Landesanwaltschaft Bayern

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Landesanwaltschaft Bayern
Leitsatz:
Hat die Fahrerlaubnisbehörde für die Erteilung einer Fahrerlaubnis die Beibringung eines
medizinisch-psychologischen Gutachtens gefordert und die Erteilung wegen Nichtvorlage
des Gutachtens abgelehnt, kann sich der Betroffene nur dann auf ein Rehabilitierungsinteresse berufen, wenn die Beibringungsanordnung wegen besonderer Umstände des Einzelfalls eine diskriminierende Wirkung hat.
Hinweise:
1. Vom Kläger und Berufungsbeklagten war wegen Hinweisen auf Alkoholmissbrauch
die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens verlangt worden. Das Fehlen einer rehabilitationsbedürftigen Diskriminierung (und damit das Fehlen einer Zulässigkeitsvoraussetzung für den vorliegend zuletzt gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag) hat das Bundesverwaltungsgericht daraus hergeleitet, dass zum Einen der behördlich geäußerte Verdacht des Alkoholmissbrauchs nicht auf einer unsachgemäßen Einschätzung beruhte und zum Anderen
Adressat der Beibringungsanordnung nur der Fahrerlaubnisbewerber selbst war, für
ihn also keine Gefahr der Herabsetzung in der Öffentlichkeit bestand. Im Hinblick
auf den letztgenannten Gesichtspunkt stellt der Senat die – beschränkte – Reichweite des Urteils vom 23.10.1980, BVerwG 2 A 4.78, klar, auf das sich die Vorinstanz (BayVGH, Urteil vom 02.12.2011, 11 B 11.246, Rhn. 16) maßgeblich berufen
hatte.
2.
Angesichts der Unzulässigkeit des Fortsetzungsfeststellungsantrags musste das
Bundesverwaltungsgericht nicht in eine Begründetheitsprüfung einsteigen. In einem
obiter dictum wurde gleichwohl ausgeführt, der durch § 11 Abs. 8 FeV erlaubte
Schuss auf die Nichteignung bedeute zugleich, dass auch im Neuerteilungsverfahren (auf der Basis des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d und e FeV) ein Gutachten angefordert werden dürfe (auch insoweit entgegen Vorinstanz BayVGH, Urteil vom
02.12.2011, 11 B 11.246, Rn. 18).
-2-
BVerwG 3 C 6.12
V GH 11 B 11.246
Verkündet
2
am 1. Mä rz 20 13
Bä rhold
kund
als Ur
sbeamtin der Gesc häftsstelle
In der Verwaltungsst re itsac he
%2%
hat der 3. Se nat des Bundesverwaltungsgeric hts
a uf die münd lic he Verha nd lung vom 2 1. Mä rz 20 13
durc h de n Vors itze nde n Ric hter am Bundesverwaltungsgeric ht Kley
und die Ric hter am Bundesverwaltungsgeric ht Liebler, Buc hhe ister,
die Ric hterin am Bundesverwaltungsgeric ht Dr. Kuhlma nn und
de n Ric hter am Bundesverwaltungsgeric ht Rothfuß
für Rec ht erka nnt:
Das Urte il des Bayerisc he n Verwaltungsgeric hts hofs vom
2 . Dezember 20 11 w ird geändert .
Die Berufung des Klägers gege n das Urte il des Verwal%
tungsgeric hts A ugsburg vom 4 . Ma i 2009 w ird z urüc kge%
w iese n.
Der Kläger t rägt die Koste n des Berufungs% und des Rev i%
s io nsverfa hre ns.
G r ü nd e :
I
1
Der Kläger bea nt ragt die Feststellung , dass der Be klagte verpf lic htet war, ihm
die bea nt ragte Fa hrerla ubnis o hne die vorherige Be ibring ung e ines mediz i%
nisc h% psyc holog isc he n Gutac hte ns z u erte ile n.
