Laborgemeinschaft 1
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Laborgemeinschaft Apolipoprotein B-100 Mutation R3500Q Institut für medizinische & molekulare Diagnostik AG. Zürich OMIM 107730 Info 1. Bedeutung Mutationen im Apolipoprotein B-100 Gen führen schon im frühen Erwachsenenalter - nach jahrelang stumm verlaufendem Krankheitsprozess - zu arteriosklerotischen Gefässschädigungen, die sich klinisch als koronare Herzkrankheit, zerebrale Durchblutungsstörungen oder peripher-arterielle Verschlusskrankheit manifestieren. Die Apo B-100 Mutation führt zu einer (primären) Hypercholesterinämie mit erhöhten Werten an LDL-Cholesterin, welches sich in den Gefässwänden akkumuliert und für die Plaquebildung in den Arterien verantwortlich ist. Der zugrunde liegende Defekt im Apolipoprotein B wird „Familiär defektes Apo B-100“ genannt und autosomal dominant vererbt. Gross angelegte Studien konnten aufzeigen, dass nach entsprechender Diät und medikamentöser Behandlung mit Lipidsenkern die Cholesterinwerte wirksam gesenkt werden können, was die Prognose entscheidend verbessert. Da klinische Manifestationen erst nach langfristig fortschreitender Gefässschädigung auftreten, ist die frühzeitige Diagnose dieser genetisch bedingten Lipidstörung umso wichtiger. Apolipoproteine vom Typ B liegen im Plasma in zwei Formen vor, nämlich als Apo B-48 und als Apo B-100. Apo B-48 kommt nur in Lipoproteinen vor, die im Darm gebildet werden und ist im Blut nur in sehr tiefen Konzentrationen nachweisbar. Apo B-100 ist ein grosses Protein mit einem Molekulargewicht von 500 kDa, bestehend aus 4560 Aminosäuren und ist in allen atherogenen Lipoproteinen wie VLDL, IDL, LDL, Lp(a) enthalten. Es wird in der Leber synthetisiert und ist sowohl für die Löslichkeit im Blut als auch für die Entfernung des Cholesterins aus dem Kreislauf zuständig. LDL-Cholesterin wird über die Interaktion zwischen dem Liganden Apo B-100 und dem membranständigen LDL-Rezeptor in die Leberzellen wie auch in periphere Gewebe (z. B. Steroidhormon produzierende Zellen) aufgenommen. Diese Ligand-Rezeptor-Bindung ist für die CholesterinHomöostase essentiell. Punktmutationen im Apo B-100 Gen führen zu einer Änderung der Tertiärstruktur in der Rezeptor-bindenden Domäne des Apo B-100. Daraus resultiert eine verminderte Affinität zum LDL-Rezeptor, was zu erhöhten Cholesterinwerten im Blut führt. Bei Homozygotie ist die Affinität bis auf 10-20% reduziert. Das Apo B-100 Gen ist auf dem kurzen Arm des Chromosoms 2 lokalisiert und besteht aus 28 Introns und 29 Exons. Mehr als die Hälfte des gesamten Apo B-100 Gens befindet sich im Exon 26. Die wichtigste Mutation ist R3500Q (oder Arg3500Gln), der Austausch des Nukleotids Guanin mit Adenin, was zur Substitution der Aminosäure Arginin durch Glutamin in Position 3500 des Genprodukts führt [1-5]. Die Prävalenz dieser Mutation beträgt in der europäischen bzw. kaukasischen Bevölkerung 1:700 bis 1:500. In der Schweiz wurde sogar die weltweit höchste Prävalenz von 1:210 (0.5% der Bevölkerung) festgestellt [6,7]. Zwei weitere, sehr seltene Punktmutationen, die ebenfalls zu verminderter Affinität zum LDL-Rezeptor führen, wurden in einzelnen Familien unterschiedlicher Ethnien entdeckt. Die erste besteht im Austausch der Aminosäure Arginin mit Cystein in Position 3531, die R3531C Mutation; die zweite in der Substitution von Arginin durch Tryptophan in Position 3500, die R3500W Mutation. Der Einfluss dieser beiden Mutationen auf die Rezeptoraffinität ist jedoch geringer als derjenige der R3500Q Mutation, und die klinischen Konsequenzen werden kontrovers diskutiert [8,9]. Das "familiär defekte Apo B-100" ist nicht zu verwechseln mit dem LDL-Rezeptordefekt im Rahmen der familiären Hypercholesterinämie, welche in der Schweiz mit einer Prävalenz von etwa 1:500 (0.2% der Bevölkerung) ebenfalls häufig vorkommt. Bei dieser Störung des Cholesterinstoffwechsels, bei der die Komplikationen bereits im Kindesalter manifest werden können, sind inzwischen über 1000 Mutationen bekannt. Leider hat sich bis heute noch keine Methode für die Routinediagnostik durchgesetzt. WebSite www.lg1.ch Konsilium All Content Copyright© LG1/IMD Okt. 2006/290900 1 2. Nachweismethoden Mit klassischen, klinisch-chemischen Analysemethoden nachgewiesene, stark erhöhte Cholesterinwerte (Gesamtcholesterin >8, LDL-Cholesterin >5 mmol/l, Gesamt-Chole-sterin/HDL-Cholesterin-Quotient >6,5) lassen eine genetisch bedingte Hypercholesterin-ämie nur vermuten. Nach Ausschluss der verschiedenen Einflussfaktoren (sekundäre Hypercholesterinämie) ist die molekulargenetische Abklärung indiziert. Nach Amplifizierung der DNA mit spezifischen Primern werden die Mutationen mittels Sequenzanalyse ermittelt. 3. Indikationen • Abklärung der Ursache einer primären Hypercholesterinämie • Abklärung einer prämaturen (vor dem 55. Lebensjahr) Atherosklerose • Familiär gehäuftes Vorkommen von Hyperlipoproteinämien • Definitive Diagnose des "familiär defekten Apolipoproteins B-100" • Abklärung von Blutsverwandten eines Index-Patienten 4. Untersuchungsmaterial 5 ml Blut im EDTA-Röhrchen 5. Literatur [[1] M. Vrablik, R. Ceska, A. Horinek. Major apolipoprotein B-100 mutation in lipoprotein metabolism and atherosclerosis. Physiol. Res. 2001, 50:337-343. [2] T.L. Innerarity, R.W. Mahley, K.H. Weisgraber, T.P. Bersot, R.M. Krauss, G.L. Vega, S.M. Grundy, W. Friedl, J. Davignon, B.J. McCarthy. Familial defective apolipoprotein B-100: a mutation of apolipoprotein B that causes hypercholesterolemia. J. Lipid. Res. 1990, 31:1337-1349. [3] H. Flaadt, A.R. Miserez. 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The apolipoprotein B R3531C mutation: characteristics of 24 subjects form 9 kindreds. J. Lipid. Res. 1999; 40:318-327. [9] J.P. Rabes, M. Varret, M. Devillers, P. Aegerter, L. Villéger, M. Krempf, C. Junien, C. Boileau. R3531C mutation in apolipoprotein B gene is not sufficient to cause hypercholesterolemia. Arterioscler. Thromb. Vasc. Biol. 2000; 20:e76-e82. WebSite www.lg1.ch Konsilium All Content Copyright© LG1/IMD Okt. 2006/290900 2