Die Menagerie des Landgrafen Karl - KOBRA

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Die Menagerie des Landgrafen Karl - KOBRA
Die Menagerie des Landgrafen Karl
Ein Beitrag zur Einheit von Natur
und Kunst im Barockzeitalter
Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades
eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.)
an der Universität Kassel
im Fachbereich Kunstwissenschaften
vorgelegt von
Petra Werner M. A.
Datum der Disputation: 29. Januar 2013
INHALT
TEIL I: EINLEITUNG...................................................................................................5
1. Zum Thema ............................................................................................................5
2. Forschungsstand ................................................................................................10
TEIL II: TIERGÄRTEN UND MENAGERIEN VON IHREN URSPRÜNGEN BIS
ENDE DES 18. JAHRHUNDERTS IN EUROPA ..........................................14
1. Über die Anfänge der Wildtierhaltung bis zum Ende des Mittelalters ............14
2. Exotische Tiere an den Höfen der Renaissancefürsten...................................17
3. Barocke Menagerien ...........................................................................................20
4. Ausblick: Die Gründung der Zoologischen Gärten im 19. Jahrhundert .........26
TEIL III: HÖFISCHE TIERHALTUNG IN KASSEL ...................................................29
1. Die Haltung von fremdländischen Tieren in Kassel vom 15. bis Mitte des
17. Jahrhunderts .................................................................................................29
1.1 Landgraf Philipp, der Großmütige (reg. 1518-1562)........................................29
1.2 Landgraf Wilhelm IV., der Weise (reg. 1567-1597) .........................................29
1.3 Landgraf Moritz, der Gelehrte (reg. 1592-1627)..............................................31
1.4 Von Wilhelm V. bis zu Wilhelm VI. (1627-77)..................................................32
2. Die barocke Menagerie des Landgrafen Karl von Hessen-Kassel ..................33
2.1 Topographie ....................................................................................................33
Standortbestimmung der Kasseler Menagerie ................................................34
Umzug der Menagerie zwischen 1728 und 1730? ..........................................37
2.2 Tierbestand .....................................................................................................38
Fazit ................................................................................................................42
2.3 Die Wahrnehmung der Menagerie aus Sicht der Besucher ............................43
Bezug der curiositas zum Sammlungswesen ..................................................44
Fürstliche Selbstdarstellung ............................................................................46
2.4 Die Auflösung der Menagerie..........................................................................46
Das Kunsthaus ................................................................................................51
Das Collegium Carolinum................................................................................53
3. Das Kasseler “Tierstück”: „Die Menagerie des Landgrafen Carl“ ..................54
3.1 Der Schöpfer des „Tierstücks“: Johann Melchior Roos (1663-1731)...............54
Biographie .......................................................................................................54
Roos als Tiermaler ..........................................................................................56
Exotische Raritäten .........................................................................................58
3.2 „Die Menagerie des Landgrafen Carl“ von Johann Melchior Roos..................60
Bildstruktur ......................................................................................................61
Natur als Ware - die ökonomische Dimension.................................................62
Grenzüberschreitung.......................................................................................64
Das „Tierstück“ als kurioses Objekt.................................................................66
3.3 Die Unterbringung des Kasseler „Tierstücks“ im Kontext der fürstlichen
Sammlung .......................................................................................................67
Das „Tierstück“ im Kasseler Kunsthaus ..........................................................68
Das „Tierstück“ unter Wilhelm VIII...................................................................71
Das „Tierstück“ unter Friedrich II. im Museum Fridericianum ..........................71
Die Unterbringung bis heute............................................................................73
3.4 Die Braunschweiger Fassung .........................................................................73
3.5 Das Sammelbild als frühneuzeitlicher Bildtyp..................................................75
3.5.1 Die Bildtradition der Paradieslandschaft.................................................76
Die biblische Paradieslandschaft ...........................................................77
Die mythologische Paradieslandschaft: Orpheus mit den Tieren...........82
Vögel in der Landschaft .........................................................................82
3.5.2 Naturhistorisch-enzyklopädische Sammelbilder .....................................84
Konchylien .............................................................................................85
Blumenbuketts/-porträts .........................................................................86
3.6 Kunsthistorische Einordnung des Kasseler „Tierstücks“ .................................89
Friedliches Tierparadies ..................................................................................89
Repräsentationsfunktion..................................................................................90
Kunst und Natur im Wettstreit..........................................................................91
Naturwissenschaftliche Dokumentation oder fiktionale Tiersammlung?..........92
Die „Königin der Nacht“ ...................................................................................93
4. Die Menagerie Friedrichs II. von Hessen-Kassel ..............................................95
4.1 Topographie ....................................................................................................96
4.2 Tierbestand .....................................................................................................98
4.3 Anatomische Forschungen............................................................................102
4.4 Die Auflösung der Menagerie........................................................................105
4.5 Die Menagerie als Bestandteil der Bildungspolitik des Aufgeklärten
Absolutismus.................................................................................................106
Schlussbemerkung ...............................................................................................110
Bibliographie .........................................................................................................112
Abbildungen ..........................................................................................................138
Abbildungsnachweis.............................................................................................169
TEIL I: EINLEITUNG
1. Zum Thema
Angeregt wurde die Untersuchung zu der Frage einer höfischen Menagerie im
Verhältnis zu den übrigen Sammlungen am Hof der Landgrafen von HessenKassel durch das imposante Gemälde „Die Menagerie des Landgrafen Carl“
von Johann Melchior Roos aus dem Jahre 1728.1
Roos (1663-1731) stammte aus einer prominenten Pfälzer Tiermalerfamilie. Auf
dem Gemälde, das wegen seiner großen Ausmaße von ca. 340 x 665 cm als
„Höhepunkt der Roos’schen Tiermalerei“2 bezeichnet wird, hat er über 80 fast
ausschließlich fremdländische Tiere dargestellt, „[...] so bey Absterben des
Landgrafen Karl in dem Thiergarten befindlich gewesen [sind]“.3
Abgebildet ist eine Tiersammlung, die jeder fürstlichen Menagerie dieser Zeit
zur größten Ehre gereicht hätte. Die seltenen animalischen Sammlerstücke des
hessischen Landgrafen Karl (1654-1730) gehörten zu den vielen
Sehenswürdigkeiten, welche die Residenzstadt Kassel ihren Besuchern im 17.
und 18. Jahrhundert bot.
Die Menagerie ist eine historische Form der Tierhaltung und als solche der
Vorläufer des zoologischen Gartens, der sich erst im Laufe des 19.
Jahrhunderts entwickelte.
Die Bezeichnung leitete sich ursprünglich von dem französischen Begriff
„Menage“ - Haushaltung - ab, wobei sich im Verlauf des 16./17. Jahrhunderts
dessen Gewicht auf den Mastbetrieb für Nutztiere verlagerte.4
Im 17. Jahrhundert erhielt der Begriff mit dem Bau der Menagerie im Zuge der
Neuanlage des Schlosses von Versailles unter Ludwig XIV. eine entscheidende
Neubedeutung: Im Sinne von höfischer Menagerie bezog sich der Begriff nun in
erster Linie auf die Haltung von exotischen Tieren in Verbindung mit höfischer
Repräsentation.5
Menagerien konnten im 17. und 18. Jahrhundert an fast allen großen Höfen
bestaunt werden.6 Sie waren in dem Grade eine Sehenswürdigkeit, wie sie
fremdländische Tiere unter den Kategorien des Ausgefallenen, Ungewöhnlichen
und Kuriosen darboten. Aufgrund der großen Faszination, die von den
„ausländischen Seltenheiten“7 ausging, verwundert es nicht, dass der Besuch
der Kasseler Menagerie ein fester Bestandteil der Besichtigung der Karlsaue
war.
1
Das Gemälde lag seit 1939 eingerollt im Depot der Museumslandschaft Hessen Kassel (MHK,
ehemals Staatliche Museen Kassel). Im Sommer 2000 wurde das Werk anlässlich der
Neueröffnung der Gemäldegalerie Alte Meister restauriert und ist seitdem erstmals wieder nach
fast 60 Jahren dem Publikum zugänglich.
2
Jedding 1998, S.253.
3
Holtmeyer 1923, S.551.
4
Diese Intention im landwirtschaftlichem Kontext als Ort ländlichen Lebens und ländlicher
Nutztierhaltung behielt ihre Gültigkeit bis ins 19. Jahrhundert bei.
5
Laut Paust verdeutlicht das auch Jean de la Fontaine in seiner Beschreibung des Versailler
Parkes: „[...] c’est un lieu rempli de plusieurs sortes de volatiles et de quadrupedes, la plupard
très rares et de pays éloignés.“ Vgl. Fontaine 1669, Livre Premier, S.15, sowie Paust 1996,
S.17f.
6
Für den deutschsprachigem Raum sind die Menagerien in Karlsruhe, Hildburghausen,
Dresden, Weimar, Schwetzingen und Wien zu nennen. Vgl. Paust 1996.
7
Zitiert aus: Uffenbach 1728, S.48.
5
Ausgehend von dem an der Versailler Menagerie festgemachten
Bedeutungsinhalt bildete sich im Verlauf des 18. Jahrhunderts eine
allgemeinere Begriffsbestimmung heraus: Unter Menagerie verstand man ein
Areal innerhalb einer höfischen Gartenanlage, in dem exotische Tiere gehalten
wurden. Demnach beschreiben Publikationen zur Gartenarchitektur die
topographische Lage der Menagerie innerhalb des Schloss- oder
Gartenkomplexes,
in
dem
sie
als
eines
der
traditionellen
gartenarchitektonischen Elemente des Barock gleichbedeutend neben
Terrassen, Alleen, Grotten, Orangerien, Eremitagen usw. gestellt wird.8
In der Folge wurde die Menagerie dann auch als Einrichtung des Luxus und der
„Curiosité“9 charakterisiert, die in der Regel nur wohlhabenden Herrschern
vorbehalten war: „Bey grosser Herren Schlösser und Gärten [ist die Menagerie]
ein Platz, worin allerhand ausländische Thiere sowohl vierfüßige als
Flügelwerck in verschiedenen Behältnissen zur Curiosität gehalten werden“.10
Ähnlich beschreibt das „große Universal Lexicon“ von Johann Heinrich Zedler
die Menagerie als „eines derer herrlichsten Stücke von einem prächtigen und
ansehnlichen Garten“11. Selbige bestehe, wie weiter zu lesen ist, „[...] in einem
weitläufigen Raum, der wiederum verschiedene Abtheilungen mit leeren
Plätzen oder Höfen beschließt, darinnen man allerhand fremde und seltsame
Thiere und Geflügel aufbehält.“12
Seit 1728 wurde das Tierstück von Roos in einem Raum des Kasseler
„Kunsthauses“ (Ottoneum) gemeinsam mit ausgestopften und präparierten
Tieren aus der Menagerie präsentiert. Es scheint als Teil der enzyklopädisch
gedachten Naturaliensammlung Verwendung gefunden zu haben. In
stellvertretender Funktion sollte es dem Besucher die exotische Tiersammlung
in der nahegelegenen Karlsaue vor Augen führen, ihn auf deren Besichtigung
einstimmen bzw. in Erinnerung rufen.
Der Sammlungstyp der Kunstkammer ging aus dem humanistischen
Studierzimmer, dem Studiolo, hervor.13 Die üblichen Sammlungskategorien
waren Naturalien – aufgeteilt in Animalia, Vegetabilia und Mineralia –,
Artificialien als technisch oder künstlerisch bearbeitete Naturalien, Gemälde,
Preziosen, Antiken und Scientifica, also wissenschaftliche und mechanische
Instrumente. Diese Kategorien vertraten die Grobstruktur zur Ordnung der
Dinge, das Problem, den facettenreichen Kosmos zu klassifizieren. Letztlich
waren diese Sammlungen, gefüllt mit „Kuriositäten“ und „Wunderdingen“ aller
Art, darauf ausgerichtet, den Besuchern ein Staunen zu entlocken.14 Als
8
„Insgeheim pflegt man die Lust=Gärten, wenn man sie zu einer Vollkommenheit bringen will,
mit Parterren, Terrassen, Wasser = Künsten, Alleen, [...], Grotten, Orangerien, Theatris,
Trianons, Eremitagen, Parcs und Menagerien auszuputzen [...]“. Zitiert aus: Rohr 1716, S.246.
9
Die „Encyclopédie Méthodique“ von 1782 behandelt den Begriff „Ménagerie“ in ihrem Band
über Architektur und bezeichnet sie als „Établissement de luxe et de curiosité, entretenu
ordinairement par les souverains, et dans le voisinage des parcs ou des jardins de leur palais.“
Vgl. Encyclopédie Méthodique 1782, S.700.
10
Vgl. Penther 1744, S.106.
11
Zedler 1732-50, Bd. 20, Sp. 603.
12
Zedler schließt diesen Ausführungen eine differenziertere Erläuterung über die
Beschaffenheit der einzelnen Räume für die verschiedenen Tiere an. Vgl. ebd. Sp.603.
13
Zum Studiolo vgl. Liebenwein 1977.
14
Jedes Objekt konnte für sich genommen als „Kuriosität“ in mindestens einer von drei
Bedeutungen des Wortes auftreten: Erstens konnte es ein mit „cura“, Sorgfalt, gearbeitetes
Werkstück sein. Zweitens konnte es die Bezeichnung „kurios“ durch auffällige Präsentation
6
„Idealentwurf der Welt im Kleinen“15 gehörten universalistische Kunstkammern
„zum festen Bestand absolutistischer Herrschaftsoptik“16: „Die unter dem
Protektorat des Fürsten aufgebaute Kunstkammer lässt, je größer, je
umfassender, je sorgfältiger geordnet und ausgestattet sie ist, den Hof als
selbständigen Kosmos erscheinen, der offenbar in der Lage ist, die Welt in
ihren interessantesten Erscheinungen auf sich hin auszurichten und an sich zu
ziehen.“17
Betrachtet man die Menagerie im Kontext der „Kunst- und Wunderkammern“,
so soll hier der Blick noch auf ein entscheidendes Novum gerichtet werden:
Inwieweit die „Kollektion“ der lebenden Geschöpfe diesem universalistischen
Systemdenken des Barockzeitalters zuzuordnen ist. Denn das Interesse am
„Raren“ und „Kuriosen“ bildet das vorrangige Motiv der höfischen Tierhaltung in
Europa. Das lebende Tier ließ sich in der Kunstkammer freilich nicht
unterbringen, gehörte aber als wichtiges Element einer Sammlung dazu.
Im Jahre 1674 stellte Johann Daniel Major (1634-1693), Medizinprofessor und
Inventor des Kieler „Museums Cimbricum18“, fest, dass zur praktischen
Anschauung eine Kunst- und Raritätenkammer auch lebende Tiere enthalten
solle, doch erkannte er zugleich die mit dieser Forderung verbundenen
Schwierigkeiten:
„Und zu itzt = erwehnten Animalibus gehörten zwar auch nun etliche rare
Lebendige Thiere: aber die würden eine Raritäten=Kammer gar schlecht zurichten.
Item ausländische Bäum= und Kräuter gehörten auch darein; aber will oder kann
19
aus einem beschlossenen Cabinet endlich gar eine Landschafft machen?“
Als „Spiegel des Universums“20 und der Bemühung um eine möglichst
„vollständige Weltabbildung“21 wurden Menagerien seit der Renaissance als
lebende Pendants der naturwissenschaftlichen Seite der Kunstkammer
angelegt. In diesem Sinne verwies der Philosoph Francis Bacon (1561-1626)
1594 darauf, dass für die Schaffung eines Modells der gesamten Natur im
Kleinen22 vier Einrichtungen notwendig seien: Neben einer Kunstkammer mit
einer Sammlung von Artificialia und Naturalia, einer universalen Bibliothek und
einem Laboratorium führt er auch die Anlage eines Gartens mit exotischen
Pflanzen und seltenen Tieren auf, explizit weist er auf seltene Vögel und Teiche
seiner Nutzlosigkeit verdienen. Drittens weckte eine Kuriosität bisweilen das Interesse, Neues
über ein Objekt in all seiner seltsamen Eigenartigkeit zu erfahren. Daston/Park 2002, S.324.
15
Braungart 1989, S.124.
16
Ebd. S.111.
17
Zitiert aus ebd., S.124.
18
Cimbrien ist eine lateinische Bezeichnung für Jütland. „Museum Cimbricum“ war der Name
des ersten Museums im modernen Sinn in Deutschland. Es wurde in der Kieler Flämischen
Straße Nr. 5 im Frühjahr 1689 eröffnet und bestand für etwa 20 Jahre. Das Museum sollte als
öffentliche Institution mit Modellen und exemplarischen Belegen zunächst einen allgemeinen
Einblick in den Bau der Welt und den Gang der Geschichte geben, um als allgemeines
Fundament die spezielle Erforschung und Dokumentation des Landstrichs nördlich von Elbe
und Trave zu begründen. Zum Werk des Johann Daniel Major vgl. zusammenfassend
Reinbacher 1998.
19
Major 1674,VIII, §12.
20
Zitiert aus: Ausst.-Kat. Bonn 1994, S.139.
21
Zitiert aus ebd., S.140.
22
“And so you may have in small compass a model of universal nature made private.” Vgl.
Bacon 1594/1862, hier zitiert nach Anderson 1962, S.247.
7
mit unterschiedlichen Arten von Fischen hin.23 Dieses Modell der „universal
nature“24 empfahl Bacon der Königin Elisabeth I. zum Fortschritt der
Wissenschaften.
Eine ähnliche Bedeutung nimmt die Menagerie auch in einigen
zeitgenössischen sammlungstheoretischen Schriften ein, welche die Ordnung
und Kategorisierung von Wissen in der frühen Neuzeit untersucht haben. Es
handelt sich um seit dem 16. Jahrhundert entstandene umfassende und
theoretisierende Abhandlungen zu Grundlagen, Aufbau und Organisation von
Kunstkammer-Sammlungen.25
Diese
„wissenschaftstheoretischen“
Auseinandersetzungen um Klassifizierung und Ordnung der Natur gewannen in
der wissenschaftlichen Diskussion über die rechte Systematik und
Kategorisierung der Dinge im 17. und 18. Jahrhundert immer stärker an
Einfluss. Grundsätzliche sammlungstheoretische Überlegungen enthielten
neben Ratschlägen für die Sammelpraxis - die Bewahrung und Konservierung
der Objekte - häufig auch Forderungen nach zusätzlichen Einrichtungen zur
Ergänzung der Objektwelt. Die Erweiterung der Kunstkammer mit Bibliothek,
Werkstatt und Archiv bot in der Regel die notwendige Voraussetzung für das
Verständnis der ausgestellten Objekte.26
1705 erschien eine Anweisung zum Bau und der Einrichtung eines RaritätenHauses des Architekten und Theoretikers Christoph Leonhard Sturm (16691719): „Die geöffnete Raritäten- und Naturalien=Kammer worinnen der galanten
Jugend […] gewiesen wird, wie sie Galerien, Kunst- und Raritätenkammern
besuchen sollen, wobey eine Anleitung, wie ein vollständiges Raritäten-Haus
anzuordenen und einzurichten sey“, Hamburg 1705 (Der geöffnete Ritterplatz
III, 1).27 Sturm zeichnet - neben mancherlei Ratschlägen für die Vorbereitung
23
„ And to this purpose I will commend to your Highness four principal works and monuments of
yourself. First, the collecting of a most perfect and general library […]. Next, a spacious,
wonderful garden, wherein whatsoever plant the sun of divers climates […] either wild or by
culture of man, brought forth, may be, with that care that appertaineth to the good prospering
thereof, set and cherished; this garden to be built about with rooms to stable in all rare beasts
and to cage in all rare birds, with two lakes adjoining, the one of fresh water, the other of salt, for
like variety of fishes. [...] The third, a goodly huge cabinet, wherein whatsoever the hand of man
by exquisite art or engine hath made rare in stuff, form, or motion; whatsoever singularity,
chance, and the shuffle of things hath produces; whatsoever nature hath wrought in things that
want life and may kept, shall be sorted and included. The fourth, such a still-house, so furnished
with mills, instruments, furnaces, and vessels as may be a palace fit for a philosopher’s stone.”
Zitiert aus ebd. S.247.
24
Ebd., S.247.
25
Die Anfänge einer Theorie des Sammelns in Deutschland sind mit dem Namen Samuel
Quiccheberg verbunden, der bereits 1565 in einer Art Handbuch das Programm eines idealen
Museums entwirft. Vgl. Quiccheberg 1565. Weitere sammlungstheoretische Schriften stammen
von Olearius 1674, Major 1674, Happel 1683-1691, Mollerus 1704 und Neickel 1727.
26
Quiccheberg fügt direkt an die Auflistung der Gruppen von Sammlungsgegenständen (den
„Inscriptiones“) eine Beschreibung der sogenannten ‘Archive’ bzw. ‘Werkstätten’ an, die
ausdrücklich zur Kunstkammer gehören sollen: Neben einer Bibliothek, einer Druckerei, einer
Drechslerwerkstatt und einer Apotheke zählt er auch ein Vogelhaus mit seltenen Vogelarten
auf, welches er als Ergänzung der Kunstkammer sieht. Dieser gesamte, der Kunstkammer
angekoppelte Bereich, sollte dem Forschen und Lernen dienen - also ergänzend zu den
Kunstobjekten hinzugezogen werden, um zusätzliches Wissen zu liefern. Vgl. Quiccheberg
1565, II.2.a Musea et Officina. Zum Vogelhaus vgl. ebd. II.3.a Admonitio et Consilium, Zeile
243-251.
27
Der „Geöffnete Ritterplatz“ von Sturm entstand im Zusammenhang mit der 1687 gegründeten
Ritterakademie in Wolfenbüttel – dort wirkte Sturm ab 1694 als Mathematiker und Ingenieur. Zur
8
eines Sammlungsbesuches, für das Benehmen in den Museen und für die
Verarbeitung des Gesehenen - das Bild eines idealen Museums, dessen
Grundriss mit Lageplan beigegeben ist. Den Inhalt bildet eine kultur- und
naturgeschichtliche Universalsammlung, die ihre Ergänzung in einem
botanischen und einem zoologischen Garten findet. So führt Sturm jenseits des
Gartens neben der Orangerie als Wintergarten und dem Geflügelhof auch ein
Tiergehege auf:
„Der dritte und vierde Theil geben Anlaß an eine kleine Menagerie zu seltenen
ausländischen lebenden Thieren. Denn (n.25.) kann in Gewölben unter den
Terrassen Ställe vor das Geflüg haben / und behält noch einen guten Raum unter
den freyen Himmel vor dieselbigen. Ebenfals kann in solcher art Ställen und dem
davor liegendem Plaz n.26. verschiedene vierfüßige Thiere einschliessen. Es wird
aber dienlich seyn, ferner nach Ordnung dieser Classen etlicher Raritäten
besonders zu gedencken / welche in einigen Cammern hier und dar gefunden
28
werden / damit eine etwas genauere Eintheilung an die Hand gegeben werde.“
Auch der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz29 (1646-1716) hat
Wesentliches zur Begründung einer Theorie des Museums beigetragen. In
seinem Bildungskonzept war die Kunstkammer der Impulsgeber für die
Errichtung von Universitäten und Akademien - eines der Ziele, dem er sein
ganzes Leben hindurch die größte Aufmerksamkeit widmete30.
Leibniz sah für sämtliche der von ihm erdachten wissenschaftlichen Akademien
ein angeschlossenes „Theater der Natur und Kunst“ vor. In einer Denkschrift
anlässlich der Gründung der Kurfürstlich Brandenburgischen Societät in Berlin,
der späteren Akademie der Wissenschaften, plädierte er 1700 für die
Verwirklichung entsprechender Einrichtungen wie:
„Bibliotheca, Iconotheca (oder Collection von Kupferstücken, Rißen, Bildungen und
Gemählden), Kunst- und Raritätenkammern, Zeug- und Rüsthäuser, Gärten vieler
Art, auch Thierbehältnisse und die großen Wercke der Natur und Kunst selbsten,
31
[...] zum Theatro Naturae et Artibus [...].“
Sein Projekt sollte mit Attraktionen und begleitenden Vergnügungen verbunden
werden: Mit Konzerten, Auftritten von Seiltänzern, Theaterspiel und allerlei
Spektakel entwarf Leibniz die Vision eines wahren Sammlungs-Theaters.32 Als
Biographie von Sturm vgl. Bauakademie der DDR 1990. Zum „Raritäten-Haus“ vgl. Becker
1996, S.27ff.
28
Sturm 1705, § 12, S. 32.
29
Leibniz wurde 1676 Bibliothekar und Rat des Herzogs Johann Friedrich von BraunschweigLüneburg in Hannover. Briefwechsel mit fast allen bedeutenden Gelehrten Europas.
30
Die Kasseler Akademiegründung des Collegium Carolinum, die Landgraf Karl von HessenKassel im Jahre 1709 im Ottoneum ins Leben rief, geht letztendlich auch auf eine Anregung von
Leibniz zurück, mit dem der hessische Landgraf in persönlichen Kontakt stand. Vgl. Philippi
1976, S.14. Leibniz regte Wissenschaftsakademien nach englischen und französischen
Vorbildern nicht nur in Berlin an, sondern auch in Mainz, Dresden, Wien und St. Petersburg.
31
Zitiert bei Harnack 1900, Bd. 2, S.78f. In einer späteren Gedenkschrift über die Verbesserung
der Künste und Wissenschaft im Russischen Reich von 1716 (No. 240) nimmt er diesen
Gedanken noch einmal auf: „Zum theatro naturae gehören ganze grotten, darin allerhand
Sorten der Mineralien und Muschelwerke zu sehen, Garten, darin ungemeine Sorten von
Bäumen, Stauden, Wurzeln, Kräuter, Blumen und Früchte zu finden und endlich Thiergarten
und vivaria, darin lebende vierfüssige Thiere, Vögel und Fische zu sehen, samt einem theatro
Anatomico, darin der Thiere Sceleta zu zeigen.“ Zitiert aus Guerrier 1873, S.351.
32
Leibniz’ Reformprogramm, das er mit „Theatrum naturae et artis“ überschrieb, lieh einer
Ausstellung der Humboldt-Universität Berlin 2000/2001 den Titel: Als „Theater der Natur und
Kunst: Wunderkammern des Wissens“ wurden dort etwa 100 unterschiedliche
9
„Sammel- und Wissenstheater“33 bildete die Akademie für Leibniz die ideelle
Fortsetzung der Kunstkammer, allerdings nicht mehr als fürstlicher Privatbesitz,
sondern als didaktisches Element im Dienste eines umfassenden Projekts
„Gelehrtenstaat“.
2. Forschungsstand
Betrachtet man die Kunstsammlungen vom 16. bis 18. Jahrhundert im
europäischen Raum, so kann man feststellen, wie sehr das gesellschaftliche
Umfeld sowie besondere Vorlieben und Interessen der Sammlerpersönlichkeit,
dem “Zeitgeist“ verpflichtet, den jeweiligen Charakter der Sammlung
bestimmten. Es fällt daher schwer, von der Kunstkammer schlechthin zu
sprechen. Der Begriff „Kunst- und Wunderkammer“ ist in dieser Kombination
eine Wortschöpfung, die der Kunsthistoriker Julius von Schlosser in seiner
Arbeit von 190834 verwendete. Wissenschaftlich avancierte dadurch dieser
Begriff zum Fachterminus.
Zweifellos einen Meilenstein für die Kunstkammerforschung stellten mehrere
internationale Symposien dar, die sich seit den 80er Jahren mit den
frühneuzeitlichen Sammlungen beschäftigten. Grundlegend war eine Tagung,
die das Ashmolean Museum Oxford, das selbst aus der Tradescant-Sammlung
des 17. Jahrhunderts entstanden ist, 1981 veranstaltete. Der dazu 1985
erschienene Band „the Origins of Museums“35 greift verstärkt die Interpretation
der „Kunst- und Wunderkammern“ als selbständiger Mikrokosmos auf, der die
göttliche Schöpfung - den Makrokosmos - zu spiegeln hatte. In Deutschland
veröffentlichte das Institut für Museumskunde in Berlin 1994 einen
vergleichbaren Tagungsband unter dem Titel „Macrocosmos in Microcosmo.
Die Welt in der Stube“.36
Angeregt durch diese Publikationen sind verschiedene Studien entstanden, die
sich mit einzelnen Kunstkammern37 oder dem Sammlungstypus allgemein38
beschäftigt haben. Neben der Aufarbeitung des „geordneten Ganzen“39 der
Kunstkammern nimmt die Erörterung der Curiositas40 als Auslöser für das
naturwissenschaftliche und kulturhistorische Sammlungen der Humboldt-Universität in einer
Gesamtschau gezeigt und damit sinnfällig die Bandbreite vor Augen geführt, was „Universität“
bedeuten kann. Wie bei keiner anderen Ausstellung zuvor wurde hier deutlich gemacht, dass
am Ende die universitären Sammlungen - ebenso wie die der Akademien, Wissenschaften und
Museen - in all ihrer Verschiedenheit doch wieder auf ihren Ursprung zurückweisen: Auf die
fürstliche Kunst- und Wunderkammer der Renaissance und des Barock, in der adlige Sammler
Gegenstände aus allen Bereichen der Natur, Kunst und Wissenschaft zusammentrugen. Vgl.
Ausst.-Kat. Berlin 2001.
33
Ebd. S.78f.
34
Die erste Auflage erschien 1908 in Wien. Verwendet wurde die zweite, verbesserte Ausgabe:
Von Schlosser, Julius: Die Kunst- und Wunderkammern der Spätrenaissance. Ein Beitrag zur
Geschichte des Sammelwesens, Braunschweig 1978.
35
Vgl. Impey/MacGregor 1985.
36
Vgl. Grote 1994. Zur Mikrokosmos-Makrokosmos-Analogie als Element der Naturphilosophie
der frühen Neuzeit vgl. Ausst.-Kat. Braunschweig 2000, S.9-11.
37
Zu den Habsburger Sammlungen, insbesondere der auf Schloss Ambras, vgl. Scheicher
1979. Zur Sammlung von Rudolf II. in Prag vgl. Fuciková 1988.
38
Vgl. Valter 1995; Becker 1996; Minges 1998; Lugli 1983; Braungart 1989. Zum
niederländischen Bereich vgl. Ausst.-Kat. Amsterdam 1992.
39
Scheicher 1979, S.12.
40
„Kurios“ hat dabei weniger die Bedeutung von seltsam und merkwürdig, sondern bezeichnet
den Wissensdrang und die Neugierde des 16. und frühen 17. Jahrhunderts.
10
Sammelwesen in der Frühen Neuzeit eine zentrale Stellung ein. Es wird
festgestellt, dass gerade in der Kunstkammer sich die Neugierde im Studium
der Objekte entfalten konnte. Elke Bujok bezeichnet „die Verbindung von
Curiositas und Staunen“ als „die entscheidende Geisteshaltung im 17.
Jahrhundert, mit der das Seltene, Ungewöhnliche und somit auch das Fremde
betrachtet, aber nicht hierarchisiert wurde.“41 Die Kunstkammer erscheint ihr als
der ideale Ort für das Staunen und die Wissbegierde. Denn Kostbarkeiten
wurden nicht nur angehäuft, sondern ganz gezielt gekauft, in Auftrag gegeben
und in eigenen Räumen systematisch aufgestellt. 42 Die oft kritisierte
Objektvielfalt gilt als „Konstrukt einer den Makrokosmos nachbildenden
mikrokosmischen Welt“43 und als Ausdruck der Neugierde des Menschen auf
die sich ständig erweiternde Menge der bestaunens- und wissenswerten Dinge
der Welt.
In diesem Zusammenhang gerät auch der Umgang mit den außereuropäischen
Exponaten verstärkt in den Blick der Forschung.44 Gerade die exotischen und
fremdländischen Erzeugnisse repräsentierten die Existenz fremder Länder,
Völker und Kulturen, die dank menschlicher „curiositas“ entdeckt wurden. Als
rares, vom Gewohnten abweichendes und kostbares Objekt „symbolisierten sie
die Essenz jeden Sammeleifers, den Wunsch, einmalige, seltene Exemplare zu
besitzen.“45 In Bezug auf die fürstlichen Sammlungen überrascht es, dass die
Thematisierung der Menagerie als Sammlung zoologischer Raritäten lange Zeit
nur wenig Beachtung gefunden hat. Als lebendige Kuriositäten aus weit
entfernten Erdteilen repräsentierten doch die fremdländischen Tiere die
„Wunder der Neuen Welt“46 genau so wie die Ethnographica in den
Kunstkammern.
Erst seit Ende der 90er Jahre werden im Zusammenspiel von
Sammlungsgeschichte,
Gartenarchitektur
und
Zoologie
in
kulturwissenschaftlicher Hinsicht die Menagerien als Teil der Kunst- und
Wunderkammern verstanden. Während sich ältere Veröffentlichungen auf Seite
der
Menagerie-Forschung47
noch
hauptsächlich
mit
zoologischen
Fragestellungen beschäftigten, wartet die jüngere Forschung mit
kulturhistorischen Ansätzen auf, die Sammelleidenschaft bzw. den
„enzyklopädischen Wissensdrang“48 auch als vorrangiges Motiv der Tierhaltung
41
Bujok 2004, S.64.
So stellt Hoppe 1994, S.244, fest: „Der vielseitige, bunte Inhalt von bemerkenswerten
Seltsamkeiten der Kunst- und Naturalienkammern war kein willkürliches Durcheinander,
sondern war durchzogen von einem mehr oder minder dichten Gewebe verschiedener
Verbindungen der Objekte untereinander.“ In denselbem Sinne Minges 1998, S.7: „Die Struktur
der studioli, Kunstkammern und Galerien ist nicht von einem Mangel an Systematik oder
geistiger Durchdringung geprägt, sondern von Philosophien, die andere Ausgangspositionen als
das heute dominierende historische Bewußtsein bereitstellten. Schon der Ordnungsbegriff
selbst unterlag einem Bedeutungswandel, den die heutige Quellenkritik zu berücksichtigen hat.“
43
Zitiert aus Walz 2000, S.10.
44
Vgl. dazu Collet 2007. Außerdem Mason 1994, S.1-20, und Trnek/Haag 2001.
45
Valter 1995, S.12.
46
Collet 2007, S.86.
47
Bei den Untersuchungen von Zoologen wie Heini Hediger, Werner Kourist oder Heinz-Georg
Klös zur Entwicklungsgeschichte zoologischer Einrichtungen standen kulturhistorische und
zoologische Aspekte im Mittelpunkt, die im Rahmen dieser Arbeit jedoch nur angedeutet
werden können: Vgl. Hediger 1977; Kourist 1967 und Klös 1969. Den bisher zeitlich und
räumlich umfassendsten Zugang zum Thema Menagerien bietet nach wie vor Gustave Loisel
mit seiner 1912 erschienen dreibändigen Publikation: Vgl. Loisel 1912.
48
Dittrich 2001a, S.9.
42
11
im 16. bis 18. Jahrhundert zu sehen. Erst neuere, fachübergreifende
Veröffentlichungen verweisen auf die Menagerie als Komponente der
Kunstkammer im Ensemble von Bibliothek, Observatorium, Laboratorium und
botanischem Garten und bezeichnen sie ganz allgemein als eine
„Außenstelle“49 oder „Erweiterung der Kunstkammern im Freien“50. Die Aufsätze
von Lothar Dittrich51 und Annelore Rieke-Müller52 erweisen sich in diesem
Zusammenhang als besonders wertvoll. Der Frage nach gemeinsamen
Sammlungskriterien, die die Auswahl der Gegenstände in den Kunstkammern
bzw. der Tiere in den Menagerien bestimmten, wird allerdings nicht
nachgegangen. Des weiteren fehlt bei diesen Autoren eine Auseinandersetzung
mit einem konkreten Fallbeispiel.
Eine streng kunstgeschichtliche Fragestellung entwickelte Bettina Paust in ihrer
1996 erschienenen Dissertation53, indem sie an den wichtigsten Menagerien im
Raum
exemplarisch
architektonische,
gartendeutschsprachigen
architektonische
und
theoriegeschichtliche
Bezüge
aufzeigte.
Ihre
angeschnittenen Überlegungen zum Kosmosgedanken in Zusammenhang mit
Menagerie und Kunstkammer sollen in die vorliegende Arbeit einfließen und
bieten gleichzeitig Anregungen für weitere Forschungen. Die von Paust
aufgeführten Menagerien sind monographisch erfasst, auf Kassel geht die
Autorin dabei allerdings nur marginal ein.54 Damit bleibt einer der
bedeutendsten Wissenschaftsstandorte des frühneuzeitlichen Europas
unberücksichtigt.
Diese Lücke soll hier geschlossen werden. Im Mittelpunkt steht die fürstliche
Menagerie des Landgrafen Karl, die den „Höhepunkt“ der exotischen
Tierhaltung in Kassel bildet. Es soll aufgezeigt werden, dass sich ihre Gründung
als Bestandteil der frühneuzeitlichen Kunst- und Wunderkammer versteht. Der
Wirkungsgrad der Sammlungen des Landgrafen Karl beschränkte sich eben
nicht nur auf den Kunstkammerkomplex, sondern erfuhr durch die Anlage der
Menagerie in der Karlsaue eine räumliche Ausdehnung. Kunstkammergegenstände und lebende Menagerietiere waren gewissermaßen einer
gemeinsamen universalen Sammlungsidee verpflichtet – so lautet die These.
Um zu klären, inwiefern das Tierstück von Johann Melchior Roos als einmalige
Illustration der Sammlung lebender zoologischer Raritäten am fürstlichen Hof
verstanden werden kann, sollen zunächst Umstände der Entstehung einer
solchen Menagerie geklärt werden. Daher werden zunächst in Teil II
unterschiedliche Formen herrschaftlicher Tierhaltung, die sich bis in die Antike
zurückverfolgen lassen, als Wurzeln der barocken Menagerie vorgestellt.
Daneben sollen die bedeutendsten Menagerieanlagen kurz aufgeführt werden,
die, ausgehend von Frankreich, zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert
49
So Dittrich 2007, S.2: „Es entstanden die Kunst- und Wunderkammern, denen auch der
botanische Garten und die Menagerie gewissermaßen als „Außenstellen“ hinzuzurechnen sind.“
Vgl. auch Rieke-Müller 1997, S.3.
50
Vgl. Haak, S.116.
51
Dittrich 1986/87, S.86.
52
Rieke-Müller 2008, S.31ff. sowie Rieke-Müller 1997, S.1-26.
53
Paust 1996.
54
Paust beschränkt sich in ihren Ausführungen auf die unausgeführten Menagerieentwürfe für
Schloss Weißenstein, die um 1784/85 entstanden sind. Vgl. dazu Paust 1996, S. 154ff., 160,
179, 195. Die bedeutenden Menagerien von Landgraf Karl und Landgraf Friedrich II. werden
nicht thematisiert.
12
hauptsächlich in Österreich und Deutschland entstanden sind. Diese Vorarbeit
ist unentbehrlich, um später die Kasseler Menagerie in ihrem übergreifenden
Kontext einordnen zu können.
Im dritten Teil der Untersuchung wird verdeutlicht, dass in der ehemaligen
Residenzstadt Kassel heute nur noch wenig an die jahrhundertelange Haltung
von fremdländischen Tieren erinnert.55 So scheint nur wenig bekannt zu sein,
dass die Landgrafen von Hessen-Kassel bereits seit der Mitte des 16.
Jahrhunderts Einrichtungen für die Haltung von exotischen Tieren besaßen.56
Ein wesentliches Ziel der vorliegenden Untersuchung besteht darin, anhand von
historischen Schriftquellen die Standortbestimmungen der Tierunterkünfte
vorzunehmen und den jeweiligen Tierbestand so weit wie möglich zu
rekonstruieren. Die Bearbeitung dieses Themas stellt ein deutliches Desiderat
in der bisherigen kunsthistorischen Forschung dar, da lediglich die Publikation
von Evelyn Lehmann57 einen knappen Abriss dazu liefert.
Ein begleitender Untersuchungsbereich gehört in das Feld der „Sammelbilder“ –
diesem Bildtypus ist auch das Menageriegemälde von Johann Melchior Roos
zuzuordnen. Es gilt, eine umfassende Analyse des „Tierstücks“ vorzunehmen
und dabei den Kontext zur fürstlichen Sammlung herzustellen. Es bleibt in
erster Linie zu klären, welche Bedeutung dem Gemälde als
„Kunstkammerstück“ zukommt, eine Fragestellung, die Lehmann in ihrer
Analyse des „Tierstücks“ noch nicht verfolgte. Ein Strukturvergleich zwischen
dem Sammlungstyp Kunst- und Wunderkammer und dem Kasseler Sammelbild
soll die Bedeutung der Kasseler Menagerie als „lebende Kunst- und
Raritätenkammer“ hervorheben.
55
Dazu zählen die Affenallee und das ehemalige Tiergartenrestaurant in der Karlsaue. Die
Affenallee ist eine ca. 500 m lange Kastanienallee am Westufer der Kleinen Fulda. Sie verband
in der Barockzeit den Haupteingang der Karlsaue (Marmorbad) mit der Menagerie Friedrichs II.
(spätere Hofbleiche) im entlegenen Parkteil unterhalb vom Weinberg. Nach 1981 wurde sie
wieder hergestellt.
Auf dem Areal des ehemaligen Tiergartenrestaurants in der Karlsaue, dem großen Rondell
zwischen Küchengraben und Hauptallee, ließ der Pächter, Otto Eckart, von 1928 bis 1939 die
alte Menagerie-Tradition wieder aufleben. Hinter dem Restaurant gehörten Hirsche aller Art,
Esel, Kamele, Bären, Löwen, Zebras, Antilopen, Affen und exotische Vögel zum Zoo-Bestand.
Heute trägt das Restaurant den Namen „Augarden“.
56
Kassel besitzt heute nur noch einen privaten Kleintierzoo am Rammelsberg (Wahlershausen)
mit vielen Haus- und Heimtieren sowie exotischen Vögeln, einigen Affen und Schlangen.
Zwischen 1896 und 1898 wurde von dem Menageriebesitzer Karl Krebe aus Gotha der Versuch
unternommen, im Park von Schönfeld einen zoologischen Garten einzurichten, der jedoch nicht
die Unterstützung der Stadt Kassel fand.
57
Vgl. Lehmann 2009.
13
TEIL II: TIERGÄRTEN UND MENAGERIEN VON IHREN URSPRÜNGEN BIS
ENDE DES 18. JAHRHUNDERTS IN EUROPA
1. Über die Anfänge der Wildtierhaltung bis zum Ende des Mittelalters
„Wildtiere werden in Menschenhand gehalten, solange es dokumentierte
Überlieferung gibt, also schon seit dem Neolithikum. Vermutlich gehört die
Zähmung und zeitweilige Haltung zahmer Wildtiere als Objekt des persönlichen
Vergnügens zu den ureigensten Verhaltensmerkmalen unserer Spezies, seit sie
58
zum Kulturwesen wurde.“
Tiergärten haben eine lange Tradition. Bereits im Kulturbereich des Alten
Orients existierten weiträumig angelegte Terrains für Wildtierhaltung, die wie bei
den Ägyptern und in Altpersien profanem Vergnügen und sakralen Zwecken
dienten.59
Im asiatischen Raum sind bereits früh Jagdparks bezeugt. Die älteste
(bekannte) Sammlung lebender Tiere wurde um 2000 v. Chr. am Hof eines
chinesischen Kaisers aus der Hsia–Dynastie angelegt.60 Etwas später ließ
Wen-Wang um 1150 v. Chr. den „Park der Intelligenz“ bauen, der bis in die
Mitte des vierten vorchristlichen Jahrhunderts bestand. In diesem Garten
wurden sowohl exotische Pflanzen angesiedelt, als auch Tiere aus
verschiedenen Regionen zusammengetragen. Die mannigfaltigen Säugetier-,
Vogel- und Fischarten dienten neben der Betrachtung auch der Jagd.61
Der Typus des orientalischen Jagdparks fand zur Zeit der Eroberungszüge
Alexander des Großen (356-323 v. Chr.) in der alten Bezeichnung „Paradies“62
Eingang in die griechische Kultur. In diesen „paradeisoi“ galt das Jagen als
königliches Privileg. Der erste, nach orientalischem Vorbild errichtete Jagdpark
auf griechischem Boden, war von Xenophon in der der Artemis heiligen
Gartenanlage zu Skillous (Peleponnes) angelegt worden.63
Unterhaltung und Belustigung waren zwei bedeutende Faktoren, auf die bereits
die Nutztierhaltung in der Form der „pastio villatica“64 im römischen Reich zielte.
Die Vogel-, Fisch- und Wildtierarten65, die in weitläufigen, umzäunten Anlagen66
gezüchtet und gehalten wurden, versorgten die Tafel der römischen Aristokratie
mit vielfältigen Fleisch- und Fischdelikatessen. Bei den „schwelgerischen
Mahlen“67 dienten die Tiere der Prunkentfaltung und dem Vergnügen.
Ebenfalls sehr populär in der ausgehenden Republik und der frühen Kaiserzeit
war die Errichtung von Vogelhäusern innerhalb des römischen Villenbereichs, in
58
Zitiert aus Dittrich 1986/87, S.82.
Vgl. Loisel 1912, Bd.1, S.9f. sowie Paust 1996, S.23.
60
Walter 1999, S.94.
61
In einem der von Konfuzius gesammelten Lieder Schi-King wird der Park besungen. Zur
Übersetzung vgl. Rückert, Friedrich: Schi=King, Chinesisches Liederbuch, gesammelt von
Confucius, Altona 1833, S.282. Das Lied ist auch abgedruckt bei Stricker 1879, S.9.
62
Mielsch verweist darauf, dass die Bezeichnung „Paradies“ für jeden größeren Park auftaucht,
der reich an Obstbaumanpflanzungen war. Vgl. Mielsch 1987, S.22. Vgl ebenso Paust 1996,
S.24.
63
Ebd., S.23.
64
Paust 1996, S.24.
65
Dazu zählten unterschiedliche Gattungen von Hirschen, Rehen, Wildschweinen und Hasen
sowie manchmal nordafrikanische Gazellen und Antilopen.
66
Diese Anlagen werden als „vivaria“ bezeichnet. Ebd. S.24 und 38.
67
Zitiert aus Stricker 1879, S.10.
59
14
denen essbare Singvögel gehalten und gemästet wurden. Eine Benutzung der
Vogelhäuser als Speiseraum war durchaus üblich.68 Auch diese Form der
Nutztierhaltung wurde nicht nur aus ökonomischen Gründen betrieben, sondern
diente ebenso der Unterhaltung und der Zerstreuung.69
In Zusammenhang mit großen Tierkampfveranstaltungen entwickelte sich im
antiken Rom eine weitere Art der Wildtierhaltung, die nichts gemein hatte mit
den weitläufigen Jagdparks.70 Die überwiegend mit exotischen Tieren in den
römischen Circusarenen oder Amphitheatern veranstalteten Tierhetzen übten
eine große Faszination auf die Betrachter aus. Mit der Expansion des
Römischen Reiches gelangten Tiere aus den entlegensten Gebieten nach Rom,
von denen man bisher keinerlei Kenntnis hatte. Darunter waren Krokodile,
Nilpferde, das afrikanische Rhinozeros oder Giraffen, die großes Aufsehen
unter dem Publikum hervorriefen.71 Die fremdländischen Tiere wurden sowohl
zur Schau gestellt als auch gehetzt und erlegt. Die erste Veranstaltung dieser
Art fand im Jahre 186 v. Chr. im Circus Maximus in Rom statt.72
Höfische Tierhaltung im Mittelalter
Die Wildtierhaltung im Mittelalter beruhte auf den Traditionen antiker Völker. In
vielen Städten73 wurden Tiergehege in den Stadtgräben angelegt, die vor allem
mit jagdbarem Wild, vorwiegend Hirschen oder Bären, besetzt waren. Daneben
zählte es zu den Privilegien des Adels, sich in den Burggräben bzw.
Schlossgräben Wildtiere zu halten.
In Mitteleuropa waren exotische Tiere seit der Karolingerzeit Teil höfischer
Repräsentation. Gelehrte setzten sich mit ihnen als Zeugnissen der
außereuropäischen Welt und der Vielfalt der Schöpfung vor allem seit der
Entdeckung der Neuen Welt intensiv in einem gelehrten Diskurs auseinander.
Die fremdartige Natur und die Kenntnis zuvor unbekannter Arten ferner Länder
stellten für die Europäer ein Wunder dar, waren viel versprechende
Herausforderung, abschreckende Gefahr und begehrte Bereicherung des
Wissens und der Ästhetik zugleich.74
Fremdländische Tiere waren in Europa seit dem Mittelalter bevorzugte
Geschenke von Fürst zu Fürst und begehrte Statussymbole, die ihren Platz in
der höfischen Repräsentation innehatten. Bereits an den Höfen
frühmittelalterlicher Fürsten gab es gezähmte Wildtiere75, aber erst mit Pippin
und seinem Sohn, Karl dem Großen, ist die höfische Tierhaltung verbunden mit
der Selbstdarstellung des Herrschers, der Dokumentation seines
Machtanspruches der mittelalterlichen Weltordnung. Karl unterhielt in Aachen
68
Bei festlichen Gelagen, die in den Vogelhäusern stattfanden, konnten die Gäste des
Hausherrn durch den Anblick und den Gesang der Vögel während des Essens erfreut werden.
Vgl. Paust 1996, S.48.
69
Mielsch 1987, S.17.
70
Auf diesen völlig anderen Kontext verweist Paust 1996, S.39.
71
Ebd., S.38f.
72
Vgl. Loisel 1912 sowie Paust 1996, S.38.
73
Beispielsweise in Frankfurt, Solothurn, Bern, Zürich und Luzern.
74
Rieke-Müller 2001, S.8.
75
Gehalten wurden vornehmlich Tiere der heimischen Fauna, wie Rothirsche, Braunbären, evtl.
Wisente im Gatter und zum Sprechen und Pfeifen abgerichtete Singvögel. Vgl. Hauck 1963,
S.11 und Dittrich 1986/87, S. 82/83.
15
einen eigenen Privatzoo und weitere Menagerien in Ingelheim, Nimwegen und
in Frankreich. Für die Gloriole des Königs waren „Königstiere“ ebenso
bedeutsam wie anderer materieller Besitz (Edelmetalle, Rüstungen, kostbare
Stoffe). Seine politischen Bestrebungen waren darauf ausgerichtet, den
Machtanspruch gegenüber dem des Kaisers in Byzanz gleichrangig erscheinen
zu lassen. In Byzanz wurden seit dem römischen Gründertagen von den
Kaisern Menagerien unterhalten. Im Rahmen dieser Politik ließ sich Karl 802
von dem Kalifen Harun ar-Raschid in Bagdad einen libyschen Löwen, einen
Braunbären, einen Affen und einen Elefanten vermitteln, der bei seiner Ankunft
in Aachen der erste Elefant in Deutschland war.76 Karl verwandte ihn als
Symbol seiner kaiserlichen Macht, setzte ihn nicht nur als Kriegselefant ein,
sondern führte ihn auch mit zu Hoftagen und Bischofskonferenzen.77
Auch für andere mittelalterliche Kaiser wurde der Besitz fremdländischer Tiere
zur Bezeugung ihrer quasi überirdischen Macht und kündete von ihrem Ruhm.
Zu den unterschiedlichsten Anlässen spielten diplomatische Geschenke von
Tieren eine große Rolle. Kaiser Heinrich III. erhielt 1054 von dem von den
isländischen Gemeinden zum Bischof gewählten Priester Isleiv einen Eisbären
zum Geschenk, als Gegenleistung seiner Unterstützung bei dessen Investitur in
Rom.
Der Stauferkaiser Friedrich II. unterhielt um 1230 an mehreren seiner
zeitweiligen italienischen Residenzen auf Sizilien und in Süditalien
Tierhaltungen mit Kranichen, Reihern, Geparden und Luchsen – die ersten in
Europa nach der römischen Zeit. Er richtete auch eine Zuchtstation für
Dromedare ein. Er war der erste, der seine aus exotischen Tieren bestehende
Menagerie bewusst „strategisch“ zu Repräsentationszwecken einsetzte, um die
Glorie seiner Herrschaft und seines Ruhmes zu unterstreichen. Die Tiere seiner
Wandermenagerie begleiteten ihn auf Reisen und Triumphzügen:78 Kamele,
Löwen, Leoparden, Panther, Affen, Eulen, Beizfalken und Habichte.79 Daneben
besaß er auch einen Elefanten, der als Geschenk eines islamischen Herrschers
ins christlich-abendländische Europa gelangte. Er wurde eingesetzt bei dem
triumphalen Einzug des Kaisers in Mailand nach seinem Sieg bei Cortenuova
(1237); vier Jahre später trat er beim Empfang Richard von Cornwalls in
Cremona in einem nach antikem Vorbild inszenierten Triumphzug auf.80
Ab dem 14. Jahrhundert sind in Italien und Holland, bald auch in Burgund,
Frankreich, England und Prag und an Residenzen deutscher Fürsten
Menagerien dokumentiert. Bevorzugt wurden Löwen, die in Löwenhöfen, teils
76
So Dittrich 1986/87, S.83.
Der Elefant trug den Namen „Abul Abaz“ – er war der einzige in der christlichabendländischen Geschichte, dem man den Einsatz als „Kriegs-Maschine“ zumutete. Alle
anderen diplomatischen Elefanten, die nach ihm nach Europa kamen, wurden ausschließlich als
Verkörperung fürstlicher Pracht und Herrschaft dem Volk präsentiert. Vgl. Oettermann 1982,
S.38.
78
Nachweisbar ist das Mitführen exotischer Tiere für Ravenna (1231), Cremona (1235 und
1237), dann größtenteils in Deutschland, Padua (1239), Verona (1245), Siena (1247), vor
Parma (1248). Vgl. die Auflistung bei Paust 1996, S.40.
79
Sein nach eigenen Bekunden auf dreißigjähriger Beobachtung von Falken und Habichten und
auf seinen Beizjagderfahrungen beruhendes Werk „De arte venandi cum avibus“ weist Friedrich
II. als einen erfahrenen Tierhalter aus. Vgl. Walz 1994, S.7-10.
80
Oettermann 1982, S.34.
77
16
mit Innen- und mit Außenanlage, gehalten wurden. Oft stellten sich sogar
Zuchterfolge ein, so dass junge Löwen weiterverschenkt werden konnten.
2. Exotische Tiere an den Höfen der Renaissancefürsten
Mit Beginn der Frühen Neuzeit erweiterte sich in Europa die Kenntnis der
außereuropäischen Welt. Ab den fünfziger Jahren des 15. Jahrhunderts
erreichten portugiesische Seefahrer zunächst die westafrikanischen Küsten.
Bartolomeu Dias umsegelte 1478 die Südspitze Afrikas und 1497 erreichte
Vasco da Gama Indien. Kolumbus gelangte 1492 im spanischen Auftrag an die
Küsten Kubas und Haitis sowie in den nächsten Jahren zu weiteren Inseln in
der Karibik, nach Trinidad und die dahinterliegenden Küsten Süd- und
Mittelamerikas. Es folgte 1520 die Umsegelung der Südspitze Südamerikas
durch Magellan. Ab 1595 begann die Erschließung südostasiatischer Inseln für
den Überseehandel durch die Holländer. 1602 bildeten sich in den
Generalstaaten die Ostindische Compagnie und 1621 die Westindische
Compagnie.
Zu den immer umfangreicher und vielseitiger werdenden Transportgütern
gehörten auch in zunehmendem Maße fremdländische Tiere, wie Jaguar,
Nandu,
afrikanischer
und
asiatischer
Elefant,
Panzernashorn,
Hirschziegenantilope, Giraffe, Leopard, Gepard und Strauß. Man ??? hielt
immer mehr Affen verschiedenster Arten als auch die großen Papageienarten
der Neuen Welt. 1597 gelangte der erste Helmkasuar auf einem holländischen
Handelsschiff aus Java nach Europa – er war der erste seiner Art in Europa und
wurde über Umwege in die Menagerie Kaiser Rudolfs II. in Prag überführt.81
Große Bedeutung für die Kulturgeschichte und die Kunst gewannen die großen
Menagerien der Gonzaga in Mantua, der Visconti in Pavia und Mailand oder die
der Medici in Florenz. Die aufgeschlossene, kultivierte und weltoffene
Atmosphäre, die an diesen Höfen herrschte, weckte das Interesse für ein
Studium der belebten Natur.82 Die am Hofe arbeitenden Künstler konnten die
Menagerietiere als Studienobjekte heranziehen und in Zeichnungen und
Skizzen darstellen. Zu den bedeutendsten Vertretern der lombardischen
Tiermalerei um 1400 zählen Giovannino de’ Grassi (gest. 1398), Michelino da
Besozzo und Antonio Pisanello (1395-1455). Giovannino de’ Grassi hielt sich in
Pavia am Hof Galeazzo II. Visconti auf, dessen außergewöhnliche
Tierbegeisterung überliefert ist. Er war begeisterter Jäger und besaß zudem
einen veritablen zoologischen Park mit vielen exotischen Tieren. Die Panther,
Geparden, Affen, Bären, Stachelschweine und Adler seiner Menagerie wurden
in den Zeichnungen des Hofmalers um 1398 bildlich festgehalten.
