Zehn Fälle zum Bau- und Architektenrecht aus der aktuellen

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Zehn Fälle zum Bau- und Architektenrecht aus der aktuellen
Zehn Fälle zum Bau- und Architektenrecht
aus der aktuellen Rechtsprechung
Dr. Christoph Blanke, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Stadtfeldstraße 35 94469 Deggendorf
Telefon 0991-371916-0
Telefax 0991-371916-19
Übersicht
1.
Der Kran über dem fremden Grundstück - OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.02.2007
2.
Die Baugrube an der Grenze - OLG München, Urteil vom 21.02.2006
3.
Die endgültig verlorene Sicherheit - BGH, Urteil vom 10.11.2005 und Urteil vom 26.04.2007
4.
Organisationsverschulden und Arglist - 30 Jahre Haftung? OLG Düsseldorf, Urteil vom
20.07.2007, KG vom 02.10.2007 und OLG Hamm vom 30.10.2007
5.
Vergütungsfalle Mischkalkulation - OLG Frankfurt, Urteil vom 22.03.2006 und OLG Koblenz,
Urteil vom 13.04.2005
6.
Verspätete Mängelrüge nach Kaufrecht bei Maßanfertigung ? - OLG Nürnberg, Urteil vom
11.10.2005
7.
Leistungsverweigerungsrecht des Auftragnehmers bei Streit über Nachtragspreis? - OLG
Düsseldorf, Urteil vom10.11.2005
8.
Leistungsverweigerungsrecht des Auftraggebers, der die geforderte Sicherheit nach § 648a
BGB nicht stellt? - BGH, Urteil vom 13.01.2005
9.
Architekt zahlt Honorar nach neun Jahren zurück, OLG Naumburg, Urteil vom 21.12.2006
10.
Vergütungspflichtige Zusatzleistung oder "kostenlose" Mängelbeseitigung? - BGH, Urteil vom
26.04.2005
1.
Der Kran über dem fremden Grundstück - OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.02.2007
1. Der Sachverhalt:
Während einer Baumaßnahme in der Innenstadt, schwenkten die Ausleger von zwei Turmdrehkränen in einer Höhe von 45 m bzw. 24 m über die Oberkante eines 19 m hohen
Nachbargebäudes hinweg. Der Nachbar beruft sich auf Besitzstörung (§ 858 Abs. 1 und § 862
Abs. 1 BGB) und beantragt eine einstweilige Verfügung.
§ 858 Abs. 1 BGB Verbotene Eigenmacht:
"Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt,
sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene
Eigenmacht)."
§ 862 Abs. 1 BGB Anspruch wegen Besitzstörung:
"Wird der Besitzer durch verbotene Eigenmacht im Besitz gestört, so kann er von dem Störer die
Beseitigung der Störung verlangen. Sind weitere Störungen zu besorgen, so kann der Besitzer
auf Unterlassung klagen."
2. Die Entscheidung:
a) Eigentumsrechte
Das Recht des Eigentümers eines Grundstücks erstreckt sich auf den Raum über der
Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche, § 905 Satz 1 BGB.
Der Eigentümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung kein Interesse hat (§ 905 Satz 2 BGB).
Gem. § 905 Satz 2 BGB hat der Eigentümer eine Besitzbeeinträchtigung dann zu dulden, wenn
keine konkrete Beeinträchtigung seiner Interessen gegeben ist. Das Gericht berücksichtigt die
Gesichtspunkte der allgemeinen Verkehrsanschauung sowie die ortsüblichen Verhältnisse.
Bei großstädtischen Bauvorhaben ist das Überschwenken von Nachbargrundstücken häufig unvermeidbar, um noch wirtschaftlich sinnvoll bauen zu können. Im hier zu entscheidenden Fall,
schwenken die Kranausleger in einer Höhe von 45 bzw. 25 m über dem Gebäude des Nachbarn
hinweg. Eine Beeinträchtigung der Gebäude ist daher nicht erkennbar.
b) Besitzschutz
Für eine Besitzstörung kann es aber ausreichen, dass der Nachbar sich durch den überschwenkenden Ausleger des Drehkranks gefährdet oder belästigt fühlt.
Eine Besitzstörung ist immer dann anzunehmen, wenn über das Nachbargrundstück auch
Lasten transportiert werden. Die Besorgnis, es könnten Lasten vom Kran herabfallen, reicht
nach Ansicht des OLG Düsseldorf für eine Besitzstörung bereits aus.
Schwenkt lediglich der Arm des Kranes über das Nachbargrundstück und werden die Lasten an
den Turm herangefahren, geht vom Schwenkarm selbst, keine größere Gefahr aus, als vom
Kran selbst. Nach Ansicht des Gerichts ist es aus Sicht eines "verständigen Nutzers" des
Nachbargrundstückes wahrscheinlicher, dass der Kran selbst umfällt, als dass der Schwenkarm
abbricht. Den Kran selbst hat jedoch der Nachbar zu dulden.
