Kunstblut
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Kunstblut
Autorin: Hailey Lind Deutsch von: Dorothee Danzmann Lektorat: Oliver Hoffmann Korrektorat: Melanie Vajda Art Director: Oliver Graute Umschlaggestaltung: Oliver Graute © Hailey Lind 2007 © der deutschen Übersetzung Feder&Schwert 2011 1. Auflage 2011 ISBN 978-3-86762-081-9 Originaltitel: A brush with death Gedruckt in Deutschland Kunstblut ist ein Produkt von Feder&Schwert unter Lizenz der Penguin Group, Inc. 2009. Alle Rechte mit Ausnahme dessen an der deutschen Übersetzung liegen bei der Penguin Group, Inc. All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form. This edition published be arrangement with NAL Signet, a member of Penguin Group (USA) Inc. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck außer zu Rezensionszwecken nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Die in diesem Buch beschriebenen Charaktere und Ereignisse sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit zwischen den Charakteren und lebenden oder toten Personen ist rein zufällig. Die Erwähnung von oder Bezugnahme auf Firmen oder Produkte auf den folgenden Seiten stellt keine Verletzung des Copyrights dar. www.feder-und-schwert.com Für Jace, der Narren nicht ertragen kann, bei uns jedoch eine Ausnahme macht, und für all die Lehrer und Bibliothekare, die darauf beharren, unseren Kindern Bildung zu vermitteln. Danksagungen Wir schulden so vielen Menschen Dank! Den Frauen und Männern vom FBI, die eine Menge verdächtiger Fragen über Kunstraub, Kriminalität und Schusswaffen beantworteten; der Chapel of Chimes und hier besonders Allison Rodman, deren Charme und Wärme diesen bezaubernden, friedvollen Ort so sehr bereichern; Susan Baker und Bee Enos, Krankenschwestern, die kundig und bereitwillig mit uns alle möglichen Arten erörterten, wie man jemanden ums Leben bringen kann, und die uns unsere diesbezüglichen bohrenden Fragen nicht nachtrugen. Ganz besonders bedanken wir uns bei Shay, der ein paar von Petes komischen Wortverdrehungen beisteuerte, uns auf die Idee mit der Schlammlawine brachte und auch sonst unentbehrlich war. Bei Kendall bedanken wir uns herzlich für ihr Lachen und die jahrelange, wunderschöne Freundschaft, bei Camille Minichino, Margaret Dumas, Simon Wood, Ann Parker und all den anderen Schwestern (und Brüdern) „in crime“ bedanken wir uns ebenfalls. Vielen Dank auch an unsere erweiterte Familie, die uns in Seattle so herzlich aufgenommen hat, und an Sherri im Sixth Avenue Inn, weil sie so eine geduldige und schlichtweg umwerfende Kellnerin ist. Wir bedanken uns bei Chris Canelli, Scott Casper, Anita Fellman, Steve Lofgren, Sandra Pryor, Anna Cabrera, Mary Grae, Suzanne Chan, Pamela Groves, Jan Strout und überhaupt beim gesamten Mira Vista Social Club (einschließlich der Ehrenmitglieder) für aufrechte Freundschaft, bei Kristin Lindstrom, unserer einmaligen Agentin und bei Kerry Donovan – eine bessere Lektorin gibt es nicht. Dank an Bob und Jane Lawes, Susan Lawes, Sergio Klor de Alva und Malcolm Marvin für – na ja, für alles, und zu guter Letzt bedanken wir uns bei all den unabhängigen Buchhändlern, die ihre Regale mit dem Herzen bestücken und die Buchwelt am Leben erhalten, bewaffnet mit nichts als starrköpfigem Durchhaltevermögen, einer Leidenschaft für das gedruckte Wort und jeder Menge Humor. Kapite l1 Die größte Angst des Besitzenden ist wohl der Verlust. – Leonardo da Vinci (1452-1519), italienischer Maler und Erfinder Wer hungert, hat wahrscheinlich am meisten Angst vor einem Büffet. – George LeFleur (*1932), Kunstfälscher von Weltrang Neben dem Eingang bewegten sich schlaffe Luftballons in der Nachtluft, aber der kleine Junge mit dem süßen Gesichtchen, der den rechten Arm um seinen Cockerspaniel geschlungen hatte, beachtete sie nicht. Zu seinen Füßen lagen weiche, braune Teddybären, glänzende Spielzeuglaster und Holzbuchstaben, mit denen man das Alphabet lernen konnte, aber Louis Spencer bemerkte sie nicht. Er würde sie auch nie bemerken. Denn Louis Jonathan Spencer, Unser süßer Engel, war 1937 im Alter von sechs Jahren gestorben. „Nach all der Zeit bringt ihm die Familie noch Spielzeug!