Ausgabe 10/11-2014 ( PDF , 2,3 MB, 24 Seiten)

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Ausgabe 10/11-2014 ( PDF , 2,3 MB, 24 Seiten)
Fachorgan des Sanitätsdienstes der Bundeswehr
58. Jahrgang - Heft 10-11 - 20. November 2014
Wehrmedizinische Monatsschrift
Herausgegeben durch das ­Bundesministerium der Verteidigung
Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V.
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Kongresse & Fortbildungen mit Industrieausstellungen
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Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. (DGWMP)
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Kongresskalender
15. - 18.10.2014
19th Annual EMN Congress (Euroacademia multidisciplinaria Neurotraumatologica) together with the 1st World Federation of Neurosurgical
Societies (WFNS) Committee Meeting of Military Neurosurgeons, Ulm
06.11.2014
11. Notfallsymposium, Westerstede
26. - 28.11.2014
1. Kreuther Symposium: Forum für MedABC-Schutz / ABCAbw /
Gesundheitsversorgung unter Katastrophenbedingungen, Wildbad Kreuth
14. - 16.01.2015
1. Arbeitstagung Zahnmedizin des Kdo RegSanUstg, Damp
28. - 30.01.2015
22. Jahrestagung ARCHIS, Papenburg
04. - 06.03.2015
13. Arbeitstagung der Offiziere des Sanitätsdienstes im Norden, Damp
20. - 21.03.2015
13. Aufbaukurs Allergologie, Ulm
04. - 07.05.2015
21th Nuclear Medical Defense Conference, Munich
07. - 09.07.2015
9. TCCC - Tactical Combat Casuality Care, Pfullendorf
15. - 17.10.2015
46. Kongress der DGWMP e. V., Oldenburg
27. - 29.01.2016
23. Jahrestagung ARCHIS, Hamburg
29. - 30.06.2016
CMC - Combat Medical Care Conferece, Ulm
06. - 08.10.2016
Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin
und Wehrpharmazie e. V.
Neckarstraße 2a
53175 Bonn
47. Kongress der DGWMP e. V., Ulm
Telefon 0228/632420 Fax 0228/698533 E-Mail: [email protected]
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Bundesgeschäftsstelle
345
Sehr geehrte Leserinnen
und Leser,
als Präsident des 45. Kongresses der
Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin
und Wehrpharmazie e. V. (DGWMP),
der vom 11. bis 13. September in Berlin
stattfand, ist es mir eine Freude, dass die
Wehrmedizinische Monatsschrift Ihnen
in dieser Ausgabe ausführlich über dieses
Ereignis berichtet. Mehr als 650 Teilnehmer hatten den Weg nach Berlin gefunden und in Plenarsitzungen, wissenschaftlichen Vorträgen, Arbeitsgruppen und -kreisen, Workshops, Posterpräsentationen und einer umfangreichen
Industrieausstellung das breite Spektrum der Wehrmedizin und
Wehrpharmazie mit ihrer Multidisziplinarität erfahren.
Tradition und Innovation – so das Motto des Kongresses – prägten die fachlich-wissenschaftlichen Inhalte dieser Veranstaltung, die zugleich daran erinnerte, dass es seit 150 Jahren militärmedizinische Gesellschaften in Deutschland gibt, und die
Sanitätsoffiziere damit zu den ersten gehörten, welche die wissenschaftliche Weiterentwicklung ihres Fachgebietes in einer
Fachgesellschaft verankerten. Oberfeldarzt Prof. Dr. Ralf Vollmuth beschreibt im ersten Artikel dieses Heftes diese Entwicklung aus der Sicht eines Medizinhistorikers.
Überleitend zum Thema der Innovationen widmet sich der Artikel des diesjährigen Preisträgers des Paul-Schürmann-Preises,
Oberfeldarzt Dr. Ruf, der Identifizierung molekularbiologischer
Marker zur Detektion der okkulten Metastasierung von Hodentumoren. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Wettbewerb
um den Heinz-Gerngroß-Förderpreis für junge Sanitätsoffiziere, die im Nachwuchsforum vortrugen, stellen ihre Vortragsinhalte in den anschließenden Kurzartikeln vor. Dieses soll vor
allem unseren akademischen Nachwuchs dazu anregen, die Erkenntnisse aus der eigenen wissenschaftlichen Arbeit mit den
Lesern der WMM zu teilen und Artikel einzusenden.
Einen breiten Raum nimmt die Berichterstattung über den Kongress selbst ein. Neben einer kurzen Vorstellung des Kongressverlaufes finden Sie, geehrte Leserinnen und Leser, eine Auswahl aus den Vorträgen und Postern in Form von Kurzberichten. Das Spektrum reicht dabei von der Geschichte der Wehrmedizin, über Beiträge aus der truppenärztlichen Praxis, den
Einsatz der Robotik für die Rehabilitation von Rückenmarkverletzten, bis hin zu zukünftig möglichen telemedizinischen Operationen. Ergänzt wird die Berichterstattung durch Beiträge aus
den Arbeitskreisen der DGWMP. Damit wird das umfangreiche
fachlich-wissenschaftliche Spektrum und die Vielfalt an
Informationen, zumindest in Teilen, allen zur Verfügung gestellt
– denjenigen, die sich die eine oder andere Präsentation noch
einmal in Erinnerung rufen und die gewonnenen Kenntnisse
vertiefen wollen, aber auch denen, die in Berlin leider nicht dabei sein konnten.
Ich wünsche Ihnen viel Freude, schöne Erinnerungen und Wissensgewinn beim Lesen dieser Ausgabe.
Ihr
Dr. Walter Kating, Oberstarzt
Leitender Arzt der Abteilung Radiologie am Bundeswehrkrankenhaus Berlin
Präsident des 45. Kongresses der DGWMP
Inhaltsverzeichnis
ISSN 0043-2156
Heft 10-11/58. Jahrgang Oktober-November 2014
Editorial
345
Kating, W.
Geschichte der Wehrmedizin
Vollmuth, R.
150 Jahre Deutsche Militärärztliche Gesellschaften und
ihre Bedeutung für die wehrmedizinische Wissenschaft
346
Paul-Schürmann-Preis 2014
Ruf, C.
Molekularbiologische Risikofaktoren einer Metastasierung
beim seminomatösen Keimzelltumor des Hodens
350
Heinz-Gerngroß-Förderpreis
Rudat, J.
Zur Problematik von Fremdkörpereinsprengungen im
Kopf – Hals – Bereich
357
Kaltenborn, A.
Das Hip Lag Zeichen - Ein neues, verlässliches klinisches Zeichen
zur Diagnose des Hüftabduktorenschadens im Licht der
Dringlichkeit präziser Untersuchungsmethoden im Einsatz 358
Müller-Schilling, L., Gundlach, N., Böckelmann, I., Sammito, S.
Einfluss der körperlichen Leistungsfähigkeit auf Überlastungs­beschwerden und Verletzungen im Rahmen
359
der allgemeinen militärischen Grundausbildung
Forstmeier, V.
Untersuchung der Dosis-Wirkungsbeziehung von Niedrigversus Hochenergie-Stoßwellentherapie auf die kutane
­Mikrozirkulation – Implikationen für das prä- und
postoperative Weichteiltraumamanagement?
360
Micheel, V.
Identifikation atypisch resistenter Enterobacteriaceae bei
Patienten einer Infektiologieabteilung auf Madagaskar
361
Heidelmann, L.M., Wulfert, C.-H., Rost, W.
Blended Learning in der Ausbildung des Militärchirurgen
am Beispiel eines Moduls Traumamanagement
362
Kongressberichte
363
45. DGWMP-Kongress, 10.-13.09.2014, Berlin
363
Festakt 150 Jahre Deutsche militärärztliche Gesellschaften
Kongresseröffung
Preisverleihungen
Vorträge und Poster
Aus den Arbeitskreisen der DGWMP e. V.
363
364
365
366
385
Mitteilungen aus der DGWMP e. V.
390
Titelbild:
Collage Bildhintergrund: DGWMP / Andreas Meyer-Trümpener
Grafische Gestaltung: Marlon Stork, Neunkirchen-Seelscheid
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
346
Geschichte der Wehrmedizin
Aus dem Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Potsdam (Kommandeur: Oberst Dr. Hans-Hubertus Mack)
150 Jahre Deutsche Militärärztliche Gesellschaften und ihre
­Bedeutung für die wehrmedizinische Wissenschaft
150 Years of German Societies for Military Medicine and their Significance for
the Science of Military Medicine
Ralf Vollmuth1
Zusammenfassung
Mit der Konstituierung der „Berliner militärärztlichen Gesellschaft“ am 10. September 1864 wurde eine Tradition
deutscher militärärztlicher Gesellschaften begründet, die
über die Umbenennung in die „Deutsche Militärärztliche
Gesellschaft“ im Jahre 1927 letztlich zur heutigen „Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie
e. V. (DGWMP) – Vereinigung deutscher Sanitätsoffiziere
(VdSO)“ führte. Alle diese Organisationen bewegten sich
inhaltlich zwischen wissenschaftlichen Fachgesellschaften
und militärärztlichen Standesvertretungen. Im Beitrag wird
beleuchtet, welche Funktionen ihnen für die Verwissenschaftlichung im Sanitätsdienst bzw. im Bereich der einschlägigen wissenschaftlichen Disziplinen im Wandel der
Zeit und in verschiedenen politischen Systemen zukommt:
Selbst zwar nicht aktiv in die Forschung eingebunden, waren
und sind sie von besonderer Bedeutung als (auf unterschiedlichen Wirkmechanismen beruhende) Katalysatoren der
Wissenschaft und als wichtige Organe der Wissensvermittlung.
Schlagworte: Berliner militärärztliche Gesellschaft, Deutsche Militärärztliche Gesellschaft, Deutsche Gesellschaft für
Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. (DGWMP) – Vereinigung deutscher Sanitätsoffiziere (VdSO), Geschichte, Tradition
Summary
The constitution of the „Berliner militärärztliche Gesellschaft“ (Berlin Military Medicine Society) on 10 September
1864 laid the foundations for a tradition among German soVortrag, gehalten im Rahmen des 45. Kongresses der DGWMP „Tradition & Innovation“ – Plenarsitzung 7 „Klinische Forschung im Sanitätsdienst“ – am 13. September 2014 in Berlin. Eine wesentliche Basis
dieses Vortrags und damit der vorliegenden Veröffentlichung bildet der
Beitrag von Ralf Vollmuth und André Müllerschön „Geschichte als
Auftrag für die Gestaltung der Zukunft. 150 Jahre ‚Deutsche Militärärztliche Gesellschaften‘“ in der Festschrift „150 Jahre Deutsche
Militärärztliche Gesellschaften 1864-2014“ [13]. Vgl. ebendort auch
die Zeittafel [9].
1
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cieties for military medicine that first led to its name being
changed in 1927 to the „Deutsche Militärärztliche Gesellschaft“ and eventually resulted in today’s „Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. (DGWMP)
– Vereinigung deutscher Sanitätsoffiziere (VdSO)“ (German
Society for Military Medicine and Pharmacy – Association
of German Medical Officers). With respect to the subjects
they dealt with, all these organizations ranged between
scientific specialist societies and military medical associations. The article examines the functions these organizations
fulfilled for scientification in the Medical Service of German
armed forces and the relevant disciplines not only in the
course of time, but also in various political systems. Although
not actively involved in research, they were and still are of
particular significance both as catalysts of science (that work
in a variety of ways) and conveyors of knowledge.
Keywords: Berliner militärärztliche Gesellschaft, Deutsche
Militärärztliche Gesellschaft, Deutsche Gesellschaft für
Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. (DGWMP) – Vereinigung deutscher Sanitätsoffiziere (VdSO), history, tradition
Forschung ist von den unterschiedlichsten äußeren und inneren Faktoren abhängig. Neben die Motivation und den Erkenntnisdrang der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
treten vielfältige Gegebenheiten, die zum Teil bestimmende
Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen haben, innerhalb
derer wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen und vermittelt werden können. Erinnert sei beispielsweise an wissenschaftliche, gesellschafts- wie auch gesundheitspolitische
Notwendigkeiten zur Erforschung bestimmter Gebiete: Diese
können etwa epidemiologischer oder demografischer Natur
sein, wie das Auftreten bestimmter Tumor-, Infektions- oder
Demenzerkrankungen. Aus diesen Bedürfnissen resultieren
wiederum die Zurverfügungstellung materieller, infrastruktureller und personeller Ressourcen, die Etablierung wissenschaftlicher Einrichtungen und die Institutionalisierung in
Gestalt von Interessenvertretungen, Gremien und Fachgesellschaften oder Publi­kationsorganen.
Die „Berliner militärärztliche Gesellschaft“
Mit der Konstituierung der „Berliner militärärztlichen Gesellschaft“ am 10. September 1864 wurde der Grundstein für eine
R. Vollmuth: 150 Jahre Deutsche Militärärztliche Gesellschaften und ihre Bedeutung für die wehrmedizinische Wissenschaft
347
Übersicht 1: Auswahl von Gründungen wissenschaftlicher Gesellschaften im 19. Jahrhundert
(Quellen: Internetauftritte der Gesellschaften / Wikipedia).
Tradition militärärztlicher Fachgesellschaften gelegt, die bis
heute andauert und die wissenschaftliche Fortbildung und Beschäftigung mit der Wehrmedizin zu ihren Kernaufgaben und
-kompetenzen zählte. Die Gründungs- und Aufbauphase dieser
Gesellschaft fiel dabei in eine Zeit, in der sich die Medizin als
wissenschaftliches Fach im Umbruch befand, einen immensen
Aufschwung erlebte und zahlreiche medizinische Fachgesellschaften und Standesorganisationen entstanden (siehe Übersicht 1).
Während in der Folge auch viele lokale militärärztliche Vereinigungen gegründet wurden, reklamierte die „Berliner militärärztliche Gesellschaft“ im Jahre 1927 mit der Umbenennung
in die „Deutsche Militärärztliche Gesellschaft“ für sich den Anspruch als zentrale deutsche wissenschaftliche Fachgesellschaft
für den Bereich der Wehr- bzw. Militärmedizin [13, S. 26; 11, S.
52; 14, S. 121]. Beide Vereinigungen gelten bekanntermaßen
als Vorgängergesellschaften der heutigen „DGWMP – VdSO“.
Als „kollegialischer“ Verein ohne nähere inhaltliche Festlegung
gegründet, wurden in einem ersten Rundschreiben kurz nach
der Konstituierung Vorträge optional erwähnt, allerdings fanden die ersten Sitzungen noch ohne Referate statt [4, S. 3-5; 13,
S. 24]. Bereits nach wenigen Monaten war den Mitgliedern jedoch der ausschließlich gesellige Charakter nicht mehr genug
und es wurde am 2. Januar 1865 beschlossen, „den geselligen
Zweck zwar nach wie vor in den Vordergrund gestellt bleiben
zu lassen, zugleich jedoch damit eine wissenschaftliche Absicht
zu verbinden und zu diesem Behufe die erste Stunde der Zusammenkünfte wissenschaftlichen Vorträgen und Erörterungen,
sowie der Besprechung von medizinischen und rein militärärztlichen Standesfragen zu widmen“ [4, S. 5]. Die wissenschaftliche Gesellschaft war damit geboren!
In der Folgezeit wurde die Wissenschaftlichkeit wesentlich
stärker akzentuiert, was sich eindrucksvoll im Verzeichnis der
Vorträge zeigt (Abb. 1): Das Spektrum umfasste medizinisch-wissenschaftliche und rein militärärztliche Themen ebenso wie sanitätsdienstlich-organisatorische Fragen [13, S. 24],
und die Liste weist sowohl junge Fachvertreter wie auch die
führenden Mediziner der Zeit als Referenten aus. Exemplarisch
zu nennen sind hier die Vorträge der in ihrer Zeit maßgeblichen
Chirurgen Bernhard von Langenbeck oder Ernst von Bergmann. Ebenso erwähnenswert sind der bekannte Militärarzt und
Abbildung 1: Titelblatt des Verzeichnisses der in der „Berliner
militärärztlichen Gesellschaft“ gehaltenen Vorträge [1, S. 26].
langjährige Vorsitzende der Gesellschaft Gottfried Friedrich
Franz Loeffler und sein Sohn, der bedeutende Hygieniker und
Robert-Koch-Schüler Friedrich Loeffler. Von der wissenschaftlichen Aktualität zeugen etwa die Referate und Demonstrationen von Walther Stechow aus dem Jahre 1896, der sich um die
Übersicht 2: Beispiele von Vorträgen bedeutender Protagonisten der
„Berliner militärärztlichen Gesellschaft“ [1, S. 26-52].
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
348
R. Vollmuth: 150 Jahre Deutsche Militärärztliche Gesellschaften und ihre Bedeutung für die wehrmedizinische Wissenschaft
Einführung der Radiologie im preußischen Militär verdient
machte (siehe Übersicht 2) [1, S. 26-52].
Allein diese wenigen Beispiele belegen den Stellenwert der Gesellschaft für die wissenschaftlich-fachliche Weiterbildung der
Sanitätsoffiziere. Durch die Vorträge kam es zum regen fachlichen Austausch zwischen dem militärärztlichen Bereich und oft
kriegserfahrenen Hochschullehrern und Wissenschaftlern – zu
wichtigen Synergismen aus den Ergebnissen der zivilen medizinischen Forschung und den Fortschritten der Medizin einerseits und den Erfordernissen und Erfahrungen der Militärmedizin und Kriegschirurgie andererseits.
Viele Vorträge wie auch ab 1873 die Sitzungsprotokolle wurden
in der seit 1872 bis 1920 erschienenen „Deutschen militärärztlichen Zeitschrift“ veröffentlicht und so weiten Kreisen zugänglich gemacht. Die „Deutsche Militärärztliche Gesellschaft“
nutzte schließlich von 1936 bis 1944 die Zeitschrift „Der Deutsche Militärarzt“ zur Veröffentlichung von Mitteilungen und
Beiträgen [13, S. 24; 4, S. 6f]. Diese Tradition lebt heute in den
Zeitschriften „Wehrmedizinische Monatsschrift“ sowie „Wehrmedizin und Wehrpharmazie“ weiter.
Dass das Leben der Gesellschaft trotz der Entmilitarisierungsbestimmungen des Versailler Vertrages nicht zum Erliegen
kam, war der kontinuierlichen Erweiterung des Kreises möglicher Mitglieder zu verdanken. Auch die räumliche Beziehung
sowohl der Berliner und später der „Deutschen Militärärztlichen Gesellschaft“, die ihre Sitzungen ab 1901 in den jeweilig
bestehenden militärärztlichen Akademien abhielten, unterstreicht die Bedeutung als zentrale wissenschaftliche Fortbildungsgesellschaft für Militärärzte und lässt auf eine gegenseitige inhaltliche Beeinflussung schließen. [13, S. 25f].
prozessen geahndeten Versuche zur Trinkbarmachung von Meerwasser an KZ-Häftlingen, ebenfalls in Dachau [z. B. 10; 8, S.
94-117; 3, S. 290-349; 12, S. 1-3, 34-36; 13, S. 26 und 28]. Beide
waren übrigens Mitglieder der „Deutschen Militärärztlichen Gesellschaft“ [7, S. 59 und 125; 12, S. 34-36].
War hier also auch die Gesellschaft selbst involviert? Dass Mitglieder der Gesellschaft sich schuldig gemacht haben, bedeutet
zunächst einmal nicht, dass diese als Institution als belastet anzusehen ist.
Wenngleich die Quellenlage zur „Deutschen Militärärztlichen
Gesellschaft“ sehr dürftig ist, ließen sich die Inhalte der Sitzungen durch die systematische Auswertung der erwähnten Zeitschrift „Der Deutsche Militärarzt“ [2] gut rekonstruieren: Die
Veranstaltungsankündigungen und -berichte weisen darauf hin,
dass vor allem die wehrmedizinisch relevanten Bereiche wie
Kriegschirurgie, Infektionskrankheiten, Leistungs- und Flugmedizin/-physiologie und andere mehr im Mittelpunkt standen.
Die für den Nationalsozialismus ideologisch grundlegenden
und systemtragenden Bereiche wie „Erbbiologie“, „Eugenik“
und „Rassehygiene“ treten hingegen kaum in Erscheinung. Es
finden sich auch keine Hinweise auf die Thematisierung der erwähnten verbrecherischen Versuche unter Beteiligung der
Wehrmacht, was freilich nicht ausschließt, dass diese Themen
am Rande der Veranstaltungen oder in den Vorträgen erwähnt
oder diskutiert worden sein könnten [13, S. 27; 12, S. 21f, 45].
Eine abschließende Bewertung über die Bedeutung der „Deutschen Militärärztlichen Gesellschaft“ in der NS-Zeit ist derzeit
noch nicht möglich. Nach momentanem Forschungs- und
Kenntnisstand ist festzustellen, dass sie zwar distanz- und kritiklos ihren Platz im NS-Staat einnahm, allerdings als standesbezogen-wissenschaftliche Fortbildungsgesellschaft für die nationalsozialistische medizinische Forschung nicht von Bedeutung und trotz der Belastung einzelner Mitglieder nicht tiefer in
die Medizinverbrechen des „Dritten Reiches“ verstrickt gewesen ist [13, S. 28; 12, S. 45-47].
Von der VdSO zur DGWMP
Übersicht 3: Maßnahmen zur Erweiterung des Kreises der Mitglieder
[13, S. 25; 9].
Die Bedeutung der „Deutschen Militärärzt­
lichen Gesellschaft“ im Nationalsozialismus
Von besonderer Brisanz ist naturgemäß die Frage nach der Bedeutung der „Deutschen Militärärztlichen Gesellschaft“ im Nationalsozialismus. Schließlich wurden die verbrecherischen Menschenversuche in den Konzentrationslagern nicht nur durch die
SS, sondern auch im Auftrag der Wehrmacht durchgeführt: Beispiele sind die Unterdruck- und Unterkühlungsversuche im Konzentrationslager Dachau im Auftrag der Luftwaffe unter dem Inspekteur des Sanitätswesens der Luftwaffe Generaloberstabsarzt
Erich Hippke oder die von seinem Nachfolger Generaloberstabsarzt Oskar Schröder beauftragten und in den Nürnberger Ärzte-
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Mit der Gründung der „Vereinigung ehemaliger Sanitätsoffiziere“ im Jahre 1954 änderten sich zunächst die Ziele der Gesellschaft in Richtung einer Interessenvertretung ehemaliger Wehrmachtssanitätsoffiziere im Hinblick auf deren versorgungs­
rechtliche Probleme [5, S. 16; 6, S. 27-43; 13, S. 28].
Eine Rückbesinnung auf den Anspruch als wissenschaftliche
Fachgesellschaft brachte zwangsläufig das Bestreben, die 1957
in „Vereinigung deutscher Sanitätsoffiziere“ umbenannte Gesellschaft auch für die Sanitätsoffiziere der neuen Bundeswehr
attraktiv zu machen. – Ein wichtiger Schritt war 1961 die Annahme des Namenszusatzes „Wehrmedizinische Gesellschaft“
– letzteres mit dem expliziten Hinweis, „daß sie [die VdSO] im
Sinne und in Fortentwicklung der Tradition der früheren ‚Deutsche[n] militärärztliche[n] Gesellschaft‘ [sic!] nicht nur eine
gesellschaftlich-kameradschaftliche Vereinigung ist, sondern
wie diese besonders für die Verbreitung der für das sanitätsdienstlich-wehrmedizinische Gebiet wichtigen wissenschaftlichen Erkenntnisse sorgen will“ [13, S. 29; 6, S. 43; 5, S. 18]. –
Weitere Umbenennungen (siehe Übersicht 4) sollten schließlich
1973 zur heutigen Bezeichnung führen, die sowohl den Anspruch als wissenschaftliche Gesellschaft wie auch als Interessenvertretung untermauert [13, S. 29].
R. Vollmuth: 150 Jahre Deutsche Militärärztliche Gesellschaften und ihre Bedeutung für die wehrmedizinische Wissenschaft
2.
3.
4.
Übersicht 4: Die verschiedenen Stationen der Namensgebung der
heutigen DGWMP – VdSO [9].
Dies zeigt, dass sich die Gesellschaft einerseits in die wissenschaftlich-kameradschaftlichen Traditionen der militärärztlichen Vorgängergesellschaften stellte und gleichzeitig schon
früh zukunftsorientiert auf die wissenschaftliche und militärmedizinische Fortbildung fokussierte. Bei allen Höhen und Tiefen ihrer Geschichte entwickelte sich die VdSO schließlich
mehr und mehr zu einer wissenschaftlichen Gesellschaft.
Beredtes Zeugnis für diese Positionierung geben etwa die verschiedenen Wissenschaftspreise, die ausgelobt wurden: 1968
wurde der „Paul-Schürmann-Preis“ zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses erstmals verliehen. 1989 erfolgte die
Stiftung des „Hans-Hartwig-Clasen-Förderpreises“ zur Förderung des Sanitätsoffiziersnachwuchses, der ab 2006 in den
„Heinz-Gerngroß-Förderpreis“ umgewidmet wurde [9, S. 36f;
13, S. 29]. Viele der Teilnehmer und Preisträger sind hierdurch
in ihrem wissenschaftlichen Impetus bestärkt worden, haben
wissenschaftliche Karrieren im Sanitätsdienst oder im zivilen
Bereich eingeschlagen und hierdurch den zivil-militärischen
Wissenschaftsaustausch gefördert.
Den Weg in das 21. Jahrhundert ist die DGWMP schließlich mit
dem Anspruch einer modernen wissenschaftlichen Fachgesellschaft angetreten, die durch ihr vielfältiges Angebot ein spezifisch
auf die Bedürfnisse und Belange des Sanitätsdienstes der Bundeswehr abgestimmtes Fortbildungsspektrum abdeckt [13, S. 30f].
Die „Deutschen militärärztlichen Gesellschaften“ bewegten
sich also in den 150 Jahren ihres Bestehens in unterschiedlicher
Ausprägung zwischen wissenschaftlicher Fachgesellschaft und
militärärztlicher Standesorganisation. Dabei hatten sie immer
eine Mittlerfunktion zwischen der Wehrmedizin einerseits und
der zivilen Forschung und Entwicklung andererseits. Sie waren
selbst nie aktiv in die Forschung eingebunden, wirkten aber
aufgrund verschiedener Mechanismen wie der Wissensvermittlung und Fortbildung durch aktuelle Vorträge und wissenschaftliche Kongresse sowie der Förderung junger Wissenschaftler
durch die Auslobung entsprechender Preise als wichtige Katalysatoren der Wissenschaft. Gleichzeitig war es wohl auch die
Selbstbeschränkung auf diese Funktionen, die in der Zeit des
Nationalsozialismus tiefere Verstrickungen in unethische und
verbrecherische Forschungen verhinderte.
Literatur und Quellen
1. Bischoff H: Festschrift zur 50jährig. Stiftungsfeier der Berliner
militärärztlichen Gesellschaft am 20. Februar 1914. Im Auftrage
der Gesellschaft zufolge Beschlusses vom 14. Dezember 1913 im
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
349
Anschluß an die zur 25jährigen Stiftungsfeier von Oberstabsarzt
Dr. Krocker verfaßte Festschrift auf Grund der Akten fortgeführt.
Berlin: Verlag Ernst Siegfried Mittler und Sohn 1914 [auch als
Nachdruck im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. hrsg. und eingeleitet von Vollmuth R.
Bonn: Selbstverlag der DGWMP 2014].
Der Deutsche Militärarzt 1936; 1 – 1944; 9.
Eckart WU: Medizin in der NS-Diktatur. Ideologie, Praxis, Folgen. Wien – Köln – Weimar: Böhlau Verlag 2012.
Krocker A: Festschrift zur 25jährigen Stiftungsfeier der Berliner
militärärztlichen Gesellschaft am 20. Februar 1889. Berlin: Verlag
Ernst Siegfried Mittler und Sohn 1889 [Anhang zum dritten Heft
des Bandes 1889; 18 der Deutschen Militärärztlichen Zeitschrift].
Locher W, Schneider C, Schmidt H-D: 50 Jahre Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie. Wehrmedizin und
Wehrpharmazie 2004; 28 (3): 12-26.
Mahnken AH: Scientiae – Humanitati – Patriae. Die Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie von ihren Anfängen im Jahre 1954 bis zum November 1968. Med. Diss. Bonn
1997.
Mitgliederliste der Deutschen Militärärztlichen Gesellschaft
(Stand vom 1.11.1937). Berlin o.J. [Wehrgeschichtliche Lehrsammlung SanAkBw].
Mitscherlich A, Mielke F (Hrsg. und Komment.): Medizin ohne
Menschlichkeit. Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses. 18.
Aufl. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 2012 (= Die
Zeit des Nationalsozialismus, 2003).
Müllerschön A, Vollmuth R: Zeittafel zur Geschichte der „Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie (DGWMP) – Vereinigung deutscher Sanitätsoffiziere e. V. (VdSO)“
und ihrer Vorgängergesellschaften. In: 150 Jahre Deutsche Militärärztliche Gesellschaften 1864-2014. [Hrsg. von der Deutschen
Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V.]. Bonn:
Selbstverlag der DGWMP 2014; 34-37.
Roth KH: Tödliche Höhen: Die Unterdruckkammer-Experimente
im Konzentrationslager Dachau und ihre Bedeutung für die luftfahrtmedizinische Forschung des „Dritten Reichs“. In: Ebbinghaus
A, Dörner K (Hrsg.): Vernichten und Heilen. Der Nürnberger Ärzteprozeß und seine Folgen. Berlin: Aufbau Verlag 2001; 110-151
und 512-526 [Anmerkungen].
Stahl O: Zur Geschichte der Deutschen Militärärztlichen Gesellschaft. Der Deutsche Militärarzt 1939; 4: 49-53.
Vollmuth R: Zur Geschichte der „Deutschen Militärärztlichen Gesellschaft“ in der Zeit des Nationalsozialismus. Potsdam 2013
[Manuskript].
Vollmuth R, Müllerschön A: Geschichte als Auftrag für die Gestaltung der Zukunft. 150 Jahre „Deutsche Militärärztliche Gesellschaften“. In: 150 Jahre Deutsche Militärärztliche Gesellschaften
1864-2014. [Hrsg. von der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V.]. Bonn: Selbstverlag der DGWMP
2014; 22-32.
Wedel KW: Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie – 120 Jahre. Wehrmedizin und Wehrpharmazie 1985; 9
(1): 115-125.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. Ralf Vollmuth, Oberfeldarzt
Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften
der Bundeswehr
Abteilung Forschung
Zeppelinstraße 127/128
14471 Potsdam
E-Mail: [email protected]
Der Beitrag wird im Internet unter www.wehrmed.de publiziert.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
350
Paul-Schürmann-Preis 2014
Aus der urologischen Abteilung (Leiter: Oberstarzt Dr. Walter Wagner) des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg (Chefarzt: Generalarzt Dr.
Joachim Hoitz) und der Arbeitsgruppe „Genomics“ (Leiter: Oberstarzt Prof. Dr. Michael Abend) des Instituts für Radiobiologe der Bundeswehr
(Leiter: Oberstarzt PD Dr. Matthias Port)
Molekularbiologische Risikofaktoren einer Metastasierung beim
seminomatösen Keimzelltumor des Hodens
Molecular markers to predict metastatic status in testicular Seminoma
Christian Ruf
Zusammenfassung
Einführung: Der Keimzelltumor des Hodens ist der häufigste Tumor des jungen Mannes und der häufigste Tumor
bei Soldaten, wobei das Seminom im nicht metastasierten
klinischen Stadium I (cSI) am häufigsten ist. Bei 20 % der
Patienten mit Seminom im cSI findet sich bei der Nachsorge
eine okkulte Metastasierung, deren Risiko bisher anhand klinischer Parameter mit einer Konkordanz von bis zu 65 %
abgeschätzt werden kann. Molekularbiologische Marker sollen eine bessere Vorhersage und damit eine individuellere
Therapie ermöglichen.
Material und Methoden: Bei insgesamt 172 Patienten mit
einem reinen testikulären Seminom (101 metastasierte und
71 nicht metastasierte) wurden Gewebe und peripheres
Vollblut intraoperativ entnommen und in RNA stabilisierender Lösung gelagert. Nach der RNA Isolation erfolgte das
Whole Genome Screening auf den Plattformen AB1700
Whole Genome Mikroarray (Life technologies) und Agilent
Mikroarray (Agilent), sowie das Next Generation Sequencing (NGS) mittels SOLiD Platform (Life technologies). Für
die quantitative Realtime Polymerase Chain Reaktion (qRTPCR) wurden die LDAs der Firma Life Technologies (Taq
Chemie) genutzt. Die Durchführung und Auswertung der
RNA Isolation und der Expressionsanalysen erfolgten nach
den Standard Operating Procedures (SOPs) des Instituts für
Radiobiologie der Bundeswehr.
Ergebnisse: Von 40 000 untersuchten Transkripten zeigten
sich nach Normalisierung ca. 16 000 Transkripte exprimiert
und 4 091 Transkripte differentiell exprimiert. 95 ausgewählte
Gene wurden mittels qRT-PCR an einem unabhängigen Kollektiv quantitativ bestätigt. Die Konkordanz betrug bei der
Expression zweier Gene (DRD1 und FAM72F1) 88 %. Bei
der miRNA Analyse im Tumorgewebe und im peripheren
Vollblut waren jeweils 137 small RNAs differentiell exprimiert, von denen jeweils 35, 32 und 38 small RNAs identifiziert werden konnten, die eine signifikante Diskriminierung
zwischen lymphogen/okkult metastasiert bzw. beider metastasierter Subtypen von den nicht metastasierten Seminomen
ermöglichten. Mittels Support Vector Machine1 war unter
1 Mathematisches Verfahren zur Einteilung einer Menge von Objekten so in Klassen, dass um die jeweilige Klasse ein möglichst großer
freier Raum, also Abstand, zu anderen Klassen besteht.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
der Berücksichtigung zweier Gene eine vollständige Diskriminierung möglich.
Schlussfolgerungen: Die Genexpression zweier miRNAs
im Tumorgewebe oder Vollblut ermöglicht eine vollständige
Diskriminierung metastasierter und nicht-metastasierter Seminome. Die Bestätigung der Ergebnisse an einem größeren
unabhängigen Kollektiv ist geplant. Bei Bestätigung der Ergebnisse könnte die Genexpressionsbestimmung eine individuelle Entscheidung für oder gegen eine adjuvante Therapie
ermöglichen.
Schlüsselwörter: Seminom, Metastasierung, miRNA,
mRNA, molekulare Marker
Summary
Introduction: The germ cell tumor is the most frequently
occurring neoplasm of the young man and also of soldiers,
whereby the seminoma in the non-metastasised clinical stadium I (cSI) appears most often. At follow up, 20 % of patients with seminoma in cSI show occult metastasis, which,
under clinical parameters, with a an estimated risk rate of up
to 65 %. Molecular biological marker should allow a better
prognosis and thus a more individual therapy.
Material and Methods: From a total of 172 patients with a
straight testicular seminoma (101 metastasized and 72
non-metastasized) tissue and whole blood samples were extracted intraoperatively and placed in RNA-stabilized solution. After isolating the RNA Whole Genome Screening with
the platforms AB1700 Whole Genome Mikroarray (Life
technologies) and Agilent Mikroarray (Agilent) was performed as well as Next Generation Sequencing (NGS) by SOLiD Platform (Life technologies).
Results: Of 40 000 transcripts explored, after normalization,
16 000 appeared expressed and 4 091 differentially expressed. Within an idependent collective, 95 selected genes could
be confirmed quantitatively through qRT-PCR. The concordance for the expression of two genes (DRD1 and FAM72F1)
was 88 %. From the miRNA analysis of tumor tissue and
peripheral whole blood 137 small RNAs were differentially
expressed; of thoses 35, 32 and 38 small RNAs could be
identified respectively, which allowed a significant discrimination between lymphogenic/occult metastasis or both subtypes of metastasis and those seminomas without metastasis.
C. Ruf: Molekularbiologische Risikofaktoren einer Metastasierung beim seminomatösen Keimzelltumor des Hodens
Under the condition of two genes, a complete discrimination
could be achieved using Support Vector Machine.
Conclusion: The gen expression of two miRNAs in human
tumor tissue or whole blood allows for complete differentiation of metastasizing and non-metastasizing seminomas.
Confirmation of results in a larger independent collective has
been planned. If the results can be confirmed the identification of gene expression could enable an individual decision
for or against an adjuvant therapy.
