Kathrin Schlüter, Lisa Karrer - Phil.

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Kathrin Schlüter, Lisa Karrer - Phil.
ERASMUS-Erfahrungsbericht Swansea 2011/2012 – Kathrin Schlüter, Lisa Karrer
Die Entscheidung für eine der zahlreichen Universitäten / Städte in Großbritannien und Irland, die in Augsburg zur Verfügung stehen, ist zugegebenermaßen nicht ganz leicht, schließlich kennt man meist nicht mehr als die entsprechenden Internetauftritte. Uns persönlich
ging es so, dass wir zunächst so gut wie jeder Stadt etwas abgewinnen konnten. Aber ein
Tipp wäre, sich weniger auf Details zu versteifen, als allgemeinere Aspekte zu wählen und
dann einfach eine Pro- / Contra-Liste zu erstellen. Da wir außer London keine der Städte
vorher kannten, fiel die Vorentscheidung tatsächlich vorranging aufgrund von Bildern aus
dem Internet und landschaftlichen Aspekten, womit sich die Entscheidung schon ziemlich
auf Schottland und Wales beschränkt hatte. Weitere Dinge die man dann natürlich berücksichtigen sollte, sind die Uni und deren Angebote - schließlich werdet ihr dort einige Zeit
verbringen - und die Länge des Auslandsaufenthalts. Nicht jeder möchte für 9 Monate im
Ausland sein. Mit diesen Entscheidungshilfen und auch den durchweg positiven Erfahrungsberichten unserer Vorgänger fiel die Entscheidung also auf Swansea und wir sind wirklich
wahnsinnig zufrieden damit. Das Auslandsemester war eine tolle Erfahrung, die wir jedem
empfehlen würden!
Anreise:
Obwohl die günstigste Möglichkeit nach Wales zu kommen das Flugzeug von Memmingen
oder München nach London Stansted und dann der Zug wäre, haben wir uns schon ein halbes Jahr vorher dazu entschieden, das Auto zu nehmen. Das bedeutete zwar eine 2 tägige
Anreise und Fähr- bzw. Spritkosten, aber die Vorteile waren es uns wert. Wir konnten deutlich mehr Gepäck für das halbe Jahr mitnehmen, als mit dem Flugzeug, was sich auch finanziell bezahlt machte (siehe: Finanzierung/Kosten). Außerdem wollten wir in den 5 Monaten
so mobil wie möglich sein.
Wir haben die Fahrt zweigeteilt. Zuerst von daheim bis Dover (Fährüberfahrt von Calais);
dort haben wir eine Nacht geschlafen, um am nächsten Tag für die erste Fahrt auf der anderen Straßenseite wirklich fit zu sein. Ein komisches Gefühl war das schon, aber man gewöhnt
sich unheimlich schnell daran und wenn man nicht allein im Auto ist, kann sich der Fahrer
auf die Straße und der Beifahrer auf die Navigation konzentrieren. Innerhalb von knapp 5
Stunden Fahrt waren wir dann auch schon in Wales angekommen und entgegen aller Befürchtungen wurden wir von strahlendem Sonnenschein begrüßt - was den Start wirklich
erleichterte. Durch die Anfahrt haben wir auch schon einiges von der Gegend gesehen.
Unterkunft:
Wir sind zwei Wochen vor Semesterstart angereist, da wir erst vor Ort eine Unterkunft suchen wollten (uns wurde von unseren Vorgängern gesagt, das sei dort kein Problem). Für die
ersten drei Nächte in Swansea haben wir uns schon von Deutschland aus ein guesthouse
gebucht, damit wir in Ruhe die Wohnungen besichtigen konnten. Wir hatten verschiedene
Anlaufstellen. Zum einen bestand schon Kontakt mit anderen Erasmus-Studenten per Email,
mit denen wir uns immer wieder kurzschlossen und Infos über Wohnungsangebote austauschten. Zum anderen gibt es an der Uni das SAS (Student Accommodation Service). Vom
SAS haben wir eine Telefon- und Adressliste bekommen mit Angeboten von landlords, die
angeblich auch an Erasmus-Studenten für wenige Monate vermieten. Naja, das erwies sich
als Reinfall, denn die Wohnungen, die noch frei waren hatten alle eine Mindestmietzeit von
einem academic year, also doppelt so lang, wie wir sie brauchten. Das war schon ziemlich
frustrierend am zweiten Tag, aber da muss man einfach locker bleiben und weiter suchen.