2
Im Ma i 2005 w urde der Kläger wege n e iner Trunke nhe itsfa hrt mit e iner Blutal%
ko holko nze nt ratio n vo n 1,32 Promille rec hts kräftig verurte ilt; ihm w urde die
Fa hrerla ubnis e ntzoge n. Im Ja nuar 2006 w urde dem Kläger erne ut e ine Fa hr%
erla ubnis erte ilt . Im September desselbe n Ja hres erhielt die Fa hrerla ubnisbe%
hö rde vo n der Polize i die Mitte ilung , dass der Kläger Ca nnabis ko ns umiere. In
dem ä rzt lic he n Gutac hte n, das der Kläger a uf A nforderung der Fa hrerla ubnis%
%3%
be hö rde im Februar 2007 vorlegte , w ird gelege nt lic her Ca nnabis ko ns um fest%
gestellt und das Vorliege n vo n Betäubungsmittelabhäng ig ke it verne int; aller%
dings läge n Hinwe ise a uf ze itwe ise n Alko holmissbra uc h vor. A ufgrund desse n
forderte die Fa hrerla ubnisbe hö rde de n Kläger a uf , e in mediz inisc h%
psyc holog isc hes Fa hre ig nungsg utac hte n be iz ubringe n. Nac hdem der Kläger
dieser A ufforderung nic ht nac hkam, e ntzog ihm die Fa hrerla ubnisbe hö rde a uf
der Grund lage vo n § 11 Abs. 8 der Fa hrerla ubnis%Verordnung (FeV) mit be%
sta nds kräftigem Besc he id vom 22 . Ja nuar 2008 die Fa hrerla ubnis.
3
Im Mä rz 2008 bea nt ragte der Kläger dere n Ne uerte ilung. Die Fa hrerla ubnisbe%
hö rde forderte ihn unter Hinwe is a uf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buc hst . a FeV w ieder z ur
Vorlage e ines mediz inisc h% psyc holog isc he n Gutac hte ns a uf . Dieses Gutac hte n
lie ß der Kläger zwar erstelle n, legte es aber w iederum nic ht vor. Mit Besc he id
vom 18. September 2008 le hnte die Be hö rde se ine n A nt rag gestützt a uf § 11
Abs. 8 FeV mit der Begründung ab, er habe e in Fa hre ig nungsg utac hte n nic ht
be igebrac ht; desse n Vorlage se i im Hinblic k a uf se ine Trunke nhe itsfa hrt , die
Hinwe ise a uf Alko holmissbra uc h im ä rzt lic he n Gutac hte n und die vora ngega n%
ge ne Fa hrerla ubnise ntz ie hung z u Rec ht gefordert worde n.
4
Die vom Kläger hiergege n erhobe ne Verpf lic htungs klage hat das Verwaltungs%
geric ht abgew iese n. Das Gutac hte n se i gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buc hst . d FeV
z u Rec ht a ngefordert worde n, da dem Kläger die Fa hrerla ubnis wege n Alko%
holmissbra uc hs besta nds kräftig e ntzoge n worde n se i. Das Verla nge n hätte
a uc h a uf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buc hst . a FeV gestützt werde n könne n, nac hdem
der Kläger bere its e inmal alko holbedingt im St ra ße nverke hr a uffä llig geworde n
se i und s ic h a us dem Gutac hte n vom 26. Ja nuar 2007 Hinwe ise a uf Alko hol%
missbra uc h ergebe n hätte n.
5
Mit der Berufung hat der Kläger se ine n Ne uerte ilungsa nt rag z unäc hst we iterver%
folgt . Im November 20 10 hat er vo n der Fa hrerla ubnisbe hö rde die bea nt ragte
Fa hrerla ubnis erhalte n, nac hdem er ihr e in pos itives mediz inisc h%
psyc holog isc hes Gutac hte n vorgelegt hatte. Der Kläger hat dara ufhin die Fort%
führung des Verfa hre ns als Fortsetz ungsfeststellungs klage bea nt ragt . Se in
Feststellungs interesse ergebe s ic h a us der vo n ihm beabs ic htigte n Gelte nd ma%
%4%
c hung vo n Sc hade nsersatza nsprüc he n, a ußerdem beste he W iederholungsge%
fa hr.