Die Tierbegeisterung der Visconti nahm bei Galeazzos II. Sohn Giangaleazzo
eine besondere Form an: eine ausgeprägte Affinität zum Leoparden oder
Geparden, der wohl als persönliche Impresa diente.83 Bis 1413 scheint die
81
Der Helmkasuar ist auf mehreren Bildern des Prager Hofmalers Roelant Savery (1576-1639)
abgebildet, vgl. Orpheus mit den Tieren, 1603, Frankfurt, Städel. Außerdem erscheint er auf
einem Aquarell im Bestiarium von Rudolf II., 1601/1602, abgebildet in Dittrich/von Engelhardt/
Rieke-Müller 2001, S.23, Abb.6.
82
List 1993, S.98.
83
1392 notiert ein Chronist den Wurf dreier Leopardenjungen im Tiergarten der Residenz von
Pavia, ein bereits damals sensationelles Zeugnis der Domestizierung exotischer Tiere. List
1993, S.98
17
Haltung von Leoparden und Geparden nur am Hof der Visconti gepflegt worden
zu sein.84
Aus dem Raum nördlich der Alpen sind ebenfalls bedeutende Menagerien
bezeugt. In der von Philipp dem Guten um 1420 in Gent gegründeten
Menagerie zeichnete 1521 Albrecht Dürer Berberlöwen, einen Luchs, einen
männlichen Mantelpavian und eine junge Gemse.85 Bereits zwischen 15121515 hatte der Künstler für das Gebetbuch Maximilians I. ein
Weißbüscheläffchen nach der Natur gezeichnet, vermutlich in Nürnberg.86
Einen großen Tiergarten unterhielten auch die sächsischen Herzöge. Kurfürst
August I. (1526-1586) besaß in Dresden unter anderem einen Bärenzwinger
und seit 1554 ein Löwenhaus auf der Elbbrücke, in dem neben Löwen auch
Leoparden, Paviane und Luchse gehalten wurden.87
Zu nennen sind des Weiteren die Menagerien der Brandenburger88, die der
bayrischen Herzöge und die Ottheinrichs von der Pfalz (1502 bis 1559). Die
größte Bedeutung erlangte die Menagerie Herzogs Ferdinand von Tirol (15291595) auf Schloss Ambras bei Innsbruck. Zu seiner naturkundlichen Sammlung
zählte auch ein angrenzender Garten, in dem Löwen, Leoparden, Bären, Wölfe,
Affen, Hirsche, Steinwild und Meerschweinchen gehalten wurden.
Die Motive der Tierhaltung im 15. und 16. Jahrhundert waren vielseitig. Zum
einen kam dem lebenden Tier als Mittel der Repräsentation fürstlicher Macht
immer noch besondere Wertschätzung zu. Renaissancefürsten bemühten sich
um die Bereicherung ihrer Menagerien durch seltene oder schmückende sowie
aus der Symbolik bekannte Arten89 und nahmen exotische Tiere gern als
diplomatische Geschenke an. Im 16. Jahrhundert zählte der Elefant zu den
„höchsten Trümpfen im diplomatischen Spiel“.90 Herausragendes Beispiel für
den Erfolg eines „diplomatischen Elefanten“ war die portugiesische
Gesandtschaft, die 1514 in Rom Papst Leo X. den Elefanten Hanno
überbrachte. Das Tier kniete vor dem Papst nieder, verweigerte aber allen
anderen Würdenträgern diese Reverenz. Eine Huldigung von eindringlicherer,
sinnfälliger Symbolik ist wohl nicht denkbar: das heidnische Indien unterwarf
sich dem Christentum. Dies war eine höchst erfolgreiche Inszenierung des
Schenkers König Manuel, der damit die weltliche Herrschaft über Indien
dokumentierte.91
Der Habsburger Maximilian II. (1527-1576) - seit 1564 deutscher Kaiser knüpfte an die Tradition der Prunkumzüge der großen mittelalterlichen
84
1413 ließ, sicher in Konkurrenz zu den Visconti, Niccolo d’Este Jagdleoparden aus dem
Orient nach Ferrara bringen.
85
Albrecht Dürer, Studien von Tieren und Landschaft, 1521, Williamstown, Sterling and
Francine Clark Art Institute; abgebildet in Luz 1987, S.16, Fig. 24. In der auf denselben Gründer
zurückgehenden Menagerie in Brüssel zeichnete später Jan Breughel Affen, Kakadus und
andere Papageien. Vgl. Dittrich 1986/87, S.87.
86
Dittrich 1986/87, S.98.
87
1580 trafen zwei Strauße von Venedig über Augsburg kommend in der Menagerie des
sächsischen Kurfürsten August I. in Dresden ein. Als das Weibchen während der Rast ein Ei
legte, erregte das dort entsprechende Aufmerksamkeit. Vgl. Dittrich 2007, S.11.
88
Zu den Menagerien des Großen Kurfürsten vgl. AK Potsdam 1988, S.100-104.
89
Diese Funktion behielt die Haltung exotischer Wildtiere auch, als mit der tradierten
Kosmologie um 1700 auch die kosmologische Einheit der Kunst- und Wunderkammern
zerbrach.
90
Oettermann 1982, S.31.
91
Ebd. S.32.
18
Herrscher an, indem er sich bei seinem feierlichen Einzug in Wien 1552 von
einem Elefanten92, Dromedaren, Papageien und anderen exotischen Tieren
begleiten ließ. Seine stationären Menagerien in bzw. bei Wien (Ebersdorf ab
1552 und Neugebäude93) waren mit Machtanspruch auf die Weltherrschaft
gegründet worden und gehörten zu den bedeutendsten auf deutschem Boden.94
Neben Affen, Geiern, Bären, Löwen, Trappen, Fasanen und Mufflons war ein
handzahmer Pelikan eine besondere Attraktion.95
Hervorzuheben in der höfischen Kultur der Renaissance ist die Menagerie
Kaiser Rudolfs II. (1552-1612) in Prag, die er von seinem Vater, Maximilian II.,
übernommen hatte und weiter ausbaute.96 Der Kaiser „sammelte“ Wildtiere wie
Löwen, Leoparden, Geparden, Bären und Zibetkatzen. Ausgewiesene kostbare
Exemplare ließ er von seinen Hofmalern Jacob Hoefnagel und Roelant Savery
malen und zeichnen.
Das universale Sammeln des Kaisers war ausgerichtet auf alle ihm
erreichbaren Tierarten, sei es als lebende Exemplare, als Bälge, Skelette und
Präparate oder in Form von Zeichnungen und Enzyklopädien. Seine Gärten mit
exotischen Tieren und kostbaren Pflanzen waren Bestandteil eines
Universalmuseums und eine Anspielung auf den Garten Eden. Die
rudolfinischen Sammlungen97 werden auch als „eine Enzyklopädie der
sichtbaren Welt“98 bezeichnet, in denen „Kunstkammer und Gärten einander
[ergänzten] und einen Kontext für das Studium dessen [lieferten], was die Welt
der Natur und die Welt der Kunst zu bieten hatte. Beide waren auf komplizierte
Weise miteinander verbunden, manchmal in einer Art Verschmelzung,
manchmal im Widerstreit, wetteifernd um Form, Textur und Schönheit.“99
Durch die Anregungen aus fernen Ländern und durch das verbreitete Interesse
an den Naturwissenschaften erlebte die Tiermalerei in Europa eine bis dahin
unbekannte Blüte. Ein naturhistorisches Dokument ist das Bild der Dronte
(Dodo). Diese interessante Vogelart wurde im 16. Jahrhundert von
Ostindienfahrern auf der Insel Mauritius, östlich von Madagaskar, entdeckt und
war bereits Mitte des 18. Jahrhunderts ausgerottet. Nachdem die erste Dronte
zwischen 1605 und 1610 in Wien eingeführt wurde, erreichten nur noch wenige
Exemplare lebendig Europa. Wir kennen diese Vogelart in ihrem Habitus nur
von Bildern des 17. Jahrhunderts.100
Georg Hoefnagel illustrierte vier Bücher mit Beschreibungen der Tierarten:
Vierfüßer 1575, Kriechtiere 1576, Vögel 1580 und Fische 1582. Dieses Werk
92
Der indische Elefant kam 1551 aus Spanien und gelangte 1552 nach Ebersdorf, in die erste
der Wiener Menagerien. Bereits zwei Jahre später starb er dort. Aus den Knochen des toten
Tieres wurde 1554 der Elefantenstuhl angefertigt, der sich seit 1678 in den Sammlungen des
Stifts Kremsmünster befindet. Vgl. Lietzmann 1987, S.33.
93
Zum Lustschloss Neugebäude und seinem Garten vgl. Lietzmann 1987.
94
Zur Herrschaft von Maximilian II. und seinen Sammlungen vgl. grundlegend AK Prag 1997.
95
Giese 1976, S.30-44. Dittrich 1986/87, S.86.
96
Auch die bereits bestehenden Menagerien seines Vaters Maximilian am Schloss
Neugebäude, unweit Wien, und in Ebersdorf bei Wien wurden weiterbetrieben.
97
Zu Kunst und Kultur am Hofe Rudolfs II. vgl. grundlegend AK Freren 1988, Horejsi 1979,
insbesondere S.19-23 sowie Vocelka 1985.
98
Zitiert aus: de Jong 2000/01, S.45.
99
Zitiert ebd. S.45.
100
Vgl. Jacob Hoefnagel, Dronte, um 1600, Aquarell für das Bestiarium von Rudolf II. Vgl.
Dittrich 2001a, S.26.
19
galt als die umfangreichste Beschreibung der Tierwelt und wurde zum Preis von
1000 Goldstücken in die kaiserlichen Sammlungen aufgenommen.101
Die von den Künstlern in den Menagerien angefertigten Skizzen, Zeichnungen
und ausgeführten Werken von dargestellten Tieren dienten als
Abbildungsvorlagen für Tierenzyklopädien, wie dem Tierbuch des Bologneser
Gelehrten Ulysses Aldrovandi (1522-1605) und dem Sammelwerk „Historia
animalium“ des Züricher Arztes und Naturforschers Conrad Gesner102 (15161565).
3. Barocke Menagerien
Mit der höfischen Barockmenagerie war eine architektonisch überzeugende
Lösung für die Haltung von Wildtieren gefunden worden. In der Regel wurde ein
Gebäudekomplex zur Unterbringung exotischer Tiere eingerichtet, der
gleichzeitig in enge Verbindung zum Lusthaus bzw. Schloss gestellt und
darüber hinaus in die Gartenanlage integriert wurde. So dienten barocke
Menagerien vornehmlich als Vergnügungsorte einer höfischen Elite und
bildeten einen Teil des höfischen „divertissements“. Darüber hinaus wurden die
in den Menagerien gestorbenen Tiere vielfach zum Grundstock
naturwissenschaftlicher Sammlungen wie in Paris, Wien oder Dresden.
Die Menagerie von Versailles
Das prominenteste Beispiel der nun in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts
entstehenden barocken Menagerien ist die im Garten von Versailles, angelegt
zur Regierungszeit Ludwigs XIV. ab 1662.103 Rieke-Müller bezeichnet sie als
„die erste als eigenständige, zur Aufnahme einer Sammlung fremdländischer
Tiere konzipierte und architektonisch formulierte Menagerie [...]“.104 Mit dem
Bau dieser Anlage wurde 1664 erstmalig eine konzentrierte bauliche Lösung für
eine in sich geschlossene Unterbringung der Menagerietiere gefunden.
Die königliche Tierhaltung, ab 1662 gebaut und ab 1664 mit Tieren besetzt, lag
im hinteren Teil des Gartens und war seinen formalen Strukturen baulich
untergeordnet. Der Park selbst repräsentierte die Herrschaftsauffassung
Ludwigs XIV., der sich als Mittelpunkt und Herrscher eines hierarchisch
geordneten Staates darstellen ließ.. Innerhalb dieses Programms kam der
Menagerie, die am Querkanal des Grand Canal lag und so direkt mit dem
Parterre des Gartens verbunden war, eine „spezifische, zwischen
kosmologischer und anthropologischer Interpretation schwankende Bedeutung“
zu.105 Am anderen Ende des Querkanals stand der Trianon de Porcelaine mit
einer Sammlung chinesischen Porzellans, dessen Herstellungsweise damals in
Europa noch unbekannt war. Auf dem Kanal konnte sich die Hofgesellschaft
somit zu den extravagantesten und seltensten außereuropäischen Produkten
von Kunst und Natur fahren lassen. Seit 1670 war die Menagerie vom Schloss
101
Das Werk vermittelt einen Eindruck, welche Tiere am Ende des 16. Jh. in Europa zu sehen
gewesen sind. Darunter sind Beutelratte, südamerikanische Affenarten (Totenkopfaffe und
Weißbüschelaffen), Zobel, Nasenbär, Ren, nordafrikanische Kuhantilope u.a.m.
102
Vgl. Gesner 1669.
103
Grundlegend zur Menagerie in Versailles vgl. Loisel 1912 sowie Spickernagel 2010, S.29-47.
104
Rieke-Müller 1997, S.5.
105
Rieke-Müller 2001, S.9.
20
aus auf Booten erreichbar und bildete das ideale Ziel der beliebten Kahnpartien
auf der größten Wasserfläche des Parks. Durch ihre Einbindung in die gesamte
Gartenanlage war die Menagerie ein wichtiger Bestandteil der
Sehenswürdigkeiten.
Die von dem königlichen Architekten Louis Le Vau erbaute Menagerie bildete
eine zentrale Anlage, in der die verschiedenen Tierhöfe radial um einen
Mittelpavillon gruppiert wurden (Abb. 2 und 3). Die sieben fächerförmig
angeordneten und von Mauern umschlossenen „Tierlogen“ waren von einer
Menge seltener Vögel und fremdländischen, wilden Tieren verschiedenster
Arten bevölkert (Abb.4). Im ersten Tierhof, dem „Quartier der schönen Hühner“
wurden Störche und Hammel gehalten. Im zweiten Tierhof bildeten drei kleine
Pavillons, die durch loggienartige Gänge miteinander verbunden waren, das
Vogelhaus. Dem schloss sich ein weiträumiges Gehege an, in dem asiatische
und afrikanische Vögel gehalten wurden, darunter zahlreiche Pelikane. Der
vierte Tierhof, der „Cour du Rondeau“, war zur Haltung größerer Vögel
bestimmt, wie Stelzvögeln, Reiher und Störche. Diesem folgte fünftens ein
Straußenhof. Im angrenzenden Tierhof wurde in erster Linie Geflügel gehalten,
daneben aber auch einige exotische Tiere, wie ein Elefant106 und Kamele. Im
letzten Hof waren Tiere untergebracht, die nicht nur der Schaulust wegen
gehalten wurden, sondern auch zum Verzehr dienten. In einem Taubenhaus,
das die Mitte des Hofes schmückte, waren die Haustiere für die Tafel des
Königs untergebracht. Umgeben war der Hof mit Unterkünften für Schafe,
Ziegen und anderen Nutztieren.107
Die Tiergehege umgaben ein kleines Lustschloss und den „Cour des Dés“ bzw.
“Cours octogonne“, von dem aus sie durch eiserne Gitter einsehbar und
zugänglich waren. Das Schlösschen selbst umfasste einen zweistöckigen
Corps de Logis und zwei quadratische Pavillons. Vom Salon im Obergeschoss
und von der außen umlaufenden Galerie („Theatrum“) aus konnten die
Besucher der Menagerie wie in ein Tableau in die Logen der Tiere blicken. Das
davor liegende Zimmer schmückten 50 bis 60 Gemälde, auf denen die Tiere der
Menagerie dokumentiert waren.108
Der Corps de Logis bildet wie die Sonne das Zentrum eines geordneten
kopernikanischen Kosmos, in dem die Glieder der belebten Welt, verkörpert
durch die Tiere, den König als natürlichen Herrscher umgeben. Sieben Logen
entsprechen der Zahl der bekannten Planeten, die um die Sonne als Zentrum
kreisen.109 Die Tierhäuser und die Gehwegegestaltung war sinnbildlich auf den
König bezogen, der sich ihnen vom Innenhof aus zuwendete, ausgerichtet wie
die sieben Planeten auf die Sonne. Die Menagerie mit ihren aus möglichst allen
Weltteilen stammenden Tierbestand war also ein Objekt der Selbstdarstellung
des Königs, ein augenfälliger Beleg für seine weltumspannende Bedeutung
sowohl für den Hofstaat wie auch für die Gäste und Besucher des Königshofes.
106
Der Afrikanische Elefant war ein Geschenk König Pedro II. von Portugal nach Versailles und
lebte dort bis zu seinem Tod 1681. Vgl. Rieke-Müller 1997, S.8.
107
Zu den Tiergehegen in Versailles vgl. Mabille 1993, S.168-170 sowie Paust 1996,
insbesondere S. 61-66.
108
Diese Gemälde, die von dem Tiermaler Nicaise Bernaerts stammten, sind heute größtenteils
verschollen. Aus dem Jahre 1673 sind 46 Gemälde von Bernaerts dokumentiert. Vgl. Paust
1996, S.59.
109
Vgl. Tommaso Campanellas Utopie nach Braungart 1989, S.89-91.
21
Für die fürstliche Tierhaltung in der Barockzeit wurde die Menagerie in
Versailles nicht nur zum inspirierenden baulichen Vorbild, sondern vor allem in
ideeller Hinsicht zum Prototypen für die Darstellung des absolutistischen
Rollenverständnisses des Herrschers im Plan der Schöpfung.
Bei den Tieren der Menagerie handelte es sich zunächst vor allem um
exotische Huftiere und Schmuckvögel, die an den Menschen gewöhnt waren.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurden auch Raubtiere und Reptilien
gehalten, die handzahm waren, da sie vom Menschen aufgezogen worden
waren.110 Eine künstlerische Dokumentation über einige Tiere der Menagerie in
Versailles zur Zeit Ludwigs XIV. liegt uns durch den Maler Jean-Baptiste Oudry
(1686-1755) vor.111
Nach ihrem Tod wurden die Menagerietiere von dem Mediziner Claude Perrault
und anderen Naturforschern seziert. Die Sektionsergebnisse wurden in
Sitzungen der 1666 gegründeten Akademie der Wissenschaften in Paris
vorgetragen und veröffentlicht, Skelette toter Tiere gelangten in die
Naturaliensammlung.112 Die Auflösung der fürstlichen Menagerie erfolgte 1792
während der Französischen Revolution nach dem Willen der Jakobiner als
Symbol absolutistischer Hofhaltung. Die meisten Tiere wurden in den Jardin du
Roi nach Paris überführt, der ab 1793 die Bezeichnung Jardin des Plantes
erhielt (vgl. Teil II, Kapitel 4).
Dort sollten die Tiere zusammen mit denen anderer Arten und umgeben von
Pflanzen ihres Heimatlandes gehalten werden. Die Menagerie war Teil eines
Ensembles von Forschungsstätte, naturkundlichen Sammlungen und
botanischem Garten. Spickernagel bezeichnet ihn als „ersten modernen
Zoo“113, in dem die Weiterentwicklung der Zoologie, die Belehrung der
Untertanen breiter Volksschichten und der ökonomische Nutzen Hand in Hand
gehen sollten.
Die Menagerie von Versailles war in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts
Vorbild für die Gründung einer Reihe von Tierhaltungen im deutschsprachigen
Raum. Nachahmung fand die Form einer als architektonische Einheit
gestalteten Menagerie innerhalb eines barocken Gartens.114 Wegweisend
erwies sich vor allem die Grundrisskonzeption der Menagerie mit dem als
Zentralbau konzipierten Salon.115
Wiener Menagerien
Die Wiener Menagerien von Prinz Eugen von Savoyen (ab 1718/19) und von
Kaiser Franz I. Stephan (ab 1752) waren in formale Gärten integriert und
orientierten sich baulich am Versailler Vorbild.
110
In dieser Zeit erfuhr die Menagerie auch wesentliche bauliche Erweiterungen und
Veränderungen ihrer ursprünglichen Gestalt.
111
Oudry erstellte zwischen 1739 und 1745 eine Folge von zehn großformatigen Gemälden mit
exotischen Tieren aus der Menagerie, darunter Hyäne, Antilope, Kasuar, Leopard und
verschiedene Arten Vögel. Nach dem Tod des Bestellers, König Ludwig IV., gelangten die
Gemälde in die Sammlung des Mecklenburgischen Hofs. Vgl. Spickernagel 2010, S. 96-102.
Außerdem AK Schwerin 1996.
112
Spickernagel 2010, S.48
113
Ebd. S.49.
114
Rieke-Müller 1997, S.8.
115
Vgl. Paust 1996, S.79.
22
Prinz Eugens Menagerie war die erste barocke Menagerieanlage im
deutschsprachigem Raum und galt als die schönste nach der zu Versailles.116
Die Anlage lag an seinem Sommersitz außerhalb Wiens, direkt angrenzend an
die Ostfassade des Oberen Belvedere, von dessen zweiter Etage sie überblickt
werden konnte. Der Tiergarten bestand aus sieben fächerförmig angeordneten
Logen, die einen Halbkreis bildeten und von dessen Mittelpunkt aus zugänglich
und einsehbar waren (Abb.5). Diese radiale Anordnung entsprach dem
Versailler Prinzip.
Die Tiersammlung umfasste 43 Arten von Säugetieren und 67 Arten von
Vögeln.117 Den Hauptteil seiner exotischen Tiere bezog Eugen aus Spanien,
andere kamen als diplomatische Geschenke nach Wien. Als Dokumentation der
in der Menagerie aufbewahrten Tiere diente neben den Gemälden, Supraporten
und Kaminbildern im Oberen Belvedere in erster Linie das Stichwerk von
Salomon Kleiner aus den Jahren 1731 bis 1740 (Abb.6 bis 8).118
Die Tiersammlung bildete einen Teil der Sammlungen des Prinzen, die im
Unteren und Oberen Belvedere untergebracht waren. Diese standen in der
Tradition der Kunst- und Wunderkammern und umfassten einen
enzyklopädischen Ansatz: Antikensammlung und kunstvoll ausgestattete
Räume wie Grotesken- und Marmorsaal waren im Unteren Belvedere
untergebracht. Im Oberen Belvedere befanden sich die Gemälde- und
Kupferstichsammlung, naturwissenschaftliche Instrumente und die Bibliothek.119
Gerade in der Nähe zum Oberen Belvedere nahm die Menagerie einen
wesentlichen Rang ein.
Wie in Versailles war die Tierhaltung Teil eines allegorischen Programms, das
den gesamten Garten durchzog. In seinem Mittelpunkt stand Eugen, der als
wichtiger Minister des Kaisers, erfolgreicher Heerführer und Gouverneur der
österreichischen Niederlande eine bedeutende Stellung am kaiserlichen Hof
inne hatte.120 Er ließ sich im Areal des Belvedere als Herkules und Apoll
darstellen und repräsentierte sich als Kenner der Künste und Natur.
Stattdessen war das Tierreich in erster Linie als Teil der schönen und
nützlichen Natur präsent, wenngleich einige zahme Raubtiere gehalten wurden.
In unmittelbarer Nähe der Menagerie befand sich der Küchengarten mit vielen
nützlichen Pflanzen, und am Unteren Belvedere nahmen eine große
Vogelvoliere und eine Orangerie Exemplare einer schmückenden exotischen
116
Ebd. S.96. Zur Menagerie und Orangerie des Prinzen Eugen von Savoyen vgl. auch
Gröschel 2008, S.335-354.
117
Fiedler/Giese 1963, S.149.
118
Kleiner hat 32 Arten von Säugetieren und 43 von Vögeln abgebildet. Mal vor fiktiver
Ruinenarchitektur, mal in einer Umgebung, die auf die Gebäude und Gartenausstattung der
Belvedere-Anlage Bezug nimmt, postierte der Künstler die exotischen Tiere und Pflanzen
zwischen skulpturalen Versatzstücken. Doch hatte Kleiner vermutlich nicht alle die von ihm
abgebildeten Tiere wirklich lebend gesehen, sondern sie Stopfpräparaten nachempfunden oder
zoologischen Nachschlagewerken der Zeit entnommen, von denen sich wichtige Exemplare
nachweislich in der Bibliothek des Prinzen Eugen befunden hatten. Vgl. Paust 1996, S.87,
sowie den Prachtband über die Menagerie mit Kupferstichen von Salomon Kleiner, hrsg. von
1731 bis 1740 in mehreren Bänden: Kleiner 1734, 11. Theil „Representation des Animaux de la
Menagerie de S.A.S. Monseigneur le Prince Eugene Francois de Savoye et de Piemont […] ».
119
Im Stadtpalais in der Himmelpfortgasse waren weitere Teile der Sammlung untergebracht.
120
Nach den Siegen über die Türken und gegen Frankreich beanspruchte er für Kaiser Karl VI.
eine gewichtige Rolle in der Weltpolitik auch außerhalb Europas. Der Aufstieg Österreichs zur
europäischen Großmacht war durch die europäische Einigung im Utrechter Frieden (1713)
gesichert und fand durch Landgewinn machtpolitisch ihren Ausdruck. Zu den neu
hinzugewonnenen Ländern gehörten die südlichen Niederlande, von denen lange Zeit ein
wichtiger Teil des europäischen Überseehandels ausging.
23
Flora und Fauna auf.121 Als Leitmotiv der Anlage von Belvedere fungierte die
Harmonie des Kosmos, die sich in den ewigen Gesetzen des Werdens und
Vergehens zeigte. Die Natur unterlag dabei keinen phylogenetischen
Veränderungen, sondern blieb statisch. Der Mensch wurde als ihr Beherrscher
und als ihr Nachahmer dargestellt.
Nach dem Tod des Prinzen Eugen 1736 wurde die Menagerie sukzessive
aufgelöst. Seine Erbin, die Nichte Victoria, veräußerte den gesamten
Belvedere-Besitz samt der exotischen Tiere der Menagerie. Der Großteil der
einstigen Tiersammlung ging an den kaiserlichen Hof zu Wien (Menagerie von
Neugebäude im Süden Wiens), nur die friedlichen Tiere verblieben zunächst im
Belvedere. Als dann aber 1752 durch Kaiser Franz I. in Schönbrunn eine neue
und größere Menagerie errichtet wurde, löste man den Tierbestand in
Belvedere ganz auf und überführte den Rest der Tiere nach Schönbrunn.
Im Jahre 1751 gab Franz Stephan von Lothringen den Auftrag zum Bau der
Menagerie am Schloss Schönbrunn122, die noch heute als Kern des Tiergartens
Wien-Schönbrunn erhalten ist. Noch heute lässt sich die reife Gestaltung einer
Barockmenagerie erleben. Mit seinem historischen Teil aus der Mitte des 18.
Jahrhunderts ist der Tiergarten Wien-Schönbrunn der älteste unter den
zoologischen Gärten der Welt.123
Die Gestaltung der Menagerie war nicht wie Versailles allegorischkosmologisch begründet. Stattdessen stellte sie die Herrschaft über eine
vielfältige, gleichwohl ewigen mechanischen Gesetzen folgende Natur dar. Der
ausdrückliche Verzicht auf bestimmte Tierarten, die das friedliche Tableau von
Flora und Fauna im formalen Garten stören konnten, beleuchtet auch die
Programmatik der Gartenanlage von Schönbrunn.124 Die Anlage bestand aus
zwölf gleichartigen Gehegen mit je einem kleinen Tierhaus, die - um ein
dreizehntes Segment mit dem Verwaltungsgebäude ergänzt - kreisförmig um
einen weiten Mittelhof lagen (Abb.9). Die Tiergehege waren mit insgesamt 70
bis 150 Säugetieren besetzt.
Ein oktogonaler eingeschossiger Pavillon stand leicht erhöht in der Mitte dieser
Anlage.125 Dieser war künstlerisch ausgeschmückt mit zwölf Medaillons über
seinen Türen mit Tieren aus der Menagerie, das Deckengemälde zeigte
Metamorphosen Ovids. Von dort aus ließen sich die ganze Menagerie sowie
Teile des umliegenden Gartens überblicken. Dazu zählte auch der 1753
entstandene „Holländische Garten“ mit zahlreichen exotischen Pflanzen sowie
die 1754/55 gebaute „Große Orangerie“. Das Areal blieb zunächst nur der
Hofgesellschaft zugänglich. Erst nach dem Tod des Kaisers 1765 wurde die
Menagerie auch öffentlich und unentgeltlich zugänglich.
121
Prinz Eugens botanische Sammlung war eine der reichhaltigsten zu Beginn des 18.
Jahrhunderts und beherbergte auch außerordentliche Raritäten, darunter die Dattelpalme, die
Mimose, die fruchtende Banane und der blühende Säulenkaktus. Vgl. dazu Gröschel 2008,
S.340f.
122
Zur Menagerie Schönbrunn vgl. Stadelmann 2008, S.53-71.
123
Dittrich 1986/87, S.92.
124
In der 1752 gegründeten Menagerie von Schönbrunn wünschte Kaiser Franz Stephan keine
Affen und „reissenden Tiere“. Raubtiere wurden stattdessen in der alten Menagerie des
Renaissanceschlosses Neugebäude gehalten. Vgl. Rieke-Müller 2001, S.11.
125
Möglicherweise nahm Franz Stephan bewusst die alte Sonnensymbolik wieder auf, die vor
allem die Regierung Josephs I. als „sol austriacus“ begleitet hatte. Rieke-Müller geht davon aus,
dass eher Freimaurermotive für die Gestaltung von Bedeutung waren. Vgl. Rieke-Müller 1997,
S.15-16.
24
Zur Tierbeschaffung war man auf Aussendung von Expeditionen und auf
andere Kaufmöglichkeiten in Europa selbst angewiesen. Insgesamt drei
Expeditionen wurden ausgesendet, die jedoch nur von begrenztem Erfolg
waren: 1754-59 nach Indien, 1783-85 nach Mittelamerika und 1785-88 nach
Südafrika.
Deutscher Raum
Eine bedeutende Menagerie entstand in Dresden am Hof des sächsischen
Kurfürsten Friedrich August I. (1670-1733), seit 1697 zugleich polnischer König.
Die Anlage war ab 1703 im Schlossareal von Moritzburg vorgesehen, allerdings
mussten die ursprünglichen Planungen wegen des Großen Nordischen Krieges
verschoben werden und wurden erst in den 1720er Jahren wieder
aufgenommen. Die Menagerie in Moritzburg nahm einen Teil der exotischen
Tiere aus den alten Unterkünften am Stadtschloss auf, insbesondere Haustiere,
Huftiere und Großvögel.126 Für das Jahr 1729 sind ein Straußenhaus127, ein
Straußenzwinger und ein Indianisches Vogelhaus128 belegt. 1730 entstand am
Teich gegenüber dem Schloss die sogenannte Neue Menagerie mit einem
Schwanenhaus und einem Perlhühnerhaus.129
Raubtiere und Affen wurden 1722 aus dem Stadtschlossbereich in eine weitere
Dresdner Menagerie, den Jägerhof in der Neustadt130, umgesetzt. 1731 besaß
der Jägerhof drei Paare Löwen, fünf Tiger, einen Leoparden, ein
Stachelschwein, zwei „indianische Katzen“, zwei Paviane und einige Affen
verschiedener Arten. 1733 kamen hierher auch die meisten der von der
wissenschaftlichen Expedition des Mediziners Hebenstreit nach Nordafrika
(1731-33) mitgebrachten afrikanischen Tiere.131
Die Tierhaltungen standen im Zusammenhang der übrigen kurfürstlichen
Sammlungen, wenn auch räumlich separiert, insbesondere mit dem Bau des
Zwingers zur Aufnahme mehrerer Spezialsammlungen. Daneben war die
Menagerie Bestandteil der Neukonzeption des Zusammenklangs mehrerer
Schlösser entlang der Elbe unter exotischen Vorzeichen, die der
Hofgesellschaft offenbar eine Reise zu fernen Gestaden ermöglichen sollte:
Jägerhof, Japanisches Palais132, Schloss Pillnitz, das „indianische
Lustgebäude“ und Schloss Übigau, das „Persianische Schlösschen“.133
126
Darunter Löffelgänse, Reiher, Trappen, schwarze Störche, indianische Perlhühner,
Moschusenten, englische Hühner, Kraniche, Fasane und Auerochsen (Wisente). Vgl. Hertel
1980, S.82.
127
Die Straußenhaltung bestand bis zum Siebenjährigen Krieg und endete, nachdem 1757 der
letzte Straußenwärter, Johann Voigt, durch einen Tritt eines Straußen an die Brust ums Leben
gekommen war. Vgl. dazu Coban-Hensel 2008, S.29.
128
Im Indianischen Vogelhaus, welches beheizt werden konnte, wurden Königsgeier,
Papageien, Pelikane, Kormorane und ein Ara untergebracht. Es handelt sich um das heutige
Käthe-Kollwitz-Haus.
129
Vgl.Coban-Hensel 2008, S.27f.
130
Die Tiere der Menagerie wurden bis in die vierziger Jahre immer wieder bei Hetzjagden und
Schau-Tierkämpfen eingesetzt. 1834 verfiel die Anlage dem Abriss.
131
Darunter Löwen, Zebras, Antilopen, mehrere Affen, Stachelschweine, zwei Geier, ein
Jungfernkranich, eine Genette und ein Chamäleon. Im November 1736 erhielt der Jägerhof
noch zwei junge Elche aus Litauen. Zum Tierbestand im Jägerhof vgl. Hertel 1980, S.87.
132
Hier fanden die großformatigen Tierplastiken aus Meißner Porzellan ihre Aufstellung. Wittwer
führt eine Zahl von ca. 160 Vierfüßlern und 412 Vögeln auf, welche die Porzellanmanufaktur
geliefert hat. Vgl. Wittwer 2004, S.66f.
133
Rieke-Müller 1997, S.11. Darüber hinaus wollte der Kurfürst die erworbenen
fremdländischen Tiere wohl auch als Modelle für die Künstler seiner Porzellanmanufaktur in
25
Um 1735 – zwei Jahre nach dem Tod des Kurfürsten – wurde die Verlegung
des Jägerhofes nach Schloss Moritzburg mit einer Zusammenführung aller
Tierarten an einem Ort ins Auge gefasst. Zu diesem Zweck sollten die dortigen
Tiergehege zu einer großen Menagerie umgebaut werden, dessen Ausmaß
selbst die Menagerie von Versailles übertroffen hätte. Dieses Vorhaben wurde
nicht verwirklicht.134
Zu den bedeutendsten Menagerien im deutschsprachigen Raum zählte die
Menagerie des Herzogs Ernst August von Sachsen-Weimar am Lustschloss
Belvedere bei Weimar. Errichtet ab 1729/30, erstreckte sich die
halbkreisförmige Menagerie mit insgesamt 19 Gehegen südlich des Schlosses
(Abb.10).135 Die Anlage war direkt an einen dahinter liegenden Tierpark
angebunden, in dem jagdbares Wild gehalten wurde. Über den Tierbestand der
Menagerie ist nur wenig bekannt. In einer Inventuraufnahme von 1742 werden
114 Tiere aufgeführt, darunter Steinadler, Kraniche, Pfauen, Enten, Gänse,
Biber, Meerschweinchen, Murmeltiere und heimisches und exotisches Wild. 136
Zwei weitere barocke Menagerien entstanden am Karlsruher Schloss. Im
nördlichen Lustgarten wurden ab ca. 1715-18 mehrere Tierhäuser errichtet, die
wohl bis 1746 bestanden. Im südlichen Lustgarten folgten ab den 1730er
Jahren weitere Tierunterkünfte und ein beheizbares, vierzehneckiges
Vogelhaus mit einem darüber befindlichen Salon (bis ca. 1774).137
Nur noch vereinzelt entstanden in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts
Menagerien im deutschsprachigen Raum: Oggersheim 1752, Schwetzingen
1763 und Kassel ab 1765. Meist blieb es bei nur kurzlebigen Einzelfällen. Um
die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die letzten fürstlichen Menagerien
aufgegeben.
Die Bedeutung der Barockmenagerien wird durch kunst- und kulturhistorische
sowie sammlungsgeschichtliche und naturwissenschaftliche Aspekte bestimmt.
Während des Barock hat sich eine Form der höfischen Tierhaltung entwickelt,
die als Vorläufer des heutigen zoologischen Gartens zu bewerten ist.
4. Ausblick: Die Gründung der Zoologischen Gärten im 19. Jahrhundert
Zugleich mit der Verbreitung des Landschaftsgartens in Deutschland, etwa seit
den 1760er Jahren, verloren die höfisch-absolutistischen Menagerien in ihrer
traditionellen Ausprägung an Bedeutung. Nur wenige Einrichtungen blieben im
Verlauf des 18. Jahrhunderts erhalten, meist mit reduziertem Tierbestand. Am
Ende des Jahrhunderts zeichnete sich der Rückzug des Fürsten aus der
Meißen genutzt wissen. Zu den großformatigen Tierfiguren aus Meißner Porzellan vgl. auch
Rückert 1989/90, S.47-52.
134
Zu diesen Planungen vgl. Wittwer 2004, S.62.
135
In ihrer radialen Grundrisskonzeption mit segmentförmigen Tiergehegen folgte die Weimarer
Menagerie einem für barocke Menagerien seit Versailles gebräuchlichem Schema. Vgl. Paust
1994, S.237-247.
136
Die Inventurliste ist abgedruckt bei Kammeyer 1943, S.243. Ab den 1750er Jahren erfolgte
die allmähliche Reduzierung des Tierbestandes. Spätestens in den zwanziger Jahren des 19.
Jahrhunderts müssen sämtliche Überreste der Menagerie verschwunden gewesen sein. Paust
1996, S.116.
137
Vgl. Paust 1996, S. 97-107.
26
höfischen Repräsentation in Menagerien in die nur ihm und seinem engsten
Hofstaat zugängliche friedliche Natur mit Tieren ab. Dazu zählten die
Schäfereien in Versailles, in Schwetzingen (1763-1784) und in Nymphenburg
(1778-1826). Im deutschsprachigen Raum gab es, abgesehen von der
kaiserlichen Menagerie am Schloss von Schönbrunn bei Wien, im 18.
Jahrhundert keine bedeutenden Tierhaltungen für exotische Tiere, die länger
als jeweils nur wenige Jahre existiert hätten.138
Einige wenige Menagerien wurden in den ersten Jahrzehnten des 19.
Jahrhunderts neu gegründet, wie am Schlösschen Retrait nahe Stuttgart (18121816) oder auf der Pfaueninsel bei Potsdam (1820-1844). Diese kurzlebigen
Einzelfälle waren mit gewissen Einschränkungen der Allgemeinheit zugänglich.
Der im 18. Jahrhundert eingeleitete Bedeutungsschwund hat seine Ursachen
sowohl in der geistigen Bewegung der Aufklärung, als auch in der Tatsache,
dass einige der einst so begehrten Königstiere nun auf dem Jahrmarkt oder in
wandernden Tiersammlungen zu sehen waren. Diese verfolgten als
kommerzielle Unternehmen zunächst ähnliche Ziele wie die ersten öffentlichen
Menagerien, verschrieben sich indes im Verlauf des 19. Jahrhunderts im
Gegensatz zu den Intentionen der Zoos der Schaulust des Publikums als
Beitrag zur Unterhaltungskultur: „Mit ihren zwischen kommerzieller
Schaustellung
und
Popularisierung
von
Wissenschaft
stehenden
Unternehmungen verloren die Wandermenagerien im Laufe des 19.
Jahrhunderts immer mehr an Akzeptanz.“139
Aus der Abwertung der Menagerien im wissenschaftlichen Kontext des 18.
Jahrhunderts erklärt sich ein Teil des Furors, den die Französische Revolution
solchen Einrichtungen entgegenbrachte. Aus der Sicht der Perspektive der
Jakobiner war die Haltung exotischer Tiere nutzlose aristokratische
Verschwendung. Sie betrachteten die fürstlichen Menagerien als luxuriöse,
wissenschaftlich und wirtschaftlich nutzlose Einrichtungen, aber vor allem als
Symbol der Unterdrückung des Lebens durch die gesellschaftlichen
Verhältnisse, weil sie dort gefangene und daher ihres natürlichen Lebens
beraubte Wildtiere sahen.140 Im Zuge dieser Entwicklung wurde die Menagerie
in Versailles als Monument königlicher Gewalt 1792 aufgelöst. Zahlreiche Tiere
kamen dabei ums Leben, die Überlebenden wurden nach Paris überführt und
gelangten in die 1794 gegründete und nach 1800 ausgebaute Menagerie des
Museums d’Histoire Naturelle im Jardin des Plantes (Abb.11). Diese Einrichtung
wird gemeinhin „als erster moderner Zoologischer Garten“141 eingestuft. Ihr
Initiator war der Schriftsteller und damaliger Intendant des Jardin des Plantes,
Jacques-Henri Bernardin. Die wichtigsten Prinzipien der Einrichtung bestanden
in der naturnahen Haltung vorwiegend exotischer Tiere unter Beachtung ihrer
Lebensbedürfnisse, wissenschaftlichen Leitung und öffentlichen Zugänglichkeit
zur naturkundlichen und sittlich-moralischen Belehrung der Nation. Die
Menagerie entwickelte sich nach ihrer zunächst nur provisorischen
Inbetriebnahme in den ersten drei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zur
umfangreichsten Haltung exotischer Tiere in Europa. Wissenschaftlich geleitet
138
Rieke-Müller 1997, S.1. Die Menagerie in Schönbrunn wurde 1778 für die Allgemeinheit
geöffnet.
139
Zitiert aus: Rieke-Müller/Dittrich 1998, S.16.
140
Rieke-Müller 2001, S.12.
141
Vgl. dazu Rieke-Müller/Dittrich 1998, S.18, sowie Spickernagel 2010, S.49.
27
wurde sie vom Inhaber des Lehrstuhls für Zoologie am Museum, Etienne
Geoffroy Saint-Hilaire. Die Menagerie konnte täglich unentgeltlich besucht
werden. Ihr Auftrag der Popularisierung von Naturgeschichte wurde von den
Forschern am Muséum d’Histoire Naturelle dahingehend verstanden, dass man
dem Publikum eine artenreiche Tiersammlung präsentieren solle, die einen
Überblick über die Tierarten der Welt gab.142
Mit der Gründung der Menagerie des Jardin des Plantes 1794 begann auch die
Geschichte der modernen zoologischen Gärten des 19. Jahrhunderts als
wissenschaftlich ausgerichtete und mit öffentlichem Bildungsanspruch
arbeitende Institutionen zur Haltung fremdländischer Tiere. Neu war auch die
Konzeption derartiger Anlagen. Die Architektur der Tierhäuser orientierte sich,
ebenso wie in zeitgenössischen Gartenanlagen, häufig an Bauformen des
Heimatlandes der Tierarten (Beispiel Berliner Zoologischer Garten).
Die Bezeichnung „Zoologischer Garten“ fand erstmals 1828 beim Londoner
Zoo143 Verwendung. Am 1. August 1844 eröffnete der älteste fortbestehende
Zoo in Deutschland, der zoologische Garten in Berlin144, seine Pforten. Seit den
1860er Jahren erfolgte eine Welle bürgerlicher Zoogründungen in fast allen
großen Städten.145
Dazu zählten auch private Tiergärten: In Stuttgart eröffnete der Cafétier Gustav
Werner (1809-70) den ersten privaten Tiergarten im Jahr 1840 im Hof seiner
Gastwirtschaft. Große Popularität erreichte auch der Tierpark Hagenbeck in
Hamburg. 1907 eröffnet vom Tierhändler Carl Hagenbeck in HamburgStellingen, kam er erstmals ohne Gitter und Käfige aus und die Gestaltung der
Umgebung der Tiere war an ihre Lebensräume angelehnt.
142
Rieke-Müller/Dittrich 1998, S.20. Zur Pariser Menagerie vgl. auch Loisel 1912 sowie
Burkhardt 2008, S.111-131.
143
Die Gründung des 1828 im Londoner Regent’s Park eröffneten Zoological Gardens beruhte
auf dem Vorbild der Menagerie im Jardin des Plantes.
144
Den Grundstock des 1844 eröffneten Berliner Zoos bildete der von König Friedrich Wilhelm
IV. überlassene Tierbestand der Menagerie auf der Pfaueninsel.
145
Zur Gründung zoologischer Gärten um die Mitte des 18. Jahrhunderts vgl. Rieke-Müller
2001, S.83-89.
28
TEIL III: HÖFISCHE TIERHALTUNG IN KASSEL
1. Die Haltung von fremdländischen Tieren in Kassel vom 15. bis Mitte des
17. Jahrhunderts
Die Haltung fremdländischer Tiere in Kassel ist erstmals bezeugt in der
Regierungszeit Ludwigs II. von Niederhessen (reg. 1438-1471). Eine Melsunger
Rechnung von 1471 führt sechzehn Bunt Hammelfleisch zur Verfütterung an
zwei Löwen auf.146 Vermutlich hatten die Tiere ihre Unterkunft in den
Befestigungsanlagen, die das alte Landgrafenschloss147 umgaben. Der der Aue
zugelegene Teil führte die Bezeichnung „Löwengraben“.148 Das Schloss selber
war von Ludwig II. zwischen 1462 und 1466 anstelle einer Burg aus dem 13.
Jahrhundert errichtet worden, danach wurde es ständig erweitert und
verbessert.149
1.1 Landgraf Philipp, der Großmütige (reg. 1518-1562)
Die nächste Nachricht stammt aus dem Jahr 1538, als Landgraf Philipp von
dem Herzog von Kleve ein Löwenpaar erwarb.150 Von Albrecht von Baiern
erhielt er 1554 noch mal zwei Löwen. 1561 folgte ein weiteres Löwenpaar, das
zunächst in Marburg gehalten wurde, nach seiner Ankunft in Kassel dann 1564
zwei Junge warf. Zur Wartung und Pflege der Tiere wurde ab 1561 der
Löwenwärter Hans Bierauge bestellt.151
1.2 Landgraf Wilhelm IV., der Weise (reg. 1567-1597)
Aus der Regierungszeit des Landgrafen Wilhelms IV. von Hessen-Kassel, dem
ältesten Sohn Philipps des Großmütigen, wird von einem „in den
Schloßbefestigungen untergebrachten Löwenzwinger“152 berichtet, den er wohl
von seinem Vater übernommen hat. Daneben hielt sich auch ein Bär dort auf:
„Auch war es im 16. und 17. Jahrh. Sitte in den fürstlichen Schlössern Bären zu
unterhalten. Als 1587 einer der zu Kassel verwahrten Bären einen Knaben
erfaßte und unter sich riß, ließ ihn L. Wilhelm sofort erstechen und rettete
dadurch den Knaben.“153
Als erster Landgraf in Kassel unterhielt er auch eine kleine Menagerie mit
Tiergehegen. Sie befand sich wohl in dem damaligen Lustgarten, auf dem Areal
der sogenannten „Voraue“, der nördlichen Inselspitze zwischen großer und
kleiner Fulda (Abb.12).154 Der Eingang zum Lustgarten erfolgte vom
146
„XII. Schillinge vor sechezehin Bunt Hamelfleischs [...] die geben wir den zween Leben.“
Zitiert aus: Scherer 1890, Nr.91.
147
Zum Landgrafenschloss vgl. Heppe 1995.
148
„Die Anfänge der fürstlichen zoologischen Gärten haben wir in den „Löwen-", „Hirsch-“ und
„Bärengräben“ der Residenzen zu suchen. Auch Kassel hat in den Gräben seines Schlosses an
der Fulda solche Tiere gesehen [...].“ Zitiert aus: Jacob 1926. Vgl. auch Scherer, Nr. 91.
149
Zum Landgrafenschloss vgl. Heppe 1995.
150
Scherer 1890, Nr.92.
151
Scherer 1890, Nr.92.
152
Heidelbach 1973, S.97.
153
Landau 1849 (1992), S.213.
154
Das Areal entspricht etwa dem Gebiet der heutigen Hessenkampfbahn.
29
Stadtschloss aus und führte über die Narrenbrücke. Dort hatte der Landgraf ab
1568, kurz nach seinem Regierungsantritt, mit der Errichtung eines botanischen
Gartens155, eines Fischbassins und eines Lusthauses156 (1570/71) an der
Südseite des Gartens begonnen.157 Einige Jahre später folgte der Bau weiterer
Nebengebäude, eines Gewächshauses158 (1578) und eines Schießhauses159
(1575) an der Nordostecke des Gartens (Abb.13) - laut Heidelbach war dieses
mit der Menagerie verbunden.160 Dort hielt der Landgraf „ausländische Thiere,
die wegen ihrer Seltenheit gehegt und gepflegt wurden und durch ihre Künste
zur Belustigung dienten.“161 So besaß er „seltene Singvögel, darunter auch
Kanarienvögel, von denen er einmal zur Erheiterung der letzten Stunden seines
Vaters ein Paar für drei Taler bestellte.“162 Daneben bezog er Kamele von
Kurfürst August von Sachsen und Wolfgang von Braunschweig, einige davon
verschenkte er weiter an seinem Bruder Ludwig III. zu Marburg (1537-1604).163
Ein Hauptstück seiner Sammlung war ein Auerochse. Er wurde in einem
gesonderten Haus mit Außengehege gehalten.164 Zwei Affen muss der Fürst in
kurzen zeitlichen Abständen von Graf Phillip von Hohenlohe erhalten haben.
Am 14. März 1591 spricht der Landgraf seinen Dank an Graf Philipp von
Hohenlohe für einen Affen aus, der „ihm gahr woll gefeldt“165. Er wurde
155
Dass Wilhelm IV. botanisch höchst interessiert war, manifestierte sich in der
ausgesprochenen Vielfalt an seltenen Pflanzen im Lustgarten. Im Pomeranzengarten standen
über den Sommer Pomeranzen, Limonen, Apfelsinen, Lorbeerbäume, Granatäpfel und Feigen.
Vgl. Löwenstein 1991, S.24. Die Anlage gilt als der erste botanische Garten Deutschlands.
Hanschke 1995, S.115–131.
156
Das erste Lusthaus fiel bereits kurz nach seiner Errichtung 1570/71 einem Brand zum Opfer
und musste durch einen Neubau in der Südostecke des Gartens ersetzt werden, welcher als
vorbildliches Beispiel seiner Gattung galt. Das vielfältige Raumprogramm umfasste einen das
gesamte Obergeschoss einnehmenden Saal, dessen vielgerühmte Hauptattraktion eine große
Fontäne war. Leider wurde dieser Bau im späten 17. Jahrhundert abgerissen. Zur Ausstattung
des Lusthauses vgl. Holtmeyer 1910, S.320-323.
157
„Neben dem oberen Baumgarten bei der Bellevue hatte der Landgraf schon bei seinem
Regierungsantritt auf der Landspitze zwischen der großen und kleinen Fulda ein neues
„Lustgärtlein“, den sogenannten unteren Baumgarten angelegt; hier wusste er die edelsten
Obstsorten und erlesensten Gemüse ebenso zu züchten wie botanische Kräuter und weither
verschriebene Sträucher, Kräuter und Blumen. [...] An schönen Sommertagen verweilte er gern
mit seinen Gästen in seinem Pomeranzenhäuschen oder zwischen seinen Zitronen, Granaten
und Lorbeerbäumen; lustig sprangen zwischen den Beeten die Fontänen, und die ganze, von
einer Mauer umgrenzte Anlage überragte, etwa an der Stelle des Orangerieschlosses, ein mit
vier Erkertürmchen geziertes Lusthaus [...].“ Heidelbach 1973, S.96/97.
158
Nachdem das auf- und abschlagbare Gewächshaus im Jahre 1583 durch einen Sturm
vernichtet worden war, ersetzte man es an selber Stelle durch ein Pomeranzenhaus.
159
Vgl. Holtmeyer 1910, S.323f.
160
„Höchstwahrscheinlich lag auch die Menagerie im unteren Baumgarten [Voraue] und war
wohl mit dem dortigen Schießhause verbunden.“ Vgl. Heidelbach 1973, S.97. Scherer 1890, Nr.
92.
161
Scherer 1890, Nr.91 und Nr.92.
162
„Es verdient noch Erwähnung, dass auch die Anfänge der landgräflichen Menagerie in diese
Zeit fallen. Landgraf Wilhelm, der schon von seinem Vater einen vermutlich in den
Schlossbefestigungen untergebrachten Löwenzwinger übernommen hatte, besaß Kamele,
Auerochsen, Affen und seltene Singvögel, darunter auch Kanarienvögel, von denen er einmal
zur Erheiterung der letzten Stunden seines Vaters ein Paar für drei Taler bestellte.
Höchstwahrscheinlich lag auch die Menagerie im unteren Baumgarten und war wohl mit dem
dortigen Schießhause verbunden. [...].“ Zitiert aus Heidelbach 1973, S.96f.
163
Scherer berichtet, dass sein Bruder die Kamele dort zum Lastentragen bei der Jagd
einsetzen wolle. Scherer 1890, Nr.92.
164
Heidelbach 1973, S.96f. Scherer 1890, Nr.92.
165
Scherer 1890, Nr.92.
30
vermutlich anlässlich der Hetze bei der Jagd eingesetzt.166 Von einer Reise
nach Holland, aus Delft, brachte ihm der Graf im selben Jahr einen weiteren
Affen mit.167
Neben dieser Menagerie besaß Landgraf Wilhelm IV. einen Tiergarten am
Jagdschloss Zapfenburg im Reinhardswald (heute Sababurg), in dem er gezielt
fremdes Wild ansiedelte und züchtete. Er pflegte besonders seltene
Hirscharten, ließ sich aus Bayern Gämsen, aus Schweden und Lappland
Elche168 und Rentiere kommen.169
Die Anlage der beiden Menageriegehege im Kasseler Lustgarten und auf der
Sababurg sind wie seine botanischen Gärten170 als Bestandteile eines
umfassenden Wirkens Wilhelms IV. als Renaissance-Fürst zu begreifen. In
seiner umfassenden Sammelleidenschaft für damals außergewöhnliche,
seltene zoologische Raritäten zeigte sich sein ausgeprägtes naturkundliches
Interesse, das mit einer Förderung der Wissenschaften einher ging. Er machte
die Residenzstadt Kassel zu einem Zentrum der Astronomie und anderer
Naturwissenschaften.171 Wilhelms zoologische Sammlungen können als nur
eine Facette des breiten Spektrums naturforschender Aktivitäten am Kasseler
Hof begriffen werden. Das Streben nach Wissen und Bildung ging einher mit
einer breit angelegten Sammellust, die sich auf alles erstreckte, was die Flora
und Fauna zu bieten hatte.
1.3 Landgraf Moritz, der Gelehrte (reg. 1592-1627)
Unter Wilhelms Sohn und Nachfolger Moritz (1592-1627) wurde die
Renaissanceanlage zwischen 1592 und 1618 durch umfangreiche
Baumaßnahmen weiter ausgestaltet und vergrößert. Nach ihm bekam sie den
lange Zeit gültigen Namen „Moritzaue“. Vor allem ist ihm wohl die Einrichtung
166
„Dieser erstübersandte Affe war es vermuthlich auch, der seinen Herrn auf dessen Jagden
begleitete und lustig in der Meute mithetzte bis das Wild sich wendete und die Affenseele zu
ängstlicher Flucht bestimmte.“ Vgl. Scherer 1890, Nr.92.
167
Brief vom 16. Oktober 1591: Zusammen mit dem Affen wurden Fische und Butter von Delft
über Bremen nach Cassel geschickt. Ein Hund wird in Aussicht gestellt. Vgl. Scherer 1890,
Nr.92.
168
Zu den Erwerbungen vgl. Landau 1849, S.205f.
