder Vorschlag ist perfekt, aber
viele sind auch für den täglichen Gebrauch
gegen hoheitliche Maßnahmen und andere
Schnüffler anwendbar. Denn wenn Daten nicht
anfallen, zugeordnet und gesammelt werden
können, stellt sich nachher das Problem des
Mißbrauchs oder der falschen Verdächtigung
gar nicht erst.
Immerhin wissen wir aus den vergangenen Jahren, daß die informationelle Selbstbestimmung
nur theoretisch eine prima Sache ist. Praktisch
muß man ein Grundrecht auch immer selbst
verteidigen, sonst geht es unweigerlich verloren. Außerdem will man nicht der einzige weit
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und breit sein, der seine E-Mails verschlüsselt
oder nicht jubelnd „hurra“ schreit, wenn die
eigene Wohngegend mit glotzenden Kameras
bestückt wird, oder der sich damit abfindet, als
„Anschlußüberlasser“, „Risikoperson“, „Nachrichtenmittler“ oder „Gefährder“ statt als freier Bürger gesehen zu werden. Es reicht ja vollkommen, wenn die anderen Menschen einen
schon wegen der Haare oder Klamotten schief
ansehen.
Die folgenden Hilfestellungen wurden von vielen Aktivisten aus dem Umfeld des CCC zusammengetragen. Und ihr, liebe Leser, müßt den
ganzen Krempel nach dem Lesen nur noch
Eurer Mama erklären, zumindest aber Euren
nicht-nerdige Freunden. Danach müßt ihr Euch
leider auch noch hinsetzen und alltagstaugliche GUIs für ebenjene Mama schreiben, die
Ihr hernach als Open Source raushauen könnt.
Sport frei!
Glaub keinem, der dir sagt,
daß du nichts verändern kannst,
Die, die das behaupten,
haben nur vor Veränderung Angst
Es sind dieselben, die erklären,
es sei gut so, wie es ist.
Und wenn du etwas ändern willst,
dann bist du automatisch Terrorist.
– Die Ärzte, Deine Schuld
die datenschleuder. #92 / 2008
Wir brauchen keinen starken Mann, denn wir sind selber stark genug
Mobiltelefone
Da Mobilfunknummern inzwischen nicht mehr
ohne weiteres – also ohne Vorlage des Personalausweises – vergeben werden, ist das anonyme
mobile Telefonieren recht schwierig geworden.
Wer erreichbar sein, nicht ständig Leute um
ihr Telefon anschnorren oder sich nicht in eine
Telefonzelle stellen möchte, muß einigen Aufwand betreiben.
Natürlich bestünde die Möglichkeit, mit Hilfe
anonymisierter Zahlungswege ein Satellitentelefon zu erwerben und zu betreiben. Dank des
Preisverfalls ist das nicht einmal mehr wirklich
teuer. In der Realität bleibt „für den Rest von
uns“ jedoch nur das normale Handy.
Sollte uns nun aus heiterem Himmel ein tatsächlich anonymes Mobiltelefon in die Hände
fallen, muß man diesen Zustand verteidigen. Denn Handys geben fortwährend eine
ganze Menge Informationen über ihre Nutzer
ab. Wenn man nicht aufpaßt, ist man schnell
wieder identifiziert. Zwei besonders wichtige
Punkte dabei sind IMEI-Nummern und das
Problem der Lokalisierung.
Die IMEI und die IMSI
Wenige Handy-Benutzer sind sich der Folgen
der Existenz einer eindeutigen Gerätekennung
bewußt. Die eindeutige IMEI-Nummer (International Mobile Equipment Identity) eines
Telefons wird bei dessen Nutzung mitübertragen und bei den Mobilfunkanbietern systematisch gespeichert und soweit möglich mit den
Bestandsdaten assoziiert. Eine neue SIM-Karte, die in ein bereits dort gespeichertes Telefon gesteckt wird, kann also mit den bekannten
Benutzerdaten verknüpft werden und ist damit
deanonymisiert. Die Informationen, insbesondere zu Telefonen, die mit einem Vertrag erworben wurden, werden je nach Mobilfunkanbieter
auch direkt bei heute routinemäßig durchgeführten Bestandsdatenabfragen an die Behörden weitergegeben. Erhält man also eine anonyme SIM-Karte und steckt diese irgendwann
die datenschleuder. #92 / 2008
einmal in ein Handy, das vorher auf den eigenen Namen (mit einer nicht-anonymen SIMKarte) gemeldet war, dann war‘s das wieder mit
der Anonymität.
Andersrum funktioniert das übrigens genauso.
Hat man ein anonymes Handy ein einziges Mal
mit einer nicht-anonymen SIM-Karte benutzt,
ist das Handy selbst danach nicht mehr anonym. Ebenfalls wichtig zu wissen ist, daß natürlich auch alle Nummern, die man nicht-anonym
je gewählt hat und die einen selbst je angerufen
haben, gespeichert und profiliert sind, selbst
wenn man nicht offiziell unter Überwachung
steht.
Durch das Kombinieren von Nutzungsdaten
können also Rückschlüsse auf den Benutzer
gezogen werden. Hier hilft nur häufiger Wechsel der anonymen Handys und SIM-Karten.
Falls man mehrere Handys nutzt, sollte man
strikt vermeiden, die einzelnen sozialen Gruppen, mit denen man interagiert, mit jedem der
Handys anzurufen. Dadurch wird das Profiling, ermittelt über die Anrufer und Angerufenen und die Häufigkeit dieser Verbindungen,
erschwert.
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Wir brauchen keinen starken Mann, denn wir sind selber stark genug
Lokalisierung
Mobiltelefone nehmen naturgemäß Kontakt zu allen nahegelegenen Mobilfunkzellen
auf. Beim Einbuchen geben sie dort ihre IMEI
bekannt. Somit trägt jeder Benutzer einen personalisierten Peilsender mit sich herum. Wer
über die entsprechende Empfangstechnik verfügt (gemeinhin die Telekom-Unternehmen
und der Staat), kann in der Folge jederzeit und
laufend jeden Handybesitzer auf einige hundert bis wenige Meter genau orten. Die Polizei
nutzt diese Möglichkeit seit langem, um die täglichen Aktivitäten von mehr oder weniger Verdächtigen lückenlos und ohne jeden Personalaufwand zu überwachen, zu speichern und zu
profilieren.
Und natürlich können anonymisierte Mobiltelefone damit auch wieder Nutzern zugeordnet
werden, sei es schlicht durch die Heimatadres-
se oder durch ein bestimmtes Bewegungsprofil.
Vor dieser fortwährenden Lokalisierung kann
man sich eigentlich nur schützen, indem man
das Handy abschaltet. Auf der sicheren Seite ist
man, wenn man im Falle sicherheitskritischer
Gespräche frühzeitig einfach den Akku herausnimmt.
Eine hinreichende Anonymisierung für eine
begrenzte Zeit ist also nur zu erzielen, wenn
SIM-Karten und Telefone zum Einsatz kommen,
die nicht zuvor in irgendeinem Zusammenhang mit dem Benutzer standen. Ein einzelner
Fehler, etwa ein Telefonat mit einer zuzuordnenden Nummer, kann die Anonymität kompromittieren. Im Alltag ist diese Art Disziplin
erfahrungsgemäß nur schwierig aufrechtzuerhalten, und selbst bei Einhaltung aller Regeln
sind auf längere Sicht Nutzer durch Analyse der
Kommunikationsmuster identifizierbar.
Keylogger und Keyloggerinnen
Das meistgenutzte Eingabegerät heutiger Computer ist zweifelsfrei die Tastatur. Viele relevante Daten, wie z. B. Paßworte, PINs und TANs,
aber auch URLs oder E-Mails, werden mit ihrer
Hilfe digitalisiert und für die Weiterverarbeitung gespeichert oder versendet. Für alle diese
Daten finden sich potentielle Lauscher, seien es
kriminelle Kontoleerräumer oder der Staat.
Falls es jemand darauf abgesehen hat, an private Daten zu kommen, ist eine der geeigneten Maßnahmen des Angreifers die Installation eines den uneingeschränkten Zugriff auf die
Tastatureingaben bietenden Keyloggers – manche sind leicht detektierbar, andere fast unauffindbar. Nicht erst seit dem berühmten Fall des
Mafioso Nicodemo Scarfo, an dessen Bürocomputer das FBI 1999 einen Keylogger installierte, sind derartige Wanzen verbreitet.
Der gute Scarfo hatte nämlich Teile
seiner Platte mit PGP gegen eine heimliche Durchsuchung gesichert, aber der
nicht entdeckte Keylogger brachte dem
FBI dennoch den gewünschten Erfolg. [3]
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Der Sinn eines Keyloggers wird schon vom
Namen angegeben: Der Tastendruck-Protokollierer zeichnet alle Zeichen, die man über die
Tastatur eingibt, auf. Diese Informationen sendet er an den “Bedarfsträger” oder Privatschnüffler. Es kann durchaus auch mal eine E-Mail
sein. So erhält der Angreifer beispielsweise
den Key für das Kryptovolume, den E-Mail-Account oder den SSH-Chat, ohne daß er sich physischen Zugriff auf den Rechner verschaffen
muß. Auch Zugangsdaten für externe Speicher
im Netz können so erlangt werden, denn BKAChef Ziercke hat ja der taz im März erklärt, daß
die bösen Terroristen ihre „Daten oft sogar ganz
in die Weiten des World Wide Web ausgelagert“
hätten, sodaß die Polizei „den Schlüssel zu diesem Versteck” finden
will.
die datenschleuder. #92 / 2008
Wir brauchen keinen starken Mann, denn wir sind selber stark genug
Da uns ja die Computerwanze (leicht euphemistisch auch “Online-Durchsuchung” genannt)
demnächst ins Haus steht, ist etwas Wissen
über Keylogger sicher zukunftsweisend. Man
unterscheidet zwei Arten: Zunächst gibt es Keylogger als Hardware. Sie zeichnen Tastatureingaben auf. Das sind kleine Geräte, die man auf
der einen Seite in die Tastatur-Steckdose des
Rechners steckt, und die andere Seite dann mit
dem Tastaturkabel verbindet. Hardwarekeylogger (Bild) müssen also auf physikalischem Weg
in die Verbindung von der Tastatur zum Rechner eingebracht werden. Dabei muß die Hardware natürlich nicht unbedingt offen sichtbar
zwischen dem Keyboard und dem Computer
hängen, es gibt eine breite Auswahl an internen Keyloggern. Wenn man also seiner physikalischen Umgebung nicht trauen kann, lohnt es
sich stets, ein eigenes Keyboard dabeizuhaben.
Geht es um den Rechner zuhause – falls man
vermuten muß, daß dieser kompromittiert
wurde, weil man vergessen hat, die Tastatur mit
Epoxyharz zu versiegeln – hilft es, sich schlicht
eine neue Tastatur zuzulegen. Die weitere Keyloggerlosigkeit läßt sich mit einem beliebigen
“tamper evident”-Mechanismus belegen. Ab
und an das Innenleben des Computers nach
merkwürdigen elektronischen Komponenten
zu untersuchen, hat natürlich noch niemals
geschadet.
Ebenso schwierig ist der Schutz gegen elektromagnetische Abstrahlung der Tastaturen bzw.
der Kabel. Hier hilft nur die totale Abschirmung. Bei Kabeln reicht es dabei schon, sie einmal in Aluminumfolie einzuwickeln, Tastaturen und Rechner hingegen sind sehr schwer
komplett abzuschirmen. Für besonders gefährdete Personen gibt es Kupfertapete und metallbedampfte Scheiben. [1]
Freiwillig strahlen Funktastaturen aller Art –
ob per Infrarot, Funk oder Bluetooth. Trotz teilweise integrierter Verschlüsselung der Funk­
übertragung sollte auf ihren Einsatz am besten
verzichtet werden.
janisches Pferd sein. Zumindest beim Bundes­
trojaner wissen wir ja seit den aus Versehen
veröffentlichten Antworten des Bundesinnenministeriums auf den Fragenkatalog der SPD,
daß dieser vorzugsweise E-Mails befreundeter Behörden verwendet. Also immer schön
aufpassen, wenn der nette Sachbearbeiter im
Bauamt, der eigentlich gar nicht so aussieht,
als könne er überhaupt einen Browser bedienen, plötzlich E-Mails schickt und um Ausfüllen des angehängten Formulars bittet. Sollte es
sich um einen ernsthaften Angreifer handeln,
sind heute bereits ausgesprochen ausgefeilte
Spionageprogramme bekannt, denn die Grenzlinie zwischen Keyloggern und Rootkits verläuft
zuweilen fließend.