Unsere nächste Anlaufstelle waren dann die unzähligen letting agencies, im Prinzip sind das
Immobilienmakler, aber weitaus günstiger als in Deutschland. Wir haben schnell gemerkt,
dass es in Wales ganz normal ist die Wohnungssuche über eine solche Agentur zu machen.
Man spart sich viel Zeit und Telefonkosten. Von Vorteil ist auch, dass die Agenturen viele
Studentenwohnungen im Sortiment haben und ganz spontan mit dir zu diesen fahren. Wir
haben uns von zwei Agenturen helfen lassen (Let Rite, Uni Gaff), denn kosten tut es erst
dann etwas, wenn der Mietvertrag zustande kommt. In unserm Fall waren es 70 Pfund, was
wir okay fanden (am Ende des Semesters haben wir erfahren, dass es wohl doch nicht sooo
günstig gewesen sei, aber naja, für deutsche Verhältnisse fanden wir es super). Innerhalb
von einem Tag hatten wir unsere Zimmer in einer 8 Personen WG und wieder einen Tag später konnten wir einziehen - das läuft alles viel unkomplizierter als in Deutschland!! Die Zimmer sind i.d.R. möbliert, da muss man aber schon darauf achten in welchem Zustand alles
ist. Wir hatten Glück, da die Möbel in unserem Haus gerade komplett neu gekauft wurden.
Zu den agencies sind noch ein paar Dinge zu sagen: Neben der Vermittlung war unsere (wie
die meisten anderen) auch für die ganze Verwaltung während des Mietzeitraums zuständig.
Wir haben also auch unsere Kaution und Miete, sowie sämtliche Sachen, die die Wohnung
während des halben Jahrs betrafen, über sie abgewickelt. Den Vermieter an sich, haben wir
nie getroffen. Teilweise muss man schon aufpassen, denn die wollen gerade mit den Austauschstudenten zusätzlich Geld machen und versuchen z.T. auch die Unwissenheit auszunutzen. Deshalb bitte ALLES schriftlich bestätigen lassen (gerade wenn‘s um die Kaution geht
genau fragen, wie man die zurückbekommt!!!), immer SOFORT wenn irgendwas kaputt ist
per Email Bescheid geben und hartnäckig bleiben!!! Die sehen manche Dinge nicht so eng,
aber wenn die Heizung im Zimmer leckt, dann ist das dringend, das sollte man auch unmissverständlich klar machen und dann geht auch plötzlich alles schnell. Außerdem ist es wichtig
gerade Schäden dort zu melden, da die z.T. ihre angestellten Handwerker haben, die sich
kümmern. Allgemein muss man zu den privaten Unterkünften sagen, dass der Standard
deutlich unter dem liegt, was wir aus Deutschland gewohnt sind. Speziell die Bäder und Küchen sind oft sehr alt, aber man gewöhnt sich schnell daran und damit kann man sich gut ein
halbes Jahr arrangieren. Zum Thema Mitbewohner haben wir die Erfahrung gemacht, dass es
einfach toll ist in einer internationalen WG zu leben. Von Häusern, in denen man als einzelne/r Austauschstudent mit mehreren Briten zusammen wohnt, haben wir relativ viele Horrorgeschichten gehört (sowohl von Jungs als auch Mädels!), was Hygiene und Saufgelage
(mehrmals die Woche) angeht. Folgende Stadtviertel sind zu empfehlen: Uplands, Brynmill
(beide liegen relativ in der Mitte zwischen Uni und Stadtzentrum und es gibt dort Supermärkte, Ärzte, Apotheken, Restaurants, Pubs).
Wir würden, obwohl bei uns alles gut geklappt hat, aber trotzdem empfehlen, dass man sich
schon von Deutschland aus mit einer agency in Verbindung setzt.
Finanzierung:
Es wäre gelogen zu sagen, dass man für ein Auslandssemester nicht mehr Geld bräuchte, als
sonst auch, aber es ist machbar! Man muss sich VORHER bewusst sein, dass einfach Sonderkosten (viele Ausflüge) anfallen und auch die Lebenshaltungskosten höher sind als in
Deutschland. Also bitte frühzeitig über die Finanzierung nachdenken. Wir haben uns Geld
angespart und wurden von unseren Eltern unterstützt. Außerdem haben wir einen Antrag
auf Auslands-BAföG gestellt und wem es stattgegeben wurde, war es natürlich eine schöne
Finanzspritze. Natürlich bekommt man auch das Geld vom Erasmusstipendium (ca. 170€ im
Monat), damit kann man auch manches abdecken. ABER sowohl das Geld von Erasmus, als
auch BAföG stehen erst während oder nach dem Aufenthalt zur Verfügung!! Wie am Anfang
angesprochen, war die Entscheidung mit dem Auto nach Wales zu kommen auch finanziell
sinnvoll, denn wir hatten Dinge wie Bettzeug, warme Winterklamotten, Handtücher etc. alles
von daheim dabei. Die meisten, die mit dem Flugzeug kamen, hatten nur einen oder zwei
Koffer und mussten solche Dinge vor Ort einkaufen, was im ganzen nicht billig war. Folgende
Fixkosten fallen durchschnittlich an:
Miete (private Unterkunft): ca. 200-300 Pfund / mtl.