169
„Unter den sämtlichen Thiergärten war jedoch der zu Zapfenburg unter L. Wilhelm IV. der
interessanteste, indem derselbe außer inländischen Wilde auch Thiere der Fremde enthielt, für
deren Herbeischaffung der Landgraf weder Mühe noch Kosten scheute. [...].“ Landau 1849,
S.205. Trotz aller Anstrengungen missglückte der Versuch der Ansiedlung fremdländischer
Tiere. Neben Schwierigkeiten bei der Aufzucht von Jungtieren vor deren Transport starben die
meisten innerhalb eines Jahres an Lungen- und Leberfäule, wohl als Folge der ungewohnten
Nahrung (Eicheln) und des anderen Klimas.
169
Allein das Damwild konnte sich den neuen Lebensbedingungen anpassen und sich neben
dem heimischen Hoch- und Niederwild weiterhin vermehren.
170
Wilhelm IV. bemühte sich in ganz besonderer Weise um fremde und seltene Gewächse für
seine Gärten. Mit bedeutenden Gelehrten und Pflanzenforschern der Zeit stand er in regem
Briefwechsel und nahm sich ihrer auch als großzügiger Mäzen an. Mit dem „oberen Lustgarten“
an der Bellevue und dem „unteren Lustgarten“ in der Aue besaß allein Kassel zwei botanische
Gärten, die eine Reputation von überregionaler Bedeutung hatten und später als Vorbild für die
Errichtung von Gartenanlagen im nördlichen Deutschland sowie in Skandinavien dienten.
171
Im Stadtschloss schuf er um 1560 die erste fest eingerichtete Sternwarte der europäischen
Neuzeit. Für seine Kunstkammer baute Wilhelm IV. eine Sammlung kostbarer Uhren und
wissenschaftlicher Instrumente aller Art auf, was der Steigerung des politischen Prestiges
diente.
31
einer Druckerei172 im Lusthaus zuzuschreiben sowie die Errichtung eines
angrenzenden Baumgartens. Der übrige Teil des Gartens wurde mit Lauben
und Gängen aus geschnittenen Hecken, einem Brunnenhaus und weiteren
Gewächsen bereichert. Ein neu verlegter Kanal verband nun beide Fuldaarme,
so dass die Aue mit Schiffen umfahren werden konnte (Abb.14). Zugleich
konnte Moritz weitere große Teile der Aue südwestlich des Lusthauses in
seinen Besitz bringen und durch Eindeichung der Fuldaarme trocken legen.
Eine vierflügelige Hofanlage, die Meierei sowie ein Entenfang und ein
Fasaneriegarten sind dort angelegt worden.173
Die Menagerie seines Vaters bestand „im kleineren Maßstab“174 fort. 1595
erhielt er Fasane aus Mainz.175 Ein Jahr darauf - 1596 - wurde die landgräfliche
Sammlung um zwei „Gammelthiere“ – gemeint sind Kamele - von seinem
Cousin und Gevatter Herzog Friedrich zu Württemberg aufgestockt. Zur
Betreuung der Tiere war auch ein Mohr dabei, der als ‚Hofmohr’ des
Landgrafen aufgeführt wird.176 Die Tiere wurden wohl gerne bei höfischen
Festen, wie Hochzeiten und Taufen, zur politischen Repräsentation eingesetzt,
so auch auf dem Tauffest der zweitgeborenen Tochter des Landgrafen,
Elisabeth177, im August 1596.178 Eine Darstellung des Einzugs der englischen
Gesandten in Kassel von Wilhelm Dilich zeigt im Vordergrund ein Kamel, das
vom Hofmohren des Landgrafen geritten wird (Abb.4).
1616 übersandte der Kurfürst von Sachsen dem hessischen Landgrafen einen
Löwen als Geschenk.179
1.4 Von Wilhelm V. bis zu Wilhelm VI. (1627-77)
Die Herrschafts- und Regentschaftsperioden Wilhelms V. (1627-1637) und
Wilhelms VI., nach dessen Ableben 1663 seine Frau Hedwig Sophie (1663-77)
14 Jahre lang die Regentschaft übernahm, sind geprägt von den Zerstörungen
des Dreißigjährigen Krieges, der Hessen-Kassel an den Rand der
Existenzbedrohung brachte. Für Repräsentationsbauten oder Kultur blieb
weniger Raum. Auch die Stadt Kassel wurde durch Belagerung, Pest und
Hochwasser getroffen.
In der Moritzaue war nach den Verwüstungen nur eine „wilde Waldung von
Tannen und Lindenbäumen übrig geblieben“.180 Nach Scherer gingen durch die
172
Das Lusthaus wurde seitdem unter dem Namen „Mauritianum“ geführt.
Erweiterungen wie Entenfang und Fasanerie waren geplant, wurden jedoch nicht ausgeführt.
Staatspark Karlsaue, S.135. Vgl. Hanschke 1991, S.175-188.
174
„Die Menagerie Wilhelms [...] bestand unter Landgraf Moritz, wenn auch im kleineren
Maßstab, fort.“ Scherer 1890, Nr. 92. Vgl. Auch Holtmeyer 1923, Bd. VI, Text, 1. Teil, S.328.
175
Landau 1849, S.285
176
Scherer 1890, Nr.92.
177
Anlass des Festes war die Geburt Elisabeths, der späteren Herzogin von Mecklenburg, am
24. März 1596.
178
Bei dieser Taufe wurden wichtige Verhandlungen geführt, die eine Allianz bestehend aus
England, Frankreich, den Niederlanden, Dänemark und den wichtigsten deutschen
protestantischen Landesfürsten gegen Habsburg und vor allem Philipp II. von Spanien zum Ziel
hatten. Dem jungen hessischen Landgrafen fiel dabei die Rolle eines Vermittlers zu. Dies war
einer der wesentlichen Gründe für den enormen Aufwand bei der Durchführung des Festes mit
zahlreichen Turnierspielen, allegorisch aufgeladenem Ritterspiel und einer abschließenden
Feuerwerkspantomime. Vgl. dazu Nieder 1997, S.141-162.
179
Scherer 1890, Nr.92.
180
Rommel 1858, S.149f.
173
32
„hereinbrechenden Kriegsstürme und die sie begleitende Not“181 auch die
meisten Tiere der fürstlichen Menagerie ein. Nur noch einzelne Tiere mögen
gehalten worden sein, so ein Löwe, der im Jahre 1648 erwähnt wird.182
Erst Landgraf Karl (1677-1730) leistete einen Beitrag zur wirtschaftlichen und
kulturellen Belebung seines hessischen Territoriums. Als ein typischer
deutscher Fürst der Barockzeit richtete er in größeren Umfang in Kassel eine
fürstliche Menagerie ein.
2. Die barocke Menagerie des Landgrafen Karl von Hessen-Kassel
Landgraf Karl ließ seine Residenz zu einer für die damalige Zeit sehr modernen
und kunstträchtigen Stadt ausbauen. Als eine der schönsten Städte Europas
war Kassel im 18. Jahrhundert begehrtes Reiseziel und galt als geistig
anregendes Lebenszentrum für Gelehrte aus dem In- und Ausland.
Die Anfänge von Karls Menageriegründung erfolgten in den 1680er Jahren.
Seine höfische Tiersammlung war damit eine der frühesten zoologischen
Anlagen in Europa.
2.1 Topographie
Landgraf Karl legte seine höfische Menagerie „unter dem Schloß zu Cassel auf
dieser Insul, die Aue genannt [...]“183 an. Gemeint ist das Areal der heutigen
Karlsaue zwischen Großer und Kleiner Fulda. Als älteste Gartenanlage Kassels
wurde die Karlsaue seit dem 16. Jahrhundert sukzessive erweitert und
umgestaltet.184
Seit Ende des 17. Jahrhunderts wurde der Lustgarten Wilhelms IV. und seines
Sohnes Moritz unter Landgraf Karl in die barocke Gesamtgestaltung der Aue
integriert. Der Tradition des Renaissancegartens in der Voraue folgend breitete
sich der Aue-Garten unterhalb der Stadt aus und hatte keinerlei axiale
Beziehung zum Stadtschloss. Als barocker Bezugspunkt wurde über mehrere
Planungsstadien an der Nahtstelle zwischen Voraue und Park ab 1701 das
Orangerieschloss185 errichtet, vor dem sich der neue Garten völlig
achsensymmetrisch ausbreitete. Nördlich der Orangerie blieb in der Voraue der
alte Lustgarten des 16. Jahrhunderts erhalten. Südlich der Orangerie befand
sich das große Orangerieparterre zur Aufstellung der Kübelpflanzen.
Die Orangerie markiert die Grenze zwischen dem ehemaligen Lustgarten der
Landgrafen Wilhelm IV. und Moritz und dem unter Karl planmäßig
hinzuerworbenen südlichen Gelände und bildete nun das Kernstück der neuen
181
Scherer 1890, Nr. 92.
Ebd., Nr.92.
183
Winckelmann 1697, S.276.
184
Becker 1996a, S.29-58.
185
Der Bau war notwendig geworden, weil im Jahre 1700 das alte Pomeranzenhaus der Aue
abgebrannt war. Die Orangerie wurde an Stelle des alten Lusthauses errichtet. Vgl. Philippi
1976, S.591.
182
33
Gartenanlage186. Der Landgraf nutzte das Orangerieschloss gleichermaßen als
Sommerresidenz und Pflanzen-Überwinterungshaus187.
Von der Orangerie ausgehend erstreckte sich ein fächerförmiges Alleen- und
Kanalsystem in südwestlicher Richtung und bildete das Gerüst für die gesamte
Gestaltung. Zentrum war das Große Bassin mit seinen zahlreichen Buchten und
der achtpassförmigen Schwaneninsel. Als Annex bildete die Insel Siebenbergen
den Abschluss des Parks. Westlich und östlich der Wassergräben lagen der
Küchengarten für den Anbau von Gemüse und Kräutern sowie der Holländische
Garten, in dem Obst für die Versorgung der landgräflichen Küche gezogen
wurde.
Standortbestimmung der Kasseler Menagerie
Den Angaben mehrerer Autoren zufolge habe sich die Menagerie des
Landgrafen Karl auf dem Gebiet der „Voraue“, im ehemaligen Lustgarten
Wilhelms IV., befunden. Bei der genauen Standortangabe innerhalb dieser
Anlage werden ganz unterschiedliche Aussagen getroffen.
Bruno Jacob stellt 1926 fest: „In dem Teil der Aue, den heute das Stadion
einnimmt, hatte Landgraf Wilhelm IV. den alten Baumgarten des Schlosses zu
einem Lustgarten umgewandelt und mit einem Pomeranzenhause versehen,
auch ein Lusthaus lag dort. - Und dort richtete Landgraf Karl seinen Tiergarten
ein.“188 Auf einen ähnlichen Standort verweist Kramm, der Karls Menagerie
ebenfalls „im alten Lustgarten, auf der heutigen Hessenkampfbahn, wohl in der
Nähe der Drahtbrücke“189 vermutet.
Einen anderen Bezugspunkt im alten Lustgarten nennen Schmincke und
Scherer. Schmincke verortet 1767 das „sogenannte Thierhaus“190 Landgraf
Karls an der Stelle „wo vormalen das fürstliche Jägerhaus an der Fulda
gewesen, unweit der Orangerie.“191 Ebenso nennt 1890 Scherer die „Stelle,
etwas zuvor das von Merian in seinem Casseler Plane angegebene fürstliche
Schießhaus einst gestanden hatte [...].“192 Das genannte Gebäude wurde
sowohl als fürstliches Schießhaus, Schützenhaus bzw. Jägerhaus193
bezeichnet. Wilhelm IV. ließ es bereits im Jahre 1575 an der Nordostecke des
Lustgartens errichten (Abb.14). Es diente den Belustigungen des Hofes, wie
186
Immer wieder stößt man bei den Beschreibungen der Karlsaue auf Irritationen hinsichtlich
ihrer Ausrichtung auf die Orangerie. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass der Auegarten
als Schlossgarten verstanden werden muss. Dies hebt auch Simone Balsam in ihrer
Dissertation hervor. Vgl. Balsam 1989, S. 301. Auch Bergmeyer 1999, S.214.
187
Über die pflanzliche Ausstattung der barocken Orangerie ist leider nichts genaues bekannt.
Vgl. Kapitel 3.6 dieser Arbeit.
188
Jacob 1926.
189
Kramm 1936.
190
Schmincke 1767, S.123. Das Werk wurde von Friedrich Groschuf und Johann Balthasar
Hundeshagen verfasst, jedoch von Schmincke herausgegeben, unter dessen Name es bei allen
späteren Reisenden firmiert. Vgl. außerdem Hahndorf 1870, S.27.
191
Schminke 1767, S.123.
192
Scherer 1890, Nr.92.
193
Später wurde das Gebäude unter Landgraf Moritz erneuert. Bis Ende des 17. Jahrhunderts
wurden höfische Lustbarkeiten darin abgehalten: „Montags, Dienstags und Mittwochs hat der
Landgraf mit Armbrüsten, in seinem Lustgarten, darein auch ein Schießhaus und Platz,
Schießen gehalten, hat viereckige Silberstücke, ein jedes eines Ortsthalers wert, schlagen
lassen. Welcher zu jedem Schuß am nächsten gekommen, hat eines erlanget, es ist auch ein
großer Becher gemacht; wer auf dem ganzen Schießen das Beste tut, soll denselben erlangen.“
Holtmeyer 1923, S.324.
34
z.B. dem Armbrustschießen. Auch Heidelbach führt es in Zusammenhang mit
der Menagerie Landgraf Karls auf: „Die an der Stelle des alten Schießhauses
unterhalb des Schlosses gelegene Menagerie Karls hatte dessen Tod nicht
überlebt.“194
Einen gänzlich anderen Standort der Menagerie Landgraf Karls nennt Kalbfuss:
„Die alte Menagerie des Landgrafen Carl war auf der Fuldaseite gelegen, dort
wo sich heute das Restaurant „Tiergarten“ befindet.“195 Er geht fälschlicherweise
davon aus, dass sich der Name „Tiergartenrestaurant“ auf die Menagerie des
Landgrafen Karl zurückführen lässt. Tatsächlich befand sich in der Gegend des
Restaurants vom Ende des 18. Jahrhunderts bis um 1830 die Anlage eines
Wildgeheges für Rotwild auf dem zugeschütteten Graben (Hirschgraben).196 Auf
diese Tradition griff später der Pächter des Auerestaurants, Otto Eckart, zurück,
indem er dort zwischen 1928 und 1939 einen kleinen Zoobestand unterhielt:
Hirsche aller Art, Esel, Kamele, Bären, Löwen, Zebras, Antilopen, Affen und
weitere exotische Tiere bildeten auf der Wiese hinter dem Restaurant einen
Anziehungspunkt für die Besucher. Nach dem Tod des Pächters wurde der
Tierbestand aufgelöst.197
Für die Bestimmung des tatsächlichen Standortes von Karls Menagerie liefert
der Reisebericht von Johann Friedrich Armand von Uffenbach aus dem Jahr
1728 wertvolle Hinweise. Auf seiner Besichtigung der Karlsaue beschreibt er
das „Thierhaus“ als ein „viereckender Hoff mit niedrigen holländischen Häußern
umsezet“.198 Er führt einen „Stall“, mehrere „aparte Gehäuße“ und „Behälter“
auf, in denen die Tiere je nach Art gehalten wurden. Mit diesen Begriffen
können sowohl Käfige, Ställe, Holzverschläge oder Volieren gemeint sein.
Eines der Gebäude wird bereits 1709 als „Löwenhaus“199 bezeichnet.
Die Beschreibung von Uffenbach deckt sich mit dem Gebäudekomplex, der auf
dem Plan von Leopold200 (Abb.16) östlich des 1701 bis 1711 erbauten
Orangerieschlosses eingezeichnet ist. Das Tierhaus war wohl zunächst
winkelförmig angelegt und ist im Laufe der Zeit zu einem quadratischen Hof
erweitert worden. Ab 1711 hatte der holländische Menagerieverwalter Philipp
Hottem (Houttem) die Aufsicht.201 Spätestens 1765, zum Zeitpunkt des Baues
des Küchenpavillons als Pendant zum Marmorbad auf der anderen Seite der
Orangerie, wurde der Gebäudekomplex abgerissen.202
Somit lagen die Tierunterkünfte wohl nicht mehr direkt im Gebiet des
ehemaligen Lustgartens aus dem 16. Jahrhundert, sondern nahe der Fulda an
194
Heidelbach 1973, S.179.
Kalbfuss 1972, S.17.
196
Becker 2002, S.14.
197
Hermsdorff 1978, S.52.
198
Uffenbach 1728, S. 47.
199
„Nach dem essen gingen wir nach dem hinter dem Schloß gelegenen sogenannten LöwenHaus, darinnen aber nicht mehr als folgende Thiere zu sehen waren: [...].“ Zitiert aus: Uffenbach
1709, S.4.
200
Wie bei Stadtplänen des 18. Jahrhunderts üblich, ist die private Bebauung lediglich
summarisch durch Angabe der Baublöcke gezeigt. Dagegen werden alle kirchlichen,
herrschaftlichen, öffentlichen und militärischen Bauten durch Einzeldarstellung und Farbgebung
hervorgehoben. Im Bereich des Aueparks ist Baubestand und Planung nebeneinander zu
sehen.
201
Philippi 1976, S.608.
202
Vgl. dazu Holtmeyer 1923, S. 630. Die übrigen Meiereigebäude in der Aue waren verpachtet.
195
35
dem Ort, an dem sich heute der Parkplatz zwischen Auedamm und Orangerie
befindet.203 Dort hatte Landgraf Karl vermutlich nach den Zerstörungen im 30jährigen Krieg eine Neugründung der Menagerie vorgenommen. Uffenbach
beschreibt das Tierhaus als „nicht eben das ziehrlichste noch bequehmste. Man
hat es aber so stehen laßen, dieweil es dem Dessein von der Aue nach hat
sollen weggebrochen und ein anderes prächtigeres erbauet werden.“204 Wir
können davon ausgehen, dass sich das Gebäude 1728 in keinem guten
Zustand mehr befand, weil es vermutlich bereits seit längerer Zeit als
Menagerie genutzt wurde. Daraus ist zu schließen, dass entweder 1) Landgraf
Karl seine Menagerietiere bereits seit Ende des 17. Jahrhunderts dort
unterbringen ließ, oder 2) die Menagerie unter der Regierung Landgraf Karls
umgesiedelt wurde.
Folgt man den Beschreibungen von Uffenbach, so wurden die Kamele nicht
weit von dem Tierhaus entfernt in einem separaten Stall im landgräflichen
Meierhof (Wirtschaftshof) untergebracht:
„Nachdem wir uns nun recht müde gelauffen, gingen wir wieder nach Hauß zu und
sahen im Vorbeygehen in einem alten Meyerhoff bey dem Orangeriegebäude
etliche Camele in einem Stall, die ehedeßen aus Ungarn hierher gebracht worden,
welches uns auch an die übrigen wilte Thiere, so nicht weit davon in einem aparten
205
Gebäude erhalten werden, erinnerte.“
Das Gelände des Meierhofes war südwestlich der Orangerie und des 1722 bis
1730 errichteten Marmorbades angesiedelt.206 Dieses Gelände bestand aus
einer Ansammlung verschiedener, um einen Hof und einen Misthof
angeordneter Wirtschaftsgebäude. Wie auf dem Merian-Stich von 1646
(Abb.14) zu sehen ist, handelt es sich bei dem alten Meiereigebäude um einen
geschlossenen Vierflügelbau, der zum Teil auf Überresten der alten Meierei des
16. Jahrhunderts beruht.207
In einem Bestandsplan der Wirtschaftsgebäude und Stallungen, erstellt etwa
1738-40 von Giovanni Ghezzi208, taucht in der Gebäudebezeichnung ein „Alter
Cameelstall“ auf (Abb.17). Gleich daneben sind „Hoffischers Wohnung“ und der
große „Fischbehälter“ verzeichnet. Weitere Stallungen sowie „Hofgärtners
203
Zu diesem Schluss kommt auch Lehmann 2009, S.79.
Uffenbach 1728, S.48.
205
Ebd., S.47. Philippi verweist ebenfalls auf das Gelände des Meierhofes, geht allerdings
davon aus, dass sich dort die gesamte Tiersammlung des Landgrafen Karl befunden habe. Die
Angaben der Himmelsrichtungen stimmen bei ihm nicht, wenn er den Meierhof „nordöstlich der
Orangerie an der Fulda“ benennt. Vgl. Philippi 1976, S.614.
206
Die Meierei wird bereits 1646 von Merian erwähnt: „Auff der andern seyten deß Gartens ligt
ein stattliches Vorwerck / und Meyeren / vnd hinter derselben ein grosses / weites / gantz
ebenes / fruchtbares Feld / beynahe einer halben Meylen umbfangen / und zu dieser Meyerey
gehörig / alles mit einander wie auch der Lustgarte / ist rings herumb / gleich einer Insel / mit
der Fulda umbflossen / daß man mit grossen Schiffen spatziren fahren kan.“ Zitiert aus: Merian
1646, S.13. Von der Meierei berichtet auch Winckelmann: „und hinter demselben ein großes
und ganz ebenes zu dieser Meyerey gehöriges fruchtbares Feld / beynahe [...]“. Zitiert aus
Winckelmann 1697, S.276.
207
Auf einer Zeichnung des Landgrafen Moritz (Murhardsche Bibliothek, 2° Ms. Hass. 107,
Moritzaue 3), entstanden um 1627/30, erscheinen zudem weitere Nebenbauten, darunter ein
kleines „fischerhauß“, das vermutlich als „Hoffischerwohnung“ diente. In einer Anweisung zum
Bau eines Pferdestalles von 1603 wird das „fischerhauß“ auch als „Hoffischerwohnung“
erwähnt. Vgl. Holtmeyer 1923, S. 324.
208
Inv.Nr. Marb. Dep. 254,6.
204
36
Bischoffs209 alte baufällige Wohnung, nebst dem Brauhause“ schließen sich an.
„Zwischen des Gärtner Bischoffs Brauhaus und dem vormaligen Kameelstalle
gelegenen Hofraum“ wurde ab ca. 1734/35 ein langgestrecktes
Küchengebäude („Neue Küche“) mit „Herrschaftlicher Küche“ und kleinem
„Speisezimmer vor den Hof- und Küchenmeister“ und „Gärtners brau und
backhaus“ errichtet.
Sämtliche Wirtschaftsgebäude in der Nähe der Orangerie wurden bis 1765
abgerissen. Bei den Fischerhäusern und den benachbarten Kleingebäuden
erfolgte der Abriss wegen Baufälligkeit bereits in den Jahren um 1738/40.210
Nach Holtmeyer kaufte Landgraf Wilhelm VIII. 1740 einen Garten unter dem
Weinberg zur Anlage einer neuen Meierei „und baute aus dem Material des in
der Aue abgebrochenen Viehhofs eine Stallung.“ 211
Umzug der Menagerie zwischen 1728 und 1730?
1727 erwarb Karl von seinem Sohn Maximilian212 dessen Lusthaus mit Garten
im Tal des Weinberges.213 Laut Lehmann plante der Landgraf zu diesem
Zeitpunkt - drei Jahre vor seinem Tod - eine Verlegung der Menagerie in den
Lustgarten des Prinzen Maximilian an die Westseite der Aue: „Der Prinz
brauchte dringend Geld, und sein Vater trug sich mit dem Gedanken, seine
Menagerie auf dieses Grundstück zu verlegen.“214
Der Stockholmer Plan von 1728 (Abb.18) verzeichnet erstmals den neuen
Garten am Weinberg (P), auf dessen Gelände sich heute die Kleingartenanlage
„Hofbleiche“ befindet (Abb.). Der Garten legte sich der Südseite des Gebäudes
vor und erstreckte sich von der Frankfurter Straße bis zum Küchengarten der
Aue. Seine Südgrenze bildete der Lauf der Drusel.
Laut den Angaben bei Holtmeyer215, Kluckert216 und Lehmann217 ließ Karl die
Menagerie tatsächlich dorthin verlegen. Allerdings wird das in keiner
zeitgenössischen Quelle erwähnt. Über Menageriegebäude im Lustgarten zu
dieser Zeit gibt es keine Informationen.
Träfe die Verlegung zu, dann kann dies nicht vor September 1728
stattgefunden haben, da sich laut Uffenbachs Bericht vom 1. September 1728
209
Johann Heinrich Bischoff war unter Landgraf Friedrich I. „Hof-, Lust- und Orangengärtner“.
Vgl. Brunner 1913, S.226.
210
Die betreffenden Gebäude fehlen bereits auf dem Stadtplan von Leopold (GS 14516, um
1755).
211
Holtmeyer 1923, S. 630. Die übrigen Meiereigebäude in der Aue waren verpachtet.
212
Prinz Maximilian (1689-1753) war der sechste Sohn Landgraf Karls.
213
Laut Holtmeyer verkaufte Maximilian 1727 das Schloss seinem Vater für 30.000 Taler. Vgl.
Holtmeyer 1910, S. 406. Möglicherweise handelte es sich aber auch um einen Tausch: Denn im
Gegenzug überließ der Landgraf seinem Sohn und dessen Familie Güter in Jesberg. Hier ließ
Maximilian ebenfalls ein Lustschloss errichten und in den Dreißigerjahren einen zierlichen
Rokokogarten im französischen Stil anlegen. Wenige Jahre später begann er mit Planung des
Prinzessinnengartens östlich von Jesberg. Vgl. Kluckert 2007, S.141.
214
Lehmann 2009, S.89.
215
„Hier [im Garten des Prinzen Maximilian] schuf Landgraf Karl seine Menagerie, die eine
gewisse Bedeutung besessen haben muß [...]“. Zitiert aus: Holtmeyer 1923, S.408.
216
„ [...] ab 1727, ließ Landgraf Karl den von seinem Sohn übernommenen Lustgarten samt
einer außerordentlichen und weitberühmten Menagerie anlegen.“ Zitiert aus: Kluckert 2007,
S.141.
217
„Nach 1727 wurde die Menagerie in den Lustgarten des Prinzen Maximilian an die Westseite
der Aue verlegt, wo später auch Landgraf Friedrich II. seine Menagerietiere unterbrachte.“ Zitiert
aus: Lehmann 2009, S.79.
37
die Menagerie auf jeden Fall noch in den alten Tierunterkünften in der Nähe der
Orangerie befand.218
Nach Karls Tod im Jahr 1730 kam die Besitzung an den ältesten Sohn und
Thronfolger König Friedrich I. von Schweden, der bereits 1732 die Anlage
seinem Bruder Maximilian geschenkweise wieder überließ.219
Erst der Enkel Landgraf Karls, Friedrich II., richtete das Lusthaus mit
umliegenden Gelände ab 1764 als Menagerie ein. Exotische Tiere in großer
Vielfalt wurden hier gehalten (vgl. Teil III, Kapitel 4).
2.2 Tierbestand
Der tatsächliche Tierbestand der Kasseler Menagerie lässt sich nicht mehr
rekonstruieren. Die meisten Tiere hat Landgraf Karl sicherlich über Agenten an
den großen Häfen in den Niederlanden beschafft, auf Messen eingekauft oder
als Geschenk erhalten. Leider existieren keine Ankaufslisten mehr. Im
Staatsarchiv Marburg sind einige Dokumente über einzelne Tiersendungen
nach Kassel erhalten, die als Quelle herangezogen werden können. Darüber
hinaus lassen zeitgenössische Berichte Reisender, welche die Menagerie in
Kassel besuchten, einen bedingten Rückschluss auf den ungefähren
Tierbestand zu, auch wenn ihnen kein Anspruch auf Vollständigkeit zukommt.
Mit der Neugründung seiner Menagerie übertraf Landgraf Karl seine Vorgänger,
die in Kassel nur kleinere Menagerien unterhalten hatten. Bereits seit den
achtziger Jahren des 17. Jahrhunderts wurde der Tierbestand aufgebaut: So
gelangten 1683 mehrere Kamele als Beute aus den Türkenkriegen in Wien
nach Kassel: „Als Beute brachte Karl den erstaunten Kasselanern einen
Türken, einige Kamele, einige türkische Pferde mit.“220 Laut Winckelmann haben
sich die Kamele in der fürstlichen Menagerie vermehrt.221
Im Jahr 1688 kamen zwei weibliche Bären von Kurfürst Friedrich Wilhelm von
Brandenburg - dem Cousin Landgraf Karls - aus Preußen nach Kassel.222 Diese
Tiersendung war Ausdruck des diplomatischen Verkehrs, stand sie doch mit der
Allianz zwischen dem Hause Hessen und dem Brandenburgs in
Zusammenhang, die am 27. Juli 1688 geschlossen wurde.223
Laut Philippi erwarb der Landgraf im Jahre 1695 einen Elefanten für 6000
Reichstaler: „1695 wurde für die ungeheuere Summe von 6000 Rt. ein Elefant
erworben, der mit dem Rüssel „exercitia“ machte und für Kassel eine Sensation
darstellte.“224 Allerdings existieren über diese Anschaffung keine Belege mehr
218
Uffenbach 1728, S.47f..
Holtmeyer 1923, S.407.
220
Philippi 1976, S.65.
221
Er erwähnt ein Kamel, das 1687 ein Junges zur Welt gebracht hat. Vgl. Winckelmann 1697,
S.277.
222
StAM 4 f Preußen 410: Zusendung zweier Bärinnen seitens des Kurfürsten von
Brandenburg, 1688. „Noch im J. 1688 schickte Kurfürst Friedrich von Brandenburg 2 Bärinnen,
welche er aus Preußen kommen lassen, dem L. Karl nach Kassel.“ Zitiert aus: Landau 1849,
S.213.
223
Zu Karls politischen Geschäften vgl. Vehse 1991, S.62.
224
Philippi 1976, S.614. Er erwähnt die Anschaffung eines weiteren Elefanten im Jahr 1728:
„Noch 1728 wurde abermals ein Elefant erhandelt, der zusammen mit 50 Orangenbäumen
durch den Gärtner Franz Royer, den Bruder des Hofgärtners David Royer, aus Genua überführt
wurde.“ Vgl. ebd. Im Tagebuch des Johann Friedrich Armand von Uffenbach, der am 1.
219
38
und in keinem der nachfolgend skizzierten zeitgenössischen Reiseberichten
wird ein Elefant erwähnt. Die Aussage von Philippi muss also mit Vorbehalt
betrachtet werden.
Der früheste zeitgenössische Reisebericht über den Bestand der
Menagerietiere stammt von Johann Justus Winckelmann225 aus dem Jahr 1697.
Er beschreibt Landgraf Carl als einen „Herr[n]“, [der] unter andern auch an
raren Vögeln und frembden Thieren seine besondere Lust = Ergötzlichkeit“226
hat. In seiner Beschreibung der „folgende[n] Arten Vögel und vierfüssige[n]
Thiere von [ihm] gesehen“ wird kein Elefant aufgeführt.
Winckelmann beeindruckt die Größe eines männlichen Kasuars, der zusammen
mit einem kleineren Weibchen von einem hessischen Soldaten aus Ostindien
nach Kassel gelangt sein soll: „ein sehr groser Vogel, Casuarius genant [...] Die
Höhe des grossen Vogels ist drey Werkschuh und zwen und einen halben Zoll,
wan er aber den Kopf empor hebet, ist er 5. Schuh und 2. Zoll hoch [...]“.227
Außerdem erwähnt er ein „Tiegerthier“, worunter eine gefleckte Großkatze wie
Leopard oder Gepard zu verstehen ist. Daneben zählt er auf: ein großes
Pavianweibchen, das „ein junges allhier gehabt hat [...]“228; einen „indianischen
Fuchs“; einen “türkischen Jachthals” (Schakal); „schöne Phasanen“; zwei Aras
aus dem Amazonas229, die er gebräuchlich als „indianische Raben, deren eine
blau und gelb, die andere roth, blau und grün“230 bezeichnet; eine Löwin; ein
Luchspärchen und zwei Meerkatzen (aus Angola und Westindien). Mit dem
„indianischen wilden Schwein“, das „den Nabel auf dem Rücken“231 hat, ist ein
amerikanisches Nabelschwein gemeint, auch Pekari genannt.
Winckelmann zeigt sich überrascht hinsichtlich der zahlreichen Vermehrungen
der Menagerietiere:
„Im Jahr 1687 hat ein Camel, im Jahr 1689 ein Renn-Thier und im Jahr 1690 ein
Stachelschwein ihres gleichen Art zur Welt gebracht, und es ist zu verwundern, daß
solche Orientalische und andere ausländische Tier und Vögel im Hessenland sich so
232
wol sasseln und fortpflanzen [...].“
Daneben berichtet er von einem „indianischen schwarzen Affen“, der „im Jahr
1679 einen jungen Affen zur Welt gebracht [hat]“233 und einem
Meerschweinchenpaar, das 1689 zwei Junge bekam.
Aus dem Jahre 1708 stammt der Bericht eines anonymen Italieners, der auf
seiner Reise von Venedig über Tirol mehrere Aufenthalte in Deutschland hatte,
bevor er seine Tour weiter nach Skandinavien fortsetzte. In Kassel besichtigte
er zunächst das Stadtschloss, danach den „außerordentlich schönen
September 1728 die Menagerie besuchte, wird dieses Tier allerdings nicht erwähnt. Vgl.
Uffenbach 1728, S.47f.
225
Johann Justus Winckelmann wurde 1620 in Gießen geboren, befand sich in oldenburgischen
Diensten und hat sich später in Bremen niedergelassen. 1699 ist er in Bremen gestorben. Vgl.
Winckelmann 1697.
226
Ebd. S.276.
227
Ebd. S.276.
228
Ebd. S.277.
229
Vermutlich sind Ararauna gemeint.
230
Ebd. S.277.
231
Ebd. S.277.
232
Ebd. S.277.
233
Ebd. S.277.
39
Tiergarten“234, womit offensichtlich die landgräfliche Menagerie gemeint ist. In
seinem Reisebericht führt er folgenden Tierbestand auf: Zwei „riesengroße
Wölfe“, zwei Murmeltiere, zwei „wunderschöne Stachelschweine“, zwei in einem
Gehege freilaufende Löwen und einen fischfressenden Otter.235 Dass
außerdem Affen in verschiedenen Gattungen vertreten waren, scheint ihm sehr
imponiert zu haben: „Weiters sah ich 7 Affen verschiedenster Rasse, wie ich sie
nie zuvor gesehen hatte. Einer war darunter, der war viel größer als ein Hund,
mit karmesinrotem Hinterteil [...]“.236 Gemeint ist ein Mandrill. Außerdem „noch
andere Vierbeiner“, zudem „viele aschfarbene Papageien mit rotem Schwanz“
und „unzählige Vögel“.237
Die bildhafte Beschreibung eines Kasuars gibt Aufschluss darüber, dass dieses
Tier dem Autor wohl namentlich nicht bekannt war:
„Zwei riesige Vögel mit einem der Dogenmütze ähnlichen, eine halbe Handbreit
hohen Horn auf dem Kopf. Ihr Haarkleid ist wie das Gefieder des Reiher, der Bart
feuerrot, über dem Hals tief violett, der Schnabel wie der eines Truthahns, die
238
Füße wie die eines Straußen, viel größer als ein Kapaun und wunderschön.“
Zusammenfassend bezeichnet er die Menagerie mit seinem Tierbestand als
„sehr selten und extravagant. [...] „kurzum eine Sammlung von Tieren, die es
erlaubt, den Landgrafen einen großen Fürsten zu nennen“.239
Einige dieser Tiere werden auch in den Aufzeichnungen des aus einer
Frankfurter Juristenfamilie stammenden Zacharias Conrad von Uffenbach240
(1683-1734) erwähnt, der die fürstliche Menagerie ein Jahr später - 1709 besichtigte (erst 1753 veröffentlicht).
Auch er führt die beiden Stachelschweine und den Kasuar auf. Im Löwenhaus
beeindruckte ihn ein Löwenpaar: „Löw und Löwin. Sie sind zwar nur drey Jahre
alt, aber sonderlich war das Männgen sehr groß [...].“241 Daneben erwähnt er im
selben Gebäude ein „Tigerpaar“ - also weitere Großkatzen - „beyde ungemein
schön“ und zwei grönländische Gänse.242 In einem „besonderen Ställgen“ sah
er sechs Kakadus, die er als „weiße indianische Vögel“ wie folgt beschreibt:
„wie Papageyen, [...] ausser daß sie auf dem Kopf viele Federn, wie eine Krone,
hatten, die zwar von aussen ganz weiß schienen, inwendig aber, wenn man sie
zurück strich, blutroth waren, und in der Mitten eine kleine Platte hatten.“243 Im
selben Käfig fiel Uffenbach ein weiterer Vogel auf, der sprechen konnte: ein
„Indianischer, kleiner, den Papageyen auch fast ähnlicher, Vogel, so roth,
234
Vgl. Veneziano 1708, S.101.
Ebd. S. 103.
236
Zitiert ebd., S.103.
237
Ebd. S.103.
238
Ebd. S.103.
239
Ebd. S.103.
240
Er studierte Jura, von 1698-1700 in Straßburg, anschließend in Halle, wo er 1703 unter dem
Vorsitz von Christian Thomasius promovierte. Nach Reisen in Sachsen und Thüringen ließ er
sich 1704 in seiner Heimatstadt nieder; Neben seiner kommunalpolitischen Laufbahn widmete
er sich dem Sammeln von Büchern, Handschriften, Münzen und Antiquitäten und der
Beschäftigung mit Theorie und Praxis des Bibliothekswesens. Vor allem durch Selbststudium
wurde er zu einem typischen Polyhistor des 18. Jahrhunderts. Mehrere Reisen führten ihn nach
Norddeutschland, England und in die Niederlande. Erst 1721 wurde er Mitglied des Rats, 1727
zweiter Bürgermeister, 1730 Schöffe.
241
Uffenbach 1709, S.5.
242
Ebd. S.4.
243
Ebd. S.5.
235
40
schwarz und bräunlich aussahe. Dieser war überaus munter, und redete sehr
viel, wiewohl etwas undeutlich.“244 Am Ende seines Berichts weist er auf einen
jungen Bären hin, der in einem separaten Gehege gehalten wurde.245
Für die Jahre 1709 bis 1727 lässt sich der Bestand der Menagerietiere nicht
mehr nachvollziehen. 1719 gelangten noch einmal zwei Kamele in die
Menagerie, die der Landgraf von Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach
erhalten hat.246
Drei Jahre später – 1722 – erfolgte die Übersendung eines „weißen Bären“ an
den Landgrafen seitens des Königs von Preußen, womit wohl ein Eisbär
gemeint sein dürfte.247
Laut einem Aktenvermerk aus dem StAM boten ihm die befreundeten
Generalstaaten 1727 einen Bären an, dem ein Löwe und ein Tiger nachfolgen
sollten - allesamt Geschenke des Dey von Tunis und Algier248 aus Anlass eines
erneuten Friedens.249
Eine weitere „Besichtigung dießer ausländischen Seltenheiten“250 in der
Kasseler Menagerie unternahm 1728 Johann Friedrich Armand von Uffenbach.
In seinem „Tagebuch einer Spazierfahrt durch die Hessische in die
Braunschweig-Lüneburgische Lande“251 verwendet er für die einzelnen
Tierunterkünfte die Begriffe „Stall“, „Behälter“ oder auch „Gehäuße“.
Zwei südamerikanische Königsgeier beschreibt er als „große schöne Vogel,
nehmlich sogenannte Könige von Bawow, die sehr hohe Farben an denen
Federn hatten“.252 In einem weiteren Käfig waren ein großer Affe, ein
„westindischer Geyer“, eine „ostindische wilte Katze“ und eine „Biesamkatze
aus Westindien“ (Zibetkatze), die „so wie eine gemeine Katze gestaltet, aber
viel größer und angeschloßen, auch von sehr starkem Geruch war“253
untergebracht.
In einer Art Voliere beschreibt er: zwei Amazonaspapageien („ostindische
Raben von sehr hohen und schönen farbigten Federn“), ein „Luretje“, zwei
Kakadus („zwey Cacadoje“) sowie zwei „Monine“ – also kleinere Papageien
oder Sittiche - und einen kleinen „Parokit“ (Nordamerikanischer
Keilschwanzsittich).254
244
Ebd. S.5.
Ebd. S.5.
246
StAM: 4 f Brandenburg (fränk.) 218: Dank des Markgrafen Wilhelm Friedrich von
Brandenburg- Ansbach für das für 2 übersandte Kamele gemachte Gegengeschenk (Maultiere),
1719.
247
StAM 4 f Preußen 548.
248
Gemeint ist Abdy Pasha (1724-32), der Janitscharenherrscher Algeriens.
249
StAM: 4 f Niederlande 650: Die Generalstaaten schenkten einen Bären, dem ein Löwe und
ein Tiger nachfolgen sollen, 1727. Die Nachlieferung traf 1732 in Lübeck ein und beinhaltete ein
Löwenpaar, zwei Leoparden („Tiger“) und eine Zibetkatze („indianische Katze“). Als Geschenk
des Königs von Schweden gelangten die Tiere in die Menagerie nach Dresden.
250
Zitiert aus Uffenbach 1728, S.48.
251
J. F. A. von Uffenbach wurde 1687 geboren, studierte Jura, wurde später Bürgermeister zu
Frankfurt und starb 1769.
252
Bei dem „König von Bawow“, auch „Wau wau“, genannt, handelt es sich um den
südamerikanischen Königsgeier. Beide Bezeichnungen lassen sich wohl aus sächsischen
Varianten des englischen Namens Vawows oder Warvorwen ableiten. Vgl. Coban-Hensel 2008,
S.39.
253
Uffenbach 1728, S.47.
254
Ebd. S.47.
245
41
In weiteren Gehegen nennt er zwei Stachelschweine, einen Luchs und „ein
überaus schöner ansehnlicher und großer Löwe, der wohl das Schönste Stück
von allen hier bewahrten Thieren seyn mogte“.255 Einzeln in separaten
Gehegen untergebracht waren zwei Löwinnen, ein Strauß und ein Kasuar sowie
mehrere weiße Pfauen. Bei „sechs sehr schöne[n] Tiger[n]“256 handelt es sich
um in der Menagerie geborenen Nachwuchs.
Uffenbach weist deutlich auf die kostspielige Unterhaltung der Tiere hin:
„Alle dieße Thiere und vor dießem noch eine größere Anzahl werden zur Augenlust
alhier mit großen Kosten erhalten und brauchen alle Tage nur an frischem
geschlachten [...] Fleische 60 Pfd. [...] und ist also eine Liebhaberey, die große
257
Kosten veruhrsachet.“
Zwei dänische Ingenieur-Offiziere namens Holger Rosenkranz und Lauritz
Thura unternahmen im Jahre 1729 eine Reise nach Deutschland und Italien.
Am 9. Juni kamen sie in Kassel an, wo sie einen mehrtägigen Aufenthalt
machten. Sie wurden von Landgraf Karl in Audienz empfangen, besuchten die
fürstliche Kunstkammer und danach die Karlsaue. Neben Orangerieschloss und
Marmorbad besahen sie sich auch die Menagerie und Fasanerie, wo sie
258
„einen Löwen, ein paar Löwinnen, Leoparden, wilde und Desmer-Katzen sahen
und allerlei seltene Vögel, unter anderem einen sehr schönen Strauß, der mit
hochgerecktem Hals gewiß 8 bis 9 Fuß hoch war. Dann besahen wir die
Fasanerie, wo eine große Menge von allerhand weißen und braunen Fasanen sich
259
befanden.“
Die Tiere werden als Sehenswürdigkeiten beschrieben: als „erfreuliche Dinge“,
die ihre „Augen und [...] Neugierde [...] gesättigt hatten.“260
Fazit
Nach den Informationen aus den zeitgenössischen Dokumenten und
Reiseberichten weist der Tierbestand des Landgrafen Karl in den Jahren 1683
bis 1728 hohe Schwankungen auf. Grund hierfür waren wohl in erster Linie
Akklimatisierung und Schwierigkeiten der Fütterung. Im Jahre 1728 scheint der
Tierbestand am artenreichsten gewesen zu sein. Kontinuierlich in den Jahren
davor - also zwischen 1683 und 1728 - erwähnt werden Löwen, Affen,
Papageien, Stachelschweine, Kamele, Großkatzen („Tiger“) und Kasuare.
Gerade diese Tiere gehörten seit Gründung der Menagerie durch Landgraf Karl
zum Urbestand.
255
Ebd. S.48.
Ebd. S.48.
257
Uffenbach 1728, S. 47/48.
258
„Desmer“ ist der dänische Ausdruck für „Moschus“. Gemeint ist vermutlich eine Zibetkatze.
259
Zitiert aus Weilbach 1922, S.157.
260
Ebd. S.158.
256
42
2.3 Die Wahrnehmung der Menagerie aus Sicht der Besucher
Bei den Reisenden, welche die Kasseler Menagerie besuchten, handelte es
sich um vornehme und gebildete Gelehrte aus ganz Deutschland. In der Regel
befand sich diese Klientel in Kassel auf einer Art Sightseeingtour, statteten sie
doch (fast) alle vor oder nach der Besichtigung der Menagerie dem Kunsthaus
(Ottoneum) mit seiner enzyklopädischen Sammlung und/oder dem Stadtschloss
einen Besuch ab. Neben konkurrierenden oder verbündeten Fürsten wandte
sich die absolutistische Selbstdarstellung des Fürsten doch eben an diesen
Kreis gelehrter Reisender.
Doch wie wurde die fürstliche Menagerie aus der Sicht dieser politisch-sozialen
Eliten wahrgenommen? In den oben vorgestellten Reiseberichten werden die
Menagerietiere nach folgenden Kriterien bewertet:
A. Rarität261
Unvertraute bzw. unbekannte Tiere aus den neuentdeckten Ländern werden
herausgestellt als positive Qualität, als Quelle des Vergnügens und der Freude.
Da sie in der eigenen Kultur nicht vorkommen, werden sie als
bewundernswürdige „Rarität“ empfunden:
„Was nun bey uns am bekanntesten und gemeinsten, ist im Gegentheil bey enen
wiederum eine hochgeachtete Rarität. Zum Exempel wir estimieren einen aus
Indien zu uns gebrachten also genannten Raben für ein köstliches Thier; warum
aber? Zum Theil wegen seiner schönen Federn, am allermeisten aber weil sein
Vaterland ein weit von uns entlegenes Indien ist, und folglich wir nur gar selten
einen dergleichen Vogel zu sehen bekommen. Wer weiß aber, ob nicht ein bey uns
so verachteter schwartzer Rabe eben eine solche Rarität in Indien sein
262
möchte?“
Als Belegstücke für das Fremde wahrgenommen, hat die exotische
Tiersammlung das Bild von der Welt erweitert und in besonderem Maße die
Vielfalt der Schöpfung Gottes veranschaulicht. Dabei äußert sich in den
Beschreibungen der Tiere eine Aufgeschlossenheit für das Fremde, das global
gefasst war.263 Es existierte im europäischen Bewusstsein als eine
generalisierte Fremdheit, die en bloc dem Eigenen, Bekannten
gegenübergestellt wurde. Ihm wurde in erster Linie Interesse und Neugierde
entgegen gebracht, die Lokalisierung war aber zweitrangig. So sind die
Herkunftsangaben der Tiere meist unzutreffend. Eine Unterscheidung zwischen
Westindien und Ostindien, also Amerika und Asien, wird nur in den seltensten
Fällen getroffen. Beides wird unter dem unspezifischen Begriff „indianisch“
gefasst, der sich sowohl auf Amerika als auch auf Asien bezieht. Oft umschreibt
er auch die Herkunft aus Afrika und hat ganz generell die Bedeutung von
261
Zedler 1732-1750: (Raritas) Seltenheiten: „etwas ungewöhnliches, oder einen solchen Fall,
dergleichen nicht allzu offt, und in hundert Jahren kaum einmal, wo dennoch, vorzukommen
pflegt.“
262
Zitiert aus Neickel 1727, S.417.
263
Der heutige Anspruch der Ethnologie, die Objekte, Kulturen und Ethnien aus sich selbst
heraus zu verstehen, kann auf die Frühe Neuzeit nicht übertragen werden. Das Thema des
anderen war durch das universalistische Weltverständnis nicht von Bedeutung und das Fremde
wurde generalisiert.
43
„fremd“ oder „außereuropäisch“.264 Wird die Herkunft eines Tieres als aus
„Indien“ stammend festgelegt, so scheint damit das grundlegende Kriterium der
„Rarität“ erfüllt.
B. Kuriosität
Das Augenmerk der Reisenden richtet sich mit besonderem Interesse auf Tiere,
die aufgrund ästhetischer Kriterien als auffallend, ungewöhnlich und
extravagant wahrgenommen werden. Ihre Form, ihre Größe oder Kleinheit
werden als Abweichung von der Regelhaftigkeit der Natur angesehen und
gelten daher als „kurios“. Dies war ihr Wert, der sie allen anderen Kuriositäten
gleich machte. Adjektive wie „riesengroß“, „wunderschön“ oder „wild“ geben
Auskunft über ihre Wertschätzung, auch im ökonomischen Sinne. In der
genauen Kenntnis aller Besonderheiten beeindruckt die Körpergröße eines
Kasuars oder Löwen, die teilweise mit mehreren Fuß angegeben ist. Bei
Papageien und anderen Vogelarten ist es die Schönheit und/oder die Fremdheit
ihrer Farben, die mit Faszination beobachtet werden. Die Fähigkeit der Vögel
zum Gesang und/oder Sprechen ist ein weiteres Kriterium, das ihren
außergewöhnlichen Wert angibt. Bei Zibetkatzen ist es der Geruch nach
Moschus, der als Auffälligkeit wahrgenommen wird. Großkatzen und Bären
bestechen durch ihre Wildheit, also durch die besondere physische Kraft.
Diese ästhetischen Kriterien können ein Tier zu einer bewunderungswürdigen
touristischen Attraktion werden lassen, welche auf die „reine Augenlust“ des
Betrachters zielt. Als Schauobjekt dient das Tier dem Vergnügen seiner
Betrachter. Zedler sieht in der Belustigung die Hauptfunktion der Wissbegierde
(curiositas). Er definiert sie als „eine Art der Wollust, da man nach neuen und
ungewöhnlichen Sachen begierig ist, um sich dadurch zu belustigen“. 265
Bezug der curiositas zum Sammlungswesen
Der Blick der Reisenden auf die fremdartigen Tiere war geprägt von Staunen
und unvoreingenommener Neugierde (curiositas). Der Begriff der
„frühneuzeitlichen Neugierde“266 richtete sich auf den Gesamtbestand der
Schöpfung und umfasste ein
„ebenso facettenreiches, wie heterogenes Spektrum von menschlichen
Wissensansprüchen,
Erkenntnisinteressen
und
Erfahrungsbedürfnissen.
Angefangen von der schieren Neugierde im umgangssprachlichen Sinn, also dem
unstillbaren und nicht selten indiskreten Reiz, sich für alles Fremde, Unbekannte
und Geheime und zuletzt für das zu interessieren, was andere betrifft, reicht er bis
hin zum elementaren Verlangen, die verborgene Gesetzlichkeit der Welt
aufzudecken, von der Lust am Ausgefallenen und Wundersamen und der
sinnlichen Verlockbarkeit durch Kuriositäten bis hin zum pragmatisch geleiteten
264
Bujok 2004, S.69. Ähnliches ist bei den Begriffen „türkisch“ und „möhrisch“ zu beobachten,
die zwar häufiger zutreffen, hinter denen sich aber ebenfalls Africana und Americana verbergen
können. Der Begriff „indisch“ entstand erst im Lauf des 18. Jahrhunderts.
265
Zedler 1732-1750: Curiosität (Neugierigkeit)
266
Daston und Blumenberg haben die frühneuzeitliche Neugierde zu charakterisieren versucht
bzw. beschrieben, inwiefern die Wissbegier an der Schwelle zur Neuzeit einen diese Epoche
mitbegründenden Bewertungswandel durchmachte. Vgl. Daston 1994 und 2002; Blumenberg
1996. „Die Umwertung von der Neugierde – von der mittelalterlichen Einschätzung als Laster
hin zur solchen als Tugend – manifestierte sich zu dieser Zeit greifbar im Entstehen zahlreicher
enzyklopädischer Sammlungen als den materialisierten Zeugnissen einer nunmehr aus
kirchlicher Restriktion befreiten Wißbegierde, welche sich ungehindert auf den Gesamtbestand
der Schöpfung richten konnte“. Zitiert aus: Ganz 2006, S.12.
44
Forscherdrang und sachbestimmten Wissensstreben, von der Begehrlichkeit der
Augen (concupiscentia oculorum) und der vermessenen Ausschweifung in
unzulässige Erfahrungsfelder bis hin zur kritischen und erkenntnisbewußten
Wissenschaft (sientia) und näherhin zum Verlangen nach vernunftbegründeter
267
Aufklärung.“
Auf Gegenstände und Subjekte, die der Ästhetik der Neugierde entsprachen,
richtete sich die Vorliebe der Sammler. In Verbindung mit dem Staunen gilt die
Neugierde als ein Auslöser für das gesamte Sammelwesen in der Frühen
Neuzeit.268 Beide bestimmten die Auswahl der Objekte für die Kunstkammern
und boten die Grundlage dafür, alle gesammelten Gegenstände als gleichwertig
zu schätzen. Von Reisen mitgebrachte Gegenstände oder exotische Waren
wurden in den Kunstkammern zu sichtbaren Vertretern der unsichtbaren
Weltferne.
Die Wissbegierde der Frühen Neuzeit ist allerdings nicht zu verwechseln mit
einer erst später einsetzenden Verwissenschaftlichung, bei der die Objekte
untersucht und systematisiert wurden. Vielmehr wurden die Gegenstände und
Erkenntnisse bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts hinein
unvoreingenommen gesammelt und betrachtet.
Ähnlich den begehbaren Sammlungen erschien dem Konsumenten die
Menagerie als ein Ort der Wissbegierde, als zentraler Schauplatz für das
verfügbare Wissen und den Drang nach neuen Erkenntnissen: Die erste
Konfrontation mit einem seltenem Tier aus der neuen Welt war geprägt durch
eine genaue Beobachtung des Aussehens und des Verhaltens. Häufig wurden
die noch nie zuvor in eigener Anschauung gesehenen Tiere bildlich
beschrieben, was der Integration in das eigene Weltbild diente, das durch die
Neugierde erweiterungsfähig war und Platz für Neues bot. Im Falle eines
Kasuars oder Kakadus verfügten die Berichterstatter häufig nicht einmal über
den Namen des beschriebenen Tieres.
Die Menagerietiere wurden ebenso als Sehenswürdigkeiten empfunden wie die
musealen
Ausstellungsstücke
der
Kunstkammer.
In
beiden
Sammlungsbereichen - Menagerie und Kunstkammer - wurde der Betrachter
zum Zuschauer eines imaginären Welttheaters, in dem der gesamte
Makrokosmos in den mikrokosmischen Grenzen einer Stube dargestellt war.269
Als lebende Schauobjekte lösten sie Staunen aus und wurden mit Neugierde
betrachtet: „Das Staunen fing die Aufmerksamkeit, die Neugierde fesselte
sie.“270 In ihrer zentralen Rolle als Köder und Motivation bildete die staunende
Neugierde einen Teil des höfischen „divertissements“, verbunden mit dem
wissenschaftlichen Interesse. Diese richtete sich gerade auf rare und kuriose
Tiere, konnten diese doch als pure „Augenlust“ den Ausdruck der Bewunderung
und der Überraschung hervorrufen und damit Vergnügen und Freude bereiten.
Gerade hierin zeigt sich eine enge Verbindung zwischen Menagerien und
Kunstkammern. Die Tiersammlung bildete, abgesehen von ihrer reichspolitisch
repräsentativen Bedeutung, zugleich einen weiteren Teil der Sammlungen des
kunstsinnigen und naturwissenschaftlich interessierten Fürsten, die im
267
Zitiert aus: Krüger 2002, S.9.
Ganz 2006, S.12.
269
„Der Traum besteht darin [...]: Die Welt in der Stube, aus -, die Welt in einer Stube
einzuschließen. Man erwartet von den einzelnen Sammlungsobjekten, von der für sie
charakteristischen Ordnung, von den Bildern, welche sie begleiten, dass sie den Führer
abgeben für eine intellektuelle Reise über die weiten Straßen der Welt.“ Zitiert aus: Bolzoni
1994, S. 140.
270
Daston 2002, S.163.