Der zweite, deutlich unauffälliger zu installierender Typ von Keyloggern sind also Softwarelogger. Sie hängen sich zwischen den Gerätetreiber der Tastatur und das Betriebssystem. [2]
Durch zusätzliche Programme läßt sich außerdem ihre Existenz in Überwachungstools verstecken. Da in der Regel administrativer Zugriff
zur Installation der Sniffer nötig ist, sollte das
System immer auf dem neuesten Stand gehalten werden, sprich Updates regelmäßig eingespielt werden. Aber Vorsicht, auch in solchen
Updates lassen sich Schadprogramme wie Keylogger unterbringen. Den einzigen Schutz bietet eigentlich nur, den Rechner komplett vom
Netzwerk zu trennen. Im Zweifel nutzt aber
auch das nichts. Wie den Aktivitäten des Verfassungsschutzes im Rahmen der sog. OnlineDurchsuchung zu entnehmen ist, können auch
klassische Verfahren, wie das heimliche Eindringen in die Wohnung, mit der Installation
von Keyloggern kombiniert werden. Die einzige
Maßnahme gegen solche Eingriffe bieten sichere Entsperrpaßworte auch schon beim Anschalten des Rechners.
[1] http://www.heimwerker.de/heimwerker/
heimwerker-beratung/wandgestaltung-und-dekoration/
tapete-und-tapeten-sorten/tapeten-­t apetenarten/abschirmtapete-emv-tapete.html
[2] USBmon http://www.hhdsoftware.com/
Products/home/usb-monitor.html
Ist der Keylogger Software, kann es etwa der
Bundestrojaner oder ein beliebiges anderes Tro-
die datenschleuder. #92 / 2008
[3] United States vs. Scarfo,
http://www.epic.org/crypto/scarfo.html
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Wir brauchen keinen starken Mann, denn wir sind selber stark genug
Die Hardware-MAC-Adresse
Jede Netzwerkkarte, egal ob kabelgebundenes
Et her net oder draht loses WL AN, hat
eine weltweit eindeutige 48 Bit lange
Identifikationsnummer, die MAC-Adresse.
Diese Hardwareadresse ist meist in einem
EEPROM auf der Karte gespeichert und dient
zur niederschichtigsten Adressierung eines
Computers in einem Netzwerk. Sobald man
sich also mit einem Netzwerk verbindet, ist
man automatisch anhand der MAC-Adresse
identifizierbar, zumindest innerhalb dieses
Netzwerkes.
ifconfig <iface> hw ether <MAC-Adresse>
Dabei muß die MAC-Adresse aus hexadezimalen Ziffern in der Form xx:xx:xx:xx:xx:xx aufgebaut sein. Unter FreeBSD und MacOSX läßt man
den Parameter “hw” einfach weg. Unter Windows kann die Hardwareadresse in der Registry
geändert werden. Eine genauere Beschreibung
gibt es hier [1], ein Programm unter [2]. Ändert
man die eigene MAC-Adresse, gehen natürlich
alle offenen Verbindungen verloren.
[1] http://www.nthelp.com/NT6/change_mac_w2k.htm
Um dies zu umgehen, besteht die Möglichkeit, seine MAC-Adresse zu ändern. Tut man
dies regelmäßig, ist eine Zuordnung des eigenen Computern deutlich erschwert. Unter dem
Betriebssystem Linux ist beispielsweise das
Ändern der MAC-Adresse mit nur einem Kommandozeilenbefehl möglich.
[2] http://ntsecurity.nu/toolbox/etherchange/
Die IP-Adresse
Natürlich ist auch die IP-Adresse ein relativ eindeutiger Identifier, und das auch noch weltweit. Zwar kann man den normalen Heiminternetnutzer nicht direkt erkennen, aber man
bekommt zumindest den Provider raus, und der
gibt leider all zu leichtfertig seine Kundendaten
preis. Nach dem Gesetz zur Reform der Telekommunikationsüberwachung sind diese Verbindungsdaten sechs Monate zu speichern.
Wie verhindert man also, daß die Betreiber von
Webseiten oder die Besitzer von Rechnern auf
dem Weg des Paketes an die IP-Adresse des
eigenen Rechners kommen? Eine Möglichkeit
ist die Verwendung von sogenannten Proxyservern. Proxies dienen als Zwischenschritt der
Webanfrage. Anonyme Proxies ersetzen dabei
die IP des Absenders durch ihre eigene. Für alle
nachfolgenden Hops auf dem Weg zum Ziel
erscheint somit der Proxyserver als Ausgangspunkt der Anfrage.
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Oft werden aber auch noch andere Informationen über den Browser bzw. das Betriebs­system
in einer Anfrage mitgeliefert, die ebenfalls zur
Identifizierung eines Rechners herangezogen
werden können. Überprüfen kann man die
übermittelten Daten, inklusive der IP-Adresse, beispielsweise unter http://kluge.in-chemnitz.de/
tools/browser.php und somit feststellen, inwieweit
ein Proxyserver zufriedenstellend funktioniert.
Proxyserver leiten in der Regel die Anfragen
nur weiter, ohne deren Inhalt zu verschlüsseln.
Somit ist weiterhin jeder Mitnutzer des eigenen Netzwerkes sowie der Provider in der Lage,
Informationen über den Content der besuchten
Webseiten einzusehen. Eine Alternative hierzu
bietet der verschlüsselte Proxydienst TOR.
die datenschleuder. #92 / 2008
Wir brauchen keinen starken Mann, denn wir sind selber stark genug
Wenn Cookies rumkrümeln
Besonders notorisch gefährliche Internet-Abhörer sind Cookies. Cookies werden meist automatisch von bestimmten Webseiten auf den Computern der Nutzer installiert und beinhalten für
die Seite relevante Informationen über die Nutzer, die dann bei jedem neuen Aufruf der Seite
sofort abgerufen werden können. Damit können
sie allerdings auch mißbraucht werden. Etwa
indem andere Seiten die gespeicherten Infos
abfragen oder ungefragt eigene Cookies installieren, können Fremde Auskünfte über das Verhalten der Nutzer im Internet erhalten, die illegitim weitergenutzt werden können, etwa zum
“Profiling” durch Data-Mining.
Man sollte daher öfter mal in den Einstellungen
des Browsers nachsehen, wer da alles Cookies
installiert hat und die unbekannten oder unerwünschten löschen und für die Zukunft blockieren. Das ist gefahrlos, denn Seiten, die man
selbst braucht und die ohne Cookies nicht funktionieren wollen, kann man ganz einfach in den
Einstellungen des Browsers wieder entblockieren.
Wichtig ist auch zu wissen, daß sogar die Nutzung von Proxies wie TOR nicht unbedingt vor
Cookies schützen. Selbst mit Benutzung der
Proxies kann immer noch jeder feststellen, wo
wer wann war, wenn er eben Zugang zu den
Cookie-Dateien auf dem Computer hat. Wichtig
ist deshalb auch für TOR-Nutzer, in den Einstellungen des Browsers regelmäßig die Cookies zu
überprüfen und die, denen man nicht traut, zu
löschen.
Noch gefährlicher wird es, wenn man TOR ab
und zu ausschaltet. Kommt man dann auf Seiten, die eine individuelle ID für ihre Nutzer
haben und vielleicht irgendwo ein kleines Werbebanner mit JavaScript und einem Cookie drin,
kann der TOR-Traffic leicht mit dem Nicht-TOR­Traffic korreliert werden (doubleclick.net macht
das zum Beispiel). Für solche Seiten stellt man
am besten in den Einstellungen ein, daß man
nur Cookies von Originalseiten erlaubt – dann
können weniger Fremdabfragen kommen.
Cookies lassen sich außerdem auch gut mit
Firefox-Erweiterungen handhaben. Cookie Culler und CookieButton zum Beispiel installieren
Toolbars, über die man laufend unerwünschte Cookies löschen und blockieren kann.
Add‘N‘Edit Cookies erlaubt einem, Cookies auf
Seiten zu lokalisieren, sie zu modifzieren, zu
löschen oder wieder hinzuzufügen. Da Cookies
sich außerdem auch in Google-Anfragen, anderen JavaScript-Anwendungen und in der Linkauswahl befinden können, sollten diese Bereiche auch regelmäßig gereinigt (“gescrubt”) werden. Das geht etwa mit scroogle.
Geschichten aus dem Browser
Der Nutzer des Internet gibt auch immer eine
große Menge von Informationen über sich preis.
Über das Internetverhalten kann man genau
nachvollziehen, wer was wann wo macht, und
Profiler-Programme können letztendlich auch
ein „Warum“ daraus schließen – Mißbrauchsmöglichkeiten inbegriffen.
Auf der Benutzerseite speichert der Browser
den Verlauf der letzten Internet-Sessions. Diese
die datenschleuder. #92 / 2008
regelmäßig zu löschen, kann dem Anwender einige Erklärungen ersparen. Dies macht
auch Sinn, da JavaScript-Programme im Fenster begrenzt auf diese History zugreifen können. Die regelmäßige Reinigung kann man in
den Einstellungen des Browsers („Preferences“)
einstellen. Daneben tragen auch Werkzeuge wie
die Firefox-Erweiterung „NoScript“ mit einem
Satz weiterer nützlicher Features zum Schutz
der Privatsphäre des Benutzers bei.
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Wir brauchen keinen starken Mann, denn wir sind selber stark genug
RFID – Schnüffelchipalarm
Als RFID (Radio Frequency IDentification) werden Systeme bezeichnet, die zur Identifizierung
Funk benutzen. Dabei bestehen solche Systeme immer aus einem kombinierten Sende- und
Empfangsgerät und dem ID-Tag. Die Tags bestehen aus kleinen Chips und einer auf den Frequenzbereich abgestimmten Antenne.
Passive Tag beziehen ihre gesamte Energie aus
dem elektrischen oder magnetischen Feld des
Lesegerätes, sind also außerhalb der Reichweite des Feldes nicht in der Lage, ihre Daten zu
senden. Aktive Tags haben zusätzlich noch eine
eigene Batterie, die ein dauerhaftes Senden auch
über größere Distanzen ermöglicht. Will man
verhindern, daß ein RFID-System Daten über
die anwesenden Tags erhält, gibt es drei potentielle Angriffspunkte: das Sende- und Empfangsmodul, den RFID-Tag und die Kommunikation
dazwischen.
Da sich das Sendegerät meist außerhalb des
Einflußbereiches befindet, klammern wir es
aus der aktuellen Betrachtung einmal aus. Wie
schon erwähnt, besteht ein RFID-Tag aus dem
Identifikationschip und der daran angeschlossenen Antenne. Trennt man beide voneinander, verringert sich die Reichweite des Systems
dramatisch. Gleiches gilt, wenn die Antenne an
einer beliebigen Stelle durchtrennt wird.
Eine andere Möglichkeit, die Reichweite zu
reduzieren, ist die Verminderung der Feldstärke des elektromagnetischen Feldes und damit
der Versorgungsspannung des passiven Chips.
Mit dem gleichen Verfahren wird auch die Sendereichweite der aktiven Tags minimiert. Technisch ist das alles andere als schwierig. Schon
das Einbringen einer Lage Aluminiumfolie zwischen Leser und dem Tag verhindert zuverlässig die Kommunikation. Dabei muß die Folie
mindestens die Größe der Antenne des Tags
aufweisen. Eine Hülle aus Metallfolie schützt
also effektiv vor dem Auslesen der so verpackten RFID-Karten.
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Sowohl bei der Zerstörung der Antenne als auch
beim Einwickeln in Aluminiumfolie bleibt der
Chip jedoch funktionsfähig und kann zu einem
späteren Zeitpunkt wieder ausgelesen werden.
Will man dies endgültig verhindern, bleibt nur
die Zerstörung des Chips. Eine sehr einfache
und wirkungsvolle Methode ist das Verursachen mechanischer Belastung. Gezielte Hammerschläge auf die Stelle, an der sich der Chip
befindet, führen früher oder später zum Erfolg.
Optimieren läßt sich das Ganze durch die Verwendung dünner, aber stabiler Nadeln, die, auf
den Chip gesetzt, die Kraft der Hammerschläge
gebündelt auftreffen lassen.
Dazu ist allerdings die Positionsbestimmung
des Chips in der RFID-Karte nötig. Hierbei
kann eine helle Lichtquelle hilfreich sein. Hält
man den Randbereich der Karte gegen das Licht,
sieht man dünne parallel verlaufende Schatten:
die Antenne. Meist an einer der Ecken ist diese
mit einem nur wenige Millimeter großen Quadrat verbunden.
Neben mechanischen Kräften können aber auch
elektromagnetische Pulse hoher Energiedichte einem RFID-Tag den Garaus machen. Klingt
wie Alientechnologie? Ist es aber nicht. Nahezu jeder hat inzwischen eine EMP-Gun bei sich
in der Küche zu stehen: eine Mikrowelle. Um
Muttis leckeres Essen vom Vortag aufzuwärmen, sendet diese elektromagnetische Wellen
von mehreren 100 Watt auf einer Frequenz von
2,4 Gigahertz aus. Treffen diese auf den hilflosen RFID-Chip, bleibt dem in der Regel nichts
anderes übrig, als innerhalb von kürzester Zeit
zu explodieren. Diese nachhaltige Zerstörung
ist zwar meist ungefährlich, aber nicht immer
unsichtbar, wie unser Versuch an einem WMTicket erbracht.