Keine Rolle spielen befürchtete Schadensersatzansprüche von Mietern des Nachbarn. Das OLG
sieht die eigentlichen Befürchtungen hinsichtlich der Mieter eher darin, dass von einer
Großbaustelle Störungen und Belästigungen ausgehen. Die Großbaustelle selbst, ist jedoch zu
dulden. Das
Hinüberschwenken von zwei Schwenkarmen in einer Höhe von 45 m bzw. 25 m verstärkt die
Störung und Belästigung durch eine Großbaustelle nicht mehr.
3. Hinweis für die Baupraxis:
Andere Gerichte haben dem Nachbarn Recht gegeben. Mit dem Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Antrag des Nachbarn, ist daher stets zu rechnen. Stimmt der Nachbar vorher nicht
zu, empfiehlt sich auf jeden Fall die Hinterlegung einer Schutzschrift beim Amts- und
Landgericht.
2.
Die Baugrube an der Grenze - OLG München, Urteil vom 21.02.2006
1. Der Sachverhalt:
Ein Bauunternehmer wird mit der Einbringung einer Spundwand zur Sicherung einer Baugrube
und
des
Nachbargebäudes
beauftragt.
Eine
Rückverankerung
oder
ein
Standsicherheitsnachweis war nicht Gegenstand des Auftrages. Bekannt war, dass die
Baugrube an der Grenze zum gefährdeten Nachbarhaus vollständig ausgehoben würde.
Die Spundwand wäre für das vorgesehene Bauvorhaben nur geeignet gewesen, wenn man zusätzliche Abstützungsmaßnahmen in der Grube durchgeführt hätte. Hierauf hatte jedoch die
Firma nicht hingewiesen. Nach dem Aushub ohne diese zusätzliche Abstützungsmaßnahme,
traten am Nachbarhaus Setzungsschäden von € 70.000,00 auf.
Der geschädigte Nachbar verklagt den Bauherrn und bekommt Recht. Der Bauherr selbst
verklagt seinen Tiefbauer und verliert vor dem Landgericht.
2. Die Entscheidung:
Das OLG verurteilt den Tiefbauer. Zunächst gilt die Vorschrift des § 909 BGB für jeden, der an
einer Grundstücksvertiefung mitwirkt. Hierzu gehört auch die Erstellung eines Verbaues.
§ 909 BGB lautet:
"Ein Grundstück darf nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden des
Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass für eine genügende
anderweitige Befestigung gesorgt ist."
Eine Aufforderung zur Nachbesserung der Spundwand war hier nicht erforderlich. Die
unterlassene Abstützung bzw. der Hinweis auf die Erforderlichkeit einer solchen Abstützung war
schadensursächlich. Eine Aufforderung zur Nachbesserung hätte erst erfolgen können, als die
Schäden am Nachbarhaus bereits eingetreten waren.
Die Tiefbaufirma hat letztlich den Erfolg "Vermeidung einer Schädigung" geschuldet. Gegebenenfalls muss der Auftraggeber auf die Erforderlichkeit einer Statik hingewiesen werden.
3. Hinweis für die Baupraxis:
Schadensersatzansprüche von Nachbarn wegen Grundstücksvertiefungen, drohen bei nahezu
jeder Baumaßnahme. Neben einer entsprechenden Beweissicherung ist dringend zu empfehlen,
bereits bei dem Verdacht von Schäden, fachkundige Mitarbeiter bzw. Subunternehmer
einzusetzen. Hinzuweisen ist auf Abschnitt 4.1.3 ATV DIN 18304 (Ramm-, Rüttel- und
Pressarbeiten):
Das Erstellen von Standsicherheitsnachweisen und Ausführungszeichnungen, soweit sie für
Baubehelfe notwendig sind, sind Nebenleistungen.
Auch ohne den besonderen Hinweis auf die VOB/C gehören diese Nebenleistungen zur
Erstellung einer mangelfreien Werkleistung!
Nach dem Urteil des BGH vom 27.07.2006 (Vergütungsfähigkeit von Gerüstbaukosten) ist über
die Vereinbarung der VOB/B auch die VOB/C bei der Vertragsauslegung zu berücksichtigen.
Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die Frage, ob zusätzliche Leistungen auch vergütet werden,
sondern auch, welche Leistungen überhaupt zu erbringen sind.
3.
Die endgültig verlorene Sicherheit - BGH, Urteil vom 10.11.2005 und Urteil vom 26.04.2007
1. Der Sachverhalt:
Eine städtische Wohnungsbaugesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter das betroffene Bundesland ist, vereinbart mit dem Auftragnehmer nach § 17 Nr. 6 Abs. 1 VOB/B einen Sicherheitseinbehalt. Dem Auftragnehmer bleibt vorbehalten, die Sicherheit abzulösen.
Der Auftragnehmer verlangt unter Fristsetzung gem. § 17 Nr. 6 Abs. 3 VOB/B die Einzahlung
des Sicherheitseinbehalts auf ein Sperrkonto und stellt gleichzeitig Bürgschaft.
2. Die Entscheidung:
Der Auftraggeber ist nach § 17 Nr. 6 Abs. 1 S. 2 VOB/B verpflichtet, den als Sicherheit einbehaltenen Betrag binnen 18 Werktagen ab Erteilung des Einbehalts auf ein Sperrkonto einzuzahlen.