“, flüsterte ich. „Unfassbar.“ „Das Spielzeug stammt nicht von der Familie.“ Die junge Frau neben mir hatte die Eingangstür fertig ausgemessen, notierte sich die Maße auf einem Block und klappte den Zollstock zusammen. Mit konzentriert zusammengekniffenen Au5 gen knipste sie ihren Kuli zu, steckte ihn unter die Klammer ihres Klemmbretts und verstaute Brett und Zollstock in einer großen Leinentasche. Als Nächstes nahm sie eine Kamera, die bestimmt so groß war wie ihr Kopf und aussah, als sei ihre Bedienung nicht ganz einfach, hockte sich hin und schickte sich an, die zahlreichen Gaben zu fotografieren, die dem Andenken Louis Spencers geweiht worden waren. „Die Belegzeit der Gruft ist abgelaufen und nicht verlängert worden“, fuhr sie fort. „Deswegen verfällt sie auch zusehends.“ Die Kamera schleuderte scharfe, aufdringliche Blitze in die Dunkelheit, die der pyramidenförmigen Gruft aus Stein und Beton eine bizarre Ähnlichkeit mit dem Innern einer Diskothek verliehen. Immer wieder erhaschte ich Blicke ins Innere des Grabmals hinter dem schmiedeeisernen Tor: ein zerbrochenes Buntglasfenster in Form eines Kreuzes mit einer Rose darin bog sich unter dem eigenen Gewicht, und nur ein Stück billigen Maschendrahts, den man darüber gelegt hatte, verhinderte seinen endgültigen Absturz. Trotz des sichtlichen Verfalls und der leicht hilflosen Versuche, ihn wenigstens ein Stück weit aufzuhalten, konnte ich mir lebhaft vorstellen, wie es hier aussah, wenn Sonnenlicht durch das Fenster strömte und das Gruftinnere im weichen Glanz kostbarer, alter Juwelen erstrahlte. Hinter der Tür erstreckte sich auf dem Boden unter einer dünnen Schicht aus Blättern und Schlamm ein wunderschönes Bodenmosaik mit zahlreichen leeren Stellen, wo Dutzende der exquisiten blauen und metallicgoldenen Keramikfliesen bereits fehlten oder dem Zahn der Zeit anheimgefallen waren. Der Marmorgestalt des kleinen Louis Spencer, der seinen geliebten Hund umarmte, fehlten zwei Finger, und sie litt unter einem üblen Befall von grünlichweißer Flechte. Beim Anblick der alten Leinwand voller Wasserflecken, die schlaff unter der hohen Decke hing, juckte es mich in den Fingern: Wie gern hätte ich sie restauriert, den Engeln darauf zu neuem Leben verholfen. Die junge Frau neben mir nahm gerade ihre Kamera auseinander, um sie Stück für Stück in einer großen, schwarzen Leder6 tasche zu verstauen. „Ich bin Cindy Tanaka“, stellte sie sich vor. „Ich studiere an der Cal und promoviere über das Phänomen des öffentlichen Trauerns. Louis Spencers Gruft hat sich zu einem Ort entwickelt, an dem sich solche Trauer manifestiert. Alle möglichen Leute kommen und bringen Gaben für einen kleinen Jungen, der starb, als die meisten von ihnen noch nicht einmal auf der Welt waren – und was machen Sie um diese Uhrzeit hier?“ „Ich restauriere nebenan in der Chapel of the Chimes ein paar Gemälde“, sagte ich. „Ach ja?“ Ein Blick aus kühlen, dunklen Augen streifte mich musternd. Cindy war dünn wie ein Bleistift. Sie trug eine gebügelte, khakifarbene Leinenhose, eine blütenweiße Bluse und makellose gestreifte Stoffschuhe. Das glatte, dunkle Haar war nach hinten gekämmt und wurde von einem breiten rosa Stirnband aus dem Gesicht gehalten. Ich, nicht halb so elfengleich wie mein Gegenüber, steckte in meiner gewöhnlichen Arbeitskluft: farbenbekleckstes, dunkles Longsleeve, verwaschene Latzhose und Turnschuhe, in denen ich keine Socken trug. Das lockige, braune Haar hatte ich auf dem Kopf zu einem unordentlichen Knoten zusammengedreht, den ein dünner Pinsel am Verrutschen hinderte. Ich habe eine sehr mondäne Freundin, Samantha, die Schmuckdesignerin ist. Sie lobt diesen Einsatz eines Malerpinsels und sieht darin ein fortschrittliches Modestatement, aber das trifft es leider überhaupt nicht: Ich finde bloß einfach nie Haarnadeln, wenn ich mal welche brauche. „Annie Kincaid, freut mich, Sie kennenzulernen!