Da die mutwillige Zerstörung des Chips am
besten unentdeckt bleiben sollte (ja, der ePass
mit integriertem RFID-Chip ist auch mit defektem Chip weiterhin gültig) und man auch nicht
unbedingt eine Mikrowelle zu jedem Einkaufs-
die datenschleuder. #92 / 2008
Wir brauchen keinen starken Mann, denn wir sind selber stark genug
bummel mit sich rumschleppen will, gibt es die
EMP-Gun jetzt auch in handlich und zum selberbauen. Dazu benötigt man lediglich einen
Wegwerffotoapparat und einen Lötkolben. Nach
dem vorsichtigen Öffnen des Apparates entfernt
man das Blitzlicht und lötet an dessen Stelle
einen Draht an.
Optimalerweise wird dieser in drei bis vier
Schlaufen auf die Größe der Antenne des
Opfer-RFID-Chips gebracht. Statt nun einen
optischen Puls in Form eines Blitzlichtes auszulösen, sendet der „RFID-Zapper“ einen elektromagnetischen Puls durch die Antenne und
auf den RFID-Chip. Die Reichweite ist dabei
sehr begrenzt (wenige Zentimeter), man sollte den Zapper zur Sicherheit aber nur in größerer Entfernung (ein Meter ist ausreichend) zu
lebensnotwendiger Hardware wie Computern
oder Herzschrittmachern einsetzen.
Die Zerstörung ist irreversibel. Die Mutwilligkeit ist nur mit sehr, sehr großem Aufwand
nachweisbar – wenn überhaupt. Um sich nicht
komplett in Alufolie einwickeln zu müssen oder
jedes Kleidungsstück bis hin zur Unterhose in
die Mikrowelle zu stecken, gibt es auch noch
andere Möglichkeiten, vorhandene RFID-Tags
vor dem unberechtigten Auslesen zu schützen.
Dazu kann man die Kommunikation der Chips
die datenschleuder. #92 / 2008
mit dem Lesegerät entweder vollständig oder
nur diffizil das Übertragungsprotokoll stören.
Eine Komplettstörung kann relativ einfach
durch einen Sender erreicht werden, der auf
der gleichen Frequenz wie die RFID-Chips
arbeitet und eine höhere Sendeleistung besitzt.
Durch das Aussenden von Rauschen kann jegliche Kommunikation effektiv gestört werden. Da
die Übertragung vom Chip zum
Lesegerät meist auf einer Nebenfrequenz bei deutlich geringerer
Leistung abläuft, ist es sinnvoller,
den Störsender hier zu betreiben.
Für den Betrieb knapp über der
Rauschschwelle reichen Batterien
als Spannungsversorgung auch für
einen längerfristigen Betrieb in der
Nähe von festinstallierten Lesegeräten aus. :}
Noch weniger Strom verbrauchen
Sender, die gezielt die Kommunikation oder den Kommunikationsauf bau auf Protokollebene stören. Um mehrere RFID-Chips im
Bereich des gleichen Lesegerätes
unterscheiden zu können, haben die meisten
Chips eine eindeutige nicht-veränderliche Identifikationsnummer: die UID. Diese ist Ansatzpunkt der Antikollisionsalgorithmen. Durch
gezieltes Senden der „richtigen“ UID kann ein
Störsender den Kommunikationsauf bau stark
verzögern oder vollständig unterbinden.
Die Königsdisziplin ist allerdings das gezielte
Ändern einzelner Bits auf dem Übertragungsweg von einem berechtigten Chip zum Lesegerät. Falsche Daten können oft mehr Schaden
anrichten und sind außerdem schwieriger zu
identifizieren.
All diese Manipulationen sind kaum zu verhindern, weil sie in integrale Teile des Systems eingreifen und mögliche Schutzmechanismen, wie
beispielsweise das Signieren der Daten, aufgrund der geringen Rechenleistung der aktuellen RFID-Chips schwer zu implementieren
sind.
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Wir brauchen keinen starken Mann, denn wir sind selber stark genug
Anonymes Publizieren im Netz
Um Informationen im Internet zu veröffentlichen, während man Interesse daran hat, nicht
als deren Urheber identifiziert werden zu können, bieten sich verschiedene Wege an. Einerseits kann man, die üblichen Vorsichtsregeln
beachtend, Web-Foren und öffentlich archivierte Mailinglisten benutzen. Wer aber andererseits sicher sein möchte, daß diese Inhalte auch
veröffentlicht bleiben, muß sich schon selber
um sein Serverplätzchen kümmern.
Schon das Reservieren einer Domain geht im
Allgemeinen mit der Preisgabe seines Namens
einher. Allerdings gibt es Provider, die Domains
anonym hosten. Diese akzeptieren beispielweise Geld von einem e-Gold-Offshore-Konto als
Bezahlung. Alternativ kann man zur Zahlung
auch eine Kombination anonymer Methoden
wie Money Orders, anonyme Kreditkarten oder
Pre-Paid Debit Cards wählen, um eine Domain
bei einem der “normalen” Provider hosten zu
lassen. Registrare für kleinere Top-Level-Domains wollen üblicherweise nur irgendeine
belastbare Kreditkartennummer sehen.
Verbreitet man auf der Webseite Wissen, das
potentiell Ärger mit den Ermittlungsbehörden
oder den überbezahlten Anwaltsscharen privater Unternehmen nach sich ziehen könnte,
empfiehlt es sich, die Domain im befreundeten
Ausland hosten zu lassen. Der frühere europäische Ostblock bietet da viele Möglichkeiten, wo
preiswertes Unix-Hosting inklusive DomainRegistrierung feilgeboten wird.
Auch wenn man der festen Überzeugung ist,
daß alle Inhalte der Webseiten vom Grundrecht
auf Rede- und Meinungsfreiheit gedeckt seien,
ist man so auf der sicheren Seite. Ein Prozeß vor
dem Bundesverfassungsgericht ist bekanntermaßen eine langwierige Sache.
Eine einfache Google-Suche nach “offshore
hosting” liefert zahlreiche Treffer, die Nummer eins ist derzeit der in den Hongkong ansässige WRZHost. Da lohnt es sich also, mal die
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zweite Ergebnisseite aufzurufen. Zudem sollte
man sich vorher mit der Preisstruktur vertraut
machen, meistens bezahlt man sehr viel für den
Traffic.
Wenn man darauf angewiesen ist, gesetzlicher
oder andersgearteter Zensur zu entgehen, sollte
man darauf achten, daß der gewählte HostingProvider tatsächlich im nicht allzu befreundeten Ausland angesiedelt ist. Ein simples whois
hilft da schon weiter. Nicht, daß man am Ende
nur bei einer Tochter deutscher oder gar USamerikanischer Firmen landet, die bei der
ersten angeblichen Rechtsverletzung artig und
DMCA-konform die Webseite geordnet herunterfährt.
Möchte man eine verschleiernde Schutzschicht
drauflegen, bietet sich als weitere Option an,
einen Account bei einem OpenVPN-Provider
zu verwenden. Damit kann man dann seine
Domain an der geographischen Örtlichkeit seiner Wahl hosten, unabhängig von der Server-IPAdresse.
Dabei muß beachtet werden, daß jeder, der
ein Traffic Monitoring am Server durchführen
kann, in der Lage ist, die Ursprungs-IP-Adresse herauszufinden. Daher ist der Tunnel zum
OpenVPN-Provider nur in Verbindung mit
anonymem Hosting empfehlenswert, wenn
man ernsthaft unidentifizierbar sein will oder
muß. Was man also damit tatsächlich erkauft,
ist ein kleines bißchen Vorwarnzeit, wenn nämlich der VPN-Service zuerst runterfährt.
Hat man den OpenVPN-Account bereits am
Start, kann man sich zu dem OpenVPN-Provider auch mittels TOR oder eines http-Proxy verbinden. Hat man nämlich die Verbindung zum
VPN hinbekommen, ist es kaum schwieriger,
sich zum TOR-Netzwerk zu verbinden. Allerdings sollte hier beachtet werden, daß die Verbindung über TOR weniger stabil und schnell
sein wird.
die datenschleuder. #92 / 2008
Wir brauchen keinen starken Mann, denn wir sind selber stark genug
Reflexionen über Kameras
Um Überwachungskameras auszuschalten oder
um Aufmerksamkeit auf diese zu ziehen, gibt es
viele Wege.
Eine erste Möglichkeit besteht darin, normale Wandfarbe zu gleichen Teilen mit Wasser zu mischen: Abgefüllt in einem Supersoaker läßt sich dieses Gemisch aus vier bis fünf
Metern Entfernung gezielt versprühen. Dabei
sollte man zunächst seine Aufmerksamkeit auf
die Linse richten, hinterher aber auch noch den
Kamerakörper abdecken (damit kann man häufig auch andere empfindliche Teile verschmutzen).
Einen weniger dichten Farbauftrag kann man
mit Paintballpistolen erzielen, dafür hat man
mit diesen Pistolen aber eine deutlich größere
Reichweite. Die Farbkügelchen, die bei dieser
Freizeitbeschäftigung normalerweise die Spieler der gegnerischen Mannschaft markieren,
eignen sich prima zum Verschmaddern einer
Linse. Besonders herausragend scheint hier
die Farbe, die in Fachkreisen als „Taubenkacke“ bekannt ist. Geübte Aktivisten können mit
den Pistolen noch auf 50 Meter eine schmucke
Dekoration applizieren, nostalgischen Gemütern sei hier eine Zwille nahegelegt. Mit dieser sollen – Gerüchten zufolge – immer noch
25 Meter Zielentfernung zu schaffen sein, wenn
die Bälle auf der Kamera zerplatzen und nicht
schon in der Hand.
Auch ein davorgeklemmter Spiegel liefert den
Überwachern kurzfristigen Spaß für den Nachmittag. Schöne Ergebnisse liefern lustigerweise
auch Klarlack und Haarspray. Diese Substanzen
sorgen nicht durch mangelnde Transparenz für
fehlenden Durchblick – sie verhunzen durch
den unebenen Auftrag den Lichtbrechungseffekt der Linse.
Eine ineffiziente Methode sind Laserpointer: Ab
fünf Milliwatt sind diese prinzipiell bei etwas
längerer Einstrahlung in der Lage, Kameras
kurzfristig erblinden zu lassen oder auch lang-
die datenschleuder. #92 / 2008
fristig zu schädigen. Allerdings muß dazu der
Strahl über einige Zeit still gehalten werden
– und dabei ist die Gefahr, einen reflektierten
Strahl in die Augen zu bekommen, leider nicht
von der Hand zu weisen.
Für das temporäre Ausblenden von sich selbst
bietet es sich an, die Empfindlichkeit der meisten Kameras im Infrarotbereich auszunutzen. Eine lichtstarke IR-Diode auf den Kopf
geschnallt: Schon erzeugt man bei vielen Überwachungssystemen grelle Flecken an genau der
Stelle, an welcher sonst das Gesicht gespeichert
würde. Dies funktioniert leider nur bei Kameras, die im IR-Band auch wirklich empfindlich sind. Die meisten im Tageslicht arbeitenden Geräte sind jedoch mit einem IR-Filter vor
dem entsprechenden Farbanteil im Sonnenlicht
geschützt.
Sollten Bilder von der Kamera zu den Überwachern über Funktechnologien übertragen werden, helfen Jammer im entsprechenden Frequenzbereich, meistens 2,4 Gigahertz.
Allerdings stört man damit auch die WLANs
der Anwohner, was nicht unbedingt zur Freude
in der Nachbarschaft beiträgt.
Ebenfalls zerstörungsfrei – aber sozialer – kann
man sein Recht auf die informationelle Selbstbestimmung schlicht durch Wegdrehen durchsetzen. Natürlich nicht sich selbst, sondern
die Kamera. Mit einer Teleskopstange aus dem
Ma­lerbedarf kann man dabei auch Kameras, an
die man selbst mit Kletterschuhen nicht herankommt, zum idyllischen Sternenhimmelgucken überzeugen.
Weniger elegante, aber durchaus gängige Vorgehensweisen bestehen darin, mit Äxten oder
Zangen die Kabel zu durchtrennen oder die
Kameras einfach mit Steinen zu zerstören (das
geht am besten von oben). Der eine oder andere
Nerd soll auch schon dabei beobachtet worden
sein, sich zu Forschungszwecken ein solches
Gerät einfach abgeschraubt zu haben.
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Wir brauchen keinen starken Mann, denn wir sind selber stark genug
Tracking torrents
„With BitTorrent free speech no longer has a
high price.“ – Bram Cohen
Das von Entwickler Bram Cohen entwickelte
P2P-Programm BitTorrent erfreut sich großer
Beliebtheit. Im BitTorrent-Protokoll ist vorgesehen, daß sich Datentauschwillige finden, indem
sie ihre IP-Adresse bei einem sog. Tracker hinterlegen und gleichzeitig die IP-Adressen anderer Interessenten (Peers) abholen.
Einige wenige BitTorrent-Programme unterstützen mittlerweile das Routing zum Tracker
und anderen Peers über das TOR-Netzwerk.
Die Datenverbindungen zwischen Peers über
TOR ist aber keine wirklich gute Idee, denn die
zusätzlichen Datenmengen verlangsamen die
Benutzung für alle anderen Benutzer. Rudimentären Schutz bietet hier eine primitive, aber
schnelle Crypto-Option, die in einigen BitTorrent-Clients, wie z. B. in Azureus und Transmission, implementiert wurde.