Nebenkosten (Gas, Strom): 5-10 Pfund / wöchentlich
Wie viel Geld für Verpflegung zu rechnen ist, hängt von jedem selbst ab. Die Mensa ist sehr
teuer, die Lebensmittel im Supermarkt bestimmt 20% teurer als in Deutschland. Wir haben
immer selbst gekocht und deshalb ca. 35 Pfund in der Woche p.P. gebraucht. Wer nicht gern
kocht, ist bestens mit Fastfood bedient, hat aber alles seinen Preis, wie auch hier in Deutschland. Neben diesen Kosten braucht man natürlich auch Geld für die Freizeitgestaltung. Die
Uni hat ein riesen Sportangebot, je nach Kurs kostet das unterschiedlich viel. Neben der
Kursgebühr fällt noch eine Mitgliedschaft in der Athletic Union von 18 Pfund an, die wegen
der Versicherung Pflicht ist. Der Beitrag für das Fitnessstudio (einige Kurse inkl.) beträgt
einmalig im Semester 70 Pfund. Die Linienbusse innerhalb der Stadt sind relativ teuer, es gibt
ein Semesterticket, das aber unglaublich teuer war, deshalb hatte das fast keiner. Zu empfehlen ist deshalb sich ein gebrauchtes Fahrrad anzuschaffen (Fahrradwerkstatt: Recycle).
Um was vom Land zu sehen, sind sowohl die Züge, als auch Busunternehmen, wie Megabus
und Greyhound zu empfehlen. Wenn man im Voraus bucht, kann man Tickets z.B. nach London für 5 Pfund bekommen!! Großbritannien ist überall bestens mit Geldautomaten ausgestattet, ich (Kathrin) habe mir im Voraus ein DKB Konto angeschafft, das ist gratis und sehr
praktisch, da man mit der Kreditkarte an jedem Automaten auf der ganzen Welt kostenlos
abheben kann und mit der Kontokarte ganz normal in Geschäften bezahlt. (Es gibt auch Kooperationen von deutschen Banken mit britischen, bei denen für das Geldabheben keine
Gebühren verlangt werden, aber man ist da einfach nicht so flexibel wie mit DKB wenn man
immer zu einer bestimmten muss). Manche haben auch ein britisches Konto eröffnet, aber
für ein halbes Jahr lohnt sich das fast nicht und ist auch nicht wirklich notwendig. Das einzige
Problem sind die Überweisungen für die Miete. Durch die unterschiedlichen Währungen
fallen ziemlich hohe Gebühren an, deshalb haben wir die Miete immer bar bezahlt. Am besten gleich beim Vermieter / agency nachfragen, ob das ok ist.
Universität:
Der Campus der Universität in Swansea ist etwas kleiner als in Augsburg und ist trotzdem
wirklich mit allem ausgestattet was man braucht. Neben den üblichen Universitätsgebäuden
und Wohnheimen gibt es das Fulton House, in dem die Student Union sitzt. Dort gibt es zwei
Supermärkte, die SAS, Bankautomaten, eine Poststelle, ein Reisebüro etc. Außerdem hat der
Campus ein Theater, in dem man als Student wirklich total günstig Tickets bekommt. Wir
haben uns ein paar Stücke angesehen, denn es kommen dorthin renommierte Theatergruppen. Das Programm ist abwechslungsreich und es werden auch Kinofilme gezeigt. Am Rande
des Campus liegt das Sportzentrum und direkt nebenan findet man den National Swimming
Pool of Wales mit 50m-Bahnen. Unschlagbar ist aber die Nähe zum Strand; in nicht einmal
fünf Minuten kann man den traumhaften Blick auf die Swansea Bay genießen.