“ Ich streckte Cindy die Hand hin und musste feststellen, dass meine Fingerspitzen Etliches von der roten Farbe abbekommen hatten, mit der ich gerade Engelsgewänder ausgemalt hatte, während auf meinem Daumen ein ordentlicher Klecks des gebrannten Umbra prangte, mit dem ich meiner Restaurationsarbeit zu altersgerechtem Aussehen verhalf. Ohne mit der Wimper zu zucken legte Cindy ihre festen, sauberen Finger in meine vielfarbige Pranke, und wir schüttelten uns die Hand. Danach standen wir Seite an Seite, richteten unsere 7 Taschenlampen in das Gruftinnere und entlockten dem pechschwarzen Raum immer mehr Einzelheiten seiner Ausstattung. „Was hat es mit diesem ägyptischen Kram auf sich?“, wollte ich wissen. „Mir ist hier auf dem Friedhof noch eine andere Pyramide untergekommen.“ „Ägypten kam in den Zwanzigern und Dreißigern groß in Mode, weil damals die meisten der Ausgrabungen bei den großen Pyramiden stattfanden. Ich habe schon versucht, ein paar Hieroglyphen da drin zu entziffern, aber ich glaube, die sind reine Deko.“ Cindy schüttelte gedankenvoll den Kopf. „Es ist schon seltsam: Diese Gruft scheint irgendetwas an sich zu haben. Dauernd bringen Leute Geschenke vorbei. Viele bleiben auch eine Weile sitzen, beten, meditieren oder führen Selbstgespräche. Manchmal darf ich sie fotografieren.“ „Steht die Gruft denn Besuchern offen?“, fragte ich mit einem Blick auf die Blumensträuße und kleinen Spielzeuge, die hinter dem Eisentor auf dem Boden verstreut lagen. „Nein, die Menschen werfen die Sachen durch die Gitterstäbe. Der Bayview-Friedhof sorgt dafür, dass diese Grabmäler verschlossen bleiben. Weiß der Himmel, was geschehen würde, wenn das nicht der Fall wäre. Apropos: Wie sind Sie eigentlich vorn reingekommen?“ „Ich arbeite nachts, ich habe einen Generalschlüssel.“ Noch einmal ließ ich den Strahl meine Taschenlampe durch das Innere der Grabstätte des kleinen Louis huschen. „Ich habe gerade Pause gemacht, als mir Ihr Licht hier oben auffiel. Da wurde ich neugierig und kam nachschauen. Aber was tun ...“ Ich quietschte, tat einen Satz zurück und ließ erschrocken die Taschenlampe fallen. „Was ist?“, wollte Cindy stirnrunzelnd wissen. „Tut mir leid, ich dachte, ich hätte gesehen, wie sich dahinten etwas bewegt.“ Mit rasendem Herzen bückte ich mich nach meiner Taschenlampe, die in den Schoß einer zusammengesunkenen, auf dem Boden hockenden Stoffpuppe gefallen war. Erneut rich- 8 tete ich ihren Strahl durch die Gitterstäbe, aber in der Gruft regte sich nichts. „Das habe ich mir wohl nur eingebildet.“ „Friedhöfe bei Nacht!“ Achselzuckend hockte Cindy sich hin, um den Reißverschluß ihrer Kameratasche zuzuziehen. „Da werden viele Leute nervös. War wahrscheinlich nur eine Ratte.“ „Ein wirklich beruhigender Gedanke!“, murmelte ich. „Machen Sie sich keine Sorgen: Die sitzt hier fest hinter Gittern.“ Cindy klang eine Spur gönnerhaft, als sie am Tor rüttelte, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. „Glauben Sie mir, hier kann man unmöglich ...“ Sie kam nicht dazu, ihren Satz zu beenden: Hinter der Bronzestatue, die neben dem eigentlichen Sarg stand, sprang etwas hervor. Ich erhaschte einen Blick auf ein verzerrtes, grünliches Gesicht, wich zurück, bis mein Rücken auf eine kalte Steinwand stieß und sah fassungslos zu, wie eine große Gestalt auf uns zugestürmt kam. Das Ungeheuer stemmte eine Schulter gegen das schmiedeeiserne Gitter, warf Cindy zu Boden und stob in großen Sätzen die gewundene Zufahrtsstraße hinunter. Ein großer, dunkler Umhang flatterte hinter ihm in der nächtlichen Brise. Fluchend wie ein Bierkutscher rappelte Cindy sich auf und setzte ihm nach. Wer hätte das gedacht: Das kleine Persönchen, das gerade mal ein Meter fünfzig sein mochte und höchstens fünfundvierzig Kilo wog, erwies sich als zähe Langstreckenläuferin. Anmutig wie eine Gazelle sprang sie über Grabsteine und umrundete gekonnt im Zickzack größere Monumente, bis sie den Geist eingeholt hatte, kletterte auf eine in den Hügel eingelassene Grabstelle und warf sich auf den Rücken des Flüchtenden. Die beiden landeten kopfüber in einem Abflussgraben, der sich seitlich an der Straße entlangzog. Ich war ihnen gefolgt, wenn auch deutlich gesetzter, legte nun aber ebenfalls einen Sprint hin und näherte mich langsam, aber sicher den dunklen Gestalten, die sich auf dem Boden wälzten, unterdrückte Schreie von sich gaben und wild um sich schlugen. Cindy schien sich ganz gut behaupten zu können, aber als ich nur noch gute fünf Meter vom Graben entfernt war, riss sich der Ghul 9 los und rannte, das Gesicht mit den Ärmeln des Umhangs verbergend, leicht humpelnd auf das Haupttor des Friedhofs zu. „Cindy? Alles klar?