Unterlässt der Auftraggeber dies und lässt er auch die vom Auftragnehmer gesetzte Nachfrist ergebnislos verstreichen, braucht der Auftragnehmer überhaupt keine Sicherheit mehr zu leisten:
§ 17 Nr. 6 Abs. 3 VOB/B:
"Zahlt der Auftraggeber den einbehaltenen Betrag nicht rechtzeitig ein, so kann ihm der Auftragnehmer hierfür eine angemessene Nachfrist setzen. Lässt der Auftraggeber auch diese
verstreichen, so kann der Auftragnehmer die sofortige Auszahlung des einbehaltenen Betrags
verlangen und braucht dann keine Sicherheit mehr zu leisten."
Der Auftragnehmer kann daher die bereits übersandte Bürgschaft wieder herausverlangen. Hat
er noch keine Bürgschaft gestellt, so muss er auch keine Bürgschaft mehr beibringen.
Anderes gilt nur für öffentliche Auftraggeber:
§ 17 Nr. 6 Abs. 4 VOB/B:
"Öffentliche Auftraggeber sind berechtigt, den als Sicherheit einbehaltenen Betrag auf eigenes
Verwahrgeldkonto zu nehmen; der Betrag wird nicht verzinst."
Eine städtische Wohnungsbaugesellschaft ist kein öffentlicher Auftraggeber. Eine juristische
Person des Privatrechts ist selbst dann nicht öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 17 Nr. 6
Abs. 4 VOB/B, wenn sämtliche Gesellschaftsanteile einer Körperschaft des öffentlichen Rechts
gehören.
Maßgeblich ist, ob das Insolvenzrisiko des Auftraggebers ausgeschlossen oder
vernachlässigbar gering ist. Eine juristische Person des Privatrechts ist stets insolvenzfähig.
3. Hinweis für die Baupraxis:
Es kommt immer wieder vor, dass Auftraggeber auf ihrem vermeintlichen "Recht" bestehen,
dass der Auftragnehmer Bürgschaft stellt. Ohne die sofortige Einzahlung auf das Sperrkonto ist
dieses Recht durch § 17 Nr. 6 Abs. 3 VOB/B jedoch ausgeschlossen!
Kommunale Stadtwerke, die zum Beispiel in das Handelsregister eingetragen sind, sind jedoch
dann öffentlicher Auftraggeber im Sinne dieser Vorschrift, wenn gem. Art. 88 Abs. 5 i. V. m. Art.
77 Abs. 3 der Bayerischen Gemeindeordnung Insolvenzfähigkeit für kommunale Eigenbetriebe
ausgeschlossen ist. Im Zweifel empfiehlt sich daher nicht nur der Blick in das Handelsregister
sondern auch die Einsicht der jeweiligen Betriebssatzung.
4.
Organisationsverschulden und Arglist - 30 Jahre Haftung? OLG Düsseldorf, Urteil vom
20.07.2007, KG vom 02.10.2007 und OLG Hamm vom 30.10.2007
1. Der Sachverhalt:
Der mit der Vollarchitektur beauftragte Architekt plant ein Wohn- und Gewerbehaus in grundwassergefährdetem Gebiet, ohne Abdichtung gegen drückendes/anstehendes Wasser. Er hat
weder ein Gutachten eingeholt, noch hat er sich über die Grundwasserstände erkundigt. Nach
mehr als 12 Jahren werden Schäden an den Sichtbetonflächen festgestellt. Weiterhin wird
festgestellt, dass die Betonüberdeckung unzureichend ausgeführt wurde. Der Architekt war auch
mit der Bewehrungskontrolle ausdrücklich beauftragt worden.
2. Die Entscheidung:
Die Gewährleistungsfristen sind abgelaufen. Der Architekt (sowie jeder Werkunternehmer!)
haftet daher nur in zwei Fällen, die die Rechtsprechung entwickelt hat.
a) Ein Organisationsverschulden setzt eine arbeitsteilige Vorgehensweise voraus. Ist der
Architekt/Unternehmer arbeitsteilig organisiert, muß er die organisatorischen Voraussetzungen
schaffen, um selbst sachgerecht beurteilen zu können, ob das Bauwerk bei der Abnahme
mangelfrei ist.
b) Der Architekt, der die Planung und Bauleitung selbst durchführt, handelt nicht arbeitsteilig.
Der Architekt handelt jedoch arglistig, wenn er weiß, dass er seine Überwachungsaufgabe nicht
ordnungsgemäß ausgeführt hat und deshalb mit dem Bestehen eines wesentlichen
Ausführungsfehlers zu rechnen ist. Teilt er dies dem Auftraggeber nicht mit, haftet er auch nach
Ablauf der Verjährungsfristen.
Nach Ansicht des OLG Hamm ist der Schluss vom Vorliegen einer unzureichenden Betonüberdeckung auf einen Organisationsmangel oder Arglist des Architekten nicht zulässig.
Abstandhalter beim Betoniervorgang können auch durch Unachtsamkeit heruntergetreten
werden.