268
45
Kunsthaus untergebracht waren. Die Menagerie ist im Zusammenhang der
höfischen Sammlung zu sehen, jedoch räumlich separiert. Sie muss als
Bestandteil der universalistischen Kunstkammer angesehen werden. Beide
Sammlungen - Menagerie und Kunsthaus - waren zwar nur wenigen
auserwählten Hofmitgliedern und Gästen zugänglich. Dennoch besaßen sie
dieselbe politische Ausstrahlungskraft, wandte sich die absolutistische
Selbstdarstellung doch eben an diesen höfischen Kreis und an konkurrierende
oder verbündete Fürsten.
Fürstliche Selbstdarstellung
Mit einer Sammlung von raren und/oder kuriosen Tieren konnte ein Fürst wie
Landgraf Karl Aufsehen erregen, den Beweis einer glanzvollen Hofhaltung
erbringen und seinen Herrschaftsstatus entsprechend visualisieren. Seine
Menagerie war nicht nur Ort und Schauplatz einer Demonstration der
exotischen Tiere; sie war selbst Demonstration: Ausstellung zunächst des
naturkundlich-zoologischen Interesses und Vermögens des Besitzers und der
klugen Beherrschung der Natur (Züchtung und Überwinterung der Tiere,
strenge Ordnung ihrer Unterbringung usw.). Mit dem Ziehen der nicht
einheimischen Tiere brachte der Besitzer zum Ausdruck, dass er in der Lage
war, entgegen den vorhanden natürlichen Bedingungen, diese Tiere auch in
den rauen Gefilden zu züchten. Sie dienten ihm zur Darstellung seines
Selbstverständnisses und waren distinktives Instrument der Legitimation seiner
sozial angesehenen Position. Als Symbol des Reichtums des Besitzers dienten
sie der fürstlichen Repräsentation und gehörten zu den kostspieligen
Erfordernissen einer jeden Hofhaltung. In der Ausstellung der seltenen und nur
teuer zu beschaffenden Tiere demonstrierten Menagerien also auch Status und
Vermögen des Besitzers.
Im Rahmen der barocken Gartenanlage, die fast ausschließlich auf die
symbolische Repräsentation absoluter fürstlicher Macht ausgelegt war, spielt
die Menagerie eine zentrale Rolle.
2.4 Die Auflösung der Menagerie
Die Auflösung der höfischen Menagerie erfolgte 1730, noch im Todesjahr des
Landgrafen Karl. Sein Erbe und Nachfolger war sein ältester Sohn, Friedrich I.
Da dieser als König von Schweden seit 1720 nicht in Kassel residieren konnte,
hatte Karl schon ein Jahr vor seinem Tod, am 21. Januar 1730, seinen zweiten
Sohn Wilhelm für die Dauer seiner Krankheit zum Statthalter ernannt. Nach
dem Tode Karls führte Wilhelm die Regierung im Namen des abwesenden
Friedrich bruchlos weiter – bis zu Friedrichs Tod 1751 als Statthalter, danach
als Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel.271
Finanzielle Nöte belasteten die hessische Staatskasse: Der königliche Bruder
war in Schweden nur mit einer kleinen Apanage versehen und finanziell so
schlecht gestellt, dass er sich auf ständige Geldüberweisungen aus seiner
271
Friedrich seinerseits hatte seinen Bruder Wilhelm bereits 1720 bei seinem Regierungsantritt
in Schweden als späteren Statthalter in Kassel vorgesehen. 1726 verpflichtete er Wilhelm
förmlich auf diese zukünftige Aufgabe. Die Doppelregierung der beiden Brüder – Friedrich war
Landgraf und Wilhelm sein Statthalter in Kassel – bestimmte bis 1751 die Geschichte HessenKassels.
46
Landgrafschaft angewiesen sah. Jährlich bezog er Revenuen von rund 50.000
Talern aus den hessischen Kassen.272 Einen großen Raum in der hessischen
Literatur nehmen Friedrichs „verworrene Finanzverhältnisse“273 ein, die Hessen
„zu außerordentlichen finanziellen Opfern [zwangen], die bei allgemeiner
wirtschaftlicher Depression das Gedeihen des Landes in Frage stellten“.274
Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass ununterbrochen große
Geldsummen von Kassel nach Schweden „zum schweren Schaden für das
kleine Hessen“275 flossen.
In seinem Stammland war Friedrich I. - nicht uneigennützig - auf Sparsamkeit
bedacht. Um die kostspielige Hofhaltung des verstorbenen Vaters
abzuschaffen, wurde 1731 das stehende hessische Heer beträchtlich
vermindert, gigantische Bauprojekte des Vaters endgültig eingestellt, die
Hofkapelle aufgelöst und in Übereinstimmung mit seinem Bruder Wilhelm der
Kasseler Hof personell erheblich verkleinert. Wilhelm wiederum erlaubte sich
aus finanziellen und familiären Gründen, aber auch aus persönlicher
Bescheidenheit und Zurückhaltung keine große glänzende Hofhaltung.
Stattdessen wurden auf dem Verwaltungswege wirtschaftsfördernde
Maßnahmen geschaffen.276
Zu den Sparmaßnahmen nach dem Tod des Landgrafen Karl zählte auch die
Abschaffung der kostspieligen Menagerie. „Federvieh, Wildpreths und
dergleichen"277 wurde an den Kurfürsten Friedrich August I. von Sachsen278
(genannt August der Starke, 1670-1733), seit 1697 König August II. von Polen,
nach Dresden verschenkt.279 Dieser ließ die Tiere in der Menagerie des
Jagdschlosses Moritzburg unterbringen, die seit einem Jahr bestand. Sie war
am südwestlichen Teichufer angelegt und bestand aus dem Straußenhaus,
dem Straußenzwinger und dem beheizbaren „Indianischen Vogelhaus“ (dem
heutigen Käthe-Kollwitz-Haus).280 Das langgestreckte Vogelhaus besaß ein
massives Erdgeschoss mit einem hölzernen Stockwerk und umfasste neben
zwei Stuben für den Vogelwärter vier Vogelbehältnisse. In der Moritzburger
Menagerie fanden auch jene afrikanischen Tiere Aufnahme, die von einer
Afrika-Expedition im Auftrage Augusts des Starken 1732/33 nach Dresden
verschickt wurden.
In der Spezialreskrite von 1730281 sind folgende Vögel aus Kassel aufgeführt:
ein Kasuar, ein Vogel Strauß, zwei Königsgeier („Wauwaus“), ein Geier
272
Im Laufe der Jahre sind geschätzte 4,5 Millionen Taler aus den hessischen Kassen nach
Schweden abgezogen worden. Vgl. Both/Vogel 1973, S.17.
273
Burmeister 2003, S.129. mwn.
274
Zitiert aus: Philippi 2001, S.228.
275
Zitiert aus: Röth 1886, S.390; Vgl. auch Both/Vogel 1973, S.17.
276
Dazu zählte z.B. die Neuordnung des Zunftwesens 1730 und 1754.
277
Sächs HstA, Spezialreskripte 1730 Nr. 233 vom 14.8.1730.
278
Durch Heirat war Hessen-Kassel mit dem Hause Sachsen vielfach versippt und
verschwägert. Friedrich August I. von Sachsen war der Cousin von Landgraf Karl.
279
StAM: 4 f Polen 218: Übersendung einer Menagerie an König August II. von Polen und
Gegengeschenk in Pferden, 1730-1732.
280
1730 entstand am Schwanenteich gegenüber dem Schlossteich die so genannte Neue
Menagerie mit einem Schwanenhaus und einem Perlhühnerhaus. Außerdem übte man die
Zucht und Hege von Wisenten aus, die man damals als Auerochsen bezeichnete.
281
Brief des Moritzburger Amtmannes Tüllmann an den König: "E.K.M.u. Ch. D. haben
allergnädigst verordnet, daß nachstehendes von [...] Cassel kommendes Federvieh, Wildpreths
und dergleichen nacher Moritzburg gebracht und alda verbleiben soll, als 1 Casuarius, 1 Vogel
Strauß, 2 Wau waus, 1 Indianischer Geyer, 2 SteinAdler, 2 Indianische Raaben, 3 Papa Geyen,
47
(„indianischer Geyer“), zwei Steinadler, zwei Aras (“Indianische Raaben“), drei
Papageien, ein kleinerer Papagei („Monien“), ein Kakadu, ein Sittich
(„Indianische Parquitgen“) und zwei schwarze Störche.
Im November 1732 erhielt August der Starke aus Stockholm noch mal ein
Löwenpaar, zwei Leoparden („Tieger“) und eine Zibetkatze („indianische
Katze“) als Geschenk.282 Dabei handelte es sich um die Tiere, die der König
von Schweden, der gebürtige Friedrich I. von Hessen-Kassel, ursprünglich vom
Dey von Tunis und Algiers als Geschenk erhalten hatte und nun nach Dresden
weitergab.283 Nach dem Transport über Lübeck hielt der Löwenwärter der
Dresdner Menagerie in einem Schreiben den Zustand der Tiere bei der Ankunft
fest. Er berichtet, „daß der Löwe und Löwin, wie auch zwey Tieger recht gut
aussehen, außer daß der Löwe nur ein Auge hat.“284
Für die nach Dresden verschenkten Tiere erhielt Friedrich I. von Hessen-Kassel
bis 1732 ein Gegengeschenk an Pferden.285
2.5 Landgraf Karl als universeller Sammler
Die Anlage der höfischen Menagerie in direkter Nähe zur Karls-Aue steht
sowohl mit dem „universellen Sammlertrieb“286 Landgraf Karls als auch mit
seinen Bemühungen um wissenschaftliche Förderung in Zusammenhang.
Wie wenige andere Herrscher hat Landgraf Karl die Stadt Kassel nachhaltig
geprägt. Nach dem Dreißigjährigen Krieg versuchte er seinem Territorium
sowohl den wirtschaftlichen als auch den kulturellen Anschluss zu ermöglichen.
Als typischer Barockfürst widmete er sich repräsentativen Projekten, die nicht
nur dem Ansehen seines Hofes, sondern auch der „Besserung des Landes“
dienen sollten. Sein ausgeprägtes persönliches Engagement auf natur- und
geisteswissenschaftlichem Gebiet sowie in der Kunst entsprang dabei einem
Verständnis seiner Rolle als Landesherr, die der traditionellen Idee des „HausVaters“ noch eng verhaftet war. Die persönliche Präsenz als Landesvater in
allen Bereichen der Verwaltung, Wirtschaftsförderung und Politik wie auch bei
militärischen Operationen zeigen einen engagierten Fürsten, der sich als
verantwortungsbewusster Regent seines Landes seinen Aufgaben widmete.
1 Monien, 1 Gakathu, 1 Indianische Parquigen und 2 schwarz Storche." Zitiert aus: Sächs HstA,
Spezialreskripte 1730 Nr. 233 vom 14.8.1730.
282
Vgl. Wittwer 2004, S.63. Vgl. Ljungström 2007, S.259. Fälschlicherweise führt Coban-Hensel
2008, S.44, auf: 1 Löwe, 2 Löwinnen, 1 Tiger und 1 indianische Katze.
283
“Den 18 Novembr. hat der Königl. Löwenwärter, Herr Naumann, aus Lübeck einen Löwen,
eine Löwin, zwei Tieger und eine indianische Katze in Kästen anhero gebracht. Diese Thiere
hat der Dey, welches der Ober-Richter und Befehlshaber von denen Africanischen Küsten Tunis
und Algier ist, Ihro Königl. Majest. von Schweden zum Praesent übersendet, dieser aber durch
einen freygegebenen Sclaven, der ein gebohrner Hollsteiner, und um diese Thiere dergestalt
gewohnt gewesen, daß er sie, wohin er gewolt, frey forttragen können, an Ihro Köni(?)gl.
Majest. in Pohlen überbringen und schenken lassen. Sie werden im Königl. Löwen-Hause zu
Alt-Dresden [...] zugleich aufbehalten.“ Zitiert aus: Sächsischer Hof- und Staats-Calender
(1733), n.p.
284
Sächs HstA, loc.589, fol. 6 a/b.
285
StAM: 4 f Polen 218: Übersendung einer Menagerie an König August II. von Polen und
Gegengeschenk in Pferden, 1730-1732.
286
„Mit vielen seiner fürstlichen Zeitgenossen teilte Landgraf Karl einen ursprünglichen Hang zu
den schönen Künsten und einen universellen Sammlertrieb.“ Zitiert aus: Philippi 1976, S.602.
48
Die Aufnahme von Hugenotten ab 1685 trug ebenso wie in Berlin zum
wirtschaftlichen Aufschwung des Landes bei. Für die Réfugiés erweiterte der
Landgraf seit 1688 die vom Krieg verschont gebliebene Residenzstadt Kassel
um eine regelmäßig angelegte Neustadt, die sich schnell zu einem
repräsentativen Stadtteil entwickelte. Karl ließ Manufakturen für Kupfer und
Messing, Glas und Porzellan errichten und begünstigte damit die Niederlassung
von Handwerkern. Zu seinen städtebaulichen Projekten zählt die Gründung der
Hugenottenstadt Karlshafen, in deren Hintergrund das große Kanalprojekt
Weser-Main stand.
Seit 1680 wurde an den Gartenanlagen am Weißenstein im Habichtswald
gearbeitet. Dieses Gebiet mit der bereits bestehenden Anlage eines Jagd- und
Sommerschlosses
wurde
von
nun
an
zum
Konzentrationspunkt
architektonischer Selbstdarstellung des Kasseler Hofes. Der „Herkules“ kann
als treffendes Symbol für fürstlichen Gestaltungswillen und in sich ruhende
Stärke gelten. Karl zeigt sich in der Rolle des siegessicheren,
vorausschauenden und ausruhenden Landesherrn.
In die gleiche Zeit fallen erste Gartenbauten in der Aue. Seit Ende des 17.
Jahrhunderts wurde der Lustgarten Wilhelms IV. und seines Sohnes Moritz in
die barocke Gesamtgestaltung der Aue integriert. Als barocker Bezugspunkt
ließ Landgraf Karl nach 1700 das Orangerieschloss287 errichten, vor dem sich
der neue Garten völlig achsensymmetrisch ausbreitete. Der Garten der Aue mit
der Orangerie und dem ab 1721 ergänzten Marmorbad ist eigentlich als
Schlossgarten zu interpretieren und erhöhte somit die repräsentativen
Qualitäten des Residenzschlosses. Das Orangeriegebäude und seine
kostbaren Pflanzensammlungen dienten dem Vergnügen und der
Repräsentation ihres Besitzers. Über die pflanzliche Ausstattung der barocken
Orangerie ist leider nichts genaues bekannt. Philippi spricht von „häufigen
Ankäufen landfremder Gewächse“288. 1722 erhielt die Karlsaue mit David Royer
einen Hofgärtner, der zahlreiche Gewächse aus Italien kommen ließ. 1723
zählte man bereits über tausend Pflanzen, die wohl, soweit ausgewachsen, in
beiden Hälften des neuen Orangeriegartens aufgestellt waren.289 Eine solche
Sammlung bedeutete für einen barocken Fürsten wie Landgraf Karl in erster
Linie die Demonstration des eigenen Status.
Als absolutistischer Herrscher verstand sich Landgraf Karl als zentraler
Förderer der Künste und Wissenschaften. Um die Jahrhundertwende (1700)
hatte sich Kassel zu einem Ort mechanischer Experimentierkunst entwickelt.
Die Lust an neuen Erkenntnissen und aufsehenerregenden Experimenten
paarte sich mit dem Wissen um die Abhängigkeit vom wissenschaftlichen
Fortschritt und moderner, merkantiler Wirtschaftsführung.
In der Regierungszeit des Landgrafen wurde ein ganzer Stab von Mechanikern,
Optikern und Kunsthandwerkern beschäftigt. So wirkten Johann Andreas Zahn,
ab 1701 Ludwig Temme und ab 1705 Henning Huthmann als Optiker. Johann
A. Herget und Zacharias Böhling waren als Instrumentenbauer tätig. Als
Uhrmacher arbeiteten Johann Wilhelm Schultze und sein Sohn Mathias, ferner
der Hofmathematiker und Professor der Optik Heinrich Ludwig Muth.290
287
Landgraf Karl nutzte das Orangerieschloss gleichermaßen als Sommerresidenz und
Pflanzen-Überwinterungshaus.
288
Philippi 1976, S.614.
289
Vgl. Rohde/Becker/Langhorst 2004, S.33.
290
Mackensen 1991, S.30.
49
Aus dem Strom der französischen Glaubensflüchtlinge, die nach der Aufhebung
des Toleranz-Ediktes von Nantes im Jahre 1685 Frankreich verlassen mussten,
gelang es Landgraf Karl, eine weltbedeutende Erfinderpersönlichkeit nach
Hessen- Kassel zu ziehen, deren Ideen zur Nutzung der Dampfkraft den Genius
der Technik in dieser Stadt für Jahrhunderte beflügelt haben: den Physiker
Denis Papin (1647-1712/13). Ab 1695 weilte er ganz am Kasseler Hof, wo er
einen grundlegenden Versuch über die Nutzung der Dampfkraft anstellte und
1706 die erste Hochdruckdampfpumpe mit Schwimmkolben erfand.291 Die
Berufung Papins nach Kassel zeigt Karls Aufgeschlossenheit gegenüber allen
Bereichen der Naturwissenschaften.
Der Landgraf selbst besaß Fertigkeiten in der Mechanik und ließ sich aus aller
Welt Apparaturen, in denen die zeitgenössische Mechanik dilettierte, zuleiten.
Sein besonderes Faible galt Mikroskopen, Fernrohren, Globen, Himmelsuhren,
Messgeräten und Uhren. Drei Sternwarten wurden in seiner Regierungszeit
errichtet (1696 im Ottoneum, 1707 im Zwehrenturm und 1714 im Palais
Bellevue).
Immer wieder dilettierte er selber als Wissenschaftler. Er beschäftigte sich mit
Meteorologie und konstruierte mit Vorliebe Perpetua Mobilia, also Maschinen,
die vorgaben, sich immerwährend zu bewegen und dabei gar noch Energie zu
liefern. Er entwarf das Demonstrationsmodell der Windkraft292, dem die
Besucher des Kunsthauses großes Interesse entgegenbrachten und machte zu
verschiedenen Modellen und Apparaturen eigene Verbesserungsvorschläge.
Mit seiner Vorliebe für Mechaniken aller Art stand er in Tradition seines
Ururgroßvaters Wilhelm IV.
Über die Physik und Mechanik hinaus war das Interesse des Landgrafen auch
auf die Anatomie, die Medizin, die Botanik, die Zoologie und Mineralogie
gerichtet. Als selber ausübender Musiker hat er die Hofkapelle aufgebaut und
neben der Kammermusik nach 1700 die italienische Oper in Kassel heimisch
gemacht.293
Rege Neugier an wissenschaftlichen Neuentwicklungen aus allen Bereichen,
der Kontakt mit Gelehrten wie Leibniz und Christian Wolf294 sowie das
breitgefächerte Interesse, das auch andere künstlerische Bereiche, wie den der
Musik umfasste, zeigen einen Herrscher, der in hohem Maße bemüht war, den
aktuellen Fortschritt in möglichst vielen Wissenschaften und Künsten auf
internationaler Ebene zu verfolgen. Ein Zitat von Schmincke betont die
kulturellen Leistungen des Landgrafen und gibt Aufschluss über die
Wertschätzung des Fürsten in seiner Zeit:
„Die Regierung Landgraf Carls ist endlich derjenige Zeitpunkt, in welchem Cassel
aus seiner bisherigen Mittelmäßigkeit zu demjenigen Rang gestiegen ist, welchen
es itzo unter den vornehmsten Städten Deutschlands bekleidet. [...] Bei dem Antritt
seiner Regierung [des Landgrafen Karl] hatte Cassel ein sehr schlechtes
Aussehen [...] er sparte nichts, seiner Residenz ein besseres Ansehen zu
295
geben.“
291
Ebd. S.3f.
Uffenbach 1709, S.33f., beschreibt diese Vorrichtung ausführlich: „In diesem war eine
besondere Erfindung, die Gewalt des Windes zu zeigen, welche Ihro Durchlaucht der Herr
Landgraf selbst erdacht. [...]“.
293
Vgl. Langkabel 1993, S.8f.
294
Der Philosoph Christian Wolf wurde nach seiner Ausweisung aus Halle 1723 von Landgraf
Karl an die Universität Marburg berufen, wo er bis 1740 wirkte.
295
Schmincke 1767, S. 49, 50 und 52.
292
50
Für Karl war vor allem der ökonomische Nutzen der Wissenschaft von
Bedeutung. Aufgrund seines Ziels „das Land zu verbessern“, lag ihm die
Ausbildung seiner Untertanen besonders am Herzen. 1696 gründete er das
Kunsthaus, das als Nachfolger der Ende des 16. Jahrhunderts gegründeten
Kunstkammer seinen stets im Wachsen begriffenen Sammlungen einen
würdigen räumlichen Rahmen bieten sollte. Das Kunsthaus war aber von
Beginn an auch als Ort der Ausbildung vorgesehen. Im November 1709 wurde
in seinen Mauern feierlich eine Akademie gegründet, die nach ihrem Gründer
den Namen „Collegium Carolinum“ erhielt.
Das Kunsthaus
„Er [Landgraf Karl] gehörte zu den Herren, welche die in der letzten Hälfte des
siebzehnten Jahrhunderts nach dem langen Dreißigjährigen Kriege mit aller Stärke
wieder auftauchende Neigung, Merkwürdigkeiten und Raritäten aller Art
zusammenzubringen, mit einer wahren Leidenschaft zu befriedigen trachte; er
stand unter den „curieusen Herren“, wie man sie damals nannte, an der Spitze. Zu
296
Hause und im Ausland ging er der Neigung nach. Er sammelte überall [...].“
Als „letzter universaler Sammler seines Hauses“297 vereinte Landgraf Karl in
seinem Kunsthaus all das, was in der Welt existierte. Nach den
zeitgenössischen Beschreibungen298 enthielt das Kunsthaus im Erdgeschoss
einen Hörsaal „Auditorium publicum“299, eine Mineralienkammer, ein
Skulpturenkabinett und ein mechanisches Zimmer. Im 1. OG. folgte ein
mathematisches Zimmer, eine Optik-Kammer, eine Uhrenkammer und ein
Gemälde- und Medaillenkabinett. Der Modellsammlung300 im 2. OG. folgte unter
dem Dach ein anatomisches Theater. Darüber war auf der Altane des Daches
ein Observatorium301 untergebracht. Zudem beherbergte das Gebäude bis 1767
eine „Drehkammer“, in der sich der Landgraf seinem Lieblingshobby, dem
Elfenbeindrehen, widmen konnte.302
Als „das Beste und Vollkommenste von allem in dem gantzen Kunsthaus“303
beschreibt der Reisende Zacharias Conrad von Uffenbach 1709 den
„unbeschreiblich große[n] und vortreffliche[n] Vorrath von allerhand der
neuesten, kostbarsten und herrlichsten Instrumente zur Geometrie, Civil- und
Kriegs-Baukunst, ja zu allen Theilen der gantzen Mathematik“.304 Er lobt die
Größe der Sammlung, die „schöne Ordnung“305 und die Zusammensetzung von
296
Vehse 1991, S.58.
Scheicher 1979, S.198.
298
Der erste gedruckte Bericht im 18. Jahrhundert über die Einrichtung des Kunsthauses findet
sich bei Michael Bernhard Valentini im zweiten Band seines „Museum Museorum“. Vgl.
Valentini 1704/1714, Bd.2.
299
Das erwähnte „Audiorium Publicum“ war ein Unterrichtsraum des sogenannten Collegium
Carolinum.
300
Ab 1711 wurden die Modelle im Modellhaus aufbewahrt.
301
Das Observatorium war mit einem drehbaren Türmchen und als fürstliche Spielerei mit
einem durch Pressluft getriebenen Aufzug ausgestattet, der allerdings nicht richtig funktionierte.
Eine zweite Sternwarte mit drehbarer Kuppel ließ Karl im Jahre 1707 auf dem Zwehrenturm
einrichten. 1714 folgte ein Observatorium auf dem späteren Palais Bellevue an der Schönen
Aussicht. Leiter der Sternwarten war Dr. Karl Lothar Zumbach von Coesfeld (1661-1727).
302
Vgl. Holtmeyer 1923, Bd.VI., S.536. Mit Zar Peter hat Landgraf Karl wiederholt
Drechslerarbeiten ausgetauscht. Vgl. Vehse 1991, S.59.
303
Uffenbach 1709, S.36.
304
Ebd. S. 36. Tatsächlich umfasst das Inventar auf dem Gebiet der Zeitmesser bereits 122
Uhren, 295 mathematische und 346 optische Apparate. Vgl. Mackensen 1991, S.24f.
305
Uffenbach 1709, S. 37.
297
51
„Vortrefflichkeit und Kostbarkeit“306. Seiner Wertung nach sei in dem Kunsthaus
„alles, was zur ganzen Mathematik, Naturlehre und curieusen Wissenschaften
gehöret, beysammen.“307
Das Kunsthaus gehörte dem im 16. Jahrhundert verwurzelten universalistischen
Museumstyp an, der Kunstgegenstände aller Gattungen, naturwissenschaftliche
Objekte und Kuriosa jeder Art vereinte. Es enthielt die üblichen
Sammlungskategorien wie Naturalien (Animalia, Vegetabilia und Mineralia),
Artificialien, Gemälde, Preziosen, Antiken, Antiquitas, Ethnographica, Kleider,
Musikinstrumente, Mirabilien und Abnormitäten der Natur, Memorabilia,
Scientifica und Automaten. Globen waren als Sinnbild für die Einheit der Welt
ein bedeutender Bestandteil der Kunstkammern und repräsentierten deren
universalistisches Konzept.308
Die enzyklopädische Kunstanschauung des Landgrafen war nachhaltig von
seiner Italienreise geprägt, die er in den Jahren 1699-1700 unternommen hatte.
Die Reise hatte ihn an die Hauptkunststätten Italiens geführt, wo er bedeutende
Ankäufe für seine Kasseler Kunstsammlungen tätigte.309 Dort besuchte er u.a.
die privaten Kunstkammern des Ulyssis Aldrovandi und Ferdinando Cospi in
Bologna, die des Lodovico Moscardo in Verona, die des Manfredo Settala in
Mailand und das berühmte Museum Kirchnerianum in Rom.310
war
die
fürstliche
Sammlung
im
Kunsthaus
stark
Ingesamt
naturwissenschaftlich konzipiert. Im Jahre 1764 bezeichnete der Schotte James
Boswell die Kunstkammer als „Maison des sciences“.311 Der Schwerpunkt der
Sammlung lag auf technischen Geräten und naturkundlichen Gegenständen.
Die Beschreibung des Kunsthauses von Friedrich Christian Schmincke312, dem
damaligen Bibliothekar und Aufseher der Sammlungen, widmet sich in der
umfassenden Darstellung der Sammlungen ausführlich dem Uhrenkabinett,
dem physikalischen Zimmer, dem mechanischem Zimmer, dem optischen
Zimmer und dem mathematischen Zimmer. Eine große Zahl der physikalischen
und astronomischen Instrumenten war bereits von Landgraf Wilhelm IV. (15671592) angeschafft worden. Insofern war die Sammlung in ihrem Kernbestand
ein Abbild dynastischer Kontinuität. Einen solchen hohen Anteil am gesamten
Museumswesen haben die exakten Naturwissenschaften und die Technik
später nie wieder in Kassel oder einer anderen deutschen Stadt erlangt.313
Besondere Wertschätzung brachte der Landgraf dem Bereich der lebenden
Natur entgegen. Die Naturalienkabinette bildeten gleichsam Archive des
Wissens, denen eine große Bedeutung zukam. Bereits 1709 wurden nach
einem Bericht von Zacharias Conrad von Uffenbach u.a. folgende Präparate im
Kunsthaus aufbewahrt: ein „sehr grosse[r], schwere[r] und wunderlich
306
Ebd. S.37.
Ebd. S.43.
308
Uffenbach 1728, S.56, beschreibt mehrere Globen im Kunsthaus: „Verschiedene gemeine
von Himmels- und Erdenkugeln von allerley Größe [...], deren allerley Arten vorhanden waren
und wohl verdienet hätten, genau untersuchet zu werden.“
309
„Gesättigt von neuen Eindrücken und Kenntnissen und reich beladen mit kostbaren antiken
und modernen Gemmen, Medaillen, „musaischen“ Steinen, mathematischen Instrumenten,
Karten, Büchern und den unvermeidlichen Kuriositäten kam Karl am 1. April 1700 wieder in
seiner Residenz zurück.“ Zitiert aus: Heidelbach 1973, S.140.
310
Vgl. Klaute (Weinberger) 1700.
311
Danziger/Reuter 1999, S.44.
312
Vgl. Schmincke 1767.
313
Mackensen 1991, S.28.
307
52
gekrümmte[r] Elephanten-Zahn über zwo Ellen lang“, ein „ausgestopfter Papion,
welches eine Art von sehr grossen Affen“, ein „Kopf von einem Hippopotamo,
oder Meer=Pferd“, ein „Hirsch=Fuß“, „drey ausgebalgte Casuarii“,
„verschiedene Beinkörper von Wolf, Hund und anderen Thieren“, ein „wilder
Schweinskopf“, ein „ausgebalgter haas“.314 Daneben berichtet er auch von
menschlichen Präparaten in der Anatomiekammer: „zween ausgedörrte Cörper
von Indianern“, „zwo ausgestopfte Menschen=Häute“ und einer „sehr
merkwürdige zweyköpfige Misgeburt“.315 Seit 1724 wurde das anatomische
Kabinett für öffentliche Sezierungen genutzt, die wahrscheinlich sowohl der
praktischen Ausbildung von angehenden Chirurgen als auch der praktischen
Übung für den angehenden Medizinstudenten dienen sollten.316
Das Collegium Carolinum
Das Kunsthaus diente zugleich einer pädagogischen Institution als Unterkunft.
Ausdrücklich stand die Sammlung den Professoren des Collegium Carolinum
zur Verfügung. Diese Bildungseinrichtung ging auf die Ritterakademie des
Landgrafen Moritz (Collegium Mauritianum) zurück und wurde durch den
Beschluss des Landgrafen Karl am 24. Okt. 1710 wieder ins Leben gerufen als
ein „Collegium Illustre Carolinum, in welchem die studierende Jugend zu der
Physica experimentali curiosa und Anatomia [...] informiret und angeführet
werden können.“317 Der Landgraf hatte ursprünglich die Gründung einer
Akademie der Wissenschaften beabsichtigt, zu der er wohl auch durch Gottfried
Wilhelm Leibniz angeregt wurde.318 Dessen Pläne, die Sozietäten als
Einrichtungen mit umfassenden Aufgaben im Bildungsbereich vorsahen, ließen
sich in Kassel nicht verwirklichen. Als 1710 das Collegium Illustre Carolinum
gegründet wurde, war eine neue Form von Hochschule entstanden. Sie bestand
bis 1786 und hatte die Aufgabe, Studenten vor dem Beginn ihres Fachstudiums
in die nötigen propädeutischen Disziplinen einzuführen (Mathematik, Physik
und Anatomie). Zu diesem Zweck konnten die landgräflichen Sammlungen an
Naturalien und Artificialien von der Einrichtung genutzt und in das
Unterrichtsprogramm einbezogen werden. In ähnlicher Weise stand die
landgräfliche Bibliothek mit den Aufgaben der Institution in Verbindung.319 Das
Neue war hierin, dass nicht nur die herkömmlichen humanistischen
Standesfächer
vertreten
waren,
sondern
auch
die
modernen
Naturwissenschaften, also eine auf die Kultur im weiteren Sinne ausgerichtete
Sozietät.320 In seiner Betonung der exakten Naturwissenschaften war die
Einrichtung allen anderen vergleichbaren Schulen in Europa voraus.321 Die
eingerichteten anatomischen, zoologischen, mineralogischen und botanischen
314
Uffenbach 1709, S.13 /14.
Ebd. S.13.
316
Die Chirurgie war nicht Gegenstand des Medizinstudiums, sondern galt als handwerkliche
Tätigkeit, die von der Zunft der Barbiere ausgeübt wurde. 1738 wurde für diese Disziplin extra
eine weitere Professur eingerichtet und damit ein seminarium medico-chirurgicum geschaffen.
Vgl. dazu Holtmeyer 1923, Bd. VI., S.536.
317
Zitiert aus: Becker 1996, S.132. Die Statuten des Collegiums finden sich ausführlich in:
Mackensen 1991, S.25
318
Philippi 1976, S.612-14. In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts gab es in Deutschland
zahlreiche Pläne zur Gründung von Akademien, an denen moderne Wissenschaft betrieben
werden sollte. Vgl. dazu Mey 1994, S.30f.
319
Zur Bibliothek vgl. Becker 1996, S.135.
320
Schultz 1989, S.119.
321
Ebd. S.119.
315
53
Kabinette zählten lange zu den Sehenswürdigkeiten Kassels. Gelehrte
Besucher aus aller Welt wurden angelockt.
Die neue Bildungseinrichtung kam seit 1721 zu einem Stillstand - als die zuerst
berufenen Professoren verstarben, wurden ihre Stellen nicht wieder besetzt.
Eine wirkliche Förderung erfuhr das Carolinum allerdings erst, als Landgraf
Friedrich II. im Jahre 1760 die Regierung in Kassel antrat.322
Festzuhalten bleibt, dass das Kunsthaus eine höfische Institution war, die viele
unterschiedliche Funktionen unter einem Dach vereinigte. Es lieferte den
räumlichen wie instrumentellen Rahmen für das Collegium Carolinum als
Forschungsstätte, Studienraum und aktives Labor. Gleichzeitig war es
Aufbewahrungsort der landgräflichen Sammlungen und damit per se
Manifestation des fürstlichen Kunstsinnes. Damit richtete es sich nicht primär an
die heimische Oberschicht, sondern vor allem an die anderen Fürstenhäuser
des Reiches. Wahrgenommen werden konnte das Kunsthaus auch als ein Ort
der gelehrten Unterhaltung, worauf die zeitgenössische Bezeichnung „un
college de curieux“323 („Schule der Neugierigen“) hinweist. Besonders die
öffentliche Sezierung von Leichen galt nicht nur in Kassel, sondern auch
andernorts, wo anatomische Kabinette oder Theater bestanden, als kulturelles
Ereignis. Meist flossen in solchen öffentlichen Lektionen Aspekte der Bildung
und der Unterhaltung, die das Staunen des Publikums erregen wollten,
zusammen.
3. Das Kasseler “Tierstück”: „Die Menagerie des Landgrafen Carl“
3.1 Der Schöpfer des „Tierstücks“: Johann Melchior Roos (1663-1731)
Biographie
Johann Melchior Roos stammte aus einer Frankfurter Künstlerfamilie, die im 17.
und 18. Jahrhundert über vier Generationen mehrere bedeutende Maler
hervorbrachte.324
Er war der zweitälteste Sohn von Johann Heinrich Roos (1631-1685), der schon
1776 von dem Frankfurter Historiker Henrich Sebastian Hüsgen als „Rafael aller
Viehmaler“325 gepriesen wurde und in der neuesten Literatur als der
„bedeutendste deutsche Tier- und Landschaftsmaler in der zweiten Hälfte des
17. Jahrhunderts“326 bezeichnet wird.
1663 in Heidelberg geboren, seit 1667 aufgewachsen in Frankfurt am Main,
wurde Johann Melchior vom 10. oder 12. Lebensjahr an vom Vater im Zeichnen
unterwiesen. Spätestens 1684 ging er auf übliche Wanderschaft in die
322
Zum Collegium Carolinum unter Landgraf Friedrich II. vgl. Mey 2000, S.191-211.
Haas (Leiter des Kunsthauses) an Leibniz, 22. Januar 1695, in: Gerland 1880, S.52. Der
Begriff „Academie des Curieux“ wird ebenfalls verwendet bei Philippi 1976, S.613.
324
Die vier Söhne von Johann Heinrich Roos widmeten sich alle der Malerei: Philipp Peter (auch
„Rosa di Tivoli“ genannt, 1657-1706), Johann Melchior (1663-1731), Franz (ca. 1672-?) und
Peter (1675-1727). In der dritten Generation waren zwei Söhne des Philipp Peter wieder als
Maler tätig: Jakob (geb. 1682) und Cajetan (1690-1770). Mit Cajetans Sohn Joseph (17261805) lebt die Tiermalerei in der vierten Roos-Generation auf. Zur Roos-Familie vgl. Ausst.-Kat.
Kaiserslautern 1985.
325
Hüsgen 1776, Vierter Brief, S.45.
326
Jedding 1998, S.IX.
323
54
Niederlande und hielt sich zunächst in Holland auf. Als gesichert gilt, dass er
1684 als Mitglied der Zeichenakademie in Den Haag eingeschrieben war. Fast
zwei Jahre studierte er dort, bis er 1685 nach dem plötzlichen Tod des Vaters
nach Frankfurt zurückkehrte.
1686 bis 1690 hielt er sich mehrere Jahre in Italien auf, vermutlich arbeitete er
bei seinem Bruder Philipp Peter327 in Tivoli nahe Rom.
Bei seiner Rückkehr nach Deutschland ließ er sich nach kurzen Aufenthalten in
Nürnberg328 und Heidelberg ab 1695 in Frankfurt am Main329 nieder. Für die
Obere Orangerie von Schloss Weilburg malte Roos 1705 im Auftrag des Grafen
Johann Ernst zu Nassau-Weilburg das Deckengemälde sowie die acht
Kartuschenbilder, Devisen und Fruchtstücke als Supraporten.330
Spätestens seit 1710 war er Hofmaler für Kurfürst Lothar Franz von Schönborn
(Kurfürst von 1695 bis 1729), den Fürstbischof von Bamberg (1694) und
Erzbischof von Mainz (1695).331 Dessen persönliches Interesse galt vor allem
dem Bauwesen332 und der Kunst. Als leidenschaftlicher Sammler von
Gemälden hat er mehrere Tierstücke bei Roos bestellt. Er vermittelte den Maler
auch an seinen Neffen, den (Erz-)Vizekanzler Friedrich Karl von Schönborn in
Wien, für den Roos zahlreiche Tierbilder vor allem für dessen Schloss
Laxenburg lieferte.333 Zu dieser Zeit erwarb sich Roos den weniger ehrenvoll
gemeinten Beinamen/Spitznamen „Samstags-Roos“334. Dieser Ausdruck spielt
auf seine Malweise an: Er scheint sehr langsam und sehr selten gemalt zu
haben, nur gelegentlich kam er seinen Pflichten und Aufträgen nach. Angeblich
arbeitete er nur an Samstagen, wenn seine Frau Marktgeld brauchte.335 Oft
beschwerte sich Lothar Franz von Schönborn über die Saumseligkeit seines
Hofmalers und das Hinauszögern von Terminen.336 Im April 1718 wurde ihm
327
Der älteste Bruder Philipp Peter (1657-1706) war 1677 als Stipendiat des Landgraf Carl von
Hessen-Kassel nach Italien gegangen und hatte dort als „Rosa da Tivoli“ europäischen Ruhm
erlangt.
328
Dort heiratete er die Tochter eines Dr. Langhans. Nach ihrem Tod 1710 heiratete er 1713
erneut Maria Elisabeth Werner, die jüngste Tochter des Berner Malers Joseph Werner.
329
In Frankfurt ließ er zwischen 1696 und 1710 sieben Kinder taufen.
330
Die Obere Orangerie war 1703 bis 1705 errichtet worden und war in das alltägliche Leben
des Hofes einbezogen, diente also nicht allein der Überwinterung von exotischen Pflanzen.
331
Dieser bezeichnet Roos 1710 als seinen „Hofmaler“. Vgl. Jedding 1998, S.236.
332
Er ließ neue Schlösser errichten, so das Schloss Weißenstein bei Pommersfelden, die Neue
Residenz in Bamberg, die bambergischen Schlösser Jägerburg und Seehof bei Forchheim
sowie die Sommerresidenz Favorite in Mainz.
333
Im Nachlass des Generals Anselm Franz von Schönborn aus Schloss Heusenstamm zählte
man nicht weniger als 83 Roos’sche Tierstücke. Vgl. Jedding 1960, S.314.
334
So Hüsgen 1780, S.216ff.
335
„[...] dabey ist er [Roos] ein Schwelger gewesen, der seine Gemählde nur in Zeit der Noth
hausiren tragen ließ; weil nun solches gemeiniglich den Samstag hier geschahe, wann die Frau
Marktgeld gebrauchte, so erhielte er dadurch den Beynamen Samstags Roos.“ Zitiert aus:
Hüsgen 1790, S.257f.
336
Lothar Franz am 4. März 1711: „Was aber die verlangende Stücker von dem mahler Roose
angehet, so mögte ich wünschen, dass er sie so balldt haben konde, als er sich einbillden thuet.
Aber, [...] er kennet diesen liederlichen kerl noch nicht recht; dann desgleichen ist nicht mehr in
der welldt. Er mahlet mir schon anderthalb jahr an einem stück undt dieses werde ich vor dem
octobre nich nicht haben konnen. Unterdessen bin ich des maass von den stücken gewärthig
undt werde alsdann sehen, wie weith es mit ihm zu bringen sein wirdt. An treiben bei ihm solle
es nicht fehlen. Sein grosses fort bestehet in Thieren und jagten, die er dann mit hübschen
landtschaften accompagnieren kann. Ich habe ihm allbereiths schreiben lassen, wie balldt er ein
stück verfertigen wollte, aber nicht anderst als zueg vor zueg, dann, wann er ansonsten gelldt
zum voraus bekommet, so ist nichts von ihm zu haben. – Allenfals solle es ahn hübschen
subjectis nicht fehlen undt ist dieser kerl so habil, dass, wann er fleissig sein wollte, er alle 8 bis
55
vom Verwalter des Schönbornschen Hofs in Frankfurt eine Gefängnisstrafe
angedroht, wenn er die bestellten Gemälde nicht bald liefere.337 Bereits zwei
Monate früher, im Februar 1718, hatte sich Lothar Franz über die Saumseligkeit
von Roos sehr verärgert gezeigt.338 Den erwähnten Auftrag führte Roos zwar
bis zum 15. Mai aus, doch verlor er schließlich die Position des Hofmalers des
Fürstbischofs von Bamberg.
Nach 1718 verließ Roos Frankfurt, danach lässt sich sein Lebensweg nicht
mehr genau nachvollziehen. Für die folgenden Jahre lassen sich auch keine
datierten Gemälde oder Zeichnungen nachweisen. Erst ab 1721 entstanden
wieder Gemälde mit Tier- und Jagdmotiven, darunter auch das Kasseler
„Tierstück“.
1728 wurde Roos zum „Cabinet-Maler“ des Fürsten Carl August Friedrich von
Waldeck ernannt. Für dessen Schloss Arolsen malte er drei 1729 datierte
Tierstücke339.
Bis zu seinem Tod 1731 scheint er sich im Bereich um Arolsen und Kassel
aufgehalten zu haben.
Roos als Tiermaler
Als Maler von Historien (Deckengemälde und Supraporten) und repräsentativen
Porträts340 war Roos sowohl für wohlhabende und angesehene Bürger als auch
für den Adel tätig. Seinen bedeutendsten Porträtauftrag erhielt er 1714 von dem
Fürsten Wilhelm III. von Nassau-Dillenburg, der für sich und seine Gemahlin
überlebensgroße Bildnisse bestellte.341
Die größten Erfolge erzielte er auf dem Gebiet der Tiermalerei. In den frühen
Jahren setzte er zunächst die Tradition der Werke seines Vaters und Bruders
fort, indem er sich hauptsächlich der sog. Hirtenidylle zuwandte, d.h. der
Darstellung von Beschaulichkeit und Ruhe um Hirten und Vieh in einer idealen
„klassischen“ oder verwegen wilden Landschaft. Gelegentlich staffierte er auch
Landschaften anderer Maler mit Vieh, wie beispielsweise die Werke der
10 tag ein gross stück verfertigen könde.“ Zitiert aus: Hantsch 1931, I/1, S.199. Vgl. auch
Jedding 1998, S.247.
337
Der Verwalter berichtet seinem Auftraggeber Schönborn über seinen Besuch bei Roos am 4.
April 1718: „[..] dass sofern die Verfertigung sich nit finden wirdt, ich den befehl von Ihro
hochgräfl. Excellt. H. Reichsvizekanzler in handen hätte, ihn vom Magistrat ins gefängnis
bringen zu laßen, welches einen solchen schreckhen bey Ihme verursachet, dass ihme die
drähnen ausgedrungenb; darneben verlangte er in des gewissheit zu vernehmen, zu welcher
zeith die lieferung seyn sollte, so hat er abermahl versprochen, in drey wochen damit fertig zu
seyn; und habe auch gesagt, dass er gute arbeit machen mögte [...].“ Zitiert aus Jedding 1998,
S.255.
338
Brief von Lothar Franz an seinen Vetter Friedrich Karl in Wien, vom 5. Februar 1718, indem
er sarkastisch registriert, dass sich Roos wieder von Neuem in Dillenburg aufhielt: „Von dem
liederlichen Hundt dem Roos kann hingegen nichts positives versprechen, dieser sitzet
deromahlen zu Dillenburg und Gott weiss, wann er wieder zurück kommen wirdt.“ Zitiert aus
Jedding 1998, S.238. Schönborn-Archiv Schloss Wiesentheid: Quellen Nr. 554, Bestand
Friedrich Carl 20.
339
Löwenfamilie; Leopardenfamilie; Pferd mit Füllen. Alle 1729 datiert, je 51,5 x 59 cm, Stiftung
des fürstlichen Hauses Waldeck und Pyrmont.
340
Vgl. Jedding 1960, S.308-316. Die meisten Porträts von Roos sind heute leider verschollen.
341
Bildnisse des Fürsten Wilhelm III. von Nassau-Dillenburg mit Erbprinz Wilhelm und seiner
Gemahlin Dorothea Johanette mit Tochter Elisabeth Charlotte, 1714, Schloss Weilburg.
56
Schweizer Maler Conrad und Felix Meyer (1653-1713).342 Daneben porträtierte
er sensibel Hunde, andere Haustiere und Weidevieh wie Kühe, Ziegen, Rinder,
Schafe und Ochsen. Bei all seinen Tierdarstellungen zeichnete ihn stets eine
„sichere Beobachtung der Tierpsyche“343 aus, die ihn auch zu dem neuen
Bildthema der Wildhatzen befähigte.
Mit der Spezialisierung auf die Darstellung jagdbaren Wildes, Tierkämpfen und
exotischen Tieren wie zähnefletschenden Bären und Wildschweinen,
Leoparden, Löwen und Tigern passte er sich der Jagdleidenschaft des Adels
an. Die fürstlichen Auftraggeber - hauptsächlich der Adel in Hessen und des
Rhein-Main-Gebietes - schätzten Roos sehr und haben ihn häufig mit Aufträgen
für ihre Tiergalerien in Landsitzen und Jagdschlössern beschäftigt.344
Den ersten Ansatz für die Darstellung exotischer Tiere zeigt das Gemälde
„Daniel in der Löwengrube“ von 1685 (Abb.19), das noch in den frühen
Studienjahren in Den Haag entstanden ist. Die alttestamentarische
Interpretation (Daniel 6, Vers 16-24) zeigt den Propheten Daniel345 umgeben
von mehreren Löwen. Ob Roos tatsächlich diese Tiere „in natura“ zu sehen
bekam und nach dem Leben zeichnen konnte, lässt sich abschließend nicht
klären, ist aber sehr wahrscheinlich. Der Handel mit fremdländischen Tieren
war in den Niederlanden weit verbreitet. Das Land verfügte genauso wie
England (London, Liverpool und Bristol) über Handelsniederlassungen oder
Kolonien in Übersee sowie über enge Handelsverbindungen zu afrikanischen,
südostasiatischen und indischen Gebieten und damit auch den Zugang zu
Tieren der Faunen dieser Länder. Eines der wichtigsten Herkunftsgebiete für
fremdländische Tiere war das südafrikanische Kapland, das zur
Hauptanfahrtsstation der niederländischen Ostindienkompanie zählte.346 In den
großen Hafenstädten der Niederlande (Rotterdam, Amsterdam) fanden
kommerzielle
Handelsund
Wandermenagerien
ihr
Publikum.
Tierschauen/Wandermenageristen kauften Tiere auf und boten sie zum
Weiterverkauf an, betätigten sich also als Zwischenhändler (Ostindische
Kompanie 1600 bzw. 1602).
Die Prinzen von Oranien und Statthalter von Holland hielten auf ihren
Landsitzen schon im 17. Jahrhundert lebende Tiere.
Die späteren Wildhatzen hat Roos meist für die Tiergalerien in Jagdhäusern
und -schlössern der Schönborn-Familie gemalt. Diese Aktionsbilder stellen
wilde Tiere im grausamen Kampfgeschehen dar. Eine von Franz von
Schönborn sehr gelobte Bärenjagd347 (Abb.20) zeigt wildes Kampfgetümmel.
Ein Braunbär hat sich gegen acht Hunde zur Wehr zu setzen, die ihm bereits
342
Bis 1696 arbeitete er mit Meyer zusammen. Umgekehrt unterhielt Conrad Meyer als Schüler
Merians Beziehungen zu Frankfurt und der Winterthurer Maler Felix Meyer verkehrte der
Überlieferung nach freundschaftlich mit Vater Johann Heinrich Roos. Vgl. Jedding 1960, S.310
und 312.
343
Jedding 1960, S.308.
344
Da in den meisten hessischen Schlössern noch heute zahlreiche Tierbilder von Roos
hängen, kann man auch hier direkte Beziehungen vermuten.
345
Jedding vermutet in der Darstellung des Daniel ein Selbstporträt von J.M. Roos. Vgl. Jedding
1998, S.233.
346
Die niederländische Ostindienkompanie betrieb seit dem 17. Jahrhundert einen
regelmäßigen Linienverkehr zwischen dem Kapland und Holland. Vgl. dazu RiekeMüller/Dittrich 1999, S.43f.
347
Johann Melchior Roos, Bärenhatz, 1714, 200 x 271 cm, Schloss Weißenstein in
Pommersfelden, Gräflich Schönbornsche Kunstsammlung.
57
dicht am Pelz hängen. Mit blitzenden Gebissen, gierigen Blicken und
ungestümer Angriffslust stürzen sich die Hunde auf das sich zur Wehr setzende
Tier. Sie hängen an seinem Pelz, an der Kehle und in der Flanke. Packend hat
Roos das Wilde und Ungestüme, die Spannung in jedem Körper bei einem
solchen Angriff erfasst. Durch die Stellung der Hunde ist dennoch eine
ausponderierte Komposition gesichert und der Kontrast der unterschiedlich
gefärbten Hundeleiber zu dem seidig glänzenden Fell des Braunbären von
malerischer Ausgewogenheit.
Roos’ malerisches Talent galt als unbestritten und seine Werke wurden
außerordentlich geschätzt. Bezüglich der oben genannten Bärenjagd von 1714
im Schloss Pommersfelden (Gräflich Schönbornsche Kunstsammlung) äußert
sich Franz Lothar von Schönborn am 5. August 1714 folgendermaßen lobend:
„Occasione der mahlereien so berichte dem vettern, dass der Rose zu Frankfurth
haubtschöne undt grose stück fertig hatt, wovon mit nechstem ein mehreres. [...]
und sollen überaus schön gemahlt sein, wie er mir dann jetzt eine bernjagt
348
[Bärenjagd] gemahlt hatt, die dem Schneyders nicht weicht.“
Gemeint ist hier der berühmte Antwerpener Maler Frans Snyders (1579-1657),
einer der führenden Tierspezialisten im 17. Jahrhundert. Die Bärenjagd erwähnt
Lothar Franz noch einmal in einem Brief vom 19. August 1714, in dem er Roos
in die künstlerische Nähe von Peter Paul Rubens stellt: „[...] und noch kürzlich
ein behrenhatz gemachet hatt, dessen stück der Rubens offt figuren gemahlet
hatt, nicht weichen thuet.“349
Die Hatz auf Hirsch und Reh findet sich auf zwei Gemälden von 1718 und 1719
(Augusburg350 und Darmstadt). Das Damwild ist in der Regel groß in der
Bildmitte wiedergegeben, auf der Flucht vor den anstürmenden Hunden. Als
wilde Angreifer sind sie mit scharfen Zähnen und gierig geöffnetem Maul
gezeigt. Sie erscheinen als fremde Eindringlinge in eine mit Bäumen, Gebüsch
und Pflanzen dem Wild verbundenen Natur.
Exotische Raritäten
Neben Wildhatzen schätzten fürstliche Auftraggeber ebenso Gemälde mit
seltenen und außergewöhnlichen Tieren. In Schloss Gaibach (Unterfranken)
wollte Lothar Franz von Schönborn 1710 ein Zimmer mit Bildern „von
verschiedene raren Tieren“ ausstatten: „Indeme ich von verschiedene raren
thieren, so sich in dieser nachbarschaft herumb befunden, zu diesem
besonderen absehen habe schillern lasen, umb allhier ein zimmer von allerhand
tiergemählen ausstaffieren zu können [...].“351 In diesem Zusammenhang bat
Lothar Franz von Schönborn den Grafen Johann Ernst von Nassau-Weilburg
um Erlaubnis, seinen Hofmaler Roos das Abbild eines Kamels zeichnen zu
lassen:
348
Brief des Lothar Franz vom 5. August 1714. Zitiert aus: Hantsch 1931, I/1, S.326.
Brief des Lothar Franz vom 19. August 1714. Zitiert aus: Hantsch 1931, I/1, S.327.
350
Johann Melchior Roos, Hirschhatz, 1718, Augsburg, Städtische Kunstsammlungen. Abb. in:
Jedding 1998, S.250, Abb.364.
351
Vgl. Brief des Lothar Franz von Schönborn an den Grafen Johann Ernst von NassauWeilburg vom 21. Juni 1710. Zitiert aus Hantsch 1931, I/1, S.179f.
349
58
„[...] mir inzwischen die Nachricht zukommen, als solen sich zu Weilburg ein baar
rare Camel befinden, so habe Überbringern dieses, meinen Hofmalern Johann
Melchior Roos zu dem Ende dahin schicken und den h. Grafen anbei ersuchen
wollen, Derselbe belieben möchte, erwehnten meinen Hofmalern zu erlauben,
damit er sotane beede Camel nach dem Leben entwerfen und abschildern
352
dürfe.“
Darauf bat Graf Johann Ernst an, das Kamel „oder wie es mir genannt worden,
dromedarium“353 in das Compostel nach Frankfurt zu übersenden. Das lehnte
Lothar Franz jedoch ab und bat erneut um die Erlaubnis, das Tier abmalen
lassen zu dürfen.
Zu den „raren Thieren“ zählten im 17. Jahrhundert neben Kamelen und anderen
Exoten vor allem Löwen, Leoparden, Braun- und Eisbären.
In einem Gemälde aus Frankfurt354 (Abb.21) lagert eine Gruppe von Löwen
friedlich vor einer Felsenhöhle. Die drei männlichen Löwen geben stets
dasselbe Tier in verschiedenen Stellungen wieder. Vermutlich hat Roos in einer
fürstlichen Menagerie dieses Tier gesehen und genau porträtiert.
Auf Werken von 1716 und 1718 tauchen wiederholt Bärenfamilien auf. Die Tiere
sind ohne Kampfgetümmel als friedliches Rudel in felsiger Gebirgslandschaft
dargestellt. In freier Wildbahn ruhen sie in Felsentälern oder klettern zwischen
Baumstämmen umher.355 Manche Gemälde sind als Bildpaare angelegt, die
eine Tiergruppe vor jeweils ähnlichem Landschaftspanorama zeigen. Dazu
zählen die Pendants „Bären in gebirgiger Landschaft“ (1718, München
Kunsthandel) mit dem Gegenstück „Eisbären in gebirgiger Landschaft“ (1718,
München Kunsthandel, Abb.22).356
Ein Gemälde im Braunschweiger Herzog Anton Ulrich-Museum von 1722 zeigt
einen Kampf zwischen Löwe und Tiger.357
In die Reihe von „raren Thieren“ gehören auch die ungewöhnlichen Mutationen
der Natur, wie weiße Hirsche und Rehe. Diese Tierdarstellungen sind Ausdruck
des zeitgenössischen Interesses an zoologischen Kuriositäten. Im Gartensaal
von Schloss Gaibach befand sich laut Gemäldeinventar von 1721 ein „orpheus
[...] spielend über allerhand raren Tieren, so sämtlich nach dem Leben gemalet
worden, wobei ein weissgetigerter Hirsch befindlich, welchen Se. Churfürstl.