“ Ich stürzte herbei, um meiner neuen Bekannten auf die Beine zu helfen. „Schnell, laufen Sie ihm nach!“ „Sind Sie übergeschnappt?“ „Wir können ihn doch nicht entwischen lassen!“ „Ich glaube nicht ...“ „Verdammt!“, fluchte Cindy, während wir zusahen, wie der Ghul am Rande des Friedhofs in einem kleinen Wäldchen aus duftenden Eukalyptusbäumen verschwand. An Cindys eben noch so tadelloser Kleidung klebte jede Menge Dreck und Gras, ihr rosa Stirnband war heruntergefallen, zwei Finger der rechten Hand hielten die grüne Halloweenmaske eines langgezogenen, heulenden Gesichts. „Scheiße! Warum sind Sie ihm denn nicht nachgelaufen?“ „Weil er sich in einer Gruft versteckt hatte!“ „Haben Sie ihn sich wenigstens gut ansehen können?“, fragte sie mit missbilligend zusammengekniffenen Lippen. Ich schloss die Augen. „Groß. Mager. Grün.“ „Das weiß ich selbst“, zischte sie mich an und wedelte mit der Maske. „Ich glaube, sein Haar war weiß“, wusste ich noch beizusteuern, erinnerte ich mich doch an einen Blick auf dünnes Haar am Hals der entschwindenden Gestalt. „War das keine Perücke? Sind Sie sicher?“ „Gut möglich, dass es mir an Aufmerksamkeit mangelte“, musste ich zugeben. „Ich bin Künstlerin, üblicherweise bekomme ich anatomische Details mit, aber bei mitternächtlichen Begegnungen mit Friedhofsgespenstern versagen die Regeln der Normalität schon mal.“ Ich musterte meine neue Bekannte mit verhaltener Wachsamkeit: wer um alles in der Welt legt sich des Nachts auf einem Friedhof mit flüchtenden Gespenstern an? „Ich wüsste gern, was er im Schilde führte.“ Mit finsterer Miene wischte sich Cindy Dreck von der Bluse. 10 „Sie haben doch selbst gesagt, dass sich viele Leute zur Gruft des kleinen Louis hingezogen fühlen.“ Ich hatte das rosa Stirnband aus dem Graben gerettet und säuberte es von Blättern. „Ist das nicht sogar Thema Ihrer Dissertation?“ „Anständige Leute treiben sich tagsüber hier rum. Nachts haben wir es mit einem ganz anderen Menschenschlag zu tun: Junkies, Satanisten... so etwas in der Art.“ „Igitt“, dachte ich. „Allerdings tragen Junkies und Satansanbeter nicht gerade billige Halloweenmasken und schwarze Umhänge“, fuhr Cindy fort. Ich hatte derweil meine Taschenlampe den Boden absuchen lassen, wobei ich auf ein rechteckiges Objekt von der Größe eines Schuhkartons gestoßen war, das ein paar Meter von uns entfernt im Gras lag. „Was ist denn das?“ „Hab ich mir doch gedacht, dass der Typ was fallenließ!“ Cindy stürzte sich förmlich auf den Gegenstand. Es war eine Metallkiste, mattgrau, stellenweise verrostet und mit einem Schnappschloß versehen, in das ein Schlüsselloch eingelassen war. Das Kistchen kam schlicht und ohne Verzierungen daher, bis auf ein einfaches Kreuz mit einer Rose darin auf dem Deckel, eine kleinere Version der Darstellung im Buntglasfenster in der Gruft Louis Spencers. „Könnte das eine Urne sein?“ Ich hatte plötzlich die Vision eines Ascheregens, der sich über uns ergoß, um uns zu verzehren. Mir wurde ganz kalt, und ich musste mich höllisch zusammenreißen, um jetzt nicht einfach die Flucht zu ergreifen. „Eher nicht“, meinte Cindy. „So eine Urne ist mir jedenfalls noch nie untergekommen.“ Seite an Seite starrten wir die Schatulle einen Moment lang schweigend an. „Wir gehen zurück und durchsuchen die Gruft!