Nach Ansicht des OLG Düsseldorf liegt bereits ein Organisationsverschulden des allein tätigen
Architekten vor, wenn er keine Abdichtung nach DIN 18195 gegen drückendes bzw.
anstehendes Wasser in Kenntnis einer möglichen Grundwassergefährdung plant.
Zutreffenderweise dürfte es sich hier nicht um einen Fall des Organisationsverschuldens
sondern um einen Fall der Arglisthaftung handeln.
3. Hinweis für die Baupraxis:
Nach der Schuldrechtsreform vom 01.01.2002, haftet der Architekt drei Jahre ab Kenntnis des
Anspruchstellers, maximal jedoch 10 Jahre ab Entstehung des Anspruches. Die frühere
30-jährige Verjährungsfrist gilt nur noch für Altverträge.
Dem Architekten ist anzuraten, in jedem Falle durchgeführte Baustellenkontrollen auch
schriftlich zu dokumentieren. Bei größeren Büros, die tatsächlich arbeitsteilig arbeiten, ist eine
lückenlose Dokumentation unerlässlich.
Treten während der Gewährleistungszeit Mängel auf, denen der Architekt nicht nachgeht
bzw.deren Ursachen er nicht erforscht, haftet der Architekt ebenfalls weiter, wenn er den
Bauherrn nicht darüber und über mögliche Ansprüche gegen sich selbst aufklärt! BGH Urteil
vom 26.10.2006.
5.
Vergütungsfalle Mischkalkulation - OLG Frankfurt, Urteil vom 22.03.2006 und OLG Koblenz,
Urteil vom 13.04.2005
1. Der Sachverhalt:
a) Der Auftraggeber schreibt aus: "22.000 cbm Lösen von Erdmaterial, Abfahren und auf
Deponie entsorgen." In einer weiteren Position wird das entsprechende Anfahren und Einbauen
von tauglichem Boden ausgeschrieben.
Der Auftragnehmer kalkuliert bei beiden Positionen nur eine einfache Fahrt. Er kann durch
Vorlage der Urkalkulation vor Gericht beweisen, dass Grundlage seiner Kalkulation war, das
gelöste Bodenmaterial zur Deponie zu verbringen und auf der Rückfahrt das einzubauende
Material aufzuladen.
Später stellt sich heraus, dass über den ursprünglichen Ansatz von 22.000 cbm hinaus eine
Mehrmenge von 30.000 cbm abgefahren werden muss.
Der Auftragnehmer verlangt die Kosten für die jetzt anfallende Leerfahrt nach (OLG Koblenz).
b) Der Auftraggeber schreibt weiterhin eine Position "9 mm Bodenabdeckung" aus. An einer
weiteren Position findet sich noch die Erbringung einer "Bodenabdeckung mit 19 mm Stärke."
Der Auftragnehmer hat bei der Kalkulation der Position Bodenabdeckung 9 mm Stärke
"vergessen" die Lohnkosten bei den Einzelkosten der Teilleistung zu berücksichtigen.
Später ordnet der Auftraggeber an, sämtliche Bodenabdeckung in 9 mm Stärke auszuführen.
Der Auftragnehmer verlangt die Lohnkosten im Wege eines "Nachtrags" als "Massenmehrung"
nach (OLG Frankfurt).
2. Die Entscheidung:
a) Die Anordnung des Auftraggebers, hier einen Mehraushub von rund 31.000 cbm vorzunehmen, stellt nach Ansicht des OLG Koblenz eine Änderungsanordnung gem. § 2 Nr. 5 VOB/B dar:
"Werden durch Änderung des Bauentwurfs oder andere Änderungen des Auftraggebers die
Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert, so ist ein neuer
Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Die Vereinbarung
soll vor der Ausführung getroffen werden".
Die Anordnung des kompletten Bodenaustauschs stellt eine Leistungsänderung und nicht nur
eine einfache Massenmehrung gem. § 2 Nr. 3 VOB/B dar. Maßgeblich für die Abgrenzung
zwischen § 2 Nr. 5 und § 2 Nr. 3 VOB /B ist die Art und Weise, in der der Auftraggeber eingreift.
Hier hat der Auftraggeber im Wege einer echten Änderung der vereinbarten Leistung selbst in
das bisher vertraglich zugrunde gelegte Verhältnis zwischen Leistung und Preisgestaltung
eingegriffen. Maßgeblich für das OLG Koblenz wird wohl auch gewesen sein, dass der
komplette Bodenaustausch eine Mehrmenge von rund 31.000 cbm gegenüber der ursprünglich
ausgeschriebenen Abtragsmenge von rund 22.000 cbm verursachte.
Durch die Leistungsänderung wurde die Grundlage des Preises für die im Vertrag vorgesehene
Leistung geändert. Der Auftragnehmer war hier in der glücklichen Lage, beweisen zu können,
dass Grundlage seiner Kalkulation ein Verbund mit der weiteren Leistungsposition "Boden
anfahren und einbauen" war.