Keywords: Seminoma, metastatic status, miRNA, mRNA,
molecular marker
Einleitung
Der Keimzelltumor des Hodens ist der häufigste Tumor des jungen Mannes und damit der häufigste Tumor bei Soldaten. Jährlich werden etwa 4.000 Neuerkrankungen in Deutschland registriert. Die Bundeswehrkrankenhäuser sind Zentren für die Behandlung des Hodentumors, teilweise zertifizierte Zweitmeinungszentren der Deutschen Krebsgesellschaft; mehr als 10 %
aller Hodentumorpatienten werden in Deutschland in einem
Bundeswehrkrankenhaus behandelt. Die Aussetzung der Wehrpflicht hatte dabei bisher keinen Einfluss auf die Behandlungszahlen. Fragestellungen zur Diagnostik und Behandlung des
Hodentumors sind im klinischen Alltag in den Bundeswehrkrankenhäusern von hoher Relevanz.
Der Keimzelltumor des Hodens wird je nach histologischem
Subtyp in Seminome und Nicht-Seminome eingeteilt. Heute
liegt in 56 % der Fälle ein reines Seminom vor [1].
Die Heilungschancen früher Stadien, wie dem nicht metastasierten Seminom, liegen bei frühzeitiger Diagnosestellung
und stadiengerechter Therapie bei bis zu 100 %.
Die meisten Tumoren fallen durch eine Vergrößerung oder Verhärtung des Hodens, die vom Patienten oder dem/der Partner(in) bemerkt wird, auf. Immer häufiger werden Tumoren
auch sonografisch im Rahmen der allgemeinen Vorsorgeuntersuchung oder der urologischen Abklärung bei unerfülltem Kinderwunsch diagnostiziert. Die Diagnose wird mittels Palpation
des Hodens, Ultraschall und den Tumormarkern Alphafetoprotein (AFP), Humanes Chorion Gonadotropin (ß-HCG) und Lactatdehydrogenase (LDH) gestellt.
Nach der operativen Hodenentfernung (Ablatio testis) erfolgt die
Ausbreitungsdiagnostik mittels Computertomografie (CT) von
Thorax, Abdomen und Becken mit Kontrastmittel zur Detektion
von Metastasen. Bei über 70 % der Seminome sind zum Zeitpunkt
der Diagnosestellung keine sichtbaren Metastasen im CT nachweisbar. Das Seminom im nicht metastasierten klinischen Stadium
I (cSI) ist damit der häufigste Keimzelltumor des Hodens.
Etwa 20 % der Seminompatienten im cSI entwickeln ohne adjuvante Therapie einen Progress der Erkrankung [2] und werden als okkult metastasiert (die vorhandene Metastasierung ist
zum Zeitpunkt des Stagings noch nicht sichtbar) bezeichnet.
Nicht metastasierte Patienten sind durch die Ablatio testis geheilt und benötigen keine weitere Therapie. Okkult metastasierte Patienten profitieren von einer adjuvanten Therapie, die das
Risiko eines Progresses auf unter 5 % reduziert. Zur Unterscheidung zwischen okkult und nicht metastasierten Patienten
wurden im Jahr 2002 von Warde et al. die Risikofaktoren Tumorgröße > 4 cm und die Infiltration des Rete testis identifiziert
351
[3]. Bei Vorliegen von einem Risikofaktor steigt das Risiko einer
okkulten Metastasierung von 12 % auf 20 % und beim Vorliegen
von zwei Risikofaktoren auf 30 % an. Die Validierung dieser Risikofaktoren an einem unabhängigen Kollektiv gelang der gleichen
Arbeitsgruppe im Jahr 2010 nicht [4]. In einem bundeswehreigenen Kollektiv konnten wir 90 klinische, histologische, epidemiologische und laborchemische Parameter hinsichtlich Ihrer Assoziation mit dem Metastasierungsstatus untersuchen. In diese Studie mit
527 Seminompatienten wurden im Jahr 2013 die Parameter Tumorlänge, Lymph- und Blutgefäßinvasion sowie die Tumormarker
ß-HCG und LDH als Risikofaktoren identifiziert. Die Diskriminierungsfähigkeit der metastasierten von den nicht-metastasierten Seminomen lag in der multivariaten Analyse trotzdem bei maximal
65 % (Konkordanz oder ROC area) [5]. Auch andere Arbeitsgruppen kamen zu ähnlichen Ergebnissen [6]. Dieses Ergebnis zeigt
einmal mehr, dass signifikante Assoziationen und die Diskriminierungsfähigkeit zwei unterschiedliche Aspekte darstellen. Zudem
unterstreicht es die Dringlichkeit, diagnostisch relevantere Parameter zu finden.
Eine adjuvante Therapie mit einem Zyklus Carboplatin-Monochemotherapie senkt das Risiko eines Progresses bzw. Rezidivs
im cSI von 20 - 30 % auf unter 5 %. Die Langzeittoxizitäten
einer adjuvanten Chemotherapie sind neben kardiovaskulären
Nebenwirkungen die Einschränkungen der Fertilität und der
Nierenfunktion sowie ein erhöhtes Risiko von Zweitmalignomen [7-12]. Das Auftreten von Nebenwirkungen und Langzeittoxizitäten einer Therapie ist gerade beim Hodentumor aufgrund des jungen Patientenalters und der sehr guten Heilungschancen relevant. Mit einer adjuvanten Therapie sind 80 % der
Patienten übertherapiert. Alternativ zu einer adjuvanten Chemotherapie kann eine aktive Überwachung (Active Surveillance) durchgeführt werden. Im Rahmen der Nachsorge wird dann
regelmäßig eine Bildgebung mit CT Abdomen/Becken durchgeführt - eine für 80 % der Patienten überflüssige Strahlenexposition mit dem Risiko einer dadurch induzierten späteren Tumorentwicklung.
Molekularbiologische Marker wie die Expression der proteinkodierenden messenger RNAs (mRNA) oder der nicht kodierenden kurzen micro RNAs (miRNA) werden bei unterschiedlichen (urologischen) Tumoren incl. Hodentumoren untersucht.
Dabei waren verschiedene miRNAs mit dem Metastasierungsstatus bei anderen Tumoren assoziiert [13].
Eine Assoziation der Expression von mRNA und miRNA mit
dem Metastasierungsstatus wurde bisher bei Hodentumoren
nicht untersucht. Ziel der Arbeit war es, Biomarker zu identifizieren, welche eine noch bessere Vorhersage des Metastasierungsstatus ermöglichen. Der Fokus lag dabei nicht so sehr auf
sichtbaren Metastasen, die in der CT diagnostiziert werden können, sondern in der Detektion okkulter Metastasen.
Ein Biomarker, der okkulte Metastasen mit hoher Sensitivität
und Spezifität vorhersagen kann, hätte eine hohe klinischer Relevanz. Anhand des Markers könnte die fast arbeitstäglich anstehende Entscheidung bei Seminomen im cSI für oder gegen
eine adjuvante Therapie bzw. eine engmaschige Nachsorge getroffen werden. In der Konsequenz würden nur die Patienten
behandelt, bei denen es notwendig ist. Eine unnötige Exposition gegenüber therapieassoziierten Toxizitäten und ionisierender Strahlung könnte somit vermieden werden.
Die Suche nach einem molekularen Marker wurde in mehreren
Teilschritten als Einzelprojekte durchgeführt.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
352
C. Ruf: Molekularbiologische Risikofaktoren einer Metastasierung beim seminomatösen Keimzelltumor des Hodens
Material und Methoden
Patienten
In die Studie wurden ausschließlich Patienten mit einem reinen
testikulären Seminom eingeschlossen. Die histologische Diagnose wurde durch einen Pathologen mit viel Erfahrung in dem
Bereich der histologischen Hodentumordiagnostik gestellt. Für
die unterschiedlichen Projekte wurden Proben von insgesamt
172 Patienten eingeschlossen, davon 101 metastasierte und 71
nicht metastasierte Seminome.
Die Patienten wurden in drei Gruppen eingeteilt.
1) Nicht metastasierte Seminome, klinisches Stadium I (cSI),
die ohne Hinweis auf Metastasen keine adjuvante Therapie erhielten und während des Follow up von mindestens 2 Jahren
kein Tumorrezidiv zeigten.
2) Okkult metastasierte Seminome, die im primären Staging
bildgebend und laborchemisch (Tumormarker) keinen Hinweis
auf eine Metastasierung zeigten, keine adjuvante Therapie erhielten und im Follow up einen Tumorrezidiv im Sinne einer
Metastasierung zeigten.
3) Sichtbar metastasierte Seminome, cSIIa–III, teilweise
auch nur lymphogen metastasierte Seminome (cSIIb-IIc), Patienten, die zum Zeitpunkt des primären Stagings schon sichtbare
Metastastasen hatten.
Gewebeentnahme und Aufbewahrung
Das Tumorgewebe und korrespondierendes Hodennormalgewebe wurden intraoperativ aus repräsentativen vitalen Bereichen des Tumors bzw. Hodens standardisiert entnommen und
direkt in RNA stabilisierende Lösung überführt. Zusätzlich
wurde bei den Patienten Vollblut aus der Cubitalvene direkt in
RNA stabilisierende Blutröhrchen (PAX Gene, Fa. Becton, Dickinson and Company, BD) abgenommen. Das Material wurde
bis zur Aufarbeitung bei -20°C gelagert.
RNA Isolation
Die RNA Isolation aller Proben erfolgte mittels säulenbasierten
RNA Extraktionskits mRNEasy bzw. miRNEasy der Firma
Qiagen bzw. der Kombination einer RNA-Fällung in Phenol-Chloroform gefolgt von einer Säulenaufreinigung zur Isolation sogenannter „small RNAs“, in denen auch die uns interessierenden microRNAs enthalten sind. Alle Laborarbeiten
wurden nach DinISO 9001:2000 zertifizierten Standards der
Arbeitsgruppe „Genomics“ des Instituts für Radiobiologie der
Bundeswehr durchgeführt.
Whole Genome Mikroarray
Für die Untersuchung mittels AB1700 Whole Genome Mikroarray
wurden die gepoolten Proben in copy DNA (cDNA) umgeschrieben und dabei mit einem Chemolumineszenz RT Labeling Kit
markiert. Die markierte cDNA der insgesamt 4 verschiedenen gepoolten Proben wurde auf je einem Whole Genome Mikroarray
(Human-Genome-Survey-Mikroarray 2.0, Lifetechnologies,
Darmstadt) (Abb. 1) hybridisiert und mittels Mikroarray Reader
AB1700 (Applied Biosystems, Darmstadt) ausgelesen. Nach Normalisierung gegen die Gesamtgenexpression wurde die Expression jedes einzelnen Gens bei den metastasierten und den nicht-metastasierten Proben gegeneinander verglichen.
Ein Gen wurde als exprimiert betrachtet, wenn das Chemilumineszenzsignal mehr als fünffach gegenüber dem Hintergrund-
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Abb. 1: Whole Genome Mikroarray Chips der Firma Applied
Biosystems (Life Technologies, Darmstadt)
rauschen erhöht war. Ein mindestens dreifacher Unterschied
des normalisierten Chemilumineszenzsignals in der metastasierten gegenüber der nicht-metastasierten Gruppe wurde als
differentielle Genexpression definiert.
Für den Agilent Mikroarray wurde die Gesamt-RNA revers
transkribiert, die cDNA dann in Cyanine-3 markierte cRNA
konvertiert, aufgereinigt und ungepoolt auf den Agilent oligo
Mikroarray hybridisiert. Die Auswertung des Genom-weiten
Expressionsprofils erfolgte mittels Agilent DNA Mikroarray
Scanner. Gene, die in >50 % der Proben pro Gruppe exprimiert
waren und mehr als zweifache Unterschiede gegenüber der anderen Gruppe zeigten, wurden als differentiell exprimierte
Gene gewertet. Die nicht adjustierten und die adjustierten
p-Werte (multiple comparison, false discovery rate) wurden berechnet.
Quantitative Real Time Polymerase Kettenreaktion
(qRT-PCR)
Die reverse Transkription der mRNA bzw. miRNA in cDNA
erfolgte mittels TaqMan microRNA bzw. mRNA Reverse Transcription Kit. Das entsprechende Primer-Probe Design lag in
lyophilisierter Form vor und nach Zugabe des Mastermix und
der Oligonucleotide wurden die Proben mittels Low Density
Array (LDA) untersucht (Abb. 2). Mit diesem Verfahren können an vier Proben je 95 Gene gleichzeitig untersucht werden.
Die Reaktion und das gleichzeitige Auslesen der Expressionsdaten erfolgte mittels AB 7900 qRT-PCR Gerät. Die Genexpression wurde gegen das Haushaltsgen 18S bzw. die mediane
Genexpression der 95 untersuchten Gene normalisiert. Ein Unterschied der normalisierten Genexpression um den Faktor >2
wurde als differentielle Genexpression definiert. Alle Reagenzien und Geräte wurden von der Firma Life Technologies
(Darmstadt) bezogen.
Next Generation Sequencing (NGS)
Aus selektierten Biopsaten wurde die Gesamt-RNA isoliert und
die angereicherten small RNAs an die SOLiD adaptors ligiert.
Nach der reversen Transkription wurde die cDNA aufgereinigt
und RNA-Spezies größer 60 - 80 nt wurden verworfen. Nach
der in-gel Amplifikation der cDNA erfolgte die Markierung
C. Ruf: Molekularbiologische Risikofaktoren einer Metastasierung beim seminomatösen Keimzelltumor des Hodens
353
Ergebnisse und Diskussion
Die mRNA Expression ist mit dem Metastasierungsstatus
assoziiert, Ergebnisse der Screeninguntersuchung [14]
Abb. 2: Amplifikationsplot als grafische Darstellung der Amplifikationsergebnisse für jedes Gen eines Laufes.
mittels SOLiD 3´Barcode primer. Die amplifizierte cDNA wurde aufgereinigt und in die Emulsions-PCR eingesetzt. Die
Emulsion wurde aufgebrochen und die so genannten „di-base“
Proben in das SOLiD System zur Sequenzierung nach dem sequencing-by-ligation Prinzip eingesetzt.
Zur Darstellung, Signalberechnung, für das Clustering, das
Auszählen der Reads und die Benennung wurde die SOLiD5500xl Software (LifeScope) und die CLC Genomics
Workbench 5.1 (CLC bio) genutzt. Anschließend erfolgte das
Trimming (Aussortieren aller Signale ohne Annotation und zu
kurzer Fragmente). Small RNAs mit einem Unterschied in der
Genexpression >2 und mindestens 50 Reads wurden weiter untersucht.
Bioinformatik
Die Rohdaten der einzelnen Untersuchungen mussten zunächst
normalisiert werden. Als Referenz wurde die Gesamtexpression
der Untersuchung oder für die qRT-PCR auch ein Haushaltsgen
(18S) genutzt. Nach der Normalisierung wurde die differentielle Expression der Gene untersucht, indem die normalisierte Genexpression jedes einzelnen Gens in den beiden untersuchten
Gruppen miteinander verglichen wurde. Ein Unterschied >2
wurde in der Regel als differentielle Expression gewertet. Die
Daten der Screeningverfahren (Whole Genome Mikroarray
und Next Generation Sequencing) wurden aufgrund des möglichen Alpha-Fehlers beim multiplen Testen nach Bonferroni
korrigiert. Nachdem in den Untersuchungen kein einzelnes Gen
zur Differenzierung ausreichte, wurden mehrere Variablen
(mRNAs, miRNAs, klinische Risikofaktoren wie Tumorgröße)
mittels multivariater Analyse untersucht. Dabei wurde die
„Area under the Curve“ (AUC) einer „Receiver Operator Correlation curve“ (ROC curve) unter Berücksichtigung verschiedener Variablen berechnet. Die statistische Auswertung erfolgte
mittels SAS Software.
Die Differenzierung metastasierter und nicht metastasierter Semiome anhand zweier miRNAs erfolgte mittels Support Vector
Machine.
Zu Beginn der Studien waren in der Literatur keine Gene beschrieben, die eine Assoziation mit dem Metastasierungsstatus
bei Hodentumoren aufweisen. Daher untersuchten wir an 31
Patienten (10 metastasiert und 21 nicht metastasiert) das gesamte Genom (alle 20 000 bekannten humanen mRNA`s) mittels Whole Genome Mikroarray, einem semiquantitativen
Screeningverfahren. Von 20 000 untersuchten Genen bzw.
40 000 Transkripten zeigten sich nach Normalisierung ca.
16 000 Transkripte exprimiert. Beim Screening metastasierter
und nicht metastasierter Seminome fanden sich 4 091 Transkripte differentiell exprimiert. Durch die begrenzte Patientenzahl sowie das gleichzeitige Untersuchen von bis zu 20 000
Genen (multiples Testen) im Rahmen des Screening könnten
Verzerrungen oder Fehler (Alphafehler) aufgetreten sein. Daher
war es wichtig, die differentiell exprimierten Gene quantitativ
zu untersuchen. Aus den 4 091 differentiell exprimierten Genen
wurden 95 Gene ausgewählt, die mittels qRT-PCR an dem gleichen Kollektiv quantitativ bestätigt wurden. Dabei wurden vor
allem die Gene ausgesucht, die (1) große Expressionsunterschiede aufwiesen, (2) bekanntermaßen mit dem Metastasierungsstatus bei anderen Tumorentitäten korrelierten oder (3)
bei denen eine Beteiligung an biologischen Prozessen der Metastasierung beschrieben worden ist. Aus finanziellen und logistischen Gründen konnten nicht alle 4 091 Transkripte untersucht werden. Die Ergebnisse der qRT-PCR stimmten in 88 %
der untersuchten Gene mit den Ergebnissen des Mikroarrays
überein. Die Rate an falsch Positiven lag bei 1 % und bei falsch
Negativen bei 11 %. Durch qRT-PCR eines von jeweils fünf
Genen war eine vollständige Diskriminierung von Tumor- und
Normalgewebe bzw. eine Diskriminierung der unterschiedlichen Tumorentitäten möglich.
Eine Metastasierung konnte anhand der Expression einzelner
Gene nicht erkannt werden. Unter Benutzung eines logistischen
Regressionsmodells, basierend auf einem Genexpressionsprofil
von 85 Genen, konnte eine 88 %ige Vorhersage des Metastasierungsstatus der Seminome erfolgen. Die Ergebnisse dieses zweistufigen Experiments dokumentierten eine gute Übereinstimmung (88 %) der semiquantitativen Mikroarray Ergebnisse mit
den quantitativen RT-PCR Ergebnissen. Erstmals konnte gezeigt
werden, dass beim Hodentumor Gene eindeutig mit dem Metastasierungsstatus assoziiert sind. Es fand sich kein einzelnes Gen
als Marker einer Metastasierung, aber mittels eines bioinformatischen Modells konnte anhand eines Sets von 85 Genen der Metastasierungsstatus eindeutig vorhergesagt werden.
Die Aussagen des bioinformatischen Modells werteten wir kritisch, denn eine Signatur aus 85 Genen, die an einem Gesamtkollektiv von 31 Patienten erhoben wurde, ist aufgrund ihrer
Komplexität auf der einen Seite und der geringen Fallzahl auf
der anderen Seite problematisch. Wir werteten es indes als einen ersten Hinweis darauf, dass basierend auf Transkriptionsänderungen vermutlich Aussagen zur Metastasierung am Primärtumor möglich sind. In weiteren Untersuchungen wurden
die Genexpressionsdaten deshalb an einem unabhängigen Kollektiv mit robusteren Verfahren wie der logistischen Regressionsanalyse untersucht.
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354
C. Ruf: Molekularbiologische Risikofaktoren einer Metastasierung beim seminomatösen Keimzelltumor des Hodens
Zwei Gene erlauben eine Vorhersage des Metastasierungsstatus zu 88 % [15]
Die oben beschriebenen Ergebnisse wurden an einem unabhängigen Kollektiv von 52 Seminompatienten (12 metastasiert , 40
nicht-metastasiert) validiert. Zusätzlich wurden die in der Literatur beschriebenen klinischen Risikofaktoren (Tumorgröße
und Infiltration des Rete testis) mit untersucht.
In der Auswertung zeigte sich die Expression von fünf Genen
signifikant mit dem Metastasierungsstatus assoziiert. Anders als
in der Analyse zuvor wurde eine logistische Regressionsanalyse
jedes einzelnen Gens und der Kombination selektierter Gene
zur Diskriminierung des Metastasierungsstatus durchgeführt.
Die Expression von zwei Genen (Dopamin Rezeptor D1
[DRD1] und family with sequence similarity 71, member F2
[FAM71F2], p=0,005 und 0,024 in der Einzelanalyse und
p=0,004 und 0,016 in der Kombination beider Gene) ermöglichte eine signifikante Diskriminierung des Metastasierungsstatus. Die Konkordanz stieg von 77,9 % (DRD1) und 72,3 %
(FAM71F2) in der Einzelanalyse auf bis zu 87,7 % bei der
Kombination beider Gene.
Bei der Untersuchung der klinischen Risikofaktoren konnte nur
für die Größe des Primärtumors (als kontinuierliche Variable
und als Kategorie >6 cm) eine signifikante Assoziation mit der
Metastasierung gezeigt werden (p=0,039/p=0,02). Allerdings
war die Konkordanz niedrig (61 %). Eine Kombination der Genexpression mit dem klinischen Risikofaktor ergab keine Verbesserung der Konkordanz.
Mit dieser Studie konnten die Ergebnisse der Screeninguntersuchung bestätigt werden: Fünf der untersuchten Gene zeigten
eine Assoziation mit dem Metastasierungsstatus und eine
88 %-ige Diskriminierung war anhand der Expression von zwei
Genen (DRD1 und Fam71F2) der Nutzung von klinischen Risikofaktoren mit einer Diskriminierungsfähigkeit von bis zu
65 % überlegen. Durch diese Arbeit hat sich zwar die diagnostische Vorhersage verbessert, das initiale Ziel einer sicheren
Diskriminierung konnte durch die mRNA Expression jedoch
nicht vollständig erreicht werden. Parallel dazu verbesserte sich
die Untersuchungstechnik für small RNAs und es mehrten sich
die Hinweise auf die diagnostische Wertigkeit der small RNAs,
auch beim Keimzelltumor des Hodens [16-19]. Daher untersuchten wir im nächsten Schritt die miRNA Expression im Primärtumor [20] mittels Next Generation Sequencing.
nostik des Primärtumors nicht nachweisbar sind im Gegensatz
zu den zu diesem Zeitpunkt sichtbaren (nachweisbaren) Metastasen. Ob diese sich auf transkriptionaler Ebene von den sichtbar metastasierten Seminomen unterscheiden, war unklar. Daher führten wir NGS an je 5 Seminompatienten aus den drei
Gruppen, sichtbar metastasiert, okkult metastasiert und
nicht-metastasiert durch. Für die metastasierten Seminome beschränkten wir uns nur auf die klinischen Stadien IIb und IIc.
Diese Stadien sind lymphogen metastasiert (wie auch die okkult metastasierten) und grenzwertige Metastasierung, wie teilweise beim cSIIa, werden nicht eingeschlossen.
Durchschnittlich fanden sich 1,3x107, 1,4x107 und 1,7x107
Reads bei den lymphogen metastasierten, okkult metastasierten
und nicht metastasierten Seminomen. Nach dem „Trimming“
reduzierte sich die Anzahl auf durchschnittlich 30 - 32 %, wovon 59 - 68 % annotierte Reads mit 8,6 - 11 % (3,6 - 5,7x104)
annotierten small RNAs gefunden wurden. Insgesamt zeigten
137 small RNAs eine Genexpression >2 und mindestens 50
Reads. In der univariaten logistischen Regressionsanalyse
konnten 35, 32 und 38 small RNAs identifiziert werden, die
eine signifikante Diskriminierung zwischen lymphogen/okkult
metastasiert bzw. beider metastasierter Subtypen von den nicht
metastasierten Seminomen ermöglichten (Abb. 3). Eine Differenzierung zwischen okkult und sichtbar metastasierten Seminomen war nicht möglich. Schließlich nutzten wir Support Vector
Machine Berechnungen zur kompletten Diskriminierung metastasierter und nicht metastasierter Stadien. Insgesamt wurden 125,
52 und 6 Kombinationen zweier small RNAs identifiziert, die
eine vollständige Diskriminierung der lymphogen metastasierten, der okkult metastasierten und der insgesamt metastasierten
Seminome (sowohl lymphogen als auch okkult metastasiert) von
den nicht metastasierten Seminomen ermöglichte.
Somit ist anhand der Expression zweier small RNAs im Primärtumor erstmals eine vollständige Diskriminierung metastasierter von nicht metastasierten Seminomen möglich. Die Anzahl
der eingeschlossenen Patienten wurde aufgrund der hohen Kos-
Die miRNA Expression im Tumorgewebe erlaubt eine vollständige Differenzierung metastasierter und nicht metastasierter Seminome [20]
Nachdem die mRNA Expression keine vollständige Diskriminierung des Metastasierungsstatus ermöglichte, untersuchten
wir an einem unabhängigen Kollektiv die small RNA Expression im Primärtumor. Wir screenten die ca. 1.000 bekannten
small RNAs mittels Next Generation Sequencing (NGS), einer
quantitativen Untersuchungsmethode, da nicht klar war, welche
small RNAs sich zur Diskriminierung metastasierter und
nicht-metastasierter Seminome eignen würde. Darüber hinaus
erlaubt dieses Verfahren auch die Identifizierung bislang unbekannter und für unsere Zwecke vielleicht geeignetere small
RNA-Spezies.
Der wesentliche Nutzen eines molekularen Markers besteht in
der Detektion okkulter Metastasen, die also während der Diag-
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Abb. 3: Schnittmengendiagramm der Anzahl der small RNAs, die
eine Differenzierung zwischen den okkult/lymphogen oder aller
metastasierten Seminome kombiniert versus nicht metastasierten
Seminomen ermöglicht.
C. Ruf: Molekularbiologische Risikofaktoren einer Metastasierung beim seminomatösen Keimzelltumor des Hodens
ten dieser Technik auf 15 reduziert. Die Bestätigung der Ergebnisse muss in einem nächsten Schritt mittels qRT-PCR an einem
größeren unabhängigen Kollektiv erfolgen.
Eine weitere wichtige Erkenntnis konnte aus dieser Arbeit gewonnen werden: Metastasierte Tumoren unterscheiden sich auf
small RNA-Ebene von den nicht metastasierten, eine Unterscheidung sichtbar und okkult metastasierter Tumoren ist aber
nicht möglich. Das bestätigte unsere Ergebnisse der klinischen
Risikofaktoranalysen, bei der die gleichen Risikofaktoren sowohl für okkult als auch sichtbar metastasierte Tumoren identifiziert worden waren. Diese Ergebnisse unterstreichen zudem
die These, dass der biologische Prozess der Metastasierung bei
den okkult metastasierten Seminomen bereits eingetreten ist,
die Metastasen nur aufgrund ihrer geringen Größe noch nicht
nachweisbar sind.
Die Gewinnung von Tumorgewebe kann nur intraoperativ stattfinden und muss unter sterilen Bedingungen innerhalb von 10
Minuten Ischämiezeit aus repräsentativen Bereichen des vitalen
Tumors erfolgen. Zusätzlich könnte die Gewebeentnahme die
histopathologische Diagnostik stören. Nachdem sich mehrere
Publikationen die diagnostische Wertigkeit für miRNAs im Hodentumorgewebe und im peripheren Blut nachweisen konnten
[17, 21-24], war der nächste Schritt, die small RNA Expression
auch im Blut durchzuführen [25].
Die miRNA Expression im Vollblut erlaubt eine vollständige
Differenzierung metastasierter und nicht metastasierter
Seminome [25]
Unsere vorherigen Studien haben gezeigt, dass die small RNA
Expression im Tumorgewebe eine vollständige Diskriminierung des Metastasierungsstatus ermöglicht. Ein molekularer
Marker im Blut, der im Rahmen einer Blutentnahme und nicht
nur intraoperativ bestimmt werden kann, würde die klinische
Anwendbarkeit vereinfachen. Gleichzeitig zeigten aktuelle Studien, dass die miRNAs sich als valider Hodentumormarker im
Gewebe und im Blut eignen. Daher untersuchten wir die miRNA Expression bei metastasierten und nicht-metastasierten Seminomen im peripheren Vollblut. Es war nicht klar ob die gleichen miRNAs, die wir im Gewebe identifizierten konnten, sich
auch zur Diskriminierung metastasierter und nicht metastasierter Seminome im Blut eignen würden. Daher führten wir ein
Screening mittels Next Generation Sequencing (NGS) an dem
peripheren Vollblut von 15 Seminompatienten durch, je 5 Patienten aus den drei Gruppen lymphogen metastasierter, okkult
metastasierter und nicht metastasierter Seminome.
Durchschnittlich fanden sich 1,3x107, 1,2x107 und 1,2x107
Reads bei den lymphogen, okkult und nicht metastasierten Seminomen. Nach dem „Trimming“ blieben durchschnittlich 73
- 76 % übrig, wovon 80 - 84 % annotierte Reads mit 7,2 - 7,8 %
(1,6 - 1,7x104) annotierten small RNAs. Insgesamt zeigten 137
small RNAs eine Genexpression >2 und mindestens 50 Reads.
In der univariaten Analyse konnten 35, 32 und 38 small RNAs
identifiziert werden, die eine signifikante Diskriminierung zwischen lymphogen/okkult metastasiert bzw. beider metastasierter Subtypen kombiniert von den nicht metastasierten Seminomen ermöglichten (Abb. 4). Eine Differenzierung zwischen
okkult und sichtbar metastasierten Seminomen war nicht möglich. Schließlich nutzten wir Support Vector Machine zur kompletten Diskriminierung metastasierter und nicht metastasierter
Stadien. Insgesamt waren 891, 668 und 87 Kombinationen mög-
355
Abb. 4: Schnittmengendiagramm der Anzahl der small RNAs im
peripheren Vollblut, die eine Differenzierung zwischen den okkult/
lymphogen oder gesamten metastasierten von den nicht metastasierten Seminomen ermöglicht.
lich, die eine vollständige Diskriminierung der lymphogen, okkult metastasierten und der insgesamt metastasierten Seminome
von den nicht metastasierten Seminomen ermöglicht.
Als Ergebnis dieser Untersuchung fanden wir small RNAs, die
einen molekularen Marker zur Differenzierung metastasierter
und nicht metastasierter Seminome im peripheren Vollblut darstellen können. Anhand der Expression zweier small RNAs ist
damit erstmals eine vollständige Diskriminierung metastasierter und nicht metastasierter Seminome im Vollblut möglich.
Auch bei den Ergebnissen der small RNA Expression im Blut
zeigte sich, dass metastasierte Tumoren sich auf small
RNA-Ebene von den nicht metastasierten unterscheiden, eine
Unterscheidung der metastasierten untereinander aber nicht
möglich ist. Dies bestätigt die bisherigen Erkenntnisse und die
These der biologischen Gemeinsamkeit okkult und sichtbar metastasierter Tumoren. Die Validierung der Ergebnisse an einem
unabhängigen größeren Kollektiv muss erfolgen, um die diagnostische Aussagekraft der small RNAs zu bestätigen.
Schlussfolgerungen
In unseren Studien wurde schrittweise und systematisch nach
molekularen Markern zur Diskriminierung metastasierter und
nicht metastasierter Seminome gesucht. Im ersten Schritt wurde die Expression der messenger RNAs [14, 15] und im zweiten
Schritt die der small RNAs [20, 25, 26] untersucht. Zunächst
verglichen wir die Genexpression im Primärtumor metastasierter und nicht metastasierter Seminome als dem Ort, an dem die
biologischen Prozesse ablaufen. In einem weiteren Schritt untersuchten wir die small RNA Expression im Vollblut, um so
eine bessere klinische Anwendbarkeit zu erreichen [25]. Zu Beginn der Untersuchungen war unklar, welche mRNAs oder
small RNAs eine Diskriminierungsfähigkeit besitzen, sodass
wir zunächst ein umfassendes Screening aller bekannten Gene
und small RNAs mittels Whole Genome Mikroarray bzw.
„small RNA Next Generation Sequencing“ durchführten.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
356
C. Ruf: Molekularbiologische Risikofaktoren einer Metastasierung beim seminomatösen Keimzelltumor des Hodens
seminoma managed by surveillance: a pooled analysis. J Clin Oncol 2002, 20(22):4448-4452.
4. Chung P, Mayhew LA, Warde P, Winquist E, Lukka H, Genitourinary Cancer Disease Site Group of Cancer Care Ontario’s Program
in Evidence-based C: Management of stage I seminomatous testicular cancer: a systematic review. Clinical oncology 2010, 22(1):6-16.
5. Ruf CG, Khalili-Harbi N, Sachs S, Isbarn H, Wagner W, Matthies
C, Meineke V, Fisch M, Chun FK, Abend M: The Search for Biomarkers of Metastatic Seminoma. The Journal of urology 2013.
Abb. 5: Grafische Darstellung der Vorhersagewahrscheinlichkeit
(AUC) des Metastasierungsstatus bei Seminomen unter Nutzung
klinischer und molekularbiologischer Marker.
Die Vorhersagbarkeit des Metastasierungsstatus bei Seminomen stieg mit jeder Untersuchung. Vor dem Jahr 2002 waren
keine Risikofaktoren bekannt und die aera under the curve
(AUC) zur Vorhersage einer Metastasierung lag damit bei 50 %
(Abb. 5). Durch die Untersuchung von klinischen Risikofaktoren besserte sich die Konkordanz auf 65 %. Mit der Bestimmung der mRNA Expression als molekularer Marker steigerte
sich die Konkordanz anhand der Expression zweier Gene
(DRD1 und FAM72F1) auf 88 %. Das Ziel einer vollständigen
(100 %) Differenzierung zwischen metastasierten und nicht
metastasierten Seminomen wurde schließlich durch Untersuchung der Expression von small RNAs erreicht. Damit lagen
erste Hinweise auf eine funktionierende Diagnostik/Prädiktion
des Metastasierungsstatus sowohl an Material aus dem Primärtumor als auch an peripherem Vollblut vor.
Als zusätzlichen Schritt konnten wir nachweisen, dass sich okkult und sichtbar metastasierte Seminome auf transkriptionaler
Ebene nicht unterscheiden. Die Validierung unserer Ergebnisse
an einem größeren und unabhängigen Kollektiv befindet sich in
der Planung. Sollte sie gelingen, könnte eine okkulte Metastasierung frühzeitig diagnostiziert und eine adjuvante Therapie
oder eine intensivere Nachsorge eingeleitet werden. Dies würde
die häufige klinische Entscheidung für oder gegen eine Therapie erleichtern. Nicht metastasierte Patienten bedürften keiner
weiteren Therapie. Eine unnötige Exposition gegenüber potentiell toxischen Substanzen (Chemotherapie bzw. ionisierende
Strahlung) und die damit verbundenen Langzeitschäden könnten so vermieden werden.
Literatur
1. Ruf CG, Isbarn H, Wagner W, Fisch M, Matthies C, Dieckmann
KP: Changes in epidemiologic features of testicular germ cell cancer: Age at diagnosis and relative frequency of seminoma are constantly and significantly increasing(). Urologic oncology 2013.
2. Mette Sakso Mortensen MGG, Jakob Lauritsen, Mads Agerbaek,
Niels Vilstrup Holm, Hans von der Maase, Gedske Daugaard: A
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Clin Oncol 2013, J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 4502).
3. Warde P, Specht L, Horwich A, Oliver T, Panzarella T, Gospodarowicz M, von der Maase H: Prognostic factors for relapse in stage I
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
6. Valdevenito JP, Gallegos I, Fernandez C, Acevedo C, Palma R:
Correlation between primary tumor pathologic features and presence of clinical metastasis at diagnosis of testicular seminoma.
Urology 2007, 70(4):777-780.
7. Kollmannsberger C, Tyldesley S, Moore C, Chi KN, Murray N,
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Evolution in management of testicular seminoma: population-based outcomes with selective utilization of active therapies. Ann
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8. Meinardi MT, Gietema JA, van der Graaf WT, van Veldhuisen DJ,
Runne MA, Sluiter WJ, de Vries EG, Willemse PB, Mulder NH,
van den Berg MP et al: Cardiovascular morbidity in long-term survivors of metastatic testicular cancer. J Clin Oncol 2000,
18(8):1725-1732.
9. Oliver RT, Ong J, Shamash J, Ravi R, Nagund V, Harper P, Ostrowski MJ, Sizer B, Levay J, Robinson A et al: Long-term follow-up
of Anglian Germ Cell Cancer Group surveillance versus patients
with Stage 1 nonseminoma treated with adjuvant chemotherapy.
Urology 2004, 63(3):556-561.