“ Wild entschlossen strebte Cindy den Hügel empor, auf die letzte Ruhestätte des kleinen Spencer zu. Widerstrebend schloss ich mich ihr an. Ich saß seit mehreren Wochen an der Restauration zweier Wandgemälde im Kolumbari11 um der Chapel of the Chimes, das sich direkt neben dem BayviewFriedhof befand. Erst nachdem ich schon fest zugesagt hatte, hatte ich erfahren, dass ein Kolumbarium eigentlich dasselbe ist wie ein Mausoleum, nur dass dort keine Särge stehen, sondern Urnen mit den Überresten der im Krematorium verbrannten Verstorbenen. Die Chapel of the Chimes in Oakland war Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts von der berühmten Architektin Julia Morgan entworfen worden, eine meiner Meinung nach atemberaubend schöne Anlage mit romanischen und gotischen Bauelementen, kunstvollen Mosaiken, farbenprächtigen Wandgemälden und exquisiten Schnitzereien. Ehe sie den Job vergab, hatte die mit der Restaurierung beauftragte Kommission mir eine Vorbedingung gestellt: Ich musste nachts arbeiten, damit die Besucher des Kolumbariums möglichst wenig gestört wurden. Mir war diese Bedingung gerade recht gewesen, und ich hatte ihr gern zugestimmt, fand ich doch die Vorstellung, inmitten trauernder Familien meiner Arbeit nachgehen zu müssen, wenig angenehm. Wobei sich die Umstellung von Tag- auf Nachtarbeit letztlich als schwieriger erwies, als ich angenommen hatte: Immer wieder überkam mich bei der Arbeit tiefe Müdigkeit, und ich musste häufig Pausen einlegen, um frische Luft zu schöpfen. So hatte ich auch in dieser Nacht wieder den Pinsel ablegen und vor die Tür treten müssen. Wer hätte denn ahnen können, dass mir dabei Cindy über den Weg laufen würde, von einem maskierten Gespenst ganz zu schweigen? In diesem Augenblick wollte ich eigentlich nur noch eins: wieder an die Arbeit gehen. Pinsel und Farben waren zuverlässig, sie taten nichts Unvorhergesehenes, auf sie konnte man sich, anders als auf so viele andere Dinge in meinem Leben, immer verlassen. „Ich möchte Ihnen ungern den Spaß verderben, Cindy, aber ich muss wieder an die Arbeit“, sagte ich, während wir einen üppig mit Seerosen bewucherten und von einer Schmuckkante aus duftenden Hyazinthen eingefaßten Teich umrundeten. „Mir ist aber auch unwohl dabei, Sie hier allein zu lassen. Können Sie 12 die Gruft nicht morgen erforschen? Tagsüber, wenn der Friedhof geöffnet ist?“ „Was ist, wenn der Typ wiederkommt? Wer weiß, was er hier vorhatte, vielleicht will er es zu Ende bringen.“ „Das genau fürchte ich ja.“ „Sind Sie denn nicht neugierig? Wollen Sie nicht wissen, was der Kerl in Louis Spencers Gruft getrieben hat?“ Cindy war keinen Deut langsamer geworden. „Nicht, wenn er da mit den Toten kommunizierte!“ „Er hat nicht mit den Toten kommuniziert, er hat die Toten beraubt.“ „Na, da geht es mir doch gleich viel besser!“ Sie antwortete nicht. Immer noch Seite an Seite suchten wir uns einen Weg durch das Labyrinth aus Grabsteinen den grasbewachsenen Hügel hinauf. Einige der Gräber waren pompös und prunkvoll, von Engelsstatuen bewacht und mit riesigen Grabplatten geschmückt, auf denen komplizierte Familienstammbäume verzeichnet waren. Die Schlichtheit der anderen Gräber betonte dies nur noch, wie ich fand. Als ich angefangen hatte, in der Kapelle zu arbeiten, hatte ich auf dem Friedhof das Grab Julia Morgans aufgesucht, der Architektin des Kolumbariums. Julia Morgan war eine der bekanntesten Frauen ihrer Zeit gewesen, das erste weibliche Wesen, das die École des Beaux-Arts in Paris je aufgenommen hatte. Hunderte von Gebäuden in der Bay Area waren nach ihren Entwürfen gestaltet, sie hatte allein zwanzig Jahre mit der Arbeit am spektakulären Hearst Castle an der Küste Kaliforniens zugebracht. Jetzt schmückte ihr Name zusammen mit denen anderer Mitglieder ihrer Familie einen schlichten Granitblock. Ich hatte ihn abgezeichnet in der Hoffnung, ein wenig vom Talent und der Zähigkeit dieser Frau würde so auf mich abfärben. „Ich warte hier draußen“, teilte ich Cindy entschieden mit, als wir wieder vor Louis Spencers Pyramide standen. Ich fürchtete mich nicht vor Toten – so lange sie sicher in ihren Urnen und Gräbern verwahrt lagen –, aber das galt ganz bestimmt nicht für die Lebenden. Schon gar nicht für die, die sich grüne Masken 13 umhängten und sich auf Friedhöfen herumtrieben, um Gräber auszurauben. Cindy stand am offenen Tor des Grabmals, die dünnen Arme vor der Brust verschränkt, und musterte mich spöttisch mit hochgezogenen Brauen. Fehlte nur noch, dass sie: „Du traust dich nicht, du traust dich nicht!