Durch die Leistungsänderung des Auftraggebers wurde die Kalkulationsgrundlage des Auftragnehmers ihrer Grundlage beraubt. Er konnte daher die Kosten für eine Leerfahrt und die
gesamten Mehraushubmengen von 31.000 cbm nachverlangen.
b) Der Auftraggeber war im Fall des OLG Frankfurt berechtigt, eine Leistungsänderung
dahingehend anzuordnen, dass sämtliche Bodenabdeckungen nur mit 9 mm Stärke auszuführen
sind (§§ 1 Nr. 3; 2 Nr. 5 VOB/B).
Durch
die
Anordnung
dieser
Leistungsänderung
wurden
die
ursprünglichen
Kalkulationsgrundlagen nicht verändert. Der Auftragnehmer hat bereits bei den Einzelkosten der
Teilleistungen die Lohnkosten nicht berücksichtigt, gleich aus welchem Grund.
Der Auftragnehmer kann sich auch nicht darauf berufen, dass er in der Position
"Bodenabdeckung 19 mm" die Lohnkosten kalkuliert habe.
Nach § 2 Nr. 5 VOB/B ist es erforderlich, dass sich gerade durch die Änderung des
Bauentwurfes die Kalkulationsgrundlagen geändert haben. Dies war hier nicht der Fall.
Helfen konnte auch nicht § 2 Nr. 3 VOB/B. § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B erwähnt ausdrücklich die
Baustellengemeinkosten, die wiederum unter anderem die Lohnkosten enthalten. Selbst wenn
man eine Änderungsanordnung verneint und lediglich von einer Massenmehrung ausgeht, kann
ein Auftragnehmer, der bei den Baustellengemeinkosten keine Lohnkosten kalkuliert, sie später
im Wege des Nachtrages "nachschieben."
3. Hinweis für die Baupraxis:
Mischkalkulationen sind gefährlich. Sie führen möglicherweise zum Ausschluss im
Vergabeverfahren. Sie öffnen auch dem Auftraggeber Tür und Tor für Änderungsanordnungen,
die dem Auftragnehmer äußerst nachteilig sein können. Bei der Kalkulation darf nicht nur darauf
"spekuliert" werden, welche Positionen möglicherweise nicht zur Ausführung kommen, sondern
muß auch im Auge behalten werden, welche Änderungsanordnungen ein Bauherr vornehmen
könnte.
Ein Architekt, der ein ersichtlich mischkalkuliertes Angebot nicht ausschließen lässt, haftet in
Höhe des Unterschiedsbetrages, um den der nachfolgende Bieter günstiger abgerechnet hätte
(Hinweisbeschluss des OLG Nürnberg in einem laufenden Verfahren vom 18.07.2007).
6.
Verspätete Mängelrüge nach Kaufrecht bei Maßanfertigung ? - OLG Nürnberg, Urteil vom
11.10.2005
1. Der Sachverhalt:
Ein Bauunternehmen bestellt bei einem Türenhersteller 100 Türen nach "RAL-Farbton einfarbig
oberflächenbehandelt, Rohling mit 31 db-Wert". Die Haustüren waren vom Lieferanten in einen
Container zu verladen und zu liefern. Inhalt des Vertrages war weiterhin, dass der Container für
die Dauer von vier Wochen auf der Baustelle verbleibt. Die Montage selbst, war nicht
Gegenstand des Vertrages.
Mehr als zwei Monate nach Lieferung der Türen, rügte der Auftraggeber die fehlende
Abriebfestigkeit des Lackes an allen Türen. Der Lack ließ sich mit einem feuchten Tuch
abwischen.
Der Auftraggeber verweigerte die Bezahlung des restlichen Kaufpreises. Der Türenhersteller
klagt den restlichen Kaufpreis ein.
2. Die Entscheidung:
Der Hersteller gewinnt! Das OLG Nürnberg stellt maßgeblich darauf ab, dass die Türen, zwar
nach Aufmaß, ansonsten aber ohne Montageverpflichtung zu liefern waren. Der Türenhersteller
schuldete nach dem Vertrag keine Arbeiten an einem bestehenden Gebäude. Die Montage war
ausdrücklich nicht vom Vertrag umfasst. Es handelt sich daher um einen Werklieferungsvertrag
gem. § 651 BGB:
(Anwendung des Kaufrechts) Auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu
erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, finden die Vorschriften über den Kauf
Anwendung...
Bei Kaufverträgen gilt, soweit beide Parteien Kaufleute im Sinne des HGB sind, auch § 377
HGB:
(Untersuchungs- und Rügepflicht) (1) Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat
der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach
ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt,
dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.
(2) Unterlässt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, dass es sich
um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war."
Das OLG Nürnberg begründet hier eingehend, dass der Mangel, nämlich die fehlende Abriebfestigkeit des Lackes, durch einen einfachen technischen Versuch erkennbar gewesen wäre.
Aufwendige chemische Untersuchungen wären nicht nötig gewesen.
Zwar habe der Hersteller die Türen nach vorgegebenen Maßen fertigen müssen. Seine
Verpflichtung erschöpft sich aber auf die Herstellung und Lieferung der Türen, unter
Berücksichtigung dieser Maße. Einen weitergehenden Erfolg im Sinne des Werkvertragsrechts
schuldete er nicht, so dass der Vertrag vertretbar als Werklieferungsvertrag einzuordnen ist.