6
Der Verwaltungsgeric hts hof hat das Urte il des Verwaltungsgeric hts a ufge hobe n
und festgestellt , dass der Be klagte verpf lic htet war, de n A nt rag des Klägers a uf
Ne uerte ilung e iner Fa hrerla ubnis „pos itiv z u verbesc he ide n“ . Z ur Begründung
he ißt es : Die Klage se i als Fortsetz ungsfeststellungs klage z uläss ig ; der Kläger
habe e in berec htigtes Interesse a n der bege hrte n Feststellung. Ein solc hes In%
teresse ergebe s ic h zwar nic ht a us der vo n ihm a nge kündigte n Gelte nd ma%
c hung vo n Sc hade nsersatza nsprüc he n, doc h habe der Kläger e in Re habilitie%
rungs interesse. In der Rec htsprec hung des Bundesverwaltungsgeric hts se i a n%
erka nnt , dass die A ufforderung z u e iner psyc hiat risc he n Unters uc hung e in sol%
c hes Interesse begründe n könne. A ußerdem habe die Be ha uptung der Fa hr%
erla ubnisbe hö rde , be im Kläger bestünde n Fa hre ig nungszwe ifel im Z usamme n%
ha ng mit Alko holmissbra uc h, im Hinblic k a uf se in Persönlic hke itsrec ht e ine dis%
kriminiere nde W irkung. Die Fortsetz ungsfeststellungs klage se i a uc h begründet;
vom Kläger habe die Be ibring ung e ines mediz inisc h% psyc holog isc he n Fa hre ig%
nungsg utac hte ns nic ht gefordert werde n dürfe n. Diese A ufforderung lasse s ic h
nic ht a uf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buc hst . d FeV stütze n. Dem Kläger se i die Fa hr%
erla ubnis nic ht % w ie dort vora usgesetzt % a us e inem der in § 13 Satz 1 Nr. 2
Buc hst . a bis c FeV ge na nnte n Gründe e ntzoge n worde n; die Fa hrerla ubnise nt%
z ie hung habe a uf § 11 Abs. 8 FeV beruht . Die Tat besta ndsw irkung e iner sol%
c he n Entz ie hung ge he nic ht da hin, dass ma ngelnde Fa hre ig nung a us dem in
der Gutac hte nsa nforderung ge na nnte n Grund vorliege. A uc h § 13 Satz 1 Nr. 2
Buc hst . a FeV rec htfertige die Be ibring ungsa nordnung nic ht . Diese Regelung
erla ube in Fä lle n, in de ne n % w ie hier % nur e ine e inmalige Trunke nhe itsfa hrt mit
e inem Blutalko holge halt vo n unter 1,6 Promille vorliege , die A nforderung e ines
mediz inisc h% psyc holog isc he n Gutac hte ns nur, we nn es z usätzlic h ko nkrete A n%
ze ic he n für Alko holmissbra uc h im st ra ße nverke hrsrec ht lic he n Sinn gebe. Hier
spräc he n zwar A nze ic he n dafür, dass der Kläger ze itwe ise Alko hol in unz ut räg%
lic he n Me nge n ko ns umiert habe , es fe hle aber e in z umindest mittelbarer Z u%
samme nha ng mit der Te ilna hme am St ra ße nverke hr.
%5%
7
Z ur Begründung se iner % vom Berufungsgeric ht wege n grundsätzlic her Bede u%
tung der Rec htssac he z ugelasse ne n % Rev is io n mac ht der Be klagte gelte nd: Die
Umstellung a uf e ine Fortsetz ungsfeststellungs klage se i unz uläss ig , we il der
Kläger ke in berec htigtes Interesse a n der bege hrte n Feststellung habe. Zwar
könne nac h der Rec htsprec hung des Bundesverwaltungsgeric hts die A ufforde%
rung z u e iner psyc hiat risc he n Unters uc hung e in Re habilitatio ns interesse be%
gründe n. Doc h habe hier z u ke inem Ze it punkt a uc h nur die Möglic hke it e iner
psyc hisc he n Stö rung des Klägers im Ra ume gesta nde n. Das Berufungsgeric ht
verke nne a ußerdem, dass s ic h e ine dis kriminiere nde W irkung nic ht bere its a us
Zwe ifeln am Ges undhe itsz usta nd , so ndern erst a us de n beso ndere n Umstän%
de n des Einzelfalles ergebe n könne. Erst rec ht fe hle e ine dis kriminiere nde W ir%
kung , we nn mit dem a ngeforderte n Gutac hte n nur das Vorliege n vo n Alko hol%
missbra uc h abge klä rt werde n solle. Beso ndere Umstände , die über das Ä ußern
alko holbedingter Fa hre ig nungszwe ifel durc h de n Be klagte n hina usg inge n, lä%
ge n nic ht vor.
8
Der Kläger t ritt der Rev is io n e ntgege n. Tatsac he n im Sinne des § 13 Satz 1 Nr.
2 Buc hst . a FeV , die be i ihm die A nna hme vo n Alko holmissbra uc h begründete n,
läge n nic ht vor. Er habe e in Re habilitierungs interesse , nac hdem die Be ha up%
tung des Be klagte n im Ra um ste he , er se i „e in Säufer, der regelmäßig Alko hol
ko ns umiere und damit nic ht me hr Herr se iner Sinne“ se i. Hilfswe ise werde die
Z urüc kverwe is ung a n das Berufungsgeric ht z ur we itere n A ufklä rung der Tatsa%
c he n bea nt ragt .