“ vor sich hin sang. Offenbar hatten wir gerade eine kleine Zeitreise gemacht und waren wieder in der Grundschule gelandet. Ich blieb standhaft, entschlossen, die Herausforderung nicht anzunehmen. „Sie sehen sich um, ich halte Wache“, sagte ich. „Ich gehe da nicht rein.“ „Ganz wie Sie wünschen!“ Das Tor regte sich quietschend in den Angeln, als sie es ganz aufstieß. In sicherem Abstand reckte ich den Kopf und verfolgte den Strahl von Cindys Taschenlampe, der das Innere der Pyramide absuchte. Der Mosaikboden wurde von zwei verstaubten Steinbänken aus Carrara-Marmor eingerahmt, jeweils flankiert von massiven Bronzeurnen, aus denen kahle Zweige ragten, letzte Überreste der längst verdorrten Blumengebinde, die hier einst Symbole des Lebens hatten darstellen sollen. An den Wänden prangten leuchtende Bilder, die ägyptische Begräbnisriten darstellten, wobei sich allerdings an vielen Stellen schon der Putz löste. Ganz hinten in der Gruft, auf dem eigentlichen Sarg aus taubengrauem Marmor, thronte die flechtenüberzogene Skulptur des Jungen mit seinem Hund, dahinter, in Wandnischen, hielten weinende Engel Wacht, dazwischen das verfallene Buntglasfenster. Von der Decke hing ein reichverzierter, sehr staubiger, bronzener Kandelaber. Kein Zweifel: Louis Spencer war geliebt worden. Cindy untersuchte die marmornen Sitzbänke, die Bronzeurnen, die weinenden Engel und den Sarg. „Keine Drogenutensilien, keine Kerzen, keine Tieropfer“, murmelte sie vor sich hin. „Tieropfer?“, wiederholte ich entsetzt. „Moment mal – aber hallo ...“ 14 „Was heißt hier hallo? Mit wem reden Sie?“, keuchte ich erschrocken. Hatte sie etwas entdeckt, was gerade noch gelebt hatte? „Hier liegt Werkzeug.“ Jetzt wurde ich doch neugierig. Schnell schlüpfte ich in die Gruft. Zwischen Sarg und hinterer Wand lagen eine glänzende, offenbar neue Brechstange, ein Hammer und ein Meißel, wobei eindeutige Spuren im Staub auf dem Boden und die zerrissenen Überreste diverser, einst perfekter Spinnweben andeuteten, dass jemand die Werkzeuge dort vor nicht allzu langer Zeit abgelegt hatte. Ich richtete den Strahl meiner Taschenlampe auf den Sarg: Die Marmorabdeckung lag schief. Frische Meißelspuren ließen darauf schließen, dass jemand sie abgenommen und wieder zurückgeschoben hatte. „Sieht aus, als stamme die Schatulle aus dem Grab“, sagte ich. „Sehen Sie sich die Abdeckung an.“ Cindy prüfte die Meißelspuren. „Sie haben recht. Wir sollten den Sarg öffnen.“ „Auf keinen Fall! Gräber öffnen? Da hört bei mir der Spaß auf. Außerdem will ich hier nicht mehr sein, wenn der Kerl wiederkommt, dann sitzen wir nämlich in der Falle. Haben Sie darauf etwa Lust?“ „Eher nicht“, musste Cindy eingestehen. „Sie haben wohl Recht. Aber hierlassen mag ich die Kiste auch nicht.“ Also schob sie sich das Metallkistchen unter den Arm, und wir sahen zu, dass wir aus der Gruft rauskamen. Ich hängte mir die lederne Kameratasche über die Schulter, Cindy schnappte sich ihre Leinentasche, und dann liefen wir – nichts wie weg! – den Hügel hinunter zum Haupttor. Um bei der Wahrheit zu bleiben: Die muntere Doktorandin lief, bei mir jedoch machten sich die Anstrengungen des Sprints bemerkbar, und ich stolperte eher hinter ihr her. Am Eingang angekommen schloss Cindy das kleine Tor für Fußgänger auf und hielt es offen, damit ich durchgehen konnte. 15 „Was meinen Sie? Was mag in der Kiste sein?“ Sie zog das Törchen hinter uns zu und sperrte wieder ab. „Keine Ahnung.“ Anschließend schloß Cindy den Kofferraum eines gelben VW-Cabrios auf, das am Straßenrand stand. „Sie ist verschlossen. Wenn wir wissen wollen, was drin ist, müssen wir sie aufbrechen.