Andererseits macht die Benutzung von TOR für
die Kommunikation mit dem Tracker nicht viel
Sinn. Schließlich geht es ja darum, gefunden zu
werden. Und somit heißt das auch lange nicht,
daß die Contentmafia nicht trotzdem an die IPAdressen kommen könnte, sie braucht den Tracker bloß danach fragen.
Metadaten putzen
Hat man für die anonyme Veröffentlichung
von Informationen im Netz alle Vorkehrungen
getroffen, muß man aufpassen, sich nicht durch
eben diese Informationen zu verraten. Dabei
geht es an dieser Stelle nicht um die Auswertung grammatikalischer Strukturen in Bekennerschreiben oder um die Analyse von Kamerablickwinkeln in kompromittierenden Photos.
Viele Dateien tragen begleitende Beschreibungen mit sich, die über die Umstände von Erzeugung oder Änderung Auskunft geben können.
Diese werden auch als Metadaten bezeichnet
und finden sich in den meisten Dateisystemen
als extern gespeichertes Attribut wieder, so zum
Beispiel das Datum der letzten Änderung. Für
einige Dateitypen ist jedoch vorgesehen, weitaus komplexere Metadaten im Inneren vorzuhalten.
Das populäre Bildformat JPEG – heutzutage von
fast allen digitalen Kameras erzeugt – erlaubt
Applikationen, beliebige binäre Blöcke mit in
der Bilddatei zu speichern. Digitalkameras nutzen den „APP1“-Bereich dazu, Einzelheiten
über die Herkunft eines Photos – wie z. B. Her-
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steller, Typenbezeichner und Seriennummer
der Kamera – in sog. Exif-Tags zu kodieren. Die
Details Datum, Uhrzeit und GPS-Position der
Aufnahme lassen sogar noch genauere Rückschlüsse auf den Photographen zu.
Um diese Informationen sicher aus dem Bild
zu entfernen, sollte man es kurzfristig in ein
Format konvertieren, in dem es keine Möglichkeit zur Speicherung von Metadaten gibt.
Unter Windows bietet sich hier das BMP-Format an. Benutzer von Gimp können das Bild
im PPM-Format speichern und sich danach in
einem Texteditor davon überzeugen, daß nur
rohe RGB-Werte für jeden Pixel, nichts jedoch
über den Bildursprung wiedergefunden werden
kann.
Vorm Veröffentlichen im Netz sollte das Bild
natürlich wieder in eins der klassischen WebFormate PNG, JPEG oder GIF konvertiert werden. Bei der Wahl des Werkzeugs dafür sollte
man jedoch darauf achten, daß dieses nicht wieder Metadaten – wie zum Beispiel die Seriennummer oder den Rechnernamen – einfügt.
die datenschleuder. #92 / 2008
Wir brauchen keinen starken Mann, denn wir sind selber stark genug
Auch bestimmte Textdokumente enthalten viele
zusätzliche Daten. Microsofts Textverarbeitung
„Word“ erzeugt Dokumente, in denen von Haus
aus die Namen der letzten Bearbeiter, der Käufer
der benutzten Software und der Zeitpunkt des
letzten Ausdrucks gespeichert sind. Bei vielen
Benutzern ist es aus Zeitgründen inzwischen
üblich, seine Änderungen mittels „Schnellspeichern“ zu sichern. In einem WordDokument bis zur Version 2007 sind
die Daten binär und wie auf einer
Diskette in Blöcken strukturiert. Beim schnellen Sichern
werden nur Blöcke mit den
Änderungen angehangen,
die alte Version ist dabei
schon für mittel­m äßig
begabte Hacker wiederherstellbar.
Ähnliche Probleme
mit der Änderungsgeschichte hat das Dokumentenformat PDF.
Aus Eff izienzgr ünden werden auch hier
bei Änderungen die alten
Objekte – wie zum Beispiel
Textzeilen oder eingebettete Bilder – nur als
freigegeben markiert und ein Objekt mit der
neuen Version angehangen.
Statt also Pamphlete als WordDokument oder PDF ins Netz
zu stellen, sollte man überlegen,
seinen Text in einem leichter zu
überprüfenden Format wie RTF
oder – falls es auf die Formatierung nicht ankommt – gar als TXT
zu speichern. Für die ganz Paranoiden bleibt nur, die Dateien auszudrucken und wieder einzuscannen.
Bleibt noch zu erwähnen, daß auch
Audiodateien im MP3-Format Sektionen für Metadaten vorsehen, in
denen Titel von Stück und Album
und der Name des Interpreten zu finden sind. Von diesen Sektionen können sich beliebig viele im MP3 befinden.
Einige MP3-Rip-Programme speichern
im Kommentarfeld ihren Namen und die
Versionsnummer. Mit viel Phantasie lassen
sich hierdurch zumindest einige der Aufnahme des Tondokuments Verdächtigte ausschließen.
Anonbox – sichere Empfängnis
Dem Bedürfnis nach anonymem Konsum von
Informationen aus dem Internet stellen sich
zuweilen seltsame Interessen der Informationsanbieter entgegen. Will man zum Beispiel den
Jahresbericht des Landesamtes für Verfassungsschutz lesen, wird dieser als PDF angeboten.
Ebenso Bestätigungen für Zugänge zu
bestimmten Online-Diensten, Antworten auf
Fragen an Hilfehotlines – man könnte für jede
dieser E-Mails den mühsamen Weg beschreiten,
einem der Freemail-Anbieter ein Postfach abzuringen und ihn danach wieder zu löschen.
Der Herausgeber bietet das Dokument allerdings nicht auf seiner Webseite – und damit in
der Reichweite von TOR – an, sondern schickt
es gern per E-Mail zu. Nicht jeder mag seinen
Mail-Account in den Logfiles oder Datenbanken
des Landesamtes für Verfassungsschutz wissen – schon gar nicht mit dem Vermerk, er hätte
sich für ihren Jahresbericht interessiert.
Den einfacheren Weg bietet der Chaos Computer Club unter https://anonbox.net/ an. Dort kann
sich der um seine Anonymität besorgte Benutzer eine Wegwerf-E-Mailadresse besorgen, die
für rund 24 Stunden gültig ist und – bei Einhaltung einiger Spielregeln für Anonymität im
Internet – den nicht zuordenbaren Empfang von
Nachrichten erlaubt. Aber auch auf Serverseite
wird durch eine rigide Vermeidung von Logs die
Privatsphäre der Anwender geschützt.
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C
Wir sind alle terroristen
Interview mit Anne R.
Lars Sobiraj
Anne ist die bloggende Lebensgefährtin des vom Bundeskriminalamt (BKA) engmaschig
überwachten Berliner Soziologen Andrej H. Wegen Begriffen in seinen Fachpublika­tionen,
in denen er Stadtentwicklungsprozesse beschrieb, wurde Annes Lebensgefährte der Mit­
gliedschaft in der „militanten gruppe“ (mg) verdächtigt. Er befand sich von Ende Juli bis
zum 22. August 2007 in Untersuchungshaft. Er und seine Familie werden seit über einem
Jahr systematisch vom BKA überwacht.
Inzwischen auf freiem Fuß, geht die Überwachung Andrejs und seines Umfeldes ohne
Unterbrechung weiter, obgleich die Mitgliedschaft in der mg wegen nur dürftigster Indizien
angenommen wurde. Darüberhinaus stellte der
Bundesgerichtshof (BGH) am 28. November
2007 fest, daß es sich bei der militanten gruppe nicht um eine „terroristische Vereinigung“
im Sinne des Paragraphen 129a StGB handelt.
Am gleichen Tag wurden auch die Haftbefehle
gegen die drei anderen mit Andrej festgenommenen Personen außer Vollzug gesetzt. Terror­
isten oder nicht, am Monitoring Andrejs, seiner
Lebensgefährtin Anne und der Kinder durch
das BKA hat sich nichts geändert.
Anne R.
Lars Sobiraj: Hallo Anne. Wie erging es dir,
euren Kindern und deinem Lebensgefährten
in dieser Woche? Ich hoffe, außer den defekten
Computern, krisselnden Fernsehern und eurer
gestörten Telekommunikation ist in den letzten
Monaten nicht mehr zu Bruch gegangen?
Anne: Hallo. Nein, kaputtgegangen ist diese
Woche nichts. Die Überwachung hat gerade
wieder enorm angezogen, also der spürbare Teil
davon – zuletzt ist gestern mein Rechner viermal komplett hängengeblieben, als ich an meinem letzten Blog-Eintrag bastelte. Ganz bizarr
auch am Dienstag: Da haben wir in der Berliner NGBK eine Veranstaltung gemacht, bei der
u. a. der Film „Strange Culture“ in Ausschnitten gezeigt wurde, ein Film über ein Verfahren gegen den amerikanischen Künstler Steve
Kurtz, gegen den wegen völlig harmloser Bakterien und Reagenzgläser ein Bioterrorismus-Ver-
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fahren eröffnet wurde, das heute noch läuft. Die
Parallelen werden in dem Film sehr deutlich.
Ich habe in der Veranstaltung auch erzählt, wie
es sich anfühlt, überwacht zu werden, zu wissen, daß die Überwacher immer da sind, und
sah dabei einem indifferent guckenden älteren Herrn ins Gesicht, Strickpulli, deutlich aus
dem sonstigen Publikum rausstechend. Das
ist schon ziemlich eigenartig. Ansonsten war
die Woche so stressig wie alle seit dem 31. Juli,
und vor allem aber auch sehr großartig, weil die
letzten drei in diesem 129a-Verfahren wegen
Terrorismus Angeklagten gegen Auflagen aus
der Untersuchungshaft entlassen wurden. Der
Bundesgerichtshof hat entschieden, daß alle sieben nunmehr keine Terroristen mehr sein sollen. Sondern „nur noch“ kriminell. Das ist, was
das Verfahren angeht, nicht wirklich viel besser, allerdings ist das zu erwartende Strafmaß
die datenschleuder. #92 / 2008
Wir sind alle terroristen
deutlich geringer. Da sind drei Leute fast vier
Monate in Untersuchungshaft gewesen, weil sie
drei Bundeswehr-LKW angezündet haben sollen und weil einer von ihnen zweimal Andrej
getroffen haben soll. Die LKW gibt es immer
noch, niemand wurde gefährdet – normalerweise führt das nicht zu Untersuchungshaft. Wir
– also alle, die direkt mit diesem Verfahren zu
tun haben: Familien, die Beschuldigten selbst,
Freundinnen, Mitbewohnerinnen – haben zwar
immer gefunden, daß sie freigelassen werden
müssen, aber das wirklich zu hoffen, haben wir
uns mehrheitlich wohl nicht so wirklich getraut
– ein Terrorismusverfahren ist eben doch was
anderes als Falschparken.
Ich war am Anfang fassungslos darüber, daß
es dieses Verfahren so gibt – bin ich eigentlich
immer noch. Zu sehen, daß es möglich ist zu
verhindern, daß Leute mit diesem ganzen frei
erfundenden Quatsch tatsächlich öffentlich zu
Deutschlands Top-Terroristen gemacht werden
und das dann auch bleiben, fühlt sich gut an.
Auch wenn wir noch einiges vor uns haben.
Nebenbei ist das alles wahnsinnig anstrengend,
ich bin jetzt am Ende der Woche vor allem müde.
Der ganze Wirbel permanent, dazu zwei Kleinkinder und noch ein bißchen sonstiges Leben,
das macht urlaubsreif.
Lars Sobiraj: Die Einträge in deinem Weblog
haben offensichtlich viele Menschen sehr nach-
denklich gestimmt. Einige der Verdachtsmomente, die als Grund für eure Überwachung
angegeben wurden, würden auf unglaublich
viele Personen in Deutschland zutreffen. Außer
euch beiden leben noch Millionen andere Menschen in diesem Land, die sowohl gebildet,
unauffällig, auf ihre Privatsphäre bedacht und
irgendwie links eingestellt sind. Was meinst du,
sollten die jetzt alle beim Bloggen vermehrt auf
das Vermeiden bestimmter soziologischer Fachbegriffe achten? Oder artet das in Paranoia aus?
Anne: Sehr schöne rhetorische Frage. (lacht)
Ich glaube, daß gab es seit Echelon, daß Menschen unter ihre E-Mails ein paar Vokabeln wie
„Bombe“, „Anschlag“, „geheim“ etc. geschrieben
haben, um damit die Überwachung auf Trab zu
halten und gegen die totale Speicherung zu protestieren. Natürlich halte ich nichts davon, sich
jetzt irgendwie einzuschränken – letzten Endes
ist doch der Kontrollwahn der Innenpolitikerinnen der direkte Weg ins Orwell‘sche 1984, permanente Angst und damit Konformität. Nichts
mehr zu sagen und dann zu hoffen, daß es dich
nicht trifft, ist eine nachvollziehbare Reaktion,
die nur leider nichts nützt. Erstens macht es
keinen Spaß, ein Leben in permanenter Angst
davor zu leben, daß du doch irgendwie auffällst,
und zweitens ist jetzt wohl ziemlich deutlich
geworden, daß wir selber nicht wirklich beeinflussen können, ob wir in die Raster geraten.