9
Nac h A uffass ung des Vert reters des Bundes interesses be im Bundesverwal%
tungsgeric ht und des Bundesministeriums für Verke hr, Ba u und Stadte ntw ic k%
lung ist das Berufungs urte il unz ut reffe nd . Be i der Vorgesc hic hte des Klägers se i
die in de n Ra um gestellte Möglic hke it vo n Alko holmissbra uc h nic ht dis kriminie%
re nd . Z udem habe es A nhaltspunkte für e ine n Me hrfac hmissbra uc h vo n Ca n%
nabis und Alko hol gegebe n. Die Begründung des Besc he ides e nthalte ke ine n
gege n die Perso n des Klägers geric htete n Vorw urf . Dort werde nur festgestellt ,
dass die Frage e ines Alko holmissbra uc hs durc h e in mediz inisc h%
psyc holog isc hes Gutac hte n ge klä rt werde n solle. Gege n e in Re habilitierungs in%
%6%
teresse sprec he sc hlie ßlic h, dass der Able hnungsbesc he id nac h der Erte ilung
der Fa hrerla ubnis nic ht me hr fortw irke.
II
10
Die Rev is io n des Be klagte n ist begründet . Die vom Kläger nac h Erte ilung der
bege hrte n Fa hrerla ubnis mit e inem Fortsetz ungsfeststellungsa nt rag we iterge%
führte Klage hätte in der Berufung o hne Erfolg ble ibe n müsse n, we il dem Kläger
das hierfür erforderlic he berec htigte Interesse fe hlt . Das Berufungsgeric ht hat
die vom Kläger bege hrte Feststellung da her sc ho n a us prozess uale n Gründe n
z u Unrec ht get roffe n. Dieser Versto ß gege n Bundesrec ht (§ 13 7 Abs. 1 VwGO)
führt z ur Ä nderung des Berufungs urte ils und z ur Z urüc kwe is ung der Berufung.
11
Währe nd des Berufungsverfa hre ns hat s ic h, we il dem Kläger die bege hrte
Fa hrerla ubnis erte ilt w urde , se in ursprünglic h verfolgtes Verpf lic htungsbege hre n
erledigt . Der nun gestellte Feststellungsa nt rag ist nac h § 113 Abs. 1 Satz 4
VwGO, der a uf die Fä lle e ines erledigte n Verpf lic htungsbege hre ns e ntspre%
c he nd a nwe nd bar ist (stRspr; vgl. u.a. Urte il vom 27. Mä rz 1998 % BVerwG 4 C
14 .96 % BVerwGE 106 , 295 <296> m.w.N.), nur da nn z uläss ig , we nn der Kläger
e in berec htigtes Interesse a n der bege hrte n Feststellung hat . Ein solc hes Inte%
resse ka nn rec ht lic her, w irtsc haft lic her oder a uc h ideeller Natur se in. Entsc he i%
de nd ist , dass die geric ht lic he Entsc he idung gee ig net ist , die Pos itio n des Klä%
gers in de n ge na nnte n Bere ic he n z u verbessern (stRspr; vgl. u.a. Besc hluss
vom 4 . Mä rz 1976 % BVerwG 1 W B 54 .74 % BVerwGE 53 , 134 <13 7>). Für die
Be urte ilung des Fortsetz ungsfeststellungs interesses als Sac he ntsc he idungsvo%
ra ussetz ung kommt es nic ht a uf de n Ze it punkt des Eint ritts der Erledig ung ,
so ndern im Regelfall a uf de n Sc hluss der letzte n münd lic he n Verha nd lung oder
be i e iner Entsc he idung o hne münd lic he Verha nd lung a uf de n Entsc he idungs%
ze it punkt a n (Urte il vom 27. Mä rz 1998 a.a.O. S. 299).
12
1. Ein berec htigtes Interesse im Sinne vo n § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ka nn der
Kläger nic ht dara us herle ite n, dass er % w ie er be im Überga ng a uf de n Feststel%
lungsa nt rag vorget rage n hatte % e ine n Sc hade nsersatza nspruc h wege n der u.a.
für die Beg utac htung e ntsta nde ne n Koste n gelte nd mac he n w ill. Ein möglic her
% 7%
Amts haftungsa nspruc h w ürde sc ho n dara n sc he itern, dass das Verwaltungsge%
ric ht in Kammerbesetz ung % und damit e in Kolleg ialgeric ht % die A ufforderung
des Klägers z ur Be ibring ung e ines mediz inisc h% psyc holog isc he n Gutac hte ns für
rec ht mäßig ge halte n hat . Damit ka nn der Kläger das Vorliege n e iner sc huldhaf%
te n Amtspf lic htverletz ung nic ht dartun, der beabs ic htigte Z iv ilprozess wä re of%
fe ns ic ht lic h a uss ic htslos. Sowo hl vom Bundesverwaltungsgeric ht (stRspr; vgl.