Da die Rüge unverzüglich erfolgen muss, ist eine Mängelrüge mehr als zwei Monate nach Ablie-
ferung auf der Baustelle verspätet.
3. Hinweis für die Baupraxis:
Die kaufmännische Untersuchungs- und Rügepflicht gilt nur für Kaufleute, also im
Handelsregister eingetragene Betriebe bzw. sonstige Personen, die einen in "kaufmännischer
Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb" unterhalten. Eine sofortige Wareneingangskontrolle ist
daher auch auf der Baustelle unerlässlich. Der BGH hat die Entscheidung im Übrigen mit
Nichtzulassungsbeschwerde vom 28.09.2006 bestätigt.
7.
Leistungsverweigerungsrecht des Auftragnehmers bei Streit über Nachtragspreis? - OLG
Düsseldorf, Urteil vom10.11.2005
1. Der Sachverhalt:
Der Auftraggeber ordnet nach Vertragsschluss eine Leistungsänderung nach § 1 Nr. 3 i. V. m.
§ 2 Nr. 5 VOB/B an.
Die geänderte Leistung bedeutet für den Auftragnehmer einen erheblich höheren Aufwand. Der
Auftragnehmer schickt einen "Nachtrag" und erklärt weiterhin, dass er ohne Unterzeichnung des
Nachtrages die Arbeiten nicht ausführen werde.
Der Auftraggeber setzt eine Nachfrist und entzieht daraufhin aus wichtigem Grund den Auftrag
§ 8 Nr. 3 VOB/B.
Der Auftraggeber rechnet die vom Auftragnehmer bereits erbrachten Leistungen ab und klagt
eine seiner Ansicht nach erfolgte Überzahlung ein. Der Auftragnehmer beruft sich auf § 8 Nr. 1
VOB/B und beansprucht die volle Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen.
2. Die Entscheidung:
Das OLG Düsseldorf hat den Auftragnehmer zur Rückzahlung verurteilt.
Die Kündigung des Auftraggebers ist nach Ansicht des OLG Düsseldorfs aus wichtigem Grund
zu Recht erfolgt. Nach § 2 Nr. 5 VOB/B soll möglichst vor Beginn der Ausführung eine
Vereinbarung über geänderte Preise getroffen werden. Eine zwingende Voraussetzung ist dies
jedoch
nicht.
Ein
Leistungsverweigerungsrecht
wegen
Nichtunterzeichnung
der
Nachtragsvereinbarung besteht nur dann, wenn bereits feststeht, dass der Auftraggeber die
geforderten Mehrkosten nicht bezahlen wird.
Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Auftraggeber dem Nachtragsverlangen des Auftragnehmers eindeutig und grundlos und wiederholt ausweicht oder zweifelsfrei sachfremde
Erwägungen anführt, um sich seiner rechtlichen Verpflichtung zu entziehen.
3. Hinweis für die Baupraxis:
Jedem Auftragnehmer ist zu raten, die Nachtragsforderung prüfbar und nachvollziehbar
aufzustellen. Dies gilt sowohl bei geänderter Leistung wie auch bei reinen Zusatzleistungen.
Jedem Auftraggeber ist anzuraten, in Zweifelsfällen zumindest die Erklärung abzugeben, dass
berechtigte Nachtragsforderungen auch bezahlt werden.
8.
Leistungsverweigerungsrecht des Auftraggebers, der die geforderte Sicherheit nach § 648a
BGB nicht stellt? - BGH, Urteil vom 13.01.2005
1. Der Sachverhalt:
Nach Abnahme und Schlussrechnungslegung wendet der Auftraggeber gegen eine noch offene
Restforderung Mängelansprüche ein und setzt Frist zur Mängelbeseitigung.
Der Auftragnehmer "verteidigt" sich mit einem Verlangen nach Bauhandwerkersicherheit gem.
§ 648 a BGB und setzt ebenfalls Frist mit der Ankündigung, dass die Leistung verweigert wird,
wenn die Sicherheit nicht fristgerecht erbracht werde. Später setzt er Nachfrist und droht die
Kündigung des Vertrages an. Auch diese Nachfrist verstreicht.
Der Auftragnehmer klagt den Werklohn ein.
2. Die Entscheidung:
Der Auftragnehmer bekommt den Werklohn zugesprochen, soweit seine Leistung mangelfrei ist.
Der
Auftragnehmer
hat
auch
nach
der
Abnahme
die
Möglichkeit,
ein
Leistungsverweigerungsrecht geltend zu machen, wenn die zu Recht beanspruchte Sicherheit
nicht gestellt wird. Er hat weiterhin das Recht, auch nach Abnahme sich von seiner Pflicht zur
Mängelbeseitigung dadurch zu befreien, dass er eine Nachfrist zur Sicherheitsleistung setzt,
verbunden mit der Ankündigung, die Mängelbeseitigung danach zu verweigern. Läuft diese Frist
ergebnislos ab, ist er von der Mängelbeseitigungspflicht befreit und kann seinen
Vergütungsanspruch durchsetzen.