Und das einzige, was hilft, ist meiner Ansicht
nach, laut und deutlich zu sagen, daß uns das
Stasi 1.0
die datenschleuder. #92 / 2008
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Wir sind alle terroristen
nicht gefällt. Wenn das nicht mehr geht, ist es
einfach alles zu spät.
Lars Sobiraj: Wenn, wie kürzlich geschehen,
euch am selben Tag auf völlig unterschiedlichen Streckenabschnitten in der Straßenbahn der gleiche Beamte begleitet, kann dies
zumindest als sehr ungeschickt bezeichnet werden. War die Observierung vom BKA schlichtweg tolpatschig organisiert oder vermutest du
dahinter eine andere Absicht – so quasi als Hinweis: Eure Familie befindet sich noch immer im
Fokus der Ermittlungen?
Anne: Darüber habe ich in letzter Zeit mit vielen Leuten geredet. Ich glaube, daß das Absicht
ist. Das BKA ist ja keine Anfänger-Behörde, die stecken vermutlich relativ viel Geld in
Ausbildungs- und Personalkosten. Die lange
Geschichte bringt wohl auch allerhand Erfahrung mit, würde ich denken. Verdeckte Ermittlungen sollen schon an sich eben das sein: verdeckt. Und wenn sie wollen, dann schaffen sie
das sicher. Deswegen denke ich, daß es darum
geht, uns ein bißchen verrückt zu machen.
Gleichzeitig sind gerade die technischen Pannen teilweise so komisch, daß ich mir vorstellen
kann, daß ihnen das vielleicht gar nicht klar ist,
wie sich manche Sachen auswirken – normalerweise kriegen sie vielleicht nicht soviel Feedback? Vielleicht sollten wir mal fragen, ob wir
das bezahlt kriegen können..
Lars Sobiraj: Ich fand es unglaublich mutig, die
Verfolger durch deine Veröffentlichungen ein
Stück weit selbst zu beobachteten und zu Verfolgten zu machen. Viele Menschen würden
sich in der gleichen Situation aus Angst einfach
in sich und ihre vier Wände zurückziehen und
sonst nichts tun. Welche konkreten Auswirkungen hatte und hat die Überwachung auf euer
Leben? Achtet ihr noch immer vermehrt auf das,
was ihr tut und sagt? Oder ist einem das irgendwann egal, weil man vielleicht im Laufe der Zeit
eine Art Trotzhaltung angenommen hat?
Anne: Mir ist es immer noch ständig sehr
bewußt, daß sie da sind. Ich weiß ja z. B.
nicht, ob in unserer Wohnung Wanzen sind,
und wenn ja, wo. Das Gefühl, daß da perma-
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nent wer zuhört, ist sehr unangenehm. Ich
weiß inzwischen, daß die Telefonate nicht aufgezeichnet werden, sondern da immer Leute
live sitzen und zuhören. Das völlig zu ignorieren, schafft wahrscheinlich niemand. Es beeinflußt mich nicht mehr so stark wie am Anfang,
was auch damit zu tun hat, daß ich das Gefühl
habe, daß sie Andrej jetzt nicht mehr wirklich
als Terror­isten für Jahre in den Knast stecken
können. Das war am Anfang anders. Die öffentliche Reaktion und dann die Entscheidung des
Bundesgerichtshofes haben dabei sehr geholfen. „Trotzhaltung“ trifft es vielleicht ganz gut.
Ich habe wochenlang darüber nachgedacht, ob
ich anfange zu bloggen. Natürlich hatte ich
Angst vor der Reaktion – halten mich alle für
paranoid? Was machen BKA und Verfassungsschutz? Von Spam-Bombardements bis zu einer
Gegenreaktion in rechten Publikationen habe
ich mit allem gerechnet. Außerdem befand ich
mich ja vorher in der nicht ganz so schrecklichen Rolle, bloß „die Freundin von“ zu sein, die
nach Aktenlage für die Behörden völlig unbekannt und uninteressant ist. Jetzt zeige ich relativ deutlich, daß ich auch denken kann und
mich nicht in der Regel unter dem Tisch verstecke, und ich war mir nicht so sicher, wohin
daß heutzutage führt.
Inzwischen mache ich auch das Handy wieder
ab und zu aus, wenn ich nicht will, daß sie zuhören. Und merke, daß Bloggen das beste war, was
ich tun konnte, weil ich fast ausschließlich sehr
positive und unterstützende Reaktionen kriege.
Das macht es einfacher, mit der Situation fertigzuwerden, und mir persönlich geht es auch
einfach viel besser damit, das alles nicht runterzuschlucken und nur mit mir alleine auszumachen. Kann ich nur dringend empfehlen, und
machen jetzt ja auch mehr Leute.
Bisher war es, glaube ich, immer so, daß Linke,
die solche Verfahren hatten, innerlich so eine
Art Ritterrüstung angezogen haben und sich
jenseits von sehr starren Erklärungen öffentlich
gar nicht mehr geäußert haben. Ich halte das für
falsch. Für mich ist das kein Zweikampf zwischen Beschuldigten und Behörden, sondern
ein Kampf, der nur mit (also: in) der gesamtem
Gesellschaft geführt werden kann – ein sehr
die datenschleuder. #92 / 2008
Wir sind alle terroristen
politischer Kampf, um es mal ganz pathetisch
auszudrücken, um Meinungen, Deutungshoheit, die politische Richtung und letzten Endes,
jetzt noch pathetischer, um Macht. Die Waffen sind hier ein bißchen ungleich verteilt, aber
das heißt nicht, daß wir es nicht versuchen sollten. Und es gehört zu meinen Grundüberzeugungen, daß für gesellschaftliche Veränderungen alle Menschen „mitkommen“ müssen, und
der erste Schritt dazu sind immer öffentliche
Debatten.
Lars Sobiraj: Wieviel kann man deiner Meinung
nach mit der Publikation persönlicher Eindrücke in einem Weblog wirklich bewegen? In der
heutigen Zeit hat viele Bundesbürgerinnen
eine umfassende Trägheit und Gleichgültigkeit
erfaßt. Viele denken, daß sie sowieso nichts ausrichten können.
Anne: Naja, ich bilde mir nicht ein, daß mit
Blogs wirklich viel verändert wird. Sie sind im
besten Fall ein Teil öffentlicher Auseinandersetzung. Die Blogosphäre ist immer noch eine relativ exklusive Angelegenheit, deswegen würde
ich das nicht überbewerten. In meinem Fall war
die Wirkung ziemlich weitreichend, was natürlich damit zu tun hat, daß ein Terrorismusverfahren in Zeiten von Vorratsdatenspeicherung
& Co einfach sehr viel Aufmerksamkeit erhält.
Die Nahaufnahme, der direkte Blick in Ter-
die datenschleuder. #92 / 2008
roristens Wohnzimmer, hat sicher eine Rolle
gespielt, und der Gruselfaktor ist ja auch nicht
unerheblich. Schreiben können hilft sicher
auch. Ich finde, daß Bloggen eine gute Möglichkeit ist, die eigene Meinung unzensiert öffentlich zu machen. Wieviel das gegen die Trägheit
vieler Menschen gegenüber der Überwachungsgesellschaft ausrichten kann, in der wir ja de
facto schon leben, kann ich auch nicht sagen.
Ich bin nicht sehr optimistisch, andererseits
bin ich natürlich dafür, es zu versuchen, denn
alles andere ist auch nicht wirklich eine Alternative. Ich glaube aber auch, daß am Computer
sitzen alleine nicht viel ändern wird.
Bezüglich der Besucherzahlen: Am Anfang
hatte ich ca. 4.000 bis 5.000 Besucher auf meinem Weblog, ein Artikel erreichte sogar knapp
15.000, glaube ich. Inzwischen hat es sich bei
400 bis 500 eingependelt, mit Ausnahme eines
Artikels, der sich nicht mit Überwachung, sondern nackten Frauen beschäftigt, und da sind‘s
inzwischen über 1000. (lacht)
Lars Sobiraj: Die netzaffinen Spatzen haben
von den Dächern gepfiffen, daß eure Preisverleihung Ende Dezember auf dem Chaos Communication Congress stattfinden sollte. Habt
ihr vom Bündnis für die Einstellung des Paragraphen 129a bereits spannende Einsendungen bezüglich der Definition von Terrorismus
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Wir sind alle terroristen
erhalten? Gibt es schon einen Favoriten innerhalb der Jury?
Anne: Oh je. Wir hatten
beschlossen, die Preisverleihung zu verschieben,
weil die Beteiligung doch
etwas träge ist und andererseits allerhand Leute signalisiert haben, daß sie noch
Zeit brauchen. Und weil
wir nach den letzten vier
Monaten auch etwas aus
der Puste sind. Ich habe
aber beim Congress über
mein Leben als „Frau vom
Terroristen-Andrej“ (Zitat
Fefe) erzählt. Das war eine
sehr nette Einladung: Eine
Stunde im großen Saal, ich
war durchaus ein bißchen
aufgeregt. Und das Preisausschreiben läuft also
noch ein bißchen weiter.
Wir haben schon allerhand
Einsendungen, (fast) alle
auf der Webseite zu sehen.
Das ist die Gelegenheit,
sich nochmal Gedanken zu
machen und was Hübsches
einzureichen. Wir freuen uns auch weiter über
attraktive Preisspenden!
Lars Sobiraj: Gibt es Überlegungen, irgendwann in
den nächsten Jahren auszuwandern, wenn sich der
Wind gelegt hat?
einer kriminellen Vereinigung anzugehören.
Abgesehen davon wüßte ich auch nicht wirklich wohin, denn in den meisten anderen Staaten, deren Sprachen ich kann,
sieht es nicht so viel besser
aus, oder ich würde aus anderen Gründen da nicht hin wollen. Und schließlich ist es mit
einem Stadtsoziologen, der
am besten deutsch kann und
als Terrorist verschrien ist,
auch nicht so einfach, umzuziehen. Vielleicht sollten wir
Lotto spielen...
Lars Sobiraj: Anna, zunächst
vielen Dank dafür, daß du dir
so viel Zeit für uns genommen hast. Dir und deiner
Familie wünsche ich weiterhin viel Kraft und Mut, um
die seit Monaten anhaltende
Situation möglichst schadlos
überstehen zu können. Ich
bin nach dem Studium deines Blogs ebenfalls ins Grübeln gekommen. Nachdem
man eure Geschichte verfolgt hat, wird man bei Zwischenfällen plötzlich skeptisch, die man vorher nur als
technisches Versagen abgetan hätte. Paranoia sollte als
Folge nicht plötzlich ausbrechen. Aber vielleicht kann
man als Außenstehender der
ganzen Angelegenheit doch
etwas Positives abgewinnen.
Wenn die Geschichte von
Anne und Andrej dazu beigetragen konnte, daß wir über
die Methoden der Ordnungshüter jetzt kritischer nachdenken als zuvor. In dem Fall
könnte man sagen, der Vorfall war zumindest nicht ganz
umsonst.
Anne: Um Gottes Willen!
Geht gar nicht – ich glaube, wenn Andrej auch nur
daran denken würde, würden sie ihn wahrscheinlich
wegen Fluchtgefahr sofort
Foto: Thomas Pirot
wieder festnehmen. Im
Ernst: Können wir nicht,
weil ja vorläufig immer noch ein Verfahren läuft Anm. d. Redaktion: Annes Blog findet ihr unter
gegen ihn, das ihn dann jetzt wohl beschuldigt, http://annalist.noblogs.org/
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die datenschleuder. #92 / 2008
C
Ein Rückblick auf die unglücklichen Gewinner
BigBrotherAwards 2007
Lars Sobiraj
Am 12. Oktober 2007 war es wieder soweit: Der FoeBuD e. V. und sechs weitere Organi­
sationen haben die Datenschützer des Landes in den Nordosten von Nordrhein-Westfalen
geladen. Rund 400 Interessierte und zahlreiche Vertreter der Presse sind der Einladung
gefolgt.
Und wie fast jedes Jahr im Herbst wollte keiner der Preisträger seine Auszeichnung in
Empfang nehmen. Langweilig ist es im Dachgeschoß der Ravensberger Spinnerei trotzdem
nicht geworden. Die Jury hat in monatelanger
Arbeit die Schwemme der eingereichten Hinweise für jede einzelne Kategorie überprüft.
Bei über 500 Benennungen hatte man es sehr
schwer, die richtigen Überwacher, Bespitzelnde
und Datensammler herauszufiltern. Beunruhigend ist in jedem Fall: Die Zahl der Nominierungen wächst von Jahr zu Jahr stetig an.
Arbeitswelt – Keine Gefangenen
machen!
Beginnen wollen wir mit der
Kategorie Arbeitswelt. Hier
räumt die Novartis Pharma
GmbH den Preis für die systematische Bespitzelung ihrer Außendienst­
mitarbeiter durch Detektive und eine vorsätzliche Verletzung der zugesicherten Anonymität
bei internen Erhebungen ab. Das Pharmaunternehmen hat ihren Außendienstmitarbeitern in
großem Stil Detektive hinterhergeschickt.