u.a. Urte ile vom 3. J uni 2003 % BVerwG 5 C 50 .02 % Buc hholz 310 § 113 Abs. 1
VwGO Nr. 17 und vom 22 . Ja nuar 1998 % BVerwG 2 C 4 .97 % Buc hholz 310 §
161 VwGO Nr. 113 ) als a uc h vo n de n für die Durc hführung vo n Amts haftungs%
prozesse n z uständige n Z iv ilgeric hte n (vgl. etwa BGH, Urte il vom 28. November
2002 % III Z R 122/02 % NVwZ% RR 2003 , 166 ) w ird als Regel a nge nomme n, dass
e ine n Beamte n ke in Versc hulde n t rifft , we nn e in mit me hrere n Berufsric htern
besetztes Kolleg ialgeric ht die Amtstätig ke it als obj e ktiv rec ht mäßig a ngese he n
hat (sog. „ Kolleg ialgeric hts% Ric ht linie“). Dass es s ic h hier um e in erstinsta nzli%
c hes Geric ht ha ndelt und desse n Entsc he idung im Berufungsverfa hre n ke ine n
Besta nd hatte , ist für die sc hulda ussc hlie ße nde W irkung der Kolleg iale ntsc he i%
dung unerheblic h (stRspr; vgl. u.a. Urte ile vom 3. J uni 2003 a.a.O. Rn. 9
m.w.N.). So nstige , versc hulde ns unabhäng ige Sc hade nsersatza nsprüc he des
Klägers s ind nic ht ers ic ht lic h.
13
2 . Es beste ht a uc h ke in Feststellungs interesse wege n W iederholungsgefa hr.
Sie setzte vora us , dass a uc h in Z ukunft die gle ic he n tatsäc hlic he n und rec ht li%
c he n Verhä ltnisse beste he n w ie in dem für die Be urte ilung der erledigte n Ma ß%
na hme ma ßgeblic he n Ze it punkt (stRspr; vgl. u.a. Urte il vom 11. November 1999
% BVerwG 2 A 5 .98 % Buc hholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 8 Rn. 15 m.w.N.).
Eine solc he unverändert fort beste he nde Sac hlage g ibt es hier nic ht . Nac hdem
der Kläger die bege hrte Fa hrerla ubnis erhalte n hat , ist die erne ute A ufforderung
z ur Be ibring ung e ines mediz inisc h% psyc holog isc he n Gutac hte ns nic ht z u erwar%
te n, es se i de nn, es sollte n s ic h ne ue A nhaltspunkte für e ine n Eig nungsma ngel
ergebe n.
14
3. Sc hlie ßlic h ka nn der Kläger die Z uläss ig ke it se ines Fortsetz ungsfeststel%
lungsa nt rags nic ht mit e inem Re habilitierungs interesse begründe n.
%8%
15
Das Verla nge n nac h Re habilitierung begründet nac h ständiger Rec htsprec hung
e in Feststellungs interesse nur da nn, we nn es be i vernünftiger W ürdig ung der
Verhä ltnisse des Einzelfalls als sc hutzw ürdig a nz uerke nne n ist . Dafür re ic ht es
nic ht a us , dass der Bet roffe ne die vo n ihm bea nsta ndete Ma ßna hme als dis kri%
miniere nd empfunde n hat . Ma ßgebe nd ist v ielme hr, ob be i obj e ktiver und ver%
nünftiger Bet rac htungswe ise abt räglic he Nac hw irkunge n der Ma ßna hme fort be%
ste he n, de ne n durc h e ine geric ht lic he Feststellung der Rec htsw id rig ke it des
Verwaltungs ha ndelns w irksam begeg net werde n könnte (Urte il vom 11. No%
vember 1999 a.a.O. Rn. 16 f .).