10. Travis LB, Andersson M, Gospodarowicz M, van Leeuwen FE,
Bergfeldt K, Lynch CF, Curtis RE, Kohler BA, Wiklund T, Storm
H et al: Treatment-associated leukemia following testicular cancer.
J Natl Cancer Inst 2000, 92(14):1165-1171.
Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonfilkt im Sinne der
Richtlinien des International Committee of Medical Journal
Editors besteht.
Die Studie wurde durch Sonderforschungsgelder des Bundesministeriums der Verteidigung finanziell unterstützt.
Bildquelle: Abbildungen 1-5: Oberfeldarzt Dr. Ruf, Koblenz
Die Arbeit konnte nur durch die erfolgreiche Vernetzung der Bundeswehrkrankenhäuser und des Instituts für Radiobiologie der Bundeswehr entstehen. Mein Dank gilt daher allen, die auf Seiten der Krankenhäuser und des Instituts an dem Projekt mitgewirkt haben. Mein
besonderer Dank gilt Herrn Oberstarzt Prof. Michael Abend und seiner
Arbeitsgruppe „Genomics“ vom Insitut für Radiobiologie der Bundeswehr. Er hat mit seiner hervorragenden grundlagenwissenschaftlichen
und epidemiologischen Expertise vom Studiendesign bis zur Veröffentlichung maßgeblich mitgewirkt.
Anschrift des Verfassers:
Oberfeldarzt Dr. Christian Ruf
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
Abteilung XI - Urologie
Rübenacher Straße 170, 56072 Koblenz
E-Mail: [email protected]
Der Beitrag wird mit vollständigem Literaturverzeichnis im Internet
unter www.wehrmed.de veröffentlicht.
357
Heinz-Gerngroß-Förderpreis
Zur Problematik von Fremdkörpereinsprengungen im Kopf-Hals-Bereich
John Rudat
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
Hintergrund
Verletzungen im Gesicht und Kopf-Hals-Bereich bei kriegerischen Auseinandersetzungen waren in der Geschichte und sind
in der Gegenwart ein wichtiges Thema. Zu Zeiten des amerikanischen Bürgerkriegs und des 1. Weltkrieges waren etwa 80 90 % aller Verletzungen durch Schusswaffen bedingt. Bei den
jüngsten Auseinandersetzungen im Irak und Afghanistan handelt es sich bei ca. 80 % der Fälle um Explosionsverletzungen.
Die Kopf-Hals-Region ist in 42 % aller Verletzungen, die zu
Repatriierungen von Soldaten führen, betroffen. Eine wesentliche Verletzungsentität ist hierbei die Fremdkörpereinsprengung
nach Explosionsanschlägen. Fremdkörper in den Weichteilen
können Infektionen verursachen und auch zu chronischen
Schmerzzuständen bei Berührung führen.
In den vergangenen 12 Jahren wurden in der Abteilung VIIb –
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Bundeswehrzentralkrankenhauses Koblenz über 70 Patienten mit Fremdkörpereinsprengungen durch Explosionen behandelt. Es erfolgte eine umfassende Nachschau dieser teils sehr unterschiedlichen Patientenfälle,
um Faktoren für eine optimale Therapie herauszuarbeiten.
lenswert ist. Bei noch offenen Wunden oder vor maximal 10
Tagen erfolgter Verletzung ist die Fremdkörperentfernung auf
dem Perforationsweg ohne Erweiterung des Schadens einfach
durchzuführen.
Bei länger zurückliegender Fremdkörpereinsprengung mit abgeheilten Wunden stellt sich die Entfernung als deutlich schwieriger dar. In diesen Fällen wurde zur Fremdkörperlokalisation
eine Schichtbildgebung mittels Computertomographie durchgeführt (Abbildung 1). Es erfolgte eine umfangreiche 3-dimensionale Diagnostik mit präoperativer Markierung aller Fremdkörper am Bildschirm, die folglich auch 3D navigiert operativ
entfernt wurden (Abbildung 2). Mit diesem Instrument wurden
sehr gute Ergebnisse besonders bei tiefen, kleinen und alten
Einsprengungsverletzungen erreicht.
Abb. 2: Präoperative Detektion
und Markierung
von röntgendichten Fremdkörpern
in einer 3D - CT–
Rekonstruktion
mittels BrainLab® als
Vorbereitung für
3D – navigiertes
Operieren
Ergebnisse
Die Fremdkörpereinsprengungen stellen sich interindividuell
mannigfaltig dar. Folgende Faktoren sind für die chirurgische
Versorgung von Bedeutung:
• Größe und Material der Fremdkörper (z. B. Glas, Stein, Metall, Holz)
• Ausmaß der Einsprengungen,
• Einsprengungstiefe,
• relevante Begleitverletzungen und
• Zeitpunkt der Einsprengungsverletzung.
Es zeigte sich, dass eine möglichst frühzeitige und sorgfältige
chirurgische Bergung der Fremdkörper auf dem Fragmentweg
mit direkter Hartgewebs- und Weichteilrekonstruktion empfeh-
Abb. 1: Beispiel
einer Begleitver­
letzung durch
Fremdkörpereinsprengung: Schicht
eines CT mit 2
großen röntgendichten Fremdkörpern,
die zur Zertrümmerung des linken
Collum mandibulae
führten (rote Pfeile)
Schlussfolgerungen
Wenn immer möglich sind besonders im Kopf-Hals-Bereich
eingesprengte Fremdkörper so früh wie irgend möglich (spätestens innerhalb von 10 Tagen nach Ereignis) zu entfernen.
Die 3D-Diagnostik und Therapie (Navigation) leistet nicht nur
bei der rekonstruktiven Gesichtschirurgie, sondern auch bei der
Fremdkörperentfernung einen wesentlichen Beitrag für eine erfolgreiche Behandlung.
Bildquelle: Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz - Radiologie
Anschrift des Verfassers:
Stabsarzt Dr. John Rudat
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
Klinik für Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie
Rübenacher Straße 170, 56072 Koblenz
E-Mail: [email protected]
Der Beitrag wird im Internet unter www.wehrmed.de veröffentlicht.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
358
Heinz-Gerngroß-Förderpreis
Das Hip Lag Zeichen – Ein neues, verlässliches klinisches Zeichen zur
Diagnose des Hüftabduktorenschadens im Licht der Dringlichkeit
­präziser Untersuchungsmethoden im Einsatz
Alexander Kaltenborn
Bundeswehrkrankenhaus Westerstede
Hintergrund
Die Wehrmedizin – insbesondere im Auslandseinsatz – ist charakterisiert durch den Spannungsbogen höchster Erwartungen
an die Qualität der ärztlichen Versorgung bei limitierten Ressourcen. Vor diesem Hintergrund scheint es umso wichtiger klinische Zeichen zu entwickeln, die zum einen ohne technische
Hilfe erhebbar sind, zum anderen aber nahe an die diagnostische Verlässlichkeit eines apparativen Goldstandards heranreichen. Um zukünftig die Diagnose eines Hüftabduktorenschadens ohne Bildgebung vereinfachen zu können, wurde das in
dieser Studie vorgestellte Hip Lag Zeichen entwickelt. Läsionen des M. gluteus medius bzw. minimus sind für einen Großteil des sogenannten Trochanter major-Schmerzsyndroms verantwortlich. Epidemiologische Untersuchungen konnten zeigen, dass bis zu 25 % der Bevölkerung an diesem Syndrom
leiden, das sich durch Schmerzen und Spannungen über dem
Trochanter major charakterisiert.
Methoden
Das neu definierte Hip Lag Zeichen wurde nach neuesten Standards der diagnostischen Studienmethodik etabliert, überprüft
und bewertet. In einem zweiten Studienabschnitt wurde das Hip
Lag Zeichen kompetitiv mit dem etablierten Trendelenburg-Zeichen verglichen, welches heute als Standarduntersuchungsmethode der Hüftabduktorenfunktion angesehen wird. Es wurden
48 „Patientenhüften“ in eine verblindete, prospektive diagnostische Validierungsstudie aufgenommen. In der zur Zeit laufenden zweiten Phase der Studie konnten bisher sechs Patienten
rekrutiert werden, bei denen ein Vergleich vom neuen Hip Lag
Zeichen und Trendelenburg Zeichen erfolgte.
Alle Patienten wurden standardisiert untersucht und dabei das
Hip Lag Zeichen klinisch ohne vorherige Kenntnis des MRT-Ergebnisses überprüft. Die Resultate dieses neuen Zeichens wurden anschließend mittels Chi²- und Mann-Whitney-U-Test mit
den MRT-Ergebnissen korreliert. Die diagnostische Genauigkeit wurde anhand von Kreuztabellenkalkulationen analysiert.
Untersuchungstechnik
Zu Beginn der Untersuchung liegt der Patient in einer lateralen
Position auf der Untersuchungsliege mit dem zu untersuchenden Bein oben auf. Der Untersucher steht hinter dem Patienten
und positioniert seinen Arm unter das zu untersuchende Bein,
um einen guten Halt der Extremität zu gewährleisten, während
seine andere Hand das Becken des Patienten etwa auf Höhe der
Spina iliaca anterior superior stabilisiert. Nun extendiert der
Untersucher das Bein in der Hüfte des Patienten passiv um 10°,
abduziert es um 20° und erzeugt soweit wie möglich eine passive Innenrotation, während das Knie des Patienten in einer flektierten Position von 45° belassen wird (Abbildung 1). Nachdem
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Abb. 1: Das Hip
Lag Zeichen
der Patient aufgefordert wurde, das gesamte Bein aktiv in dieser
Position zu halten, löst der Untersucher dieses aus seinem Griff
und überprüft visuell, ob sich die Position der Extremität verändert. Das Hip Lag Zeichen ist positiv zu bewerten, wenn der
Patient nicht in der Lage ist, die zuvor beschriebene abduzierte,
innenrotierte Position aktiv zu halten und der Fuß mehr als 10
cm Richtung Untersuchungsliege abfällt.
Ergebnisse
Ein positives Hip Lag Zeichen war statistisch signifikant assoziiert mit dem Nachweis eines Hüftabduktorenschadens in der
MRT-Schnittbildgebung (p<0.001; Chi²-Test). Das Hip Lag Zeichen ist in der Lage, mit einer Sensitivität von 90 % und einer
Spezifität von 97 % eine Läsion der Hüftabduktoren festzustellen. Der positive prädiktive Wert liegt bei 94 %, der negative prädiktive Wert bei 93 %. Ein diagnostisches Odds Ratio konnte bei
239 000 (95 %-Konfidenzintervall: 20.031-2827.819) mit einer
statistischen Signifikanz von p<0.001 eruiert werden. Damit
reicht das Hip Lag Zeichen in seiner diagnostischen Genauigkeit
erstaunlich nahe an den Goldstandard, das MRT, heran. Insbesondere im Vergleich zu Daten zur Genauigkeit des weit verbreiteten Trendelenburg-Tests für die gleiche Entität ist das Hip Lag
Zeichen klar überlegen. Dies wird betont durch die Ergebnisse
des direkten Vergleichs der beiden klinischen Zeichen. Hierbei
hat das Hip Lag Zeichen eine Sensitivität von 100 % gezeigt,
wohingegen das Trendelenburg-Zeichen in nur 60 % der Fälle
richtig positiv war. Noch dazu ist das Hip Lag Zeichen schnell,
ohne jegliche technische Hilfsmittel und mit verlässlicher Aussagekraft auch bei unterschiedlichen Untersuchern reproduzierbar;
dies konnte mit Hilfe der Kappa-Statistik (0,911) gezeigt werden.
Schlussfolgerung
Das neue Hip Lag Zeichen besitzt eine hohe diagnostische Zuverlässigkeit. Durch das Fehlen anderer Optionen im Umfeld begrenzter diagnostischer Möglichkeiten, sei es im Auslandseinsatz
oder in abgelegenen Regionen und Entwicklungsländern, hat die
Anwendung solider klinischer Tests weitreichende Konsequenzen.
Anschrift des Verfassers:
Stabsarzt Alexander Kaltenborn
Bundeswehrkrankenhaus Westerstede
Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie
Lange Strasse 38, 26655 Westerstede
E-Mail:[email protected]
Heinz-Gerngroß-Förderpreis
359
Einfluss der körperlichen Leistungsfähigkeit auf
Überlastungsbeschwerden und Verletzungen im Rahmen der
allgemeinen militärischen Grundausbildung
Lisa Müller-Schilling1, 2, Nils Gundlach3, Irina Böckelmann2, Stefan Sammito2,4
Sanitätsregiment 32, Weißenfels, 2 Bereich Arbeitsmedizin der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg, 3 Sanitätszentrum Rotenburg, Rotenburg (Wümme), 4 Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr, Koblenz
1
Zielsetzung
Am Anfang einer jeden soldatischen Karriere steht die militärische Grundausbildung (GA), die dem Erwerb der soldatischen
Grundfähigkeiten und der benötigten körperlichen Leistungsfähigkeit dient. Die dabei auftretende erhöhte körperliche Belastung ist mit dem Risiko für das Auftreten von Überlastungsbeschwerden und Verletzungen vergesellschaftet. Studien aus den
US-amerikanischen Streitkräften zeigen, dass das Verletzungsrisiko für Rekruten, die den Advanced Physical Fitness Test am
Anfang des Basic Combat Training nicht bestanden haben,
durch ein 8-wöchiges Pretraining signifikant verringert werden
kann (Knapik et al., 2001; 2003). Inwiefern die körperliche
Leistungsfähigkeit zu Beginn der GA die Häufigkeit von Verletzungen und die daraus resultierenden Dienstausfälle beeinflusst
und ein Pretraining nach amerikanischem Vorbild auch für Berufsanfänger der Bundeswehr sinnvoll wäre, sollte im Rahmen
dieser Studie untersucht werden.
Methode
Die Daten von insgesamt 372 Probanden (Alter 20,4 ± 1,9 Jahre) aus vier aufeinanderfolgenden GA-Quartalen wurden ausgewertet. Die erhobenen Befunde wurden hinsichtlich Überlastungsbeschwerden und Verletzungen gesichtet und die ausgesprochenen Dienstbefreiungen dokumentiert. Anschließend erfolgte eine Quartileneinteilung der körperlichen Leist­­ungsfähigkeit
anhand der Gesamtpunktzahl im Basis-Fitness-Test und eine
Analyse der Ausfalltage mit eingeschränkter (eV) sowie mit
vollständiger Verwendungsunfähigkeit (vV) basierend auf dieser Einteilung. Nachfolgend wurden alle Konsultationen hinsichtlich der Verletzungsart ausgewertet und ein Vergleich mit
vorliegenden Verletzungszahlen aus der GA vorgenommen sowie ein Vergleich der Ausbildungsinhalte durchgeführt. Alle
Probanden hatten schriftlich der Auswertung Ihrer Gesundheitsakte und Fitnesswerte zugestimmt.
Ergebnisse
141 von 372 Probanden (38 %) stellten sich im Laufe der GA
mit einem Überlastungssyndrom oder einer Verletzung beim
Truppenarzt vor. Dabei entfielen 62 % aller Beschwerden auf
die untere Extremität. Die durchschnittliche Einschränkung der
Verwendungsfähigkeit (vV und eV) betrug 6,6 ± 6,4 Tage, wobei die Probanden 0,6 ± 2,5 Tage im Status „vV“ und 6,0 ± 6,0
Tage im Status „eV“ waren. Es stellte sich sowohl für die Gesamtanzahl als auch für die Tage der vV und eV kein signifikanter Einfluss der körperlichen Leistungsfähigkeit in der Varianzanalyse (Gesamt: p = 0,152, vV: p = 0,375, eV: p = 0,119) dar,
wobei tendenziell die Gruppe mit der niedrigsten und höchsten
Leistungsfähigkeit die meisten Ausfalltage aufwiesen. Außerdem zeigte sich mit durchschnittlich 0,71 Verletzungen/1000 h,
dass die Verletzungszahlen im Vergleich zu einer ersten Erhebung aus dem Jahr 2008/2009 (2,27 Verletzungen/1000 h)
(Sammito, 2011), insgesamt geringer ausfielen. Die „grüne
Ausbildung“ wies hierbei eine Verletzungshäufigkeit von 0,63
Verletzungen/1000h auf, während der Dienstsport mit 1,98 Verletzungen/1000 h ein höheres Verletzungsrisiko aufwies. Das
Winterquartal war bei der „grünen Ausbildung“ am verletzungsträchtigsten, während beim Dienstsport das Sommerquartal besonders verletzungsintensiv war. Bei den Ausbildungsinhalten überwiegen insbesondere Schießstunden im Rahmen des
neuen Schießausbildungskonzepts der Bundeswehr.
Diskussion / Schlussfolgerung
In der Auswertung ließ sich kein signifikanter Einfluss der körperlichen Leistungsfähigkeit am Beginn der GA auf das Auftreten von Überlastungssyndromen oder Verletzungen, sowie auf
die daraus resultierende Dauer des Dienstausfalls feststellen.
Dies zeigt, auch wenn durch die freiwillige Teilnahme an der
Studie eine Veränderung der Ergebnisse abschließend letztlich
nicht ausgeschlossen werden kann, die gute Eignung der jetzigen Form der GA für die Ausbildung von Rekruten verschiedenster Fitnesslevel.
Positiv ist der Rückgang der Verletzungszahlen zu verzeichnen,
was auf geänderte Ausbildungseinheiten in der GA zurückzuführen ist. Allerdings ist herauszustellen, dass 62 % der erfassten Verletzungen die untere Extremität betrafen, was deren besondere Bedeutung für Einschränkungen während der GA zeigt.
Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf die „grüne Ausbildung“ zu legen, da bei dieser insgesamt 53 % aller Verletzungen
auftraten. Durch die hohe Stundenzahl zeigte sich jedoch nur
eine Verletzungshäufigkeit von 0,63 Verletzungen/1000 h, wobei sich die Hindernisbahn als Bestandteil dieser mit 3,55 Verletzungen/1000 h im Vergleich besonders verletzungsreich darstellte. Zu bedenken ist hierbei, dass gerade durch die Hindernisbahn die Bewegungsabläufe, die ggf. im späteren Einsatz benötigt werden, besonders gut trainiert werden können.
Insgesamt ist somit eine Anhebung des Fitnesslevels mit dem
Ziel der Verletzungsprevention durch ein Pretraining nach amerikanischem Vorbild vor der GA unnötig, da keine signifikante
Senkung des Verletzungsrisikos zu erwarten wäre.
Anschrift für die Verfasser:
Leutnant (SanOA) Lisa Müller-Schilling
1./Sanitätsregiment 32
Zeitzer Straße 112
06667 Weißenfels
E-Mail: [email protected]
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
360
Heinz-Gerngroß-Förderpreis
Untersuchung der Dosis-Wirkungsbeziehung von Niedrig- versus
­Hochenergie-Stoßwellentherapie auf die kutane Mikrozirkulation –
­Implikationen für das prä- und postoperative Weichteiltrauma­
management?
Vinzent Forstmeier
Bundeswehrkrankenhaus Ulm
Hintergrund
Traumatische Weichteilschäden von Soldaten im Auslandseinsatz und deren Folgezustände bestimmen wesentlich die Prognose komplexer Verletzungsmuster und somit auch die Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit. Es ist bekannt, dass die verletzte
Muskulatur und die kontusionierten Weichteile im Allgemeinen
nur langsam und häufig unvollständig ausheilen, mit dadurch
verbleibender Funktionseinschränkung. Bereits in großem Umfang wird die Extracorporale Stoßwellentherapie (ESWT) für die
multimodale Therapie von z. B. Frakturen, Osteonekrosen des
Femurkopfes und Tendinopathien eingesetzt. Sie scheint somit
ein weites Spektrum von zellulären und biomolekularen Funktionen zu beeinflussen, wobei präzise Wirkungsmechanismen noch
weitgehend unverstanden sind. Eine Dosis-Wirkungsbeziehung
verschiedener Stoßwellenenergien auf die kutane Hämodynamik
konnte bislang nicht nachgewiesen werden.
Hypothese
Hochenergetische ESWT beeinflusst die kutane Mikrozirkulation unterschiedlich gegenüber niedrigenergetischer ESWT im
Tiermodell.
Methoden
30 anästhesierte Sprague-Dawley-Ratten wurden auf zwei
Gruppen randomisiert verteilt1. Die Tiere beider Gruppen wurden mit fokussierter Stoßwelle (Storz Medical Duolith SD-1
“T-Top”) im Bereich der Wadenmuskulatur am linken Hinterlauf behandelt (Abbildung 1), wobei in Gruppe A niedrigenergetische Stoßwelle (0,1 mJ/
mm2, 5 Impulse/s, 1000 Impulse gesamt, Gesamtenergie
0,981 J) und in Gruppe B hochenergetische Stoßwelle (0,3 mJ/
mm2, 4 Impulse/s, 1000 Impulse gesamt, Gesamtenergie 10 J)
appliziert wurde. Vor Beginn
sowie über 20 Minuten nach
Ende der Stoßwellenbehandlung erfolgte die Messung der
kutanen Mikrozirkulation im
Abb. 1: ESW-Applikation auf
Bereich des Behandlungsgebieden linken Hinterlauf
tes durch kombinierte La(Bild: V. Forstmeier)
ser-Doppler und Photospektrometrie (Abbildung 2).
Durchführung in Form eines durch das LALLF Mecklenburg-Vorpommern gemäß §8 Abs. 1 TierSchG genehmigten Tierversuchsvorhabens am Institut für Experimentelle Chirurgie der Universität Rostock
1
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Abb. 2: Kontinuierliche Messung der kutanen Mikrozirkulation nach
der ESW-Applikation (Bild: V. Forstmeier)
Ergebnisse
Die kutane Sauerstoffsättigung in Gruppe B erhöhte sich signifikant um 12,1 % gegenüber Gruppe A (A: 17,3 % vs. B: 29,4 %;
p=0,003) und verblieb auf einem signifikant erhöhten Niveau
bis zum Ende der Messperiode. Die kutane Blutflussgeschwindigkeit im Bereich der behandelten Körperregion stieg in Gruppe B signifikant um 39,9 % gegenüber Gruppe A an (A: -22,1 %
vs. B: 17,8 %; p=0,045) und verblieb ebenfalls auf einem höheren Niveau als in Gruppe A über 20 Minuten. Der postkapilläre
venöse Füllungsdruck in Gruppe B stieg signifikant um 23,0 %
mehr an als in Gruppe A (A: 2 % vs. B: 25 %; p=0,014), wobei
der venöse Füllungsdruck in Gruppe A über 20 Minuten signifikant unter der Ausgangsmessung persistierte.
Schlussfolgerung
Hochenergetische ESWT beeinflusst signifikant die Parameter
der kutanen Mikrozirkulation im Bereich der behandelten Körperareale. Direkt nach Anwendung kommt es im Tiermodell zur
Erhöhung der Gewebesauerstoffsättigung, des postkapillären venösen Füllungsdruckes sowie der Blutflussgeschwindigkeit als
Ausdruck einer erhöhten Gebeperfusion mit verbesserter Gewebesauerstoffsättigung. Demgegenüber erhöht niedrigenergetische ESWT die Gewebesauerstoffsättigung in einem geringeren
Maße, jedoch unter Abfall der Blutflussgeschwindigkeit sowie
des postkapillären venösen Füllungsdruckes als Ausdruck einer
verminderten Gewebeperfusion und verbessertem venösen Abstrom bei aufrechterhaltener Gewebesauerstoffsättigung. Möglicherweise kann ein ausgewähltes Konzept der ESWT im Rahmen einer multimodalen Behandlung von Soldaten mit Weichteiltrauma aus Auslandseinsätzen zur Prä- oder Post(operativen)
konditionierung des Weichteilgewebes beitragen.
Anschrift des Verfassers:
Stabsarzt Dr. Vinzent Forstmeier
Bundeswehrkrankenhaus Ulm
Klinik für Allgemein-, Visceral- und Thoraxchirurgie
Oberer Eselsberg 40, 89081 Ulm
E-Mail: [email protected]
Heinz-Gerngroß-Förderpreis
361
Identifikation atypisch resistenter Enterobacteriaceae bei Patienten
einer Infektiologieabteilung auf Madagaskar
Volker Micheel
Einleitung
Die Ausbreitung zunehmend resistenter bakterieller Erreger spart
auch Einsatzgebiete wie Afghanistan oder das tropische und subtropische Afrika nicht aus. Angesichts aktueller Szenarien wie
EUTM Mali wird dieses Problem für den Sanitätsdienst aktuell
bleiben. Belastbare epidemiologische Daten fehlen in Ländern
mit eingeschränkter medizinischer Versorgung. Am Beispiel von
Patienten eines madagassischen Krankenhauses wurde die nasale
Kolonisation Einheimischer untersucht, um Risikofaktoren für die
Stratifizierung des Hygienemanagements bei der Behandlung zu
eruieren. Der Focus lag dabei auf den Nachweis von atypisch resistenten Enterobacteriaceae mit einem Extended-Spectrum Beta-Lactmase (ESBL) Resistenzmechanismus, welcher mit Penicillin- und Cephalosporin-Resistenz einhergeht. Diese resistenten
Enterobakterien stellen bekannterweise Erreger vieler nosokomialer Infektionen dar, welche die Liegedauer und die Letalität der
Patienten bei der Behandlung erhöhen. Der ESBL-Resistenzmechanismus kann unter anderem durch den in Europa häufigen
bla(CTX-M) Genotyp ausgelöst werden, welcher in Madagaskar
schon bei Hochrisiko-Patienten nachgewiesen werden konnte. In
Stichproben mit geringerem Risikopotenzial ist die Bedeutung dieser Genvarianz allerdings noch zu validieren.
Material und Methoden
Nasenabstriche von 169 Patienten der Infektiologieabteilung des
Universitätsklinikums Joseph Raseta de Befelatanana, Antananarivo, Madagaskar, wurden direkt bei stationärer Aufnahmen über
einen sechsmonatigen
Studienzeitraum in
Kooperation mit der
Station abgenommen
(Abbildung 1). Alle
Studienpatienten beantworteten
einen
Fragebogen zu Geschlecht, Wohnort,
professionellem Tierkontakt, chronischen
Vorerkrankungen,
Medizinisches Labor an der Universitätsklifrüheren
Krankennik Joseph Rasetea de Befelatanana
hausaufenthalten so(Foto: Volker Micheel)
wie vorausgegangenen Antibiotikatherapien. Vor Ort erfolgte zunächst ein erstes
Screening. Die Mikroflora der Nasenabstriche wurde auf einen
chromogenem ESBL Selektivagar überführt und positive Resultate
wurden bei der Therapieplanung berücksichtigt. Die weiterführenden Analysen erfolgten am Fachbereich für Tropenmedizin am
Bernhard-Nocht-Institut. Um die Sensitivität zu erhöhen, sind die
Proben zunächst in Thioglycolat-Bouillon nicht selektiv vermehrt
worden. Anschließend wurden die Enterobacteriaceae auf dem
chromogenem ESBL Selektivagar isoliert. Folgend ermittelten wir
die Empfindlichkeit gegenüber Piperacillin, Ceftazidim, Meropenem und Ciprofloxacin mittels E-Testen, um Erreger mit Resistenz
gegen 3 bis 4 der bakteriziden Antibiotikaklassen (3MRGN/4MRGN) zu identifizieren. Ferner wurden ESBL- oder AmpC-Expression mittels ABCD-Testung und das Vorhandensein eines
­bla(CTX-M) ESBL Genotyps unter der Verwendung einer kommerziellen ‘Hyplex’ ESBL PCR getestet. Die Speziesanalyse erfolgte mittels 16S-PCR und MALDI-TOF-Verfahren.
Ergebnisse
Insgesamt 12 von 169 Patienten (7,1 %) wiesen eine nasale Kolonisation mit ESBL-positiven oder 3MRGN-/4MRGN-Isolaten
auf. Alle 12 entsprechenden Enterobacteriaceae vom chromogenen Brilliance ESBL Selektivagar waren mit einer Ceftazidim-Resistenz vergesellschaftet. Ein Anteil von 11 der 12 war
resistent gegen 3 der 4 getesteten bakteriziden Antibiotika und
bei 11 von 12 konnte ein phänotypischer ESBL Resistenzmechanismus nachgewiesen werden. Dieser wurde in 4 Fällen durch
den bla(CTX-M) Genotyp verursacht. Die Mehrheit der resistenten Isolate ließ sich der Pantoea agglomerans und vereinzelt der
Enterobacter cloacae Spezies zuordnen. Es konnten keine spezifischen Risikofaktoren für eine Besiedlung ermittelt werden,
wenngleich die Bewohner der Hauptstadt Antananarivo sogar
mit etwas geringerer Häufigkeit kolonisiert waren als die Patienten aus den ländlichen Regionen.
Schlussfolgerung
Ein relevanter Anteil madagassischer Patienten wies nasale Besiedlungen mit Cephalosporin-resistenten Enterobacteriaceae beziehungsweise 3MRGN-Bakterien auf, was mit dem Risiko
­endogener Infektionen wie auch nosokomialer Übertragungen
vergesellschaftet ist. Eine mögliche Ursache für die erhöhten Resistenzraten könnte die Eigentherapie der Patienten mit verschiedenen Antibiotika sein, welche gerade in ländlichen Landesteilen
durch eine eingeschränkte, nicht flächendeckende medizinische
Versorgung sowie der teilweisen Freiverkäuflichkeit der Arzneimittel möglich wird. In Übereinstimmung mit vorangegangen
Untersuchungen auf Madagaskar, stellte der sich bla(CTX-M)
Genotyp erneut als ein relevanter Auslöser für den ESBL-Resistenzmechanismus dar. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer kontinuierlichen Resistenzsurveillance in tropischen
Einsatzgebieten, um die Resistenzentwicklung zu verfolgen und
kalkulierte Antibiotikatherapien entsprechend der Resistenzlage
anzupassen. Spezifische Risikofaktoren für die Besiedlung mit
ESBL-positiven oder 3MRGN Enterobakterien ließen sich nicht
nachweisen, so dass jeder Einheimische als potenzieller Keimträger atypisch resistenter Erreger angesehen werden sollte.
Anschrift des Verfassers:
Leutnant (SanOA) Volker Micheel
Fachbereich Tropenmedizin am Bernhard-Nocht-Institut,
Bundeswehrkrankenhaus Hamburg
Bernhard-Nocht-Straße 74, D-20359 Hamburg
[email protected]
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
362
Heinz-Gerngroß-Förderpreis
Blended Learning in der Ausbildung des Militärchirurgen am Beispiel
eines Moduls Traumamanagement
Lena Marie Heidelmann, Chris-Henrik Wulfert und Wilm Rost
Aus der Abteilung für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie (Leitender Arzt: Flottenarzt Dr. Rost) am Bundeswehrkrankenhaus Hamburg (Chefarzt:
Generalarzt Dr. med. J. Hoitz)
Hintergrund
Ein integriertes Lernkonzept (Blended Learning) kann den Start in
das Berufsleben deutlich vereinfachen. Es knüpft damit konsequent an eine zunehmend computergestützte universitäre Hochschulausbildung an. Die Weiterbildung des Sanitätsoffiziers wird
durch die EU-Arbeitszeitrichtlinie und die kompetenzbasierte Reform der (Muster-) Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer reguliert und dominiert. Die Weiterbildungsbeauftragten werden somit gezwungen, ihr aktuelles Lehrkonzept zu überdenken
und zu überarbeiten. Für den angehenden Militärchirurgen und
Notfallmediziner hat insbesondere das Traumamanagement eine
vorherrschende Bedeutung. Vor diesem Hintergrund erscheint es
ideal, diese Notfallkompetenz durch ein innovatives Ausbildungskonzept zu entwickeln.
Methodische und technische Umsetzung
Als theoretischer Rahmen wurde das Buch „Basisweiterbildung
Chirurgie“ von Jauch et al. zugrunde gelegt. Zur Entwicklung der
Inhalte und als Ideen- und Informationssammlung wurde die Kollaborationsplattform Microsoft One Drive inklusive One Note, gewählt. Zur Umsetzung des E-Learning-Anteils einschließlich der
Prüfung theoretischen Wissens wurde uns die Lernplattform
­ILIAS® der Helmut-Schmidt-Universität zur Verfügung gestellt
und die Inhalte dorthin übertragen (Abbildung 1). Weitere konzeptionelle Anregungen liefern „The Draft CanMEDS 2015 - Physician Competency Framework“ aus Kanada und „The Intercollegiate
Surgical Curriculum Programme“ der britischen Kollegen, aktuelle Fachliteratur sowie das World Wide Web.
Im Rahmen eines berufsbegleitenden Blended Learnings werden
in Form von Präsenzinhalten Skilltraining, modulares Operieren,
Fortbildungsveranstaltungen, klinische Fallkonferenzen, Lehrvisiten, Projektarbeiten und dazugehörige Feedbackmechanismen
miteingebunden.
Ergebnisse
Das Modul Traumamanagement ist Bestandteil des Weiterbildungscurriculums „iSurgery“, welches aktuell mit 104 Wochenschritten für die chirurgische Ausbildung des Common Trunk entwickelt wird. 19 Wochen werden für das Modul Traumamanagement benötigt. Die Kompetenzen werden im Sinne des Construc­
tive Alignment (bestehend aus Kompetenz, Prüfung und Lehr-/
Lernmethode) definiert, ausgebildet und evaluiert.
Die methodisch-didaktische Gliederung eines jeden Wochenschritts gestaltet sich anhand eines durchgängigen Schemas: Nach
den Lernzielen folgen theoretische Grundlagen in Kombination
mit Videos als E-Learning-Ressourcen, interaktiven Fällen und
Skilltrainings. Sogenannte anvertraubare professionelle Tätigkeiten dienen der Dokumentation des Lernfortschritts praktischer Fähigkeiten, Tests auf der Lernplattform bilden das theoretische Wis-
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Abbildung 1: Modul Traumamanagement auf der Lernplattform
ILIAS® der Helmut-Schmidt-Universität
(Bild: OStArzt Dr. Heidelmann)
sen ab. Spezielle Anteile für den Militärchirurgen finden in dem
Lernschritt Schuss- und Explosionsverletzungen zusätzlichen Anklang. Durch Einbindung des persönlichen Zugangs zum San-Netz
mit der virtuellen Bibliothek und Klinik gelingt die kostenfreie
Nutzung aktueller Fachliteratur ohne Urheberechtskonflikte zu
provozieren. Dadurch werden gegenwärtig vorhandene Ressourcen des Sanitätsdienstes auch für das Modul Traumamanagement
strukturiert zugänglich und nutzbar.
Der Lernerfolg kann, wie im Folgenden erläutert, in mehreren Bereichen evaluiert werden. Fragen im Lernmodul bilden die Möglichkeit der Selbstkontrolle. Mentoring durch erfahrenere Kollegen
und Begleitung durch den Weiterbildungsbeauftragten kontrollieren den Ausbildungszuwachs der praktischen Fähigkeiten.
Schlussfolgerungen
Moderne Aus- und Weiterbildung junger Ärzte kann nur durch ein
integriertes Lernkonzept erfolgreich sein, welches auf die Entwicklung notwendiger und zuvor definierter Kompetenzen ausgerichtet ist. Bestandteile des chirurgischen Arbeitsalltags können
didaktisch sinnvoll in das Konzept eingebunden und durch den
Einsatz moderner Medien optimal geschult werden.
Allerdings impliziert ein kompetenzbasiertes Konzept auch einen
erhöhten Schulungsbedarf für die Weiterbilder sowie einen deutlich erhöhten Zeitbedarf für die Ausbildung und die Evaluation.
Durch die Entwicklung eines universell anwendbaren Blended
­Learning Konzeptes ist es gelungen, die Weiterbildung in unserer
Abteilung an die lokalen und insbesondere militärischen Besonderheiten anzupassen und strukturierter und verbindlicher zu gestalten.
Anschrift für die Verfasser:
Oberstabsarzt Dr. Lena Marie Heidelmann
Bundeswehrkrankenhaus Hamburg
Abteilung II: Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie
Lesserstraße 180, 22049 Hamburg
E-Mail: [email protected]
363
Kongressberichte
Tradition und Innovation
45. Kongress der Deutschen Gesellschaft für
Wehrmedizin und Wehrpharmazie
11. - 14. September 2014 im Hotel Estrel, Berlin
Vom 11. - 14. September fand im Hotel Estrel, Berlin, der 45.
Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und
Wehrpharmazie (DGWMP) statt. Den Weg nach Berlin hatten
641 Kongressteilnehmer gefunden, die höchste Zahl an Teilnehmern aller bis dahin stattgefundenen Kongresse. Sechzig Firmen
und Kliniken präsentierten ihre Innovationen und Therapieangebote auf einer gut besuchten Industrieausstellung und eine Reihe
von Hilfsorganisationen zeigten mit ihrer Anwesenheit großes
Interesse an wehrmedizinischen Fachthemen.