Man wollte überprüfen, ob diese die bilanzierten Arzt- und Apothekenbesuche auch wirklich
durchgeführt haben. In diesem Arbeitsbereich
scheint tatsächlich der Kriegszustand ausgebrochen zu sein. So gab der Geschäftsführer der
Konzernmutter die kernige Parole aus: „Kill To
Win – No Prisoners“. Es stellt sich die Frage, ob
Personen Höchstleistungen erbringen, nur weil
sie das Gefühl nicht loswerden, überwacht zu
werden.
die datenschleuder. #92 / 2008
Qualifiziert für den BBA hat sich das Unternehmen auch durch die Rückgabe „anonymer“
Umfragen im Kollegenkreis. Diese sind, nachdem sie nachträglich personalisiert wurden,
direkt bei der Personalabteilung gelandet. Später wurden den überraschten Mitarbeitern die
eigenen Umfrageergebnisse inklusive ihres
Namens zurückgegeben. Die für die Umfrage
beauftragte Agentur kommentierte die Angelegenheit mit den Worten: „So naiv kann man
doch nicht sein!“ Warum Anonymität aufrechterhalten, die man zuvor ausdrücklich zusicherte? Fast erscheint es, der Zweifrontenkrieg in
diesem Sektor wird gegen die eigenen Reihen
und nicht gegen die Konkurrenz geführt.
Der Betriebsrat sah sich
immerhin genötigt, die
Bespitzelung durch die
Detek t ive of fenzu le gen. Es gab leider keine sichtbaren Anzeichen
für Bemühungen, die eigenen Mitarbeiter zu
beschützen. Es scheint fast so, als wenn Herr
Dr. Maag, der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, dort alles und jeden gut im Griff hat.
Wie auch immer: Unser herzliches Beileid zum
BigBrotherAward 2007!
Behörden und Verwaltung – Der Duft
des Terrors
In der Kategorie Behörden und Verwaltung
hat sich die Generalbundesanwältin Monika
Harms durch ihre Maßnahmen gegen die Gegner des G8-Gipfels in Heiligendamm im Mai
dieses Jahres besonders hervorgetan.
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Ein Rückblick auf die unglücklichen Gewinner
Zum einen hat sie beim Ermittlungsrichter
beantragt, trotz des Briefgeheimnisses auf der
Suche nach Bekennerschreiben in Hamburg
systematische Kontrollen von tausenden von
Briefen durchzuführen. Andererseits ordnete
sie an, von Gipfelgegnern Geruchsproben zu
nehmen und diese zu konservieren. Die Mitarbeiter von Frau Harms haben jedoch bislang keinen einzigen Terroristen ermitteln können. Die
Geruchsproben sollten bestimmen, ob sich ein
Verdächtigter an einem bestimmten Ort aufgehalten oder ein Tatwerkzeug bzw. ein Bekennerschreiben berührt hat.
„Stinknormal“ kann
man das nicht mehr
nen nen . Se lbst
dem als sicherheitspolitischen Scharfmacher geltenden
SPD-Politiker Dieter Wiefelspüt z
ging das zu weit,
er sagte über Frau
GBA Monika Harms Harms: „Sie ist auf
den Hund gekommen und sollte so schnell wie möglich davon
wieder runterkommen.“
Regional – Hamburgs Schulen als
neue Abschiebebehörden?
Der BigBrotherAward in der Kategorie „Regional“ geht dieses Jahr an Frau Senatorin Alexandra Dinges-Dierig, respektive an die Behörde für Bildung und Sport der
Freien und Hansestadt Hamburg.
kenlose Erhebung aller Schülerdaten der Schulen der Hansestadt. Es erfolgt ein automatischer
Abgleich mit dem Melderegister, um den illegalen Aufenthalt von Kindern und ihren Eltern
festzustellen. Offiziell wird diese Handhabe
damit begründet, daß man tragische Fälle verhindern will, bei denen Kinder wegen Mißhandlung oder Vernachlässigung durch ihre
Eltern über einen längeren Zeitpunkt der Schule ferngeblieben sind.
Als Folge schicken viele illegale Einwanderer
aus Angst ihre Kinder erst gar nicht zur Schule,
weil sie dadurch ihre Aufdeckung befürchten.
Ein Gesetz, welches dem Schutz der Kinder dienen sollte, sorgt somit für weniger Schüler im
Klassenzimmer und auch für weniger Bildung.
Wirtschaft – Anonymes Reisen mit der
Bahn unerwünscht
Die Provisionen für Reisebüros wurden systematisch gekürzt, was dazu geführt hat, daß die
Karten für die Deutsche Bahn nur noch vom
Unternehmen selbst angeboten werden.
Wer sein Ticket anonym am Schalter erwerben
will, muß viel Zeit und Geduld mitbringen. Bis
zu fünf Euro im Vergleich zu den Online-Angeboten kostet den Bahn-Kunden die Wartezeit am
Schalter extra. Bucht man über das Internet, ist
man dem „Unternehmen Zukunft“ mit Namen,
Adresse und Bankverbindung bekannt. Viele
Automaten in den Bahnhöfen nehmen nur ECKarten und kein Bargeld an, was einem erneut
das anonyme Reisen unmöglich
macht.
Deren „Verdienst“ ist die Einrichtung eines Schülerzentralregisters mit dem Nebenzweck, ausländische Familien
ohne Aufenthaltserlaubnis
aufzuspüren.
Die Schulpf licht einerseits
und das verbriefte Recht von
Kindern auf Bildung andererseits sorgen für eine lüc-
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Alexandra Dinges-Dierig
Um die Preisnachlässe mitnehmen zu können, wird vom Automaten das Einführen der Bahncard verlangt. Unbegreiflich ist
diese Vorgehensweise primär
deshalb, weil die Rabattansprüche sowieso erst bei der Fahrkartenkontrolle im Zug überprüft
werden. Dazu kommt die überf lüssige Angabe des Geburtsdatums und das Foto auf der
Bahncard. Was man mit den bio-
die datenschleuder. #92 / 2008
Ein Rückblick auf die unglücklichen Gewinner
metrischen Daten der Kunden anstellen kann –
bedenkt man die flächendeckende Videoüberwachung des Bahngeländes – man mag
es sich besser nicht ausmalen.
Im Fall der „Bahncard 100“ ging man
absolut auf Nummer sicher. Die Bahn integrierte in jede „Bahncard 100“ fast unbemerkt einen
RFID-Schnüffelchip. Wären die Lesegeräte für
solche Chips so flächendeckend aufgestellt wie geplant, könnte die Bahn
problemlos jeden Schritt des
Reisenden überwachen und
protokollieren. Im Sinne der
Data-Miner – gut
gemacht!
Wir
kön nen dem
Vorsitzenden des Vorstands der Deutschen Bahn
AG, Herrn Mehdorn, nur zu seiner
Datensammelwut und seinem Preis gratulieren.
Verbraucherschutz – lukrative
Hotelgäste von Billigurlaubern
unterscheiden
Stellvertretend für viele, viele weitere Ketten
erhalten die Hotelketten Marriott, Hyatt und
Intercontinental den BBA für die Kategorie Verbraucherschutz.
Viele Hotels speicher n die Vorlieben und Daten ihrer Gäste, um diese später besser differenzieren zu können. Hat der
Gast Telefonate in den Mittleren Osten durchgeführt? Besteht eine Haselnußallergie? Hat er
sich via Pay-TV Pornos in sein Zimmer übertragen lassen? Die Tentakel der Gastlichkeit tragen
die Daten zusammen, wie etwa Familienkonstellationen, Trink-, Rauch- und Eßgewohnheiten, Allergien, Hobbies, Sonderwünsche,
Beschwerden, Vorlieben etc.
Es geht dabei nicht primär – wie man denken
könnte – um eine optimale Versorgung der
Gäste. Das Zauberwort lautet CRM, das „custo-
die datenschleuder. #92 / 2008
mer relationship management“.
Dabei sollen die Sparsamen von
de n s p e nd able n
Gästen unterschieden werden. Diejenigen mit Spendierhosen möchte man später noch einmal
gesondert ansprechen. Wie aber geht man nach
der Auswertung der Daten mit den preisbewußten Kurz­urlaubern um?
In Frankreich werden die persönlichen Daten
von der Hotelkette direkt an die Polizei übertragen. Auch Geheimdienste könnten sich
für Telefonate nach
Syrien, den Verzehr
von Schweinef leisch
oder Gäste aus dem
Iran interessieren.
Viele der konzerneigenen Server europäischer
Hotelketten stehen in den USA. Und spätestens
seit dem „patriot act“ ist es Mitgliedern der amerikanischen Geheimdienste ohne richterlichen
Beschluß erlaubt, diese Daten einzusehen und
auszuwerten.
König Kunde indes schläft hoffentlich ruhig und
sanft. Er hat von alledem keinen blassen Schimmer. Friedrich Schiller würde dies wahrscheinlich mit den Worten kommentieren: „Hier wendet sich der Gast mit Grausen. So kann ich hier
nicht ferner hausen.“
Technik – lückenlose
Totalüberwachung im Auto
Im Bereich Technik geht der Preis dieses Jahr
an die Firma PTV Planung Transport Verkehr
AG für ihr sogenanntes „Pay-as-you-drive“-Sys­
tem.
Dies ist ein Gerät, welches automatisch die Fahrroute und das Fahrverhalten des Fahrers aufzeichnet und die Daten ohne Zeitverzögerung
per Mobilfunk an die Versicherung übermittelt.
Das Verfahren soll mit der Begründung eingeführt werden, daß vernünftig und umsichtig
fahrende Personen niedrigere Versicherungsprämien zahlen müssen als andere.
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Ein Rückblick auf die unglücklichen Gewinner
Über den Geldbeutel sollen vor allem Fahranfänger zu mehr Vernunft, leider auch zu mehr
Kontrolle am Steuer bewegt werden. In Zeiten, in denen viele PKW über Bordcomputer
verfügen, kann man Beschleunigungssensoren anzapfen, kontrollieren, ob geblinkt wurde,
sogar der Reifendruck und der
Alkoholgehalt des Atems
des Fahrers könnte überprüft werden. Wenn
das selbst verordnete sanfte Fahrverhalten mit
den gesammelten
Daten übereinstimmt, bleibt die Prämie niedrig, ansonsten müssen die Fahrer mit höheren
Versicherungsbeiträgen rechnen. Auch das Einhalten gesetzlich angeordneter Verbote könnte überprüft oder gar elektronische Strafzettel
ausgestellt werden.
Die Vorstellung, Herr über diese Daten zu werden, wäre für den Gesetzgeber sicherlich sehr
verlockend. Man denke nur an die schleichende Veränderung der gesetzlichen Grundlagen,
wenn es um die Mautdaten geht. Anfangs hat
kein Politiker offen über eine Verwendung der
Mautdaten zu Fahndungszwecken gesprochen. Heute sieht die Praxis – dank frischer Gesetze in den Ländern – ganz
anders aus.
Wie also fühlen Sie sich bei der Vorstellung, wenn dieses System in ein
paar Jahren eingeführt wird und
sich die Polizeibeamten virtuell
auf ihr Gerät aufschalten dürfen? Sie könnten dann feststellen, wo sich das überwachte
Auto befindet, wie schnell
und in welche Richtung es
fährt. Auch nach Monaten
könnte noch immer ein
Bewegungsprofil erstellt
werden. Und selbst,
wenn dieser elektronische Big Brother die Kosten für
die Versicherung
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deutlich senken könnte, werden sich so manche
Fahranfänger genauer überlegen müssen, wie
viel ihnen ihre Unabhängigkeit wert ist.
Politik – Dank Steinbrück Steuer-ID
ab Geburt bis 20 Jahre nach dem Tod
Der BBA in der Kategorie Politik geht an den
Bundesminister der Finanzen, Herr Peer Steinbrück, für die Einführung der lebenslangen
Steueridentifikationsnummer (Steuer-ID) für
alle Einwohnerinnen und Einwohner der Bundesrepublik Deutschland.
Die Steuer-ID wird ab Geburt vergeben und ist
bis 20 Jahre über den Tod des katalogisierten
Steuerzahlers
hinaus gültig.
Dadurch soll
eine eindeutige Identifizierung des Steuerpflichtigen
i m B e s te ue rungsverfahren er reic ht
werden. Wenn
in nicht allzu Bundesfinanzminister Peer Steinbrück
ferner Zukunft
diese Nummer mit den von Überwachungskameras erhobenen Daten – und der
damit einhergehenden Identifikation der gefilmten
Personen per
Biometrie
– kombinier t werden kann, ist
es bis zur Fiktion von George Orwell nicht
mehr allzu weit
entfernt.
Die staatliche Schlinge um den Hals der
beäugten Bürgerinnen
und Bürger scheint sich
immer mehr zuzuziehen.
die datenschleuder. #92 / 2008
Ein Rückblick auf die unglücklichen Gewinner
Kommunikation – Das ewige Thema
Vorratsdatenspeicherung
Frau Bundesministerin der Justiz Brigitte
Zypries wird ausgezeichnet für ihren Gesetzentwurf, mit dem in
Deutschland die Vorrats­
daten­s peicher­u ng von
Tele­kommuni­kations­Ver­b indungs­d aten für
sechs Monate durchgeführt werden soll.