16
Eine dis kriminiere nde W irkung erg ibt s ic h regelmäßig nic ht alle in a us dem Um%
sta nd , dass e in A nt rag a uf Fa hrerla ubniserte ilung a uf der Grund lage vo n § 11
Abs. 8 FeV abgele hnt w urde. Vora ussetz ung für e ine solc he Able hnung ist le%
diglic h, dass e in z u Rec ht a ngefordertes Fa hre ig nungsg utac hte n nic ht be ige%
brac ht w urde. Die Prüfung des Vorliege ns e iner re habilitierungsbedürftige n Dis%
kriminierung verlagert s ic h damit im Wese nt lic he n a uf die Gründe , a ufgrund
derer die Be hö rde vom Bet roffe ne n die Be ibring ung e ines Fa hre ig nungsg utac h%
te ns fordert . Dabe i ist insbeso ndere in de n Blic k z u ne hme n, a uf welc he ge%
s undhe it lic he n oder so nstige n fa hre ig nungsreleva nte n Mängel s ic h die Fa hr%
erla ubnisbe hö rde dabe i berufe n hat und in welc her Art und We ise sow ie in wel%
c her Form das gesc he he n ist . Für die z u klä re nde Frage e iner fortda uernde n
Bee int räc htig ung des Bet roffe ne n in se ine n Persönlic hke itsrec hte n sow ie e ines
dara us res ultiere nde n Re habilitierungs interesses ist noc h nic ht z u prüfe n, ob
mit de n vo n der Fa hrerla ubnisbe hö rde für das Vorliege n vo n Eig nungszwe ifeln
a ufgeführte n Umstände n a uc h die rec ht lic he n Vora ussetz unge n für e ine Gut%
ac hte nsa nforderung erfüllt werde n. Das ist , falls e in Re habilitierungs interesse
a nz uerke nne n ist , da nn erst e ine Frage der Begründethe it des Feststellungsa n%
t rags.
17
Im Fall des Klägers ware n nac h der Einsc hätz ung der Fa hrerla ubnisbe hö rde
Eig nungszwe ifel wege n e ines be i ihm möglic herwe ise vorliege nde n Alko hol%
missbra uc hs abz uklä re n. Dieser Begriff ist , w ie Nr. 8.1 der A nlage 4 z ur Fa hr%
erla ubnis%Verordnung (Eig nung und bedingte Eig nung z um Führe n vo n Kraft%
fa hrze uge n) z u e ntne hme n ist , im Z usamme nha ng mit § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV
%9%
da hinge he nd z u verste he n, dass das Führe n vo n Fa hrze uge n und e in die Fa hr%
s ic herhe it bee int räc htige nder Alko holko ns um nic ht hinre ic he nd s ic her get re nnt
werde n könne n. Übermäßiger Alko holge nuss o hne Bez ug z um Führe n vo n
Fa hrze uge n im St ra ße nverke hr ge nügt somit für die A nna hme vo n Alko hol%
missbra uc h noc h nic ht .
18
Die Be ha uptung , be im Kläger liege Alko holmissbra uc h vor, hat die Fa hrerla ub%
nisbe hö rde weder be i der A nforderung des Gutac hte ns noc h in ihrem die Erte i%
lung der Fa hrerla ubnis able hne nde n Besc he id a ufgestellt . Sie hat im Able h%
nungsbesc he id lediglic h die Umstände a ufgezählt , a us de ne n s ic h a us ihrer
Sic ht Zwe ifel a n der Fa hre ig nung des Klägers im Hinblic k a uf de n Eig nungs%
ma ngel des Alko holmissbra uc hs ergebe n. A ufgeführt werde n in diesem Z u%
samme nha ng se ine Trunke nhe itsfa hrt vom 30 . Ja nuar 2005 mit e iner Blutalko%
holko nze nt ratio n vo n 1,32 Promille , das ä rzt lic he Gutac hte n vom 26. Ja nuar
2007, in dem die Gutac hterin z u dem Ergebnis kommt , dass e in Hinwe is a uf
z umindest passagere n Missbra uc h vo n Alko hol vorliege , der Umsta nd , dass der
Kläger bere its e inmal e in wege n des Verdac hts a uf Alko holmissbra uc h a nge%
fordertes Gutac hte n nic ht vorgelegt habe sow ie sc hlie ßlic h die A ngabe des Klä%
gers be i der Erstellung des ge na nnte n ä rzt lic he n Gutac hte ns , er habe ze itwe ise
Alko hol und Ca nnabis gle ic hze itig ko ns umiert . Ob da nac h die Legaldefinitio n
des Alko holmissbra uc hs erfüllt se i, se i % so der Besc he id we iter % durc h Vorlage
e ines mediz inisc h% psyc holog isc he n Gutac hte ns z u klä re n. Die blo ße Be ne n%
nung der z u dieser Sc hlussfolgerung führe nde n Tatsac he n lässt sc ho n deswe%
ge n ke ine n unz uläss ige n Eingriff in das Persönlic hke itsrec ht des Klägers er%
ke nne n, we il s ie unst re itig s ind . Eine re habilitatio nsbedürftige Dis kriminierung
erg ibt s ic h a uc h nic ht dara us , dass die Fa hrerla ubnisbe hö rde a us e iner Z u%
samme nsc ha u dieser Tatsac he n Eig nungszwe ifel im Hinblic k a uf e ine n mögli%
c herwe ise vorliege nde n Alko holmissbra uc h herle itet; de nn dieser Sc hluss liegt
ke ineswegs so fern, dass er de n Verdac ht a uf e ine unsac hgemäße oder gar
w illkürlic he , die persönlic he n Bela nge des Klägers missac hte nde Sac hbe ha nd%
lung begründe n könnte. A uc h im To n ist der Besc he id nic ht etwa bele idige nd ,
so ndern sac hlic h ge halte n. Davo n, dass der Kläger „e in Säufer“ se i, ist % e nt%
gege n se iner Rev is io nserw iderung % im a ngegriffe ne n Besc he id und ebe nso in
% 10 %
der A ufforderung z ur Be ibring ung des Fa hre ig nungsg utac hte ns weder a us%
d rüc klic h noc h s inngemäß die Rede.