Das Studienangebot für ERASMUS-Studenten ist sehr vielfältig und man wird in der ersten
Woche in verschiedenen Veranstaltungen informiert, was man belegen kann und wie alles
funktioniert. Einschränkungen der Kurswahl gab es kaum. Allerdings darf man eine Punktezahl von 60 credits nicht überschreiten (entspricht 30 ECTS), da viele Kurse aber 20 credits
haben, ist man mit der Semesterplanung schnell fertig. Auch wenn sich das sehr entspannt
anhört, hat man doch etwas zu tun. Gerade in Literaturwissenschaft ist das Arbeitspensum
außerhalb der Seminare nicht zu verachten. Dazu kommen dann die Essays, die man noch
während des Semesters schreiben muss. Das Kursangebot kann man online auch schon im
Voraus anschauen und eine Vorplanung machen, dann geht es bei der Einschreibung für die
Kurse schneller. Im Zusammenhang mit den Essays und auch Präsentationen ist es wichtig zu
wissen, dass die Bibliothek anders funktioniert als in Augsburg. Im Prinzip dürfen alle Bücher
ausgeliehen werden, auch wenn nur ein Exemplar in der Bibliothek vorhanden ist. Wenn
man dann in einem Seminar mit 50 Studenten sitzt von denen zehn über dieselbe Frage einen Essay schreiben, kann man schnell ohne Literatur dastehen. Viel läuft über Artikel, die
online Verfügbar sind und die Uni arbeitet daran einen Großteil der Werke als E-Version zur
Verfügung zu stellen. Trotzdem ist es ratsam, sich frühzeitig um das nötige Material zu
kümmern, denn die Essays zählen 50% zur Endnote.
Was uns sehr positiv aufgefallen ist, war der unkomplizierte Umgang zwischen Studenten
und Dozenten. Am Anfang fühlt man sich zwar komisch einen Dozenten mit dem Vornamen
anzusprechen, aber das angenehme Arbeitsklima hat uns sehr zugesagt. Die Uni hat ein
Open-Door-Konzept und man kann sich jederzeit an alle wenden. Ganz besonders gut war
die Betreuung von Ute Keller, die für die deutschen Erasmusstudenten zuständig ist und am
Lehrstuhl für Deutsche Sprache arbeitet. Man muss sich wirklich nicht scheuen sie um Hilfe
in jeglichen Angelegenheiten, sei es in Bezug auf die Uni, oder privat, zu bitten. Außerdem
hat man das IDO (International Development Office), vgl. AAA, deren Mitarbeiter auch immer
helfen. Überhaupt spielen internationals in Swansea eine große Rolle. Es gibt unzählige Angebote und Veranstaltungen während des ganzen Semesters, die speziell auf die Bedürfnisse
und Interessen der Austauschstudenten zugeschnitten werden. Zum Beispiel gab es eine
Chinese New Year Feier, oder ein Thanksgiving Dinner für die Amerikaner, zu denen aber alle
herzlich willkommen sind. Man wird überall schnell aufgenommen und findet Anschluss.
Besonders einfach geht das über die unzähligen societies und clubs, denen man sich einfach
anschließen kann. Sie decken alle erdenklichen Interessen ab von Sport, über Physik, Literatur, Wandern, Theater, Chor und und und. Natürlich kommt bei den Treffen der Spaß auch
nie zu kurz.
Abreise:
Genauso wie wir mit dem Auto angereist sind, sind wir logischerweise auch wieder abgereist
– mit dem Auto. Allerdings mit einem kleinen Umweg von ca. 2000 Kilometern. Da wir die
Zeit im Ausland komplett auskosten wollten, haben wir schon während des Semesters eine
Abschluss Great Britain Tour geplant. Bevor wir also zurück nach Deutschland fuhren, galt es
elf englische und schottische Städte zu besuchen. In den letzten drei Wochen haben wir
wahnsinnig viele tolle Orte kennengelernt und sind sehr glücklich, dass wir das noch gemacht haben. Viele Erasmusstudenten haben gemeint, sie würden das ja auch gern machen,
aber sie hatten ja kein Auto wie wir… Aber das ist eigentlich eine Ausrede, denn eine Freundin, die wir während der Zeit kennengelernt haben, hat fast dieselbe Tour wie wir gemacht,
nur mit Bus und Bahn. Das war alles auch kein Problem und von den Kosten sicher nicht teurer als die Spritkosten, die wir hatten.
Also ganz egal für welche Stadt ihr euch entscheidet, genießt die Zeit und macht das Beste
draus und vor allem nutzt die Zeit, um so viel wie möglich zu sehen und zu erleben!
(Kontaktinformationen auf Anfrage beim Erasmus-Koordinator der Anglistik.)