Sie ignorierte damit
bewußt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das
Auch SPD: Brigitte Zypries,
bereits 1983 im VolksBundesministerin der Justiz
zählungsurteil festgelegt
hatte, daß die Sammlung von nicht anonymisierten Daten zu unbestimmten oder noch nicht
bestimmbaren Zwecken mit dem Grundgesetz
unvereinbar ist. Auch die Nichtigkeitsklage von
Irland vor dem Europäischen Gerichtshof hat
die Ministerin nicht von ihrem Vorhaben abhalten können. Abschließend sollte man noch kurz
erwähnen, daß Frau Zypries wegen des Großen
Lauschangriffs schon vor drei Jahren mit einem
BBA ausgezeichnet wurde.
Schäuble: Trotz enorm viel Fleiß’: Kein
Preis!
Außer Konkurrenz lief dieses Jahr der absolute
Traumkandidat der Awards: Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Nach Ansicht der Jury
wäre es falsch, sich zu sehr auf diesen überqualifizierten Bewerber einzuschießen. Andererseits
befürchtet man, Schäuble könnte seine Auszeichnung als besonderen Ansporn verstehen
und seinen Sicherheitsextremismus und Terrorwahn noch weiter ausdehnen. Auch mußte
man ihm dankbar zugute halten, daß er im September für eine erfolgreiche Demonstration in
Berlin gesorgt hat. Schäuble hat wie kein anderer Politiker für ein vermehrtes Bewußtsein dieser Problematik in der Bevölkerung gesorgt und
hat die Menschen wie kein Zweiter auf die Barrikaden gehen lassen.
Fazit
In manchen Kategorien war die Vergabe der Awards
schon im Vorfeld
absehba r, a nde re wurden zur allgemeinen Überraschung verliehen. Der Titelverteidiger ging diesmal leer aus:
Darth Schäuble, Chefinternetausdrucker
Insgesamt war es – und Bestimmer im BMI
wie auch letztes Jahr
– eine Veranstaltung, die in sich rund wirkte.
Den Zuschauern wurde erneut eine zweistündige Gala geboten, die viele interessante Informationen und einiges an kurzweiligem Entertainment im Angebot hatte. Das Verhältnis
anwesender Presse zu Zuschauern schien sich
in Richtung Kameramänner, Kabelträger und
Journalisten verschoben zu haben. Auch wenn
der Saal keinen erheblichen Zuwachs von Teilnehmern erlaubt: Bei diesem spannenden Themenspektrum könnte es ruhig mehr Menschen
in die Bielefelder Innenstadt verschlagen. Und
auch eine Berichterstattung durch mehr Mainstream-Medien wie Nachrichtenmagazine, Hörfunk und TV wäre sehr wünschenswert.
Wichtig ist der mahnende Zeigefinger der BBAJury allemal. Wer sonst erinnert einen jährlich daran, wie viel Schindluder mit unseren
höchst sensiblen Daten betrieben wird. Und für
die Organisatoren gilt: Nach der Veranstaltung
ist vor der Veranstaltung. An eine lange Verschnaufpause war nicht zu denken. In der Zwischenzeit sind die Vorbereitungen für die Preisverleihung der Datenkraken für das Jahr 2008
längst angelaufen.
Nicht unter den Verurteilten:
padeluun im Gespräch mit Andreas Liebold
die datenschleuder. #92 / 2008
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Datenmessies in die Produktion!
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Piling more hay
von Constanze Kurz <[email protected]>
Es war im Frühjahr 2004 im Europäischen Rat, die Debatten über die Harmonisierung
der Mindestspeicherungspflichten von Telekommunikationsdaten ist in vollem Gange. Es
gibt Vorschläge aus Frankreich, Irland, Schweden, Großbritannien, die Diskussionen wer­
den kontrovers geführt. Nur in einem sind sich alle Teilnehmer einig: Die Strafverfolgung
muß effektiver gestaltet werden.
Muß sie das tatsächlich?
Eine wirksame Strafverfolgung ist eine wesentliche Aufgaben der Staaten. In den letzten Jahren hat sich jedoch gezeigt, daß die Wirksamkeit beschlossener Gesetze kaum noch oder
gar nicht unabhängig überprüft wird. Die Vorratsdatenspeicherung ist auch deshalb kritisiert worden, da neben schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Bedenken die Effektivität
der Maßnahme schon im Vorfeld der Beschlüsse fragwürdig erschien. Mit dem Vorhaben
werden Telekommunikationsanbieter europaweit verpflichtet, Daten etwa zum Zwecke der
Strafverfolgung zu speichern. Bisher war es
ihnen in geringerem Umfang lediglich zu
Abrechnungszwecken gestattet.
Frist räumte die EU den Mitgliedsstaaten ein,
um die Beschlüsse in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland bedurfte es hierzu einer
Änderung des Telekommunikationsgesetzes.
Es ist der mittlerweile altbekannte Umweg über
die EU, der eine parlamentarische und gesellschaftliche Debatte von vorneherein ad absurdum führte.
Über die Rechtmäßigkeit der Richtlinie wird der
Europäische Gerichtshof entscheiden, erheb-
Die britische EU-Ratspräsidentschaft
setzte die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gegen die Haltung vieler kritischer Mitgliedstaaten durch.
Damit war die Speicherungspf licht
für die Telekommunikationsverkehrsdaten europaweit faktisch besiegelt.
Der einige Wochen später folgende
Ratsbeschluß war nur noch Formsache.
Die Richtlinie sieht konkret vor, dass
die Verbindungsdaten vom Provider
in einem Zeitraum von mindestens
sechs Monaten bis maximal zwei
Jahren gespeichert werden müssen.
Anders als EU-Verordnungen treten
Richtlinien nicht direkt in den europäischen Ländern in Kraft. 18 Monate
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Datenmessies in die Produktion!
liche Zweifel sind angebracht. Da die Gesetzgebung in Deutschland jedoch bereits angepaßt
wurde, wird die gerichtliche Entscheidung hierzulande keine direkte Wirkung haben.
Natürlich darf in Deutschland auf die Daten
legal nur nach richterlichem Beschluß zugegriffen werden. Aber wirft man einen Blick auf
die vergangenen Jahre und die tatsächlichen
Prüfungen von Richtern, wird man entdecken,
daß dies kaum Schutz vor Mißbrauch bietet.
Vor allem überforderte Amtsrichter, die in schöner Regelmäßigkeit vom Bundesverfassungsgericht bescheinigt bekommen, daß sie die Verfassung mißachten, werden sich sicher in Zukunft
nicht als ernstzunehmende Grundgesetzverfechter entpuppen.
Hinzu kommt, daß sich im Zuge einer hysterischen Berichterstattung nach dem Motto “Terror lauert immer und überall” nach und nach
auch das Bewußtsein für den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit ändert. Daß es gerade in
Deutschland tatsächlich dazu gekommen ist,
Vorhaben in die Tat umzusetzen, die es erlauben, die Telekommunikationsdaten von über 80
Millionen Menschen verdachtsunabhängig zu
speichern, zeugt von einem Paradigmenwechsel. Auch wenn in Europa die Richtlinie gekippt
wird und das deutsche Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben wird:
Ein Dammbruch bleibt es allemal.
Erstaunlich ist, wie schnell sich die Folgen der
Gesetzgebung konkret zeigen. Bereits einen
Monat nach Inkrafttreten entfaltet die Vor-
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ratsdatenspeicherung ihre unheilige Wirkung,
obgleich ja technisch noch wenig umgesetzt
wurde. Auf zwölf Seiten faßt der Anwalt Meinhard Starostik, der vor dem Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde im Namen
von tausenden Bürgern eingelegt hat, zusammen, was eine Befragung von 8.000 Personen
nach dem Inkrafttreten ergeben hat – ein
Dokument einer sich nachhaltig verändernden
Gesellschaft. [1]
Die Logik, mit der wie bei einem Pawlowschen
Ref lex nach jedem Anschlagsversuch neue
Sicherheitsmaßnahmen gefordert werden, wird
noch immer zu wenig hinterfragt. Bei der Vorratsdatenspeicherung waren etwa die Daten des
Handys eines der Verdächtigen des Anschlags
in Madrid ein immer wieder vorgebrachtes
Argument. Die Kenntnis der Verbindungsdaten
kann natürlich einen solchen Anschlag nicht
verhindern, sie kann maximal der Auf klärung
dienen. Auch ein Präventiveffekt ist nicht anzunehmen, da mit der Vorratsdatenspeicherung
anlaßlos jede Verbindung gespeichert wird.
“We’re looking for a needle in a haystack here
and he is just piling on more hay”, warf Al Gore
dem damaligen US-amerikanischen Justizminister John Ashcroft vor. Letztlich wird auch
die Vorratsdatenspeicherung zu einem Verlust
an Sicherheit führen: Denn unhaltbare Sicherheitsversprechen zerstören, was sie vorgeben zu
schützen.
[1] http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/
schriftsatz_ 2008-01-31_anon.pdf
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Vorratsdatenspeicherung
Ein Ermittlungsinstrument ohne Alternative?
von Dr. Marco Gercke
Die Neueinführung von strafprozessualen Ermittlungsinstrumenten oder deren Erweite­
rung hat seit jeher den Stoff intensiver Debatten innerhalb von Gesellschaft, Politik und
Justiz geliefert. Beispiele dafür sind der „Große Lauschangriff“ ebenso wie die Telefon­
überwachung.
Die Intensität der Debatten ist insoweit nicht
weiter verwunderlich, als strafprozessuale Maßnahmen zu den intensivsten Eingriffen im Verhältnis von Staat und Bürger zählen. Der Protest gegen die obengenannten Maßnahmen zog
sich quer durch Gesellschaft. So erklärte die
damalige Bundesministerin der Justiz, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, 1995 aus Protest gegen die Unterstützung des Gesetzesvorhabens „Großer Lauschangriff“ durch ihre Partei ihren Rücktritt.
Ebenso wie der Protest gegen die Ausweitung
staatlicher Befugnisse zu den Reaktionen auf
die Einführung neuer Ermittlungsinstrumente
zählt, folgt ihrer Einführung nicht selten eine
Überprüfung durch die Gerichte, verbunden
mit einer Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht. So hat das höchste deutsche
Gericht in einer Entscheidung aus dem Jahr
2004 hinsichtlich des „Großen Lauschangriffs“
ausgeführt: „Die Vorschriften der Strafprozeß­
ordnung zur Durchführung der akustischen
Überwachung von Wohnraum zu Zwecken
der Strafverfolgung genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen […] nicht in vollem
Umfang.“ [1]
die Befugnisse der staatlichen Organe erweiterten. Nicht selten entstand im Rahmen der hektischen legislativen Betriebsamkeit der Eindruck,
daß das Ziel (die Bekämpfung des Terrorismus) dabei bisweilen als Ersatz für die notwendige Rechtfertigung neuer Eingriffsbefugnisse
diente. Während dies vor dem Hintergrund der
zeitlichen Nähe der Anschläge für die ersten
Gesetzesinitiativen zumindest nachvollziehbar
erscheint, verwundert es doch, daß der Trend,
Gesetze eher auf Prognosen als auf verläßliche
Erkenntnisse zu stützen, auch fast sechs Jahre
nach den Anschlägen anhält.
Wertungswidersprüche im
Zusammenhang mit Strafnormen aus
dem Bereich des Internetstrafrechts
Vergleicht man die jüngeren Gesetzgebungsverfahren im Bereich des Internetstrafrechts
mit legislativen Ansätzen außerhalb des Internet, so drängt sich bisweilen der Eindruck auf,
daß die Kriminalisierung von Vorgängen im
Internet erheblich weiter fortgeschritten ist.
Verdeutlicht werden soll dies an zwei Beispielen. Vorab sei darauf hingewiesen, daß es für
jede einzelne Maßnahme – für sich betrachtet
Im Zuge der gesetzgeberischen Maßnahmen – eine Begründung gibt. Die Kritik setzt daher
als Reaktion auf die Anschläge vom 11. Septem- nicht an den Einzelmaßnahmen, sondern an
ber 2001 in New York hat die Dynamik der Dis- der Richtungswirkung der Summe der Einzelkussion um die Einführung neuer Ermittlungs- maßnahmen an.
instrumente deutlich zugenommen. Vor dem
Hintergrund der Bekämpfung des internatio- a) Ein Beispiel ist die Straf barkeit von Vorbereitungshandlungen. Gemäß dem neu eingeführnalen Terrorismus wurden sowohl im Bereich
der Gefahrabwehr als auch der Strafverfol- ten § 202c StGB macht sich straf bar, wer ein
Computerprogramm, dessen Zweck die Begegung mehrere Gesetze verabschiedet, welche
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hung einer Computerstraftat ist, herstellt. Wer
hingegen Küchenmesser herstellt, die zur Begehung schwerer Körperverletzung verwendet
werden können, macht sich – sofern nicht weitere Handlungen hinzutreten – nicht straf bar.
b) Die ungleiche Behandlung von Handlungen
innerhalb und außerhalb des Internet läßt sich
ferner an der Regelung in § 263a Abs.3 StGB
verdeutlichen. Gemäß § 263a Abs.3 StGB macht
sich straf bar, wer ein Computerprogramm herstellt, dessen Zweck die Begehung eines Computerbetrugs ist. Eine vergleichbare Vorbereitungshandlung eines klassischen Betrugs – z. B.
die Manipulation von Spielkarten zum späteren
Einsatz – ist nicht straf bar.