19
Ebe nso we nig ist ers ic ht lic h, dass durc h die A nforderung des Fa hre ig nungsg ut%
ac hte ns und de n a uf desse n Nic htvorlage gestützte n Able hnungsbesc he id die
Gefa hr e iner Herabsetz ung des Klägers in der Öffe nt lic hke it beste ht (vgl. z u
diesem Aspe kt Urte il vom 11. November 1999 a.a.O. Rn. 18 ). Ad ressat der
Be ibring ungsa nordnung und des Able hnungsbesc he ides mit de n dort geäußer%
te n Eig nungszwe ifeln war alle in der Kläger. Es fe hlt a n e iner a uf die Fa hr%
erla ubnisbe hö rde z urüc kge he nde n Be ka nntgabe oder Verbre itung des Ver%
dac hts des Alko holmissbra uc hs , die z u e iner A usgre nz ung des Klägers in der
Öffe nt lic hke it führe n könnte. Dem ka nn der Kläger nic ht e ntgege nhalte n, es se i
nac h a uße n aber erke nnbar gewese n, dass er über e ine längere Ze it ke ine
Fa hrerla ubnis me hr ge habt habe. Dieser Umsta nd ist in erster Linie a uf die dem
Able hnungsbesc he id vora ngega nge ne Fa hrerla ubnise ntz ie hung z urüc kz ufüh%
re n, die der Kläger besta nds kräftig werde n lie ß.
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Z u Unrec ht beruft s ic h der Verwaltungsgeric hts hof für e in Re habilitierungs inte%
resse des Klägers a uf das Urte il des 2 . Se nats vom 23. Oktober 1980 % BVerwG
2 A 4 .78 % (Buc hholz 232 § 42 BBG Nr.14). Inj e ner Entsc he idung ist das Re ha%
bilit ierungs interesse e ines Beamte n a nerka nnt worde n, der s ic h a ufgrund e iner
die nst lic he n A nordnung e iner psyc hiat risc he n Unters uc hung se iner Die nstfähig%
ke it unterz ie he n musste , wobe i dieser Umsta nd a ndere n Kollege n be ka nnt ge%
worde n war. Es liegt a uf der Ha nd , dass der damit geäußerte Verdac ht e iner
tiefgre ife nde n psyc hisc he n Erkra nkung mit we it re ic he nde n Folge n für das Be%
rufslebe n insbeso ndere da nn die Gefa hr e iner w iederg ut mac hungsbedürftige n
Herabw ürdig ung begründe n ka nn, we nn das W isse n darüber nic ht a uf die un%
mittelbar Verfa hre nsbete iligte n besc hränkt ble ibt . So verhä lt es s ic h hier gerade
nic ht . Abgese he n davo n, dass nac h a uße n nic ht me hr erke nnbar geworde n ist ,
als dass die Ne uerte ilung der Fa hrerla ubnis e inige Ja hre in A nspruc h na hm, ist
das sac hlic h begründete Verla nge n, e ine mediz inisc h% psyc holog isc he Klä rung
der Fa hre ig nung vorne hme n z u lasse n, in se iner W irkung für die Persönlic hke it
des Bet roffe ne n nic ht vergle ic hbar. Hinz u kommt , dass der Kläger selbst de n
A nt rag a uf Ne uerte ilung der Fa hrerla ubnis gestellt und s ic h damit % a nders als
% 11 %
der ge na nnte Beamte % a us f re ie n Stüc ke n e inem Verfa hre n unterzoge n hat , in
dem er a ufgrund se iner Vorgesc hic hte damit rec hne n musste , dass die Be hö rde
a uf die a us ihrer Sic ht bisla ng nic ht ge klä rte n Zwe ifel a n se iner Fa hre ig nung z u%
rüc kkomme n w ürde.