Der Kongress stand unter dem Motto „Tradition und Innovation“,
wurde doch gleichzeitig der Gründung der ersten Deutschen Militärärztlichen Gesellschaft vor 150 Jahren gedacht, die als „Berliner militärärztliche Gesellschaft“ im Jahre 1864 im Cafe Royal
in Berlin gegründet wurde. Der Artikel von Oberfeldarzt Prof. Dr.
Vollmuth am Anfang dieses Heftes geht im Detail auf die Geschichte der Deutschen militärärztlichen Gesellschaften ein.
Festakt am 10.September 2014
150 Jahre Deutsche militärärztliche Gesellschaften
dass selbst unter Anlegung zeittypischer Maßstäbe in der Vergangenheit manches falsch, ethisch mangelhaft und fachlich
unverständlich gewesen ist. Wer aber ohne ideologische Brille
hinschaut, der findet auch viel Bewahrenswertes und Fortschrittliches, z. B. den rastlosen Entdeckergeist, die treue und
hingebungsvolle Pflichterfüllung, den Enthusiasmus für Forschung und Weiterentwicklung von Methoden, Standards und
Ausrüstung. Und das alles, um dem Auftrag besser gerecht zu
werden, Leib und Leben von Soldaten zu bewahren, Erkrankungen vorzubeugen und die Gesundheit möglichst wiederherzustellen. Davon haben damals wie heute auch die zivilen Patienten bzw. das ganze Gesundheitswesen profitiert. Ich erinnere
pars pro toto an die Bekämpfung von Infektionen und Seuchen,
die Entwicklung von Impfungen und die Weiterentwicklung von
Operationsmethoden und der Prothetik. In vergleichbarer Weise haben zivile medizinische Entwicklungen Eingang in die Militärmedizin gefunden, z. B. die Röntgentechnik.
Ohne die Ereignisse und Fehler aus der Geschichte zu verstecken, sieht sich die DGWMP e. V. der guten militärmedizinischen Traditionen verpflichtet und wird daher konsequent die
Prinzipien unseres Vereinsmottos: „Scientiae – Humanitati –
Patriae“ ehren, pflegen und weiterentwickeln.“
Der vollständige Redetext findet sich im Internet auf der Seite
www.dgwmp.de.
Dem Kongress waren ein Festakt im Eichensaal der ehemaligen
Militärärztlichen Akademie, dem heutigen Bundesministerium
für Wirtschaft und Energie, am Nachmittag des 10. September
und ein parlamentarischer Abend im Hotel Estrel vorausgegangen. Der Präsident der DGWMP, Generalarzt a. D. Dr. Christoph Veit, gab beim Festakt einen Überblick über die Entwicklung von der „Berliner militärärztlichen Gesellschaft“ zur heutigen DGWMP. Sein Resume:
„150 Jahre Militärärztliche Gesellschaften sind eine lange
Zeit, und wer historisch-kritisch hinterfragt, wird feststellen,
Der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, General­ober­
stabs­arzt Dr. Ingo Patschke, bei seinem Grußwort
Generalarzt a. D. Dr. Christoph Veit begrüßt die Teilnehmer des
Festaktes
Der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, General­
oberstabsarzt Dr. Ingo Patschke, betonte in seinem Grußwort
die Bedeutung einer militärärztlichen Fachgesellschaft für die
wissenschaftliche Weiterentwicklung des Sanitätsdienstes der
Bundeswehr. Die Förderung junger Sanitätsoffiziere durch Wissenschaftspreise, wie dem Paul-Schürmann-Preis und dem
Heinz-Gerngroß-Förderpreis, die Organisation von Kongressen, Tagungen und Weiterbildungsveranstaltungen durch die
DGWMP und die Vernetzung in den Arbeitskreisen stehe in der
Tradition der Gründer der Berliner Gesellschaft, die sich in erster Linie dem wissenschaftlichen Austausch innerhalb der Multidisziplinarität der Wehrmedizin verschrieben hatte.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
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Kongressberichte
In seinem Festvortrag „Medizinische Fachgesellschaften im
Wandel – Überlegungen aus der Sicht der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie“ gab Professor Dr. Hartwig Bauer, von
2003 bis 2011 Generalsekretär dieser Gesellschaft, einen Überblick über die Entwicklung der medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland. Er begrüßte ganz besonders die Integration
militärärztlicher Expertise in die Weiterentwicklung der Fachdisziplinen und machte dieses unter anderem am Beispiel der
Arbeitsgruppen Einsatz-, Katastrophen- und taktische Chirurgie fest (Leitung: Oberstarzt Prof. Dr. Friemert, Ulm) der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie und der chirurgischen
Arbeitsgemeinschaft Militär- und Notfallchirurgie (CAMIN)
der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirugie fest, die von Oberstarzt Professor Dr. Schwab, Koblenz, geleitet wird.
Oberstarzt Dr. Walter Kating begrüßt die Kongressteilnehmer
wickelt – zum Nutzen der militärischen und zivilen Seite in
gleicher Weise. Sie betonte aber auch, dass nur durch ständige
Weiterentwicklung und das ständige Streben nach Verbesserung das Ziel einer optimalen medizinischen Versorgung auch
im Einsatz erreicht werden könne. Mit den Worten: „Wer beginnt, sich auf hohem Niveau zurückzulehnen, hat schon verloren!“ leitete Dr. von der Leyen zu den drei Themenfeldern über,
die sie als besondere Schwerpunkte für den Sanitätsdienst ansieht. An erster Stelle sei dabei die Gewinnung von Nachwuchs
eine Schlüsselfrage für Deutschland, eine gute Aus- und Weiterbildung schaffe elementare Grundlagen; schließlich sei ein
Ausbau der Forschung notwendig, „um uns am Puls der Zeit zu
Professor Dr. Hartwig Bauer beim Festvortrag
Musikalisch umrahmt wurde der Festakt vom Bläserensemble
des Stabsmusikorps der Bundeswehr.
Kongresseröffnung
In Anwesenheit der Bundesministerin der Verteidigung, Frau
Dr. Ursula von der Leyen, und des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Herrn Hellmut Königshaus, begrüßte der
Kongresspräsident, Oberstarzt Dr. Walter Kating (Bundeswehrkrankenhaus Berlin), nach einer durch das Wehrbereichsmusikkorps III dargebotenen musikalischen Overtüre die Teilnehmer.
Mit Spannung wurden die Grußworte der Bundesministerin der
Verteidigung erwartet. Sie begrüßte das Auditorium auch mit
den Worten „Liebe Kolleginnen und Kollegen!“ und verlieh damit als ärztliche Kollegin ihrer engen Verbundenheit zum Sanitätsdienst in besonderer Weise Ausdruck. „Tradition und Innovation gehören zusammen“, betonte die Ministerin, die Genfer
Konvention halte sie nach wie vor für hochmodern. Aus den
Maßnahmen zur Verbesserung des Loses der Kranken, Verletzten und Verwundeten im Felde würden gestern wie heute auch
verbesserte Behandlungsmöglichkeiten im zivilen Bereich ent-
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Die Bundesministerin der Verteidigung, Frau Dr. Ursula von der
Leyen, ließ es sich nicht nehmen, die Kongressteilnehmer persönlich
zu begrüßen.
Kongressberichte
halten“. „Forschung ist eines der zentralen Felder für die Bindung von Personal“, so die Ministerin; ihr offenes Ohr gerade
für die Belange des Sanitätsdienstes unterstrich sie abschließend mit den Worten „Spannen Sie mich ein!“.
Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Herr Hellmut Königshaus, merkte zunächst an, dass die Ministerin eigentlich von ihm für sein Grußwort vorgesehene Anregungen
bereits aufgegriffen habe. Er wies auf das Defizit zur Versorgung Brandverletzter hin und stellte die Frage, welche Regeln
im Umgang mit hochinfektiösen Krankheiten, wie Ebola, denn
in Zukunft gelten sollten. Er regte auch die bessere Nutzung der
im Sanitätsdienst vorhandenen Stellen im Rahmen des „Vakanzenmanagements“ an.
Der Präsident der Ärztekammer Berlin, Dr. Günther Jonitz,
stellte die Bedeutung von Führung und Unternehmenskultur als
„Soft Factors“ heraus, die am Ende die „harte Qualität“ bestimmen. Die Wiederentdeckung primärer ärztlicher Tugenden in
organisierter Form führe zu wirklichem Qualitätsmanagement.
Der stellvertretende Kommandeur des Kommandos Territoriale
Aufgaben, Brigadegeneral Kropf, begrüßte die Teilnehmer als
Vertreter der militärischen Seite und als Standortkommandant
von Berlin, bevor Generalarzt a. D. Dr. Veit den Kongress eröffnete.
Der Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generaloberstabsarzt Dr.
Ingo Patschke, gab eine Standortbestimmung des Sanitätsdienstes und erörterte die bisher erreichten Teilziele auf dem Weg in
die neue Struktur. Auch er betonte die Notwendigkeit der engen
Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften und dankte insbesondere der DGWMP für ihre Beiträge zur Weiterbildung und
wissenschaftlichen Zusammenarbeit.
Oberst d. R. Professor Pommerin beim Festvortrag zum Thema „
Geschichte und Tradition – Anmerkungen zr Erinnerungskultur“
Den Festvortrag des Kongresses hielt Oberst d. R. Professor Dr.
Reiner Pommerin. Er ging auf die Begriffe der individuellen,
kollektiven und kulturellen Erinnerung ein, wie sie in der Gedächtnisforschung benutzt werden. Dabei stehe im Zentrum der
Theorie des kollektiven Gedächtnisses die Einsicht, dass die
Vergangenheit nicht ganz vergessen ist, sondern als Ressource
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oder Hypothek ihre Bedeutung für die Gegenwart noch nicht
verloren hat. Dabei habe sich der Verantwortungsradius westlicher Gesellschaften in den letzten Jahren erheblich erweitert,
indem sie sich nicht nur ihrer positiven Grundlagen vergewissern, sondern auch negative Ereignisse in ihr kollektives Selbstbild aufnehmen. Mit dem Satz von Generalleutnant Wolf Graf
von Baudissin,„Die Entscheidung für diese oder jene Tradition
hat – das ist meine tiefe Überzeugung – wenig mit der Vergangenheit, dagegen viel mit den Vorstellungen von Gegenwart
und Zukunft zu tun.“, leitete er zu seiner abschließenden Überzeugung über, dass bei der DGWMP wie im Sanitätsdienst auch
weiterhin Tradition mit Geschichte und Innovation mit Verantwortung verknüpft wird und schloss mit den Wunsch : “ad multos annos.“ Der vollständige Wortlaut des Festvortrages ist unter www.dgwmp.de veröffentlicht.
Preisverleihungen
Paul-Schürmann-Preis 2014
Im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung wurde Oberstabsarzt
Dr. Christian Ruf für seine wissenschaftliche Arbeit mit dem
Thema „Molekularbiologische Risikofaktoren einer Metastasierung beim seminomatösen Keimzelltumor des Hodens“
mit dem mit 7 500,- Euro dotierten Paul-Schürmann-Preis ausgezeichnet. Der Präsident der DGWMP, Generalarzt a. D. Dr.
Veit, übereichte dem stolzen Preisträger Urkunde und Scheck.
Oberstabsarzt Dr. Ruf bedankte sich und stellte heraus, dass
dieser Preis eine Auszeichnung für eine hervorragende wissenschaftliche Kooperation zwischen den Bundeswehrkrankenhäusern und dem Institut für Radiobiologie der Bundeswehr
darstelle. Eine Kurzfassung der Arbeit des Preisträgers findet
sich in dieser Ausgabe.
Verleihung des Paul-Schürmann-Preises an Oberstabsarzt
Dr. Christian Ruf
Heinz-Gerngroß-Förderpreis 2014
Am Nachmittag des 12.September stellten sich sechs junge Sanitätsoffiziere / Sanitätsoffizieranwärter(innen) mit jeweils 10-minütigen wissenschaftlichen Vorträgen und anschließender Diskussion einer kritischen Jury unter Leitung von Oberstarzt Professor
Dr. Becker. Aufgabe war es, zu einem wehrmedizinischen oder
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Kongressberichte
wehrpharmazeutischen Thema vorzutragen und die dort vorgestellten Ergebnisse oder Thesen in einer Diskussion zu verteidigen. Die Aufgabe wurde von allen Bewerbern souverän gemeistert, das Ergebnis fiel denkbar knapp aus.
Im Rahmen des Festabends am gleichen Tag wurde den Siegern, Stabsarzt Alexander Kaltenborn aus dem Bundeswehrkrankenhaus Westerstede („Das Hip Lag Zeichen – ein neues
verlässliches klinisches Zeichen zur Diagnose des Hüftabduktorenschadens im Licht der Dringlichkeit präziser Untersuchungsmethoden im Einsatz“) und Leutnant (SanOA) Lisa
Müller-Schilling aus dem Sanitätsregiment 32 in Weißenfels
(„Einfluss der körperlichen Leistungsfähigkeit auf Überlastungsbeschwerden und Verletzungen im Rahmen der allgemeinen militärischen Grundausbildung“) Urkunden und Preisgeld
in Höhe von 1 500,- bzw. 1 000,-Euro überreicht. Kurzartikel
der Vorträge aus dem Nachwuchsforum sind in dieser Ausgabe
abgedruckt.
Kongressfotos: DGWMP / Andreas Meyer-Trümpener
Vorträge und Poster
Aus den zahlreichen Vorträgen im Plenum sowie in mehreren
wissenschaftlichen Sitzungen, einschließlich der Arbeitskreise,
und aus der Posterpräsentation werden im Folgenden ausgewählte Abhandlungen vorgestellt. Eine vollständige Wiedergabe ist aus Platzgründen leider nicht möglich. Deshalb werden
aus den verschiedenen Themenbereichen jeweils einige Beiträge ausführlicher wiedergegeben, um einen Eindruck von der
fachlichen Breite und Tiefe dieses Kongresses zu vermitteln.
Für eine Kontaktaufnahme zu den Autoren kann deren
Email-Adresse unter [email protected] angefragt werden.
Gesundheitswesen / Krankenhäuser
Die historische Entwicklung der Bundeswehrkranken­
häuser 1957 - 2014
Generalarzt a. D. Prof. Dr. Dr. Erhard Grunwald
Koblenz
Generalarzt a. D. Dr. Christoph Veit gratuliert Stabsarzt Alexander
Kaltenborn zum Preisgewinn
Leutnant SanOA Lisa Müller-Schilling nimmt den Heinz-GerngroßFörderpreis entgegen
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
In der Aufbauphase der Bundeswehr, die von 1956 bis 1962
ging, sind 1957 die ersten Lazarette in Gießen, Koblenz,
Glückstadt, Amberg und Detmold aufgestellt worden; bis Ende
1959 kamen noch die Lazarette in Hamburg, Bad Zwischenahn
und Kempten hinzu, sodass nach kurzer Zeit die Bundeswehr
bereits über 1 433 Betten verfügte. Hier zeigt sich beispielhaft
der große Zeitdruck, unter dem der Aufbau der Bundeswehr
stand, da aus politischen Gründen rasch ein sichtbarer und
wirksamer Verteidigungsbeitrag nach Aufnahme der Bundeswehr in die NATO geleistet werden sollte.
In den Jahren 1963 bis 1967, die als Ausbauphase der Bundeswehr gelten, kamen noch zwei weitere Lazarette hinzu, sodass
der Sanitätsdienst 1966 über 2 285 Betten verfügte.
1970 erfolgte eine bedeutende Straffung der sanitätsdienstlichen Organisation; die nun zwölf Lazarette wurden gemeinsam
mit anderen Dienststellen zum Organisationsbereich „Zentrale
Sanitätsdienststellen der Bundeswehr“ zusammengefasst und
dem Inspekteur des Sanitätsdienstes in jeder Hinsicht unterstellt. Im gleichen Jahr erfolgte auch die Umbenennung der Lazarette in Bundeswehrkrankenhäuser und ihre Öffnung für Zivilpatienten.
In den darauffolgenden Jahren erfolgte ein kontinuierlicher
Ausbau der Bundeswehrkrankenhäuser in fachlicher, personeller und materieller Hinsicht.
In der durch den Ost-West-Gegensatz geprägten Sicherheitslage bis Ende der 1980er Jahre mit einer möglichen militärischen
Konfrontation an der innerdeutschen Grenze wären die Krankenhäuser in der ersten Phase einer kriegerischen Auseinandersetzung mit dann 5 000 Betten die einzigen klinischen Einrichtungen gewesen, die anfänglich eine weiterführende Behandlung hätten übernehmen können.
Kongressberichte
Im Rahmen der Wiedervereinigung 1990 wurden zunächst neun
Lazarette der NVA mit ca. 2 000 Betten sowie das frühere Zen­
tralkrankenhaus der Volkspolizei, das ehemalige kaiserliche
Garnisonslazerett Nr. 1, in Berlin übernommen.
Mit der Reduzierung der Armee auf 340 000 Soldaten im Rahmen der 1990 erfolgten neuen Gesamtausplanung deutscher
Streitkräfte entschied man sich für ein System mit vier größeren
Häusern sowie vier sog. „156-Betten-Standardkrankenhäusern“, das 2 300 Betten umfasste.
Mit der Ministerweisung zur „Neuausrichtung der Bundeswehr“ im Jahre 2000 und der damit verbundenen einsatzorientierten Umstrukturierung der Streitkräfte wurden drei kleine
Krankenhäuser geschlossen und die Fähigkeiten zur stationären
Versorgung auf jetzt fünf Häuser mit rund 1 800 Betten konzentriert, um dem Auftrag der umfassenden sanitätsdienstlichen
Versorgung der Soldaten im Frieden, Verteidigungsfall und Einsatz gerecht zu werden.
Bundeswehrkrankenhäuser: Woher? Wohin? Einsich­
ten eines Chefarztes
Generalarzt Dr. Joachim Hoitz
Bundeswehrkrankenhaus Hamburg
Seit über 50 Jahren bestehen Bundeswehrkrankenhäuser (BwKrhs), gegründet in Zeiten des Kalten Krieges und der Kampfbereitschaft für Landes- und Bündnisverteidigung auf deutschem Boden als Keimzellen einer im Verteidigungsfall rasch
aufwachsenden Lazarettorganisation. Aus dem waffenstarrenden Blockdenken wurde weltweite Krisenbewältigung und
Konfliktverhütung, die Kampftruppen mutierten sprachlich zu
Friedenstruppen. Wie wandeln sich die BwKrhs?
Die heutige Sicherheitspolitik verändert mit einer neuen Bundeswehr auch den Auftrag für die BwKrhs: Ausbildung für eine
hocheffiziente medizinische Versorgung Verwundeter oder Erkrankter in Auslandseinsätzen, Abstellung von Fachpersonal
dorthin und die abschließende Behandlung der Verwundeten im
Heimatland bilden mit Abstand erste Priorität: Ausbildung ist
das „Unternehmensziel“ im Systemverbund BwKrhs. Hierzu ist
es essenziell, tagtäglich Patienten mit entsprechend schwerwiegenden Erkrankungen und Verletzungen zu behandeln. Dies
können zwar auch Soldatenpatienten sein, meistens sind diese
jedoch - glücklicherweise - zu gesund, um das Sanitätspersonal
erfolgreich auf die Herausforderungen der Auslandseinsätze
vorbereiten zu können. Für Ausbildung ist Medizin nach dem
State of the Art zwingend, was heutzutage die Anwendung von
Evidence Based Medicine (EBM) und nachgewiesene Qualitätssicherung bedeutet, die eine ehedem vorherrschende Erfahrungs- und „Eminenzbasierte“ Medizin verdrängt. Aber wieviel
EBM existiert für die Versorgung Verwundeter, z. B. nach Explosions- und Schussverletzung? Die Herausforderung für den
Sanitätsdienstes besteht hierin, EBM, wo immer nötig, durch
Erfahrungen zu ergänzen, kreativ damit zu verknüpfen und innovativ weiterzuentwickeln. Heutige Einsatzerfahrungen gehen
als „medicina in extremis“ weit über die früher völlig ausreichende Versorgungstiefe ziviler Medizin hinaus. Während zu
Beginn der BwKrhs die zivile Medizin unidirektional in die
BwKrhs hineinwirkte und Sanitätsoffiziere nur wenig reüssierten, wird heute die Militärmedizin - wie in der Geschichte immer wieder - als Motor für kreative und innovative Weiterentwicklungsimpulse geschätzt und werden Ärzte und Pfleger an
367
den BwKrhs, ob ihrer einzigartigen Erfahrungen, als herausragende Vertreter ihres Fachgebietes in den wissenschaftlichen
Fachgesellschaften hoch anerkannt. Diese Erkenntnis ist umso
wichtiger, als bei begrenzten Personalressourcen der Kampf um
die Besten voll entbrannt ist. Dabei unterliegt auch der in den
BwKrhs tätige Menschenschlag einem Wandel: Von Pflichtorientiertheit und hierarchischem Denken kommend, sind hier
heute Work-Life-Balance und Autonomiestreben ebenso selbstverständlich geworden, wie sich aus den Erfahrungen der Auslandseinsätze heraus der ganzheitlich-interdisziplinär denkende
interprofessionelle Teamplayer entwickelt hat. Obwohl die BwKrhs oft nicht zu den Großkliniken mit regionaler Marktbeherrschung gehören, ist gerade dies einer der attraktiven Ansätze,
sich auf dem völlig veränderten Gesundheitsmarkt zu positionieren: Von der Daseinsvorsorge der alten kommunalen Klinikstruktur mit anfänglich großzügigen Ressourcen hat sich zivil
ein Wandel zum umsatzoptimierten und ressourcenschonenden
Management mit zunehmender Spezialisierung ergeben. Marketing prägt die Außenwirkung aller Akteure im Gesundheitswesen. Und da die BwKrhs aus Ausbildungsgründen Patienten
aus derselben Population generieren wollen, ist auch für sie ein
Marketing erforderlich. Doch gerade der Unterschied in den
Unternehmenszielen ist geeignet, ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal heraus zu stellen: Hier exzellent ausgebildete
Sanitätssoldaten, die in der Lage sind, überall auf der Welt mit
all den Mitteln und unter all den Rahmenbedingungen, die sie
gerade vorfinden, im Team eine medizinische Ergebnisqualität
wie im Heimatland zu erreichen, dort die Notwendigkeit, zur
Steigerung des Shareholder Values ressourcenbeschränkend zu
optimieren, und dadurch sowohl den Wettbewerb zwischen
Fachabteilungen und Krankenhäusern zu fördern, als auch Ausbildung als zeit- und ressourcenfressende - und lästige - Unausweichlichkeit zu empfinden.
Bundeswehrkrankenhaus als Kern eines Ausbildungsclusters
BwKrhs haben sich von den einstigen Lazaretten der Grundund Regelversorgung für Soldaten entwickelt zu gesuchten
Kooperationspartnern bei Patientenversorgung und Ausbildung, deren Mitarbeiter zu gern zu Rate gezogenen Experten
bei der fachlichen Diskussion anderweitig nicht mehr vermittelbarer Erfahrungen und zu äußerst beliebten Krankenhäusern für
die Patienten, die den ganzheitlichen Therapieansatz und die
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Kongressberichte
kameradschaftliche Atmosphäre im Team bei exzellenter Medizin und persönlicher Zugewandtheit schätzen. BwKrhs sind somit bestens geeignet, den Kern einer zukünftigen Clusterbildung für Ausbildung und Behandlung in ihren Regionen zu
bilden.
Der Allgemeinarzt als Gatekeeper/ Lotse im Versor­
gungssystem
Professor Dr. Wilhelm Niebling
Universitätsklinikum Freiburg
Die vertragsärztliche Versorgung in Deutschland gliedert sich
in die hausärztliche und fachärztliche Versorgung. An der hausärztlichen Versorgung nehmen Allgemeinärzte, Kinderärzte
und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung (die die hausärztliche Versorgung gewählt haben) teil (§ 73, SGB V).
Angesichts einer zunehmenden Spezialisierung und Fragmentierung der Gesundheitsversorgung sind Hausärztinnen und
Hausärzte als „Generalisten“ wichtiger denn je. Generalismus
bezeichnet dabei eine medizinische Herangehensweise, die
vom konkreten Patienten und seinen Problemen ausgeht. Darin
ist kein Anspruch auf Allzuständigkeit („Omnipotenz“) enthalten (Zukunftspositionen der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, www.degam.de).
Hausarztrolle und -medizin haben einen grundlegenden Wandel
erfahren. Die Patientenautonomie hat zugenommen („kritische
Konsumenten“). Die umfassende Zuständigkeit des Hausarztes
„von der Wiege bis zur Bahre“ hat einer arbeitsteiligen Versorgung mit spezialisierten Fachärzten Platz gemacht. Die „Rundum-die-Uhr-Präsenz“ wurde durch einen flächendeckend organisierten Notdienst abgelöst. Kooperative Versorgungsstrukturen,
wie Gemeinschaftspraxen oder Medizinische Versorgungszentren, treten zunehmend an die Stelle der bisherigen Einzelpraxen.
Der demographische Wandel, Multimorbidität sowie die Zunahme komplexer chronischer Erkrankungen führen zu einem
steigenden Versorgungsbedarf und erfordern eine kosteneffektive Versorgungssteuerung durch den Hausarzt. Nicht zuletzt
wünschen Patienten eine umfassende, persönliche und wohnortnahe Versorgung.
Ausweislich der Statistik der Bundesärztekammer gab es zum
Ende des letzten Jahres 357 252 Ärztinnen und Ärzte in
Deutschland- so viele wie noch nie. Während jedoch die Anzahl
der niedergelassenen Fachärzte seit 1993 um annähernd 50 %
zugenommen hat, haben die Hausärzte im gleichen Zeitraum
um 10 % abgenommen. Das vormalige Verhältnis von Hausärzten zu Fachärzten hat sich von 60 zu 40 % umgekehrt. Wir haben also nicht die Fachärzte, die unser Versorgungssystem
braucht…und vor allem nicht dort, wo sie gebraucht werden,
nämlich im ländlichen Bereich.
Der in manchen Regionen bereits spürbare und in vielen drohende Mangel an Hausärzten wird noch dadurch akzentuiert,
dass ein Drittel der derzeitigen Hausärzte älter als 60 Jahre ist,
10 % das Rentenalter überschritten und nur 3,5 % jünger als 40
Jahre sind. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung- KBV erwartet bis 2020 einen „Bruttoabgang“ von ca. 15 000 Hausärzten und befürchtet, dass nur jeder zweite freiwerdende Hausarztsitz wieder besetzt werden kann. Nur noch etwa ein Zehntel
der rund 11 000 erteilten Facharztanerkennungen entfiel 2013
auf das Gebiet Allgemeinmedizin.
Hinzu kommt, dass mit 9 023 Studienplätzen im Wintersemester 2012/13 weniger Studienplätze in Humanmedizin zur Verfügung standen als in den alten Bundesländern vor der Wende…
und ein Viertel eines Approbationsjahrganges nach Angaben
der Bundesärztekammer eine Tätigkeit im Ausland sucht.
Was ist zu tun?
• Politik (Koalitionsvertrag), Sachverständigenrat (Gutachten
vom 23.Juni 2014), Wissenschaftsrat und der Deutsche Ärztetag fordern eine Stärkung der Allgemeinmedizin in der Ausbildung. Dies beinhaltet die Einrichtung von selbständigen
Abteilungen bzw. Instituten für Allgemeinmedizin an allen
Medizinischen Fakultäten;
• Die Einrichtung und Förderung von Weiterbildungsverbünden
und Kompetenzzentren für Allgemeinmedizin (analog Hessen
und Baden- Württemberg) sowie
• Attraktive Rahmenbedingungen für zukünftige Hausärztinnen
und Hausärzte (angemessene Vergütung, Tätigkeit in Teilzeitund/oder Angestelltenverhältnis, etc.);
• Nachhaltige Finanzierung durch Gründung einer „Förderstiftung medizinische Aus- und Weiterbildung“.
Anfänge sind gemacht. Wenn es gelingt „Leuchtturmprojekte“,
wie die Verbundweiterbildung plus (Baden- Württemberg),
Kompetenzzentren Allgemeinmedizin (Hessen, Baden-Württemberg.), Perspektive Hausarzt (Hausärzteverband BadenWürttemberg.) in der Fläche zu etablieren, kann auch in Zukunft eine flächendeckende hausärztliche Versorgung unserer
Bevölkerung sichergestellt werden.
Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin und uni­
versitäre Lehre - Zukunftsoptionen für Regionale Sani­
tätseinrichtungen? Erfahrungen aus dem Fachsani­
tätszentrum München
Oberfeldarzt Dr. Roland Vogl et al.
Fachsanitätszentrum München
Ungünstige Entwicklungsprognose trotz großer Gesamtzahl an
Ärzten
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Versorgungslücken in der ärztlichen, insbesondere hausärztlichen Versorgung, bestehen bereits regional, werden sich aber
über die nächsten Jahre noch eher vergrößern. Daher werden
von den entsprechenden Interessengruppen (z. B. Ärztekammer, Kassenärztliche Vereinigungen, Deutsche Gesellschaft für
Allgemeinmedizin, Hausärzteverband) Strategien zur Lösung
dieses Problems entwickelt. Hierbei stehen strukturierte Wei-
Kongressberichte
terbildungsverbünde für Allgemeinmedizin, aber auch die verstärkte Implementierung von primärärztlichen Lehrinhalten
bereits im universitären Studium im Vordergrund.
Es wird am Beispiel des Fachsanitätszentrums München die
Umsetzung dieser Optionen vorgestellt. Hierbei wird auf die
Möglichkeit einer hausinternen Strukturierung der Ausbildung
zum Arzt für Allgemeinmedizin in einer Regionalen Sanitätseinrichtung, insbesondere unter dem Aspekt der zivil-militärischen Vernetzung, eingegangen. Dabei steht auch die Bindung
von jungen Sanitätsoffizieren an die truppenärztliche Tätigkeit
i. S. der „Attraktivität des Dienstes“ im Focus.
Darüber hinaus wurden auch die universitären Aktivitäten des
Fachsanitätszentrums München vorgestellt: Berufsfelderkundung, Public Health, hausärztliche Pflichtfamulaturen für zivile
Studenten, Lehrauftrag Manuelle Medizin, zahnärztliche
„Hochwertausbildungen“ und PJ-Tertial Allgemeinmedizin.
Dies geschieht teilweise in Zusammenarbeit mit der Sanitätsakademie der Bundeswehr und ist auch ein relevanter Baustein
in der Zusammenarbeit des Sanitätsdienstes mit dem zivilen
Gesundheitswesen.
Neue Technologien und Verfahren
Kontrastverstärkter Ultraschall (CEUS) in der Gefäß­
medizin und Implikationen für die Einsatzmedizin
Oberfeldarzt Christian Richter et al.
Bundeswehrkrankenhaus Ulm
Kontrastverstärkter Ultraschall (contrast enhanced ultrasound,
CEUS) ist eine im klinischen Alltag etablierte Bildgebung, die
die Aussagekraft sonographischer Untersuchungen qualitativ
verbessert: CEUS ermöglicht dynamische Untersuchungen der
Durchblutung und schließt diagnostische Lücken zwischen Sonographie und Computertomographie. Im Vortrag werden Indikationen, Technik und klinische Beispiele der CEUS aus der
Gefäßmedizin und der Traumaversorgung vorgestellt und das
einsatzrelevante Potential erläutert.
CEUS beantwortet gefäßmedizinische Fragestellungen ohne
die Nebenwirkungen herkömmlicher Untersuchungsverfahren,
wie v.a. Nephrotoxizität der radiologischen, allergenträchtigen
Kontrastmittelsubstanzen. Deswegen kommt CEUS im multimorbiden Krankengut der Gefäßmedizin in immer breiterem
Umfang zum Einsatz.
Die Kontrolluntersuchungen nach endovaskulärer Aortenrepair
(EVAR) sind bereits etabliert. Die Perfusion und davon abhän-
Links: Angiographie mit Abriss des Nierenoberpols (Pfeil); Bildquelle: BwKrhs Ulm – Radiologie
Rechts: CEUS; Pfeil zeigt Standbild der dynamischen Perfusionsuntersuchung: Perfusionsausfall im Abriss des Oberpols
369
gige Plaquestabilität der Carotisstenose lässt sich bereits mit
CEUS nachweisen und beurteilen.
Im Gefäßzentrum der Bundeswehr Ulm liegen bereits umfangreiche Erfahrungen mit der Perfusionsdiagnostik mittels CEUS vor.
Weiterhin entdeckt CEUS als bed-side Methode, u.a. auf ICU
oder im ER, einfach und verlässlich Perfusionsschäden und
Verletzungen der Bauchorgane und verringert die Anzahl von
CT-Untersuchungen und Transporten instabiler Patienten zum
CT. Unter diagnostischem Zeitdruck, bei hoher Anzahl von
Traumapatienten, beschränkter CT- und Transportkapazität,
schließt CEUS so die diagnostische Lücke zwischen Focused
Assessment with Sonography for Trauma (FAST) und CT.
CEUS kann als back-up bei CT-Defekten dienen.
Während des ersten Ulmer Kurses über CEUS im Gefäßzentrum der Bundeswehr wurden im Einsatzlazarett MASARE-SHARIF mit einem CEUS-fähigen Ultraschallsystem Untersuchungen vorgenommen. In einer Sitzung zur FAST wurde
das Potential des CEUS auch telemedizinisch demonstriert. In
einer zweiten Phase wurde mit bereits im Einsatz befindlichen
CEUS-fähigen Ultraschallsystemen (HD7Bw) Routineuntersuchungen durchgeführt.
CEUS ist in der Gefäßmedizin bereits als führendes diagnostisches Verfahren etabliert. In der Traumatologie ist es im Massenanfall die schnellste und differentialdiagnostisch effizienteste Bildgebung. Die Platzierung in einsatzmedizinische Algorithmen ist naheliegend. Ausbildungskonzepte zur FAST bestehen bereits und sind interdisziplinär und organübergreifend
konzipiert. Weitere Erfahrungen können im Einsatz wie in der
Schockraumversorgung im Inland gesammelt werden.
Normenkonforme Integration von Medieninhalten
medizinischer Videotürme in PACS und KIS
Dipl.-Ing. Jörg Schönfeld
Bundeswehrkrankenhaus Berlin
Die Zunahme nichtradiologischer bildgebender Verfahren
kennzeichnet die technische Entwicklung in modernen Krankenhäusern. Neben einer Vielzahl von Modalitäten aus der Radiologie ist es Ziel der Ärzte und der Krankenhausleitung, auch
andere bildgebende Verfahren normenkonform an ein digitales
Röntgenbildarchiv (PACS) und an das Krankenhausinformationssystem (KIS) anzuschließen. Die nahezu unüberschaubare
Vorschriftenlage auf dem Gebiet des Medizinprodukterechts
verlangt von den verantwortlichen Systemintegratoren (Ärzte
Ingenieure und Techniker) weitreichende Kenntnisse auf dem
Gebiet der Medizin, der Medizintechnik, der Informationstechnologien und Medizinischen IT-Netzwerken. Es ist sinnvoll,
Projekt bezogen die nichtradiologischen Geräte technologisch
nach gleichen Konzepten anzuschließen wie radiologische Modalitäten. Diese Vorgehensweise erleichtert zum einen die Umsetzung weitreichender technischer Möglichkeiten und schafft
die Möglichkeit, Verantwortlichkeiten und Schnittstellen zu
definieren, die in den verschiedenen Verordnungen und Normen für den Krankenhausbetreiber empfohlen werden. Im Umfeld nichtradiologischer bildgebender Verfahren wurde die
Gruppe der medizinischen Videotürme als technischer Bereich
identifiziert, der zum einen durch eine Vielzahl von Systemherstellern und zum anderen durch die Menge an technischen Realisierungsmöglichkeiten zum Anschluss der Systeme an PACS
und KIS gekennzeichnet ist. Es ist sinnvoll, die technischen
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
370
Kongressberichte
Anschlussbedingungen zu evaluieren und einheitliche Systemintegrationsverfahren einzuführen, um alle rechtlichen und
technischen Rahmenbedingungen zu erfüllen.