Gnaden selbsten zu Bamberg in Anno 1710 gefället haben. Von melchior
Roos.“358 Um 1729 malte Roos einen weißen Damhirsch mit Hindin359. Ein
Gemälde aus dem Braunschweiger Herzog Anton Ulrich-Museum von 1730360
352
Zitiert aus ebd. S.180.
Ebd. S.180.
354
Löwen vor ihrer Höhle, 1716, Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut.
355
Vgl. Bären im Gebirge, 1716, Koblenz, Mittelrhein-Museum. Abb. in Jedding 1998, S.250.
356
Das Zuordnen von Gegenstücken, auch zum Zwecke dekorativer, symmetrischer Hängung in
Repräsentationssälen oder Wohnräumen geht auf die italianisierenden Holländer der ersten
Jahrhunderthälfte zurück, bei denen es weit verbreitet war.
357
Kampf zwischen Löwe und Tiger, Lwd, 42 x 45 cm, 1722, Herzog Anton Ulrich-Museum
Braunschweig, Inv.Nr. 1065. Gegenstück zu Inv.Nr. 1066: Kampf zwischen Bär und Hunden.
Abb. in Jedding 1998, S.252.
358
Fischer 1927, S.71. Darauf verweist auch Jedding 1998, S.253.
359
Johann Melchior Roos, Weißer Damhirsch mit Hindin, um 1729, Öl auf Leinwand, 46 x 38
cm, Schwerin, Inv.Nr. G 2472. Das Gemälde befand sich schon 1752 im Besitz Herzog
Christian Ludwigs II. von Mecklenburg-Schwerin.
360
J. M. Roos, Landschaft mit zwei weißen Rehen, 1730, Lwd., 34 x 38 cm, 1730, Herzog Anton
Ulrich-Museum Braunschweig. In einer französischen (nur teilweise erhaltenen) Beischrift wird
353
59
zeigt zwei weiße Rehe, eingebettet in eine märchenhafte grüne Waldkulisse, in
einer unberührten Natur (Abb.23).
Hauptsächlich seit 1721 entstanden aus der Hand von Roos Gemälde mit
Einzelporträts von Tieren. Die Bildmotive stehen in der Tradition des
Kunstkammerstücks. Charakteristisch ist ein kleines Bildformat und die
Nahsicht auf die Tiere, deren Umgebung vernachlässigt wird. Zu diesem Bildtyp
zählt beispielsweise der „weiße Bär“361 von 1729 in Schwerin, der eine
ausschnitthafte Konzentration auf das Tier mit seiner seltenen Farbe zeigt.
Ähnlich in Szene gesetzt in Form von Tierporträts sind auch die
Einzeldarstellungen je eines auf Kupfer gemalten Löwen362 und Leoparden363 in
Braunschweig (Herzog Anton Ulrich-Museum).
Im Auftrag des Landgrafen Karl von Hessen-Kassel hielt Roos ebenfalls
ausgefallene Tiere in ihrem Porträtcharakter fest. So sind im Kunsthaus-Inv.
von 1744 die beiden Pendants „Zwei Waldschnepfen in der Landschaft“364 und
„Zwei Varietäten von Feldhühnern“365 aufgeführt (Abb.24 und 25). Für dasselbe
Kabinett im Kunsthaus malte Roos ein Jahr später einen weißen Fasan366, für
den er vom Landgrafen 12 Reichstaler bekommen haben soll. 367
Insgesamt steht Johann Melchior Roos mit seinen besten Werken, der
Schilderung von Tierhatzen, Hunden und exotischen Tieren, in der Nachfolge
des in Italien wirkenden Karl Borromäus Andreas Ruthart (geb. 1630, zuletzt
erwähnt 1703). In Deutschland leitet er über zum Werk des Johann Elias
Ridinger (1695/98-1767).368
3.2 „Die Menagerie des Landgrafen Carl“ von Johann Melchior Roos
Das Kasseler Menageriegemälde (Abb.26) ist mit seinem heutigen Format von
ca. 340 x 665 cm das größte bekannte Tierstück seiner Zeit, das auf Leinwand
gemalt wurde. Insgesamt sind 62 Wild- und Haustierarten aus allen Regionen
der Erde von Europa bis Australien abgebildet. Den größten Teil nehmen die 28
Vogelarten369 ein, gefolgt von dreizehn Raubtierarten, zehn Huftierarten, acht
Affenarten und drei Nagetierarten.
auf die Unschuld der Tiere und ihr im ganzen glückliches Dasein (heureux en tout) verwiesen.
Das Gemälde wurde 1737 für die Galerie in Salzdahlum erworben. In ähnlichem Umfeld hatte
Roos bereits 1724 ein weißes Reh gemalt, das von vier Hunden ‚bewacht’ wird.
361
Johann Melchior Roos, Weißer Bär, 1729, Öl auf Leinwand, 36 x 42,5 cm, Staatliches
Museum Schwerin, Inv.Nr. G 2471.
362
Roos, Ein Löwe, Kupfer, 19,5 x 25 cm, Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig, Inv.Nr.
1129 (Gegenstück zu Inv.Nr. 1130). Sehr schlechter Erhaltungszustand.
363
Roos, Ein Leopard, Kupfer, 19,5 x 25 cm, Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig,
Inv.Nr.1130 (Gegenstück zu Inv.Nr. 1129).
364
Laut Kunstkammer-Inv. 1744 handelt es sich bei Nr.359 um „Ein Stück worauf 2 Schnepfen“.
Datiert 1726, Öl auf Lwd., 69 x 78 cm (mit Rahmen), Naturkundemuseum Kassel.
365
Kunstkammer-Inv. 1744, Nr. 361: „Zwey bunde Feldhühner“. Datiert 1726, Öl auf Lwd, 73 x
79 cm (mit Rahmen), Naturkundemuseum Kassel. Gemeint sind Rebhühner, die ungewöhnliche
Farbspielarten abbilden.
366
Kunstkammer-Inv. 1744, Nr.360: „Ein weißer Fasan“. Das Gemälde ist heute verschollen.
367
So Philippi 1976, S.604.
368
Zur künstlerischen Wertschätzung von Johann Melchior Roos vgl. Ausst.-Kat. Schwerin
1997; Vgl. auch Jedding 1998, S.188f.
369
Bei den Vogelarten handelt es sich um Laufvögel, Papageien, Stelzvögel, Gänse, Greifvögel,
Hühnervögel, Kraniche und Tauben.
60
Das friedliche Tierpanorama ist fast ausschließlich auf einer Vordergrundbühne
platziert. Dort sind die unterschiedlichsten Tiere dicht nebeneinander im
Stehen, Liegen, Sitzen oder Fliegen arrangiert.
In der vorderen Raumzone am unteren Bildrand sind zwischen Steinen, einer
Grasfläche und spärlichem Pflanzenbewuchs einige kleinere Land- und
Wassertiere abgebildet. Neben dem Haubenentenpaar links erscheinen
Nasenbären, Mopshündin, Biber, ein Stachelschweinpaar, Streifenhörnchen,
Ginsterkatze, Gazelle, Moschusenten, Steinhühner, Meerkatze, Jagdfasan,
Haushund, Großtrappe und ein Helmperlhuhn.
Den Mittelgrund bevölkern vor zwei abgestorbenen, mit Moos bewachsenen
Eichen und einer Palme rechts außen zahlreiche größere Raubtiere und Vögel.
Fast exakt in der Bildmitte posiert ein liegender Löwe. Neben ihm erscheinen in
Form von Tierpaaren Leoparden, Helmkasuare, Strauße und Graukraniche.
Zwischen ihnen tummeln sich weitere Tiere, zu denen mehrere Affenarten,
Axishirsch, Zibetkatze, Trampeltier, Waschbär, Vielfraß, Vierhornschaf, Weißer
Rehbock, Schwarzstorch, Eisbär und Braunbär gehören.
In der oberen Zone bevölkern die größeren Vögel die kargen Äste der beiden
Eichen. Ein Steinadler mit ausgebreiteten Flügeln, ein Gänsegeier, ein
Singschwan, ein Königsgeier und zwei Hokkos heben sich vor einem
lichtdurchfluteten Landschaftshintergrund ab. Auf der Palme rechts sitzen
Weißhaubenkakadu, Grünflügelara und Gelbbrustara neben mehreren
Sitticharten. In der Ferne sind weitere Tiere vor einer Waldlichtung zu erkennen.
Im Hintergrund rechts wird die Landschaft durch ein Bergmassiv
abgeschlossen.
Bildstruktur
Angesichts der dichten Ansammlung von Tieren schweift der Blick des
Betrachters umher. Es stellt sich zuerst die Empfindung des Staunens und der
Verwunderung ein ob der Fülle der bekannten und unbekannten Tiere. Die
Mannigfaltigkeit der Tiere weckt die Neugierde, die curiositas, zur näheren
Betrachtung im Einzelnen. Auf Entdeckungssuche hakt sich das Auge immer
wieder fest an einzelnen Tierarten, um sich dann wieder loszureißen und auf
der Suche nach neuen Blickfängen über das Ganze der Komposition zu
schweifen. Im unüberschaubaren Mikrokosmos der über die Fläche verteilten
Tiere verliert der Betrachter zunächst den Überblick darüber, welche
unterschiedlichen Tierarten hier überhaupt dargestellt sind. Rastlos und
neugierig schweift das Auge des Betrachters immer wieder auf der Suche nach
einem Blickfang von einer Tierart zur nächsten. Die wimmelbildartige Überfülle
stimuliert die Lust zu entdecken. Dabei sind alle Tiere zu gleichartigen
Attraktionen einer unersättlichen, sensationslüsternen Neugier nivelliert.
Gewissermaßen muss das Auge von isoliertem Blickfänger zu Blickfänger
springen, um darüber den Zusammenhang des Ganzen aus den Augen zu
verlieren. Der Betrachter kann die Informationsfülle aber dadurch ordnen und
zusammenbinden, indem er zugehörige Tiergattungen ausmacht und ihren
Wert einschätzt.
Die Bildstruktur ist so angelegt, dass zwei konkurrierende Lesarten ineinander
greifen: Jedes Tier soll gleichwertig und für sich selbst wahrgenommen werden,
muss aber auch in seiner Zugehörigkeit zu einer Gruppe kenntlich werden. Eine
Sicht richtet sich auf die verschiedenen Tiere in ihrer Kleinteiligkeit (mit ihren
paradigmatischen Details) und eine weitere auf die syntagmatische
61
Gesamtkomposition. In dieser Doppelperspektive werden Verschiedenartigkeit
(varietas) und Fülle (copia) wahrgenommen.
Der Maler Roos wendet ein Bildprinzip an, in dem der Betrachter in das
Geflecht von Ordnung und Unordnung mit einbezogen wird. Er muss sich den
Weg durch die Vielzahl der Tierarten bahnen und selber eine Ordnungsleistung
vollbringen. Indem er die unterschiedlichen Arten erkennt und identifiziert, wird
er als Betrachter bewusst aktiviert.
Roos macht sogar Abstriche von der Raumlogik seines Tierreiches, um dem
neugierigen Auge totale Sichtbarkeit zu ermöglichen. Die exotische Palme
rechts scheint nicht zu den ansonsten kargen Eichen der Landschaft zu passen
– Versatzstücke der Tropen und heimische Fauna treffen hier aufeinander. Der
Maler vermeidet größere Überschneidungen und überführt die Tiere in die
Fläche einer Bestimmungstafel. So entsteht eine bifokale Rezeptionsstruktur:
Jedes einzelne Tier wird zum Individuum innerhalb eines Tiergruppenporträts.
Allerdings trägt das große Format dazu bei, den Zusammenhang der
Sammlungsstücke untereinander in eine bloße Aufzählung zerfallen zu lassen.
Ein collageartiger Charakter ist greifbar, der durch die teilweise nicht ganz
stimmigen Größenverhältnisse der Tiere zueinander verstärkt wird. So scheinen
die jungen Leopardenkinder im Verhältnis zur Mutter etwas zu klein geraten.
Ein ähnliches Missverhältnis trifft auf die Gazelle im Vordergrund zu, die
angesichts der Stachelschweine hinter ihr ebenfalls zu klein erscheint. Es
entsteht der Eindruck, der Maler habe verschiedene Zeichnungen und Studien
nach lebenden und präparierten Tieren zu einem Bildganzen zusammengefügt.
Ein eigenhändiges Gemälde von Roos, das eine Mopshündin im
Einzelporträt370 zeigt, könnte der Künstler spiegelbildlich verwendet haben
(Abb.27). Der Steinadler mit seinen ausgebreiteten Schwingen könnte nach
dem Vorbild eines Präparats/Balgs aus der Kunstkammer gemalt sein.371
Schließlich entspricht die in Rückenansicht abgebildete Löwin einem beliebten
Darstellungsmodus, der bereits auf Gemälden von Jan Brueghel d. Ä. auftaucht
und in dem Gemälde von Peter Paul Rubens „Daniel in der Löwengrube“372
(Abb.28) zum ersten Mal nachweisbar ist.
Natur als Ware - die ökonomische Dimension
Das vorliegende Gemälde lässt sich als Sammelbild mit Tieren definieren, die in
den Augen der Zeitgenossen als Kuriositäten oder als typische Objekte der
Neugierde (curiositas) angesehen wurden. Diese bezeichnet Ganz als „rastlose
Leidenschaft, welche stets das anstrebte, was außer Reichweite lag und nicht
auf Befriedigung, sondern auf Perpetuierung des Begehrens abzielte“.373 Ihre
Definition richtet sich an dieser Stelle nach Daston, die die frühneuzeitliche
Neugierde als eine Art (Hab-)Gier bezeichnet: „die Neugierde erlischt nie, sie
kommt nicht zur Ruhe. […] Anders als Lust, die nach Befriedigung strebt, zielt
diese Gier auf die Aufrechterhaltung des Verlangens und schnellt von Objekt zu
Objekt.”374
370
Roos, Mopshündin, Depot der mhk, undatiert. Genauso gut könnte das Einzelporträt aber
auch als autonomes Werk nach dem Vorbild des Menageriegemäldes entstanden sein.
371
Darauf verweist seine steife Haltung. Allerdings gibt es keinen Nachweis darüber.
372
Washington, National Gallery of Art, 1613.
373
Zitiert aus Ganz 2006, S.165.
374
Zitiert aus: Daston 2002, S.168. Mehrere Autoren haben neben dem Merkmal der
Unerschöpflichkeit die Nutzlosigkeit als charakteristisch für die frühneuzeitliche Neugierde
62
Die dargestellten Tiere ähneln Luxusobjekten, die als wertvoll im ökonomischen
Sinne galten – „rar“, „ungewöhnlich“ und „extravagant“ waren Adjektive, die
regelmäßig mit „neugierig“ zusammen auftraten. Einige dieser wertvollen und
seltenen Tiere wurden auf dem Markt für enorme Summen gehandelt. Sie
waren ein Vermögen wert und sollten den Wunsch nach Berührung und Besitz
erwecken. Im 18. Jahrhundert erzielte ein Leopard auf dem Markt einen
Spitzenpreis von 2000 Talern375 – das war mehr als das Jahresgehalt eines
Hofarchitekten. Ein afrikanischer Strauß war für 2500 holländische Goldgulden
zu haben, für einen Kronenkranich zahlte man 1000, für einen amerikanischen
Königsgeier 1500 holländische Goldgulden. Der Preis eines Kakadus aus
Indonesien belief sich auf 300 Goldgulden376 und der eines afrikanischen
Perlhuhns auf 30 Goldgulden.377
Beim Kauf oder Erwerb konnte sich der Besitzer nie sicher sein, wie lange das
Tier leben würde. Schwierigkeiten traten in der Regel in Bezug auf Transport,
Klimatisierung und Fütterung auf. Gerade das Fehlen der Spezialnahrung
brachte vielen Tieren den baldigen Tod. Trotzdem und gerade deshalb wurden
astronomisch hohe Summen für seltene Tiere ausgegeben. Zudem verlangte
die Unterhaltung einer umfangreichen Tiersammlung enorme Finanzmittel,
denn zu den Anschaffungskosten fielen noch hohe Betriebskosten an.
Das „Lotteriespiel“ illustriert den Zusammenhang zwischen der Neugierde und
einer Art von Konsumverhalten, welches im boomenden Handel mit
Luxusgütern eine eigene Dynamik entfaltete. Wegen des hohen Wertes
eigneten sich lebende Tiere auch als Geschenke von Fürst zu Fürst. Die Höfe
bezogen Tiere und dann auch Bilder von Tieren in ihre zwischenhöfische
Kommunikation und den Geschenkverkehr mit ein.
Insgesamt liegt dem Gemälde der Anspruch zugrunde, eine Totalität
darzustellen, in der hauptsächlich außereuropäische Tierarten mit hohem
Warenwert ihren Platz haben. Der Porträtcharakter unterstreicht ihre Bedeutung
und Stellung als lebende Raritäten und Luxusobjekte. Mit der Darstellung der in
Australien beheimateten fremdländischen Tierarten wie Helmkasuar und
Kakadu zielt das Gemälde auf die Bedürfnisse und den Entdeckerhunger des
neugierigen, kennerschaftlichen Sammlerblicks.
Insofern ist die gemalte Tiersammlung in ihrer enzyklopädischen Fülle Ausdruck
des frühneuzeitlichen Konsumstrebens, wie es sich im Zuge der Globalisierung
des Handelsnetzes ausgebreitet hatte. Der Handel mit Luxusgütern war im 17.
und 18. Jahrhundert auf eine „open-end-Qualität“ hin ausgerichtet, zudem
gediehen sowohl die Neugierde als auch der Markt der Luxusgüter anhand der
exotischen Neuheiten, welche aus weiter Ferne Eingang in die europäische
Kultur fanden: „Sowohl die Wißbegier als auch der Markt für Luxusgüter waren
herausgestellt. Das verweist auf Marin Mersenne, der im frühen 17. Jahrhundert Kuriositäten als
Luxusgüter bezeichnet, die nicht für das alltägliche Leben notwendig seien. Alles Nützliche
wurde entsprechend von der frühneuzeitlichen Neugierde vornehm verachtet. Vgl. Mersenne
1985 (1634), (Qu. 1), S.212; Qu. 46, S.399.
375
Coban-Hensel 2008, S.44. Ähnliche Preise nennt Wittwer 2004, S.64.
376
Lehmann 2009, S.71.
377
SächsHStA, loc.380, fol.236 f.: Papiers concernant les emplettes des porcelaines en
Hollande [...] 1716-1718. – Die Liste mit den Tierpreisen auf fol.240 r. – Die Liste hat die
Niederländische Ostindische Compagnie im Februar 1717 in Amsterdam für den König von
Polen und Kurfürsten von Sachsen mit dem dort zur Zeit angebotenen Verkaufsbestand an
„Oiseaux rares“ erstellt. Ein Teil der Liste ist abgedruckt in: Rückert 1989/90, S.51.
63
ihrer Natur nach unersättlich, und diese strukturelle Affinität war für die
frühmodernen Gegenstände der Wißbegier entscheidend.“378
Das Gemälde ist bildgewordener Ausdruck dieser merkantilen Neugier und
illustriert einen Zusammenhang zwischen Konsum, Kunst und Kennerschaft
und den Wunsch nach Aneignung.
Grenzüberschreitung
Das Gemälde ist auf ein neugieriges Sehen abgestimmt, welches die wertvollen
Tierarten erkennt und den Raritäten zuordnet. Die Kostbarkeit eines Tieres
stellte ein Kriterium für seine Sammelwürdigkeit in einer Kunst- und
Wunderkammer dar, denn die Neugierde richtete sich mit Vorliebe auf solche
Dinge. Die gemalten Tiere werden zu isolierten Blickfängern der Augenlust. Oft
gelangten verstorbene Tiere aus der Menagerie als anatomische Objekte in
eine Kunst- und Wunderkammer, so auch in Kassel. Die Rezeptionsstruktur des
Gemäldes ist abgestimmt auf diese zeittypische Vorliebe der curiositas für das
Miniaturhafte und Verborgene und verortet das Gemälde in der höfischen
Vorstellungswelt der Kunst- und Wunderkammer.
Eine wichtige Rolle für die Rezeptionsstruktur des Gemäldes spielt die
Grenzüberschreitung als ästhetisches Strukturmerkmal der frühneuzeitlichen
Neugierde. Der Betrachter wird angeregt, ein Bilderrätsel zu entschlüsseln.
Wenn er mit Neugierde das Gemälde durchforstet, entdeckt er eine Überfülle an
kuriosen und wertvollen Waren ausgebreitet, die dasselbe Staunen inszenieren,
welches zur Ästhetik der Präsentation in den Wunderkammern gehörte.
A) Das Straußenei als Zeichenträger
Das Straußenei, das links bei den beiden Straußentieren abgebildet ist, fungiert
als Zeichenträger, der auf die Überwindung der Grenze zwischen dem
Sichtbaren und dem Unsichtbaren abzielt.
Als exotisches Naturprodukt zählte ein Straußenei zum naturalia-Bestand einer
jeden Sammlung der Zeit. Gerne ließ man ihm aber auch eine geschnitzte
Verzierung oder eine Fassung aus Edelmetall zuteil werden. Als
Straußeneipokal konnte es die beiden typischen Hauptbereiche der naturalia
als den von der Natur hervorgebrachten Wunderwerken und der artificialia als
den von Menschen geformten Schöpfungen in sich vereinen und so zum
repräsentativen Kunstkammerstück werden.379 In der ersten Hälfte des 18.
Jahrhunderts erreichte die Kunst, Straußeneier mit Reliefschnitzereien zu
versehen oder ihnen eine kunstvolle Fassung aus Edelmetall zu geben, einen
letzten Höhepunkt. Ein Meister dieser Flachreliefschnitzerei war Jacob
Dobbermann, der seit 1716 am Kasseler Hof von Landgraf Karl tätig war und
mehrere Werke für dessen Sammlung lieferte (Abb.29).380 Gerade hier waren
die Pokale als Kunstkammerobjekte beliebt, die die Einteilungen in artificialia
und naturalia verunklärten.
378
Daston 1994, S.43.
Die Steigerung zur Verwendung einer natürlichen Kunstform war ihre Transformierung durch
die menschliche Hand. Die ästhetische Faszination entzündete sich also nicht am Straußenei
allein, sondern erst dadurch, dass es als Rohstoff für die menschliche Kunstfertigkeit, die „Kunst
und Natur miteinander spielen“ ließ, entdeckt wurde. Als typische Kunstkammerstücke ließen
Straußeneier die Grenze zwischen Naturwundern und Wundern menschlicher Kunst unscharf
werden.
380
Vgl. Mette 1995, S.44.
379
64
Der zeitgenössische Diskurs um das Verhältnis von Natur und Kunst und ihren
kuriosen, grenzüberschreitenden Übergängen spiegelt sich in der Struktur des
Gemäldes.
B) Der Löwe als Sinnbild
Ein besonderes Augenmerk gilt dem Löwen, für den der Betrachter selber einen
ikonographischen Bezug zum Auftraggeber, Landgraf Karl, herstellen konnte.
Majestätisch ist er im Zentrum des Gemäldes platziert, scheint als „König der
Tiere“ das bedeutendste Tier in der Sammlung zu sein. Seine Größe hebt ihn
aus dem Kreis der anderen Tiere hervor, denen er überlegen scheint. Diese
typische Form der Darstellung von Löwen steht in einer langen Bildtradition.
Nicolas Reusner veröffentlichte dieselbe Haltung 1581 als Emblem für Bildung
und Tugend eines Herrn (Abb.30):
„Wie süß ist die Milde, verbunden mit Einsicht
Je gebildeter einer ist, umso menschlicher ist er, und je ungebildeter, um so
eigensinniger. Durch die freien Künste wird das Gemüt sanft, die Wildheit der
ungebändigten Sitten flieht. Ja, ohne Bildung ist nichts lobenswert, und kein Mann
war ohne sie groß. Es heißt, daß der größte Held, Achill, einst aus Mangel an
Muttermilch aufgewachsen sei mit Löwenmark als Nahrung. Sein Name macht die
Sache glaubhaft. Ist wohl irgendein wildes Tier großmütiger als der Löwe, ist
irgendeine Speise süßer als das Mark seiner Knochen? So dürfte wohl niemand
zur Hoffnung hoher Tugend aufwachsen ohne eine solche Heldennahrung. Dich,
[Streinius], machen die Wissenschaft und die Bildung und die ihr gleiche
Humanitas groß. O süße Verbindung einer solchen Tapferkeit und Wissenschaft, o
381
gute Vereinigung!“
Diesen Topos des edlen Tieres hatte Conrad Gesner 20 Jahre zuvor ebenso in
seinem Thierbuch publiziert: „Ein frey, edel, hochgeboren, dapffer, starck,
mannhaft thier ist der Loeuw, begirig des sigs, darnebend milt, fromm und
grecht, eins treuwen gemuets gegen denen mit welchen er wonet.“382
Der Löwe als Herrschersymbol ist seit der Antike geläufig. Aufgrund seiner
emblematischen und heraldischen Bedeutung war der Besitz eines Löwen
steter Wunsch für die in der Regel herrschaftlichen Menagerien. Die
Verbindung von Tapferkeit und Bildung ist für Landgraf Karl jedoch
programmatisch und bezeichnet die Pole Kriegskunst/Friedensfürst und
Wissenschaft/Kunst, zwischen denen sich sein Leben abspielte.
Diese Botschaft vermittelt auch das Herkules-Image, das sich Landgraf Karl
aufbaute. Es fand seinen Höhepunkt in dem 1717 geweihten Herkules-Denkmal
am Osthang des Habichtswaldes. Die Figur des Halbgottes diente der
Verkörperung von Macht und Tugend des Fürsten und symbolisierte den
Aufstieg durch Bildung und Kultur. Setzt man Landgraf Karl in Bezug zur Statue
des ruhenden Herkules – mit dem Attribut des Löwenfells über der Keule –
ergibt sich hier die doppelte Bedeutung des tugendhaften Helden als
Friedensbringer nach Beendigung des Spanischen Erbfolgekrieges383 (1701381
Nicolaus Reusner: Emblemata, Frankfurt 1581, Embl. II, Nr.1, zit. nach: Henkel/Schöne
1996, S.371.
382
Gesner 1563, S.103.
383
Nach mehr als einem Jahrzehnt wurde 1714 der Spanische Erbfolgekrieg zwischen
Frankreich und dem Reich beendet. Kassel, das auf der Seite des Kaisers sowie der
verbündeten
Seemächte
gestanden
hatte,
kam
nach
Jahren
kriegerischer
65
1714). In dem Streben, den eigenen „Ruhm“ wie den des Hauses zu
vermehren, hat Landgraf Karl den Löwenbezwinger Herkules zum Vorbild
erhoben und zum Teil der fürstlichen Selbstdarstellung gemacht.
In dem „Tierstück“ thront der Löwe als Wächter über die Menagerietiere, in
Analogie zum barocken Herrscher, der als tapferer Kriegsfürst über den Frieden
seines Territoriums wacht - genauso blickt der olympische Herkules Landgraf
Karl in dem Denkmal auf dem Karlsberg milde und ruhend über seine Residenz
und deren Umgebung.
Das „Tierstück“ als kurioses Objekt
Insgesamt erfüllt die Struktur des Bildes die ästhetischen Erwartungen, die der
frühneuzeitlichen Neugierde (curiositas) entsprechen. Abwechslungsreiche
Bildstrukturen, in denen das Auge neugierig umherschweift, lassen sich als
„kurios“ und der Erforschung wert bezeichnen. „Dementsprechend handelt es
sich denn auch bei dem Begriffe „Kuriositäten“ nicht um Dinge einer blöden
Neugier, sondern um Gegenstände, die dem Zeitalter des unablässigen
Fragens neue Probleme stellten.“384 Das neugierige Sehen galt im 17. und 18.
Jahrhundert als Gegenstand der Bewunderung.385 Gerade die Eigenschaft der
seltsamen, zur Entdeckung einladenden, die Aufmerksamkeit eines Betrachters
erregenden Erscheinung ist ein wesentliches Element der Kunstkammern und
der frühneuzeitlichen Naturalienkabinette. Der gelehrte Historienschreiber
Eberhard Werner Happel (1647-1690) stellte 1687 angesichts der damaligen
Kunstkammern fest: „In dieser Betrachtung kann uns eine angenehme
‚Confusion’ und Unordnung ohne Zweifel annehmlicher fallen / alß eine nette
Ordnung / welche leicht zu erfinden / aber übel zu halten sein möchte.“386
Auch außergewöhnliche handwerkliche Leistungen wurden als „kurios“ oder
„merkwürdig“ empfunden. Beide Bezeichnungen wurden im 18. Jahrhundert
analog verwendet und werteten einen Gegenstand im heutigen Sinne als
„bemerkenswert“ oder „Sehenswürdigkeit“.387 Bei der Betrachtung des
Menageriegemäldes im Jahre 1781 im Museum Fridericianum stellt Freiherr
Friedrich Justus von Guenderode fest“: [...] Merkwürdig ist ein sehr grosses und
schönes Gemälde, welches beynahe eine ganze Wand einnimmt, von Rose,
worauf alle Thiere, so bey Absterben des Landgrafen Carl in dem Thiergarten
befindlich gewesen, abgebildet zu sehen sind.“388 Der Ausdruck „merkwürdig“
Auseinandersetzungen, hohen Verlusten an hessischen Truppen auf den ausländischen
Kriegsschauplätzen und finanziellen Nöten zur Ruhe.
384
Zitiert aus Bujok 2004, S.57.
385
Kunstwerke, in denen eine Handlung wegen vieler deskriptiver Details verunklärt war, galten
schon im Mittelalter als kurios. Diese Bewertung bezog sich allerdings in der Regel - aber nicht
ausschließlich - auf sakrale Bildgegenstände. Als gefährlich galt an solchen kuriosen
Bildstrukturen, dass das Auge hier von der eigentlichen bildlichen Botschaft abgelenkt werde
und neugierig herumschweife. Der bilderfeindliche Bernhard von Clairvaux verurteilte derartige
Gemälde, brächten sie doch das Auge in haltloses Schweifen. Zur Bewertungsgeschichte
kurioser Bilder vgl. Wood 1995, S.332-352.
386
Happel 1687, S.118.
387
Wegner 1991, S.14.
388
Beschreibung des Museum Fridericianum von Guenderode 1781, S.111.
66
bezieht sich hier sowohl auf das ungewöhnlich groß angelegte Format389 bei
gleichzeitiger feiner Ausführung sowie die ungeheure Fülle der dargestellten
Tierarten. Gerade hierin spiegelt sich die Wurzel des Sinns von Kuriosität (aus
dem lateinischen cura) als „sorgfältige“ oder sogar übertriebene Mühe oder
Kunstfertigkeit. Zu einem ähnlichen Urteil gelangt Hüsgen 1780: „Kenner-Augen
können sich wegen des Fleißes, der guten Ordonanz und Mannigfaltigkeit des
vielen schönen Viehes, daran nicht sättigen.“390 Beide Aussagen verweisen auf
das große handwerkliche Können des Malers, wodurch das Gemälde als ein
höfisches und einer Kunstkammer würdiges Kuriosum ausgewiesen wird.
Mit seiner „kuriosen“ Bildstruktur reiht sich das Gemälde in die Gruppe der
Sammelbilder ein, die ein überwältigendes kulturelles Interesse an
enzyklopädischen Darstellungen der Naturwelt zeigen. Dieser Bildtypus kam
bereits im 17. Jahrhundert in den Niederlanden auf und zeigte sich in vielerlei
Gattungen. Als „gemalte Sammlungen“ wurden Sammelbilder in begehbaren
Sammlungen einer Kunst- und Wunderkammer präsentiert, so auch das
Kasseler Gemälde.
3.3 Die Unterbringung des Kasseler „Tierstücks“ im Kontext der
fürstlichen Sammlung
Nach Auftragsvergabe im Jahr 1722 arbeitete Roos fünf Jahre an dem
„Tierstück“. 1727 beschwerte sich der Rat Friedrich Christian Schmincke beim
Landgrafen darüber, dass Roos an dem Gemälde in den letzten Jahren keinen
Strich getan habe. Trotz mehrmaliger mündlicher Ermahnung war das Gemälde
am 30.09.1727 nur zur Hälfte vollendet. Auf Veranlassung Schminckes wurde
es in das Stadtschloss gebracht, wo es der Künstler unter Aufsicht am Hof
vollenden sollte.391
Spätestens zwei Jahre später, 1729, scheint es tatsächlich fertiggestellt
gewesen zu sein, da es von zwei dänischen Offizieren - Holger Rosenkranz und
Lauritz Thura – dort beschrieben wird:
389
Heute weist das Gemälde die Ausmaße von 340 x 665 cm auf. Nach 1830 wurde es
verkleinert. Im Original betrugen die Maße noch 408 x 722 cm (13 x 23 Fuß). Vgl.
Schnackenburg 1996, Textband, S.255.
390
Hüsgen 1780, S.109.
391
„Underthänigste Anzeige. Ew. Hochf. Durchl. Haben vor fünf Jahren den Mahler Roos gndst.
Anbefehlen lassen, ein groß Stück zu verfertigen, worauff alles frembde Theire zu sehen, so
jemahlen in der Menagerie allhie gewesen. Wan nun ein solches über die Hälfte fertig und
gedachter mahler in 3 Jahren keinen Strich daran gethan, hierbey aber zu befürchten ist, daß
obgedachtes Stück nicht mehr zur perfektion gelange, in dem der Mahler ein alter Man und bald
hier und bald da ist: Als hab solches Ew. Hochfürstl. Durchl. Noch mahlen anzuzeigen mich
verpflichtet befunden, damit mir, dem die Schildereien im Kunsthaus zur Obsicht anvertraut
worden, hinkünftig keine Verantwortung entstehen möge. Übrigens stelle Ew. Hochf. Durchl.
Gnädigster Disposition anheimb wie dieser Mahler anzuhalten, sein Stück accordirten maßen
zu verfertigen, meine mündlichen erinnerungen bisher fruchtlos geweßen. Auf diese,
unterthänigste Anzeige resolviert Serenissimi Hochfürstl. Durchl., daß hier bemahlte Mahlerey
heut nachmittag nach Hoff gebracht werden solle. [...]“. Archivnotiz vom 30.09.1727, MHK.
67
„Im Schloss wurde uns unter anderem ein großes Gemälde gezeigt, von einem
berühmten Meister gemalt, worauf alle Tiere und Kreaturen, die man eine Zeitlang in
der fürstlichen Menagerie gehabt hatte, abgebildet waren, ein Stück, das in gewisser
Beziehung und was die leibhaftige Abbildung der Kreaturen anbetrifft, vorzüglich
392
ausgeführt war.“
Als Kunstkammerstück fand das „Tierstück“ bereits kurz darauf Eingang in das
einige Jahre zuvor von Landgraf Karl eröffnete „Kunsthaus“. Dieses
beherbergte seit 1696 die damals schon berühmten Sammlungen des
Landgrafen und war im Ottoneum393 eröffnet worden (Abb.31). Das Kunsthaus
zog über den Kreis der adligen Elite und Gelehrten hinaus ein ausgesprochen
breites Publikum an.394
Das „Tierstück“ im Kasseler Kunsthaus
Im Jahr 1744 taucht das Gemälde in dem Inventar des Kunsthauses
(Ottoneum) unter Nr. 324 mit der Bezeichnung „Das grose Thier-stück vom
Mahler Roose“395 auf. Als Standort wird der große Saal, Kammer No. IV.,
angegeben.
Die nächste Erwähnung stammt aus dem Jahr 1757 von Carl Bentzmann. Er
war Schöffe der Rechte der Stadt Danzig und durchwanderte zwischen 1755
und 1757 Deutschland, die Niederlande und Frankreich. Über Straßburg, Mainz
und Frankfurt kam er dann nach Kassel. Seiner Beschreibung nach war das
Tierstück in der sogenannten „Tierkammer“ im ersten Obergeschoss
präsentiert:
„Von hier gehet man in die Thier Kammer, wo man alle Gattungen von
ausgestopften Thiern siehet, die vormals im hiesigen Thiergarten gewesen. Die
Insecten sind die vortrefflichsten, die ich in dieser Cammer gesehen, sie sind durch
einen Balsam schon seit 40 Jahren conservirt worden, und man hat sich viele
Mühe gegeben, diesen Balsam wieder zu erfinden, aber hat es nicht dahin bringen
könne. Man findet auch ein Gemälde, auf welchem alle Thiere abgemahlet sind,
welches von Rose gemahlet worden, deren 3 Brüder gewesen sind, von denen
396
aber der älteste der beste gewesen.“
Nähere Angaben zu den ausgestopften Tieren macht der
Hofbibliothekar Friedrich Christoph Schmincke (1724 – 1795) 1767:
392
Kasseler
Weilbach 1922, S.157f.
Dieses war von Landgraf Moritz dem Gelehrten 1603-1606 nach Plänen des holländischen
Baumeisters Wilhelm Vernukken als erstes feststehendes Theater in Deutschland für eine
englische Schauspielertruppe erbaut worden. Landgraf Moritz benannte es nach seinem früh
verstorbenen Lieblingssohn Otto. Als Theater diente es kaum elf Jahre und wurde später als
Gießhaus und Garnisonskirche benutzt. Landgraf Karl ließ es von Paul du Ry zum Kunsthaus
umbauen, nachdem die Räume im Marstall für seine Sammlungen zu klein geworden waren.
394
Zu den Besuchern zählten Adlige wie Bürgerliche, Männer, Frauen und Kinder, Studenten
und Militärpersonen, Juden und ein evangelischer Pfarrer, Engländer und Schweizer, Gelehrte
und Dienstboten. Zu den Auswertungen des Besucherbuches des Kunsthauses vgl. Linnebach
2009, S.161-176.
395
Kunsthaus-Inv. 1744: Verzeichnis aller im Kunst=Haus befindlichen Schilderyen. Nr. 1 bis
790. Manuskript MHK.
396
Bentzmann 1991, S. 34-35.
393
68
„Der daselbst befindliche große Saal ist mit lauter Gemählden bekleidet, darunter
das grosse Thierstück des berühmten Maler Rose billig den Vorzug verdienet. Es
sind zugleich verschiedene ausgestopfte Thiere, welche vormalen im hiesigen
Thierhause am Leben gewesen, hier ausgestellet, als ein Löwe und Löwinn, zwey
397
398
Tyger , ein Casuarius, eine Zibethkatze und zween große Paviane [...].“
Naturalia und Artificialia - Natur und Kunst - bestanden also nicht getrennt
voneinander, sondern nebeneinander, wurden in enger Verbindung begriffen.399
Bereits in den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts befanden sich im
Kunsthaus zahlreiche botanische und zoologische Präparate, die teils aus der
Kasseler Menagerie stammten. 1728 zählt Johann Friedrich Armand von
Uffenbach im Kunsthaus auf: „zwey große Löwe, 2 Casuarius, ein großer
Pavian, ein monstrosdicker hund und zwey Wildschützen, so ehedeßen hier
justisicirt worden“400. Ein Jahr später - 1729 - erwähnen die beiden dänischen
Ingenieur-Offiziere Holger Rosenkranz und Lauritz Thura neben den beiden
Löwen-Präparaten auch einen Leoparden, der zusammen mit in Spiritus
konservierten Missgeburten in der Anatomiekammer aufbewahrt wurde.401
Neben diesen Naturalia führt das Kunsthaus-Inventar von 1744 insgesamt 894
Gemälde auf, die in verschiedenen Räumen untergebracht waren, also noch
keine zusammenhängende Galerie bildeten. Diese Zuordnung von Artificialien
zu den Naturalien, aus deren Material sie hergestellt wurden, geht auf die
Systematik der Naturalis Historia von Plinius d. Ä. (23/24-79) zurück.402
Die raren und kostbaren Tiere aus der entlegenen Menagerie fanden sowohl als
naturwissenschaftliches Präparat als auch in malerischer Präzision ihre
Fortsetzung in der fürstlichen Kunstkammer. Das „Tierstück“ fand als
Bestandteil der enzyklopädisch gedachten Naturaliensammlung Verwendung,
zu der die drei Reiche Animalia, Vegetabilia und Mineralia zählten. Innerhalb
dieser Rubrik war es mit der Unterbringung in der Tierkammer gemeinsam mit
ausgestopften Tierpräparaten dem Bereich der Animalia zugeordnet. In den
397
Gemeint sind Leoparden.
Schmincke 1767, S.187.
399
Zu dieser Zeit wurde bereits in einigen sammlungstheoretischen Schriften vor der
Vermischung von Naturalien und Artificialien gewarnt. Das oberste Ordnungskriterium Johann
Daniel Majors ist das Material: „So muß auch in Naturalien-Museis selbst / an Artificial-Sachen /
die etwan aus Europa, aus Ost- und West-Indien zusammen gebracht / kein Überfluß nicht seyn
/ und entweder dergleichen Dinge gantz ausgelassen / und in absondere Gemächer gethan /
oder die Sachen mehr Ratione Materix, als Ratione Artificii ac Usus, zu andern Natural-Sachen
sortirt / oder / wo gleichwol in einem absonderlichen Schranck und Orth unterschiedliche
Artificialia gethan / und in einem special Catalogo registriret.“ Zitiert aus: Major 1674,
unpaginiert, Kap. 7, §6.
400
Uffenbach 1728, S.52.
401
„[...] dort [in der Anatomiekammer] waren auch mehrere ausgestopfte Tiere, Löwen,
Leoparden usw. zu sehen, ebenfalls einige Mißgeburten in Spiritus konserviert, unter diesen ein
Kind mit zwei Gesichtern im Kopf. Auch war hier ein großer Überfluß an Insekten, die in ihren
natürlichen Farben sehr wohl konserviert und in einem Schrank in Schubfächer ordentlich
gelegt und aufgehoben waren.“ Zitiert aus: Weilbach 1922, S.139.
402
Nach seinem Prinzip konnten auch die bislang unbekannten, außereuropäischen Objekte in
die Ordnung einbezogen werden, ohne eine gesonderte Kategorie zu bilden. Paula Findlen
sieht in Plinius' Schrift sogar die Inspiration für das Sammeln mit universalistischem Anspruch
im 16. und frühen 17. Jahrhundert: “While Aristotle provided a formal structure and philosophical
purpose for the collecting of nature, Pliny's Natural History inspired naturalists to extend their
curiosity to the farthest reaches of the known world in order to catalogue its wonders. [...]
Reading Pliny reminded naturalists just how vast and expansive the rubric of natural history
could be in its ability to encompass all the things in the universe.” Vgl. Findlen 1996, S.61.
398
69
Nebenräumen wurde der Bestand der Naturalia ergänzt durch „Mineralien,
Steine, Erden und Salze [...] Konchylien (Muscheln) und Meeresgegenstände;
[...] Bäume, Gräser und was sonst noch zur Botanik gehört.“403
Als Kunstkammerobjekt entfaltete das „Tierstück“ seinen Symbolcharakter aus
dem Ensemble, zu dem es gehörte. Naturalie und Artefakt rangierten
nebeneinander und erhielten ihre inhaltliche Bedeutung im Zusammenspiel
miteinander. Die räumliche Ausstattung - die „Aura“ des Objektes404 - bildete ein
dichtes Beziehungsnetz, das eine Vielzahl von Verknüpfungen zwischen
‚drinnen und draußen’, zwischen Natur und Kunst ermöglichte. In seiner
kontextuellen Beziehung verwies das Gemälde als Einzelstück auf das
übergeordnete naturwissenschaftliche Gesamtkonzept. Ähnlich den übrigen
Gemälden fungierte es als Teil eines universalistischen Bildprogramms, das auf
die räumlich entlegene reale Menagerie als kostbare Sammlung lebender
Kuriositäten verwies. Ihm kam die Funktion zu, diesen Kontext zu illustrieren,
ihn zu „belegen“ und zu „symbolisieren“. Grote wendet den Begriff des
„Paradigmatischen“ an und bezeichnet damit die inhaltliche Absicht (das
Paradigma) hinter der Ausstellung, die das Objekt in einen bewusst
hergestellten übergeordneten Kontext stellt. Dieser sollte im Betrachter
zunächst Assoziationen und Assoziationsketten in Gang setzen, welche
ihrerseits auf den Kontext hinführen sollten. Diese Assoziationen wirkten
summativ und führten auf jenen übergeordneten Sinn-Zusammenhang hin, der
mit Hilfe des Objektes dann auch illustriert werden sollte. Nach Wahrnehmung
und Aneignung des beabsichtigten Kontextes sollte der Betrachter wieder
zurück zum Objekt selbst kommen, welchem in einem nächsten Schritt eine Art
„Beweis“- oder „Beleg“-Funktion zugewiesen war.
Neben seiner Rolle als wirkungsvoller Bedeutungsträger innerhalb der
höfischen Repräsentation kam dem „Tierstück“ auch eine nicht zu
unterschätzende Rolle als wissenschaftliches Lehrmittel zu: Den Schülern des
Collegium Carolinum (vgl. Teil III, Kapitel 2.5) diente das „Tierstück“ als
Anschauungsmaterial für die Erforschung der ausländischen Tierwelt. Insofern
es naturwissenschaftliche Kenntnisse über seltene Tierarten vermittelte, kam
ihm eine belehrende Wirkung zu. Gerade diese konkrete Nutzbarmachung für
die Wissenschaften war Teil der fürstlichen Strategie, die Grundlagen der
Landesentwicklung zu verbessern.
403
Der Bibliothekar und Kustos der Kunstkammer in St. Petersburg, Johann Daniel
Schumacher, wurde 1721 vom russischen Zaren Peter I. auf Auslandreise geschickt. Er äußert
sich begeistert über das Kasseler Museum: „In Kassel befindet sich die Kunst- und
Naturalienkammer in einem extra dafür hergerichteten Haus: Die naturkundlichen Gegenstände
sind unten und die künstlerischen oben. Von diesen nehmen die Mineralien, Steine, Erden und
Salze ein besonderes Zimmer ein. In einem weiteren sind Animalia (Tiere). Drittens gibt es
Konchylien (Muscheln) und Meeresgegenstände; viertens Bäume, Gräser und was sonst noch
zur Botanik gehört. Auf ähnliche Weise sind die künstlerischen Gegenstände angeordnet. Die
mathematischen Instrumente liegen gesondert, die physikalischen gesondert, genauso
Maschinen und Modelle.“ Zitat der deutschen Übersetzung aus: Ausst-Kat. München 2003,
Band 2, Beiträge, S.158.
404
Grote 1994, S.14.
70
Das „Tierstück“ unter Wilhelm VIII.
1749 bis 1751 entstand unter Karls Sohn, Landgraf Wilhelm VIII. (1730/511760), ein neuer Galerietrakt405 an der Fünffensterstraße, der auch einige
Gemälde aus dem „Kunsthaus“ aufnahm. Dass der Landgraf sich auf Gemälde
spezialisierte und den überkommenen Kasseler Sammlungen einen neuen
Glanzpunkt hinzufügen wollte, ist aus der Zeit heraus verständlich. In der
Epoche um 1700 wurden in ganz Europa die Gemälde aus den Kunstkammern
herausgenommen und dafür eigene Galerien gegründet, so in Stuttgart 1670, in
Wien bereits 1659. In der um 1710 aufgebauten Salzdahlumer Kunstkammer
hingen die Gemälde von Anfang an in einer gesonderten Galerie. Die Anlage
von Gemäldegalerien ist einerseits ein typisches Phänomen des einsetzenden
Absolutismus und seinem Repräsentationsbedürfnis. Andererseits verweist die
Ausgliederung von Sammlungskategorien auf das neue Ordnungsbestreben
und die Systematisierung seit 1670, die das universalistische Prinzip der Kunstund Wunderkammern ablösten.406
Das „Tierstück“ ist damals nicht aus dem Kunsthaus in die neue
Gemäldegalerie überführt worden. Es verblieb an seinem Platz im Kunsthaus.
Dort lässt sich in der Anordnung der Sammlungsbestände keine grundlegende
Veränderung feststellen. Das „Tierstück“ zählte weiterhin zu den besonderen
Curiositäten, wie uns der schottische Reisende James Boswell am 26. Oktober
1764 berichtet:
„Um acht besuchte ich das ‚Kunsthaus’, in welchem in etlichen Räumen
Sehenswürdigkeiten gezeigt werden; [...] Ferner gibt es ein ausgezeichnetes
407
Gemälde der Menagerie des großen Landgrafen von Rosa . Es ist sehr groß und
ungeheuer voll, ohne den Eindruck irgendeiner Unordnung zu erzeugen. Rosa
lebte drei Jahre hier, um dieses Bild zu malen, für das er 1300 Dukaten bekommen
408
haben soll.“
Das „Tierstück“ unter Friedrich II. im Museum Fridericianum
Landgraf Friedrich II. griff die naturwissenschaftlichen und antiquarischen
Interessen seines Großvaters auf und ließ seit 1768 durch Simon Louis du Ry
ein neues Gebäude für die fürstlichen Sammlungen errichten und dem
allgemeinen Publikum öffnen: das 1779 bezugsfertige Museum Fridericianum.
Das Gebäude war für die Aufnahme der Kabinette für Naturgeschichte,
Mathematik, Physik, Altertümer, Mechanik und Medaillen sowie der öffentlichen
Bibliothek409
bestimmt.
Neben
den
Räumlichkeiten
für
diese
Sammlungsbestände verfügte es über ein theatrum anatomicum und nicht
zuletzt über eine Sternwarte. Das Museum Fridericianum war das erste
öffentliche Museum auf dem Kontinent.
405
Gemeint ist das Gebäude neben dem Palais Bellevue an der Fünffensterstraße, das 1943
zerstört wurde.
406
Vgl. Schnackenburg 2000, S. 71ff.
407
Roos wurde auch Rose genannt, vgl. Schmincke 1767, S.187.
408
Zitiert aus Danziger/Reuter 1999, S.29.
409
Die Bibliothek im 1. Obergeschoss, die vorher im Marstall untergebracht gewesen war, war
das Rückgrat der gesamten Anlage und bildete auch die Grundlage für die Arbeit des Collegium
Carolinum. Der große Saal mit einer Galerie bot Platz für 100.000 Bände. Als die Bibliothek den
Neubau 1779 bezog, umfasste sie rund 30.000 Bände und 600 Handschriften. Der Landgraf
selbst gehörte zu den regelmäßigen Bibliotheksbenutzern.Vgl. dazu Becker 1996, S. 155f,
sowie Both/Vogel 1973, S.82 f.
71
Spätestens ab 1781 wurde dort das „Tierstück“ präsentiert.410 Über die
Unterbringung innerhalb der Sammlung unterrichtet uns der badische
Kammerherr und Schriftsteller Friedrich Justinian von Guenderode. Er
beschreibt das Gemälde im Erdgeschoss des Nordwestflügels (Säulensaal „Q“,
Abb.32)411:
„Aus diesem kommt man in ein anderes Zimmer, welches mit Seltenheiten aus
dem Thierreich angefüllt ist; und da ist alles unter Glas; welches denn zur langen
Erhaltung derjenigen Sachen [...] dennoch ohnumgänglich nöthig ist. [...]
Merkwürdig ist ein sehr grosses und schönes Gemälde, welches beynahe eine
ganze Wand einnimmt, von Rose, worauf alle Thiere, so bey Absterben des
Landgrafen Carl in dem Thiergarten befindlich gewesen, abgebildet zu sehen
412
sind.“
Zu den Naturalien, die oben als „Seltenheiten aus dem Thierreich“ bezeichnet
werden, gibt uns ein Bericht des Kasseler Ober-Kammerrats David August von
Apell Aufschluss:
„[...] enthält eine schöne Sammlung von ausgestopften, getrockneten und in
Weingeist aufbewahrten Thieren, worunter manche Seltenheit vorkommt. Darunter
sind vorzüglich: Ein ausgestopfter Elephant, welcher von dem Jahre 1773 – 1780
in der Menagerie bey Cassel lebend unterhalten wurde [...]. Das Skelett ist
besonders aufgestellt. Ein junges Kameel, welches in der Menagerie bey Cassel
geworfen ist. Ein Löwe und eine Löwin, Zwey junge Leoparden, welche ebenfalls in
der gedachten Menagerie geworfen sind, aber nur wenige Wochen gelebt haben.
Ein paar große Paviane. Mehrere Affenarten. Ein Kasuar. Verschiedene
413
merkwürdige Mißgeburten von vierfüssigen Thieren. Eine Zibetkatze [...].“
Die größeren Tierpräparate waren wohl freistehend vor den Wänden aufgebaut.
Kleinere Präparate bewahrte man in Schränken auf, darunter „viele sehr schöne
und gut konservierte Paradiesvögel“414. Daneben war in der Mitte des Raumes
ein Ensemble aus „mit Glasplatten belegten und luftdicht abgeschlossenen
Kästen“415 untergebracht, in denen unter anderem „Vögel sowohl aus fernen
Ländern als auch aus Hessen“416 zu sehen waren. Oben an den Wänden des
Saals hingen Köpfe von Hirschen mit ihrem Geweih. Scheinbar war das
Tierstück nicht das einzige Gemälde innerhalb dieses Kabinetts. Du Ry erwähnt
weitere „Bilder seltener Tiere, sowohl Vier= als auch Zweifüßler.“417
Die meisten der hier genannten präparierten Tiere stammten aus der
Menagerie Friedrichs II. am Weinberg. In den Nebenzimmern des Säulensaals
folgten unter anderem eine Mineraliensammlung („P“), Seegewächse und
Muscheln („R“) und ein Kabinett mit einer Sammlung von Schmetterlingen und
Insekten („S“).
Das Tierstück behielt seine Funktion im direkten Kontext des
naturwissenschaftlichen Bereichs der fürstlichen Sammlung bei. Becker
bezeichnet die Präsentation insgesamt als „eine eigentümliche Mischung aus
410
Lehmann geht fälschlicherweise davon aus, dass sich das Tierstück 1781 noch im
Kunsthaus befand. Dem war nicht so. Vgl. Lehmann 2009, S.33.
411
So Holtmeyer 1923, S.551.
412
Guenderode 1781, S.111
413
Apell 1805, S.179 und 180.
414
Boehlke 1963, S.101.
415
Ebd., S.101.
416
Ebd., S.101.
417
Ebd., S.101.
72
einer wissenschaftlichen Lehrsammlung für die Zwecke des Carolinums und
den konservativen Präsentationsformen einer fürstlichen Raritätenkammer.“418
Eine neue Konzeption gegenüber dem älteren Kunsthaus lässt sich nicht
erkennen. Für eine Entkoppelung des Einzelstücks von den übergeordneten
thematischen Leitlinien des Sammelns gab es noch keine Anzeichen.
Die Unterbringung bis heute
Zu welchem Zeitpunkt das Tierstück aus dem Museum Fridericianum entfernt
wurde, lässt sich nicht mehr klären. Spätestens 1816 muss es sich im Depot
der Gemäldegalerie Wilhelms VIII. befunden haben: im „Inventarium der
Gemälde Gallerie zu Kassel“ wird es unter der Nummer 1762 aufgeführt:
„Melchior Roos. Ein Thierstück oder die Menagerie wie sie zu Landgraf Carl
Zeit hier bestanden“419. Als Verwahrungsort wird der Vorrat [Depot] angeführt.
1830 scheitert ein erster Restaurierungsversuch an den hohen Kosten. 1936
erfolgte eine Restaurierung durch Josef Leiß. Danach konnte das Tierstück drei
Jahre lang im Landgrafenmuseum gezeigt werden. Kurz vor dem 2. Weltkrieg,
1939, wurde es erneut auf einer Rolle im Depot des Hessischen
Landesmuseums eingelagert. 1975 erfolgte die Überführung in das neu
eingerichtete Gemäldedepot in Schloss Wilhelmshöhe. 1999/2000 fanden
Restaurierungsarbeiten statt, um das Gemälde wieder ‚ausstellungsfähig’ zu
machen.420 Im Anschluss daran wurde es in der Berliner Ausstellung „7 Hügel:
Bilder und Zeichen des 21. Jahrhunderts“421 präsentiert. Unter der „Sektion II,
Dschungel. Sammeln, Ordnen, Bewahren: Von der Vielfalt des Lebens zur
Kultur der Natur“ stand es dort unter dem kulturellen Aspekt „Mensch-Tier“.
Seit 2001 ist das „Tierstück“ wieder in der Gemäldegalerie Alte Meister Kassel
(Schloss Wilhelmshöhe) ausgestellt.
3.4 Die Braunschweiger Fassung
Eine zweite Fassung oder Version aus der Hand von Johann Melchior Roos im
kleineren Format befindet sich im Braunschweiger Herzog Anton UlrichMuseum (Abb.33).422 Es lässt sich nicht mehr feststellen, zu welchem Zeitpunkt
Roos mit dem Malen des Bildes begonnen hat. Die Datierung führt das Jahr
1728 auf.423 Es scheint also ein Jahr früher vollendet worden zu sein als das
großformatige Kasseler „Tierstück“, zu dem es teilweise parallel entstanden
sein muss.
1776 wird das Gemälde im „Verzeichnis der herzoglichen Bilder-Gallerie zu
Salzthalen“ aufgeführt.424 Gemeint ist das Schloss Salzdahlum, die seit 1688
errichtete Residenz Anton Ulrichs (1633-1714, Regentschaft ab 1685,
Alleinherrschaft ab 1704). Dorthin gelangt sein könnte das Gemälde direkt nach
418
Becker 1996, S.159.
Inventar 1816: Inventarium der Gemälde-Gallerie zu Cassel mit Supplements I-VI. 1816ff.
Nr. 1-2178. Manuskript mhk.
420
Eine endgültige Restaurierung steht jedoch noch aus.
421
Ausstellung vom 14. Mai bis 29. Oktober 2000 im Martin-Gropius Bau, Berlin.
422
Johann Melchior Roos, Das Reich der Tiere, Lwd., 104 x 168 cm, 1728, Herzog Anton
Ulrich-Museum Braunschweig, Inv.Nr. 1064.
423
Bezeichnet in rot unten in der Mitte: Roos fecit 1728. Diese Signatur wurde erst 1976
freigelegt.
424
Jacoby 1989, S.200.
419
73
seiner Fertigstellung, da es im Kasseler Kunsthaus nicht erwähnt wird. Denkbar
ist auch, dass es erst nach 1735 unter der Regentschaft von Herzog Carl I.
(1713-1780) nach Braunschweig gelangte, der ein großer Kunstförderer war
und als Gründer des Braunschweiger Museums gilt. Von ihm ist überliefert,
dass er seine Gemäldesammlung um die Bildgattungen Landschaft, Stillleben
und Tierbild wesentlich erweiterte. Darüber hinaus geht aus seinen Ankäufen
hervor, dass er besonderen Wert auf den Ausbau der Naturaliensammlung
legte.425
Zur Zeit der französischen Besetzung (1806 bis 1815) ist das Braunschweiger
Gemälde nach Kassel überführt worden, um es vor dem Zugriff der Franzosen
zu schützen. Das genaue Datum der Überführung ist leider nicht bekannt.
Spätestens 1814, nach dem Ende des „Königreichs Westphalen“, gelangte es
zurück in die Braunschweiger Gemäldesammlung.
Aufgrund des kleinen Formats wurde das Braunschweiger Gemälde in der
Forschungsliteratur häufig als „modello“426 für das Kasseler „Tierstück“
bezeichnet.427 In dieser Funktion könnte es - so die Vermutungen - dem
Auftraggeber in einem ersten künstlerischen Entwurf zur Abnahme vorgeführt
worden sein.
Andere Autoren bezeichnen das Braunschweiger Stück wiederum als
„verkleinerte Replik“428, worunter eine authentische Wiederholung der
Erstfassung durch den Hersteller zu verstehen ist.
Feststellbar ist, dass sich beide Gemälde nicht nur im Format unterscheiden,
sondern auch in Ausführungsgrad, der Anordnung der Motive und der
Farbigkeit429. Insgesamt weist das Braunschweiger Gemälde einen besseren
Erhaltungszustand auf.430
Im direkten Vergleich mit dem Kasseler „Tierstück“ zeigen sich in der
Anordnung der Motive im Bildraum einige Abweichungen. In erheblicher Weise
fallen Unterscheide am unteren Bildrand ins Auge: Die Darstellung der Flora ist
gänzlich unterschiedlich, zeigt sich doch auf der linken Seite ein kleiner Tümpel
mit einigen Wasserpflanzen. Ein Saum von grünen Pflanzen zieht sich am
gesamten unteren Bildrand von links nach rechts hinüber, der auf dem Kasseler
Stück nicht so artenreich und detailliert dargestellt ist. Auf der linken Seite
erscheint ein Vogel zwischen den beiden Enten, der auf dem Kasseler Tierstück
ganz fehlt.
Der Steinbrocken mit dem Streifenhörnchen am unteren Bildrand erscheint
weiter links im Bild, direkt unterhalb des Mopses. Im Kasseler „Tierstück“ ist er
weiter rechts dargestellt, in unmittelbarer Nähe zu den beiden
Stachelschweinen und der Gazelle.
425
Vgl. dazu Müsch 2004, S.61-69.
Nach Zedler versteht man unter einem „modello“ ein „Modell, Typus, Exemplar, ein Vorbild,
Form, Muster, Richtschnur oder Vorschrift, nach der man etwas machet [...].“ Vgl. Zedler 17321750.
427
Laut Jacoby 1989, S.200, ist das Braunschweiger Gemälde als „modello für dieses [das
Kasseler Gemälde] anzusehen“. Vgl. auch Jedding 1998, S.253.
428
„Eine verkleinerte Replik mit Datum 1728 befindet sich in Braunschweig, Herzog Anton
Ulrich-Museum.“ Zitiert aus: Schnackenburg 1996, S.255. In Danziger/Reuter 1999, S.33., wird
das Braunschweiger Gemälde ebenfalls als „verkleinerte Replik“ bezeichnet.
429
Im Braunschweiger Werk dominieren Blau-Grüntöne, im Kasseler Werk eher Brauntöne.
430
Das Kasseler Tierstück wurde lange im gerollten Zustand im Depot gelagert, was seinen
schlechten Zustand erklärt.
426
74
Einige Tiere erscheinen körperlich weiter voneinander abgerückt:
Beispielsweise die Stachelschweine im Vordergrund, die beiden Kraniche
rechts an der Palme und die Taube auf dem Zweig unterhalb des liegenden
Leoparden.
Das Vierhornschaf neben dem Stein mit den Weißbüschelaffen erscheint weiter
nach oben versetzt, so dass sein Körper nicht mehr direkt den Strauß davor
berührt. Hinter dem stehenden Strauß verläuft der kahle Zweig des Baumes in
etwas anderer Richtung und streckt sich mehr nach oben.
Um das Verhältnis der beiden Stücke zueinander zu benennen, erscheinen mir
die Bezeichnungen Fassungen oder Varianten geeignet.431 Es ist zu vermuten,
dass die Braunschweiger Fassung ähnlich der Kasseler Fassung ebenfalls im
höfischen Bereich als enzyklopädisch gedachte Naturaliensammlung exotischer
Tiere Verwendung gefunden hat.
3.5 Das Sammelbild als frühneuzeitlicher Bildtyp
Das Sammelbild ist eine um 1600 entstandene Bildform, die speziell für
begehbare Sammlungen gemalt ist und auf damals neuartige Weise seinen
Kontext mit seinen Betrachtern reflektiert.432 Es handelt sich um komprimierte
gemalte Sammlungen, dessen Merkmal die komponierte Gesamtschau ist. In
Struktur und Funktion unterscheidet sich das Sammelbild grundlegend vom
mittelalterlichen Gemälde.
Die Entstehung des Sammelbildes ist verbunden mit der Neugierde als
Wahrnehmungs- und Erkenntnisform sowie mit dem Aufkommen der
internationalen Sammelbewegung. Die Blütezeit der Sammelbilder liegt
zwischen 1550 und 1650 und fällt damit entsprechend mit dem
vorherrschenden Sammlungstyp der Kunst- und Wunderkammern zusammen.
Gemalte (Naturalien-)Sammlungen lassen sich definieren als Gruppenporträts
von Gegenständen, Tieren, Pflanzen etc.433 und zeigen solche bildwürdigen
Sammlungsobjekte, die der Ästhetik der Neugierde entsprachen. Als
Luxusobjekte erfreuten sie sich besonderer Wertschätzung, so dass sie als
reales Sammelgut unverzichtbar waren. Das Aufkommen dieser Dinge im
Sammlungsbild hängt also eng mit der Sammelleidenschaft der Zeit zusammen.
Als Entstehungsursache des Sammelbildes nennt Ulrike Dorothea Ganz das
„neugierige Auge“434 bzw. die frühneuzeitliche Neugierde. Diese manifestiere
sich „im Entstehen zahlreicher enzyklopädischer Sammlungen als den
materialisierten Zeugnissen einer nunmehr aus kirchlicher Restriktion befreiten
Wissbegierde, welche sich ungehindert auf den Gesamtbestand der Schöpfung
richten konnte“435. Neugier und Sammlung standen in engem Verhältnis. Die
frühneuzeitliche Neugierde vertrat einen Anspruch auf Universalität, richtete
sich aber nur auf Gegenstände, welche die Bezeichnung „curieux“ vertraten,
also der Vorliebe nach dem Seltenen, Absonderlichen, Winzigen, Kleinteiligen,
431
Lehmann 2009, S.52, spricht von „zwei Fassungen“.
Dadurch unterscheidet sich das frühneuzeitliche Sammelbild von mittelalterlichen
Erzählformen.
433
Ganz 2006, S.14. Sie weist auch darauf hin, dass im Holländischen sprachlich nicht
unterschieden wird zwischen den Begriffen „sammeln“ und „versammeln“: „Verzamelen“ steht
für beide Tätigkeiten.
434
Ebd. S.11.
435
Ebd. S.12.
432
75
Verborgenen, Künstlichen, Komplizierten, der Fülle und Verschiedenheit
entgegenkamen. Dinge mit dieser Ästhetik trug man in der Kunstkammer
zusammen. Die curiositas war also das tragende Wissenschaftsprinzip.
Dieselben Strukturmerkmale kommen auch in den Sammlungsbildern vor.
Sammelbilder sind also im kulturellen Zusammenhang mit den Sammlungen
der Kunst- und Wunderkammern zu verorten. Hans Holländer bezeichnet diese
Bildgattung als „gedachte Inventare dessen, was die ganze Sammlung zu
repräsentieren beanspruchte.“436
An der Wende zum 17. Jahrhundert entstanden in den nördlichen und südlichen
Niederlanden viele neue Bildgattungen, die man als gemalte Sammlungen
bezeichnen kann. Zunächst soll die Gruppe der Paradiesbilder mit ihrer
wimmelbildhaften Repräsentation des Tierreichs vorgestellt werden. Die
Darstellung solcher „Sammlungen“ ist in der Regel über den Kontext einer
Erzählung motiviert.
Dem folgen die naturhistorisch-enzyklopädischen Stillleben als Sammelbilder
solcher Naturdinge, die in den Augen der Zeitgenossen als Kuriositäten bzw.
als typische Objekte der Neugierde angesehen wurden.
Beide Sammelbildgattungen listen bestimmungstafelartig möglichst viele
Aspekte dessen auf, was zum entsprechenden Themenkreis gehört, wodurch
sie den neugierigen Blick anziehen und führen.437 Sammelbilder hingen in
begehbaren Sammlungen. Für all die gemalten Sammlungen ist die
Kunstkammer der gemeinsame Ort, wo eine Verbindung zwischen ihnen
geschaffen wird.
3.5.1 Die Bildtradition der Paradieslandschaft
Hinsichtlich seines Kompositionsmodells bedient sich der Maler Roos des
Bildtypus der Paradieslandschaft. Auf diesen Zusammenhang verweist zum
erstmalig Kramm 1936: „Dies Tierreich ist ganz bestimmt vom Paradiesgarten,
der zeigt, wie viele Tiere es gibt, welche Fülle der einzelnen Arten die Erde zu
fassen weiß.“438
Traditionell sind Paradieslandschaften jedoch mit erzählerischem Kontext aus
Bibel oder antiker Mythologie ausgestattet, der hier bei Roos fehlt.439 Vor allem
für die flämischen und holländischen Maler des 17. Jahrhunderts spielt das
klassische Paradiesthema eine zentrale Rolle. Motivisch bevorzugt wurden
„Das Paradies vor dem Sündenfall“, der „Einzug der Tiere in die Arche Noah“
und mythologische Themen wie das „goldene Zeitalter“ und „Orpheus bezähmt
wilde Tiere durch seinen Gesang“. Die Einsiedlerlandschaften mit Tierattributen
- Elias, Hieronymus, auch Franziskus in einem minderen Umfange - ergänzten
dies.440 Diese literarischen Themen der „Paradieslandschaft“ lieferten die
Begründung, eine möglichst große Vielzahl von Tieren aller Gattungen in
charakteristischen Ansichten und Haltungen vor einem Landschaftshintergrund
zu versammeln. Kompositorisch zeigen die meisten Bildthemen eine enge
436
Holländer 1994a, S.39.
Dazu gehören auch Gemälde wie das Sprichwörterbild Pieter Brueghels d. Ä. mit seinen
rund hundert sprachlichen Volksweisheiten, wie auch Marktbilder.
438
Kramm 1936.
439
Das erste Viertel des 17. Jahrhunderts gilt als Blütezeit der Paradieslandschaften in der
Malerei.
440
Vgl. dazu Müllenmeister 1988, S.151f.
437
76
Verwandtschaft, gehen ineinander über und sind nur schwer voneinander
abzugrenzen. In einer bemerkenswerten Variationsbreite tauchen im 17.
Jahrhundert immer neue Abwandlungen des altvertrauten Themas auf.
Die biblische Paradieslandschaft
Mittelalterliche Bildformen als Vorstufe der Sammelbilder
In den Darstellungen der frühchristlichen Zeit bis ins 16. Jahrhundert hinein
fungierte das Tier als Motiv zunächst hauptsächlich als Staffage oder Beiwerk
einer biblischen Erzählung, der stets das Hauptinteresse galt. Das friedliche
Miteinander von Mensch und Tier in bukolischer Idylle vor dem Sündenfall ist
Thema mittelalterlicher enzyklopädischer Bildformen, die dem Sammelbild
vorausgehen.
Zu den bevorzugten ikonographischen Bildtypen zählt die „Benennung der
Tiere“ durch Adam („vocatio animalium“), welche die Unterbringung einer Fülle
von Tierarten in einem einzigen Bild ermöglicht: Nachdem Gott das Paradies
geschaffen und Adam hineingesetzt hat, bringt er die Tiere zu ihm, „[...] dass er
sähe, wie er sie nennte; denn wie der Mensch allerlei lebendige Tiere nennen
würde, so sollten sie heissen. So sagte der Mensch die Namen allem Vieh und
den Vögeln des Himmels und allem Getiere des Feldes [...]“441. Der Schöpfer
ruft alle Tiere herbei und übergibt Adam damit die Herrschaft über sie. Mit der
Benennung soll Adam auch das Wesen der einzelnen Kreatur bestimmen.
Bildliche Darstellungen der Benennungsszene tauchen vermehrt im 12. und 13.
Jahrhundert auf. Eine besondere Rolle fällt der Thematik in den
abendländischen
Bestiarien
zu.442
Als
Illustration
zum
zweiten
Schöpfungsbericht (Genesis 2, 19-20) entstanden gedrängte Bildkomplexe von
nahezu enzyklopädischem Charakter. Den üblichen ikonographischen Typ
vertritt das Titelblatt eines englischen Bestiariums in St. Petersburg (Abb.34).
Dabei wird Adam bekleidet443 wiedergegeben, mit einer leeren Schriftrolle in der
Hand, die auf den Auftrag Gottes an den Menschen, die Tierwelt zu
beherrschen, zu ordnen und zu erforschen, hinweist. Die unterschiedlichsten
Tiere sind rechts vom sitzenden Adam in fünf horizontalen Ebenen
übereinander angeordnet444: die erste Gruppe (oben) zeigt mehrere Vogelarten,
in der Gruppe darunter erscheinen Esel, Hirsch, Raubkatze, Bär und Affe, dicht
gefolgt von wilden, exotischen Tieren wie Kamel und Elefant. In den unteren
beiden Ebenen sind die domestizierten Tiere untergebracht, darunter Bulle,
Pferd, Ziege, Schaf und Schwein. Sie alle sind Adam zugewandt, um durch
seine Benennung einen Platz im Universum und eine Aufgabe zugeordnet zu
bekommen. Der direkt vor Adam sitzende Affe, einen Apfel haltend, verweist
auf den bevorstehenden Sündenfall.445
441
Genesis 2, 19-20.
Deren Entstehung ist im anglo-normannischen Bereich in der zweiten Hälfte des 12.
Jahrhunderts zu suchen. Aus dieser Zeit und aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts sind
einige Dutzend Handschriften aus England, Frankreich und Deutschland bekannt. Vgl. dazu
Erffa 1989, S.142.
443
Durch die Darstellung des bekleideten Adam soll seine Sonderstellung in der Schöpfung
betont werden. Vgl. ebd. S.142.
444
Die Staffelung der Tierarten auf einzelnen Ebenen verweist auf die mittelalterliche
Ordnungsform des Rasters, von der nach Werner Hofmann eine Linie unmittelbar zu den
Sammelbildern führt. Vgl. Hofmann 1998, S.49.
445
Vgl. Erffa 1989, S.142.
442
77
Eine stilistisch verwandte Bildform mit einem noch größerem Kompendium an
Tierarten zeigt das Bestiarium aus Alnwick (Abb.35). Es ist als typisch
mittelalterliches Mehrfeldbild angeordnet: Im oberen Bildfeld erscheint Adam
zwischen zwei bekrönten weiblichen Figuren, die als Personifikationen der
Vernunft und der Natur identifiziert wurden.446 Alle drei Figuren halten ebenfalls
leere Schriftrollen in den Händen. Durch eine Binnenrahmung entsteht ein
äußeres, autonomes Bildfeld, in dem über die Fläche verteilt eine Vielzahl von
Tieren vor neutralem Grund gruppiert sind, als lägen sie auf der Bildoberfläche.
Es handelt sich um 14 Arten Säugetiere, mindestens 11 Arten von Vögeln, drei
Reptilien und einen Greif. Da der Bibeltext keine Tiergattungen benennt, schien
die Wahl der darzustellenden Tierarten dem Künstler freizustehen.
Üblicherweise sind dabei Fabeltiere wie Einhorn und Greif den zoologischen
Tieren gleichgestellt, die nur zum Teil aus eigener Anschauung bekannt
waren.447
Seit dem 14. Jahrhundert verliert sich das Interesse an dem Motiv der „vocatio
animalium“, das dann im wesentlichen nur noch in der Bibel- und
Psalterillustration fortlebt.
Auch bei den im 16. Jahrhundert entstandenen Paradieslandschaften ist die
Darstellung der „Tiersammlung“ noch ausschließlich über den Kontext einer
Erzählung motiviert. So liegt auch bei dem 1530 entstandenen „Paradies“ von
Lucas Cranach (Abb.36) der motivische Schwerpunkt noch ganz im biblischen
Geschehen. Das Gemälde versammelt in frühmittelalterlicher Manier und in
bewusstem Rückgriff auf ältere Traditionen temporär getrennte Ereignisse, die
sich aber zu einer zeitlichen Abfolge zusammenfügen lassen, auf einem Bild: 1)
Erschaffung Adams 2) Erschaffung der Eva 3) Ermahnung durch Gottvater 4)
Sündenfall 5) Entdeckung 6) Austreibung durch den Engel. Die zeitlich
aufeinanderfolgenden Episoden des biblischen Geschehens erscheinen
nebeneinander, ohne erkennbares Ordnungsprinzip. Die Bestandteile des
mittelalterliches Rasters haben sich verselbständigt, die Binnenrahmungen sind
entfallen.
Für den Vordergrund wählte Cranach die Kompositionsform additiv einander
zugesellter Tiere im harmonischen Miteinander: Wie Fuchs, Hase, Pferde,
Rehe, Hirsche, Fasanen, Rebhühner, Störche, Pfauen, Reiher und Schwäne
gehören auch wilde Raubtiere wie Löwen und zwei kämpfende Bären zur
Artenvielfalt der Paradiesfauna.
Der Typus des „reinen Paradiesbildes“ im 17. Jahrhundert
Erst in den Paradiesdarstellungen des 17. Jahrhunderts ist das künstlerische
Interesse primär auf die Schilderung der artenreichen Tierwelt gerichtet. Zum
größten Teil ist nur wenig erzählerischer Kontext zugelassen, die biblische
thematische Begründung wird in den Hintergrund verdrängt und ist kaum mehr
auszumachen. Die Landschaft verschwindet jetzt fast unter der Fülle von
exotischen Tieren.
446
So gedeutet von Hassig 1995, S.15.
Zu den Quellen, aus denen die Künstler schöpften, zählten die naturkundlichen und
enzyklopädischen Werke wie die Naturgeschichte des Plinius d.Ä., der „Physiologus“ oder die
„Etymologiae“ des Isidor von Sevilla.
447
78
Der Bildtypus des „reinen“ Paradiesbildes448 wird ikonographisch vor allem über
Jan Brueghel d. Ä. (1568-1625) neu in der Landschaftsmalerei auf den Weg
gebracht.449
In der „Paradieslandschaft mit Arche Noah“450 (um 1613-15, Budapest451,
Abb.37) stellt Jan Breughel d.Ä.452 den Einzug der Tiere in die Arche Noah
(Gen. 6,5–9,17)453 dar, um sie vor der Sintflut zu retten. Die Arche selbst ist weit
in den Hintergrund gerückt und bedarf des genaueren Hinblickens, um sie
überhaupt zu entdecken. Einen genrehaften Zug bringt die figürliche Staffage
Noahs mit zweien seiner Töchter, die sich mit Packesel und Hündchen
anschicken, auf dem Weg zur Arche Rast zu machen.
Ein typisches Gestaltungsprinzip Jan Breughels ist das Motiv des kahlen
Vogelbaumes im Vordergrund. Er ist ein häufig nachgeahmtes Versatzstück454
und für diese Gruppe von Gemälden charakteristisch. Er dient verschiedenen
Tieren, insbesondere den Vögeln, als Aufenthaltsort und prägt formal die
gesamte Komposition. Im Bild kommt ihm eine zweifache Funktion zu:
Einerseits betont er in seiner durchlaufenden Schräglage den Vordergrund und
verspannt gleichzeitig die zweidimensionale Bildfläche. Zugleich wirkt er als
Repoussoirmotiv, das die Tiefe des Bildraumes formelartig verdeutlicht.
Der Vordergrund der Komposition bildet die Bühne, die zum Posieren für Tiere
aller Arten einlädt: Pferd, Löwenpaar455, Tigerpaar usw. Gemäß der biblischen
Geschichte sind einige Tiere vertreten durch ein Männchen und ein Weibchen,
wie z.B. die Stachelschweine und das Schildkrötenpaar im Vordergrund.
Zu den wichtigsten Vertretern des Paradies-Genres gehören die Brüder Jacob
und Roelant Savery, bei denen die Paradieslandschaft eine eigenständige
Ausprägung erfährt. In ihren Werken bestimmen die Tiere den Inhalt der
Darstellung und treten als tragendes Motiv in den Vordergrund. Das eigentliche
Ziel der Darstellung ist das Vorzeigen vielfältiger zoologischer
Erscheinungsformen, die Präsentation sorgfältig gemalter einheimischer und
fremdländischer Tiere.
448
Nicht zu klären ist heute, ob sich die Idee der Paradieslandschaftsdarstellung aus dem
biblischen Thema ergab, oder ob zuerst der Wunsch vorhanden war, eine Landschaft mit vielen
Tieren zu malen und für diese dann eine thematisch sinnvolle Begründung zu finden. Vgl. dazu
Ausst.-Kat. Essen 1997, S.163.
449
Ausst.-Kat. Köln 1985, S.20.
450
Das Gemälde ist eine eigenhändige Replik nach einem Urgemälde von 1613, Privatbesitz.
Eine weitere, freie Variante befindet sich in London (1615), Wellington Museum, allerdings um
etwa die Hälfte verkleinert. Vgl. dazu Ertz 1979, S. 236ff.
451
Zwei ähnliche Paradieslandschaften, ähnliche Ausführung: Malibu, Paul Getty Museum;
London, Wellington Museum, Apsley House, 1615.
452
Jan Brueghel d. Ä. schuf ab 1613 über 100 Paradieslandschaften. Diesen Bildern verdankt
er den Beinamen „Paradiesbrueghel“. Da er die Gemälde wegen der großen Nachfrage „im
Fließbandverfahren“ anfertigte, zeigen sie sehr ähnliche Motive mit geringer Variationsbreite.
Jan Brueghel I war primär für den Brüsseler Erzherzog tätig. Vgl. dazu Ertz 1979.
453
Der Einzug in die Arche vollzieht sich in Erfüllung von Gottes Gebot. Die Genesis nennt
viermal die Rettung der Tiere, in den zwei Fassungen des Befehls (Gn 6,19–20; Gn 7, 2-3) und
in den zwei Fassungen von dessen Ausführung (Gn 7, 8-9; 14-16).
454
Vgl. Jan van Kessel, Das Vogelkonzert, Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig / Frans
Snyders, Vogelkonzert, Staatliche Eremitage, St. Petersburg.
455
Das Löwen- und Tigerpaar geht auf den engen Kontakt mit Rubens zurück. Vgl. dazu
ausführlich Ertz 1979, S.240.
79
In Jacob Saverys456 “Paradies”457 (Abb.38) wird eine Waldlichtung im Vorderund Mittelgrund des Bildes von einer großen Zahl verschiedener Tiere belebt,
die auch entlang eines Gewässers, das in einem weiten Bogen die Landschaft
durchzieht, verteilt sind. Allein der Titel verleitet den Betrachter, nach der
biblischen Szene zu suchen, die er dann nach einiger Zeit ziemlich weit hinten
findet: Auf dem Wiesenstück in der Nähe der beiden Eichen in der Mitte stehen
Adam und Eva beim Sündenfall unter dem Baum der Erkenntnis (Genesis 2,
16f.). Die über die ganze Bildfläche verteilten Tiere lassen sich wie folgt
bezeichnen: Hahn, Dromedar, Papagei, Wachteln, Elstern, Spechte, Wölfe,
Hunde, Strauß, Reiher, Truthahn, weiterhin Enten und Gänse, Frösche, Fuchs
und Murmeltier, Ameisenbär und Ziegen, ein Windspiel, Kühe, Pferde, ein Igel,
Marabu, Affe, Schafe, Kamel und ein Bär. Im Mittelgrund halten sich die
exotischen Tiere auf, wie Löwen, indische Elefanten458, Nashorn, Gürteltier,
Leopard, Wildschwein und Pfau.
Es ist ein „wahrhaft babylonisches Aufgebot an Tierarten“459, das der
paradiesischen Stimmung entspricht. Die Anordnungen der Tiere sind dicht,
wobei jedoch jedes Detail seinen Platz hat und kein Eindruck von Gedränge
entsteht.
In Werken des Bruders Roelant Savery460 (1576–1639) werden exotische
Raritäten immer wieder neu mit einheimischen Tieren kombiniert, so dass sich
phantastisch-poetische Zustände ergeben. In manchen Waldlandschaften stellt
R. Savery nicht weniger als sechzig verschiedene Tierarten dar. Von der Zahl
her haben Löwen und Hirsche absoluten Vorrang, es folgen Leoparden und
Reiher. Die dritte Gruppe bilden Pferde, Ziegen, Gänse, Rinder und Papageien,
eine weitere Gruppe Adler, Bären, Pelikane, Dromedare, Strauße und
Salamander.
Daneben findet sich eine Anzahl ausgefallener Neuheiten, welche als Folge der
Entdeckungen aus Übersee nach Europa gebracht wurden. Gelegentlich
tauchen auf den Gemälden Saverys Seltenheiten auf, wie die in Indien
beheimateten Saruskraniche, wilde Truthähne, Kasuare461, die wilden
Bezoarziegen oder die Dodos462 von Mauritius und Reunion.463 Viele dieser
456
Ehemals als Roelant Savery geführt, wird das Bild jetzt seinem älteren Bruder Jacob
zugeschrieben. Vgl. Müllenmeister 1988.
457
Öl auf Kupfer, 47 x 72,5 cm, 1601, Kettwig, Sammlung Girardet.
458
Auf allen Bildern Saverys erscheint fast ausschließlich der indische Elefant, der in Burma,
Siam, Sumatra und Ceylon vorkommt und zur Art des „Elephas maximus“ gehört.
459
Zitiert aus Ausst.-Kat. Köln 1985, S.183.
460
Er war ab 1619 in den nördlichen Niederlanden tätig und gründete eine eigene Schule
(Utrecht). Ihn setzt man an den Beginn des holländischen Tierstücks, das sich danach glanzvoll
entfalten sollte. Vgl.ebd., S.27.
461
Den ersten Kasuar in Europa hat Rudolf 1601 geschenkt bekommen.
462
Der flugunfähige Vogel Dodo, auch Dronte genannt, wurde 1598 auf der Insel Mauritius
entdeckt und von holländischen Seefahrern nach Europa importiert. Als Kuriosum der
Vorgeschichte erregte er zoologisches und ornithologisches Aufsehen, war aber bereits 1681
endgültig ausgestorben. Der Vogel kommt mehrfach auf Bildern Saverys, vor allem zwischen
1626 und 1628, vor. Das Britische Museum besitzt ein Tafelbild Saverys, das den Vogel
einzelfigurig in ganzer Größe zeigt (Maße 80 x 105 cm). Gemälde und Zeichnungen wie zum
Beispiel jene in der Crocker Art Gallery in Sacramento belegen, dass Savery seine Studien
nach einem lebenden oder toten Exemplar angefertigt haben dürfte, wiewohl der Dodo sehr
unterschiedlich überliefert ist, durchaus auch karikiert.
463
Vgl. R. Savery, Landschaft mit Vögeln, 1622, Prag, Nationalgalerie, 54 x 108 cm.
Gegenstück zum Prager Paradies. Hier tauchen eine Fülle von Land- und Wasservögeln auf,
darunter auch auffällige exotische Raritäten wie Kasuare, Dodos, Strauße und Kronenkraniche.
80
exotischen Tiere waren bis dahin völlig unbekannt. Diese fremdländischen,
nicht in Europa beheimateten Lebewesen, waren sowohl für die Künstler als
auch für die Auftraggeber wegen ihres seltenen Vorkommens von besonderem
Reiz.
Bei freier Phantasie in der Kombinatorik der vielfältigsten Tiergattungen zeigen
seine Gemälde eine naturwissenschaftliche Präzision in der Einzeldarstellung
der Tierfiguren. In seinem „Prager Paradies“464 von 1618 (Abb.39) erscheinen in
der Landschaft vereint Löwen (links), Hirsche, Kamel, Hunde, Fuchs und
Leoparden, Wildschwein, Pferd, Bär und Strauß neben einer liegenden Kuh,
einem Pelikan-Paar in der Mitte, einem Kronenkranich, Fasanen, Ochsen,
Kamel und Hühnern rechts. Paare von Hunden, Leoparden, Hirschen,
Wildschweinen und Löwen werden vorgeführt. Am oberen Rand des Hügels
steht ein Wisent. Rechts am Rand eines Eichenhaines steht ein Dromedar,
etwas tiefer ein Bergziegenpaar. In der Luft schweben allerhand verschiedene
Vögel, wie Kraniche, Adler, Papageien und Störche. Hinter der Senke bricht der
Mittelgrund hell auf - dort spielt sich auf der Lichtung die Staffageszene ab: Fast
miniaturmäßig gestaltet ist Adam zu erkennen, wie er den Tieren mit erhobener
Hand einen Namen zuteilt („vocatio animalium“, Genesis 2, 19-20).
Der Vordergrund ist durch eine Zahl sehr exakt wiedergegebenen Pflanzen und
Blumen abgesetzt: u.a. Wein-Rose, Weiße Rose, Schwertlilien, Tulpe, SommerKnotenblume, Rote Türkenbund-Lilie, Silberdisteln, Akelei, Stockrose,
Cyclamen, Weiße Narzisse und Nelke.
Mit der Konzentration auf die detaillierte, zoologisch und botanisch genaue
Darstellung einzelner Tierarten zählt dieses Werk zu den reichsten und
schönsten Paradieslandschaften überhaupt. Zum tierischen Repertoire R.
Saverys lässt sich feststellen, dass die gleichen Tier- und Vogeltypen vielfach
wiederkehren. Quelle künstlerischer Inspiration waren vermutlich die
Kaiserlichen Tiergärten Rudolf II. in Prag auf dem Hradschin, wo Savery
manche exotischen Tierarten studieren konnte.465 Weitere Kenntnisse der
Tierarten dürften durch Tapisserien, Stiche, Zeichnungen und Gemälde von
Zeitgenossen vermittelt worden sein. Auf welche Quellen seine gemalten Tiere
zurückgehen, muss offen bleiben. Eine Zuordnung ist nur bei wenigen Werken
möglich.466 Ohne Zweifel kann das wissenschaftliche Interesse, das sich in
seinen Gemälde widerspiegelt, mit dem enzyklopädischen Sammlergeist,
wissenschaftlichem Universalismus und Experimentierdrang am Prager Hof in
Verbindung gebracht werden. Dort war Savery im Dienste des kunstliebenden
Kaiser Rudolfs II. tätig.
Den Zusammenhang zwischen Saverys Bildern mit Sammelcharakter und den
begehbaren Sammlungen der Zeit stellt bereits Klaus Minges fest:
464
Vgl. Roelant Savery, Das Paradies, 1618, Prag, Nationalgalerie, Eichenholz, 35 x 107 cm.
Seinem Entstehungsdatum zufolge steht das „Prager Paradies“ am Anfang einer Reihe von
zahlreichen Arbeiten Saverys, deren Thema die Paradieslandschaft mit einer großen Zahl
mannigfacher Tiere ist.
465
Roelant Savery hielt sich von 1604 bis 1612 in Prag auf. Das konzentrierte Studium der
freien Natur oder in der Kaiserlichen Menagerie können zeichnerische Studien belegen: vgl.
Darstellung eines Elefanten im Kunsthistorischen Museum in Wien; eines Dromedars im
Museum Boyman van Beuningen; eines Kranichs in Kortrijk.
466
Ausst.-Kat. Köln 1985, S.119.
81
„Wie van Kessels Erdteilzyklus, sind die Tierbilder eines Roelant Savery (...) als
gemalte Sammlungen aufzufassen, auch wenn sie, ohne Sammlungsräume
abzubilden, die lebende Natur zum Gegenstand haben. In gesuchter Vielfalt und
Genauigkeit werden Pflanzen und Tiere des jeweiligen Elements gezeigt, wie dies
467
die Naturaliensammlungen ebenfalls zum Ziel hatten.“
Die mythologische Paradieslandschaft: Orpheus mit den Tieren
Kompositorisch zeigen biblische Paradiesbilder eine enge Verwandtschaft zum
mythologischen Bildthema Orpheus468, dem Sänger und Dichter, der durch sein
Spiel auf der Leier oder Harfe selbst Bäume, Felsen und wilde Tiere bezaubern
konnte (Ovid, Metamorphosen 10, 86-105). Das Thema war im byzantinischen
Kulturkreis des frühen und hohen Mittelalters beliebt und erfuhr im 17.
Jahrhundert eine auffallende Verbreitung in den Niederlanden, weil es der in
jener Zeit überaus beliebten Vorstellung vom „Goldenen Zeitalter“ entsprach.
Traditionsgemäß bildet die Tierwelt Leitmotiv und Blickpunkt der Werke,
während Orpheus selbst zur Bedeutungslosigkeit zurückgedrängt ist.
Der mythische Dichter Orpheus inspirierte vor allem Roelant Savery zu
zahlreichen Darstellungen des beliebten Themas. Die Fülle seiner mit
Dutzenden
zahmer
und
wilder
Tiere
und
Vögel
bevölkerten
Phantasielandschaften ist einmalig. Auf diesen Darstellungen wirkt Orpheus’
von der Lyra begleiteter Gesang so verzaubernd, dass sich die wilden und
zahmen Tiere um ihn in einem paradiesischen Friedenszustand versammeln.
Der mythologischen Sage nach änderten die Flüsse ihren Lauf und sogar die
Götter der Unterwelt lauschten Orpheus Spiel wie gebannt.469
Abb.40 zeigt eine von vielen Orpheus-Darstellungen aus der Hand Saverys.
Orpheus sitzt unter einem Baum und spielt auf einer Geige. Die Tiere sind
durch einen Teich und einen weiten Landschaftsgrund in der Tiefe auf zwei
Bildhälften voneinander getrennt. Unterschiedlichste Tiergruppen sind
dargestellt: Links erscheinen Eber, Ziege, Hirsch, Löwe, Leopard und Pferd
neben Fischreihern. Rechts hingegen Hunde, ein weißes Pferd, Bison, Strauß,
Kamel, Elefant, Papageien und sogar ein Einhorn.
Vögel in der Landschaft
Die Paradiesthemen mit reicher Tierstaffage stehen formal in Zusammenhang
mit Vogelbildern, die Land- und Wasservögel in Fülle zeigen.470 Im 17.
Jahrhundert ist als populärstes Motiv das Vogelkonzert mit der Eule als Dirigent
aufgekommen. Das Thema hat vermutlich in Fabeln und Volksmärchen seinen
467
Minges 1998, S. 99-100.
Orpheus ist der Sohn des Apollon und der Muse Kalliope, einer Tochter des Zeus und der
Mnemosyne. Wie sehr das Orpheusthema damals geschätzt worden ist, zeigen musikalische
Werke, wie z.B. die Oper Euridice von O. Rinucci und G. Peri (1600 aufgeführt) sowie der Orfeo
von Striggio und Monteverdi (1607). Eine inhaltliche Analogie zu biblischen David-Darstellungen
ist nachweisbar. Vgl. den Bericht des 1. Buches Samuel (16,14-23) über die Berufung Davids
an den Hof des Königs Saul, dessen „böser Geist“ durch das Harfenspiel des bethlehemitischen
Hirten besänftigt werden soll. Zur David-Orpheus-Ikonographie vgl. List 1993, S.78f.
469
Orpheus’ Spiel war so bezwingend, dass es ihm gelang, seine Gattin Eurydike aus dem
Hades zurückzuholen. Vgl. Ovid, Metamorphosen 10, 1ff. Zum Orpheus-Mythos in der Kunst
vgl. Semmelrath 1994.
470
Angeregt wurden solche Darstellungen von der persischen Buchmalerei des 15.
Jahrhunderts. Vgl. Müllenmeister 1988, S.132.
468
82
Ursprung.471 Auf diesen Bildern haben sich Vögel verschiedener Art zum
gemeinsamen Gesang versammelt, dirigiert von einer Eule oder einem Kauz
über einem aufgeschlagenen Lieder- oder Textbuch. Das Thema kann auf die
bis in die Antike zurückreichenden Tierparodien zurückgeführt werden, in denen
Tiere als Musikanten auftreten.472 Da auch hier die Tierwelt Leitmotiv und
Blickpunkt bildet, ist es nicht abzugrenzen von traditionellen Paradiesbildern.
Möglicherweise war der flämische Maler Frans Snyders der erste, der das
Vogelkonzert als selbständiges Thema in der Tafelmalerei behandelte.473 Auf
seinem Gemälde in der Eremitage St. Petersburg (Abb.41) haben sich auf zwei
Bäumen (Eichen?) mit nahezu abgestorbenen Ästen ein Pfauenpaar, ein Ara,
ein Reiher, ein Adler, ein Falke, ein Schwan, zwei Elstern, zwei Wiedehopfe,
zwei Kernbeißer, zwei Rohrdommeln, ein Tukan, ein Eichelhäher,
Rotbugamazonen, Tauben, Singvögel und andere zum gemeinsamen Gesang
versammelt. Auch eine Fledermaus hat sich eingefunden. An einem Ast ist ein
aufgeschlagenes Notenbuch aufgehängt, auf dem ein Käuzchen als Dirigent
sitzt. Weitere Vögel, darunter eine Bekassine und ein Pirol, fliegen herbei.
Manche Vögel zeigen eine intensive Körpersprache durch weit aufgerissene
Schnäbel. Jeder Vogel kommt in seiner Art zur Geltung, zeigt die typischen
Verhaltensweisen und ist artgerecht erfasst. Insgesamt zeichnet sich das
Gemälde durch die Vielfältigkeit der Vogelarten und die Genauigkeit der
Naturbeobachtung aus.
Das Gemälde wurde später von Jan van Kessel474 kopiert und durch eine weite
Buschlandschaft mit Herrenhaus, Pferd und Jäger erweitert (Abb.42).
Im 17. Jahrhundert beschäftigten sich noch weitere Künstler mit dem beliebten
Sujet der Vogelversammlungen, aus dem sich dann ein selbständiges Genre
entwickelte. Spezialisten für Tierstücke mit diesem Thema waren neben Frans
Snyders dessen Schwager Paul de Vos und Melchior de Hondecoeter (1636–
1695).
Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts konzentrierten sich die niederländischen
Maler verstärkt auf die Schwerpunkte, die für das niederländische Tierbild
charakteristisch geworden sind: das „Viehstück“475, das Nutztiere auf der Weide
zeigt, das „Jagdstück“476, das den Kampf von Hunden mit Beutetieren schildert,
und den „Geflügelhof“477.
471
In Äsops Fabel vom Statthalter der Vögel ist die Eule lange Zeit wegen ihrer Redlichkeit
Amtsinhaberin, bis die Vögel, ihrer überdrüssig, den Habicht wählten und zu spät seine
Grausamkeit und Habgier erkannten. Vgl. Esopus von Burchard Waldis, hrsg. von Julius
Tittmann, 1.-2. Teil, Leipzig 1882, Nr. 85 des 2. Buches, Bd. 1, S. 270f.
472
Robels 1989, S.114.
473
Ausst.-Kat. Köln 1992, S.476 sowie Robels 1989, S.114.
474
Hella Robels betrachtet die Zuschreibung an Jan van Kessel als unglaubwürdig. Vgl. Robels
1989, S. 465.
475
Der Sammelname „Viehstück“ ist eine Schöpfung des 19. Jahrhunderts. Im 17. Jahrhundert
werden die Bilder in der für „niedere“ Sujets und kleinere Formate gebräuchlichen Diminutivform
als „koeitje“, „Stukje met koeijen en schaapjes“ u.ä. bezeichnet. Arnold Houbraken erfand in
seinen Künstlerbiographien 1715-1721 die Bezeichnungen „zahmes Vieh“ und „Schlachttiere“
zur Unterscheidung von „wilde dieren“ und „Jachtdieren“. Vgl. Raupp 2004, S.31.
476
Bilder von Tierkämpfen, jagenden Raubtieren, vor allem aber Darstellungen von Hunden auf
der Jagd und beim Bewachen der Beute gehörten zu den erfolgreichen neuen Schöpfungen der
flämischen Maler um Peter Paul Rubens, Frans Snyders und Jan Fyt. Diese Bilder bedienen
zweifellos die Interessen der Sammler an den elitären Jagdprivilegien.
477
In die flämische Malerei wird das Thema des Hahnenkampfes 1615, das Thema des
Geflügelhofes um 1630 durch Frans Snyders eingeführt und hat sich seit der Mitte des 17.
Jahrhunderts auch in den nördlichen Niederlanden verbreitet. Der führende Spezialist auf
diesem Gebiet wurde Melchior de Hondecoeter, dem sogar der Ehrentitel „Raffael der Tiere“
83
Neben dem Paradiesthema wurde im Zeichen der „Vier Elemente“ die
Artenvielfalt der Fische und der Reptilien, der vierfüßigen Tiere und der Vögel
geschildert. Ein verwandtes Thema waren die „vier Erdteile“478, in dessen
Darstellung immer wieder seltene und exotische Tiere auftauchen.
3.5.2 Naturhistorisch-enzyklopädische Sammelbilder
Zu den Bildgattungen mit Sammlungscharakter zählen auch die im 17.
Jahrhundert entstandenen naturhistorisch-enzyklopädischen Stillleben. Sie
führen eine Fülle verschiedener botanischer oder zoologischer Arten vor und
laden den Betrachter zu einer genauen Bestimmungsarbeit ein. Jede
Kontextualisierung der dargestellten Sammlung fehlt. Erstmals lösen sie das
Thema aus anderen funktionalen Zusammenhängen und machen es zu einem
selbständigen Bildthema. Aus größeren Arrangements werden Teilbereiche
isoliert, um zu eigenen Stillleben zu kommen. Menschliches Personal wird
verdrängt und Teilbereiche der Kunstkammerstücke werden quasi
ausgeschnitten. Die Gemälde repräsentieren Sammlungen im Kleinen, die
selber wieder Sammlungsgegenstand werden können.
Der Bildmodus des streumusterartig angelegten Sammelbildes wurde um 1560
erstmals von Ludger tom Ring D.J. und Tobias Stimmer verwendet. In tom
Rings „Tierbild mit Ginsterkatze“479 (Abb.43) sind ohne erkennbaren
kontextuellen Zusammenhang und in der Art farbiger Studien einzelne, aus
verschiedenen Augpunkten gesehene Vögel oder seltene Tierkuriositäten in
bzw. vor monochromem Grund zusammengruppiert.480 Neben Igel, Hund,
Großem Kohlweißling, Haselmaus, Hauskaninchen, Tagpfauenauge, Maikäfer,
Heuschrecke, Libelle, Baumfrosch, Indischem Mungo, Fliege und Fledermaus
erscheinen auch die aus Nordafrika und Südwesteuropa stammende
Genettkatze und die sog. Pharaoratte (Herpestes ichneumon), das heilige Tier
der alten Ägypter.481 Streumusterartige Sammelbilder wie diese zeigen eine
neue lkonographie, die eindeutig der beschriebenen Sammlungspraxis ihrer
Zeit entstammt.
Gleiches gilt für die Sammlungsbilder Joris Hoefnagels, die ebenfalls konkrete
Wurzeln in der Sammlungspraxis haben, wie Thomas DaCosta Kaufmann
nachweisen konnte.482 Der Streumuster-Typus fand weite Verbreitung und
langanhaltende Nachahmung. So malte Jan van Kessel noch um 1660
bilderbogenartige Schautafeln mit einer Fülle von bis zu 40 Insekten (Abb. 44).
Mit seinem Gemälde konnte sich der Sammler einen Naturausschnitt in seine
Kunstkammer holen. Hans Holländer zufolge kam den naturhistorischenzyklopädischen Bildern in den Kunstkammern ein wichtiger Stellenwert zu:
Indem sie primär außereuropäische Objekte zeigen, unterstützen sie gleichsam
zuerkannt wurde. Seine Hühnerhöfe mit prächtigem exotischen Ziergeflügel wurden zu
Statussymbolen und dienten als Ersatz für den nur wenigen vorbehaltenen Besitz.
478
Vgl. Haak 1984, S.147f.
479
Öl/Holz, Münster, Westfälisches Landesmuseum, um 1560.
480
Lorenz 1996, Bd. II, Katalognummern 90–95.
481
Zur Tierbestimmung vgl. Lorenz 1996, S. 422. Die Tiere sind teilweise nach präparierten
Exemplaren oder nach anderen Kunstwerken gemalt und zeigen manche Ungenauigkeit.
482
Vgl. DaCosta Kaufmann 1993, S.36ff.
84
den enzyklopädischen Totalitätsanspruch der Sammlung und deren
Ordnung.483
Während in den realen Sammlungen heterogene Dinge zusammen arrangiert
wurden, blieben im Sammelbild in der Regel gleichartige Gegenstände unter
sich. Zu den konkreten Bildgegenständen, die sich mit dem neugierigen Blick in
Verbindung bringen lassen, zählen in erster Linie Muscheln (Konchylien, also
Muscheln und Meeresschnecken) und Blumen.
Konchylien
Unter den bevorzugten Sammlungsgegenständen des 17. Jahrhunderts
rangierten Muscheln und Schnecken sehr weit oben. Mit ihren bizarren Formen
und abwechslungsreichen Zeichnungen galten sie als Wunderwerke der Natur
und als Beleg für deren unerschöpflichen Formenreichtum. Besonders schöne
oder auffällige Exponate traten so in den fürstlichen Kunstkammern in
Konkurrenz zu Zeugnissen menschlicher Kunstfertigkeit.
Die Bedeutung der Muschel für das Sammlungswesen beruhte auf mehreren
Faktoren. Zum einen faszinierte das „Wunder“, dass ein Weichtier aus nichts
als Wasser eine harte Schale hervorbringen kann, die sich dann wiederum als
Muschelkalk in der Erde findet. Konchylien galten damit als Beweis für die
Transformationslehre des Aristoteles, nach der sich jedes Element in ein
anderes umwandeln lässt. Die Schale selbst zeichnet sich bei Muscheln durch
schillerndes Perlmutt und bei Schnecken durch einen luziden Glanz aus, den
man auch am chinesischen Porzellan bewunderte und nachzuahmen suchte.
Neben ihrer stofflichen Schönheit zeigt der spiralige Aufbau des
Schneckengehäuses auch theoretische Perfektion, denn er lässt sich
mathematisch durch die Fibonacci-Folge genau beschreiben und lieferte so
einen Zusammenhang zwischen den artes liberales und der Natur. Für
Sammler ein hinreichender Grund, Höchstpreise für fehlerfreie Exemplare zu
zahlen. Dazu trat die Überlieferung aus Mythologie und Christentum. Bereits in
der antiken Sage galt die mythische Geburt der Venus aus der Muschelschale
als Zeichen von Fruchtbarkeit und Liebe. Diese heidnische Symbolik setzte sich
auch in der christlichen Ikonographie fort: Da Johannes der Täufer eine
Muschel als Instrument benutzte, um Wasser über das Haupt Christi zu gießen,
galt das Gehäuse als Symbol für Taufe und Erlösung.484 Die Fähigkeit mancher
Muscheln, im Inneren eine Perle scheinbar aus dem Nichts entstehen zu
lassen, ließ sie zum Sinnbild der unbefleckten Empfängnis Mariae werden.
Darüber hinaus waren Konchylien auch als Zeichen zeitloser Beständigkeit
beliebt, da die Schale nach dem Verenden ihres Bewohners überdauert und so
dem menschlichen Wunsch nach Ruhm über den Tod hinaus entsprach.
Die Vielzahl möglicher Bedeutungen verlieh Muscheln und Schnecken eine
besondere Wertschätzung und machte sie als Sammelgut unverzichtbar.485
Ein „gemaltes Inventar“ des Teilbereichs einer Kunstkammer präsentiert Jan
Davidsz. de Heem (Abb.45). Eventuell lag hier der Auftrag eines
Schneckensammlers vor, der seinen kleinen Schatz im Bild festzuhalten
wünschte.486 Es handelt sich um zum Teil äußerst kostspielige Raritäten, die
483
Holländer 2000, S.20.
Vgl. dazu auch Minges 1998, S.102f.
485
Vgl. Dance 1985, S. 14-17.
486
Ausst.-Kat. Essen 2002, S. 106.
484
85
wie Preziosen gehandelt und gesammelt wurden. Dieser Absicht folgt auch der
Bildaufbau: Um alle Stücke möglichst deutlich sehen zu lassen - freilich ohne
zoologische Systematik -, wählte der Maler ein Arrangement treppenförmig
angelegter Steinblöcke (z.T. sind es alte Gesimsteile), auf denen die Stücke wie
auf Etageren ausgebreitet sind.
Anstatt an ihrem üblichen Aufbewahrungsort in einer Kunst- und
Wunderkammer, wo sie gelegentlich, wenn auch in viel kleinerem Umfang, zu
sehen sind, wurden diese Naturalia im Freien porträtiert, ihrem
Ursprungselement gemäß am Meer, auf das ein Weißstirn-Amazonaspapagei
(aus Mittelamerika) hinauszukrächzen scheint. Seine Heimat ist weit, ebenso
wie die der toten Konchylien, deren Lebensraum bis auf wenige Ausnahmen
der Indopazifik (holländische Kolonie) ist. Auch die Bälge der Paradiesvögel487
aus Neuguinea und den benachbarten Inseln sind wertvolle Exotica.
Ein weiterer Beleg für das Sammeln teurer Meeresmuscheln in den
Niederlanden ist das Muschelstillleben von Balthasar van der Ast (Abb.46). Es
war vermutlich eine Auftragsarbeit für einen Muschelsammler.488 Die
abgebildeten Muscheln sind exotischen Ursprungs. Bergström hat als
Herkunftsländer der Exemplare Ostindien, Westafrika, Südafrika, Florida und
Cuba aufgeführt.489 Trotz der scheinbar zufälligen Anordnung auf einem Tisch
hat das Ensemble den Charakter eines Kataloges, denn jede Muschelgattung
ist nur einmal vertreten.
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die beiden Gemälde einen realen
Sammlungsbestand abbilden, da diese an einem fiktiven Ort - zum Teil ergänzt
durch weitere Exotica - außerhalb der Kunstkammer angeordnet sind.
Vermutlich handelt es sich eher um „imaginäre Sammlungsbilder“, durch die der
jeweilige Auftraggeber oder Käufer eventuell an seine weiten Reisen erinnert
werden wollte, oder aber seine eigene Kollektion durch weitere gemalte Stücke
ergänzen wollte. Ohne Zweifel illustrieren die Gemälde den individuellen Stolz
des Sammlers und sein Bedürfnis, den Ruhm seiner persönlichen Sammlung
zu mehren.
Blumenbuketts/-porträts
In den Kunstkammern der Zeit waren Blumenbuketts als gemalte Sammlungen
besonders beliebt. Ihre Entstehung lässt sich von den Interessen der Fürsten
herleiten, denn in deren Gärten wurden Pflanzen unter anderem wegen ihrer
Seltenheit oder Kostbarkeit gesammelt. Blumen, vor allem kostbare Tulpen,
nahmen dabei wie Seeschnecken und Edelsteine als Naturalia den gleichen
Rang ein wie Gemälde und Skulpturen. Dass in den Blumenstilleben häufig
seltene Muscheln und wertvolle Münzen dargestellt wurden, verweist darauf,
dass diese Motive ihre Darstellung den zeitgenössischen Kunstkammern
verdanken.
487
Bei den drei Bälgen handelt es sich um den Großen Paradiesvogel, den
Königsparadiesvogel und den Kleinen Paradiesvogel.
488
So Haak 1984, S.206.
489
Bergström zählt folgende Muschelarten auf: Mitra episcopalis (Ostindien), Pusionella nifat
(Westafrika), Turbo sarmaticus (Südafrika), Liguus fasciatus (Florida) und Polymita picta
(Kuba). Vgl. Bergström 1983, S. 70.
86
Die enzyklopädischen Darstellungen wertvoller und seltener Blumen, die auf
dem Markt für enorme Summen gehandelt wurden, sind auf ein neugieriges
Sehen abgestimmt, welches die wertvollen Blüten erkennt und einschätzt. Sie
bestechen durch ihre präzise Formulierung aller Einzelheiten.
Das „Blumenstück“490 von Bosschaert (1573–1621) zeigt ein reiches
Blumenbukett mit einer großen Zahl von Blumen der verschiedensten Sorten
(Abb.47). Die Blüten sind deutlich unterscheidbar nebeneinandergesetzt und in
kalligraphischer Akribie dargestellt. Zu identifizieren sind gelbe Iris,
verschiedene Tulpen, Akelei, die Traubenhyazinthe, Blaustern, die mehrblütige
Narzisse, die weiße Narzisse, Vergissmeinnicht, Hornveilchen, Alpenveilchen,
Maiglöckchen, Tagetes, Heckenrosen, Ringelblumen, Rosen, die Schachblume,
Teufelsauge, Anemonen und breitblättrige Kaiserkronen.
Hier erscheint die Vase in einer rundbogigen Fensternische, die den Blick in
eine weit gedehnte Landschaft öffnet. Das Bild erscheint als Fensterersatz, das
den imaginäre Blick nach draußen freigibt und damit das Draußen in den Raum
hineinholt. Der gemalte Steinbogen ist ein dekoratives Rahmenwerk, das den
Gegenstand ausgrenzt aus der Nachbarschaft und den Standort des
Betrachters als Innenraum bestimmt. In Bezug auf italienische Porträts, die den
Dargestellten oft in einem Fensterrahmen zeigen, hat Langemeyer das
Gemälde als „Blumen-Porträt“ bezeichnet.491
Das Bild ist kein Abbild eines realen Arrangements, eher ein „gemalter Katalog,
ein gemaltes Inventar eines botanischen Gartens“492. Manche Blumenarten
waren kostbare Raritäten, aus der Ferne neu eingeführt, gehegte und gepflegte
Spekulationsobjekte. Insbesondere die im frühen 16. Jh. aus der Türkei
eingeführte Tulpe erfreute sich in den Niederlanden großer Beliebtheit.