Der BGH kürzt den Vergütungsanspruch in sinngemäßer Anwendung des § 645 Abs. 1 Satz 1
BGB auf den Wert, der infolge eines Mangels entstanden ist. Sofern die Mangelbeseitigung
möglich ist und nicht wegen unverhältnismäßig hoher Kosten verweigert werden kann, ist die
Vergütung regelmäßig um die Kosten zu kürzen, die notwendig sind, um den Mangel beseitigen
zu lassen, sonst um den Minderwert des Bauwerks.
3. Hinweis für die Baupraxis:
Die Entscheidung behandelt die in der Praxis immer wieder vorkommende "Pattsituation". Der
Auftraggeber macht nach Abnahme und Erhalt der Schlussrechnung Mängel geltend und
versucht einen Ersatzvornahmeanspruch herbeizuführen. Der Auftragnehmer "verteidigt" sich
mit dem Verlangen nach Bauhandwerkersicherheit. Mittlerweile geklärt ist, dass der
Unternehmer auch nach der Abnahme, Bauhandwerkersicherheit verlangen darf.
Bringt der Auftragnehmer seine Nachbesserungsverpflichtung durch die Androhung der Vertragskündigung nicht zu Fall, bleibt die "Pattsituation" bestehen. Es stehen sich die Leistungsverweigerungsrechte gegenüber. In diesem Fall ist der sogenannte "Wettlauf der Fristen" zu
beachten! Läuft die vom Auftraggeber gesetzte Frist zur Mängelbeseitigung vor der vom
Auftragnehmer gesetzten Frist zur Sicherheitsleistung ab, entsteht grundsätzlich auf Seiten des
Auftraggebers ein auf Geldzahlung gerichteter Mängelanspruch (gleich ob vor oder nach
Abnahme). Der Auftraggeber ist dann berechtigt, die Kosten der Ersatzvornahme zu verlangen.
Läuft jedoch die vom Auftragnehmer gesetzte Frist zur Sicherheitsleistung vor der ihm gesetzten
Frist zur Mängelbeseitigung ab, entsteht kein auf Geldzahlung gerichteter und damit
aufrechenbarer Anspruch des Auftraggebers. Er kann die Kosten der Ersatzvornahme dann
nicht geltend machen. Die durch die berechtigte Kündigung des Auftraggebers bereits
entstandenen Ansprüche bleiben durch das Sicherungsbegehren nach Ansicht des BGH
unberührt.
Dem Auftragnehmer ist aber nicht in jedem Fall zu empfehlen, die Kündigung des Vertrages mit
Nachfrist anzudrohen. Die Aufhebung des Vertrages wegen nicht gestellter Sicherheiten, kann
zu höchst unangenehmen Folgen für den Auftragnehmer führen. Zwar hat der Auftraggeber
zunächst keine vertraglichen Mängelrechte mehr. Der Auftragnehmer ist auch nicht mehr
verpflichtet, Nachbesserung zu leisten. Der Auftragnehmer kann seine Vergütung allerdings nur
noch für die erbrachten Leistungen verlangen. Mängel werden "abgezogen", das heißt, die
Vergütung wird entsprechend gemindert. Anzusetzen sind hier grundsätzlich die Kosten der
Mängelbeseitigung durch ein Drittunternehmen, so dass im ungünstigsten Fall der
Auftragnehmer überzahlt ist und sich gegen den entsprechenden Anspruch des Auftraggebers
nicht mehr wehren kann. Sein Nacherfüllungsrecht hat er ja selbst beseitigt.
Der Auftragnehmer muß daher darauf achten, den Vertrag zu Fall zu bringen, bevor ein auf Geld
gerichteter Mängelanspruch des Auftraggebers entsteht. Dann muss er nur noch die Kosten der
Mängelbeseitigung fürchten.
Der Auftraggeber muß darauf achten, ob die von ihm gesetzte Frist zur Nacherfüllung kürzer ist
als die des Auftragnehmers zur Sicherheitsleistung. Gelingt dies nicht, muss der Auftraggeber
sich mit der Mängelproblematik beschäftigen (reicht der Abzug aus?). Gegebenenfalls ist ihm
aber auch anzuraten, die geforderte Sicherheit zu stellen, wenn er nicht mit anderen
Ansprüchen die Aufrechnung erklären kann.
Jede gesetzte Frist muß natürlich angemessen sein!
9.
Architekt zahlt Honorar nach neun Jahren zurück, OLG Naumburg, Urteil vom 21.12.2006
1. Der Sachverhalt:
Ein Landkreis beauftragt Anfang 1993 einen Architekten mit der Planung einer
Mehrfachturnhalle. Im Laufe des Jahres kommt es zu einem Planungsstopp. Der Architekt
rechnet die Leistungsphasen 1 bis 5 ab, obwohl er die Planung nur bis zur Leistungsphase 2
erbracht hat. Die Rechnung wird bezahlt!
Später wird das Planungskonzept geändert. Der Architekt plant in den Jahren 1997 bis 1999
anstelle der Mehrfachturnhalle eine Dreifeldsporthalle. Die gesamte Planungstätigkeit wird
abgerechnet und bezahlt.