“ Einen Moment lang trafen sich unsere Blicke. „Das wäre nicht richtig“, meinte ich sittsam, abergläubisch genug, um einen Fluch aus dem Grabe zu fürchten, aber weise genug, um diese Furcht als moralische Bedenken zu tarnen. Cindy nickte. „Was auch drin sein mag, es gehörte höchstwahrscheinlich dem kleinen Louis. Eine alte G.I.-Joe-Figur oder so etwas in der Art.“ „G. I. Joes gibt es erst seit Ende des zweiten Weltkrieges“, sagte ich, hatte ich doch im vergangenen Jahr im Brock-Museum eine Ausstellung zur Geschichte des Spielzeugs besucht. „Ich würde eher auf eine Shirley-Temple-Puppe tippen.“ „Im Grab eines Jungen?“ „Zinnsoldaten?“ „Ein versteinerter Gummiball – ist doch auch egal.“ Cindy wickelte die Metallkiste in ein leuchtend oranges Badehandtuch mit dem grinsenden Konterfei des Katers Garfield darauf und verstaute sie im Kofferraum zwischen ihrer Kameratasche und einem Karteikasten aus Pappe. „Ich bringe sie morgen zur Friedhofsverwaltung. Die wird wahrscheinlich die Polizei benachrichtigen.“ Ich griff in die Brusttasche meiner Latzhose und zog eine der Visitenkarten heraus, auf die ich so stolz bin: True/Faux Studios Inhaberin: Annie Kincaid Faux Finish – Wandgemälde – Trompe l’oeil Kunst ist nie ein Fehler „True/Faux Studios?“, fragte Cindy, wobei sie den Namen auf Anhieb richtig aussprach, was den Wenigsten gelingt. 16 „Ich sagte ja, ich restauriere drüben im Kolumbarium ein paar Gemälde“, wiederholte ich. „Geister durch Friedhöfe hetzen ist nur so ein Nebenjob.“ „Ach ja?“ Dunkle Augen musterten mich freundlich. „Darf ich Ihnen mal eine Fachfrage stellen?“ Als Künstlerin, besonders, wenn man auch noch als Restauratorin arbeitete, ging es einem oft wie dem sprichwörtlichen Arzt auf der Cocktailparty: Wildfremde Leute dachten sich nichts dabei, einen um eine umgehende, kostenlose Beurteilung ihrer Kunstwerke zu bitten. Leider jedoch verfügten nur wenige Künstler auch über Kenntnisse in Kunstgeschichte und kannten sich mit solchen Beurteilungen aus. Unter dem Strich war die traurige Wahrheit folgende: Die meisten Künstler wussten gerade mal, wie man Pinsel aus rotem Zobelhaar pflegte (sorgfältig mit einem Benzinlösungsmittel reinigen, anschließend in einer milden Seifenlauge auswaschen, einen speziellen Conditioner für Pinsel auftragen und nie, unter keinen Umständen, an die kleinen Neffen verleihen, auch wenn die Stein und Bein schwören, sie würden diesmal ganz vorsichtig damit umgehen). Kompliziertere Fragen durfte man ihnen eigentlich gar nicht stellen. „Schießen Sie los“, sagte ich. „Was wissen Sie über ein Gemälde mit dem Namen La Fornarina?“ „Raffaels La Fornarina? Das ist eins seiner berühmtesten Bilder, ein Porträt seiner Geliebten – obwohl einige Leute glauben, es handele sich bei der Frau um eine der Geliebten seines Auftraggebers. Ein paar Experten schreiben das Bild auch gar nicht Raffael selbst zu, sondern seinem Schüler Giulio Romano.“ Ob ich La Fornarina kannte? Aber hallo! Allerdings verdankte ich meine Kenntnisse in diesem Fall nicht meiner akademischen Bildung, sondern ganz anderen Umständen. Man hatte meinen berühmt-berüchtigten Taugenichts von einem Großvater, Georges Francois LeFleur, 1966 verhaftet, weil er eine Fälschung des Meisterwerks angefertigt hatte. Georges weilte damals als einer der Angeli del Fango, der Schlammengel, in Florenz und sollte eigentlich 17 in selbstloser Hingabe die Kunstwerke der Stadt vor den Fluten des Flusses Arno retten, der mit aller Gewalt über die Ufer getreten war. Wie Georges im letzten Augenblick den Schergen des italienischen Kultusministeriums hatte entkommen können, war eine haarsträubende Geschichte, in der eine großherzige Hure, ein finster dreinblickender Komödiant und ein hochgetunter Ferrari eine Rolle spielten, und hatte meinem Großvater einen festen Sitz in der illustren Runde hochkarätiger, weltweit agierender Kunstfälscher gesichert. Noch dazu war sie, als ich noch klein war, meine liebste Gutenachtgeschichte gewesen. „Sehr interessant“, befand Cindy mit einem zierlichen Stirnrunzeln. „Aber eigentlich wollte ich etwas anderes wissen: Kann es sein, dass das Bild hier im Kolumbarium hängt? Das echte, meine ich. Angeblich hängt hier ja eine Kopie, das steht jedenfalls darunter, aber könnte das Bild auch echt sein?