Zwischen 1610 und 1620 wurde die Tulpe zu einer teuren, modischen und
hochbegehrten Pflanze.493 Um 1633 begann die sogenannte „Tulpomania“, die
etwa vier Jahre später ihren Höhepunkt erreichte. Ständig wurden neue Sorten
entwickelt und zu unglaublichen Preisen gehandelt.494 Im Jahre 1637, bevor der
spekulative Börsenhandel mit Tulpenzwiebeln zusammenbrach, sollte eine
Zwiebel der Sorte Semper Augustus 10000 Gulden kosten - eine Summe, mit
der sich ein Einfamilienhaus samt Garten und Remise an Amsterdams
vornehmster Gracht erwerben ließ.495 Dabei richtete sich die Sammelwut nicht
einfach auf einfarbige Tulpen, sondern primär auf solche, die eine geflammte
oder gesprengte Zeichnung aufwiesen, und die sich nicht züchten ließen.496
490
Öl auf Holz, 64 x 46 cm , um 1620, Den Haag, Mauritshuis.
Langemeyer 1979, S.22. Zum Vergleich verweist er auf das Titelblatt des Herbariums von
John Gerarde, 1636, das ebenfalls Blumen in einer Fensternische zeigt, die mit kalligraphischer
Akribie gezeichnet sind.
492
Ebd. S.20.
493
In den gemalten Sträußen tauchen immer wieder Tulpen in den verschiedenen Farben und
Sorten auf. Manche Darstellungen zeigen eine einzelne Tulpe in einer Vase. Vgl. Dirck van
Delen, Tulpe in einer Porzellanvase, 1637, 38,5 x 29 cm, Museum Boymans-van Beuningen,
Rotterdam.
494
Vermutlich war es Clusius, der bei der Einführung dieser exotischen Pflanze die Hauptrolle
spielte. Er war Leiter des kaiserlichen Heilkräutergartens in Wien gewesen, wo man Tulpen
früher als in Holland gezogen hatte. Als er 1593 nach Leiden kam, brachte er einige Zwiebeln
mit. Um 1630 war die Verbreitung der Tulpe soweit gediehen, dass man über 140 Arten kannte.
495
So Dash 1999.
496
Die Flammung der Tulpen beruhte, wie man heute weiß, auf einem Virus, mit dem die
Zwiebeln befallen waren.
491
87
Für die Darstellungswürdigkeit der Blume war ihr Warenwert entscheidend. Der
hohe Wert der Blume und der hohe Wert des Bildes entsprechen sich. Sie
waren gleichzeitig Objekte für Forscher, Sammler und Spekulanten.497 Man darf
annehmen, dass diese teilweise auch Auftraggeber und Käufer dieser
Bildgattung gewesen sind. Die Gattung der Blumenstillleben illustriert das
Ausmaß der Gewinnsucht, welches die curiositas im 17. Jahrhundert
angenommen hatte.
Auf den Zusammenhang der Entdeckungsreisen verweisen die beiden
Schnecken im Vordergrund rechts. Nach Bergström498 handelt es sich um
Nerita versicolor (Gmelin) aus der Karibik und Murex endivia (Lamarck) aus
Indonesien. Sie stammen also nicht von der niederländischen Küste, sondern
sind als Importe Zeugnisse für den überseeischen Handel, geschätzte
Souvenirs und begehrte Sammelobjekte.
Das neugierige Auge des Betrachters kann entdecken, dass die dargestellten
Blumen in der Natur nicht gleichzeitig blühen. Indem die Blumen nicht nur einer
Jahreszeit entstammen, wird eine fiktive Situation dargestellt, die überzeitlich
ist. Der Maler verdichtet den floralen Makrokosmos in den Mikrokosmos einer
Vase.499
Blumenstillleben bilden auch eine eigene Gattung im Werk Jan Brueghels d. Ä..
Seine Blumenstücke zeichnen sich durch die hochgestaffelte, dichte und
regelmäßige Anordnung einer Vielzahl von Blumen aus, die mit ihren korrekt
wiedergegebenen Blüten aus verschiedenen Jahreszeiten stammen. In seinem
Wiener Kaiserkronenstrauß (Abb.48), finden sich 130 verschiedene
Blumenarten.500 Sie stellen sich dem Betrachter zunächst als unentwirrbares
Gefüge dar. Die Isolierung der Blumen vor einem dunklen Hintergrund
unterstreicht den Porträtcharakter und ihre Stellung in der Kunstkammer.
Der Reiz solcher Blumenbuketts liegt in ihrer naiven, exemplarischen
Zusammenstellung verschiedener Blumenarten gleichsam zu einem Idealbukett
von bunter Leuchtkraft.
Kostbar waren sie nicht nur ihrer dargestellten Kuriositäten wegen, sondern
darüber hinaus auch noch ihrer technisch-handwerklichen Finesse halber. Die
künstlerischen Mittel waren wertsteigernd. Sie bestechen durch ihre kunstfertige
Natürlichkeit, ihren feinmalerischen Realismus und hingebender Genauigkeit sie stellen eine ungeheuere Kuriosität dar. Zugleich aber durchkreuzen sie wohl zum Genuss des Betrachters - diese Suggestion unmittelbar wieder mit
der Zusammenstellung ungleichzeitiger blühender Pflanzen.
In begehbaren und gemalten Sammlungen gab es eine Vorliebe für Übergänge
zwischen Kunst und Natur: Gerade der ornamentalen Künstlichkeit ihrer
Komposition wegen, welche eine die Natur übertreffende menschliche Ordnung
betonen, galten Breughels „Blütentürme“ als kurios und staunenswert. Ihre
„überbietende Natursimulation“501 macht sie zu einem begehrten
497
Auf die aktive Rolle der Sammler beim Tulpenhandel wurde häufig aufmerksam gemacht.
Gerade die Sammler gehörten in erheblichem Maße zu den Kreisen, in denen schließlich die
Tulpomanie ihren Höhepunkt erreichte. Vgl. dazu Ausst.-Kat. Dresden 2004, S.161.
498
Bergström 1983, S. 64-65.
499
Vgl. Markt- und Küchenstillleben, die häufig ein verschwenderisches Angebot an Kuriositäten
zeigen. Deren Ernte entstammt auch nicht nur einer Jahreszeit, sondern sie ist überzeitlich.
500
Ertz 1979 zeigt eine Skizze, auf der alle Arten verzeichnet sind. Die seltenen Pflanzen hat
Jan Breughel d. Ä. vermutlich im botanischen Garten Erzherzogs Albrechts VII. studiert.
501
Welzel 2000, S.556.
88
Kunstkammerstück. Laut Stoichita ist der Blumenstrauß „zugleich ein typisches
Sammlungsbild und Schild der Sammlung“502.
Blumenbilder wurden immer wieder in ihrer symbolischen Bedeutung als
Demonstrationen der Vergänglichkeit bzw. der Mahnung an die Vergänglichkeit
verstanden.503 Allerdings konnte der Maler mit ihnen auch beweisen, dass es
möglich ist, Vergängliches mit Hilfe der Kunst festzuhalten.504 Die zeitliche
Begrenztheit, der die natürlichen Blumen unterliegen, weil sie immer wieder
vergehen, ist in den gemalten Blumenstilleben aufgehoben. Die Vergänglichkeit
des Daseins wird durch die Malerei überwunden und beweist so den
herausragenden Rang, der ihr unter den Künsten zukommt.
3.6 Kunsthistorische Einordnung des Kasseler „Tierstücks“
Als reines Tierstück bedarf das Kasseler Menageriegemälde der
ikonographischen Einordnung. Zu seiner Entstehungszeit zwischen 1722 und
1729 erfreute sich das Tierbild in ganz Europa einer großen Beliebtheit und
konnte auf eine lange malerische Tradition zurückblicken. Mit dem Merkmal
einer komponierten Gesamtschau steht das „Tierstück“ in der Tradition der
niederländischen Sammelbilder des 17. Jahrhunderts. Der Maler Roos hat zwei
Arten der Sammelbildgattungen miteinander kombiniert und damit ein
einzigartiges Zeugnis hinterlassen.
Doch schon auf Grund seiner Größe nimmt das Kasseler „Tierstück“ eine
Sonderstellung ein. Sein wandfüllendes Format war möglicherweise schon im
Hinblick auf die Präsentation im Kasseler Kunsthaus konzipiert worden. Es
steht also unmittelbar im Zusammenhang mit der begehbaren Sammlung der
fürstlichen Kunstkammer.
Friedliches Tierparadies
Das Kasseler Gemälde bildet eine Vielfalt domestizierter und exotischer Tiere
und Vögel friedlich vereint in ihrem natürlichen Lebensraum ab, wie sie kaum in
Menagerien gehalten worden sind. Die harmonische Darstellung der
unterschiedlichen Tiergattungen ohne Zaun, Gitter oder Mauer einer Menagerie
erscheint als Vision eines irdischen Tierparadieses, entrückt in eine Zeit ohne
Menschen. Es entspricht nicht dem Abbild einer realen Menagerie mit der
Haltung von Tieren in Käfigen, Tierhäusern oder Volieren, sondern steht
ikonographisch den traditionellen Paradiesdarstellungen des 17. Jahrhunderts
nahe, welche die Utopie von der friedlichen Koexistenz aller Lebewesen zum
Thema haben. In Kapitel 3.5.1 konnte die enge Verwandtschaft zu den
Paradiesdarstellungen eines Roelant Savery oder Breughel herausgestellt
502
Stoichita 1998, S.426f.
Paulußen 1997, S.151, weist darauf hin, dass die Vanitasdeutung vielfach zu einer leeren
Interpretationsformel geworden ist.
504
Vgl. das Zitat des Kardinals zu den Blumenbildern Jan Brueghels: „Wenn der Winter naht
und alles mit Eis überzieht, hat mich der Anblick – und ich imaginierte sogar den Geruch – wenn
auch nicht von echten, so doch von künstlichen Blumen [..] erfreut, wie er sich in Malerei
ausdrückt, [...] und in diesen Blumen wollte ich die Vielfalt der Farben sehen, die nicht verfliegen
wie bei einigen Blumen, die [in der Natur] angetroffen werden, sondern beständig sind.“ Zitiert
aus Welzel 2000, S.555.
503
89
werden, die ähnliche „Harmoniebilder der Natur“505 geschaffen haben. Die
enzyklopädische Bandbreite dieser Tierdarstellungen, die Dominanz des
Exotischen gaben möglicherweise Anregungen für Roos. Die Übereinstimmung
zeigt sich mit dominierender idyllischer Komponente – der Chiffre himmlischen
Friedens. Roos befreit sich vom ikonographischen Gerüst der Bibelillustration
und zeigt sich unabhängig von literarischen Vorbildern. Er scheint Tier- und
Landschaftsgemälde von Savery und Jan Brueghel d. Ä. gekannt zu haben.506
Möglicherweise ist er ihnen in seiner Studienzeit 1684 – 1685 in Holland
begegnet. Neben der Vorstellung von dem Reichtum der Tierwelt ist die
ähnliche kompositionelle Gestaltung von Vorder-, Mittel- und Hintergrund
vergleichbar. Ähnlich Breughel benutzt Roos kahle Bäume zur Gliederung der
Bildfläche.507 Damit steht das Kasseler „Tierstück“ in einer niederländischen
Tradition
Repräsentationsfunktion
Als Sammelbild wertvoller gemalter Raritäten steht das Kasseler „Tierstück“
anderen zoologischen Stillleben nahe, die bevorzugt Muscheln und
Blumenbuketts zeigen. Vergleichbar ist die fast collageartige Auffassung, die
der Komposition zugrunde liegt. Grundfunktion dieser Gemälde ist die
Repräsentation508, die Abwesendes im Bild anwesend macht.
Innerhalb des enzyklopädischen Charakters der fürstlichen Kunstsammlung
haben die abgebildeten Tiere eine Stellvertreterfunktion als „natura“. Sie
verweisen auf die reale Menagerie im nahegelegenen Park, in der die
wertvollen Tiere zur Unterbringung in Tierhäusern und Freigehegen gehalten
wurden. Das Gemälde ist Ausdruck des Bedarfs, gerade die Lebewesen (oder
Gegenstände) durch Abbildungen zu ersetzen, die man aus praktischen
Gründen nicht in seiner Sammlung aufbewahren konnte: „Sammler brauchten
Abbildungen, die so einzigartig waren, dass sie das betreffende Objekt
ersetzen, und so genau, dass sie als Zertifikate für den Besitz gelten
konnten.“509 Kurfürst Otto Heinrich von der Pfalz (1502 - 1559) zum Beispiel ließ
1541 einen großen Ochsen abmalen, um seine Sammlung dadurch zu
komplettieren: „dieswil wir nun bisher und noch mit allerley seltzamen tiern
versehen und dieselben all abconterfecten oder malen laßen und solche
ochsen auch gern darbey haben wollten“.510
Die Auffassung von Bildern als Realitätsersatz klingt hier an und lässt dem
Gemälde eine Stellvertreterfunktion zukommen – es soll die auf ihm abgebildete
Wirklichkeit vertreten und dauerhaft der Sammlung eingliedern.
505
Vgl. Ausst.-Kat. Köln 1985, S.146.
Davon geht auch Lehmann aus. Vgl. Lehmann 2009, S.36.
507
Vgl. ebd. S.36.
508
Auf diese anthropologische Grundfunktion der Malerei verweist Alberti (1404-1472) in „De
Pictura“. Im zweiten Teil seines Traktates gibt Alberti auf die Frage, wozu Menschen malen,
ausführlich Antwort. Unter der Bedingung, dass gemalte Bilder beim Betrachter die Vorstellung
von Wirklichkeit hervorrufen, können sie die folgenden Funktionen haben. „In der Tat, sie [die
Malerei] birgt eine geradezu göttliche Kraft in sich und leistet nicht nur, was man der
Freundschaft nachsagt - dass sie Abwesende vergegenwärtigt - ; vielmehr stellt sie auch
Verstorbene vor Augen, sogar noch denen, die viele Jahrhunderte später leben. Das aber trägt
dem Künstler Bewunderung ein und verschafft den Betrachtern Lust.“ Zitiert aus: Alberti 2000, §
25. Vgl. dazu auch Kruse 2003.
509
Zitiert nach Daston/Park 2002, S.335.
510
Zitiert aus Büttner 2000, S.148.
506
90
Mit Hilfe des Abbildes kann sich der Auftraggeber einen Naturausschnitt in
seine Kunstkammer holen, damit seine Sammlung vervollständigen und der
Forderung nach universalem Wissen nachkommen. Der bekannte Topos einer
Identität des Kunstwerks mit dem Naturding führt zur Überwindung der
Bildgrenze: Da das Bild selbst das „Leben“ ist, gleicht das Betrachten dieses
Bildes dem direkten Besuch einer Menagerie511:
„Mit der Darstellung der Tiere [...] wurde ein nützlicher Aspekt verbunden: Mit Hilfe
eines gemalten oder gezeichneten Tieres konnte man ganz friedlich im Lehnstuhl
verreisen, konnte gefahrlos fremde Länder besuchen oder seltene Tier- und
512
Pflanzenarten dokumentieren.“
In diesem Zusammenhang ist auch der Hinweis in vielen Traktaten über das
Sammlungswesen zu verstehen, dass der Besuch einer Kunstkammer eine
gefährliche Reise ersetzen könne.513 Im gleichen Sinne wurden Kunstkammern
in den Niederlanden gelegentlich als gekomprimeerde wereld bezeichnet.514
Das Verhältnis von Abbild und Wirklichkeit verweist auf die Vergleichbarkeit der
begehbaren mit den gemalten Sammlungen der Naturwelt. Damit vermittelt das
Gemälde die gleichen Aussagen wie eine reale Menagerie und ist darüber
hinaus selbst ein Kunstwerk, das seinen festen Platz in einer Kunstkammer
einnimmt.
Kunst und Natur im Wettstreit
Die gemalte Tiersammlung visualisiert den paragone zwischen Natur und
Kunst. Denn anders als artificialia und die meisten naturalia waren
Menagerietiere wegen ihrer begrenzten Lebensdauer und fehlender
Nachzuchten Besitztümer ohne Ewigkeitswert. Im Medium der Malerei konnten
die lebenden Raritäten der Anschauung dauerhaft verfügbar gemacht werden.
Vor dem Hintergrund der unvergänglichen Malerei können die Vorzüge eines
künstlichen Tieres mit denen eines natürlichen verglichen werden. Die zeitliche
Begrenztheit, der die natürlichen Tiere unterliegen, ist im gemalten Sammelbild
aufgehoben: „Hier übertrifft die Kunst die Natur, weil sie das Paradies
imaginierend vergegenwärtigen kann.“515 Die Fähigkeit der Malerei, dauerhaft
„lebende“ Bilder zu schaffen, bewahrt ihre Geschöpfe vor dem Untergang.
Innerhalb des paragone triumphiert die Kunst über die Natur: in der
Unvergänglichkeit des Kunstwerke überwindet der Maler den Lauf der
Vergänglichkeit und der Zeit. Dieses Verfahren entspricht der
Wunderkammerästhetik. Das Gemälde zählt zu den Kunstkammerstücken, die
die Grenze zwischen Naturwundern und Wundern menschlicher Kunst unscharf
werden ließen. Als Knotenpunkt der Sammlung markierte es den Bereich der
naturalia und artificialia. Gerade das galt als kurios und staunenswert.
511
Man spricht auch von der „Verlebendigung des Bildes“. Vgl. Weber 1991.
Büttner 2000, S.190.
513
Vgl. ebd. S.166ff. Bei Adam Olearius heißt es: „Solchen Liebhabern aber kann gutes theils
geholffen werden, wenn sie an gewisse Oerter kommen, da man solche herzliche, rare,
wunderbare und frembde Sachen in den Cabinetten, Musaeis, und Kunst-kammern zusammen
getragen, findet, da man ohne Gefahr solche Dinge in Augenschein bekommen kan, die man
sonst ausser dem auff weiten Reysen unmüglich alle antreffen wird.“ Zitiert aus Olearius 1674,
Vorrede, unpaginiert.
514
Ganz 2006, S.174.
515
Welzel 2000, S.35.
512
91
Naturwissenschaftliche Dokumentation oder fiktionale Tiersammlung?
Als einzig erhaltenes Bildwerk einer fürstlichen Menagerie in Kassel kommt
dem Gemälde ein besonders hoher kulturhistorischer Stellenwert zu. Die Frage
nach der Authentizität der dargestellten Tiersammlung liegt nahe. Ist das
Gemälde als naturwissenschaftliche Dokumentation der fürstlichen
Tiersammlung anzusehen, oder eher ein fiktionales Abbild einer Tiersammlung,
die der Landgraf so nie besessen hat?
In der neueren Forschungsliteratur wird es in der Regel als
naturwissenschaftliche Dokumentation verstanden. Als Begründung dafür wird
auf die Auftragsvergabe durch Landgraf Karl im Jahre 1722 hingewiesen, der
„ein groß Stück worauff alle frembde Thiere zu sehen, so jemahlen in der
Menagerie alhie gewesen“516 bei Roos bestellte. In der 2009 erschienenen
Publikation von E. Lehmann wird das Gemälde als „eine informative
Dokumentation der Tiere einer fürstlichen Menagerie in der späten
Barockzeit“517 bezeichnet. Sie sieht „[...] die Menagerie des hessischen
Barockfürsten für die Nachwelt verewigt.“518
Da das Gemälde in der Tradition der niederländischen Sammelbilder steht, liegt
es eher fern, in der gemalten Tiersammlung eine reale Darstellung der in der
abgebildeten Weise gehaltener Tiere sehen. In ihrer Mannigfaltigkeit zeigen
typische Kunstkammerbilder das, was nicht real vorhanden war. Um die
Charakteristik der Kollektion zu betonen, bildete ein Maler gerne sorgfältig
ausgewählte Hauptwerke des Bestandes ab, auch wenn diese gar nicht in der
eigenen Sammlung oder der des Auftraggebers aufbewahrt wurden.519 So
konnte den Besuchern eine Bandbreite präsentiert werden, eine fiktionale
Totalität.
Die Zusammenstellung der Tiere muss nicht zwangsläufig die tatsächlichen
Schätze des Sammlers dokumentieren, sondern kann auch seiner Fantasie
oder der des Malers entsprungen sein. Der Maler Roos scheint seinen Auftrag
mehr als erfüllt zu haben, da die Anzahl der dargestellten Tiere die aus den
verfügbaren Dokumenten ermittelte Menge noch weit überschreitet. Es vermag
uns durch den Schein der Authentizität zu täuschen. Die Darstellung wirkt wie
ein Abbild einer existenten Sammlung, ist aber inszeniert und entspringt idealen
Vorstellungen einer perfekten Kollektion. Der Maler hat mit seiner
Bildkompilation einen idealen Zustand erzeugt. Es ist nicht als Katalogisierung
der Kasseler Sammlung zu verstehen, sondern eher eine additive Montage mit
dem Ziel des fiktiven Zusammenstellens.
Mit der gemalten Tiersammlung konnte ein universaler Sammler wie Landgraf
Karl im Bild Ersatz für nicht Erreichbares finden. Mit der Überbietung der realen
Sammlung im Medium des Bildes kommt dem Gemälde die Funktion der
imaginären Inbesitznahme zu. Der Maler übertrifft im Medium des Bildes nicht
nur die Natur, sondern auch die tatsächliche Sammlung des Landgrafen. Als
imaginäre Sammlung verbindet das Gemälde die Funktion des Bildberichts mit
516
Archiv MHK, Vermerk vom 30.9.1727.
Lehmann 2009, S.44.
518
Ebd. S.28.
519
Auf diese übliche Praxis hinsichtlich der Sammlungsbilder verweist Minges 1993, S.99: „Nur
bedingten Aufschluß allerdings dürfen wir von ihnen über das reale Aussehen der Sammlungen
erhoffen, denn eine Kritik dieser Gattung macht deutlich, dass den Malern nicht allein der
Augenschein realer Kollektionen Modell stand.“ Vgl. ebenfalls ebd. S.101f.
517
92
dem der Repräsentation. Der Besitzer des Gemäldes kann seinen Besuchern
die Bandbreite seiner naturkundlichen Kenntnisse und Interessen verdeutlichen
und damit seinen Ruhm erhöhen. Auf diese Weise wurde selbst in den Tieren
die Machtfülle des Herrschers versinnbildlicht.
Auf ein erfundenes Tierparadies weist auch die gemalte Hintergrundlandschaft
hin, die eben nicht den Kasseler Auepark mit Tierhäusern zeigt, sondern eine
kombinierte Fantasielandschaft.
Die Signatur des Malers520 mit dem Zusatz „ad vivum“ an der unteren Bildkante
bedeutet „Nach dem Leben“ gemalt. Nach damaliger Auffassung konnten damit
auch ausgestopfte Tiere, Zeichnungen und Werke der Druckgraphik gemeint
sein. Damit hängt auch zusammen, dass die Maler dieser Bilder nicht direkt
nach dem lebenden Modell, sondern nach Präparaten gearbeitet haben.
Das „Tierstück“ kann keinen Aufschluss über das reale Aussehen der
Menagerie des Landgrafen Karl geben. Als typisches Sammlungsbild ist es
eher als Metonymie der Sammlung wahrzunehmen, das seinen
Verweiszusammenhang innerhalb der als Mikrokosmos organisierten
Sammlung entfaltet.
Die „Königin der Nacht“
Eine dem „Tierstück“ vergleichbare Strukturparallele zeigen zwei ältere
Sammelbilder von Roos, die er bereits 1706 vermutlich ebenfalls im Auftrag
Landgraf Karls gemalt hat. Die als Pendants angelegten Werke zeigen ein
fremdländisches Gewächs in Knospe und Blüte (Abb.49). Es handelt sich um
die „Königin der Nacht“521 (Cereus serpens; Selenicereus grandiflorus) - auch
Schlangenkaktus genannt -, eine amerikanische Kakteenart, die zu den
botanischen Attraktionen des 18. Jahrhunderts zählte, weil ihre Blüte in einer
einzigen Nacht stattfindet. Nach Zedler kann sie „[...] mit guten Recht für die
allerschönste unter denen Blumen geachtet werden. Mit angehendem Tage
aber verliert sie auf einmal alle Pracht und Herrlichkeit.“522
Die beiden Gemälde werden im Kunsthaus-Inventar von 1730 und 1744 als
„Zwey lange stücke, eine gattung aloe in pötten dabei eine blühend“
aufgeführt.523 Innerhalb der begehbaren Sammlung der Kunstkammer spiegeln
sie das Interesse am Exotischen und die Vorliebe für Übergänge zwischen
Natur und Kunst. Als Kunstkammerbilder erweckten sie Neugier und lösten
Assoziationen mit dem Fremdartigen und Wunderbaren aus. Darüber hinaus
verwiesen sie auf die botanischen Gärten, in denen die höfische Aristokratie
ihren Besuchern die pflanzlichen „Wunder“, die zahlreichen erlesenen und
fremdartigen Gewächse aus der gerade entdeckten Neuen Welt, die man in
Europa zu akklimatisieren versuchte, vor Augen führte. Den Gärten kam im
„theatrum“ höfischer Sammlungen eine überschätzende Bedeutung zu, wurden
sie doch „zu Mikrokosmen der Natur und zu Kosmen der Kunst.“524
520
Die Signatur befindet sich an der unteren Bildkante, links neben dem großen Stein, direkt
unter einem Lorbeerzweig. Die Inschrift endet mit der lateinischen Bemerkung „Finis coronat
opus“.
521
Verbreitungsgebiet: Mittelamerika und nördliche Karibik (Veracruz, Kuba, Jamaica, Dom.
Republik, Haiti)
522
Zedler 1732-1750, Cereus Americanus serpens, S.1880f.
523
Kunsthaus-Inv. 1730 und 1744, Nr. 773 und 774; Inv. 1875, Nr. 1607 und 1608.
524
Welzel 2000, S.41.
93
Gemälde von raren Pflanzen zeigen, dass das Interesse an den Einzeldingen in
ein umfassendes Weltverständnis eingebunden war. Das abgebildete
Arrangement verweist auf die ästhetischen Interessen der höfischen
Aristokratie, die die Bestände ihrer botanischen Gärten abgebildet sehen wollte,
welche ihrerseits ein Konzentrat der damals bekannten Pflanzen aus aller Welt
verkörperten.
Die botanische Sammelleidenschaft des Landgrafen Karl hatte ihren Ursprung
in der universell angelegten Geisteshaltung. Ob der Fürst die „Königin der
Nacht“ tatsächlich in einem seiner Gärten besessen hat, lässt sich nicht mehr
nachweisen, da das früheste botanische Inventar der Orangerie erst aus dem
Jahre 1800 stammt. Darin ist die „Königin der Nacht“ unter Nr. 26 mit der
Stückzahl vier aufgeführt.525 Das lässt allerdings nur einen bedingten
Rückschluss auf die barocke Pflanzensammlung unter Landgraf Karl zu. Als
Roos 1706 die beiden Bilder malte, war die Orangerie noch nicht vorhanden.
Da das alte Pomeranzenhaus 1700 abgebrannt war, hatte man 1701 mit der
Bau der Orangerie als Sommerresidenz und Pflanzen-Überwinterungshaus
begonnen. Die Quellen berichten, dass um 1709 der Rohbau fertiggestellt war.
Selbst wenn der Kasseler Landgraf stolzer Besitzer dieser fremdländischen
Pflanze gewesen sein sollte, kam sie vermutlich nicht in Kassel zur Blüte.
Bisher konnte aufgrund historischer Quellen nur nachgewiesen werden, dass
die „Königin der Nacht“ kurz vor 1700 über Holland nach Deutschland gelangte.
1698 tauchte die Pflanze in Leiden auf und gelangte 1705 erstmals in Nürnberg,
1728 in Stuttgart und 1745 in Helmstedt zur Blüte, was jedes Mal ein großes
Ereignis war, an dem die Gartenbesitzer mit ihren Gästen persönlich
teilnahmen.526
Es ist davon auszugehen, dass der Maler Roos die Pflanze entweder in
Nürnberg im Blütezustand erlebt hat, oder aber seine Gemälde nach
Kupferstichen angefertigt hat. Auf jeden Fall gehören sie zum Typus der
Sammelbilder und haben die Funktion, die auf Universalismus angelegte
fürstliche Sammlung um eine botanische Rarität zu ergänzen. Den beiden
Gemälden kam ein hoher Repräsentationswert zu, konnten sie doch das
umfassende naturwissenschaftliche Interesse des Landgrafen dokumentieren
und eine dynastische Kontinuität mit seinen Vorgängern aufzeigen.527
Die „Königin der Nacht“ war wegen ihrer auf weite Entfernung verweisende
Provenienz und ihrer Seltenheit nicht nur Zeichen von herrschaftlichen
Privilegien, sondern symbolisierte auch den Radius dieser Herrschaft selbst.
Auf diese Weise konnte die Machtfülle des Fürsten versinnbildlicht werden,
denn er konnte in ihr eine Manifestation der geographischen Ausbreitung seines
Herrschaftsbereichs oder der von ihm protegierten Handelsbeziehungen im
Zuge der Entdeckungen und Eroberungen erkennen.
Im Sinne des Kunstkammergedankens ist die Funktion der Statusrepräsentanz
vorrangig. Die Gemälde entfalteten ihre vielfältigen Bedeutungen im
Wechselspiel mit den übrigen Sammlungen bei Hofe und mit dem höfischen
Leben insgesamt.
525
Vgl. StaM Bestand 6a Nr.60: Verzeichniss derer Treib und Glaß Hauß Pflanzen, welche sich
dermalen in der Herrschaftlichen Orangerie zu Cassell befinden – sämtlich in Scherben,
specificat Cassel den 12ten Janius 1800.
526
Wimmer 2001, S.79.
527
Landgraf Wilhelm IV. (1532-1592) hatte 1568 den ersten botanischen Garten in Kassel
gegründet – einen der ersten Gärten Europas. Sein Sohn, Landgraf Moritz, betätigte sich
ebenfalls im botanischen Garten, pflegte Baumschulen und stellte u.a. ein Herbarium mit über
1000 Pflanzen zusammen. Vgl. (Teil II, Kapitel 2) dieser Arbeit sowie Roos 1929-36, S.177-198.
94
4. Die Menagerie Friedrichs II. von Hessen-Kassel
Nach dem Tod des Landgrafen Karl im Jahre 1730 ist bis 1763 keine höfische
Menagerie in Kassel nachweisbar. Eine Neugründung unternahm erst der Enkel
Karls, Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel, im Jahr 1764.
In seiner Regierungszeit (reg. 1760-1785) galt die Haupt- und Residenzstadt
Kassel als eine der schönsten Städte Europas und wurde daher von Fremden
gern besucht. Dabei übten die damals vollendeten „Stadtverschönerungen“, die
landgräflichen Kunstsammlungen und die großen Gartenanlagen mit ihren
Schlössern und architektonischen Parkkulissen einen ganz besonderen Reiz
aus. Die Gemäldegalerie und das Museum Fridericianum waren als erste
Einrichtungen dieser Art auf dem Kontinent unter Friedrich II. dem allgemeinen
Publikum geöffnet worden und zogen die Bildungswilligen aus ganz Europa an.
Kassel war stets eine beliebte Raststätte für prominente Durchreisende, die
nicht selten ihren Aufenthalt zu Kontakten mit dem Hof und der Besichtigung
der Sammlungen verwandten. Zu den berühmtesten Bildungsreisenden in
Kassel gehörte Johann Wolfgang von Goethe. Er hielt sich insgesamt vier Mal
in Kassel auf.528 Zum seinem Besichtigungsprogramm gehörte auch ein Besuch
der Kasseler Menagerie. Als er vom 13. bis zum 16. September 1779 Kassel
besuchte, um dem jungen Herzog Carl August von Sachsen-Weimar die Stadt
zu zeigen, notierte er in seinem Tagebuch:
„Nachts um 1 Uhr in Cassel den 14. früh die Parade, Orangerie, Augarten,
Menagerie, Modellhaus p.p., Nachmittags: die Galerie, Abends zu Forstern, ihn zu
Tische mitgenommen. 15.9.: Auf Weißenstein, den Winterkasten erstiegen, die
übrigen Anlagen besehen, Abends zurück. 16.9.: früh das Kunstkabinett, die
Antiken, die Statue des Landgrafen unter Nahls Händen. Gegessen. Weggefahren
529
um 12 Uhr nach Wabern [...].“
Das Interesse der Fremden an Kassel wurde durch eine für die Zeit beachtliche
„Guiden-Literatur“ gefördert, die dem Besucher die Schönheiten Kassels
erschloss. Der Besuch der Menagerie war ein fester Bestandteil innerhalb
dieses breit angelegten Bildungsangebotes.530 Sehr häufig benutzt wurden die
„Briefe eines Reisenden über den gegenwärtigen Zustand von Cassel mit aller
Freiheit geschildert“, erschienen 1781. Darin empfiehlt der hessische
Kammerherr Friedrich Justinian von Günderode jedem Fremden einen Besuch
der Menagerie:
„Ich führe Sie, mein Freund, nun wieder der Stadt näher, um Ihnen einige Worte
von dem schönen Thier-Garten zu sagen, welcher gleich an dem Fuße des
Abhangs liegt, so von der Terrasse an dem Belle-vue-Garten heruntergeht; und auf
der andern Seite von der kleinen Fulda eingeschlossen ist. Dessen Anlage ist
schön und angenehm; er ist in verschiedene Häuschen, worinnen vile Gattungen
von seltenen Thieren bewahret werden [...], in allen findet man vielerley Gattungen
528
Viermal besuchte Goethe die damalige landgräfliche Residenzstadt: 1779, 1783, 1792 und
1801. Quartier nahm er jeweils im "Posthaus" am Königsplatz. Vgl. Wegner 1991, S.11.
529
Zitiert aus Wegner 1991, S.11. Dieses Besichtigungsprogramm der Kasseler
Sehenswürdigkeiten wiederholte Goethe im Oktober 1783 für den ältesten Sohn Fritz seiner
Freundin Charlotte von Stein.
530
Das großartige Bildungsangebot Kassels wirkte auch auf benachbarte Universitätsstädte wie
Marburg und Göttingen. Da eine Bildungsreise nach Kassel ein Teil des Studiums war,
entwickelte sich Ende des 18. Jahrhunderts die Tradition, dass die Studenten Göttingens zu
Pfingsten nach Kassel kamen. Vgl. Wegner 1991, S.9f..
95
von Federvieh, auch sonst viele seltene Vögel, die denn darinnen meist wiederum
531
ihre besonderen Behälter haben [...].“
Die hier beschriebene Menagerie war von Friedrich II. ab 1764 in der Aue
angelegt worden und bestand bis zu seinem Tode 1785.
Wahrscheinlich geht die Gründung der Menagerie auf englische Vorbilder
zurück. Landgraf Friedrich II. besaß durch die Heirat mit Prinzessin Marie von
Großbritannien (1723-1772), einer Tochter des englischen Königs Georgs II.,
politische Verbindungen an den dortigen Hof. In England breitete sich um diese
Zeit geradezu eine entsprechende Modewelle unter wohlhabenden Adligen aus.
Tierhaltungen entstanden im Rahmen von großen Landschaftsgärten, in denen
Großgrundbesitzer aus der gentry die sensualistische Auseinandersetzung mit
der Natur suchten. Die Betrachtung von lebender Natur diente dem gentleman
zur Stärkung seiner eigenen Tugend, die der virtuoso auch durch die
Beherrschung der Naturgesetze gewinnen wollte. Friedrichs Menagerie ist in
erster Linie als Zeuge seiner verwandschaftlichen und pekuniär lohnenden
Verbindungen zum englischen Königshaus zu betrachten.532 Er dürfte
außerdem in Holland, wo sein Vater zeitweise in Militärdiensten gewesen war,
solche höfischen Tierhaltungen kennengelernt haben.
4.1 Topographie
Der Landgraf benutzte zu der Anlage seiner Menagerie den vor dem
Weinberger Thor gelegenen ehemaligen Prinz-Maximilians-Garten, der bereits
in der Barockzeit angelegt worden war und mehrere Besitzerwechsel hinter sich
hatte.533 Der Stadtplan von Friedrich Wilhelm Selig von 1781 zeigt das gesamte
Gartengelände zwischen Bellevue-Garten und Kleiner Fulda/Drusel (Abb.50).
Zur Anlage gehörten zwei langgestreckte Bauten im östlichen Bereich des
Gartens und ein außerhalb an der Drusel gelegenes Haus. Ein in
Rokokoformen gehaltenes Lusthaus bildete den Prachtbau und diente zur
Aufnahme einer Orangerie. „Im oberen Theile der Menagerie steht ein nach
italienischem Geschmack erbautes Lusthaus, worin sich ein sehr großer und
schöner Saal besonders auszeichnet.“534 Während der östliche Teil des
Gartens mit gärtnerischen Anlagen geziert war, waren der westliche Teil vor
dem Hauptgebäude sowie der Bergabhang für die Menagerie bestimmt.
Bei der Einrichtung der Menagerie durch Friedrich II. wurde die barocke Gestalt
des maximilianischen Gartens beibehalten. Die erkennbare Aufteilung des
Geländes in zwei ungefähr gleich große Kompartimente findet sich bereits auf
älteren Stadtplänen aus der Zeit vor dem Siebenjährigen Krieg (1757-1762).535
531
Günderode 1781, S.69.
Zu den englischen Menagerien in Landschaftsgärten vgl. Rieke-Müller 2001, S.12.
533
Vgl. Teil III, Kapitel 2.1 dieser Arbeit. Nach Karls Tod kam der Garten des Prinzen Maximilian
an den ältesten Sohn und Thronfolger, König Friedrich I. von Schweden, der 1732 die Anlage
wieder seinem Bruder Maximilian überließ. 1757 scheint das Gebäude als Lazarett für die
Franzosen gedient zu haben. Ab 1825 diente das Areal als „Hofbleiche“/Hofwäscherei. 1866
ging das Lusthaus mit Zubehör in den Besitz des preußischen Staates über. Zum größten Teil
wurde die Anlage im 2. Weltkrieg zerstört.
534
Apell 1805, S.392.
535
Vgl. den Umgestaltungsplan der Karlsaue, sog. „Stockholmer Plan“ von 1728 (Abb.) oder
den Stadtplan von Leopold in der revidierten Fassung von 1757 (GS 12466, abgebildet in:
532
96
Im wesentlichen scheint der Garten nur durch Erstellung einiger Kleinbauten für
die neue Nutzung als Menagerie hergerichtet worden zu sein. Das Gelände
bestand aus Vogelvolieren und Stallgebäuden mit vorgelagertem Freigehege
für Säugetiere.
Der Lageplan von Simon Louis du Ry zeigt die Gesamtanlage im Jahr 1793
(Abb.51).536 Er lässt eine Umarbeitung eines zu einem früheren Zeitpunkt
angefertigten Planes aus der Zeit Friedrichs II. erkennen.537 Fast alle
ehemaligen Tierunterkünfte sind noch verzeichnet, nur an drei Stellen wurden
Gebäudeteile rasiert.538 Der etwas höher gelegene westliche Abschnitt ist mit
seiner Anordnung der Parterrefelder und einem Wasserbecken auf das
ehemalige Lusthaus des Prinzen Maximilian (A; hier als "Orangerie"
bezeichnet) bezogen. Von der Menagerie sind in den jeweils viergeteilten
äußeren Rasenflächen die "Hühner häuser" (G) sowie bei den das Becken
viertelkreisförmig umfassenden Hecken die "alte[n] Adler Häuser" (H) und
schließlich die Taubenhäuschen des breiten Mittelwegs gezeigt. Im Westen ist
das Gelände durch eine halbkreisförmig umschließende Hecke mit
vorgelagerten Gebäudeteilen abgeschlossen. In den schraffierten Flächen
könnten sich der Vermutung Lehmanns nach große Volieren befunden
haben.539
Die grau lavierte Böschung vermittelt zum höherliegenden Gelände der
Landstraße. Auch innerhalb des Gartens musste das zum Auepark hin
abfallende Niveau durch eine weitere Böschung ausgeglichen werden.
In der Mitte des Gartenareals liegt quer zur Mittelachse ein von einer Hecke
umschlossenes vertieftes Parterre mit kleinem Wasserbecken. Richtung Osten
folgen zwei kleine, von Diagonalwegen durchzogene Boskette und ein größeres
Wasserbecken, die von Baumreihen flankiert werden. Die beiden
Viertelsegmente des Ostabschlusses zeigen Boskette mit geschlängelten
Wegen.
Weiterhin ist das erst nach 1781 erbaute „Treibhaus“ (D) eindeutig nachträglich
einskizziert.
Beschreibungen der Tierunterkünfte (Tierbehälter) existieren heute nicht mehr.
Allerdings liegt für das Vogel- bzw. Straußenhaus ein Entwurf von Simon Louis
Holtmeyer 1923, Taf. 13). Die Zweiteilung des Gartens lässt auch der Plan von Selig, 1781,
erkennen.
536
Der Nachfolger Friedrichs II., Landgraf Wilhelm IX., versuchte 1794 erfolglos, das Gelände
zu verkaufen. Schließlich wurde es an eine Privatperson verpachtet und in eine große Wiese,
die spätere Hofbleiche, umgewandelt. Möglicherweise war die Verkaufsabsicht, zu der am
27.2.1794 eine Resolution erlassen wurde, der Anlass, den Bestand des Menageriegartens
noch einmal zeichnerisch im oben genannten Plan festzuhalten. Die rote Markierung in der
Gartenmitte könnte mit einer geplanten Grenzziehung beim vorgesehenen Verkauf in
Zusammenhang stehen. Vgl. Fenner 2004, Nr.1.84.9.1.
537
1793 lautet ein Vermerk im Inhaltsverzeichnis des Klebebands. Es ist jedoch wahrscheinlich,
dass du Ry auf einen bereits zu einem früheren Zeitpunkt angefertigten Plan zurückgriff und
diesen aktualisierte und ergänzend beschriftete. So fällt auf, dass an drei Stellen
Gebäudedarstellungen rasiert und die Flächen anschließend neu laviert wurden, wie sich leicht
an den unterschiedlichen Farbwerten erkennen lässt. Die Umrisslinien dieser Baulichkeiten sind
an diesen Stellen noch in Resten sichtbar.
538
Es fehlen zwei Gebäude am Fuße des Hanges unter der Frankfurter Straße sowie ein
weiteres auf der Grünfläche des „Thier Behälters“ C.
539
So Lehmann 2009, S.86.
97
du Ry aus der Zeit 1764-85 vor (Abb.52).540 Das Blatt zeigt in perspektivischer
Ansicht und im Grundriss ein zweigeteiltes Vogelhaus mit umzäunten
Auslaufflächen. Der Typus des Gebäudes entspricht kleinen Gartenhäusern mit
Walmdach und Lukarne, wie sie im 18. Jahrhundert vielfach in Bürgergärten
entstanden.541 Vor den Tierhäusern sind zwei Rampen vor den Zugängen
vorgesehen und eine von außen zu bedienende Heiznische an einer
Längsseite. Die zwei dargestellten Strauße veranschaulichen mit den anderen
beiden Vögeln die Größenverhältnisse.
Im Aufriss legen Bäume und eine hohe gerundete Hecke mit ausgeschnittenen
Arkaden das westliche Halbrund des Gartens als geplanten Standort nahe.
Anders als in diesem Entwurf wurden die vier Vogelhäuser jedoch auf
quadratischem Grundriss ausgeführt, so wie es im Lageplan von du Ry von
1793 unter „G“ erkennbar ist.
4.2 Tierbestand
Die Leitung der pflegerischen Betreuung der in den fürstlichen Menagerien
gehaltenen Tiere lag in der Regel in den Händen von Hofgärtnern, nicht von
Stallmeistern oder anderen auf die Versorgung von Tieren spezialisierten
Personen.542 Während der Zeit ihres Bestehens stand der Kasseler Menagerie
Johann Wagner als Inspector543 vor. Seit 1771 war Carl Schildbach544 zunächst
als Aufseher, später als Menagerieverwalter tätig (bis 1785). Darüber hinaus
waren weitere zwei oder drei Wärter angestellt. Tierärzte wurden entweder im
Bedarfsfall zugezogen oder vertraglich zu Dienstleistungen verpflichtet. Der
Kasseler Tierbestand wurde von Johann Adolph Kersting tierärztlich betreut.545
Noch im Gründungsjahr der Kasseler Menagerie, am 24. Oktober 1764,
besuchte der schottische Schriftsteller und Rechtsanwalt James Boswell (17401795) die Tiersammlung. Er befand sich auf einer Reise durch Deutschland, die
Schweiz, Italien und Frankreich, die insgesamt von 1763 bis 1766 andauern
sollte. Seine Eindrücke hielt er lobend in einem Tagebuch fest:
„Darauf besuchten wir die Menagerie, die sich sehen lassen kann. In einem Käfig
bemerkte ich zehn oder zwölf Menschenaffen, in einem andern die verschiedenen
Arten von Papageien. Schliesslich ergingen wir uns noch auf den Hängen, auf
546
geschmackvoll angelegten Wandelwegen.“
An den hohen Bestand an Affen in der Menagerie erinnert heute noch der
Name der Affenallee.547 Im Sommer wurden die Tiere an Pfählen gebunden
540
Dieser Entwurf wird von Modrow noch Cuvilliés zugeschrieben und mit den Entenhäusern im
Bereich des Ententeiches im Schlosspark Wilhelmsthal in Verbindung gebracht, was aber nicht
wahrscheinlich ist. Vgl. Modrow 1998, S.64.
541
Fenner 2004a, Nr. 1.84.9.2.
542
Dittrich 2001, S.76.
543
So Scherer 1890, Nr. 98.
544
Carl Schildbach (1730-1817) schuf auch die berühmte „Holzbibliothek“, die noch heute im
Kasseler Naturkundemuseum aufbewahrt wird.
545
Kersting wurde später der erste Lehrer an der hannoverschen Vieharzneischule. Vgl.
Dittrich/Rieke-Müller 1996, S.152.
546
Zitiert aus Ruhl 1991, S.39.
547
Die Affenallee ist heute eine ca. 500 m lange Kastanienallee am Westufer der Kleinen Fulda.
Sie verband in der Barockzeit den Haupteingang der Karlsaue (Marmorbad) mit der Menagerie
98
gehalten. Auf diesen war eine kleine Hütte als Unterschlupf für die Affen
während schlechten Wetters angebracht: „Auf einem schönen grünen Platz
sieht man in angenehmen Tagen des Frühjahrs viele Affen an Pfäler
angekettet, die, wie Hunde kleine Häuschen dabey haben, worinnen sie sich
Nachts und bei übelem Wetter verbergen können [...].“548
Seit der Gründung im Jahre 1764 vergrößerte sich der Tierbestand ständig:
Zum exotischen Bestand der Menagerie zählte Schmincke im Jahr 1767 „[...]
verschiedene Papageyen, indianische Raben [Ara], einen Sonnenvogel,
chinesische Fasanen, Gänse von dem Camp und von Astrakan, türkische und
andere fremde Enten, Kraniche, Pfauen und Steinadler, Affen und mehrere
dergleichen Thiere.“549
Am 14. Nov. 1768 meldete der Gesandte in Berlin, Graf Oeynhausen, die
Ankunft von zwei Tiroler Gämsen für die Menagerie.550 1771 gelangte weißes
Edelwild aus dem Tiergarten Sababurg in die Kasseler Menagerie.551 Die
Lieferung von zwei Leoparden, zwei Caroliner Enten und vier Vögeln wurden in
Briefen vom 16. und 23. Mai 1771 bestätigt.552 Die Leoparden vermehrten sich
zusehends in der Menagerie, was von Tischbein überraschend zur Kenntnis
genommen wurde: „diese [Leopardin] bekam in selbiger Zeit zwei Junge; sie
hatte schon einigemal geworfen, was selten in Europa ist.“553
Am 30. Mai 1772 kündigte der hessische Geschäftsträger in Genua ein Mufflon
aus Korsika an.554
Im Jahr 1778 führt der hessische Kriegsrat Regnerus Engelhard neben
„schöne[m] Federvieh“ auch „eine Menge von seltenen fremden Thieren und
Vögeln“555 auf. Er nennt
„Löwen, Leoparden, Trampelthiere oder sogenannte Dromedare, eine Art Kameele
mit duppeltem Buckel, ein weißes Kameel, Büffelochsen und Kühe, ein schön
gezeichnetes Rehe von der Insel Ceylon, Rennthiere, Gemsen, Stachelschweine,
Seehunde und andere kleine Thiere; Und von Vögeln ein Kasuarius, Pelikan,
König Wauwau [Königsgeier], Adler, Kraniche, Pfauen, Flaminko, Papageyen von
mancherley Gattung, indianische Raben, Sonnenvögel, chinesische Fasane,
Gänse vom Kap und aus Astraban, türkische und andere fremde Enten, und
556
dergleichen.“
Zum ersten Mal wird in seinem Bericht ein Elefant erwähnt, der die
Hauptsehenswürdigkeit unter den Menagerietieren darstellte: „Insbesondere ist
(spätere Hofbleiche) im entlegenen Parkteil unterhalb vom Weinberg. Nach 1981 wieder
hergestellt.
548
Günderode 1781, S.69.
549
Schmincke 1767, S.403.
550
StAM, Friedrich II., 4 f., Genua.
551
„Reichlich versehen mit weißem Edelwild waren vorzüglich die fürstlichen Thiergärten unter
L. Friedrich II. Im September 1771 wurde das sämtliche weiße Wild im Thiergarten zu Sababurg
eingefangen und 4 der besten Hirsche mit 16 Thieren in den Thiergarten zu Weissenstein, 2
andere Hirsche und alle Thiere in die Menagerie zu Kassel, die übrigen Hirsche nebst 16 rothen
Thieren aber in die Aue zum Jagen gesetzt.“ Zitiert aus: Landau 1849, S.260.
552
Uni-Bibliothek Handschriftenabteilung. Vgl. Lehmann 2009, S.88.
553
Zitiert aus: Tischbein 1861, S.127.
554
StAM Friedrich II, 4 f., Genua.
555
Engelhard 1778-1781, S.135, § 128.
556
Ebd. S.136, § 128.
99
darinnen seit 1773 ein junger Elephant, eine für hiesige Gegend gar seltene
Erscheinung, zu sehen, der in solcher Zeit sehr gewachsen, aber auch wilder
geworden ist.“557
Zwei Jahre später, 1780, berichtet Günderode von der Unterbringung des
Elefanten in einem eigens für ihn errichteten Gebäude:
„Unter denen mancherley Thieren so daselbst aufbehalten werden, ist ohnstreitig
der schöne Elephant das merkwürdigste, welcher erst 8 Jahre alt und beynahe 10
Schuhe hoch ist. Er bewohnet einen grossen Saal in einem eigenen Hause, der
geplättet und gut erleuchtet ist, auch sehr reinlich gehalten wird: worinnen er denn
an die hintern Füsse mit sehr starken Ketten angeschlossen ist; vor seinem
gewöhnlichen saal hat es ein mit starken Palisaden umgebenes Vorzimmer im
Freyen, und bey schönem Wetter wird seine Kette so lang gelassen, daß er da
hinaus und frische Luft schöpfen kann, allemal geht er ungern in seinen Saal
zurück; [...] Täglich bekommt er 50 Pfund Brot, zwey Mesten gelbe Rüben und
sonstige Wurzeln, 24 Pfund Heu und starke Streue, die er meist auch verzehrt; mit
dem Trunk hält er es ganz nach seinem Gutdüncken, zu Zeiten geschieht es, daß
er bis 20 Eimer Wasser hintereinander und auch bisweilen einen ganzen Tag
558
hindurch gar nichts trinket. [...].
In dem Elefantenhaus befand sich auch ein Zimmer für seinen Wärter namens
Döring. Beide mussten sich im Winter die Ofenheizung teilen: „[...] gleich neben
diesem [Haus des Elefanten] ist das Zimmer seines Verpflegers, ein Ofen heizt
beyde.“559
Bei dem Tier handelte es sich um einen jungen indischen Elefanten560, der im
September 1773 aus den Niederlanden561 nach Kassel gelangte. Transportiert
wurde er vermutlich über die Wasserwege - gängige Routen aus Holland waren
Rhein und Main ab Rotterdam bis Hanau und dann der Landweg sowie
Nordsee, Weser und Fulda.
Die genauen Umstände seines Erwerbes sind nicht bekannt. In den
Rechnungslisten des Kasseler Hofes sind im Monat September 1773 „Transport
Kosten von dem Elephanten von Haag bis Cassell“ mit 354 Rthlr (Reichsthaler)
25 Alb (Albus) 8 Hr (Heller) verbucht.562 Diese Summe entspricht fast dem
Jahresgehalt von 400 Talern, das Soemmering bei seiner Anstellung in Kassel
gewährt wurde.563 Für den Elefanten selbst sind keine Ausgaben ausgewiesen,
er scheint also ein fürstliches Geschenk gewesen zu sein.564
557
Ebd. S.135-136, §128.
Günderode 1781, S.70-71.
559
Ebd. S.70.
560
Laut Wenzel handelte es sich um ein Exemplar der biologischen Spezies Elephas maximus
L. (=Elephas indicus, Indischer Elefant), der aus Südasien (Indien oder Sri Lanka/Ceylon)
importiert worden ist. Das Alter des Elefanten bzw. sein Geburtsjahr lassen sich aus den
vorliegenden Quellen nicht eindeutig ermitteln. Soemmering bezeichnet den von ihm sezierten
Elefanten als neunjährig. Vgl. dazu Wenzel 1988, S.74.
561
Bei der Tierbeschaffung wurde der Gesandte Conrad Friedrich Ludwig von Wülkenitz als
Gesandter eingesetzt. In einem Schreiben vom 17. August 1773 berichtet er dem Landgrafen
aus der königlichen Sommerresidenz „Het Loo“, dass er „alle Anweisungen hinsichtlich des
Elefanten genau beachten wolle.“ Zitiert aus: StAM 5, 12260, Bl.7. Vgl. auch Wenzel 1988, S.75
sowie Wegner 1991, S.52. Andere Autoren behaupten, der Elefant sei aus London bezogen
worden: So z.B. Dittrich 2001, S.72., sowie Rieke-Müller 1997, S.18.
562
StAM, Rechnungen II, 655, Kassel 1773, Bl. 130.
563
Vgl. Wenzel 1994, S.271.
564
Das war nicht unüblich. Der Prinz von Oranien schenkte 1770 einen Elefanten für die
Menagerie in Wien-Schönbrunn. Vgl. Wenzel 1988, S.76 und Wenzel 1994, S.271. Bereits zwei
Jahre zuvor, 1771, hatte der Londoner Tierhändler Thomas Tennant dem Landgrafen Friedrich
II. von Hessen-Kassel einen erst zwei Jahre alten weiblichen indischen Elefanten zum Kauf
558
100
Der großzügige Schenker ist in den Quellen nicht überliefert. Nach
Schaffrath/Ruhnau handelte es sich um ein Geschenk des Prinzen Friedrich
(1747-1837) an seinen Vater Landgraf Friedrich II..565 Andere Autoren führen
Prinz Wilhelm V. von Oranien, den Statthalter in den Niederlanden (1748-1806),
als Schenker auf, was durchaus wahrscheinlicher ist.566 Dieser unterhielt eine
gut ausgestattete Menagerie bei seinem Sommerschloss „Het Kleine Loo“,
nahe bei Apeldoorn in der niederländischen Provinz Geldern. Die Beschaffung
neuer Tiere aus den ostindischen Kolonien bereitete ihm keinerlei Probleme. So
lebte von 1769 bis 1774 ebenfalls ein männlicher indischer Elefant in seiner
Menagerie.567 Bereits 1770 hatte Wilhelm V. einen weiteren Elefanten nach
Wien für die Menagerie in Schönbrunn verschenkt. Es kann vermutet werden,
dass der holländische Statthalter zur Pflege guter diplomatischer Beziehungen
den Elefanten nach Kassel verschenkte. Nach Wenzel könnte der konkrete
Anlass auch die Anfang 1773 vollzogene zweite Eheschließung von Friedrich II.
gewesen sein.568
Elefanten waren selten, die wenigsten Menschen konnten sich rühmen, einen
lebendigen Elefanten gesehen zu haben: „Elephanten gehören unstreitig zu den
größten Seltenheiten in den Menagerien, und zwar nicht sowohl rücksichtlich
der Seltenheit in ihrem Vaterlande, als vielmehr wegen der Kostspieligkeit ihres
Unterhaltes.“569 Allein der Unterhalt des Kasseler Elefanten kostete jährlich 100
Louis d’or (umgerechnet etwa 500 Goldtaler).570 Trotz dieser immensen
Betriebskosten war es Ziel eines jeden Besitzers, sich solch ein Tier
anzuschaffen. Der Wert lag in seiner „Publikumstauglichkeit“, solch ein seltenes
Tier war ein großer Publikumsmagnet, eine touristische Attraktion für jede
Menagerie und konnte die Schaulust der Besucher befriedigen.571 So
beschreibt Günderode das Tier als „das merkwürdigste“572 in der Kasseler
Menagerie, womit er es unter die absoluten „Sehenswürdigkeiten“ zählt.