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4 . Für die vom Kläger a ngeregte Z urüc kverwe is ung a n das Berufungsgeric ht
wege n verme int lic h unge nüge nder tatsäc hlic her Feststellunge n der Vorinsta nz
ist ke in Ra um. Be im berec htigte n Interesse im Sinne vo n § 113 Abs. 1 Satz 4
VwGO ha ndelt es s ic h um e ine Sac he ntsc he idungsvora ussetz ung , so dass das
Rev is io nsgeric ht , sollte e in % im vorliege nde n Fall nic ht ers ic ht lic hes % A ufklä%
rungsdefiz it beste he n, die erforderlic he n Feststellunge n selbst z u t reffe n hätte.
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5 . Nic ht me hr z u e ntsc he ide n ist da her, ob der Fortsetz ungsfeststellungsa nt rag
des Klägers in der Sac he begründet ist , die bea nt ragte Fa hrerla ubnis also o hne
die vorherige A nforderung e ines Fa hre ig nungsg utac hte ns z u erte ile n gewese n
wä re. Der Se nat ne igt allerdings z u der A uffass ung , dass der durc h § 11 Abs. 8
FeV erla ubte Sc hluss a uf die Nic hte ig nung , der z ur Entz ie hung der Fa hrerla ub%
nis geführt hat , z ugle ic h bede utet , dass a uc h im Ne uerte ilungsverfa hre n e in
mediz inisc h% psyc holog isc he n Gutac hte n a ngefordert werde n durfte , se i es nac h
§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buc hst . d , se i es nac h § 13 Satz 1 Nr. 2 Buc hst . e FeV .
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Die Koste ne ntsc he idung beruht a uf § 154 Abs. 2 VwGO.
Kley
Buc hhe ister
Liebler
Dr. Kuhlma nn
Rothfuß
Sac hgebiet:
BVerwGE:
ne in
St ra ße nverke hrsrec ht
Fac hpresse : j a
Rec htsq uelle n:
VwGO
FeV
§ 113 Abs. 1 Satz 4 in e ntsprec he nder A nwe ndung
§ 11 Abs. 8 , § 13 Satz 1 Nr. 2
A nlage 4 Nummer 8.1
Stic hworte :
Mediz inisc h% psyc holog isc hes Gutac hte n; Fa hre ig nungsg utac hte n; Gutac hte n%
sa nforderung ; Be ibring ungsa nordnung ; Nic htvorlage e ines Gutac hte ns ; Erte i%
lung e iner Fa hrerla ubnis ; Ne uerte ilung e iner Fa hrerla ubnis ; Fa hrerla ubnis be%
hö rde ; Fa hre ig nung ; Eig nungszwe ifel; Alko holmissbra uc h; Alko hol; Alko holpro%
blematik; Tre nnungsvermöge n; Z uläss ig ke it der Klage ; Fortsetz ungsfeststel%
lungs klage ; Fortsetz ungsfeststellungsa nt rag ; berec htigtes Interesse ; Feststel%
lungs interesse ; Fortsetz ungsfeststellungs interesse ; Re habilitierungs interesse ;
Re habilitierung ; W iederholungsgefa hr; Amts haftung ; Amts haftungsa nspruc h;
Kolleg ialgeric hts% Ric ht linie ; Sc hade nsersatza nspruc h.
Le itsatz :
Hat die Fa hrerla ubnisbe hö rde für die Erte ilung e iner Fa hrerla ubnis die Be ibrin%
g ung e ines mediz inisc h% psyc holog isc he n Gutac hte ns gefordert und die Erte i%
lung wege n Nic htvorlage des Gutac hte ns abgele hnt , ka nn s ic h der Bet roffe ne
nur da nn a uf e in Re habilitierungs interesse berufe n, we nn die Be ibring ungsa n%
ordnung wege n beso nderer Umstände des Einzelfalls e ine dis kriminiere nde
W irkung hat .
Urte il des 3. Se nats vom 2 1. Mä rz 20 13 % BVerwG 3 C 6.12
I. V G A ugsburg vom 04 .05 .2009 % Az.: V G A u 7 K 08.1449 %
II. V GH Münc he n vom 02 .12 .20 11 % Az.: V GH 11 B 11.246 %