“ Ich lachte herzlich. „Ich meine das ernst“, begehrte Cindy auf. „La Fornarina gehört zu den nationalen Kunstschätzen Italiens“, antwortete ich. „Sie hängt im Barberini-Palast in Rom, wo sie strengstens bewacht wird. Ich habe die Kopie im Kolumbarium noch nicht gesehen, aber es kann sich keinesfalls um das Original handeln. Das ist völlig unmöglich.“ „Wie können Sie da so sicher sein? Immerhin machen die Leute am laufenden Band irgendwelche Fehler.“ „Das stimmt, aber ...“ „Was ist mit da Vincis Madonna mit der Spindel? Die hat jemand vor ein paar Jahren während einer öffentlichen Besichtigungstour von der Wand eines schottischen Schlosses abgenommen und gestohlen. Was ist mit diesen Vasen aus der Qing-Dynastie im Fitzwilliam-Museum in Cambridge, die jemand aus Versehen auf dem Fensterbrett stehenließ, wo sie dann von einem Besucher zerschmettert wurden, der stolperte, weil ihm der Schnürsenkel aufgegangen war?“ „Natürlich, Fehler kommen vor ...“ Ich ließ den Satz unvollendet. Es stimmte schon, bei den Sicherheitsvorkehrungen für 18 Kunstwerke kam es nicht selten zu schockierenden Versäumnissen, aber es war doch wohl völlig hirnrissig zu glauben, La Fornarina oder irgendein anderes wertvolles Meisterwerk könne hier im örtlichen Kolumbarium hängen. Seltsam eigentlich, dass Cindy überhaupt den Namen des Bildes kannte, dass sie wusste, wer La Fornarina war. Die Kenntnisse der meisten Menschen erstreckten sich gerade mal auf La Giaconda, die Mona Lisa, und auch die würden sie wohl nur dann für echt halten, wenn sie ihr im legitimen, schützenden Rahmen des Louvre begegneten. Überhaupt schienen Cindys Einblicke in die Kunstwelt über die des Durchschnittsbürgers hinauszugehen. Wie viele Laien gab es, die sich mit den Einzelheiten über die zerschmetterten Vasen aus der Qing-Dynastie auskannten? „Sind Sie denn Kunsthistorikerin, Cindy?“ „Nein. Aber jemand hat mir erzählt, das Bild könnte echt sein und mich gebeten, das nachzuprüfen. Ich habe ein wenig zum Thema recherchiert, weiß aber eigentlich gar nicht recht, worauf ich zu achten hätte.“ „Ich bezweifle ernsthaft ...“ „Man könnte es sich doch wenigstens mal ansehen, was schadet das denn schon?“ Ich zuckte die Achseln. Ja, was konnte es schaden? Cindy griff in den Kofferraum, holte ihr Klemmbrett aus der Leinentasche, blätterte die Zettel darauf durch und fand schließlich, wonach sie suchte: eine zusammengefaltete Karte mit dem komplizierten Grundrißplan des Kolumbariums. Sie faltete die Karte auf, stellte einen Fuß auf die Stoßstange ihres VWs, glättete die Karte auf ihrem Knie und deutete auf eine Stelle, die sie mit einem roten Stift markiert hatte. „Das Bild hängt im Alkoven der Allegorien. Man geht an der Halle der Cherubim vorbei, durch den Korridor der Heiligen und dann, gleich neben dem Alkoven der Ruhe, findet man den der Allegorien.“ In diesem Moment schrillte ihr Handy grell durch die stille Nacht. Sie zog es aus ihrer Gesäßtasche, und kurz darauf blickte ich überrascht auf: Cindy hatte gekichert. Ihr klares Gesicht 19 wirkte plötzlich gar nicht mehr so ernst, sondern strahlte helle Begeisterung aus. Sie wandte den Kopf ab. Ich hörte sie flüstern und noch einmal lachen, dann legte sie auf. „Ich bin spät dran, ich hätte mich eigentlich schon vor fünfzehn Minuten mit jemandem treffen sollen. Warum werfen Sie nicht einen Blick auf das Bild, und wir reden morgen weiter?“ „Gut, aber ich kann Ihnen garantieren, dass in der Chapel of Chimes kein Meisterwerk herumhängt, das mehrere Millionen Dollar wert ist. Die Leutchen können sich ja kaum den Lohn für meine Arbeit leisten, wie kämen sie da an eins der ganz großen Bilder von Raffael?“ Cindy klappte den Kofferraum zu. „Soll ich Sie zur Kapelle zurückbringen, ehe ich fahre?“ Ich hatte der Frau neben mir dreißig Pfund, ein paar Zentimeter und mehrere Jahre voraus, und doch bot sie mir ihren Schutz an. