Briefpapiervorlage - LIGA - Österreichische LIGA für Kinder

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Briefpapiervorlage - LIGA - Österreichische LIGA für Kinder
Gedanken für den Tag - Teil 2 - Langversion
Wo steht Österreich heute im Kinderschutz?
Gestern in dieser Sendung habe ich die Frage aufgeworfen: wo steht denn Österreich im
Kinderschutz heute? Gelingt es uns, die Gewaltfreiheit gegenüber Kindern in der Familie als auch
in der weiteren Gesellschaft zu leben?
Ich möchte Ihnen dazu einige Zahlen nennen, die in ihrer Klarheit ziemlich ernüchternd und
erschütternd sind:
Sie bekannte schwedische Kinderbuchautorin Astrid Lindgren hat einmal formuliert: „Liebe kann
man lernen. Und niemand lernt besser als Kinder. Wenn Kinder ohne Liebe aufwachsen, darf man
sich nicht wundern, wenn sie selber lieblos werden.“
In einer Untersuchung des Familienministeriums 2009 bekannten sich die Hälfte aller
österreichischen Eltern dazu, in der Erziehung „leichte“ Körperstrafen anzuwenden, das meint
etwa eine leichte Ohrfeige oder einen „Klapps auf den Po“. 16 Prozent bekannten sich sogar zur
Ausübung sogenannten schwerer Körperstrafen, was von einer schallenden Ohrfeige über „so
richtig den Hintern versohlen“ bis hin zum Schlagen mit Gegenständen reicht. Von den heute 16 –
20 Jährigen geben 55 Prozent an, in ihrer Kindheit körperliche Gewalt erlebt zu haben.
Das bedeutet also circa 600.000 Kinder und Jugendliche, die aktuell mit alltäglicher
Gewalterfahrung groß werden in Österreich! Wie gibt es das, fragt man sich, wo es seit knapp 25
Jahren ein verfassungsrechtlich verankertes Gewaltverbot in der Kindererziehung gibt! Diese
Zahlen sind schlicht und einfach erschreckend, nicht nur in der Wucht ihrer Dimension sondern vor
allem in dem Wissen, dass dahinter unzählige Einzelschicksale verzweifelter und ohnmächtiger
Kinder stehen, wie Lisa, die mit 8 Monaten mit Serienrippenbrüchen ins Spital gebracht worden
ist, oder Michael, der mit 4 Jahren mit Zigaretten-Brandmalen im Kindergarten aufgefallen ist.
Diese Zahlen sind aber auch noch deshalb erschreckend, weil sie ein Ausdruck für die stille
Akzeptanz der Politik für den Status Quo sind. Österreich war zwar 1989 eines der ersten Länder,
welches ein Gewaltverbot in der Erziehung gesetzlich verankert hat, aber es wurde zu wenig für
die Bewusstseinsbildung getan, um dies auch in der Gesellschaft und im alltäglichen Leben der
Menschen zu verankern. Nur etwa 30 Prozent der Eltern haben heute überhaupt Kenntnis von
diesem Gesetz. Hingegen geben in Schweden knapp 90 Prozent der befragten Eltern an, von dem
dort geltenden Körperstrafenverbot gehört zu haben. Dementsprechend wenden schwedische
Eltern nur etwa ein Viertel an Körperstrafen an als in Österreich. Dieser Vergleich zeigt, was
Maßnahmen der Bewusstseinsbildung und öffentlichkeitswirksame Kampagnen bewirken können.
Da stellt sich mir die Frage, warum gibt es scheinbar grenzenlos Geld, um wirtschaftliche Produkte
breitenwirksam zu bewerben oder politische Botschaften unters Volk zu bringen, aber kein Geld
um das wertvollste gesellschaftliche Gut, das wir haben - unsere Kinder - zu schützen!
Kinder lernen an dem was sie selbst erfahren haben und geben es weiter. So dreht sich die Spirale
der Gewalt von einer zur nächsten Generation. Sie lernen, dass der Mächtige Recht hat und der
Gewalttätige bestimmt. Diese Erfahrungen gehen aber nicht spurlos an ihnen vorüber. Diese
Erfahrungen machen krank und den Anforderungen des Lebens gegenüber verwundbar.
Es wird immer sehr pathetisch, formuliert „Kinder sind unsere Zukunft“. Ja, das ist zweifelsohne
richtig, aber wir sind ihre Gegenwart! So wie wir heute Kinder behandeln, so werden sie die Zukunft
gestalten.