Im Jahre 2002 klagt der Landkreis auf Rückzahlung des Honoraranteils für die Leistunsgphasen
3 bis 5 betreffend die Mehrfachturnhalle. Der Architekt beruft sich auf die im Vertragsmuster
enthaltene zweijährige Verjährung sowie Verwirkung und Entreicherung.
2. Die Entscheidung:
Der Architekt wird zur Rückzahlung des Honorars verurteilt.
Das OLG Naumburg lässt die im Vertrag vereinbarte zweijährige Verjährungsfrist als
unbeachtlich dahinstehen. Eine formularmäßige Verkürzung der Frist sei unwirksam. Für
Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 BGB, gilt bis 31.12.2001 in jedem
Falle die alte 30-jährige Verjährungsfrist.
Auch die Einwände des Architekten, er habe mit dem Honorar seine Bürokosten bestritten sowie
eine Urlaubsreise bezahlt, lässt das OLG nicht gelten. Der Architekt habe in jedem Falle damit
rechnen müssen, dass seine Abrechnung durch den zuständigen Rechnungshof überprüft wird.
3. Hinweis für die Baupraxis:
Ab 01.01.2002 gilt für derartige Ansprüche lediglich eine Verjährungsfrist von drei Jahren. Die
Verkürzung der Verjährungsfrist von Ansprüchen gegen den Architekten in einem
Formularvertrag, ist unwirksam. Es genügt auch nicht, die Verjährungsfrist maschinenschriftlich
in einen Formularvertrag einzusetzen.
Der BGH hat die Entscheidung mit Nichtzulassungsbeschwerde vom 26.09.2007 bestätigt.
10.
Vergütungspflichtige Zusatzleistung oder "kostenlose" Mängelbeseitigung? - BGH, Urteil vom
26.04.2005
1. Der Sachverhalt:
Nach Ausführung einer Bauleistung und innerhalb der Verjährungsfrist gem. § 13 Ziff. 5 VOB
kommt es zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zum Streit. Der Auftraggeber ist der
Ansicht, die Leistung sei mangelhaft und verlangt Nachbesserung. Der Auftragnehmer ist der
Ansicht, ein Mangel bestehe nicht. Er schickt dem Auftraggeber gem. § 2 Nr. 6 einen
"Nachtrag".
Der Auftraggeber ist auf die Leistung des Auftragnehmers angewiesen und unterzeichnet den
Nachtrag.
Später stellt sich heraus, dass die in der Nachtragsvereinbarung enthaltenen Arbeiten
tatsächlich zum ursprünglichen Vertrag gehörten und damit im Zuge der Mängelbeseitigung vom
Auftragnehmer zu erbringen gewesen wären.
Der Auftragnehmer beruft sich auf die Unterschrift und klagt die "Nachtragsforderung" ein.
2. Die Entscheidung:
Die Klage wird abgewiesen. Mängelbeseitigungsarbeiten sind vom ursprünglichen
Leistungsumfang umfasst und mit der vertraglich vereinbarten Vergütung abgegolten. Hieran
ändert grundsätzlich auch die Unterzeichnung eines "Nachtrages" nichts. Etwas Anderes gilt nur
dann, wenn der Auftraggeber die gesonderte Vergütungspflicht selbständig anerkannt oder sich
die Vertragsparteien gerade in Ansehung dieser Frage verglichen haben. Erforderlich ist in
jedem Falle eine Erklärung beider Seiten, dass eine zusätzliche Vergütung ohne Rücksicht auf
die schon bestehenden Leistungspflichten des Auftragnehmers bezahlt werden soll. Hiervon
kann regelmäßig nicht ausgegangen werden.
Dem Auftragnehmer hilft es auch nicht, den Auftrag nochmals schriftlich zu bestätigen und sich
sodann auf die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben zu berufen. Der
Auftraggeber muss auf ein derartiges Bestätigungsschreiben nicht antworten, wenn er bereits
bei früheren Vereinbarungen und Gesprächen deutlich gemacht hat, dass er nicht zahlen will.
3. Hinweis für die Baupraxis:
Dem Auftraggeber ist in jedem Falle zu raten, stets deutlich zu machen, dass er auf
Nacherfüllung besteht und einen eventuellen Nachtrag auch nur unter Vorbehalt unterzeichnet.
Diese Erklärung sollte auch bei einer entsprechenden Auftragsbestätigung des Auftragnehmers
aus Sicherheitsgründen wiederholt werden!
Dem Auftragnehmer ist in Zweifelsfällen zu raten, dem Auftraggeber nachvollziehbar zu
erklären, dass er die verlangte Leistung nur gegen Vergütung ausführt. Er sollte ein
entsprechendes Angebot übersenden. Will der Auftragnehmer nicht die Kündigung durch den
Auftraggeber riskieren, sollte er auch bei Nichtunterzeichnung des Angebotes klarstellen, dass
er für den Fall, dass es sich nicht um Mängelbeseitigung handelt, nur gegen Vergütung tätig
wird. Gegebenenfalls ist Bauhandwerkersicherheit zu verlangen.