Die Ungleichbehandlung beschränkt sich nicht
auf die Einführung von Strafvorschriften, sondern wird auch im Bereich des Strafprozeßrechts deutlich. Auch hier soll die Ungleichbehandlung anhand eines Beispiels verdeutlicht
werden.
c) Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die fehlende Rechtsgrundlage für die
Durchführung von heimlichen Online-Durchsuchungen wird derzeit intensiv an der Einführung eines entsprechenden Ermittlungsinstruments gearbeitet. Sofern das Instrument
nicht nur beim Verdacht besonders gravierender Straftaten eingesetzt
werden soll, entsteht ein
Wertungswiderspruch
zu den außerhalb des
Internet zur Verfügung
stehenden Ermittlungsmaßnahmen. Dort ist
ein Zugriff auf Gegenstände in der Wohnung
des Verdächtigen grundsätzlich nur im Wege
einer offen durchgeführten Durchsuchung, nicht
aber durch einen heimlichen Zugriff zulässig.
zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen umgesetzt werden soll, setzt die
oben dargestellten Wertungswidersprüche fort.
Während bei dem Versand einer E-Mail zukünftig Verbindungsdaten des Übertragungsvorgangs für die Dauer der gesetzlichen Mindestspeicherungsfristen gespeichert werden, wird
bei der Versendung von Briefen keine Erfassung der Versandvorgänge vorgenommen.
Aktuelle Diskussion um die
Vorratsdatenspeicherung
Der Gesetzesentwurf zur Einführung einer
Vorratsdatenspeicherungspflicht beruhte auf
einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2006. Vorausgegangen sind zahlreiche erfolglose Gesetzesinitiativen zur Einführung einer Verpflichtung
der Internetprovider zur verdachtsunabhängigen Speicherung von Verbindungsdaten in
Deutschland. Daß nunmehr über den Umweg
europäischer Vorgaben eine Vorratsdatenspeicherung in Deutschland eingeführt werden soll,
die im nationalen Parlament nie eine Mehrheit fand, ist zwar auf den ersten Blick paradox
– grundsätzliche Bedenken gegen europäische
Vorgaben bestehen aber nicht. Gleichwohl hat
das gewählte Verfahren zur Einreichung zweier Klagen gegen die Richtlinie geführt. Das
Verfahren auf europäischer Ebene ist aus zwei
Die EU-Richtlinie zur
Vorratsdatenspeicherung, die mit dem Gesetz
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Gründen bemerkenswert. Zum einen stellt
die Einführung der Vorratsdatenspeicherung
insoweit einen Paradigmenwechsel dar, als die
Internetprovider bislang aufgrund von EU-Vorgaben verpflichtet sind, alle Daten, die für die
Abrechnung der in Anspruch genommenen
Dienste nicht von Bedeutung sind, nach Beendigung der Nutzung des Dienstes zu löschen.
Zum anderen verwundert die für EU-Verhältnisse erstaunlich kurze Zeit von weniger als
fünf Monaten zwischen der Annahme des Vorschlags der Richtlinie und der Annahme durch
den Rat der Europäischen Union. Berücksichtigt man den Umstand, daß mehrjährige Beratungen von Rahmenbeschlüssen oft mit der
Notwendigkeit intensiver Beratung gerechtfertigt werden, erscheint fraglich, ob die intensive Kritik am Richtlinienentwurf in der kurzen
Zeit ausreichend geprüft wurde.
Vorgaben der Richtlinie und Kritik
Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten
unter Bezugnahme auf die Terrorismusbekämpfung, die gesetzlichen Rahmenbedingungen
für eine europaweit harmonisierte Vorratsdatenspeicherung zu schaffen. Dies bedeutet insbesondere, daß die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die Vorratsspeicherung der in Art. 5
der Richtlinie genannten (Verbindungs-)Daten,
die während der Kommunikation anfallen, als
gesetzliche Verpflichtung der Diensteanbieter
zu verankern. Die Verpflichtung der Richtlinie
ist sowohl aufgrund der leichten Umgehungsmöglichkeiten, als auch aufgrund rechtlicher
Bedenken gegen die Zulässigkeit einer entsprechenden Verpflichtung auf Kritik gestoßen.
Die Kritik an der leichten Umgehungsmöglichkeit, die Fragen nach der Effektivität der
Maßnahme aufwirft, wendet sich gegen das
Hauptargument der Befürworter einer Vorratsdatenspeicherung. Diese stützten sich darauf,
daß durch die vollständige Speicherung von Verbindungsdaten verhindert werden könnte, daß
einzelne Kommunikationsvorgänge unerkannt
blieben. Angesichts der Möglichkeiten, durch
den Einsatz von Anonymisierungsdiensten oder
Proxyservern aus Ländern ohne Vorratsdatenspeicherungspflicht die Zuweisung der Daten
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zu umgehen, erscheint dies allerdings fraglich. Auch führen die Verbindungsdaten nicht
notwendig unmittelbar zum Verdächtigen, sondern erlauben zunächst nur die Identifikation
des genutzten Anschlusses oder der verwendeten E-Mail-Adresse. Hat der Verdächtige öffentliche Hot-Spots und ohne Re­gistrierung erhältliche E-Mail-Adressen genutzt, so endet trotz
Vorratsdatenspeicherung die Spur zum Verdächtigen regelmäßig vor dessen Identifikation.
Berücksichtigt man weiter, daß sich der
Zugang zu solchen Diensten einfach gestaltet, so muß davon ausgegangen werden, daß
auch im Zusammenhang mit kriminellen und
insbesondere terroristischen Aktivitäten auf
diese Dienste zurückgegriffen wird, was die
Vorratsdatenspeicherung insoweit leerlaufen
läßt. Verhindern ließe sich dies nur durch eine
erhebliche Ausweitung von Maßnahmen zur
Einschränkung anonymer Kommunikation, wie
beispielsweise der Verpflichtung zur Identifikation von Nutzern öffentlicher Internetzugänge,
die beispielsweise in Italien besteht. In rechtlicher Hinsicht berühren die Bedenken der Kritiker unterschiedliche Aspekte. Im Vordergrund
stehen dabei verfassungsrechtliche Bedenken.
Während die Begründung der Richtlinie darauf verweist, daß die Einführung der Vorratsdatenspeicherung eine unverzichtbare Maßnahme darstelle, sehen die Kritiker einen Eingriff,
der insoweit verfassungsrechtlich bedenklich
erscheint, weil alternative, weniger intensive
Ermittlungsinstrumente zur Verfügung stehen.
Alternative Ermittlungsinstrumente
Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Bedenken, die sich maßgeblich auf die
Verfügbarkeit alternativer, weniger eingriffs­
intensiver Ermittlungsansätze konzentriert,
kommt der Suche nach Alternativen zur Vorratsdatenspeicherung eine zentrale Bedeutung
zu. Ein solcher alternativer Ansatz findet sich
in Art. 16 der Cybercrime Convention des Europarates. Die Konvention, die 2001 zur Unterzeichnung ausgelegt und bislang von 43 Staaten
unterzeichnet wurde, ist anders als die Vorratsdatenspeichung kein regionaler (EU-)Ansatz,
sondern der bislang einzige globale Ansatz
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zur Harmonisierung der bisweilen sehr unterschiedlichen nationalen Ansätze zur Bekämpfung der Internetkriminalität. Die Konvention
ist auch für Nichtmitglieder des Europarates
offen und wurde unter anderem von Kanada,
Japan und den USA unterzeichnet. Art. 16 der
Cybercrime Convention verpflichtet die Unterzeichner, eine auch als „Quick Freeze“ bezeichnete beschleunigte Sicherung der Daten vor
einer Löschung im Verdachtsfall einzuführen.
Anders als bei der Vorratsdatenspeicherung,
bei der ohne Selektion sämtliche Verbindungs­
daten gespeichert werden, werden bei der Maßnahme gemäß Art. 16 nur die Daten vor einer
Löschung bewahrt, die für die Ermittlungen
von Bedeutung sind. Vergleicht man die Vorratsdatenspeicherung mit der „Quick Freeze“Anordnung, so ergeben sich zwei Unterschiede. Die „Quick Freeze“-Anordnung läuft in den
Fällen ins Leere, in denen zum Zeitpunkt des
Erlasses der Anordnung die relevanten Daten
bereits gelöscht wurden. Insoweit erscheint die
„Quick Freeze“-Anordnung auf den ersten Blick
keine ernsthafte Alternative zur Vorratsdatenspeicherung zu sein. Die Unterschiede relativieren sich jedoch erheblich, wenn man zum einen
berücksichtigt, daß bei den großen Zugangsprovidern bis zur Löschung der Verbindungsdaten regelmäßig mehrere Tage vergehen und
zum anderen nicht außer acht läßt, daß auch
die Konsequenzen der Vorratsdaten­speicherung
technisch umgangen werden können.
Ausblick
Die Diskussion um die Notwendigkeit und
rechtliche Zulässigkeit der Vorratsdatenspeicherung ist mit der Annahme des EU-Rahmenbeschlusses keinesfalls abgeschlossen. Berücksichtigt man die oben dargestellten Bedenken,
so erscheint sowohl die Notwendigkeit als auch
die rechtliche Zulässigkeit fraglich. Im Rahmen
der weiteren Diskussion wird dem Umstand,
daß sich der Europarat im Zusammenhang mit
der Cybercrime Convention gegen eine Vorratsdatenspeicherung entschieden hat, eine besondere Bedeutung zukommen.
Trotz der Bedeutung der Auseinandersetzung
mit der Vorratsdatenspeicherung sollten in
der Diskussion die übrigen Entwicklungen
im Bereich der Schaffung neuer Ermittlungsinstrumente – wie beispielsweise die OnlineDurchsuchung – nicht aus den Augen verloren werden. Dies gilt selbstverständlich auch
für die übrigen Bestrebungen zur Regulierung
des Internet und zur Effektivierung der Strafverfolgung, wie etwa die immer wieder aufflammenden Diskussionen um eine Regulierung
von Kryptographie- und Anonymisierungstechniken. Legislative Ansätze wie beispielsweise
das in Italien eingeführte Verbot der anonymen
Nutzung von öffentlichen Internetterminals
werden sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene sorgsam beobachtet.
[1] http://www.bundesverfassungsgericht.de/
entscheidungen/rk20070511_ 2bvr054306.html
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YPS war gestern
Basteltips Biometrieversand
von evelyn und starbug
Auf der folgenden Seite haben wir euch euer persönliches Problempolitiker-Sammelal­
bum mitgeliefert. Den ersten Abdruck gibt es in diesem Heft. Um allen anderen Lesern
dabei zu helfen, ihre Sammlung zu vervollständigen, ist nun eure Mithilfe gefragt.
Eine gute Gelegenheit, an die Fingerabdrücke unserer demokratischen Vertreter zu kommen, bieten Latenzabdrücke auf Gläsern und
Flaschen. Nur sind diese Fettrückstände leider
sehr empfindlich. Schon beim Anheben müßt
ihr aufpassen, keine eigenen Abdrücke zu hinterlassen, wollt ihr nicht versehentlich mit
einem Politiker verwechselt werden. Am sichersten ist, wenn ihr beherzt mit drei oder mehr
Fingern von innen zupackt und auf die Reibung
vertraut. Wenn ihr dann nicht selber den Daktyloskopen eures Vertrauens aufsuchen wollt,
müßt ihr das Glas den treuen Händen eines
Logistikdienstleisters anvertrauen. Da aber
schon leichte Berührungen mit der Paketwand
die Abdrücke unwiederbringlich zerstören können, scheidet das Einwickeln in Papier oder
Schaumstoff aus.
Daher möchten wir euch hier das Bastelset für
eine Versandbox zum sicheren Transport von
Gläsern mit Fingerabdrücken vorstellen.
Wir suchen uns einen Karton der Größe des zu
transportierenden Glases.
Wir plazieren einen Streifen doppelseitigen
Teppichklebebands in der Mitte des Kartons,
stellen vorsichtig das Glas drauf und drücken
es leicht fest.
Ist das Glas am Boden fixiert, bauen wir
die Deckelhalterung. Länge und Breite des
Einsatzes orientieren sich dabei an der
Form des Glases (siehe unten).
Schließlich kleben wir auch auf die
obere Pfalz des Einsatzes einen Streifen
des Klebebands, befestigen daran den
Einlegedeckel und verschließen vorsichtig
das Paket.
Marke drauf und ab zur Post!
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Das biometrische Sammelalbum
Deutsche Edition 2008
Wolfgang Schäuble
Bundesinnenminister
Angela Merkel
Bundeskanzlerin
Günther Beckstein
Ministerpräsident Bayern
Moritz Harms
Bundesanwältin
Otto Schily
Ex-Innenminister
Jörg Ziercke
BKA-Präsident
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