Inhalte der Evaluation:
• Identifizierung der Verfahren und Klassifizierung der nichtradiologischen Videomodalitäten
• Übersicht Videotürme aus dem Bereich der Endoskopie
• Technische Voraussetzung auf Netzwerkebene (Medizinisches
IT-Netzwerk)
• Medienverarbeitung und strukturierte Befundung Endoskopie
• Anbindung der Informationen an PACS und KIS
• Fallbeispiel Spezialanwendung ERCP mit Cholangioskopie
• Risikomanagement nach DIN EN 80001-1
Fazit:
Die Anbindung von nichtradiologischen Modalitäten im Bereich einer Endoskopie oder innerhalb einer medizinischen
Spezialanwendung mit Integration in ein digitales Röntgenbildarchiv (PACS) oder Krankenhausinformationssystem (KIS),
verlangt eine konzeptionelle Vorgehensweise beim Rollout, insbesondere unter der Berücksichtigung, dass Videotürme in der
Regel nicht an ein radiologisches Informationssystem (RIS)
angeschlossenen sind.
Befundumgebung Endoskopie mit Integration in ein medizitechnisches IT-Netzwerk
dardeingriff etabliert, in den USA werden über 80 % der Prostatektomien Roboter-assistiert durchgeführt. Die aktuelle Literatur zeigt neben intraoperativen und perioperativen Vorteilen
nun auch signifikante Vorteile im onkologischen und funktionellen Outcome (R1-Raten, Kontinenz, Potenz).
Für das onkologische Outcome zeigt ein Review von Coelho (J
Endourol 2010) an großen Fallzahlen (RRP n=41.729, LRP
n=11189 und RALP n=8472), dass sich bezüglich der positiven
Schnittrandrate (unabhängiger Prognosefaktor für rezidivfreies
Überleben) ein signifikanter Unterschied (RRP: pT2R1=16,8 %,
overall R1=24 %; LRP: pT2R1=12,4 %, overall R1=21,3 %,
RALP: pT2R1=9,6 %, overall R1=13,6 %) zwischen RRP und
LRP sowie zwischen RRP und RALP zugunsten der laparaskopischen Verfahren ergibt.
Beim funktionellen Outcome lag die 12-Monats-Kontinenzrate
in einer Metaanalyse von Novara (Eur Urol 2012) bei 69 - 96 %,
im Mittel bei 84 % (keine Vorlage) respektive bei 89 - 92 %, im
Mittel 91 % (keine Vorlage oder Sicherheitsvorlage). In dieser
Metaanalyse zeigte sich erstmalig in der kumulativen Analyse
eine statistisch signifikant bessere 12-Monats-Kontinenz nach
RALP im Vergleich zu RRP (OR: 1.53; p = 0.03) oder LRP
(OR: 2.39; p = 0.006). In einer Studie von Tewari (BJUI 2003)
war die Zeit bis zur Wiedererlangung der Kontinenz signifikant
kürzer nach RALP (43 vs. 160 Tage).
Im Hinblick auf die Potenz zeigten sich in einer Metaanalyse
von Ficarra (Eur Urol 2012) 12- und 24-Monats-Potenzraten
nach RALP von 54 - 90 % und von 63 - 90 %, in der kumulativen Analyse zeigte sich eine statistisch signifikant bessere
12-Monats-Potenzrate bei RALP im Vergleich zu RRP (odds
ratio [OR]: 2.84; 95 % confidence interval [CI]: 1.46 - 5.43; p =
0.002). Im Vergleich RALP vs. LRP zeigte sich ein nicht statistisch signifikanter Trend zugunsten von RALP (OR: 1.89; p =
0.21). In einer Metaanalyse mit strengen Einschlusskriterien
von Salinas (Adv Urol 2013) zeigte sich ebenfalls ein Vorteil
für Roboter-assistiert operierte Patienten bezüglich der Kontinenz und Potenz.
Zusammenfassend lässt sich anhand aktueller Daten aus der Literatur eine Überlegenheit des Roboter-assistierten OP-Verfahrens gegenüber dem offenen OP-Verfahren zeigen. Die Lernkurve der Roboter-Chirurgie ist kürzer als die der laparoskopischen Verfahren. Es deutet vieles darauf hin, dass diese innova-
Schwerpunkt der Intergration (dargestellt am Beispiel von
Videotürmen in der Endoskopie) in ein medizinischtechnisches IT-Netztwerk ist der Anschluss an Order- und Entrymanagement, HL7- und DICOM-Kommunikation mit Anbindung
an ein herstellerunabhängiges PACS und KIS. Begleitend
werden Wege zur praktischen Umsetzung der neuen Norm:
DIN EN 80001-1 (Risikomanagement bei der Implementierung von Videotürmen als aktive Netzwerkkomponenten in ein
Med. IT-Netzwerk) vorgestellt.
Roboter-assistierte (DaVinci®) laparoskopische Prosta­
tektomie - aktuelle Mode oder die Zukunft?
Oberfeldarzt Dr. Andreas Martinschek et al.
Bundeswehrkrankenhaus Ulm
Die Roboter-assistierte (DaVinci®) laparoskopische Prostatektomie (RALP) hat sich mittlerweile als urologischer Stan-
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Endoskopische Tele-Chirurgie – eine Perspektive auch für die
Einsatzversorgung? (Bild: Prof Hirzinger, Deutsche Luft- und
Raumfahrttechnik DLR)
Kongressberichte
tive OP-Methode, bei ständig wachsendem OP-Spektrum auch
in anderen Fachgebieten (Chirurgie, HNO, Gynäkologie), einen
festen Stellenwert besitzt.
Im Laufe des Jahres wurden/werden OP-Roboter im Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz und Bundeswehrkrankenhaus Ulm in den Abteilungen Viszeralchirurgie und Urologie in
Betrieb genommen.
Für das Jahr 2015 sind ein erster Erfahrungsbericht und eine
detaillierte Darstellung der aktuellen Datenlage zur Veröffentlichung in der Wehrmedizinischen Monatsschrift vorgesehen.
Erste Erfahrungen mit mobilen Patientensimulatoren
Oberfeldarzt d. R. Dr. Burkhard Milde
Bückeburg
Der Einsatz von Simulation im Bereich der medizinischen Aus-,
Fort- und Weiterbildung ist ein weltweit etablierter Standard.
Aufgrund der neuen technologischen Möglichkeiten sind Patientensimulatoren nun auch mobil einsetzbar.
Erste Erfahrungen mit mobilen, robusten und drahtlosen Simulatoren wurden u. a. während Kontingentvorausbildungen und
Workshops gesammelt und ausgewertet. Besonderes Augenmerk
wurde hierbei auf die Zielgruppe, die vorbestimmten Lerninhalte, die Berücksichtigung der äußeren Umgebung, das Bedienerpersonal und die Auswahl der zielführenden Simulatoren unter
Berücksichtigung von Crew Ressource Management gelegt.
Benutzt wurden Systeme der Firma CAE Healthcare (Patiententraumasimulator CAESAR und der Patientensimulator
MetiMan (Prehospital)). Das Bedienerpersonal wurde überwiegend durch Mitarbeiter der Firma CAE Healthcare gestellt,
nach Systemeinweisung übernahmen auch Bundeswehrangehörige diese Aufgabe. Teilnehmer an den Simulationstrainings
waren Feuerwehrpersonal, Schüler und Soldaten aus unterschiedlichen Verwendungen. Ausgewertet wurden Erfahrungsberichte der CAE Mitarbeiter und /oder DASH- Fragebögen.
Es wurden vorgefertigte Szenarien (Simulated Clinical Experience - SCE) z. B. aus den Bereichen Tactical Combat Casualty
Vor- und Nachbereitung eines Simulators erfordern Erfahrung
371
Care (TCCC), berufsgenossenschaftliche Ersthelferausbildungen und Workshops zu Prolonged Field Care genutzt.
Innerhalb der Gruppen gab es unterschiedliche Eingangsvoraussetzungen in Bezug auf Simulationserfahrung, medizinisches Wissen und Motivation. Im Ergebnis war die überwiegende Anzahl der Teilnehmer gegenüber der Nutzung von Patientensimulatoren positiv eingestellt, vollständige Ablehnung gab
es nicht. Technisch konnten die Simulatoren in allen Wetterlagen und an unterschiedlichen Orten eingesetzt werden. Der
Vor- und Nachbereitungsaufwand an den Simulatoren war nicht
unerheblich.
Fazit:
Patientensimulatoren tragen zu einer realitätsnahen Ausbildung
und somit wesentlich zum Erfolg im Einsatz bei. Sie erhöhen
die Patientensicherheit und verbessern die Fähigkeiten zum Erhalt von Leben und/ oder Lebensqualität.
Der mobile Einsatz ist möglich und realistisch. Konsequenter
Weise sollten im Vorfeld die Ausbildungsziele und die Zielgruppe bekannt sein. Nur so können der geeignete Simulator,
das geeignete Bediener- und technische Personal und die geeigneten Auswertungsmöglichkeiten zusammengeführt werden.
Spezialtherapie im Querschnittgelähmtenzentrum bei
Soldaten mit akuter posttraumatischer Querschnitt­
lähmung
Oberfeldarzt d. R. Dr. Yorck-Bernd Kalke et al.
Universitätsklinik Ulm / Bundeswehrkrankenhaus Ulm
In Deutschland stehen für querschnittgelähmte Patienten und Patientinnen 26 Querschnittgelähmtenzentren mit aktuell 1281 Betten zur Verfügung. Die Inzidenz der Querschnittlähmung liegt in
Deutschland bei 2 200 Fällen pro Jahr. Dabei ist etwa die Hälfte
der Fälle unfallbedingt bzw., wie bei gutartigen Tumoren, Metastasen, Abszessen oder Ischämien, erkrankungsbedingt. In den
meisten Fällen sind die Krankenversicherungen die Kostenträger,
gefolgt von den Berufsgenossenschaften bei Arbeits- und Wegeunfällen, und in < 1 % der Fälle ist es die Bundeswehr.
Im Querschnittgelähmtenzentrum der Orthopädischen Universitätsklinik Ulm mit derzeit 50 Behandlungsbetten wurden in
dem Zeitraum von 30 Jahren zwischen 1984 und 2014 27 Soldaten mit posttraumatischer Tetra- bzw. Paraplegie behandelt,
die alle aus dem Bundeswehrkrankenhaus Ulm, insbesondere
der Abteilung Neurochirurgie, übernommen wurden. Zielsetzung der Therapie ist immer - abhängig von der Läsionshöhe das Erreichen einer größtmöglichen Selbständigkeit und möglichst die Entlassung in das adaptierte Umfeld nach Hause.
Die paraplegiologische Behandlung erfolgt nach der Comprehensive Care Doktrin nach Sir Ludwig Guttmann (1899 - 1980),
wonach der querschnittgelähmte Patient spezialisierte Hilfe im
Querschnittgelähmtenzentrum so schnell wie möglich braucht,
und diese Betreuung durch das Spezialzentrum lebenslang erfolgen sollte. Denn nur im Querschnittgelähmtenzentrum weiß
man mit der multifaktoriellen Beeinträchtigung, wie motorischen und sensiblen Ausfällen, neurogener Blasen- und Mastdarmentleerungsstörung, sexueller Dysfunktion, pulmonalen
Problematiken, Kreislaufdysregulationen und psychologischer
Beeinträchtigung, zurecht zu kommen. Erschwerend kommt
die Behandlung der zahlreichen Komplikationen bei Querschnittlähmung, wie Dekubitalulcera, funktionsbeeinträchti-
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
372
Kongressberichte
gender Spastik, muskuloskelettales und neuropathisches
Schmerzsyndrom, Kontrakturen, neuro-urologische Problematiken, Obstipation und paradoxe Diarrhoen, Hypotonie und autonomer Dysreflexie, Dysphagie, Thrombose und Embolie,
Amenorrhoe und Depression bis hin zu Suizidgedanken, hinzu.
Bei der Erstversorgung des Soldaten am Einsatzort sind vorrangig die Einschätzung und Sicherung der Vitalfunktionen, das
Erfragen des Verwundungshergangs (wenn möglich), die orientierende neurologische Erfassung der Motorik und Sensibilität,
der venöse Zugang, die Immobilisierung und ggf. das „DenKopf-unter-Zug-Halten“ sowie den Transport. Zur intensivmedizinischen Behandlung gehören die Sicherstellung der Atmung, die Kontrolle der Lagerung - ggf. auf einer Spezialmatratze - die Kontrakturprophylaxe, die Kontrolle der Darmtätigkeit, der Dauerkatheter, durchaus auch die suprapubische
Harnableitung und die Anmeldung im Querschnittgelähmtenzentrum. Der spinale Schock macht sich durch schlaffe Lähmung mit Reflexausfall und Verlust der Temperaturregulation
bemerkbar. Zusätzlich kann es zu einem Ausfall der orthostatischen Kreislaufreflexe, Herzrhythmusstörungen, paralytischem
Subileus, abgeschwächten Atemwegsreflexen und akutem
Harnverhalt kommen. Beim Absaugen des Nasen-Rachen-Raums bzw. der Lunge kann es zur akuten Reflexbradykardie bis hin zur Asystolie kommen. Wegen der eingeschränkten Regulationsfähigkeit können Lagewechsel zu starkem Blutdruckabfall führen.
Im Querschnittgelähmtenzentrum stehen dann die einzelnen
Fachbereiche mit Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Sporttherapie, Logopädie, balneophysikalischer Therapie, technischer Orthopädie, Gesprächstherapie und Klinikseelsorge sowie weitere Spezialdisziplinen, wie Wirbelsäulenchirurgie,
Neuro-Urologie und plastische Chirurgie, zur Verfügung. Erwähnt sei insbesondere die Kooperation mit der Abteilung Neurochirurgie des Bundeswehrkrankenhauses Ulm und dem Querschnittgelähmtenzentrum der Orthopädischen Universitätsklinik im Hinblick auf die Versorgung der posttraumatischen Syrinx.
Im Rahmen der Spezialtherapie, die bei Paraplegikern durchschnittlich zwischen zwei und vier Monaten und bei Tetraplegi-
Modernes Exoskelett und Gehtraining eines gelähmten Patienten mit
diesem (Bild: EKSO BIONICS™, London)
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
kern drei bis fünf Monate dauert, werden auch modernste Therapiegeräte wie das Exoskelett verwendet, um zumindest ein
therapeutisches Gehen zu ermöglichen. Bei allen Patienten
wird die American Spinal Injury Association (ASIA) Impairment Scale (AIS A - motorisch und sensibel komplett, AIS B motorisch komplett und sensibel inkomplett, AIS C - motorisch
inkomplett ohne Funktion, AIS D - motorisch inkomplett mit
Funktion) sowie der Spinal Cord Independence Measurement
(SCIM-) Score erhoben, bei dem zwischen 0 und 100 Punkte zu
erreichen sind, dabei hinsichtlich der Selbstversorgung bis zu
20 Punkte, der Atmung und des Sphinktermanagements sowie
der Mobilität je 40 Punkte. Eine Restitutio ad integrum (AIS E)
wird mit 1 - 2 % der Behandlungsfälle nur äußerst selten erreicht.
Forschung und Studien
Die Pharmakotherapie der Posttraumatischen Belas­
tungsstörung – neue Ideen und Entwicklungen aus
der Grundlagenforschung
Ulrike Schmidt
Max Planck Institut für Psychiatrie (MPI-P), München
Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) kann nach
einsatzbezogenen Belastungen, aber auch in der Zivilbevölkerung nach Gewalttaten oder lebensbedrohlichen Unfällen auftreten. Die Optionen zur medikamentösen Behandlung dieser
Traumafolgestörung sind begrenzt. Antidepressiva vom Typ der
Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) gelten als Goldstandard in der Psychopharmakotherapie der PTBS, jedoch profitiert ein nennenswerter Anteil von PTBS-Patienten gar nicht
oder nur unzureichend davon.
Die Entwicklung von Medikamenten, die gegen die Kardinalsymptome der PTBS, nämlich Nachhallerinnerungen, Vermeidungsverhalten und nervöse Übererregbarkeit, wirken und die
die Dauer psychotherapeutischer Behandlungen verkürzen können, ist daher dringend erforderlich.
In dem Vortrag wurden die neue Ideen und Entwicklungen aus
der Grundlagenforschung präsentiert; unter anderem wurde der
Stand der Forschung und Entwicklung des vor 3 Jahren am
Tiermodell entdeckten neuartigen Anxiolytikums intranasales
Neuropeptid S (iNPS) erläutert und microRNAs als mögliche
Zielstrukturen für Antipsychotraumatika diskutiert.
microRNAs sind kurze RNA-Moleküle, die nicht für Proteine
kodieren, sondern eine besondere Form eines epigenetischen
Mechanismus darstellen und somit die Aktivität von Genen regulieren. Noch unveröffentlichte Daten des MPI-P zeigen, dass
bestimmte microRNAs sowohl im Blut von PTBS-Patienten als
auch im präfrontalen Cortex und Hippocampus von Mäusen,
die an einem PTBS-ähnlichen Syndrom leiden, ein verändertes
Expressionsmuster aufweisen. In einer früheren Arbeit, der ersten überhaupt, die sich der Untersuchung des Zusammenhangs
zwischen PTBS und microRNA-Expression gewidmet hat,
zeigten wir, dass der therapeutische Effekt des Antidepressivums Fluoxetin in einem Mausmodell für PTBS von einer signifikant verringerten Expression der microRNA mmu-mir-1971
im Präfrontalen Cortex begleitet war. In der Kollaborationsstu-
Kongressberichte
die Bw-BioPTSD, die gemeinsam von der Bundeswehr (Psychotraumazentrum Berlin), der Psychiatrischen Klinik der Charité (J.Gallinat) und dem MPI-P entworfen wurde, untersuchen
wir mittels Hochdurchsatzanalysemethoden unter anderem, ob
in Leukozyten exprimierte microRNAs die Einschätzung der
Vulnerabilität für einsatzbezogene Belastungsstörungen erleichtern können - das Design dieser Studie haben wir gerade
veröffentlicht. Parallel dazu forschen wir am Mausmodell weiter
daran, die Funktion von microRNAs bei Traumafolgestörungen
aufzuklären; u. a. möchten wir herausfinden, welche microRNAs
an der Regulation des zentralnervösen Neuropeptid-Stoffwechsels beteiligt sind, da bekannt ist, dass dieser bei verschiedenen
psychischen Erkrankungen verändert ist.
Wie bereits auf vergangenen Kongressen der DGWMP präsentiert und inzwischen veröffentlicht, fanden wir heraus,
dass als Nasentropfen/-spray verabreichtes Neuropeptid S
(NPS) in Mäusen stark angstlösend wirkt. NPS wirkt nicht direkt auf den GABA-Rezeptor und hat somit keine unerwünschten starken sedierenden Nebenwirkungen wie Benzodiazepine. Noch unveröffentlichte Daten zeigen, dass sich
NPS mit hoher Wahrscheinlichkeit auch als Therapeutikum
für die PTBS eignet, da es die nervöse Übererregbarkeit und
Vermeidungsangst bei traumatisierten Mäusen drastisch vermindert und darüber hinaus das Furchtgedächtnis beeinflusst.
Parallel zu diesen Arbeiten am Mausmodell versuchen wir,
eine für den Menschen geeignete Form des NPS zu entwickeln, nämlich ein Derivat mit guter Verträglichkeit und langer Wirkdauer.
Neben diesen beiden großen Forschungslinien zu microRNAS
und Neuropeptiden bei der PTBS wurden kursorisch noch
weitere, vielversprechende neue Ansätze vorgestellt, unter anderem ein Präparat, das sich zur Behandlung von selbstverletzendem Verhalten eignet.
373
gen Kommandeure nach Information und direkten Kontakt der
mit der Studie befassten Truppenärzte.
Ergebnisse:
Körperliche Aktivität und Sport sind für den Soldaten im Einsatz eine wichtige Grundlage der Ressourcenerhaltung, die
sich auch positiv auf Stimmung, Stress und Anspannung auswirken kann. Sport sollte auch in zukünftigen Einsatzszenarien bewusst als stärkendes Element genutzt und gefördert werden. Ein ausgeglichener Schlaf, so dienstlich im Einsatz möglich, erscheint nach den ersten Studienergebnisse ein sehr zuverlässiger Marker für das Wohlbefinden und die Stabilität des
„Systems Psyche“ von Einsatzsoldaten zu sein. Auffälligkeiten in diesem Bereich könnten Hinweise für Betroffene selbst,
aber besonders für Vorgesetzte und Kameraden im Sinne eines
wenig stigmatisierenden Markers sein. Betroffenen könnte
dann mehr Unterstützung und Aufmerksamkeit zukommen,
bis sich die Schlafqualität durch eingeleitete Maßnahmen wieder bessert. Die Raucherquote in der Kampftruppe liegt besonders bei den Mannschaften deutlich über zivilen altersgleichen Vergleichspopulationen, allerdings sinkt diese im Einsatz eher im Verlauf ab, so dass gesteigertes Stressrauchen im
Einsatz eher kein Problem darstellt, welches vorrangig zu bearbeiten wäre.
Ist der Soldat im Einsatz gesund, ausgeglichen und
psychisch fit?“ Antworten aus der Einsatzstudie zu
Sport, Schlaf und Rauchverhalten von deutschen
ISAF-Soldaten.
Oberfeldarzt d. R. Prof. Dr. med. Stefan Kropp
Asklepios Fachkliniken Teupitz und Lübben, Teupitz
Fragestellung:
Im ISAF-Einsatz sollten die Parameter „körperliche Aktivität
und Sport“, „Schlaf“ und „Nikotinkonsum“ zu drei Messzeitpunkten vor, während und nach einem Auslandseinsatz in einer
Untersuchungsgruppe (Panzergrenadierbatallion) untersucht
werden, um Hinweise zu den Belastungen des Einsatzes in o.g.
Bereichen zu erhalten.
Methode:
Zu den Messzeitpunkten wurde mittels standardisierter Fragebögen die aktuelle psychische Belastung der Soldaten erfasst.
Eine homogene Vergleichsgruppe bestand aus Angehörigen eines sich nicht im Auslandseinsatz befindlichen anderen Panzergrenadierbatallions, die im selben Zeitraster mit demselben Instrumentarium untersucht wurden. Die Rekrutierung der Untersuchungsstichproben erfolgte nach Vorliege der Genehmigung
der Untersuchung durch das Bundesministerium der Verteidigung, die Ethikkommission der Medizinischen Hochschule
Hannover (MHH) sowie nach Zustimmung durch die jeweili-
Fazit der Einsatzstudie zu Sport, Schlaf und Rauchverhalten von
deutschen ISAF-Soldaten
Diskussion
Aus Sicht des Psychotraumzentrums der Bundeswehr konnten
mittels vorgelegter Studie drei wesentliche und leicht zu erhebende Grundlagen der Ressourcenerhaltung und Stärkung vor
dem Hintergrund eines laufenden Einsatzes der Kampftruppe
im Vergleich zu einer am Heimatstandort und in der Einsatzausbildung befindlichen Vergleichseinheit erstmals untersucht
werden. Aus Sicht der Studiengruppe könnte die Rolle des
Sports im Einsatz durch die vorliegenden Ergebnisse weiter
gestärkt, der Schlaf als einfacher Marker für psychisches
Wohlbefinden mehr in den Fokus gerückt und die Rolle des
Nikotinkonsums im Einsatz etwas nachrangiger als die zwei
anderen Marker für seelisches Wohlbefinden betrachtet werden. Aktuelle und bewährte präventive Ansätze zur Raucherentwöhnung und Abstinenz behalten im Inland weiter ihren Stellenwert.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
374
Kongressberichte
Korrelation von Basis-Fitness-Tests-Ergebnissen mit
der Leistung bei der Ergometrie im Rahmen der Begut­
achtung
Oberfeldarzt Dr. Nils Gundlach et al.
Sanitätszentrum Rothenburg/Wümme
Der Allgemeine Umdruck Nr. 80 (Fachdienstliche Anweisungen des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, FA
InspSan) regelt im Kapitel D01.01 den Umfang der truppenärztlichen Begutachtung im Rahmen von Statusänderungen
und Dienstzeitverlängerungen. Insbesondere das Belastungs-EKG in Form der Ergometrie dient der Feststellung der
körperlichen Leistungsfähigkeit und dem Ausschluss von
Herz-Kreislauferkrankungen bzw. Herzrhythmusstörungen unter Belastung. So sind geschlechtsunabhängige Mindestleistungen (2,3 Watt/kg Körpergewicht [KG] oder 250 Watt absolut)
vorgeschrieben. Zeitgleich hat jeder Soldat jährlich den Basis-Fitness-Test (BFT) zum Nachweis seiner körperlichen Leistungsfähigkeit zu bestehen.
In einer Voruntersuchung konnte gezeigt werden, dass pathologische Herzrhythmusstörungen während der Belastungsergometrie bei jungen Zeitsoldaten im Rahmen der Weiterverpflichtungsuntersuchungen nicht auftreten. Ein Verzicht auf das Belastungs-EKG zur Detektion von pathologischen Herzrhythmusstörungen wäre daher denkbar.
Inwieweit jedoch auch auf die Testung der körperlichen Leistungsfähigkeit verzichtet werden kann, ist bisher nicht untersucht worden. Daher war das Ziel der Studie, die Korrelation
der Ergebnisse des BFT und seiner Einzeldisziplinen mit der
Leistung auf dem Fahrradergometer sowie der falsch-negativen
und falsch-positiven Befunde festzustellen.
Hierzu wurde im Rahmen einer Pilotstudie retrospektiv die Begutachtungsuntersuchungen von 372 Weiterverpflichtungsuntersuchungen (Alter: 24,3 ± 2,6 Jahre) sowie Überleben im Einsatz-Begutachtungen aus dem Standort Augustdorf ausgewertet
(Zeitraum 2010 - 2012) und mit dem individuellen BFT-Gesamtergebnis und den BFT-Einzeldisziplinergebnissen verglichen.
Von den insgesamt 362 Probanden bestanden 350 Probanden
sowohl die Ergometrie, wie auch den BFT, während bei 19 Pro-
Streudiagramme der Ergebnisse im 1000m-Lauf zur relativen
Leistungsfähigkeit auf dem Fahrradergometer mit den jeweiligen
Regressionsgeraden, n = 372
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
banden lediglich der BFT bestanden wurde und bei 3 Probanden
lediglich die Ergometrie. Zwischen der absoluten und relativen
Leistung auf dem Fahrradergometer und den erzielten Punktzahlen in den Einzeldisziplinen des BFT bzw. der Gesamtpunktzahl
zeigte sich lediglich zwischen der absoluten Leistung auf dem
Fahrradergometer und dem Ergebnis im Klimmhang keine Korrelation, während alle anderen Ergebnisse hoch signifikant korrelierten (p < 0,001). Beispielhaft ist in der Abbildung das Korrelationsdiagramm zwischen der relativen Fahrradergometerleistung
und dem 1000m-Lauf dargestellt.
Die im Rahmen der Pilotstudie vorgestellten Ergebnisse zeigen
eindrucksvoll bei einer großen Stichprobe, dass bei dem untersuchten jungen Patientenkollektiv eine hoch-signifikante Korrelation zwischen der Leistung auf dem Fahrradergometer und
den Ergebnissen im BFT besteht. Lediglich falsch-negative Ergebnisse (Ergometrie nicht bestanden, BFT bestanden) überwiegen. In einer Voruntersuchung konnte bereits gezeigt werden, dass im Rahmen der Belastungs-EKG-Untersuchung bei
jungen Zeitsoldaten keine pathologischen EKG-Veränderungen
zu finden sind. In Anbetracht des jungen Alters der Probanden
und des hohen Zeitansatzes ist die Ergometrie für die Überprüfung der körperlichen Leistungsfähigkeit durch den obligatorisch durch die Truppe durchzuführenden BFT ersetzbar.
Der Beitrag wurde mit einem Posterpreis ausgezeichnet.
Infektiologie
Vergleichende Evaluation serologischer Testverfahren
zur Diagnostik der Schistosomiasis
Stabsarzt Rebecca Hinz et al.
Bernhard-Nocht-Institut / Bundeswehrkrankenhaus Hamburg
Die Schistosomiasis stellt insbesondere in Afrika mit mehr als
180 Mio. Erkrankungsfällen ein weit verbreitetes und schwerwiegendes Problem dar und bedingt aufgrund des zunehmenden
Engagements der Bundeswehr in Subsahara-Afrika einen Anstieg des Erkrankungsrisikos für exponierte deutsche Soldaten im
Einsatz. Die Auswahl geeigneter serologischer Testmethoden für
die Diagnostik der Schistosomiasis wird erschwert durch eine
unzureichende Datenlage bezüglich der Testgenauigkeit kommerziell verfügbarer Tests. Vor diesem Hintergrund wurden am
Fachbereich Tropenmedizin des Bundeswehrkrankenhauses
Hamburg unterschiedliche serologische Testverfahren zur Etablierung einer geeigneten Routine-Diagnostik im Bundeswehr-Einsatz sowie für Rückkehreruntersuchungen evaluiert.
100 Serumproben wurden zunächst durch 2 in-house-Tests des
Nationalen Referenzzentrums für tropische Infektionserreger,
dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), anhand eines indirekten Immunfluoreszenz-Tests (IIFT, polyvalent für IgG/A/M) und eines IgG-ELISA (enzyme-linked immunosorbent assay) charakterisiert. Das Positiv-Kollektiv dieser Studie wurde gestellt durch 35 im Rahmen der BNITM-inhouse-Serologie (IIFT & ELISA) positiv getesteten Proben.
Der BNITM-IIFT wurde mit insgesamt 39 positiven Proben als
Goldstandard angesehen. Folgende kommerziell verfügbare
bzw. in Entwicklung befindliche serologische Testverfahren
Kongressberichte
IgG-Immunfluoreszenztest, EUROIMMUN, Antikörper-Titer 1:
10.000, 100-fache Vergrößerung (Bildquelle: Bundeswehrkrankenhaus, Fachbereich Tropenmedizin)
wurden evaluiert: IgG-Line-Blot (Prototyp), IgG-ELISA (auf
Herstellerwunsch vorerst ohne Angabe), IgM-IIFT und IgGIIFT (EUROIMMUN, Lübeck).
Der Line-Blot-Prototyp zeigte sich dem Goldstandard gegenüber
unterlegen, wies aber insgesamt die höchste Sensitivität (92,3 %)
unter den evaluierten Tests auf. Der kommerziell verfügbare EUROIMMUN-IIFT schnitt in der Evaluation mit der höchsten Spezifität (96,7 %) ab und lässt zudem als einziger der verwendeten
Tests eine Differenzierung zwischen IgM und IgG zu.
Es ist geplant, diese Evaluation in Kombination mit einer molekulardiagnostischen und mikroskopischen Diagnostik auf ein
größeres Proben-Kollektiv in Endemiegebieten auszuweiten.
Denkbar wäre hierfür der Einsatz des Line-Blots nach Etablierung durch den Hersteller als Screeningverfahren in Kombination mit dem EUROIMMUN-IIFT als Bestätigungstest.
Der Beitrag wurde mit einem Posterpreis ausgezeichnet.
Diarrhoesurveillance im tropischen Einsatz
Oberstabsarzt Dr. Hagen Frickmann et al.
Bernhard-Nocht-Institut / Bundeswehrkrankenhaus Hamburg
Hintergrund:
Seit 2013 beteiligt sich die Bundeswehr an der „European Union Training Mission“ (EUTM) im tropischen Mali; Bundeswehrsoldaten sind mit Schwerpunkt in Koulikoro nordöstlich
von Bamako stationiert. Da – insbesondere zu Beginn der Mission – Diarrhoen zu den „drängendsten“ Gesundheitsrisiken
gehörten, wurden seitens des Fachbereichs Tropenmedizin mobile real-time PCR-Assays für eine Durchfallsurveillance
zwecks Analyse der Mikroepidemiologie vor Ort im Feldlager
von Koulikoro implementiert.
Methoden:
In der Trockenzeit zwischen Dezember 2013 und März 2014
konnten Stuhlproben von insgesamt 25 Durchfallpatienten der
multinationalen EUTM-Kräfte im endemischen Umfeld gesammelt werden. Zu den für die Surveillance eingesetzten real-time
Multiplex-PCRs gehörten 2 in-house Protokolle auf enteroinvasive bakterielle Erreger (Salmonella spp., Shigella spp./enteroinvasive Escherichia coli (EIEC), Campylobacter jejuni und
Yersinia spp.) und darmpathogene Protozoen (Entamoeba his-
375
PCR-gestützter Nachweis von Durchfallerregern in der Endemiesituation in Koulikoro, Mali
tolytica, Giardia duodenalis, Cyclospora cayetanensis und
Cryptosporidium spp.) sowie 3 kommerzielle „Rida®Gene“
real-time PCR-Kits ‘EAEC’, ‘EHEC-EPEC’ and ‘ETEC-EIEC’
auf enteroaggregative E. coli (EAEC), enterohämorrhagische
E. coli (EHEC), enteropathogene E. coli (EPEC), enterotoxische E. coli (ETEC) und Shigella spp./EIEC.
Ergebnisse:
Positive PCR-Ergebnisse für Durchfallerreger waren im Stuhl
von 60 % (15/25) der Diarrhoepatienten nachweisbar. Vor allem
konnte DNA von durchfallassoziierten E. coli sowie phylogenetisch verwandten Shigella spp., deutlich seltener auch von
Protozoen, nachgewiesen werden. Im Einzelnen wurden EPEC
in 8/25 Patientenstühlen (32 %), ETEC in 6/25 Patientenstühlen
(24 %) und EAEC in 6/25 Patientenstühlen (24 %) detektiert.
Shigella spp./EIEC, Giardia duodenalis und Cryptosporidium
spp. waren dagegen nur bei jeweils einem Patienten (4 %) nachweisbar. In acht Fällen (32 %) lag eine Doppelinfektion vor.
Bauchschmerzen und abdominelle Krämpfe waren die Leitsymptome bei insgesamt blander Symptomatik; blutige Durchfälle wurden nicht beobachtet. Etwa die Hälfte der Patienten
gab an, Nahrung von außerhalb des Feldlagers zu sich genommen zu haben.
Schlussfolgerung:
Nichtinvasive Durchfallerreger, wie EPEC, ETEC und EAEC,
dominierten die Mikroepidemiologie im Feldlager Koulikoro
während der Trockenzeit, während Protozoen und invasive bakterielle Erreger nur eine untergeordnete Rolle spielten. Die starke Dominanz bakterieller Durchfallerreger legt die Implementierung einer Resistenzsurveillance nahe, um im die Einsatzbereitschaft potenziell gefährdenden Ausbruchsfall eine resistenzangepasste, zuverlässig wirksame Antibiotikatherapie
initiieren zu können. Die von den Durchfallpatienten nur inkonstant angegebene Verpflegung außerhalb des Feldlagers weist
auf autochthone Übertragungen im Lager hin.
Unklares Fieber bei ISAF-Personal - vom Indexfall zur
Q-Fieber- Ausbruchsdetektion
Oberfeldarzt Dr. Elmar Elsner
Bundeswehrkrankenhaus Berlin
Einleitung:
Unklares Fieber während eines Auslandseinsatzes stellt seit jeher eine besondere Herausforderung für Militärärzte aller Nati-
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
376
Kongressberichte
onen dar. Ein Großteil fieberhafter Erkrankungen wird durch
Infektionskrankheiten verursacht, so dass die Kenntnis von
regional typischen und spezifischen Erkrankungen, insbesondere auch in Hinblick auf die limitierten diagnostischen Möglichkeiten im Felde, für die Diagnostik und Therapie und
schließlich für die Einsatzfähigkeit von entscheidender Bedeutung ist.
Indexfall und Ausbruchsdetektion:
Wir berichten über einen 28-jährigen Soldaten, der sich
03/2011 in der Notaufnahme des Feldlazaretts Mazar-e-Sharif
mit Fieber bis 38.5 °C vorstellte. Auffällig waren neben einer
Thombozytopenie, erhöhte Transaminasen, eine Splenomegalie und ein Perikarderguss. Die durchgeführte Infektionsdiagnostik (Malaria DT, Ausstrich und ST, Dengue-V.-Ag/AKTest, Influenza- A/B-ST, EBV-ST, HIV-Serologie, Hepatitis-Serologie, Blutkulturen, Serologie cardiotrope/ hepatotrope Erreger) erbrachte initial keinen richtungsweisenden
Befund, so dass der Patient nach Entfieberung und Besserung
des Allgemeinzustandsunter der Verdachtsdiagnose „Virusinfektion mit Begleithepatitis und Perikarditis“ entlassen wurde. Am Folgetag entwickelte der Patient erneut hohes Fieber,
atmungsabhängige Brustschmerzen und zeigte im Röntgenbild Zeichen einer atypischen Pneumonie. Es erfolgte die
Wiederaufnahme und antibiotische Behandlung mit Levofloxacin. Bei nur unzureichender Besserung erfolgte die
Repatriierung und Weiterbehandlung im Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, aus dem der Patient dann nach 1 Woche beschwerdefrei entlassen wurde. Eine Wiederholungsserologie zeigte schließlich die Serokonversion gegenüber
Coxiella burnetii, so dass retrospektiv die Diagnose eines akuten Q-Fiebers gestellt werden konnte. In den Folgemonaten
Mai - Juli konnten acht weitere ISAF-Soldaten mit unklaren
febrilen Erkrankungen und auffälligem Blutbild nach klinischer Evaluierung als hochverdächtig für Q-Fieber eingestuft
werden. Es erfolgte unverzüglich die antibiotische Behandlung mit Doxyzyklin. Die Hospitalisierungsdauer betrug
durchschnittlich sechs Tage, eine Repatriierung war nicht erforderlich. Bei allen Patienten konnte im Verlauf die Diagnose
Q-Fieber durch die Serokonversion bestätigt werden.
Zusammenfassung und Kernaussagen:
Aus der Auswertung eigener Daten und der aktuellen Literatur
mit besonderem Bezug zur Wehrmedizin resultieren auf
Grund der Charakterisierung der Erkrankung und der Diskussion möglicher Differenzialdiagnosen folgende Kernaussagen:
• Die beschriebene Ausbruchssituation unterstreicht die Wichtigkeit von interdisziplinärem kontinuierlichem Datenaustausch, kontinuierlicher Datenerhebung und Datenauswertung.
• Q-Fieber Ausbrüche kommen immer wieder weltweit vor.
Ausbrüche im Rahmen von Auslandseinsätzen sind für Bosnien, Kosovo, Irak und Afghanistan beschrieben.
• Bei Soldaten mit Fieber, ggf. Zeichen einer Pneumonie, auffälliger Thrombopenie und erhöhten Leberenzymen (Hepatitis) muss Q-Fieber in die differentialdiagnostischen Überlegungen miteinbezogen werden. Beim geringsten Verdacht
sollte die antibiotische Therapie mit Doxyzyklin unverzüglich begonnen werden.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Truppenärztliche Versorgung im Ausland
Besonderheiten der truppenärztlichen Versorgung
von Soldatinnen und Soldaten in Auslandsverwen­
dungen
Oberstarzt Dr. Niels Alexander von Rosenstiel
Streitkräfteamt, Bonn
Der Sanitätsdienst der Bundeswehr hat den Auftrag, die Gesundheit der Soldatinnen und Soldaten zu schützen, zu erhalten
und bei Erkrankung oder Verletzung wiederherzustellen. Die
medizinische Versorgung soll dabei im Ergebnis dem fachlichen Standard in Deutschland entsprechen. Dies gilt insbesondere für die Auslandseinsätze, aber auch für die Auslandsverwendungen in Militärattachéstäben, multinationalen Dienststellen und Stäben, Beratergruppen sowie für Lehrgangsteilnehmer.
Viele der insgesamt ca. 1 800 Soldatinnen und Soldaten an insgesamt mehr als 140 Dienstorten im Ausland leisten ihren
Dienst unter erschwerten Bedingungen in den Tropen oder Subtropen. Aufgrund der langjährigen Betreuung des o. a. Personenkreises werden entsprechende Besonderheiten und Herausforderungen dargestellt.
Die sanitätsdienstliche Betreuung von Soldatinnen und Soldaten in Auslandsverwendungen wird durch den Leitenden Sanitätsoffizier Streitkräfteamt (LSO SKA) sichergestellt. An den
Auslandsstandorten Brunssum (NLD) und Mons (BEL) werden
die Soldatinnen und Soldaten durch eine eigene Sanitätsstaffel
betreut. In Fontainebleau (FRA), Izmir (TUR), Lissabon (POR),
Neapel (ITA), Northwood (GBR) und Reston (USA) ist jeweils
ein Sanitätsfeldwebel als Ansprechpartner in sanitätsdienstlichen Angelegenheiten und als direktes Bindeglied zum LSO
SKA eingesetzt. Im Ausland selbst erfolgt die medizinische
Versorgung durch militärische und/oder zivile Gesundheitseinrichtungen des Gastlandes.
Prinzipiell hat jedes Land sein eigenes Risikoprofil, das sich
aus einer Vielzahl von Faktoren ergibt. Von wesentlicher Bedeutung sind biologische Risiken (Krankheitserreger, Vektoren, Prävalenzen von Infektionskrankheiten). Nicht infektiöse
Risiken ergeben sich aufgrund von Umweltrisiken (Allergenund Schadstoffbelastung der Luft, verunreinigtes Trinkwasser, Bodenbelastung mit Schwermetallen und chemischen
­Noxen, Giftwirkungen von Tieren und Pflanzen, Sicherheitsstrukturen, Klima) und kulturellen Einflüssen (Religionen und
Menschenbilder). Transportmittel bergen zusätzliche Risiken,
und Unfällen im Ausland ist ein höheres Gewicht beizumessen als allen Infektionskrankheiten. Je nach den Gegebenheiten des Ortes kommen zusätzlich noch Berufs- und Freizeitaktivitäten hinzu, deren immanentes Risikoprofil sich zu den
genannten hinzuaddiert. Ein weiteres entscheidendes Kriterium in der Bewertung von auslandsspezifischen Risiken ergibt
sich schließlich aus der Qualität des Gesundheitswesens vor
Ort.
Die Gesundheitsberatung vor und während einer Auslandsverwendung stellt medizinische Prävention auf höchstem Niveau
dar. Dabei ist eine Beschränkung auf impfpräventable Infektionskrankheiten und Malaria allein nicht ausreichend. Auch
weitere der Prävention zugängliche Risiken, wie nahrungsmittel-, vektor- und sexuell übertragbare bzw. durch Hautkontakt
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erworbene Infektionskrankheiten, Atemwegserkrankungen und
regional bedeutsame weitere vektorübertragene Infektionskrankheiten, sind bei den Vorsorgemaßnahmen zu berücksichtigen.
Wenn es während einer Auslandsverwendung zu psychischen
Auffälligkeiten bzw. Störungen kommt, spielen oft Persönlichkeitsstruktur, Über- oder Unterforderung und psychosozialer
Stress (Lebens- und Arbeitsbedingungen im Ausland, „Kulturschock“, Schwierigkeiten mit der Landessprache, gesellschaftliche Isolation und Einsamkeit, etc.) eine krankheitsverursachende Rolle.
Innerhalb des Aufgabenspektrums des Sanitätsdienstes der
Bundeswehr stellt die truppenärztliche Versorgung von Soldatinnen und Soldaten in Auslandsverwendungen eine einzigartige, facettenreiche und sinnstiftende personennahe Dienstleistung dar. Sie erfordert eine ganzheitliche ärztliche Grundhaltung. Die Herstellung und Aufrechterhaltung einer tragfähigen
und vertrauensvollen Beziehung zwischen LSO SKA und den
ihm anvertrauten Soldatinnen und Soldaten sowie deren Vorgesetzten und Angehörigen gehört - primär aufgrund der räumlichen Distanz - zu den besonderen Herausforderungen. Neben
guten allgemeinmedizinischen Fachkenntnissen und Erfahrung
erfordert die Aufgabe nicht nur besondere Kenntnisse über das
spezielle Krankheitsvorkommen und Möglichkeiten der medizinischen Versorgung im Ausland, sondern zudem auch die
Auswirkungen besonderer Umwelteinflüsse und kultureller Gegebenheiten auf die Gesundheit der Soldatinnen und Soldaten.
Die erfolgreiche Leistungserbringung hängt dabei entscheidend
von einem engen Zusammenspiel und Ineinandergreifen aller
Teilbereiche des Sanitätsdienstes und des Gesundheitswesens
im In- und Ausland ab.
muss im Falle einer tatsächlichen Giftübertragung die Behandlung mit Antivenin sichergestellt werden.
Bei der Versorgung der einheimischen Soldaten zeigten sich immer wieder sexuell übertragbare Erkrankungen, wie Gonorrhoe.
In wenigen Fällen wurde auch eine HIV-Infektion nachgewiesen,
so dass eine Anbindung dieser Patienten an das malische
HIV-Programm initiiert wurde. Im medizinischen Umfeld im
Feldlager stellen Nadelstichverletzungen das bedeutendste
HIV-Übertragungsrisiko bei im Vergleich zu Deutschland deutlich höherer HIV-Prävalenz unter den Einheimischen dar. Hier
gehört die Risikobeurteilung, ggf. mit umgehender Einleitung
postexpositioneller Maßnahmen, zu den infektiologischen Aufgaben. Aber auch präventivmedizinische Aspekte, wie etwa die
Organisation der Versorgung der Truppe mit Präservativen, waren Teil der praktischen Probleme, mit denen man im Einsatz
konfrontiert wurde.
Der Erfahrungsbericht soll „aus der Praxis für die Praxis“, insbesondere den jungen Kolleginnen und Kollegen, ein Gefühl für die
besonderen Herausforderungen der truppenärztlichen Tätigkeit
im tropischen Umfeld zu vermitteln. Dies beinhaltet das Einfügen in ein multinationales Team und die enge Zusammenarbeit
mit Labor und Gesundheitsaufseher sowie mit den malischen
Kollegen zur Betreuung der einheimischen Soldaten der Mission.
Kasuistiken
Neurosarkoidose – das Chamäleon in der neuronalen
Bildgebung
Stabsarzt Dr. Benjamin Becker et al.
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
Herausforderungen der truppenärztlichen Tätigkeit
im tropischen Umfeld am Beispiel Mali
Oberstabsarzt Dr. Claudia Frey
Bernhard-Nocht-Instituit / Bundeswehrkrankenhaus Hamburg
Seit März 2013 beteiligt sich der Sanitätsdienst im Rahmen
der European Union Training Mission (EUTM) Mali an einem
Einsatz im tropischen Westafrika. Zur Sicherstellung der tropenmedizinischen Expertise im Einsatz wird der Dienstposten
des Truppenarztes in der Sanitätseinrichtung von Koulikoro
seither durch Ärzte mit Zusatzbezeichnung Tropenmedizin
oder fortgeschrittener Weiterbildung in diesem Gebiet besetzt.
Es wird über die persönlichen Erfahrungen als Truppenärztin
in Koulikoro im Zeitraum vom Januar bis März 2014 berichtet.
Zu den Herausforderungen in Koulikoro gehört das Management
von hochfieberhaften Infektionskrankheiten, welches im tropischen Setting regelhaft den Ausschluss oder Nachweis einer Malaria durch Mikroskopie und Schnelltest erfordert. Das quantitativ
größere Problem stellen jedoch die Diarrhoen dar, die insbesondere in der Regenzeit manifest werden. Diese machen in Anbetracht
der Kasernierung auf engem Raum innerhalb eines Feldlagers
nicht nur eine engmaschige medizinische Betreuung, sondern
auch die konsequente hygienische Führung unabdingbar.
Ein seltenes, aber potenziell schwerwiegendes Ereignis sind
Schlangenbisse, überwiegend verursacht durch die Gemeine
Sandrasselotter (Echis carinatus spp). Wenngleich es sich in
etwa 50 % der Fälle um sogenannte „trockene Bisse“ handelt,
Patientenvorstellung und Anamnese:
Im Oktober 2013 stellte sich ein 24-jähriger Patient mit seit 8
Wochen bestehenden Hypästhesien der linken Extremität,
Kraftlosigkeit sowie verminderter Feinmotorik und dem Verdacht auf eine Enzephalitis Disseminata, differentialdiagnostisch (DD) einem Lymphom mit ZNS-Befall vor. Im Rahmen
der stationären Aufnahme erfolgte eine kontrastmittelunterstützte Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT) der Neuroachse.
Untersuchungsprotokoll:
Mittels 3T-Hochfeldgerät (Skyra®, Siemens Medical, München) wurden multiplanare 2D-Sequenzen mit verschiedener
Wichtung (T1w, T2w), 3D-Sequenzen (mprage T1w), Diffusionssequenzen sowie kontrastmittelunterstützte T1w-Sequenzen
mit anschließender Subtraktion der Neuroachse akquiriert.
Auffallend war hier eine bihippocampale Signalstörung im Sinne einer ödematösen Volumenzunahme in der T2w mit kräftigem KM-Enhancement in der T1w-Subtraktion, jedoch ohne
abgrenzbare akute Diffusionsstörung. In ähnlicher Weise sind
große Anteile des zervikalen Myelons betroffen.
In den, im Rahmen der BWS-Darstellung akquirierten coronalen Sequenzen mit großem Sichtfeld (T2 TIRM) kommt eine
kräftige bihiläre sowie mediastinale Lymphadenopathie zur
Darstellung. In der im Verlauf angeschlossenen PET-CT-Untersuchung zeigt sich in den Fusionssequenzen ein deutlich gesteigerter Metabolismus der besagten Lymphknoten in diesem Bereich.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
378
Kongressberichte
Somit erfolgte die Diagnosestellung im Sinne einer Sarkoidose
Stadium I mit ZNS-Beteiligung. Es wurde eine hochdosierte
intravenöse Kortikosteroidtherapie (Methylprednison) eingeleitet, die im Verlauf auf eine orale Therapie umgestellt wurde.
Im mittelfristigen Verlauf konnte eine fast vollständige Beschwerdefrei erreicht werden. Nach 6 Monaten lag eine vollständige Beschwerdefreiheit vor. In den hier akquirierten Bildgebungsprotokollen findet sich eine Restitutio ad integrum der
hippocampalen sowie der myelopathischen Läsionen.
Zusammenfassung:
Der dargestellte Fall zeigt eine der mannigfaltigen Präsentationsformen der Neurosarkoidose in der MRT. Die Arbeitsdiagnosestellung gelang eher zufällig durch die Detektion der, in der
primären MR-Bildgebung miterfassten Lymphadenopathie.
Eine differentialdiagnostische Unterscheidung zu einem Lymphom gelingt nur histologisch.
Drittgradig offene Luxationsfraktur der Halswirbel­
säule mit einseitiger traumatischer Dissektion der Ar­
teria vertebralis und unvollständiger Tetraplegie
Oberstabsarzt Dr. Dan Bieler et al.
Primäre MR-Diagnostik im 3T-MRT (Bildquelle: Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz)
ZNS-Manifestationen der Sarkoidose:
Die Sarkoidose ist eine ideopathische Systemerkrankung, die
üblicherweise junge Erwachsene betrifft. Typisch sind
nicht-verkäsende granulomatöse Veränderungen. Bei 10 %
der systemischen Manifestationen können neuronale Beteiligungen bildmorphologisch nachgewiesen werden, wobei nur
5 % symptomatisch werden. Isolierter Befall des ZNS wird in
der Literatur mit nur ca. 1 % angegeben. Typischerweise findet sich MR-morphologisch eine Verdickung sowie eine
Kontrastmiuttelanreicherung der Meningen. Neurosarkoidose kann jedoch auch als parenchymatöse Raumforderung analog dem hier präsentierten Fallbeispiel – imponieren und
von einem malignen Geschehen rein radiologisch nicht zu
differenzieren sein. Insgesamt ließen sich die Fall-assoziierten Hypästhesien sowie die anderen o. g. Symptome gut mit
den myelopathischen Veränderungen korrelieren. Eine klinische Entsprechung der hippocampalen Läsionen fand sich
nicht. In der Literatur werden ca. 20 % der neurosarkoidalen
MR-Manifestationen als primär asymptomatisch beschrieben. Die Therapie der Wahl ist eine individuell angepasste
Behandlung mit Glucokortikoiden i.V.- sowie oral. Das Ansprechen metabolisch aktiver und symptomatischer neuronaler Veränderungen ist mit ca. 25 % schlecht.
Diagnosesicherung und klinischer Verlauf:
Zur Diagnosesicherung wurden multiple laborchemische Untersuchungen (ACE, Neopterin, Lysozym, IL-2-Rezeptor,
Quantiferon®-Test, etc.) sowie ein ausführliches Bildgebungsprotokoll angeschlossen (PET-CT, CT-Thorax). Neben
einer Knochenmarksbiopsie zum Ausschluss einer lymphatischen Genese, erfolgte eine stanzbioptische Probeexzision
aus den mesenterialen Lymphknotenpaketen. Hier fanden
sich typische nicht-verkäsende granulomatöse Veränderungen.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
Einleitung:
Primär überlebte offene Verletzungen der Halswirbelsäule sind
extrem seltene Traumaentitäten; es finden sich hierzu nur vereinzelte Vorstellungen in der Literatur und dann in der Regel als
Folge einer Schussverletzung.
Kasuistik:
Wir berichten über einen Fall einer drittgradig offenen Luxationsfraktur HWK6/7 mit initial kompletter Paraplegie, die sich
eine 31-jährige Frau bei einem Verkehrsunfall im Sinne einer
Hochrasanzverletzung zugezogen hatte. Bei der notärztlichen
Erstversorgung vor Ort bestand ein Glasgow Coma Scale
(GCS) von 15 bei kompletter Tetraplegie sub C6 in Verbindung
mit einer stark blutenden großen Wunde an der linken Halsseite
und einer zusätzlichen körperfernen Unterschenkelfraktur
Instabile Luxationsfraktur HWK 6 / 7 (Bidquelle: Bundeswehr­
zentralkrankenhaus Koblenz)
Kongressberichte
rechts. Nach C-Spine-Protektion, Intubation und Tamponade
der Wunde erfolgte der luftgebundene Transport in die Zielklinik.
Hier wurde im Rahmen der Schockraumversorgung nach Polytrauma-Spiral- und Angio-CT als führende Diagnose eine instabile Luxationsfraktur des Segmentes HWK6/7 mit linksseitiger Zerreißung der Gelenksfacette und traumatischer Dissektion der linksseitigen A. vertebralis festgestellt, wobei eine retrograde Füllung über die A. basilaris bis zur Läsion bestand.
Daneben lag eine geschlossene, distale Unterschenkelfraktur
rechts vor. Die Verletzte wurde sofort notfallmäßig operativ
versorgt. Ursache der Blutung war eine Zerreißung der linksseitigen Vena iugularis interna, die Rißwunde hatte auch den Muskelbauch des Sternocleidomastoideus vollständig durchtrennt.
Die linksseitige A. carotis war unverletzt, ebenso die Ansa cervicalis und die Nn. vagus und phrenicus. Im instabilen
HWS-Segment konnte nach der Reposition und Exploration die
linksseitige A. vertebralis ohne Zeichen einer äußerlichen Verletzung ventral freiliegend vorgefunden werden.
Die große Halsvene wurde ligiert, die operative Stabilisierung
der HWS erfolgte als ventrale monosegmentale Repositionsspondylodese nach Bandscheibenexstirpation mit autologem
Beckenspan und HWS-Platte. Postoperativ konnte bei suffizienter Spontanatmung eine Besserung der neurologischen Ausfallsymptomatik festgestellt werden mit Rückkehr einer
linksseitigen 2/5- und rechtsseitigen 3/5-Fingermotorik; es bestand ein Horner-Syndrom. Bei der Dopplersonographie der
Vertebralarterien wurde eine normale Fließgeschwindigkeit in
V3/4 links gesehen, der Befund vereinbar mit einer relevanten
Stenose. Am zweiten postoperativen Tag wurde die Patientin in
ein Querschnittszentrum verlegt, wo sich eine dreimonatige
neurotraumatologische Rehabilitation anschloss sowie die noch
ausstehende Osteosynthese am rechten OSG. Beim dortigen
Behandlungsabschluss war die Verletzte am Rollator auf längeren Strecken mobil.
Schlussfolgerung:
An Hand dieses Fallbeispieles konnte die erfolgreiche Behandlung einer primär lebensbedrohlichen, offenen Verletzung der
HWS mit Tetraplegie sowie die Besserung der neurologischen
Defizite auf Grund einer sofortigen chirurgischen Intervention
dargestellt werden.
Berstungsbruch des LWK 4 nach Bauchdurchschuss mit
inkompletter Paraplegie
Oberstabsarzt Dr. Dan Bieler et al.
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
Einleitung:
Offene Frakturen im Bereich der LWS gehören zu den seltenen
Traumaentitäten im deutschsprachigen Raum. Sie werden in
der Regel durch Schussverletzungen verursacht. Der Algorithmus dieser speziellen Verletzung unterscheidet sich vom gewohnten wirbeltraumatologischen Vorgehen, da die penetrierende Mitbeteiligung des Körperstammes initial im Sinne der
primär lebensbedrohlichen Komponente die höhere Behandlungspriorität aufweist. Im Weiteren ist die obligate und schwere Kontamination des Wundgebietes, insbesondere nach Perforation eines Hohlorgans, bei der chirurgischen Versorgung zu
berücksichtigen. Sie verzögert den Zeitpunkt der definitiven
wirbelchirurgischen Versorgung erheblich.
379
Links: Versorgung der LWK 4-Trümmerfraktur mittels Fixateur
interne und Wirbelkörperersatz
Rechts: Nach Revisionsoperation (Implantation eines expandierbaren
Wirbelkörperersatzes, Implantation Fixateur interne, PMMA
Ketteneinlage) (Bidquelle: Bundeswehr­zentralkrankenhaus Koblenz)
Kasuistik:
Wir berichten über den Fall eines 31-jährigen Mannes mit
Schussverletzungen im Rücken und am rechten Oberarm. Dabei kam es zu einem drittgradig offenem Berstungsbruch des
LWK 4 mit kompletter Paraplegie sub L3/4 und Ausschuss
durch das Abdomen sowie einem drittgradig offenem Defekttrümmmerbruch des rechten Humerusschaftes mit initial vollständiger Radialisparese. Die medizinische Erstversorgung einschließlich Notfalloperation erfolgte im Heimatland. Gemäß
der spärlichen Aktenlage wurde eine explorierende Laparotomie durchgeführt. An der LWS erfolgten die Dekompression
und das Debridement des LWK 4 sowie die Implantation eines
von dorsal eingebrachten Wirbelersatzkörpers und eines übergreifender Fixateur interne. Anschließend erfolgte auf Veranlassung des Auswärtigen Amtes die Verlegung zur definitiven
Therapie in das Bundeswehrzentralkrankenhaus (BwZKrhs).
Bei Aufnahme bot sich klinisch eine schlaffe Paraparese sub
L4, sowie eine Fallhand rechts. Mikrobiologisch zeigte sich
eine ubiqitäre Kontamination mit 3- und 4-MRGN-Keimen mit
Isolationspflicht. Im Verlauf erfolgte zunächst eine Relaparotomie bei Ileus und einem Infekt eines Retroperitonealhämatomes
mit komplikationslosem weiteren Verlauf. Bezüglich der LWS
zeigte sich radiologisch eine Demontage des Fixateur interne in
situ und eine Dislokation des Cages nach dorsal als Ausdruck
der komplexen Instabilität.
Nach sicherem Infektausschluss seitens der LWS erfolgte die
operative Revision mit vollständiger Implantatentfernung, subtotaler Corporektomie LWK 4, Einsetzen eines neuen expandierbaren WK-Ersatzes und Anlage einer neuen dorsalen Instrumentation von LWK 3 auf LWK 5.
Intraoperativ konnten rechtsseitig die Spinalnerven L 3 bis 5
sicher im großen Defekt gesehen und geschont werden,
linksseitig waren die Pendants nicht mehr vorhanden. Als antimikrobiell wirksamer Platzhalter wurden 2 Gentamycin-PMMA-Ketten in die Defekthöhle dorsal eingebracht. Es folgte
im Verlauf die definitve Versorgung des Schussbruches am
Humerus. Der Verletzte wurde zur weiteren, speziell neurotraumatologischen Rehabilitation in eine Querschnittsabteilung verlegt. Zu diesem Zeitpunkt bestand wieder eine Kontrolle für Miktion und Defäkation bei wieder eingetretenem
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
380
Kongressberichte
Sphinctertonus sowie eine Besserung der linksseitigen Lähmungserscheinungen.
Schlussfolgerung:
Der hier vorgestellte Fall gibt einen Überblick über den modifizierten therapeutischen Algorithmus nach Schussbruch der
Wirbelsäule mit penetrierender Höhlenverletzung sowie zusätzlichem, schweren Extremitätentrauma. Zudem kann der hohe
personelle und logistische Aufwand bei schwerwiegender Kontamination mit multiresistenten, gramnegativen Keimen exemplarisch aufgezeigt werden.
Interdisziplinäre Versorgung eines Kindes mit hoher
Querschnittslähmung im TraumaNetzwerk (TNW)
Oberfeldarzt Dr. Sebastian Hentsch et al.
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
Casus:
Der 12-jährige Patient verunfallte am Abend beim BMX-Fahren in ländlicher Region. Er wies bei Eintreffen des Rettungsdienstes eine Tetraplegie und Ausfall der Eigenatmung auf.
Nach Intubation und landgebundenem Transport in das überregionale Traumazentrum (Eintreffen 21:45h) zeigte sich bei der
klinischen Untersuchung folgender Befund:
Pupillen bds. eng und lichtreagibel ohne Herdblick; Cornealreflexe bds.vorhanden; keine Hämato/Liquorrhoe, keine Reaktion
auf Schmerzreize, Muskeleigenreflexe erloschen, kein Sphinktertonus, Priapismus.
Nach „primary survey“ nach ATLS-Schema erfolgte die radiologische Notfalldiagnostik mittels Angio-CT und MRT des
Schädels und der HWS. Die Durchführung der gesamten bildgebenden Diagnostik wurde mit der Kinderneurotraumatologie
St. Augustin telefonisch abgestimmt und eine Verlegung nach
Bildgebung vereinbart. Es wurde eine instabile Fraktursituation
HWK 3/4 mit Myelonkontusion, intramedullärer Einblutung
sowie ausgedehntem Hämatom von C1 bis C5 reichend nachgewiesen.
Weitere Verletzungen wurden klinisch ausgeschlossen. Parallel
erfolgten Konsilar-untersuchungen der HNO, MKG und Neurochirurgie.
Um 23:11h erfolgte die Verlegung des kleinen Patienten mittels SAR-Hubschrauber der Bundeswehr. In der Klinik St. Augustin erfolgten zusätzlich präoperativ elektrophysiologische
Untersuchungen, in denen ein vollständiger Ausfall der
SSEP-Reizantworten für Medianus und Tibialis (bei pathologischen, jedoch erhaltenen Reizantworten der MEP-Ableitungen für M. triceps brachii bds., M. pollicis brevis bds. sowie
M. gastrocnemius und M. abductor hallucis bds.) festgestellt
wurde. Eine Spontanatmung am Gerät wurde weiterhin nicht
gesehen. Nach Abschluss der Diagnostik wurde eine dorsale
Instrumentation mittels Fixateur interne C2 auf C5, Duraerweiterungsplastik mit Laminektomie C3 und C4 durchgeführt.
Intraoperativ war keine Strukturunterbrechung des Myelons
erkennbar.
Im weiteren Verlauf erfolgten eine ventrale Fusion C2/C5
(winkelstabile Platte, Beckenspaninterponat) sowie die Anlagen von PEG, Tracheostoma und suprabubischen Blasenkatheter.
Ergebnis:
Acht Monate nach dem Unfall ist der Patient aktuell spontanatmend und bewegt die Schulter. Er ist in den Rollstuhl mobilisiert. Nach einem initialen psychologischem Tief zeigt er sich 9
Monate nach dem Unfall sehr gut motiviert und stimmungsstabil.
Zusammenfassung:
Durch die Strukturen im TNW können im Falle schwerverletzter
Kinder und Jugendlicher interdisziplinäre Notfallbehandlungen
und Patiententransfers schnell und koordiniert durchgeführt werden. Im vorgestellten Fall einer hohen Querschnittsverletzung eines 12-jährigen Jungen erfolgte die komplette Bildgebung mittels
CT, Angio und MRT im Rahmen des nächtlichen Schockraummanagements im überregionalen Traumazentrum in Absprache mit
der pädiatrischen Spezialklinik. Nach durchgeführter bildgebender
Diagnostik inklusive Konsiliaruntersuchungen konnte die Verlegung in das pädiatrische Akutkrankenhaus nach 1,5 Stunden
durchgeführt und somit eine Weiterführung der spezialisierten
Therapie zeitnah ermöglicht werden.
Zahnmedizin
Reproduzierbarkeit mikrobiologischer Diagnostik mit
zwei unterschiedlichen Gensondentests bei schweren
Parodontitisformen
Stabsarzt d. R. Dr. Madline P Gund et al.
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
Versorgung der instabilen
HWK ¾ von ventral und
dorsal (Bildquelle:
Asklepios Kinderklinik
Sankt Augustin)
Zum Zeitpunkt der
Verlegung in die
neurologische Frührehabilitation (4 Wochen post
Trauma) wurde der
Patient orthesenfrei
behandelt.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Einleitung/Fragestellung:
Gensondentests dienen in der Parodontologie dem Nachweis
parodontalpathogener Bakterien. Sie werden unter anderem
dazu eingesetzt, um eine geeignete, begleitende Antibiotikatherapie zur antiinfektiösen nichtchirurgischen Parodontaltherapie auszuwählen. Ziel dieser Studie war der klinische
Vergleich
zweier
mikrobiologischer
Testverfahren:
RNA-Sonde (IAI PadoTest 4-5, Institut für angewandte Immunologie, Zuchwil, CH) und DNA-Sonde (mikro IDent
Plus, Hain Lifescience) mit Analyse in der Abt XIII Pathologie des Bundeswehrzentralkrankenhauses (BwZKrhs) Koblenz.
Kongressberichte
Methodik:
Bei 66 von Truppenzahnärzten überwiesenen Patienten mit Rezidiven schwerer entzündlicher Parodontalerkrankungen und
Sondiertiefen von über 6 mm wurden jeweils vier Teststellen
mit Sondiertiefen >6 mm untersucht. Es wurden bei 55 Patienten jeweils zwei Proben mittels steriler Papierspitzen (ISO 35
für IAI PadoTest 4 - 5 und ISO 50 für MikroIDent Plus), die für
10 Sekunden (s), sowie bei elf Patienten für 20 s in den Zahnfleischtaschen zeitgleich inseriert wurden, gewonnen. Überprüft wurde eine Übereinstimmung hinsichtlich der Keime Aggregatibacter actinomycetemcomitans (Aa), Porphyromonas
gingivalis (Pg), Tannerella forsythia (Tf) und Treponema denticola (Td). Bei 20 Patienten erfolgten zur DNA-Sonden Untersuchung Probenentnahmen für 10 und 20 s mittels unterschiedlicher Papierspitzengröße (ISO 35 und ISO 50). Alle Proben
wurden vor der Parodontitistherapie gewonnen. Zusätzlich erfolgte hierbei der Nachweis von Prevotella intermedia (Pi), Parvimonas micra (Pm), Fusobacterium nucleatum (Fn), Campylobacter rectus (Cr), Eubacterium nodatum (En), Eikenella corrodens (Ec) und Capnocytophaga spc. (Cs).
Ergebnisse:
Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 45,7±9,6 Jahren.
Die durchschnittliche Tiefe der mikrobiologisch untersuchten
Zahnfleischtaschen betrug 7,25±1,21 mm.
Es ergaben sich folgende Übereinstimmungen für die 4 untersuchten Bakterien bei den verschiedenen Testverfahren: Aa
70 %, Pg 76 %, Tf 83 % und Td 85 %. Die Nachweishäufigkeiten bei DNA-Sonden Einsatz war durch die Gewinnung der
Plaqueproben über 20 s und mittels Papierspitzen ISO 50 erhöht.
Menge der untersuchten Bakterien (106) je gepoolter Probe aus
jeweils 4 paradontalen Taschen
Diskussion/Schlussfolgerungen:
Die Betrachtung der Ergebnisse zweier Gensondentests zeigte
eine gute Übereinstimmung der Befunde für Aa, Pg, Tf und Td.
Dennoch scheint eine vorsichtige Interpretation der Ergebnisse
auf Grund von erkennbaren minimalen Unterschieden unter Berücksichtigung der klinischen Befunde, Medikamentenanamnese und früherer Empfindlichkeitsreaktionen/unerwünschter
Arzneimittelreaktionen auf Antibiotika angeraten zu sein. Die
Gewinnung der Plaqueproben bei den von uns verwendeten
DNA-Sonden mittels Papierspitzen ISO 50 sowie über einen
Zeitraum von 20 Sekunden scheint von Vorteil zu sein. Die Anwendung unterschiedlicher Gensondentests bei therapierefraktären Parodontitisfällen und Rezidiven ergibt zusätzliche therapieentscheidende Ergebnisse.
Aufgrund der relativ niedrigen Nachweishäufigkeiten von Aa
mit 15 - 38 % in unserem Patientenkollektiv ist eine mikrobiologische Routinediagnostik, die eine adjuvante risikoorientierte
381
systemische Antibioseauswahl ermöglicht, empfehlenswert.
Weitere Untersuchungen zur Evaluation einer optimierten mikrobiologischen Routinediagnostik bei Parodontalerkrankungen
sind notwendig.
Chairside MMP-8 Messungen mittels Speichelprobe
bei Soldaten mit leichten und schweren Parodontaler­
krankungen
Stabsarzt d. R. Dr. Madline P Gund et al.
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
Einleitung:
Zur Diagnose einer Parodontitis und Periimplantitis werden
die klinischen Parameter Bluten nach Sondieren (BnS) und
Sondiertiefen in Verbindung mit einer röntgenologischen Verlaufskontrolle herangezogen. Zahlreiche Studien beschreiben
eine Dominanz von gramnegativen anaeroben Bakterien, die
eine proinflammatorische Wirtsantwort auslösen. Mediatoren
stimulieren z. B. Fibroblasten zur Produktion von Prostaglandinen (PGE-2) und aktivieren Collagenase-2 / Metallomatrixproteinasen (aMMP-8), die zu einem Abbau von Alveolarknochen führen (Mantylä et al 2003). In Abhängigkeit von verschiedenen Risikofaktoren (z. B. allgemeiner Gesundheitszustand, Rauchen, hormonelle Veränderung, Stress, Diabetes)
kann es zu einer chronischen Überreaktion kommen. Der
Schnelltest (aMMP-8 RAPID TEST KIT, dentognostics
GmbH, Jena) ist ein Lateral-Flow-Immunoassay-Verfahren
für die Untersuchung von Mundspülproben zum Nachweis der
Kollagenase mit einer Nachweisgrenze von 1mg/l MMP-8.
Der Schnelltest wird vor oder nach der zahnärztlichen Untersuchung oder sogar zuhause im Badezimmer innerhalb von
weniger als zehn Minuten auf der Basis einer Speicheluntersuchung, die die gingivale Sulcusflüssigkeit enthält, schmerzfrei durchgeführt. Ziel der Untersuchung war es, bei Patienten
mit mindestens 20 Zähnen die Ergebnisse des aMMP-Schnelltests mit klinischen Untersuchungsergebnissen zur parodontalen Entzündungsreaktion und parodontalen Diagnose zu vergleichen.
Material und Methoden:
31 erwachsene Patienten (Alter: 38,0 ± 13,0 Jahre), die aufgrund einer parodontalen Fragestellung im Mai und Juni
2014 an die Abt VIIA des BwZKrhs Koblenz überwiesen
wurden, konnten klinisch parodontal untersucht werden. BnS
wurde an sechs Flächen je Zahn dokumentiert. Die Untersuchungen erfolgten durch zwei kalibrierte Untersucher. Patienten mit (1) Pusaustritt aus parodontalen Taschen, (2) Parodontalbehandlung im Laufe der letzten sechs Wochen, (3)
Antibiotikaprophylaxe aufgrund allgemeinmedizinischer
Gründe oder (4) Antiphlogistikaeinnahmen, wurden ausgeschlossen. Es wurden 3 Patientengruppen unterschieden:
Gruppe G: 10 Patienten mit Gingivitis (BnS >10 %) oder minimaler parodontaler Erkrankung (maximal vier Zähne mit
Sondiertiefen >3,5 und ≤5,5 mm). Gruppe LP: 10 Patienten
mit leichter bis moderater Parodontitis (maximal vier Zähne
mit Sondiertiefen >5,5 mm) und Gruppe SP: 11 Patienten mit
schwerer Parodontitis (Sondiertiefen ≥6 mm an mehr als vier
Zähnen). Die Mundspülproben wurden frühestens 30 Minuten nach Nahrungsaufnahme, Zähneputzen oder Kaugummikauen gewonnen.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
382
Kongressberichte
Ergebnisse:
Bei 11/31 Patienten konnte ein positives aMMP Ergebnis festgestellt werden (Gruppe G: 20 %, Gruppe LP: 50 %, Gruppe
SP: 36 %). Raucher (2/11) und Patienten mit Übergewicht /
BMI ≥25 (8/18) wiesen keine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit eines positiven aMMP Ergebnisses auf. 9 der 11
aMMP positiven Patienten hatten eine behandlungsbedürftige
Parodontitis. Bei jeweils 3 der Patienten mit BnS <10 % sowie
BnS 10 - 25 % und 42 % der Patienten mit BnS>25 % wurde
ein positives Te stergebnis gefunden.
Diskussion und Schlussfolgerungen:
Für Patienten sichtbare klinische Zeichen einer Parodontitis
sind irreversible Schäden an Zahnfleisch, Kieferknochen und
Lockerungen der Zähne. Ein Anzeichen für aktive Entzündungsprozesse im Zahnhalteapparat ist eine erhöhte
aMMP-8-Konzentration. Durch eine konsequente Infektionskontrolle mit Biofilmentfernung und weiteren antientzündlichen Maßnahmen wird auch die aMMP reduziert. Ein positives aMMP-Spültest-Ergebnis zeigt eine gerade begonnene
Enzymaktivität und ein erhöhtes parodontales Risiko an. Negative Testergebnisse können mit kollagenolytischer Inaktivität zum Untersuchungszeitpunkt erklärt werden. Die 36 %ige
Übereinstimmung eines positiven aMMP-Schnelltests aus einer Speichelprobe mit dem klinischen Befund einer behandlungsbedürftigen schweren Parodontitis ersetzt keine zahnärztliche parodontale Kontrolluntersuchung.
Wehrpharmazie
Untersuchungen zur Stabilität von applikationsferti­
gen Notfallarzneimitteln
Oberstabsapotheker Dr. Plössl et al.
Sanitätsakademie der Bundeswehr, München
Einleitung:
In der Notfallmedizin kommen rasch wirksame, parenteral applizierbare Arzneimittel zur Anwendung, die aufgrund fehlender Konservierung und begrenzter chemischer Stabilität nach
erfolgter Rekonstitution nur für einen kurzen Zeitraum haltbar
sind. Gleichwohl ist die Herstellung eines Vorrates applikationsfertiger Notfallarzneimittel von wirtschaftlicher Bedeutung und stellt einen relevanten Zeitgewinn dar. Mit diesem
Ziel bietet die Apotheke des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg (BwKrhs HH) den Service an, häufig verwendete Notfallarzneimittel zentral in applikationsfertigen Verdünnungen,
sog. „Notfallsets“, herzustellen. Diese Arzneimittel besitzen
rechtlich den Status einer Defektur, deren Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für die festgelegte Haltbarkeit zu
gewährleisten ist. Eine Abschätzung der Haltbarkeit ist jedoch
nur schwer möglich, da aussagekräftige Studien zur Stabilität
von Wirkstoffen in rekonstituierten bzw. verdünnten Arzneimitteln nicht vorliegen.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es deshalb eine schnelle Untersuchungsmethode auf Basis der Ultra High Pressure Liquid
Chromatography (UHPLC) mit universeller Charged-Aerosol-Detektion (CAD) zu entwickeln, die Qualität bzw. Stabilität dieser Notfallsets zu untersuchen und eine Empfehlung für
die maximale Haltbarkeit zu erarbeiten.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Methode:
In Voruntersuchungen wurden zunächst für ausgewählte Arzneistoffe wie Atropin, Epinephrin, Cafedrin, Thiopental-Natrium (Na), Ketamin, Suxamethonium und Prednisolon theoretische Betrachtungen zur Analytik und Stabilität sowie orientierende Stabilitätsuntersuchungen durchgeführt. Ausgehend
von diesen Betrachtungen wurden in Abstimmung mit der
Apotheke des BwKrhs HH Notfallsets hergestellt und über einen Zeitraum von 25 Tagen bei 2 - 8 °C (Kühlschrank), bei
20 °C (Raumtemperatur) sowie bei 30 °C/60 % relativer Luftfeuchtigkeit (rLF) gelagert. Die Arzneistoffe und deren Abbauprodukte wurden mit Hilfe speziell für diesen Zweck entwickelter und validierter UHPLC-Methoden in den zu definierten Zeitpunkten entnommenen Proben quantifiziert. Zur
Analytik wurde neben der klassischen UV/VIS-Detektion
(DAD) das CAD-Verfahren mit inversen Gradienten, das
strukturunabhängig und hoch sensitiv Arznei- und Hilfsstoffe
detektieren kann, eingesetzt.
Ergebnisse:
Für die in dieser Studie betrachtete Gruppe an Notfallarzneimitteln wurde ein Toleranzbereich des Wirkstoffgehalts über
die Lagerzeit von 95 - 105 % zu Grunde gelegt. Unter Berücksichtigung der Messunsicherheiten konnte in dieser Untersuchung gezeigt werden, dass sich die Wirkstoffgehalte der Arzneistoffe Atropin, Epinephrin, Cafedrin, Theodrenalin, Ketamin, Midazolam, Clemastin und Suxamethonium bei allen
gewählten Lagerungsbedingungen über einen Zeitraum von
25 Tagen im Toleranzbereich von ± 5 % befinden. Demgegenüber kam es bei Thiopental-Na bei einer Lagerungstemperatur
von 30 °C/ 60 % rLF nach fünf Tagen zu einem Abbau des
Wirkstoffes und einer Abnahme des Wirkstoffgehalts unter
90 %. Weiterhin zeigte die Studie eine verminderte Stabilität
von Prednisolon-21-hydrogensuccinat. Bereits nach einer Lagerzeit von zwei Tagen sinken die Wirkstoffgehalte unter
95 % gefolgt von einer vollständigen Hydrolyse bis hin zum
Auskristallisieren der Prednisolonbase und hohem thromboembolischen Risiko.
Diskussion:
In Kooperation mit der Apotheke des BwKrhs HH wurde erstmals die Stabilität applikationsfertiger „Notfallsets“ über einen Zeitraum von 25 Tagen bei unterschiedlichen Lagerungstemperaturen untersucht. Die Ergebnisse zeigen einerseits für einen Großteil der Arzneimittel nur unwesentliche
Veränderung der Wirkstoffgehalte, andererseits bestätigen die
Daten die Notwendigkeit zur Festlegung definierter Haltbarkeiten. An den beiden Substanzen Thiopental-Na und Prednisolon konnte eindrucksvoll unterstrichen werden, dass die
Ermittlung substanzspezifischer Stabilitätsdaten unter Realbedingungen unerlässlich ist.
Analytische Abschätzung der Haltbarkeit des neu ein­
geführten Hautdekontaminations-mittels Reactive
Skin Decontamination Lotion®
Oberfeldapother Dr. Reinhard Bogan et al.
Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, München
Einleitung:
Für die Zulassung von Arzneimitteln sind Stabilitätsstudien
regulatorisch vorgeschrieben, während zur Zertifizierung von
Medizinprodukten Stabilitätsdaten nicht in jedem Fall zwin-
Kongressberichte
gend zu erheben sind. Die Bundeswehr bevorratet Medizinprodukte über lange Zeiträume und wendet diese in allen Klimazonen an. Die Stabilität ist daher ein wesentlicher Sicherheitsaspekt.
In dieser Arbeit wird die analytische Abschätzung der Haltbarkeit des neuen Hautdekontaminationsmittels „Reactive
Skin Decontamination Lotion (RSDL®)“ beschrieben. Hierbei
handelt es sich um ein Klasse IIa Medizinprodukt mit CE-Zertifizierung für den europäischen Markt, das bereits im Einsatz
Verwendung findet.
Methode:
RSDL® enthält in einer firmenrechtlich geschützten Formulierung als wirksames Prinzip 2,3-Butandionmonoxim (=Diacetylmonooxim, DAM) zur Dekontamination von chemischen Kampfstoffen und toxischen Industriechemikalien.
RSDL® wurde bis zu vier Monate bei 40 °C, 53 °C und 70 °C
gelagert. Der Gehalt an DAM, dem Abbauprodukt Dimethylglyoxim (DMG) und einem bis dato unbekannten Abbauprodukt wurde mittels Hochdruckflüssigkeitschromatographie (HPLC) mit UV-Detektion (DAD) bestimmt. Mit den
erhaltenen Konzentrations-Zeit-Kurven wurde die Abbaukinetik bestimmt und die temperaturabhängigen Geschwindigkeitskonstanten nach Arrhenius berechnet. Diese Geschwindigkeitskonstanten wurden anschließend genutzt, um die
Haltbarkeit von RSDL® im weltweiten Einsatz der Bundeswehr abzuschätzen.
Ergebnisse:
Der Abbau von DAM folgte einer Kinetik 1. Ordnung. Die
Bildung von DMG und des unbekannten Abbauproduktes
kann am besten mit einer Kinetik 0. Ordnung beschrieben
werden. Auf Basis eines akzeptablen DAM-Gehaltes von
90 % (m/m) erwies sich RSDL® bei den herstellerseitig empfohlenen Lagerungsbedingungen von 15 °C bis 30 °C über
mehrere Jahre als stabil. Die berechnete Haltbarkeit bei 15 °C
beträgt 38,3 Jahre, bei 30 °C 7,6 Jahre. Höhere Temperaturen
führen zu einer deutlichen Verkürzung der Haltbarkeit. Für
das Abbauprodukte DMG wurde ein auch herstellerseitig anerkannter Grenzwert von 0,1 % (m/m) berücksichtigt. Dieser
Wert wird bei 15 °C nach 22,6 Jahren, bei 30 °C nach 5,0 Jahren erreicht. In beiden Fällen führen höhere Temperaturen,
wie sie in Einsatzregionen auftreten können, zu einer deutlich
verkürzten Haltbarkeit. Bei der Untersuchung trat zusätzlich
ein unbekanntes Abbauprodukt auf. In Anlehnung an die für
Arzneimittel anzuwendende Guideline der International Conference on Harmonization Q3B(R2) werden für unbekannte
Abbauprodukte Grenzwerte von 0,05 % (Berichtsgrenze),
0,1 % (Identifizierungsgrenze) und 0,15 % (Qualifizierungsgrenze) vorgegeben. Bei Anwendung dieser für Arzneimittel
gültigen Grenzwerte auf RSDL® errechnet sich der höchste
Wert von 0,15 % bei 15 °C nach 1,0 Jahren und bei 30 °C nach
0,5 Jahren.
Diskussion:
Die Qualität von RSDL® wird für einen Gewährleistungszeitraum von 4,0 Jahren garantiert. Nach unseren Berechnungen
wird der Gehalt des wirksamen Bestandteils DAM nicht unter
einen akzeptablen Wert absinken, jedoch konnten für spezifizierte wie für unbekannte Abbauprodukte eine deutliche Limitierung der Haltbarkeit gezeigt werden. Daraus ergibt sich die
Notwendigkeit einer engmaschigen Untersuchung im Sinne
einer risikoorientierten Qualitätsüberwachung von Arzneimit-
383
teln und Medizinprodukten, welche bevorratet und in Auslandseinsätzen angewendet werden.
Therapie von Malariainfektionen in Einsatzgebieten
der Bundeswehr – Untersuchungen zur Analytik und
Stabilität von Artesunatzubereitungen
Tassilo Vogel, B.Sc., et al.
Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, München
Einleitung:
Die neuen Einsatzgebiete der Bundeswehr, wie das zentralafrikanische Mali, bergen aufgrund ihrer geographischen Lage im
„Malaria-Gürtel“ gesundheitliche Risiken durch eine Infektion
mit Plasmodium falciparum. Insbesondere die Therapie der
schweren Verlaufsformen der Malaria tropica stellt für die behandelnden Ärzte noch immer eine Herausforderung dar. Während früher zur Behandlung fulminanter Krankheitsverläufe
Chinin als Goldstandard eingesetzt wurde, wird heute von der
World Health Organization (WHO) die intravenöse bzw. intramuskuläre Applikation von Artesunat empfohlen.
Artesunat ist ein vom Sesquiterpen Artemisinin abgeleiteter
halbsynthetischer Ester mit verbesserter Bioverfügbarkeit aus
dem einjährigen Beifuß Artemisia annua L. Der einjährige Beifuß, Artemisia Annua L. (siehe Foto), wird in der chinesischen
Medizin seit Jahrhunderten zur Behandlung von Fieber eingesetzt . Das wirksame Prinzip wurde jedoch erst durch eine umfangreiche Studie von ca. 600 chinesischen Wissenschaftlern in
der 1970er Jahren als Ergebnis des geheimen chinesischen Militärprojekts 523 entdeckt. Als wirksame sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe wurden die „Artemisinine“ entdeckt.
Für die Behandlung von Malariainfektionen stehen inzwischen
verschiedene Mono- und Kombinationspräparate für die „Artemisinin-based Combination Therapy“, kurz ACT, zur Verfügung, die jedoch in Deutschland derzeit nicht zugelassen sind.
Ziel der vorliegenden Arbeit war deshalb die Charakterisierung
und Optimierung des Lösungsverhaltens von Artesunat in wässrigen i. v. Zubereitungen für den Einsatz sowie die Entwicklung schneller und effizienter analytischer Methoden zur Überprüfung der Qualität und Stabilität der selbst hergestellten Artesunatzubereitung bzw. importierter Artesunatpräparate.
Methode:
Für die Qualitätskontrolle von Artesunatinjektionslösungen
bieten sich moderne flüssigchromatographische Verfahren an.
Artesima Annua L. (Bildquelle http://
westseedfarm.com/images/artemisiaan.
jpg)
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
384
Kongressberichte
UHPLC-Chromatogramm von DHA (1), ART (2) und AHD (3);
A: CAD-Signale
B: UV-Signale
Da Artesunat nur über begrenzte chromophore Strukturelemente verfügt, wurde eine schnelle Ultra High Pressure Liquid
Chromatography Methode (UHPLC) entwickelt. Die Detektion
erfolgte mit Hilfe des sensitiven Charged-Aerosol-Detektionsystems (CAD) in Kopplung mit einem Diodenarray-Detektor
(DAD).
Die Grafik zeigt das Chromatogramm der Trennung von Artesunat (ART: Peak 2) und seiner Ab-bauprodukte Dihydroartemisinin (DHA: Peak 1) und Anhydrodihydroartemisnin (AHD:
Peak 3), die sich durch Hydrolyse bilden. Auffallend ist der signifikante Unterschied in der Detektion zwischen dem UV- und
dem CAD-Signal.
Für die Vor-Ort-Analytik wurde zusätzliche eine dünnschichtchromatographische Methode etabliert, die zur Qualitätskontrolle im Einsatz genutzt werden kann. Initialer und zeitlimitierender Schritt zur Herstellung der applikationsfertigen Injektionslösung ist die Lösung der Artesunattrockensubstanz in einem geeigneten wässrigen Lösungsmittel. Die Zeit bis zur
vollständigen Auflösung in verschiedenen Lösungsmitteln
sowie die Osmolarität und die Stabilität der Zubereitungen
über ein Zeitintervall von 280 Minuten wurden untersucht.
Ergebnisse:
Zur schnellen Untersuchung von Artesunatinjektionslösungen wurde eine leistungsfähige UHPLC-CAD-Methode mit
einer Nachweisgrenze von 3,7 ng/µl bei einer Reststandardabweichung von 1,0 % validiert. Die flüssigchromatographische Bestimmung erlaubt innerhalb von 2 Minuten die
simultane Bestimmung von Artesunat, Dihydroartemisinin,
dem aktiven in vivo Metaboliten von Artesunat, sowie Anhydrodihydroartemisinin. Die WHO empfiehlt als Lösungsmittel für Artesunat eine 8,4 %ige Natriumbicarbonatlösung.
Jedoch beträgt die Zeit bis zur vollständigen Auflösung länger als 10 Minuten (12 Minuten ± 1 Minute, n=3) und birgt
das Problem der Kohlenstoffdioxidfreisetzung aus dem Lösungsmittel. Durch Verwendung eines 0,3 molaren Phosphatpuffers pH 8,4 konnte Artesunat wesentlich effektiver in 4
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Minuten ± 30 Sekunden in Lösung gebracht werden (n=3).
Weiterhin befinden sich sowohl die Osmolarität als auch der
pH-Wert der Artesunatphosphatlösung (268 mosmol kg-1,
pH 7,6) wesentlich näher am physiologischen Bereich als die
Artesunatbicarbonatlösung (523 mosmol kg-1, pH 8,3). Die
Hydrolyse verläuft sowohl in der Bicarbonat- als auch in der
Phosphatlösung ähnlich und gewährleistet eine Stabilität
von 60 Minuten [3]. Die Stabilität der gepufferten Rezeptur
wurde vergleichend über 280 Minuten bei 20 und 30 °C untersucht. Die Hydrolyse verläuft sowohl in der Bicarbonatals auch in der Phosphatlösung ähnlich und gewährleistet
eine Stabilität von mindestens 60 Minuten im weltweiten
Einsatz.
Diskussion:
Die ACT wird in Malariarisikogebieten im Rahmen von Auslandseinsätzen der Bundeswehr zukünftig eine wichtige Rolle
spielen. Mit den gewonnenen Erkenntnissen kann die Herstellung der applikationsfertigen Injektionslösung bei verbesserter Patienten-verträglichkeit und ohne Stabilitätsverluste wesentlich beschleunigt werden. Die etablierte UHPLC-Methode bildet zukünftig zudem die Basis für die Qualitätskontrolle
von Artesunatzubereitungen im weltweiten Einsatz der Bundeswehr.
Der Beitrag wurde mit einem Posterpreis ausgezeichnet.
Varia
Tödliche Monotonie: Eingeschränkte Vigilanz im Ein­
satzgeschehen
Oberfeldarzt Dr. Reinhard Stark
Bundeswehrkrankenhaus Hamburg
Hypersomnie (verstärkte Tagesschläfrigkeit) ist eine häufige
Ursache für lebensgefährdende Fehlhandlungen.
Triggerfaktoren sind:
• Tätigkeiten mit Schlafentzug,
• ausgeprägte klimatische Verhältnisse,
• eingeschränkte Erholungsmöglichkeiten bei teilweise Dauerrufbereitschaft,
• auftragsbedingte erhöhte Monotoniebelastung.
Diesen belastenden Faktoren ist der Soldat im Einsatz einerseits
verstärkt und teilweise unvorhersehbar ausgesetzt, andererseits
wird gerade unter diesen Umständen von ihm gefordert,
schnellst und lebensrettend tätig zu sein.
Zusätzlich besteht im Einsatz die Gefahr, dass eine mögliche
Neigung zu nicht erholsamen Schlaf exazerbiert: Der Hang
zum Grübeln und damit zur Schlafstörung wird gefördert durch
den fehlenden Austausch mit der Familie, neuen, teilweise
nachhaltig belastenden Eindrücken des Tages und nicht vorhersagbaren Ereignisse des Folgetages.
Diese Unausgeschlafenheit gefährdet das Leben der Kameraden und die Auftragserfüllung: Aus Datenerhebungen wird beispielsweise deutlich, dass Schläfrigkeit am Steuer die häufigste
feststellbare und vermeidbare Ursache von Unfällen im Straßenverkehr ist: 25 % aller tödlichen Unfälle auf bayrischen Au-
Kongressberichte
tobahnen werden darauf zurückgeführt. Trotz Überwachung der
Polizei mit Fahrtenschreiberkontrollen gaben 43 Prozent anonym befragter LKW-Fahrer an, innerhalb der letzten 12 Monate
während des Fahrens eingenickt zu sein. 37 % der Piloten seien
mindestens 1x ungewollt eingeschlafen.
Das Gefährdungspotential des Hypersomnikers wurde seitens
der Politik erkannt: Seit Juni 2007 ist Tagesschläfrigkeit Begutachtungspunkt in der Fahrerlaubnisverordnung, seit Mai 2014
Eigenkapitel in den zivilen Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung.
Auch seitens der Bundeswehr bedarf es einer zunehmenden
Sensibilisierung für diese Thematik. Ein erster Schritt wäre die
Aufnahme einer Hypersomnieneigung in den militärärztlichen
Untersuchungsbogen für „besondere Untersuchungen“.
Eine wehrmedizinische Begutachtung auf erhöhte Tagesschläfrigkeit kann im Bedarfsfall in dem neurologischen Schlaflabor
des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg erfolgen.
Das Abdominaltrauma zwischen Tradition
­Moderne
Flottillenarzt d. R. Dr. Thomas Keese-Röhrs et al.
und
Bundeswehrkrankenhaus Westerstede
Seit mehr als 20 Jahren werden Sanitätssoldaten und -soldatinnen der Bundeswehr in zahlreichen humanitären Missionen eingesetzt. 2 % der Einsatzchirurgen sind freiwillig dienstleistende
Reservisten.
Die Intensität und Lokalisation von Verletzungen differiert
stark mit der Art des militärischen Konfliktes, die von terroristischen Anschlägen über Guerilliataktiken bis zu konventionellen Kriegen reichen.
Wenn auch die Häufigkeit des Abdominaltraumas als penetrierende lebensbedrohliche Verletzung in den letzten Jahren an
Bedeutung verloren hat, so wurden immer noch 12 % aller Verletzten US Soldaten im Irak Krieg einer Damage Control Surgery (DCS) () unterzogen. Die Letalität des Abdominaltraumas
Ursachenverteilung der Abdominalverletzungen im 2. Weltkrieg
385
beträgt gem. Joint Theatre Trauma Registry (JTTR) aktuell
45 %.
Das Abdominaltrauma hatte in der Wehrmacht eine weit größere Bedeutung. So widmeten Bürkle de la Camp et al, zusammen
mit den Behringwerken, umfangreiche Studien einem Peritonitis-Serum, um die Mortalität der Bauchschuss-Verletzung zu
senken, die seinerzeit im 2. Weltkrieg über 69 % betrug.
Am Beispiel des Truppenarztes Curt Emmrich, der in der „Unsichtbaren Flagge“ mit Erstversorgung und Rücktransport eines
Offiziers scheitert, werden Behandlungsstrategie und Ergebnisqualität unter Wehrmedizinischen Aspekten damals und heute
gegenübergestellt und u.a. gezeigt, dass die Letalität von 69 %
im 2. Weltkrieg auf 45 % im Irakkrieg (2003) gesenkt werden
konnte.
Aus den Arbeitskreisen der DGWMP
Der Arbeitskreis „Junge Saniätsoffiziere“ und der neu gegründete Arbeitskreis „Gesundheitsfachberufe“ erarbeiteten auf ihren Sitzungen Grundsatzpapiere, die bei den Mitteilungen aus
der DGWMP weiter hinten in diesem Heft abgedruckt sind.
Arbeitskreis Geschichte und Ethik der Wehrmedizin
Oberfeldarzt Dr. André Müllerschön
Sanitätskommando 4, Bogen
Der 45. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin
und Wehrpharmazie e. V. stand ganz im Zeichen des Jubiläums
„150 Jahre Deutsche Militärärztliche Gesellschaften“ und der
Verbindung von „Tradition & Innovation“, wie auch das Rahmenthema des Kongresses lautete, dessen Vorbereitung auch
durch den Arbeitskreis unterstützt worden war. Mehrere Mitglieder wirkten an der Erstellung der Festschrift „150 Jahre
Deutsche Militärärztliche Gesellschaften“ und an dem Nachdruck der Festschrift zum 50. Stiftungsfest der Berliner militärärztliche Gesellschaft mit. Darüber hinaus wurden fünf Plenumssitzungen durch historische Vorträge eingeleitet: Generalarzt a. D. Prof. Dr. Dr. Grunwald
eröffnete den Veranstaltungsteil „Krankenhäuser 2025“ mit dem Vortrag „Die historische Entwicklung der Bundeswehrkrankenhäuser 19572014“. Flottenarzt Dr. Hartmann referierte in
der Plenumssitzung „Innere Medizin 2025 –
Bundeswehr und Partner“ zum Thema „Infektionskrankheiten und ihre Bekämpfung im Kontext der Kriege im 19. und 20. Jahrhundert“ und
Flottenarzt Dr. Stork beleuchtete in der Sektion
„OP-Saal 2025 – Die nächsten Entwicklungsschritte“ ein früher wie heute gleichermaßen
bedeutsames Thema, die „Facetten einer Entwicklung – Unter dem Roten Kreuz von Marsla-Tour bis Masar al Sharif“. Am Samstag führte Oberfeldarzt Dr. Müllerschön in der Sitzung
„Diagnostik heute für die Therapie von morgen“ mit einem Vortrag zur „Weiterentwicklung
von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen von Beginn des Ersten bis zum Ende
des Zweiten Weltkrieges am Beispiel der Radiologie und der Bluttransfusion“ in die Thematik ein. Oberfeldarzt Prof. Dr. Vollmuth blickte
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
386
Kongressberichte
lung organisatorischer Strukturen ging der Referent auf die Kooperation der deutschen und
türkischen Sanitätsdienste ein.
Im nächsten Vortrag beleuchtete Oberstleutnant a. D. Dr. Franz-J. Lemmens (Leipzig) die
deutsche Militärpsychiatrie und ging der Fragestellung nach, inwieweit sie im Ersten Weltkrieg instrumentalisiert wurde. Nach einem
kurzen Rückblick auf die Psychiatrie vor 1914
beschrieb er das gehäufte Auftreten von psychischen Krankheitsbildern, vor allem bedingt
durch den massiven Einsatz von Artillerie als
Vorbereitung von Sturmangriffen, und skizzierte die verschiedenen Therapiekonzepte.
Indes kam der Referent zu der Einschätzung,
dass die abschließende Beantwortung der Frage nach der Instrumentalisierung der Militärpsychiatrie aktuell nicht eindeutig erfolgen
kann.
Oberfeldarzt Prof. Dr. Vollmuth resümierte in
Durch Tränengas geblendete britische Soldaten, die außerhalb eines Hauptverbandplatz
Anlehnung an diesen Vortrag, der den ersten
nahe Bethune (Frankreich) auf Behandlung warten (Bildquelle: Mit freundlicher
Themenblock beendete, dass das größte ethiGenehmigung des Imperial War Museum, London; Bildnummer Q 11586)
sche Problemfeld zum deutschen Sanitätsdienst im Ersten Weltkrieg in dessen Vereinin der letzten Plenumssitzung des Kongresses zum Thema
nahmung für die Bedürfnisse der Truppe zu
„Klinische Forschung im Sanitätsdienst“ auf „150 Jahre
sehen ist – im Mittelpunkt stand nicht das Wohl des einzelnen
Deutsche Militärärztliche Gesellschaften und ihre Bedeutung
Soldaten, sondern die Wiederherstellung der Kampfkraft, das
für die wehrmedizinische Wissenschaft“ zurück.
heißt ethische Fragestellungen und Probleme mussten meist
Die eigentliche Sitzung des Arbeitskreises, zu der Oberfeldzurückstehen. Er leitete damit auf den zweiten Teil der Sitarzt Prof. Dr. Ralf Vollmuth mehr als 50 Teilnehmer begrüßen
zung über, der von Oberstarzt d. R. Prof. Dr. Dr. Wolfgang G.
konnte, fand am 12. September statt und begann mit dem ToLocher (LMU München), dem Beauftragten für den Bereich
tengedenken für den ehemaligen Inspekteur des Sanitäts- und
Ethik im AK, moderiert wurde. Er erläuterte zunächst die ZuGesundheitswesens der Bundeswehr, Generaloberstabsarzt
nahme der ethischen Fragestellungen in allen Wissenschaftsa. D. Prof. Dr. Rebentisch, der am 3. Dezember 2013 im Alter
bereichen und stellte die Verbindung von Medizin und „Sittvon 93 Jahren verstorben war, und den langjährigen Vorsitlichkeit“ als einen der aktuellen Megatrends im Gesundheitszenden des Arbeitskreises und ehemaligen Vizepräsidenten
wesen vor.
der DGWMP Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Heinz Goerke, der am
Im ersten Vortrag dieses Themenkomplexes begab sich
16. Juni 2014 im 97. Lebensjahr verstarb.
Oberstleutnant d. R. Christoph Schneider (LMU München)
Anschließend trug Flottenarzt Dr. Hartmann (SanAkBw
auf eine „punktuelle ethische Spurensuche“, indem er das
München) zum Thema „Im Grabenkrieg – Sanitätsdienst zwipersönliche Kriegstagebuch des deutschen Militärarztes Dr.
schen Caritas und Chaos“ vor. Sein Referat, in dem er zuAlfred Bauer aus dem Ersten Weltkrieg untersuchte. Er konnnächst die organisatorischen Strukturen des deutschen Sanite zeigen, dass sich Dr. Bauer trotz aller Widrigkeiten des
tätsdienstes im Ersten Weltkrieg darstellte, war auch als EinKrieges persönlich nicht instrumentalisieren ließ und bis zuführung in den gesamten Themenblock zu sehen. Während
letzt als „Anwalt der verwundeten Soldaten“ verstand.
die durch die Eigentümlichkeiten des Ersten Weltkrieges beDr. Katja Kühlmeyer (LMU München) erläuterte anschliedingten neuartigen Verletzungsmuster (u. a. durch den Einßend die ethischen Probleme bei medikamentöser Prophylaxe
satz von Giftgas) die Militärärzte vor neue Herausforderunvon posttraumatischen Belastungsstörungen. Ziel ist die Regen stellten, bereitete im Stellungskrieg die Bergung der Verduzierung emotionaler Symptome und nicht ein „Vergessen“
letzten aus den Gräben unter ständigem Beschuss den Krandes Ereignisses. Problematisch ist dabei besonders die Tatsakenträgern – der entscheidenden Komponente der
che, dass Menschen zu „Schöpfern“ ihrer Erinnerungen werRettungskette – große Probleme. Wie riskant die Bergung
den könnten. Zurzeit ist dieser Themenkomplex Gegenstand
von Verletzten war, zeigt die Verlustrate der deutschen Saniverschiedener Forschungsprojekte. In der anschließenden
täter: neben den bis zu 30 000 Verwundeten waren etwa
Diskussion stellte Oberstarzt Privatdozent Dr. Zimmermann
10 000 Gefallene zu beklagen.
klar, dass in der Wehrpsychiatrie der Bundeswehr aktuell keiDie sanitätsdienstliche Versorgung auf einem „Nebenkriegsne Medikamente zur Prophylaxe posttraumatischer Belasschauplatz“ stellte Oberstarzt a. D. Dr. Gerd Machalett (Sietungsstörungen zum Einsatz kommen.
denbollentin) in seinem Vortrag „Die medizinische SicherAbschließend berichtete Oberstarzt Privatdozent Dr. Peter Zimstellung der deutschen Mittelmeerdivision“ im Anschluss
mermann (BwKrhs Berlin) über den Zusammenhang zwischen
dar; der Beitrag wird im kommenden Jahr in der Wehrmedipersönlicher Wertorientierung und psychischen Symptomatizinischen Monatsschrift veröffentlicht. Neben der Darstelken bei Einsatzsoldaten. Zu Beginn seines Vortrages gab er ei-
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Kongressberichte
387
nen kurzen Überblick zum derzeitigen wehrpsychiatrischen
Behandlungsschwerpunkt und zur Verteilung von psychischen
Erkrankungen bei deutschen Soldaten. Dabei treten immer
mehr Belastungsstörungen in den Vordergrund, die durch werteorientierte Konflikte hervorgerufen werden. Der Referent
stellte eine im Jahre 2013 durchgeführte Testreihe an 200 Bundeswehrsoldaten kurz vor Ende ihres Einsatzes und die sich daraus ergebenden therapeutischen Ansätze vor.
In seinem Schlusswort bedankte sich Oberfeldarzt Prof. Dr.
Vollmuth bei allen Referenten und betonte, dass die gehaltenen
Vorträge gezeigt haben, wie eng und untrennbar die Bereiche
Geschichte und Ethik der Wehrmedizin miteinander verbunden
sind.
Arbeitskreis Veterinärmedizin
Oberstveterinär Dr. Michael Nippgen
Kommando Sanitätsdienst, Koblenz
Auch innerhalb des Arbeitskreises Veterinärmedizin wurde das
Motto des 45. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. „Tradition & Innovation“ nachhaltig in zwei historischen Vorträgen aus dem Militärveterinärwesen und zwei Vorträgen aus dem Bereich der aktuellen wehrveterinärmedizinischen Forschung abgebildet.
Damit hat auch der zahlenmäßig kleinste approbationsbezogene
Arbeitskreis seine militärhistorische Verankerung im Rahmen
des Jubiläums „150 Jahre Deutsche Militärärztliche Gesellschaften“ aufgezeigt.
In der Begrüßung zur eigentlichen Sitzung des Arbeitskreises
konnte Oberstveterinär Dr. Michael Nippgen einen großen Zuhörerkreis von 30 Teilnehmern inklusive des Präsidenten der
Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie
e. V. begrüßen.
Anschließend trug Oberstabsveterinär Dr. Hendrik Tandler
(ZInstSanBw Kiel) zum Thema der „Diagnostik hochkontagiöser
Zoonoserreger im Auslandseinsatz“ vor. Seine Präsentation berücksichtigte dabei Erreger wie das Tollwutvirus, EHEC und den
Erreger des Krim-Kongo hämorrhagischen Fiebers. Die hohe Letalität der durch die genannten Erreger ausgelösten Erkrankungen, verbunden mit dem endemischen Vorkommen in den Einsatzländern der Bundeswehr, erfordert eine feldtaugliche und
zuverlässige Diagnostik. Dr. Tandler berichtete in seinem Vortrag
über die Ergebnisse der Forschungsaufträge am Zentralen Institut
des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Kiel (ZInstSanBw Kiel) zur
Installation feldtauglicher Untersuchungsmethoden für die Anwendung im veterinärmedizinischen Labor im Einsatz.
Über die Gefahr, die von Waldwildtieren als Reservoir für Zoonose- und Tierseuchenerreger ausgeht, berichtete Frau Dr. Helena Anheyer-Behmenburg (ZInstSanBw Kiel). Tierseuchen- und
Zoonoseerreger bei Wildtieren rücken als Ausgangspunkt für auf
Haustiere und / oder Menschen übertragbare Erkrankungen zunehmend in das Bewusstsein von Tierärzten, Humanmedizinern
und interdisziplinären Forschergruppen. Im Rahmen der durch
Frau Dr. Anheyer-Behmenburg dargestellten Übersicht wurden
Infektionserreger aktueller Brisanz wie der Tierseuchenerreger
Afrikanische Schweinepest (ASP)-Virus, das zoonotisch übertragbare Hepatitis E-Virus (HEV) oder weitestgehend unbekannte Erreger wie der bei Waschbären verbreitete und inzwischen
auch bei der deutschen Waschbärenpopulation vorkommende
Parasit Baylisascaris procyonis näher betrachtet.
Aether-Insufflationsgerät für die Narkose beim Pferd (2. Weltkrieg)
Bildquelle: Tierärztliche Hochschule Hannover, Veterinärhistorisches
Museum, Schäffer
Im Rahmen des militärhistorischen Blocks des Arbeitskreises Veterinärmedizin beleuchtete der Inspizient Veterinärmedizin der
Bundeswehr, Oberstveterinär Dr. Leander Buchner, in seinem
Vortrag „vom Kurschmied zum Sanitätsoffizier Veterinär, ein
steiniger Weg“ die Entwicklung des militärischen Veterinärwesens bis zum heutigen Tage.
Der Vortrag beschrieb dabei die Evolution des Veterinäres vom
Status eines Hufschmieds (um 1850) über den eines Veterinäroffiziers (um 1940) zum heutigen Sanitätsoffizier Veterinär in den
deutschen Streitkräften als die Bundeswehr aufgestellt wurde
(um 1950 bis heute).
In der letzten Präsentation der Arbeitskreissitzung berichtete
Herr Dr. Andreas Menzel, wie das Militärveterinärwesen die
Entwicklung der Tierinhalationsnarkose in der zivilen Veterinärmedizin beeinflusst hat.
In seinem von 1845 bis 1945 reichenden, historischen Überblick zeigte Herr Dr. Menzel auf, wie die verletzungsbedingte
chirurgische Behandlungsbedürftigkeit der militärisch eingesetzten Diensttiere die Entwicklung und Verbesserung der Inhalationsnarkose in der Tiermedizin befördert haben. Dabei
wurden die im militärischen Veterinärwesen eingesetzten
Aetherinhalationsnarkosen bis hin zu Chloroformnarkosen
­
über verschiedene Apparaturen und Verdampfer zunehmend
serienreif weiterentwickelt. Letztlich haben diese militärischen Entwicklungen die Grundlage für die heutige kontrollierbare Inhalationsnarkose in der zivilen Veterinärmedizin
geliefert.
In seinem Schlusswort bedankte sich Oberstveterinär Dr. Nippgen bei allen Referenten und dankte für die gehaltenen, interes-
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
388
Kongressberichte
santen und lehrreichen Vorträge, die nicht nur die Historie sondern auch die Gegenwart und den Weg in die Zukunft mitbehandelt haben. Vor allem bei den aktuellen wehrveterinärmedizinischen Themen ist zudem eine hohe Relevanz auch für die
Humanmedizin herausgearbeitet worden.
Arbeitskreis Wehrpharmazie
Oberfeldapotheker Dr. Klaudia Meyer-Trümpener
Bundesministerium der Verteidigung, Bonn
Am Freitagnachmittag (12.09.2014) begrüßte der Vorsitzende, Flottenapotheker a. D. Gregor Peller, die Teilnehmer zur
Arbeitskreissitzung anlässlich des Jubiläumskongresses.
Zunächst stand die Wahl für den Vorsitz des Arbeitskreises auf
der Tagesordnung. Oberstapotheker Dr. Bernd Klaubert wurde zum Vorsitzenden, Flottenapotheker a. D. Gregor Peller
und Oberstapotheker Dr. Boris Mey wurden als Stellvertreter
nominiert und gewählt. Sie werden ihre Aufgaben mit Beginn
des Jahres 2015 übernehmen.
Der Inspizient Wehrpharmazie der Bundeswehr, Oberstapotheker Arne Krappitz, begrüßte ebenfalls die Teilnehmer und
freute sich über das gut gefüllte Auditorium, das die hohe
Wertschätzung der Kongressteilnehmer für das Programm und
die Vortragenden zum Ausdruck bringe.
Passend zum Motto des Kongresses „Tradition und Innovation“ waren zwei retrospektive und ein wissenschaftlicher Beitrag vorgesehen. Flottenapotheker a. D. Gregor Peller eröffnete den Vortragsreigen mit einem ersten historischen Abriss zur
Entstehung und Entwicklung von Bundeswehrapotheken. Peller hat sich als erster dieses Themas angenommen und ein umfangreiches Quellenstudium, u. a. in den Archiven des Bundesministeriums der Verteidigung und der Kommandobehörden des Sanitätsdienstes, betrieben.
Nach der Aufstellung der Bundeswehr wurden die Sanitätsmaterialversorgungseinrichtungen der Teilstreitkräfte durchaus unterschiedlich betrieben: Bei der Marine gab es stationäre Sanitätsmateriallager ohne Apotheker, die Luftwaffe hatte
Lagerbezirke für Sanitätsmaterial, die von einem Apotheker
geleitet wurden, und das Heer verfügte mit den Korps- und
Divisionsversorgungspunkten über verlegefähige Einrichtungen. Auch die gesetzlichen Grundlagen waren in den 1960iger Jahren völlig verschieden von den heutigen. So fanden
das Apothekengesetz und das Arzneimittelgesetz noch bis in
die 1970er Jahre keine Anwendung auf Einrichtungen, die der
Versorgung von Angehörigen der Bundeswehr mit Arzneimitteln dienten.
Gab es zu Anfang der achtziger Jahre mit Schaffung der Bundeswehrapotheken noch 45 Einrichtungen, so sank deren Anzahl mit Einführung der regionalen Sanitätsmaterialversorgung 1988 auf zunächst 37 Bundeswehrapotheken, um dann
mit jeder Strukturreform weiter abzunehmen. Nach der Neuausrichtung der Streitkräfte sind im Jahr 2014 hiervon noch
vier Bundeswehrkrankenhausapotheken, drei Versorgungsund Instandsetzungszentren Sanitätsmaterial sowie zwei Sanitätsmateriallager verblieben.
Oberstapotheker a. D. Dr. Claus Michael Lommer nahm den
Faden der historischen Betrachtung auf und berichtete über
die Arzneimittelherstellung als die „ureigenste pharmazeutische Tätigkeit“ in den Bundeswehrapotheken im Wandel der
Zeit. Mit vielen persönlichen Bildern aus den 1980er und
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
1990er Jahren illustrierte er den Aufbau und die Leistungen
der pharmazeutischen Großherstellung in den Bundeswehrkrankenhausapotheken, die er als pharmazeutischer Technologe damals maßgeblich mitgeprägt hat. Hatte in den ersten Jahren noch jede Bundeswehrkrankenhausapotheke ein eigenes
Logo auf der Verpackung und teilweise eigene Rezepturen für
die von ihr hergestellten Produkte, so wurde dies im Laufe der
Jahre standardisiert und dokumentiert. Der Wandel des Produktportfolios, das auf den Vorgaben des aktuellen Herstellungserlasses basiert und die heutige hochmoderne Geräteausstattung stellen auch für die Zukunft eine leistungsfähige und
auftragsangepasste bundeswehreigene Arzneimittelherstellung sicher.
Aus der wehrmedizinischen Forschung am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr trug Oberfeldapotheker Karin Niessen vor. Sie stellte eindrucksvoll die aktuellen Ansätze zur Suche nach neuen Antidoten auf molekularpharmakologischer Ebene vor.
Rezeptoren des Neurotransmitters Acetylcholin sind Angriffsort vieler chemischer Kampfstoffe. Die Behandlung entsprechender Intoxikationen erfolgt standardmäßig mittels Atropin
und Reaktivatoren für den muscarinischen Typ des Rezeptors,
wie Obidoxim oder das im Zulassungsprozess befindliche HI6. Bei den nicotinischen Rezeptoren hingegen besteht eine
Therapielücke und wehrmedizinischer Forschungs- und
Handlungsbedarf. Niessen stellt deshalb nochmals die pharmakologischen Mechanismen am Acteylcholinrezeptor dar
und leitete die Ziele ihrer Forschungen am Nicotinrezeptor
hieraus ab. Das von Niessen vorgestellte Forschungsprojekt
befasst sich mit der Entwicklung neuer Methoden für das
schnelle Screening von potentiellen Wirkstoffen am menschlichen nicotinischen Acetylcholinrezeptor. Dazu wurden die
Rezeptoren isoliert und in einer Versuchsanordnung mit aufsteigenden Konzentrationen der Bispyridniumverbindung MB
327 versetzt und ihre Funktionalität in den verschiedenen Zuständen getestet.
Mit dem vorgestellten Testsystem kann die Suche nach potentiellen Antidoten, die am nicotinischen Acteylcholinrezeptor
angreifen, standardisiert und vereinfacht werden.
Mit diesem Ausblick in die Zukunft bewies Oberfeldapotheker Niessen eindrücklich, wie die Wehrpharmazie ihren Beitrag zur Innovation der Wehrmedizin leisten kann.
Arbeitskreis Zahnmedizin
Oberstarzt d. R. Dr. Christoph Kathke
Berlin
Am 13.09.2014 fand die Fortbildungsveranstaltung des Arbeitskreises Zahnmedizin statt.
Der Leiter des Arbeitskreises, Oberstarzt d. R. Dr. Christoph
Kathke, konnte fast 30 aktive Sanitätsoffiziere Zahnarzt, Reservisten sowie auch interessierte Veterinärmediziner begrüßen.
Zum Thema „Geschlechtsspezifische Zahnmedizin“ referierte
die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Geschlechtsspezifische Zahnmedizin, Frau Privatdozent Dr. Dr. Christane
Gleissner (Universität Mainz), mit dem Vortrag: „Welchen
Einfluss hat das Geschlecht auf die Mundgesundheit?“
Die meisten Erkrankungen der Mundhöhle zeigen geschlechtsspezifische Unterschiede in der Prävalenz. Dies betrifft insbe-
Kongressberichte
sondere häufige Erkrankungen, wie Karies und Parodontitis,
die Hauptursachen für Zahnverlust. Während sich Männer
und Frauen im mittleren Lebensalter im Hinblick auf die Zahl
fehlender Zähne bzw. totale Zahnlosigkeit (noch) nicht unterscheiden, sind 65- bis 74-jährige Seniorinnen in Deutschland
häufiger zahnlos (25,2), oder ihnen fehlen mehr Zähne (14,9)
als gleichaltrigen Senioren (19,6 respektive 13,3). Internationale epidemiologische Daten belegen ähnliche geschlechtsspezifische Unterschiede in anderen Ländern und Kulturen.
Dies überrascht umso mehr, als dass Frauen ein höheres Inanspruchnahmeverhalten zahnärztlicher Leistungen, eine bessere Mundhygiene und eine höhere Motivation zu allgemeinpräventivem Verhalten aufweisen und wirft die Frage nach dem
„Warum“ auf. Geschlechtsspezifische Schnittstellen zwischen
Medizin und Zahnmedizin wurden erläutert (Hormonersatztherapie bei Frauen und Männern, Diabetesunterschiede,
Medikamentenwirksamkeiten) und Möglichkeiten aufgezeigt,
wie die interdisziplinäre Zusammenarbeit sinnvoll verstärkt
und so die (zahn-) medizinische Versorgung aller Patienten
verbessert werden kann.
Ferner zeigte PD Dr. Dr. Gleissner auf, dass der „Gender-Shift“ das Berufsbild des Zahnarztes verändert:
In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl der Frauen in der Zahnmedizin ständig gestiegen. Bereits ab dem Jahr 2017 wird die
zahnmedizinische Versorgung vorwiegend durch Frauen erfolgen. Dies wirft die Frage auf, was das für das Berufsbild
des Zahnarztes bedeutet. Ein Blick in die empirische Forschung wirft ein Schlaglicht auf potenziell wichtige Bereiche,
die sich mit dem „Gender-Shift“ verändern könnten, wie beispielsweise die Wochenarbeitszeit, Modelle der Praxisorganisation, die Art der Praxisführung und die Praxisphilosophie,
das Erwerbseinkommen, das Investitionsverhalten bei der
Praxisgründung, die Zahnarzt-Patienten-Beziehung, Weiterbildung und Spezialisierung sowie Forschung und Lehre. In
Umfragen werden erste Trends sichtbar. In den Fächern Oralchirurgie und Implantologie treten die geschlechtsspezifischen Unterschiede besonders deutlich hervor.
Abschließend referierte Prof. Dr. Dr. Ralf J. Radlanski (Charite Campus Benjamin Franklin, Berlin) zur „Frage des Sexualdimorphismus bei menschlichen Zähnen“.
Vielfach wird angenommen, dass sich auch anhand der Zähne
des Menschen das Geschlecht des Individuums bestimmen
lässt. Eine Vielzahl anthropologischer, morphometrischer Studien legt diesen Schluss nahe. Die Arbeitsgruppe um Prof.
Radlanski fragte sich, ob dieser Unterschied auch tatsächlich
erkennbar ist. Zu diesem Zweck wurden 50 intraorale Fotografien, die die Frontzahnregion von Frauen und Männern
(Alter: 6 bis 75 Jahre) zeigten, in Originalgröße auf einem
fünfseitigen Fragebogen randomisiert angeordnet. Die Lippenregion war jeweils ausgeblendet. Außer „weiblich“ und
„männlich“ konnte auch ein „?“ für unentschieden angegeben
werden. Diese Fragebögen wurden an 50 Fachleute (Zahnärzte/innen, Zahntechniker/innen, zahnärztliche Fachangestellte,
Student/innen der Zahnmedizin) und an 50 Laien zum Ankreuzen verteilt.
Diese Fragebögen wurden in der Originalform auch in der Arbeitskreissitzung an das Auditorium verteilt: Wie in der oben
angeführten Untersuchung konnten hier ebenfalls keine geschlechtsspezifischen Merkmale / Unterschiede bei den Zahnformen ausgemacht werden.
389
Arbeitskreis Offiziere des Militärfachlichen Dienstes
Hauptmann Stephan Wüsthoff
Streitkräfteamt, Bonn
Am späten Nachmittag des 12.09.2014 konnte der Vorsitzende, Hauptmann Stephan Wüsthoff, neben dem Präsidenten der
Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie
ein über alle Dienstgrade hinweg gemischtes Teilnehmerfeld
des Arbeitskreises herzlich begrüßen.
Im Mittelpunkt des Nachmittages stand der Vortrag des eingeladenen Referenten, Oberstarzt Dr. Jens-Peter Evers, Dezernatsleiter G 3.1 Im Kommando Sanitätseinsatzunterstützung.Im Schwerpunkt seiner Ausführungen berichtete er über
aktuelle Herausforderungen in den Einsatzgebieten der Bundeswehr mit besonderem Augenmerk auf die Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Sanitätsdienst. Er stellte dabei
sehr eindrucksvoll die Konkurrenzsituation zwischen den
Forderungen der neuen (18.08.14) Zentralweisung „Ausbildung und Verwendungsaufbau von Offizieren des militärfachlichen Dienstes (OffzMilFD)im Sanitätsdienst der Bundeswehr“ und den noch zukünftig verbleibenden Dienstposten
von Offz MilFD San in den Einsatzgebieten dar. So sind gem.
Zentralweisung Erfahrungen und Bewährung in der besonderen Auslandsverwendung (Einsatz) wesentliche Bestandteile
im Werdegang. Nach derzeitigem Planungsstand stehen den
Offz MilFD San zukünftig noch fünf Auslandseinsatzdienstposten zur Verfügung, um dieser Forderung zu entsprechen.
Im weiteren Verlauf berichtete OTA Dr. Evers dem Auditorium von den aktuellen sanitätsdienstlichen Planungen zur
ISAF-Nachfolgemission Resolut Support Mission (RSM) Afghanistan. Die erhöhte internationale Beteiligung u. a. auch in
Schlüsselfunktionen wie den Dienstposten des Einsatzoffiziers der Sanitätseinsatzkompanie Mazar e Sharif führte am
Ende des Vortrages zu einer lebhaften Diskussion.
Im zweiten Teil der Arbeitskreissitzung am Samstag schlossen
sich die OffzMilFD der Sitzung des neuen Arbeitskreises Gesundheitsfachberufe an. Der Vortragende, Hauptmann Assert,
Sachbearbeiter im BAPersBw, berichtete über neue Modelle
der Personalentwicklung, Personalplanung und der Steuerkopforganisation. Die mit der neuen Attraktivitätsoffensive
der Bundesministerin der Vetreidigung verbundenen Änderungen in der Personalführung sorgten für viel Gesprächsstoff. So soll jeder Soldat zukünftig jährlich ein Personalgespräch erhalten. Für OffzMilFD soll darüber hinaus ab Feststellung der A12 Perspektive eine verbindliche Personalentwicklung aufgezeigt werden.
Nach der Pause berichtete Hauptmann Wüsthoff, nun wieder
im Kreis der OffzMilFD San, über die aktuellen Projekte des
Vorstandes. Dabei ging er im Schwerpunkt auf die nun endlich
festgeschriebene Erhöhung der Lehrgangsplätze auf 100 Plätze beim Lehrgang „Fortbildung für Sanitätsdienstoffiziere“
ein, die seit dem 09.09.2014 jetzt dauerhaft festgeschrieben
ist, nachdem bisher die bereitgestellten 50 Lehrgangsplätze
immer „überbucht“ waren.
Insgesamt war auch diese Tagung des Arbeistkreises wieder
durch interessante Vorträge und konstruktive Gespräche zwischen allen Dienstgradgruppen gekennzeichnet.
46. Kongress der DGWMP
15. bis 17. Oktober 2015, Weser-Ems Halle, Oldenburg
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
390
Mitteilungen aus der DGWMP e. V.
Neuausrichtung des Arbeitskreises SanOA/
Junge Sanitätsoffiziere (AK SanOA/Junge
SanOffz)
Der Arbeitskreis SanOA/Junge SanOffz der DGWMP e. V. stellt
die Schnittstelle zwischen dem Deutschen SanOA e. V. und der
DGWMP e. V. dar. Während der Fokus des SanOA e. V. auf der
Interessenvertretung vor allem der studierenden Sanitätsoffizieranwärter liegt, konzentriert sich die DGWMP e. V. – neben der
Wahrnehmung der Interessen für alle Angehörigen des Sanitätsdienstes – im Schwerpunkt auf die Fortbildung der Sanitätsoffiziere und die Förderung der wissenschaftlichen Arbeit.
Seit kurzem steht der AK SanOA/Junge SanOffz unter neuer
Leitung durch die Stabsärzte Lars Hönig, Felix König und Dr.
Andreas Westerfeld. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Ausbildung junger Sanitätsoffiziere im ersten klinischen Abschnitt
in den Fokus zu rücken. Hierbei soll vor allem die klinikübergreifende Vernetzung der Kameraden sowie die Förderung wissenschaftlichen Arbeitens gestärkt werden.
Im Rahmen des 45. Kongresses der DGWMP e. V. in Berlin
fand ein Workshop zur weiteren Ausrichtung des AK statt.
Dabei wurden verschiedene Projektideen entwickelt:
1. Das SanNetz wird zum aktuellen Zeitpunkt kaum von Sanitätsoffizieren genutzt – obwohl einige hilfreiche Tools zur
Verfügung stehen. Als Beispiel kann die virtuelle Bibliothek
genannt werden, die bereits jetzt Zugriff auf viele Journals
sowie die clinical decision support-Datenbank „Dynamed“
ermöglicht. Trotzdem bleibt hier viel zu tun, um das SanNetz
für Sanitätsoffiziere attraktiver zu machen.
2. SanOA und junge SanOffz, die wissenschaftlich aktiv sind,
beispielsweise im Rahmen ihrer Dissertation oder im Bundeswehrkrankenhaus, sollen in ihrer Forschung unterstützt
werden. Außerdem soll der wissenschaftliche Austausch gefördert und ausgebaut werden. Eine interessante Option stellt
hier auch die Publikation eigener Arbeiten in der WMM dar.
Der Schriftleiter, Oberstarzt a. D. Dr. Mees, bot uns im Rahmen des Workshops Berlin hierzu seine Unterstützung an.
Denkbar sind z. B. Mitteilungen über Dissertationen, Preise,
Auszeichnungen, besondere Projekte an Universitäten usw.
3. Für eine wirkungsvolle Vertretung der Interessen der jungen
Sanitätsoffiziere ist eine bessere Vernetzung essenziell. Daher werden interessierte Kameradinnen und Kameraden aus
den fünf Bundeswehrrankenhäusern gesucht, die mit uns gemeinsam Ideen zur Verbesserung unserer Ausbildung entwickeln. Wir bitten um Kontaktaufnahme per Email an
[email protected] oder über eine Mitgliedschaft in
unserer Gruppe im SanNetz!
Lars Hönig, StArzt, BwKrhs Hamburg, Abt. X
Felix König, StArzt, BwKrhs Hamburg, Abt. II
Dr. Andreas Westerfeld, StArzt, BwKrhs Hamburg, Abt. X
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
Positionspapier des Arbeitskreises Gesund­
heitsfachberufe in der DGWMP e. V.
Einleitung
Die Angehörigen der einzelnen Gesundheitsfachberufe bilden eine
tragende Säule des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Hierbei handelt es sich vor allem um die Dienstgradgruppen der Portepeeunteroffiziere und Unteroffiziere aller TSK sowie um zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den verschiedensten Einrichtungen, wie beispielsweise den Bundeswehrkrankenhäusern, den
Kommandos, den Regimentern, den Regionalen Sanitätseinrichtungen, den Versorgungs- und Instandsetzungszentren SanMat,
den Instituten sowie den sonstigen sanitätsdienstlichen Versorgungsbereichen ihren Dienst ausüben.
Die sowohl fachliche als auch örtliche Aufsplitterung erschwerte
bislang die Kommunikation untereinander, so dass für die Angehörigen der Gesundheitsfachberufe der Bedarf für eine gemeinsame
Basis zum gezielten Informationsaustausch bestand. Dies auch,
um dieser Berufsgruppe eine vernehmbare Stimme zu geben, so
dass Anliegen der Gesundheitsfachberufe an die Entscheidungsträger im Sanitätsdienst der Bundeswehr effizient herangetragen werden können, hat die Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und
Wehrpharmazie e. V. (DGWMP e. V.) in der Hauptversammlung
am 11.09.2014 dem Antrag der Gründung eines Arbeitskreises Gesundheitsfachberufe in der DGWMP e. V. zugestimmt. Der Arbeitskreis Gesundheitsfachberufe hat in seiner Sitzung am
13.09.2014 dieses Positionspapier erarbeitet und nachfolgend mit
den Mitwirkenden des Arbeitskreises abgestimmt.
Erarbeitung eines Selbstverständnisses und von Identifikationsmerkmalen des Arbeitskreises Gesundheitsfachberufe
Der Arbeitskreis Gesundheitsfachberufe bildet eine Basis für alle
Angehörigen der Gesundheitsfachberufe, unabhängig davon ob es
sich um Soldatinnen und Soldaten oder zivile Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter handelt und unabhängig vom Dienstgrad. Dabei umfasst der Begriff Gesundheitsfachberufe nicht nur die bundeseinheitlich geregelten Gesundheitsfachberufe im engen Sinne, sondern alle im Sanitätsdienst der Bundeswehr vertretenen Ausbildungsberufe im Gesundheitswesen.
Um die Wahrnehmung des Arbeitskreises Gesundheitsfachberufe
zu verbessern, soll eine Kernbotschaft erarbeitet werden, welche
die Zielstellung des Arbeitskreises kurz und allgemein verständlich
charakterisiert. Dabei sollen sich darin alle im Sanitätsdienst der
Bundeswehr tätigen Angehörigen der Gesundheitsfachberufe wiederfinden.
Information über den Arbeitskreis Gesundheitsfachberufe
Der Arbeitskreis Gesundheitsfachberufe informiert alle Angehörigen der Gesundheitsfachberufe über seine Tätigkeit. Die Informationen sollen sowohl bundeswehrintern als auch über die DGWMP
e. V. verbreitet werden. Hierzu sollen geeignete Informationswege
gefunden und genutzt werden, um möglichst alle Angehörigen der
Gesundheitsfachberufe im Sanitätsdienst der Bundeswehr zu erreichen und zu vernetzen. Deshalb sind alle im Arbeitskreis Mitwirkenden und Interessierten aufgerufen, sich als Multiplikatoren bei
der Verbreitung dieser Informationen zu beteiligen.
Mitteilungen aus der DGWMP e. V.
Zusammenarbeit des Arbeitskreises Gesundheitsfachberufe
mit anderen Arbeitskreisen und Organisationen
Der Arbeitskreis Gesundheitsfachberufe sieht sich nicht als Konkurrenz zu anderen Arbeitskreisen der DGWMP e. V., sondern
möchte mit diesen konstruktiv zusammenarbeiten. Außerdem soll
ein Austausch mit den einzelnen Konsiliargruppen im Sanitätsdienst der Bundeswehr erfolgen. Die Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen und Verbänden wird nicht ausgeschlossen.
391
Vorbereitung und Durchführung von Workshops, Lehrgängen, Fortbildungen und Sitzungen des Arbeitskreises Gesundheitsfachberufe
Der Arbeitskreis Gesundheitsfachberufe möchte den Gesundheitsfachberufen in der Bundeswehr geeignete Fortbildungsmöglichkeiten bieten. Weil die inhaltlichen und formalen Anforderungen
an Fortbildungen bei den einzelnen Gesundheitsfachberufen unterschiedlich sind, möchte der Arbeitskreis zuerst diese unterschiedlichen Fortbildungsstrukturen erfassen. Daher sind alle im Arbeitskreis Mitwirkenden aufgerufen, den Vorstand über die Anforderungen an Fortbildungen für die jeweiligen Berufsgruppen zu
­informieren (beispielsweise Pflichtfortbildungen, Fortbildungspunkte, Inhalte).
Der Arbeitskreis Gesundheitsfachberufe wird sich inhaltlich mit
eigenen Programmteilen an der 13. Arbeitstagung der Offiziere des
Sanitätsdienstes im Norden in Damp (04. - 06.03.2015) sowie am
46. Kongress der DGWMP e. V. in Oldenburg (15. - 17.10.2015)
beteiligen. In den Sitzungen des Arbeitskreises sollen einzelne
Workshops für die Angehörigen der Gesundheitsfachberufe angeboten werden. Die Vorbereitungen der Sitzungen erfolgen durch
den Vorstand des Arbeitskreises, jedoch kann die inhaltliche Ausgestaltung nur erfolgreich sein, wenn sich möglichst viele Mitwirkende des Arbeitskreises beteiligen, indem eigene Inhalte angeboten oder geeignete Referentinnen und Referenten benannt werden.
Außerdem bietet der Arbeitskreis Gesundheitsfachberufe die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Lehrgangs für Gesundheitsfachberufe an der Sanitätsakademie der Bundeswehr an und hält einen
solchen Lehrgang für notwendig. Anregungen zu Inhalten und
möglichen Referentinnen und Referenten können jederzeit dem
Vorstand des Arbeitskreises mitgeteilt werden.
Des Weiteren plant der Arbeitskreis Gesundheitsfachberufe, zusammen mit der DGWMP e. V. zukünftig regionale Fortbildungen
für die Angehörigen der Gesundheitsfachberufe anzubieten. Insbesondere regionale Fortbildungen leben vom Engagement der Mitwirkenden des Arbeitskreises, sei es als Fortbildungsteilnehmerin
bzw. -teilnehmer oder als Referentin bzw. Referent. Für diese Fortbildungen können dem Vorstand des Arbeitskreises jederzeit Anregungen zu Inhalten und möglichen Referentinnen und Referenten
sowie eigene Angebote mitgeteilt werden.
Gesundheitsfachberufe mitwirken, um durch die Darstellung von
Stellenbeschreibungen und Verbreitung von Informationen über
bundeswehrspezifische Anforderungen mögliche Missverständnisse aufgrund von fehlenden bzw. falschen Informationen zu verhindern. Dies schließt auch ein Mitwirken bei der Truppenwerbung ein. Dazu soll auch der Austausch zwischen den einzelnen
Berufsgruppen der Gesundheitsfachberufe intensiviert werden.
Zusätzlich möchte sich der Arbeitskreis Gesundheitsfachberufe
mit nachfolgenden Themenfeldern konstruktiv auseinandersetzen,
um die Angehörigen der Gesundheitsfachberufe, aber auch die jeweiligen Entscheidungsträger zu informieren und um an der Erarbeitung von Lösungsvorschlägen mitzuarbeiten. Dem Arbeitskreis
Gesundheitsfachberufe ist dabei bewusst, dass diese konstruktive
Auseinandersetzung nur interprofessionell in gemeinsamen Arbeitsgruppen mit Sanitätsoffizieren bzw. Offizieren im Sanitätsdienst zielführend ist, weshalb eine enge Zusammenarbeit angestrebt wird:
o Aufstiegsmöglichkeiten für einzelne Angehörige der Gesundheitsfachberufe.
o
Unbesetzte Dienstposten, verbunden mit dem Missverhältnis
zwischen STAN-Soll, der Ist-Antrittsstärke und dem wirklichen
aufgabenbezogenen Personalbedarf.
o Möglichkeiten zur Einbindung von Assistenz- bzw. Servicekräften in Sanitätseinrichtungen, vor allem aufgrund fehlender
Mannschaftsdienstgrade.
o
Gewünschte Auslandsverwendung bei festgestellter Unabkömmlichkeit bzw. die Verbindung von Teilzeittätigkeit und
Auslandsverwendung.
o Besoldung und Gestaltung von Zulagen.
o Sicherstellung aller Grundlagen-Ausbildungen wie Sport und Erhalt der IGF im Dienstbetrieb (u.a. Umsetzung der Vorgaben gemäß ZDv 3/10) mit dem Ziel, eine ehrliche, objektive Vergleichbarkeit in den Beurteilungen herzustellen.
o Einführung und Umsetzung von BGM Betrieblichem Gesundheitsmanagement.
o Umsetzung weiterer Ausbau von Qualitätsmanagementsystemen
mit dem qualifizierten Einsatz von Angehörigen der Gesundheitsfachberufe.
Diese Themenfelder bilden nur den aktuellen Stand ab und der
Arbeitskreis Gesundheitsfachberufe ist offen für alle weiteren Themenfelder. Mit der Bearbeitung dieser Themenfelder ist langfristig
eine Beschreibung von einzelnen Abläufen in den Sanitätseinrichtungen der Bundeswehr verbunden, um durch ein Verständnis dieser Abläufe unproduktive prozessuale Aufteilungen von Tätigkeiten zu reduzieren und geeignete Abläufe sinnvoll zu vernetzen. Im
Mittelpunkt steht die Forderung nach einer modernen, multiprofessionellen Gesundheitsversorgung mit Respekt und Vertrauen unter
den Berufsgruppen.
Erstellung eines Lagebildes der Gesundheitsfachberufe im
Sanitätsdienst der Bundeswehr durch den Arbeitskreis
Gesundheitsfachberufe
Der Arbeitskreis Gesundheitsfachberufe sieht sich als Sprachrohr
und Interessenvertretung aller im Sanitätsdienst der Bundeswehr
vertretenen Angehörigen der Gesundheitsfachberufe. Daher möchte sich der Arbeitskreis konstruktiv einerseits sowohl mit wirklichen als auch mit gefühlten Problemen dieser Berufsgruppe, andererseits aber auch mit den Vorteilen einer Tätigkeit im Sanitätsdienst der Bundeswehr auseinandersetzen. Der Arbeitskreis möchte daher bei der Beschreibung des Tätigkeitsspektrums der
Aktuelle Aufgaben des Arbeitskreises Gesundheitsfachberufe
Der Arbeitskreis Gesundheitsfachberufe setzt sich mit den im Positionspapier genannten Aufgaben und Themenfeldern auseinander. Dazu ist der Arbeitskreis auf intensive Mitwirkung aller Angehörigen der Gesundheitsfachberufe in der Bundeswehr angewiesen. Vorrangige Aufgaben bis zur nächsten Sitzung des Arbeitskreises Gesundheitsfachberufe sind:
• Erarbeitung von Vorschlägen für einen Lehrgang für Gesundheitsfachberufe an der Sanitätsakademie der Bundeswehr ab dem
Jahr 2015.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
392
Mitteilungen aus der DGWMP e. V.
• Vorbereitung der Sitzung des Arbeitskreises Gesundheitsfachberufe im Rahmen der 13. Arbeitstagung der Offiziere des Sanitätsdienstes im Norden in Damp (04. - 06.03.2015), einschließlich
der Organisation eines geeigneten Fortbildungsangebotes.
• Informationen über die Tätigkeit des Arbeitskreises Gesundheitsfachberufe (über die Medien / gegenüber Entscheidungsträgern
im Sanitätsdienst der Bundeswehr).
• Sammlung von Informationen und Anregungen seitens der Angehörigen der Gesundheitsfachberufe im Sanitätsdienst der Bundeswehr.
Dieses Positionspapier bildet immer nur den aktuellen Sachstand
ab und soll von allen im Arbeitskreis mitwirkenden Personen kontinuierlich weiterentwickelt werden.
Frank Lukoschus, Oberstabsbootsmann, Vorsitzender
Carsten zu Putlitz, Stabsfeldwebel, Stv. Vorsitzender
Julia Kinne, Hauptfeldwebel, Stv. Vorsitzende
Geburtstage Januar 2015
Wir gratulieren zum 80. Geburtstag und älter:
Dr. med. dent. Günter Böckmann
Oberfeldarzt d. R.
Schürmannskamp 7, 49080 Osnabrück
Dr. med. vet. Gerhard Schreiber
Veterinärrat
Oppernweg 2, 67307 Göllheim
Dr. med. Wolfgang Bachor
Oberstabsarzt d. R.
Gansackerweg 17, 71065 Sindelfingen
03.01.1932
06.01.1932
14.01.1918
Dr. med. Ewald Schupp
Flottenarzt a. D.
Am Buttermarkt 2, 56253 Treis-Karden
26.01.1926
Heinz Masing
Oberfeldapotheker d. R.
Am alten Markt 7, 66849 Landstuhl
29.01.1930
Dr. med. Erich Kalous
Oberstarzt a. D.
Am Ginsterbusch 53, 30459 Hannover
31.01.1922
Dr. med. dent. Günther Popp
Generalarzt a. D.
Heimgart 16/c/o Volker Nübel, 40883 Ratingen
31.01.1921
Dr. med. vet. Martin Fuchs
Oberstveterinär a. D.
Joh.-Sebastian-Bach-Str.16, 33604 Bielefeld
15.01.1923
Wir gratulieren zum 75. Geburtstag:
Dr. med. Bernhard Schöning
Panoramastr.13, 69257 Wiesenbach
17.01.1929
Prof. Dr. med. Jürgen Probst
Oberstarzt d. R.
Asamallee 10, 82418 Murnau
Dr. med. Hans Niehaus
Oberfeldarzt d. R.
Schloßstr. 9, 48455 Bad Bentheim
02.01.1940
19.01.1927
Dr. med. Jürgen Markhoff
Flottenarzt a. D.
Kopperpahler Allee 104, 24119 Kronshagen
Dr. rer. nat. Jörg Hoff
Generalapotheker a. D.
Riedegg 56, 4210 Gallneukirchen
23.01.1940
23.01.1935
Dr. med. Egon Jung
Medizinaldirektor a. D.
Latschenweg 4, 85521 Ottobrunn
25.01.1933
Wir gratulieren zum 70. Geburtstag:
Robert D. Toon
Colonel (ret.)
135 North Maysville Street
40353 1153 Mount Sterling, KY
14.01.1945
Wehrmedizinische Monatsschrift
Redaktion: Oberstarzt a. D. Dr. med. Peter Mees, Baumweg 14, 53819 Neunkirchen-Seelscheid, Telefon +49 2247 912057, E-Mail: [email protected]
Herausgeber: Bundesministerium der Verteidigung, Presse- und Informationsstab, Stauffenbergstraße 18, 10785 Berlin.
Beirat: Prof. Dr. med. H. Fassl, Lübeck; Prof. Dr. med. L.-E. Feinendegen, Jülich; Prof. Dr. med. Dr. phil. G. Jansen, Düsseldorf; Prof. Dr. med. Dr. med. h. c. H.-W. ­Kreysel, Bonn; Prof. Dr. med. Dr. med.
dent. E. Lehnhardt, Hannover; Prof. Dr. W. Mühlbauer, München; Prof. Dr. med. K.-M. Müller, Bochum; Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. E. Mutschler, Frankfurt; Prof. Dr. med. G. Paal, ­München; Oberstapotheker a. D. Dr. rer. nat. ­H. Paulus; Prof. Dr. med. dent. P. Raetzke, Frankfurt; Prof. Dr. rer. nat. H.-J. Roth, Tübingen; Prof. Dr. med. L. Schweiberer, München; Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Schwenzer,
Tübingen; Prof. Dr. med. H.-G. Sieberth, Aachen; Prof. Dr. med. H. E. Sonntag, H
­ eidelberg; Generalarzt a. D. Dr. med. J. Binnewies, Köln; Admiralarzt a. D. Dr. med. R. Pinnow, Glücksburg.
Verlag:
Beta Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Celsiusstraße 43, 53125 Bonn, Telefon 02 28/9 19 37-10, Telefax 02 28/9 19 37-23, E-Mail: [email protected]; Geschäftsleitung: Heike
Lange; Objektleitung: Peter C. Franz; Produktionsleitung: Thorsten Menzel. Satz und Litho: Susanne Hellinger, Langenfeld. Druck: Rautenberg Media & Print Verlag KG, Troisdorf. Die Zeitschrift und
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­ ystemen.
Autorenhinweise können unter www.wehrmed.de im Internet abgerufen werden.
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Abonnement verlängert sich jeweils um 1 Jahr, falls nicht 8 Wochen vor Ablauf des Bezugsjahres gekündigt wird. Für Mitglieder der D
­ eutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V.
ist der Bezug der Zeitschrift im ­Mitgliedsbeitrag enthalten. Sanitätsoffiziere der Bundeswehr, die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie sind, erhalten die
­„Wehrmedizinische Monatsschrift“ über ihre Dienststellen.
Wehrmedizinische Monatsschrift 58 (2014), 10-11/2014
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Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V., Bereichsgruppe NORD-WEST
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46. KONGRESS
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der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin
& Wehrpharmazie. e. V. (DGWMP)
Tagungspräsident:
Dr. med. Udo Schumann, Oberstarzt
Wissenschaftliche Leitung:
André Gutcke, Oberstarzt
Dr. med. Torsten Groß, Oberfeldarzt
Dr. med. Heinrich Weßling, Oberfeldarzt
Von der Forschung
über das Krankenbett
bis in den Einsatz
Anmeldung wissenschaftlicher Vorträge und Poster bis zum 30. Juni 2015 unter:
[email protected]
Tel.: 04488/508935
15. bis 17. Oktober 2015
Weser-Ems Halle, Oldenburg
Weitere Informationen zum Kongress unter: www.dgwmp.de
Manche nennen es Zukunft.
Wir nennen es Alltag.
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