Für die Unterhaltung der gut ausgestatteten Menagerie musste Friedrich II.
enorme Finanzmittel aufbringen, die sich aus Anschaffungs- und Betriebskosten
zusammensetzten. Zur Neuanschaffung von Tieren stellte er aus seiner
angeboten. Der Handel kam jedoch nicht zustande, was auf die immense Summe von 1600
Louis d’or zurückgeführt wird, die der Verkäufer forderte. Vgl. StAM 5, 12260, Bl.5. Auf diese
Quelle beziehen sich auch Oettermann 1982, S.143f. sowie Wenzel 1988, S.75.
565
Schaffrath/Ruhnau 1988, S.3. Diese These ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Dem
Landgrafen Friedrich II. war aufgrund seines Übertritts zum katholischen Glauben von seinem
Vater Wilhelm VIII. in der Assekurationsakte von 1755 jeglicher Einfluss auf die Erziehung
seiner Söhne abgesprochen worden. Die Versöhnung zwischen Vater und Sohn erfolgte erst
am 27. Oktober 1782. Es scheint daher zweifelhaft, dass der Prinz bereits neun Jahre zuvor
dem Vater ein derart wertvolles Geschenk gemacht haben soll.
566
So Rieke-Müller 1997, S.19; Wegner 1991, S.52; Lehmann 2009, S.92.
567
Dieses Tier wurde nach seinem Tod von dem holländischen Anatomen Pieter Camper
seziert. Der Verlust in der Menagerie wurde durch das neue Elefantenpaar „Hans und
Margarete“ ersetzt. 1795 wurde das Elefantenpaar nach dem siegreichen niederländischen
Feldzug der französischen Armee nach Paris verschleppt. Der Elefantenbulle „Hans“ ging 1801
ein. „Grete“ soll bis 1825 in Paris gelebt haben. Vgl. dazu Oettermann 1982, S.148f.
568
Wenzel 1988, S.76.
569
Zitiert aus: Oettermann 1982, S.90.
570
Diesen Betrag nennt Günderode 1781, S.71.
571
Die ersten indischen, d.h. gezähmten und als „Haustiere“ abgerichteten Elefanten gelangten
nicht vor 1513 nach Europa. Afrikanische, d.h. ungezähmte Elefanten, kamen seit ca. 1470 aus
den portugiesischen Besitzungen am Kongo nach Europa. Vgl. dazu Oettermann 1982, S.35.
572
Günderode 1781, S.70.
101
Privatschatulle noch bis in die Mitte der 70er Jahre jährlich große Summen zur
Verfügung: Im Jahre 1772 waren es 1817 Taler und im Jahre 1774 insgesamt
939 Taler. Bis zu seinem Tode sank der Zuschuss niemals unter 100 Taler.573
Der Elefant stand auch im Mittelpunkt des künstlerischen Interesses. Neben
Besichtigung durch Einheimische und Reisende war er Gegenstand
bildnerischer Darstellungen: Am 18. Oktober 1779 zeichnete ihn Pieter Camper
bei seinem Besuch Soemmerings in Kassel. Der Maler Johann Georg Pforr
(1745-1798) stellte ihn auf einem Gemälde dar, das im 2. Weltkrieg zerstört
wurde.574 Auch Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751-1829) und dessen
Bruder Johann Heinrich Tischbein jun. (1742-1808) stand er Modell.575 Der
Grenadier und Schulmeister Johann Tobias Dick dichtete Verse auf den
Elefanten und andere Tiere der Menagerie: „Der weisere Elefant, ein
beweglicher Hügel, Unterstützt von vier Füßen, wie Säulen gestaltet.“576
Nachdem das Palais des Prinzen Maximilian zwischen 1766 und 1769 zum
Opernhaus umgebaut worden war, kam der Elefant zusammen mit Kamelen
zunächst bei Aufführungen im Triumphzug auf die Bühne.577 Diese Einsätze in
der Oper gehörten gewissermaßen zu den „Dienstpflichten“ des Tieres. 578
Später diente der Elefant als Arbeitstier im Auegarten. Dabei stürzte er im
August 1780 am steilen Auehang und starb an den Folgen eines
Schädelbruches.579
4.3 Anatomische Forschungen
Die in der fürstlichen Menagerie eingegangenen Tiere wurden im Auftrag des
Landgrafen für wissenschaftliche Untersuchungen in der Anatomie
verwendet.580 Von 1779 bis 1784 lehrte Samuel Thomas Soemmering (17551833) als Anatomieprofessor der Hochschule. In dem neu errichteten
Anatomiegebäude
am
Leipziger
Platz581
hatte
er
vorzügliche
573
StAM Rechnungen, II, 655; Cabinettskasse, II, 96; Chatoullrechnungen. Mit dem Zuschuss
aus seiner Privatkasse konnte Friedrich II. 1781 einen Papagei für 45 Taler erwerben. Allein der
Transport eines Löwen und einiger „Kronenvögel“ kostete ihn 1772 69 Taler 23 Albus. Vgl.
hierzu auch Both/Vogel 1973, S.81-82.
574
Das Gemälde von Johann Georg Pforr ist ein Kriegsverlust. Vgl. Wenzel 1988, S.87. Im
Katalog der Königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel von 1888 ist es unter Nr. 711 aufgeführt:
„Ein Tierstück. In einer italienischen Landschaft [...] steht in der Mitte [...] ein Elephant mit dem
Rüssel einen [...] Bären bedrohend.“ Vgl. Eisenmann 1888, S. 399.
575
„Auch malte ich für den Landgrafen Thiere aus der Menagerie, worunter einige seltene und
schöne waren, ein Elefant, ein Löwe, ein Leopard und eine Leopardin.“ Zitiert aus: Tischbein
1861, S.127.
576
Dick 1789, S.161f..
577
Bei einer Opernaufführung wurde vergebens versucht, den Elefanten zusammen mit
mehreren Kamelen im Triumphzug auf die Bühne zu bringen: „Denn während die Kameele
geduldig mitwandelten, geberdete er [der Elefant] sich so trotzig und widerspenstig, daß man
auf seine Mitwirkung beim Spiel verzichten mußte und ihn auch fernerhin ungeschoren ließ.“
Zitiert aus: Scherer 1890, Nr.97; Vgl. auch den Bericht bei Engelhard 1778-1781, S.108.
578
Oettermann nennt weitere Beispiele für Auftritte von Elefanten auf Theaterbühnen Europas.
Vgl. Oettermann 1982, S.42.
579
Sander 1784, S. 235.
580
Both/Vogel 1973, S.78.
581
Das neue Theatrum anatomicum für das Collegium Carolinum am Leipziger Platz wurde ab
1777 nach Plänen von Simon Louis du Ry gebaut und 1779 eingeweiht. Als das Collegium
102
Forschungsmöglichkeiten, um grundlegende anthropologische Untersuchungen
durchzuführen.582 Darüber hinaus diente das Gebäude auch der öffentlichen
Anatomie und besaß daher Schaubühne und Zuschauerränge. Zusammen mit
Georg Forster (1754-1794) und weiteren Lehrern der Naturwissenschaften
betreute Soemmering auch das Landgräfliche Naturalienkabinett im Museum
Fridericianum.583 Dort fanden die verstorbenen Tiere der Menagerie als
zoologische Präparate Aufnahme und dienten somit zugleich als Studienobjekte
für Gelehrte des Collegium Carolinum.584
Der Bestand der Menagerie war bereits 1780 durch mehrere
aufeinanderfolgende Todesfälle geschrumpft: „Alle fleischfressenden Thiere
sind gestorben und stehen im Naturalienkabinett ausgestopft.“585 Im Jahr 1779
zergliederte und präparierte Soemmering einen Leoparden, einen Tiger, ein
Kamel, einen Seehund und einen Kasuar.586 Letzterer war das erste
anatomische Präparat eines außereuropäischen Vogels in Europa.587
Ein Auszug aus einem Brief Soemmerings an seinen Vater aus dem Jahr 1779
belegt den damaligen Stelllenwert der Hochschule:
„Ich ziehe Kassel allen Universitäten, selbst Göttingen [...] in Deutschland, Berlin
ausgenommen, vor, theils der Größe des Ortes, theils der Zeit, die ich zum
Studiren übrig habe, theils der großen Menagerie, die der Landgraf unterhält, theils
588
der Sauberkeit des ganz neuen Theaters wegen.“
Die wissenschaftliche Bearbeitung des Tierbestandes dürfte sich ganz auf
anatomische Untersuchungen beschränkt haben, von denen aber nur wenige
veröffentlicht wurden. Darüber hinausgehende Beobachtungen der lebenden
Tiere wurden wohl angestellt, aber nicht dokumentiert. So vermerkte der
Paläontologe Johann Heinrich Merck in einem Brief an die Herzogin von
Hessen-Darmstadt 1780 nach dem Besuch von Kassel: „Die Menagerie der
wilden Thiere war wirklich in Cassell wichtiger, als die von den gelehrten
zahmen in Göttingen, und wir haben verschiedene Beobachtungen gemacht,
die nicht in den Büchern stehen, und die nicht wegzuwerffen sind.“589
Im Auftrag des Landgrafen wurde der Elefant 1780 von Soemmering für das
Naturalienkabinett im Museum Fridericianum seziert. Elefantensektionen sind in
der Geschichte der vergleichenden Anatomie seit den 1770er Jahren bekannt –
Carolinum 1787 nach Marburg verlegt wurde, ließ Wilhelm IX. im Herbst 1787 das Gebäude
abtragen und in Marburg wieder aufrichten. Zur Geschichte des anatomischen Theaters vgl.
Wenzel 1988, S.20-28.
582
Soemmering entdeckte die Sehnervenkreuzung bei den Säugetieren und experimentierte mit
Freiballons.
583
Forster verließ Kassel 1784, Soemmering 1786.
584
Both/Vogel 1973, S.81.
585
Sander 1784, S.235. „Der Elephant, der hier noch 7. Jahr lebte, starb, als er 13. Jahr war,
schnell, vermuthlich aus Geilheit, oder weil er sich nicht baden konnte. Man hat ein Skelet
davon, und die Haut mit kleinen Hautstücken ausgestopft. Sie wog 1200 Pfund und nach der
Gare 702. Pfund.“ Zitiert aus ebd. S.235.
586
Der Kasuar war während Soemmerings Reise nach Thorn im Spätsommer 1779 gestorben.
Vgl. Wenzel 1988, S.27.
587
Follmann/Kuster-Wendenburg 1979, S.131.
588
Zitiert aus: ebd. S.134.
589
Zitiert aus Merck 1968, S.16.
103
vor diesem Hintergrund ist die Kasseler Elefantensektion als ein seltener
Ausnahmefall zu sehen.590
Soemmerings eigene Schilderung der Elefantenpräparation findet sich in einem
Brief an einen nicht bekannten Empfänger:
„Kaum war das Kamel seciert, so crepirte der Elephant; leider war die Hitze so
groß, daß die Weichtheile nicht benutzt werden konnten. Der Landgraf ließ
Hülfsleute, Hebebäume usw. aus dem Arsenal zur Zergliederung bewilligen. Aber
es heißt etwas, einen Körper von 80 Zentnern regieren, der täglich 65 Pfund Brod
und 30 Pfund gelbe Rüben fraß. Der Elephant hatte 9 Jahre in Cassel gelebt und
war in dieser Zeit ziemlich gewachsen. Das Skelett soll hoffentlich gut gerathen
und das Theater zieren. Leider war die Fäulnis durch die Wärme so entsetzlich,
daß das Gehirn ausfloß und so heiß war, dass es rauchte. Der Leib und Magen
591
zersprang nach den eingeschnittenen Integumenten mit furchtbarem Getöse.“
Ein Sektionsbericht von Soemmering oder eine andere Arbeit zur
Elefantenanatomie ist nicht bekannt. Nach der Sektion wurden zwei Präparate
fertiggestellt: ein von Soemmering hergestelltes Skelett und die von Schildbach
ausgestopfte Haut.592 Beide Präparate wurden 1780 im ein Jahr zuvor
fertiggestellten Museum Fridericianum ausgestellt. Die Kasseler Sammlung
erhielt damit als erste Mitteleuropas ein Ganzpräparat eines Großsäugers.593
Der ausgestopfte Elefant war im Museum Fridericianum eine Sehenswürdigkeit,
der das Interesse der Reisenden weckte: „Ich will nur das nennen, was mir am
merkwürdigsten schien. [...] 3) Der Saal mit den ausgestopften Thieren,
worunter ein Elephant in LebensGröße, u. sehr viele ausländische Ungeheuer
das merkwürdigste war.“594 Der ausgestopfte Elefant existierte bis 1943, als er
im zweiten Weltkrieg bei einem Bombenangriff verbrannte. Das Skelett des
sogenannten
„Goethe-Elefanten“
ist
noch
heute
eine
bekannte
Sehenswürdigkeit der zoowissenschaftlichen Abteilung des Kasseler
Ottoneums.
Als Objekt der Knochenlehre erregte der Elefant das Interesse von Johann
Wolfgang von Goethe. Zeugnis dafür ist ein langer Briefwechsel mit
Soemmering über die Ausleihe des Elefantenschädels nach Eisenach und
Weimar. Neben diesem fordert er auch einen Nilpferdschädel an595, der aber
nicht eintraf. Im Sommer 1784 erbat er weitere Schädel von Ameisenbär,
Schuppen- und Gürteltier.596 Goethe benutzte den Schädel des Elefanten für
seine vergleichend-morphologischen Studien über den Zwischenkieferknochen,
das „os intermaxillare“ (1784), womit er einen wichtigen Beitrag zur
Evolutionstheorie lieferte.597
590
Die Sektion des Elefanten aus der Menagerie Het Kleine Loo des Erbstatthalters der
Niederlande, Wilhelm V, die 1774 von Soemmerings Lehrer und Mentor Pieter Camper
durchgeführt wurde, gilt als die erste wissenschaftliche Sektion eines solchen Großsäugers.
Vgl. Wenzel 1994, S.280.
591
Zitiert aus: Follmann/Kuster-Wendenburg 1979, S.134.
592
Wenzel 1994, S.283.
593
Ebd., S. 134.
594
Der Reisende Johann Just Oldekop (1772-1811) war 1791-1795 Student der
Rechtswissenschaft in Göttingen und reiste 1793 über Pfingsten mit Kommilitonen nach Kassel.
In zwei Briefen an seine Eltern schildert er seine Eindrücke, die er während seiner beiden
„Lustreisen“ in Kassel 1793 und 1794 gewonnen hat. Die Briefe sind ediert, transkribiert und
erläutert von Wegner 1991, S.52.
595
Goethe an Soemmering, Weimarer Sophienausgabe IV 6, S.277f.
596
Goethe an Soemmering, 5. August 1784, Weimarer Sophienausgabe IV 6, S. 328-330.
597
Wegner 1991, S.52. An dem Schädel des Elefanten betrieb Goethe seine Studien zum
Zwischenkieferknochen, den er 1784 auch am Menschen nachweisen konnte.
104
Soemmering zergliederte auch menschliche Leichen, darunter Verstorbene der
„Mohrenkolonie“ Mulang am Bergpark Wilhelmshöhe.598 Dort hatte Friedrich II.
eine kleine Kolonie von Afrikanern errichten lassen. Diese „Mohren“ stammten
meist aus Amerika, wo sie von hessischen Offizieren, die dort im Zuge der
amerikanischen Befreiungskriege auf englischer Seite kämpften, nach Kassel
überschickt wurden bzw. mit den hessischen Truppen aus Amerika
zurückkamen. 599
4.4 Die Auflösung der Menagerie
Noch im Todesjahr Friedrichs II., 1785, kurz nach dem Regierungsantritt seines
Sohnes Wilhelm IX., wurde die Menagerie aufgelöst. Nicht Desinteresse an
fremdländischen Tieren oder finanzielle Zwänge dürften dafür entscheidend
gewesen sein. Die Auflösung der kostspieligen Menagerie seines Vorgängers
durch Wilhelm IX. ist wohl eher als Reaktion auf die schweren Hungersnöte in
der deutschen Bevölkerung zu sehen.600 Dass gerade in Perioden der
Hungersnot die Verpflegung der „nutzlosen“ Menagerietiere des Fürsten mit
Fleisch, Fisch, Brot und Obst gesichert war, konnte Unmut und Proteste in der
Öffentlichkeit auslösen und mag unter der Bevölkerung mit Erbitterung
registriert worden sein.601 Die Schaffung eines positiven Klimas in der
Bevölkerung scheint die Auflösung der Menagerie initiiert zu haben.602
Nach der Auflösung der Kasseler Menagerie wurde das weiße Edelwild in den
Tiergarten an der Aue verlegt.603 Die übrigen überlebenden Tiere wurden an
Herzog Karl II. August von Pfalz-Zweibrücken, den designierten Erbe des
Großherzogtums Bayern, verkauft.604 Er besaß seit 1778 eine Tiersammlung in
der weitläufigen Park-Gartenanlage seines Schlosses Karlsberg bei Homburg.
Das Schloss des passionierten Sammlers barg eine wertvolle
Gemäldesammlung und eine umfangreiche Naturaliensammlung. In einem
Wintergarten, in dem exotische Pflanzen standen, wurden auch Vögel in kleinen
Volieren und zwischen den Bäumen an Ketten gegurtete Äffchen gehalten.
Seine Menagerie bestand bis 1793 und befand sich fern vom Schloss im
Englischen Garten, versteckt in einem Wäldchen. Eine genaue Beschreibung
598
Die Dorfanlage Mulang ist bis heute eines der außergewöhnlichsten Beispiele für die
Chinoiseriemode des 18. Jahrhunderts. Vgl. dazu Steinhauer 2003.
599
Während der Kasseler Jahre sezierte Soemmering vier männliche Schwarze. Vgl. Enke
1994, S.116. Vgl. auch: Samuel Thomas Soemmering: Über die körperliche Verschiedenheit
des Mohren vom Europäer, Mainz 1784. Auf diese Schrift beriefen sich Naturforscher und
Anthropologen noch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, um entweder Detailkenntnisse zur Kritik
oder Zustimmung zu liefern oder um die Unterdrückung der Schwarzen zu rechtfertigen.
600
Dittrich 2001, S.77.
601
1815 war die Menagerie Thema während revolutionärer Unruhen an der Universität
Tübingen: Eine Flugschrift von 1815 rechnete König Friedrich vor, er habe für seine
Affenmenagerie mehr als für die Universität ausgegeben. Vgl. Wandel 1987, S.364. Vgl. auch
Dittrich 2001, S.77.
602
Auch Wilhelm I. von Württemberg ließ als eine seiner ersten Amtshandlungen 1816 die
Menagerie seines Vorgängers König Friedrich I. vor den Toren Stuttgarts auflösen. Dies ist ein
Hinweis auf die negative Bedeutung, die er der Menagerie für die Öffentlichkeit während der
Hungerperiode dieses Jahres zumaß.
603
„Als nach L. Friedrich II. Tode die Menagerie aufgehoben wurde, kam das darin befindliche
weiße Edelwild in den Thiergarten der Aue. Später ging es jedoch sehr ab und 1806 waren
daselbst nur noch 4 Stück weißes Edelwildpret vorhanden.“ Zitiert aus: Landau 1849, S.260.
604
StAM 5, Nr. 19821, fol.9. Vgl auch Scherer 1890, Nr. 98, sowie Rieke-Müller 1997, S.21.
105
der Anlage fehlt. Zum Tierbestand zählten „kanadische Füchse“, Hunde, Gänse
aller Art605, Auerhähne, Wasserraben, Schwäne, Pelikane, Störche, Uhus,
Seidenhasen in einem eigenen Hasenhaus und anderes Kleingetier, darunter
Meerschweinchen. Die Katzensammlung bestand aus Perserkatzen und „alle
Sorten ausländischer Katzen“. Die größeren Tiere, wie Bären, Jaguare und
Wölfe, waren hinter Eisengittern untergebracht.606
Fremde Besucher wurden nicht geduldet, sogar Angehörigen des Hofstaates
war der Besuch verboten. Es handelte sich um ein „privates Paradies des
Zweibrücker Herzogs“607, also eine als höfische Einrichtung unzeitgemäße
Liebhaberei eines Fürsten in der Zeit der Spätaufklärung.
Nachdem das Schloss 1793 von französischen Truppen besetzt und in Brand
gesteckt worden war, wurden die Menagerietiere von den Soldaten
abgeführt.608 In der Schadensliste vom 3. September 1793 werden als Verlust
aufgeführt: ein „afrikanischer Königsvogel“ (1100 Gulden), fünf „ausländische
Adler“ (250 Gulden pro Vogel) und zwei Affen.609 Teils mögen sie verzehrt
worden sein, die wertvolleren gelangten möglicherweise nach Paris in die
Menagerie im Jardin des Plantes.
4.5 Die Menagerie als Bestandteil der Bildungspolitik des Aufgeklärten
Absolutismus
Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel fühlte sich den Ideen des aufgeklärten
Absolutismus verpflichtet. Es war sein Ziel, die Residenzstadt Kassel mit einer
neuen Blüte der Künste, Musik und Theater zu einem beachteten Mittelpunkt
kulturellen Lebens zu machen. Seine Reformbestrebungen erstreckten sich
auch auf alle Gebiete der Verwaltung und Wirtschaft. Er förderte die
Entwicklung der Wissenschaften durch die Gründung von Akademien und
Universitäten sowie durch den Aufbau von wissenschaftlichen Sammlungen. Im
Vertrauen auf eine postulierte naturgegebene Bildungsfähigkeit des Menschen
versuchte er, seine Untertanen zum Nutzen des Staates durch Belehrung zu
von Vernunft beherrschten Menschen zu entwickeln. In diesem Zusammenhang
sind auch die volksbildenden Bemühungen des Landesherrn zu sehen, wie die
Zulassung öffentlicher Schaustellungen von Sammlungsobjekten, die Öffnung
der eigenen Sammlungen im Museum Fridericianum, die Neuorganisation des
Collegium Carolinum610, die Förderung der allgemeinen Schulbildung etc.
Die pädagogischen und kulturellen Bemühungen seiner Regierung beriefen sich
auf die These der Aufklärung, nach der sich der Mensch durch Bildung veredeln
605
Darunter „rarste Kobelgänse, ägyptische, ostindische Gänse und Astrachan-, Kanada- und
Kap-Gänse.“ Vgl. Weber 1987, S.343.
606
Zum Tierbestand vgl. ebd., S.343-345.
607
Ausst.Kat. Saarbrücken 1989, S.30.
608
Die Zerstörung geschah vor dem Hintergrund der Auflösung der Menagerie in Versailles
durch jakobinische Kräfte. Sie galt diesen seit der entsprechenden Stellungnahme der
Enzyklopädisten nur noch als Ausdruck von Fürstenherrschaft und Luxus sowie
Verschwendung von Geldern und Nahrungsmitteln an nutzlose Tiere, während das Volk
hungerte. In Deutschland hatte sich auch schon 1788 Adolf Freiherr von Knigge gegen die
Haltung von Wildtieren ausgesprochen – dies war die erste grundsätzliche Kritik an Menagerien
überhaupt. Vgl. dazu Rieke-Müller 1997, S.23.
609
Weber 1987, S.343.
610
Aus einer Vorschule für die Universität mit propädeutischen Lehrkursen wurde in der
Regierungszeit Friedrichs II. eine Art Hochschule mit drei Fakultäten und einem Lehrplan, der
auch neuere Sprachen, schöne Künste und Leibesübungen berücksichtigte.
106
und glücklich werden könne. Die Kulturpolitik mit den zentralen Aufgaben der
Erziehung und Bildung richtete sich an ein bildungsfreudiges Bürgertum und
sollte das Wohl des Volkes fördern.
Friedrich II. legte großen Wert auf die wissenschaftliche Nutzung der
Menagerie. Ähnlich anderen Fürsten hatte er Interesse an der Zoologie, die sich
in erster Linie mit der Artenerkenntnis als Grundlage der zoologischen SpeziesKlassifizierung befasste. Neben der bereits erwähnten Beziehungen zu England
ist die Kasseler Menagerie im Zusammenhang mit der Förderung
naturhistorischer und physiologischer Untersuchungen durch den Landgrafen
zu sehen. Aus dieser Sicht interessierten sich der Weltreisende Georg Forster
und der Mediziner Soemmering für die Tiere der Menagerie. Ihr Interesse galt
nicht nur systematischen und vergleichend-anatomischen Fragen, sondern
auch den Regeln des Lebens und Empfindens, mithin dem Zusammenhang der
Dinge in der Natur.611 Welche Beobachtungen die beiden Naturforscher in der
Kasseler Menagerie machten, ist nicht dokumentiert. Aufgrund ihrer
physiologischen und chemischen Herangehensweise dürften sie Interesse an
der Ergründung der Möglichkeiten zur körperlichen und geistigen
Perfektionierung von Lebewesen und vor allem an Fragen der Vererbung von
Eigenschaften gehabt haben.612
Als Fürst des aufgeklärten Absolutismus machte Friedrich II. die Menagerie
unentgeltlich und unter Aufsicht öffentlich zugänglich.613 Die Anlage diente also
nicht nur der Repräsentation des Landgrafen und der Wissenschaft, sondern in
erster Linie der Anschauung und Belehrung der Untertanen. Damit stand
Friedrichs Menagerie in einer Reihe mit drei anderen höfischen Anlagen in
Europa: der Menagerie in Wien-Schönbrunn614 (1752 bis heute), der am
Schlösschen Retrait vor den Toren Stuttgarts615 (1812-1816), und der auf der
Pfaueninsel bei Potsdam616 (1820-1844).
611
Beide jungen Naturforscher waren Freimaurer und pflegten Kontakte zum Orden der
Rosenkreuzer. Die Menagerie war also auch als Bestandteil einer esoterischen Annäherung an
die Natur zu betrachten. Vgl. dazu: Sahmland 1994, S.353-422.
612
Rieke-Müller 2001, S.12.
613
Rieke-Müller 1997, S.19. Scherer 1890, Nr.97.
614
Um einen artenreichen Tierbestand zu erzielen, sandte Kaiser Joseph II. mehrere
Expeditionen nach Nord-, Süd- und Mittelamerika, Südafrika, Madagaskar und Mauritius aus,
die Pflanzen und Tiere zu wissenschaftlichen Zwecken sammeln sollten. In der Menagerie
gestorbene Tiere wurden der Wiener Tierarzneischule zur Ermittlung der Todesursachen
überwiesen. Sie dienten damit der Vertiefung vergleichender pathologisch-anatomischer
Kenntnisse. Zoologisch interessante Tierkadaver gelangten in das Wiener Naturalienkabinett,
wo sie als Skelett- und Stopfpräparate aufgestellt wurden. Vgl. Dittrich /Rieke-Müller 1996,
S.150f. Die Menagerie war seit ihrer Gründung für ausgewählte Persönlichkeiten, die
Hofgesellschaft und Gäste bei Hofe zugänglich. Nach dem Tod Franz Stephans konnte man sie
seit 1765 öffentlich und unentgeltlich besichtigen. Mit dem Druck eines Kataloges der
vorhandenen Tiere von 1799 erschien ein erster bekannter Menagerieführer durch eine
stationäre Tierhaltung. Vgl. Rieke-Müller/Dittrich 1998, S.11.
615
Die Stuttgarter Menagerie war vom Umfang her die bedeutendste in Deutschland zu Beginn
des 19. Jahrhunderts. Die Sammlung umfasste beim Tod des Königs Friedrichs I. 1816 etwa
220 Tiere in 109 Arten. Auch hier wurden die gestorbenen Tiere zur Präparation an das
Naturalienkabinett des Hofes und an das der Landesuniversität Tübingen überwiesen. Bei der
Auflösung der Menagerie wurden einige Tiere für das Naturalienkabinett eingeschläfert,
darunter einer der drei asiatischen Elefanten, was den hohen Wert der musealen zoologischen
Sammlung zeigt.
616
Gehalten wurden auf der Pfaueninsel graue Riesenkängurus, Affen, exotische Hirsch- und
Rinderarten, Wildschweine, Wölfe, Braunbären, ab 1831 ein Löwe, Greifvögel, Fasanen,
107
Die übrigen Menagerien im deutschsprachigen Raum von Schwetzingen (17631784), Nymphenburg (1778-1826), Karlslust (Karlsberg, nach 1778-1793),
Ludwigsburg (nach 1790-1816), Wien-Hofburg (1805-1835), Karlsruhe (18121818) und Putbus (Rügen, 1830-1860) waren nur dem jeweiligen Fürsten und
seiner Familie, der Hofgesellschaft und ausgewählten Gästen zugänglich.617
In einer Verordnung aus dem Jahre 1766 zur Regelung der Ordnung in der
Aue-Menagerie erklärte Landgraf Friedrich II., er sehe es gerne, „daß
Jedermann von der Promenade in Unserem großen Auegarten profitieren möge
[...].“618 Wie andere absolutistisch aufgeklärte Fürsten ging er davon aus,
„daß die Berührung ihrer Landeskinder mit einer ästhetisch gestalteten und
gepflegten Garten- und Parklandschaft und mit den gehaltenen, d. h. gezähmten
Wildtieren einen günstigen Einfluß auf die Herzens- und Gemütsbildung hätte und
619
den Wunsch auslöse, sich selbst durch Erziehung zu vervollkommnen.“
Aufgrund von Schwierigkeiten, wie der zunehmenden Zerstörung von Wegen
und Hecken, wurde die Nutzung der Aue-Anlage allerdings durch eine
strengere Parkordnung geregelt.620
In sämtlichen Parkordnungen zur Aue finden sich „Fremde“ immer ausdrücklich
erwähnt und stets privilegiert. Reisende und Gäste waren also fest als Nutzer
und Konsumenten in das Konzept einbezogen. Die Resonanz auf die
Menagerie lässt erkennen, wie ein tiefer Eindruck in der Öffentlichkeit durch die
Konfrontation mit lebenden Exoten erzielt wurde. Dabei ist die Wirkung des
lebenden exotischen Tieres als Anschauungsobjekt auf das allgemeine
Tierverständnis nicht zu unterschätzen. Dem Fürsten ging es nicht mehr primär
um die Präsentation der Tierwelt fremder Faunen als Beleg für den Reichtum
der Schöpfung. Vielmehr bargen Menagerien eine gute Möglichkeit, die
Untertanen aus einer Welt der Mythen und Fabelwesen durch Vermittlung
realer Naturobjekte zu lösen. Damit hatten sie einen Anteil daran, dass ihre
Besucher einen Eindruck von Tieren gewinnen konnten und unterscheiden
lernten zwischen diesen und einem durch Literatur und mündliche Überlieferung
Tauben, Entenvögel, darunter schwarze Schwäne aus Australien, und Papageien. Anlagen für
Großsäuger gab es nicht. Ab 1837 wurden alle gestorbenen Tiere an der Berliner
Tierarzneischule seziert. Dort gab es auch eine Sammlung anatomischer Präparate, zoologisch
interessante Objekte wurden dem Zoologischen Museum zugeführt. Der Tierbestand auf der
Pfaueninsel bildete nach dem Tode des Königs Friedrich Wilhelm III. den Grundstock für den
1844 eröffneten Berliner Zoo, den ersten deutschen bürgerlichen Tierpark. Vgl. Dittrich /RiekeMüller 1996, S.154f..
617
Dittrich 2001, S.68.
618
Verordnung vom 21. November 1766, die Promenade in dem hiesigen fürstlichen Auegarten
betreffend, in: Landesordnungen 1785, S. 388. Auch zitiert in: Both/Vogel 1973, S.175/176.
619
Zitiert aus: Dittrich 2001, S.78.
620
Nach dem Dekret des Landgrafen blieb es „[...] denen von Adel, Räthen, Standespersonen,
Handels-Kauff- und andern reputirlichen Bürgers-Leuten Einheimisch und Fremden“ gestattet,
„unbenommen und frey in besagtem Unserm Aue-Garten ohne jemand Hinderung spazieren zu
fahren, zu reiten und zu gehen.“ Es sollten aber „keine gemeine Soldaten, geringe HandwercksPursche, Tagelöhner, Knechte und Mägde ohne ihren Herrn, vielweniger Jungens, Kinder oder
andere liederliches Gesindel und Bettler passiret, sondern zurück gewiesen werden.“ Zitiert aus:
Verordnung vom 21. November 1766, die Promenade in dem hiesigen fürstlichen Auegarten
betreffend, in: Landesordnungen 1785, S. 388. Das Dekret bezieht sich auf den gesamten
Auebezirk. Der Besuch der seitlich vom Hauptweg gelegenen Menagerie wurde durch weitere
restriktive Maßnahmen – nur für Standespersonen („fremde Personen von Stand“), man hatte
sich anzumelden und wurde vom Menagerie-Inspektor geführt – darüber hinaus noch
eingeschränkt. StAM 5, Nr. 12540, fol. 5-10. Vgl. auch Dittrich 2001, S.79.
108
vermittelten poetisch-literarischen oder phantastischen bzw. mythologischen
Tierbild.621
Die Bedeutung der Menagerie als Ort der Anschauung des lebenden Tieres lag
Ende des 18. Jahrhunderts im vorwissenschaftlichen Bereich als Ergänzung der
Kenntnisse von Skeletten, Präparaten und Bälgen. Der Betrachtung lebender
und damit realer exotischer Tiere kam ein hoher Stellenwert für ein rational
begründetes Weltbild zu. Die Kasseler Menagerie unter Friedrich II. lieferte
damit also einen Baustein für die Grundlage eines objektivierten Bildes vom
Tier für das sich im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts allmählich
herausbildende, naturwissenschaftlich begründete Weltbild.
Obwohl die Kasseler Menagerie noch der Schaulust der Besucher diente, hatte
sie die repräsentative Bedeutung für die Hofhaltung des Fürsten - vergleichbar
mit der davor liegenden Epoche des Barock - verloren.
621
Vgl. dazu Dittrich/Rieke-Müller 1996, S.150.
109
Schlussbemerkung
Die vorliegende Studie verfolgte zwei übergreifende Ziele. Erstens wird die
Haltung fremdländischer Tiere seitens der Landgrafen von Hessen-Kassel
untersucht. So kommt es besonders darauf an, die einzelnen historischen
Sammler-Persönlichkeiten zu umreißen und ihre Antriebe zum Sammeln in die
richtige zeitgeschichtliche Situation zu stellen. Obwohl die hessischen
Landgrafen bereits seit dem 15. Jahrhundert Einrichtungen für exotische Tiere
besaßen, kann von einer systematisch aufgebauten Menagerie erst im
barocken Zeitalter des Landgrafen Karl gesprochen werden. Hier muss von
einer Einheit von Menagerie und Kunst- und Wunderkammer ausgegangen
werden. Als wesentliche Ergänzung der enzyklopädischen Sammlung im
Kunsthaus ermöglichte die Menagerie als abgeschlossener Gebäude- und
Gartenkomplex die Zusammenführung und Haltung aller bekannten
ausländischen Tierarten an einem Ort. Trotz räumlicher Trennung waren
Kunstkammergegenstände und lebende Menagerietiere Bestandteil einer
gemeinsamen universalen Sammlungsidee.
In einem anderen Kontext muss die spätere Menagerie des Landgrafen
Friedrich II. gesehen werden. Im Zeitalter der Aufklärung stand die Bestrebung
im Vordergrund, die Sammlung zum Nutzen eines erweiterten Publikums zu
institutionalisieren, wobei es zum Verlust des konzeptionellen Gerüsts
frühneuzeitlicher Sammlungstätigkeit kam. So kann dargelegt werden, dass die
Motivation zur Gründung seiner Menagerie als Bestandteil der Ideen des
Aufgeklärten Absolutismus zu bewerten ist.
Im Verlauf der Untersuchung wurde deutlich, dass unter den Zeugnissen für
den Besuch von Menagerien die Berichte Reisender eine eigene
Quellenkategorie darstellen. Ihre Schilderungen zeigen, dass die beiden großen
Kasseler Menagerien von ihnen als Sehenswürdigkeit aufgesucht wurden. Da
sie fremdländische Tiere unter den Kategorien des Ausgefallenen und
Ungewöhnlichen darboten, kamen sie dem Bedürfnis nach dem „Curieusen“ in
besonderer Weise entgegen. Die Reiseberichte gestatten daher in besonderer
Weise einen Blick durch die zeitgenössische Brille auf die Menagerie als
Raritätenkabinett. Der Motivation der Reisenden zum Besuch der Menagerien
lag derselbe neugierige Blick zugrunde, der auch zum Besuch der
Kunstkammer anregte und die Auswahl der Gegenstände dort bestimmte.
Zweitens wurde das Tierstück des Hofmalers Johann Melchior Roos einer
eingehenden Analyse unterzogen. In Teil III, Kapitel 3.5, gilt der Schwerpunkt
der Untersuchung der Einordnung des Kasseler „Tierstücks“ in den Bildtypus
des frühneuzeitlichen Sammelbildes. Die Untersuchung zielte auf einen
Strukturvergleich zwischen dem Sammlungstyp Kunst- und Wunderkammer
und dem Kasseler Sammelbild. Es kann nunmher dargelegt werden, dass
dessen Rezeptionsstruktur auf neugieriges Sehen abgestimmt ist, das Fülle,
Verschiedenheit und Miniaturhaftigkeit liebte. Staunen machende Überfülle und
gezielte Unübersichtlichkeit des visuellen Angebotes wurde auch in manchen
Kunstkammern inszeniert (z.B. in München).
Schließlich relativiert bzw. korrigiert das Ergebnis der Untersuchung die
verbreitete Forschungsannahme, in dem Gemälde eine Dokumentation einer
„realen“ Menagerie zu sehen.
110
Zusammenfassend sei festgehalten, dass der Kasseler Sammlungskomplex die
Symbiose von Kunst, Natur und Wissenschaft bildhaft vor Augen führt. Indem in
dem Kasseler „Tierstück“ das lebende Tier selbst zum Kunstobjekt wird, zeigt
sich das Vorhandensein der Kunst in der Natur und umgekehrt, wird die
wechselseitige Durchdringung beider Pole erlebbar. Der Anspruch der barocken
Kunst- und Wunderkammer auf enzyklopädische Vollständigkeit verweist auf
die Zusammengehörigkeit aller Wissenschaften und Künste und lässt die
Grenzen zwischen den Disziplinen aufbrechen.622
Letztlich versteht sich die vorliegende Untersuchung als Beitrag zur
Rekonstruktion der ehemaligen Residenzstadt Kassel. Die „Hochphase“ der
Menagerie des Landgrafen Karl fällt genau in die Zeitspanne, in der in
Deutschland auch die meisten übrigen barocken Menagerieanlagen geplant (ab
1700) und entstanden sind (zwischen 1715 und 1763). Damit steht die Kasseler
Tiersammlung in einer Reihe mit den wichtigsten Menagerien im
deutschsprachigen Raum, wie den Anlagen von Wien, Karlsruhe, Oranienburg,
Dresden und Weimar. Das „Tierstück“ von Roos ist ein einzigartiges Dokument
für diese frühe Form der höfischen Tierhaltung in Kassel und in seiner
kulturgeschichtlichen Bedeutung nicht hoch genug einzuschätzen.
622
Heute ist die Schau auf dieses historische Ensemble weitgehend verlorengegangen. Nach
Durchbruch des vorwiegend naturwissenschaftlich orientierten Denkens in der Aufklärung
wurde ein großer Teil der landgräflichen Sammlung aus der früheren Einheit der „Kunstkammer“
herausgelöst. Die Sammlung ist zerschlagen und aufgeteilt worden in die entsprechenden
Spezialsammlungen. Heute präsentiert allein die MHK neun fachlich unterschiedliche
Sammlungen in sechs Gebäuden. Hinzu tritt das Städtische Naturkundemuseum im Ottoneum
mit seinen botanischen, geologischen und zoologischen Sammlungen.
111
Bibliographie
Archivalien
Hessisches Staatsarchiv Marburg (StAM):
Bestand 4f: Staatenabteilung
4 f Brandenburg (fränk.) 218
Dank des Markgrafen Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach für das
für 2 übersandte Kamele gemachte Gegengeschenk, 1719.
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Die Generalstaaten schenkten einen Bären, dem ein Löwe und ein Tiger
nachfolgen sollen, 1727.
4 f Polen 218
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Gegengeschenk in Pferden, 1730-1732.
4 f Preußen 410
Zusendung zweier Bärinnen seitens des Kurfürsten von Brandenburg, 1688.
4 f Preußen 548
Übersendung eines weißen Bären an den Landgrafen seitens des Königs
von Preußen, 1722.
Bestand 4 b: Hofhaltung
4 b 674
„Verzeichnis aller im Kunsthaus befindlichen Schildereyen“. Inventar der
Kasseler Galerie aus dem Nachlass Landgraf Carls von 1730.
Bestand 5: Geheimer Rat
5, 12260, Bl.5-7.
5, 12540, fol.5-10.
5, Nr. 19821, fol.9.
Bestand 6a: Hessisches Geheimes Kabinett
6a, Nr.60
Verzeichniss derer Treib und Glaß Hauß Pflanzen, welche sich dermalen in
der Herrschaftlichen Orangerie zu Cassell befinden – sämtlich in Scherben,
specificat Cassel den 12ten Janius 1800.
112
Bestand R: Rechnungen
(R) II, 655, Kassel 1773, Bl. 130.
(R), II, 655; Cabinettskasse, II, 96; Chatoullrechnungen
Inventare MHK
Kunsthaus–Inv. 1744
Verzeichnis aller im Kunst=Haus befindlichen Schilderyen. Nr. 1 bis 790.
Manuskript MHK.
Inventar 1816
Inventarium der Gemälde-Gallerie zu Cassel mit Supplements I-VI. 1816ff.
Nr. 1-2178. Manuskript MHK.
Sächsisches Hauptstaatsarchiv (Sächs HstA)
loc.380, fol.236f.
Papiers concernant les emplettes des porcelaines en Hollande […] 17161718.
loc. 589. fol.6 a/b
Verschiedene in Hamburg auch sonst erkaufte wilde Thiere, 1718.
Spezialreskripte 1730 Nr. 233 vom 14.8.1730
Brief des Moritzburger Amtmannes Tüllmann an den König
113
Gedruckte Quellen und Schriften vor 1810
Apell 1805
Apell, David August von: Cassel in historisch-topographischer Hinsicht, Marburg
1805.
Bacon 1594/1862
Bacon, Francis: Gesta Grayorum 1594, in: Collected Works, ed. Spedding et al.
Vol. 8, London 1862, S.332-342.
Calzolari 1622
Calzolari, F.: Museum Calceolarium, Verona 1622.
Camillo 1550
Camillo, Giulio: L’ Idea del Theatro, Florenz 1550.
Dilich 1605/1961
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Fürsten und Herrn Eugenii Francisci Hertzogen zu Savoyen und Piemont,
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Merian 1655
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Beschreibung vnnd eygentliche Abbildung der vornehmsten Stätte vnd Plätze in
Hessen, vnnd denen benachbarten Landschafften, als Buchen, Wetteraw,
Westerwaldt, Löhngaw, Nassaw, Solms, Hanaw, Witgenstein, vnd andern,
Frankfurt a. M., 1655.
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Sturm, Leonhard Christoph: Der Geöffnete Ritter-Platz. Worinnen Die
vornehmsten Ritterlichen Wissenschafften und Ubungen, Sonderlich, was bey
der Fortification, Civil-Bau-Kunst, Schiff-Fahrt, Fechten, Reiten, Jagen,
Antiquen so wol als Modernen-Müntzen und Medaillen, Hauptsächliches und
Merckwürdiges zu beobachten, In Erörterung der nohtwendigsten und
gewöhnlichsten Kunst-Wörter, wie auch einer kurtzgefasten Beschreibung, und
zierlichen Kupffer-Figuren Denen Liebhabern zum Vergnügen [...] an das Licht
gestellet werden, Hamburg 1715.
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Zanten (1700) 1998
Zanten, Huub Veldhuijzen van (Hg.): Wonderen der Natuur in de Menagerie van
Blauw Jan te Amsterdam, zoals gezien door Jan Velten rond 1700, Amsterdam
1998.
137
Abbildungen
138
Abb. 1: Antonio Pisanello, Grüne Meerkatzen, um 1430,
Skizzenbuch des British Museum, London
Abb.2: Menagerie von Versailles, Ansicht von Südosten,
Kupferstich von Antoine Aveline, 2. Hälfte 17. Jahrhundert
139
Abb.3: Menagerie von Versailles, Ansicht von Nordwesten, Kupferstich von
André Pérelle, 2. Hälfte 17. Jahrhundert, Paris, Bibliothèque Nationale
Abb.4: Menagerie von Versailles, Hof der Kraniche,
Kupferstich von Gérard Scotin, 2. Hälfte 17. Jahrhundert
140
Abb. 5: Salomon Kleiner, Menagerie des Prinzen Eugen von Savoyen und
Piemont, Kupferstich aus „Wunderwürdiges Kriegs- und Siegs-Lager deß
unvergleichlichen Heldens unserer Zeiten [...]“, Teil 6, Blatt 5, 1736
Abb.6: Salomon Kleiner, aquarellierte Federzeichnungen ausländischer Tiere
der Menagerie des Feldmarschalls Prinzen Eugen von Savoyen in Wien:
VII., Steppenvögel, 1732, Graphische Sammlung, Albertina, Wien
141
Abb.7: Salomon Kleiner, aquarellierte Federzeichnungen ausländischer Tiere
der Menagerie des Feldmarschalls Prinzen Eugen von Savoyen in Wien: III.,
Kleinere Raubtiere und Wiederkäuer, 1732, Graphische Sammlung, Albertina,
Wien
Abb.8: Salomon Kleiner, aquarellierte Federzeichnungen ausländischer Tiere
der Menagerie des Feldmarschalls Prinzen Eugen von Savoyen in Wien: VI.,
Größere Raubtiere und Affen, 1732, Graphische Sammlung, Albertina, Wien
142
Abb.9: Entwurf für die Menagerie in Schönbrunn, Grundriss der Anlage und
Aufriss der Gebäude, lavierte Federzeichnung von Nicolas Jadot de Ville-Issey,
um 1751, Albertina Wien
Abb.10: Lustschloss Belvedere bei Weimar, Ansicht von Norden,
im Hintergrund die Menagerie, kolorierte Zeichnung
von Johann Adolph Richter, um 1750, Kunstsammlungen Weimar
143
Abb.11 : James Forbes, Jardin des Plantes, Valeé Suisses, 1816
Abb.12: Ansicht des ersten Lustgartens auf der Voraue von Süden,
kolorierter Kupferstich aus: Braun-Hogenberg, Civitates orbis terrarum, 1572,
MHK, Graphische Sammlung, Kassel
144
Abb.13: Der Garten Wilhelms IV., Bestandsplan von Joist Moers, um 1597,
Staatsarchiv Marburg R III 7
Abb.14: Ansicht des Lustgartens nach den Veränderungen unter Landgraf
Moritz; am Nordwestrand der Moritzaue die neu erbaute Meierei,
aus: Matthäus Merian, Topographia Hassiae, 1646
145
Abb.15: Einzug der englischen Gesandten im Jahre 1596. Stich von Wilhelm
Dilich aus: Ritterspiel am Fürstlichen Hoff zu Cassel, 1601,
Universitätsbibliothek, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek, Kassel
Abb.16: Philipp Wilhelm Leopold, Stadtplan von 1751 (Ausschnitt der Karlsaue),
Zeichnung, Graphit, Feder in schwarz, braun und rot, laviert,
MHK, Graphische Sammlung, Kassel.
Das eingezeichnete Quadrat verweist auf die Tierunterkünfte in der
Regierungszeit des Landgrafen Karl (1654-1730, reg. ab 1670)
146
Abb.17: Giovanni Ghezzi, Karlsaue, Bestandsplan der Wirtschaftsgebäude und
Stallungen an der Orangerie, 1738-40, Graphit, Feder in schwarz, grau laviert,
MHK, Graphische Sammlung, Kassel
147
Abb.18: Umgestaltungsplan der Karlsaue, sog. „Stockholmer Plan“,
1728, Nationalmuseum Stockholm.
Westlich der Karlsaue, am Fuße des Weinbergs,
befindet sich der Garten des Prinzen Maximilian.
148
Abb.19: Johann Melchior Roos, Daniel in der Löwengrube, 1685,
66,5 x 95,5 cm, Saarbrücken, Saarlandmuseum
Abb.20: Johann Melchior Roos, Bärenhatz, 1714, 200 x 271 cm,
Pommersfelden, Gräflich Schönbornsche Kunstsammlung
149
Abb. 21: Johann Melchior Roos, Löwen vor ihrer Höhle, 1716, 62,5 x 51 cm,
Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut
Abb.22: Johann Melchior Roos, Eisbären in gebirgiger Landschaft, 1718,
87 x 68,5 cm, München, Kunsthandel
150
Abb. 23: Johann Melchior Roos, Landschaft mit zwei weißen Rehen, 1730,
34 x 38 cm, Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig
151
Abb.24: Johann Melchior Roos, Zwei Waldschnepfen in der Landschaft,
um 1726, 69 x 78 cm (mit Rahmen), Naturkundemuseum Kassel
Abb.25: Johann Melchior Roos, Zwei Varietäten von Feldhühnern, 1726,
73 x 79 cm (mit Rahmen), Naturkundemuseum Kassel
152
Abb.26: Johann Melchior Roos, Die Menagerie des Landgrafen Carl, 1722-28,
ca. 340 x 665 cm, MHK, Gemäldegalerie Alte Meister, Kassel
153
Abb.27: Johann Melchior Roos, Mopshündin, um 1722, 90 x 74 cm,
MHK, Gemäldegalerie Alte Meister, Kassel
Abb.28: Peter Paul Rubens, Daniel in der Löwengrube, um 1613 (?), 224 x 330
cm, Washington, National Gallery of Art
154
Abb.29: Jacob Dobbermann, Orpheus spielt mit den Tieren, um 1715,
Straußenei, beschnitzt, Gesamthöhe 23,2 cm,
MHK, Sammlung Angewandte Kunst, Kassel
Abb.30: Nicolas Reusner (1545-1602), Emblemata II, Nr.1, M.D. LXXXI
155
Abb.31: Das „Kunsthaus“ (Ottoneum) zur Zeit Landgraf Karls (1654-1730, reg.
ab 1670), Rekonstruktionszeichnung von Christian Presche
unter Bearbeitung einer Zeichnung von Alois Holtmeyer
Abb.32: Simon Louis du Ry, Museum Fridericianum. Ansicht und Grundriss
des Erdgeschosses nach Kupferstich von J. C. Müller und G. W. Weise,
MHK, Graphische Sammlung, Kassel
156
Abb.33: Johann Melchior Roos, Das Reich der Tiere, 1728, Öl auf Lwd.,
104 x 168 cm, Herzog Anton Ulrich–Museum, Braunschweig
157
Abb.34: Naming the Beasts, Englisches Bestiarium, 12. Jh.,
St. Petersburg, Staatliche Bibliothek
Abb.35: Adam naming the animals, 12. Jh., Private Collection
(Northumberland Bestiary), Alnwick
158
Abb.36: Lucas Cranach d.Ä., Das Paradies, 1530,
Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Abb.37: Jan Breughel d. Ä., Paradieslandschaft mit Arche Noah, um 1613-15,
61 x 90,2 cm, Budapest, Szépmüvészeti Museum
159
Abb.38: Jacob Savery, Das Paradies, Öl auf Kupfer, 1601, 47 x 72,5 cm,
Kettwig, Sammlung Girardet
Abb.39: Roelant Savery, Das Paradies, 1618, 35 x 107 cm,
Prag, Nationalgalerie
160
Abb.40: Roelant Savery, Orpheus spielt vor den Tieren, Öl auf Holz,
55 x 100 cm, deutscher Privatbesitz
Abb.41: Frans Snyders, Das Vogelkonzert, um 1630-40, Öl auf Leinwand,
136,5 x 240 cm, Eremitage St. Petersburg
161
Abb.42: Jan van Kessel, Vogelkonzert, 170 x 234 cm,
Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Antwerpen
Abb.43: Ludger tom Ring, Tierbild mit Ginsterkatze, um 1560, 37,5 x 58 cm,
Münster, LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte
162
Abb.44: Jan van Kessel d.Ä., Insekten und Kriechtiere, Öl auf Kupfer,
39,3 x 56,2 cm, Bonn, Rheinisches Landesmuseum
Abb.45: Jan D. de Heem zugeschrieben, Stillleben mit Muscheln und
Schnecken, um 1640/50, 88,5 x 136 cm, Wien, Kunsthistorisches Museum
163
Abb.46: Balthasar van der Ast, Muschelstillleben, um 1635, 30 x 47 cm,
Öl auf Holz, Rotterdam, Museum Boymans–van Beuningen
Abb.47: Ambrosius Bosschaert, Blumenvase in einer Wandnische, um 1620,
Öl auf Holz, 64 x 46 cm, Den Haag, Mauritshuis
164
Abb.48: Jan Brueghel d. Ä., Großer Blumenstrauß in einem Holzgefäß
(Wiener Kaiserkronenstrauß), um 1606/07,
Wien, Kunsthistorisches Museum
165
Abb.49: Johann Melchior Roos, Die Königin der Nacht in Knospe (links) und
Blüte (rechts), 1706, je 230 x 72,5 cm, MHK, Gemäldegalerie Alte Meister,
Kassel
166
Abb.50: Friedrich Wilhelm Selig, Plan der Fürstlich Hessischen Residenz und
Haupt Stadt Cassel (Ausschnitt der Karlsaue), Kupferstich von Gotthelf Wilhelm
Weise, 73 x 51,5 cm, 1781, Stadtarchiv Kassel
Abb. 51: Simon Louis du Ry, Lageplan der ehemaligen Menagerie
Landgraf Friedrichs II. vor dem Frankfurter Tor, um 1793,
MHK, Graphische Sammlung, Kassel
167
Abb.52: Simon Louis du Ry, Straußenhaus, Ansicht und Grundriss,
um 1764-85, MHK, Graphische Sammlung, Kassel
168
Abbildungsnachweis
Dittrich 1986/87: Abb.1
Paust 1996: Abb.2 bis 4, 9, 10
Gröschel 2008: Abb. 5 bis 8
Kourist 1976: Abb.11
Rohde/Becker/Langhorst 2004: Abb.12 bis 14, 50
Heppe 1995: Abb.15
Lehmann 2009: Abb.16, 17, 24, 25, 27 bis 29, 31, 32, 51, 52
Becker 1996a: Abb.18
Jedding 1998: Abb.19 bis 23, 33, 49
Werner 2011: Abb.26
Henkel/Schöne 1996: Abb.30
Janson 1952: Abb.34
Hassig 1995: Abb.35
Friedländer 1989: Abb.36
Ertz 1979: Abb.37
Ausst.-Kat. Köln 1985: Abb.38 bis 40
Robels 1989: Abb.41, 42
Lorenz 1996: Abb.43
Ausst.-Kat. Essen 2002: Abb.44, 45
Grimm 1988: Abb.46
Ausst.-Kat. Münster/Baden-Baden 1979: Abb.47
Welzel 2000: Abb.48
169
Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Dissertation selbständig und
ohne unerlaubte Hilfe angefertigt und andere als die in der Dissertation
angegebenen Hilfsmittel nicht benutzt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder
sinngemäß aus veröffentlichten oder unveröffentlichten Schriften entnommen
sind, habe ich als solche kenntlich gemacht. Kein Teil dieser Arbeit ist in einem
anderen Promotions- oder Habilitationsverfahren verwendet worden.
Petra Werner
Fuldabrück, den 22.02.2014
170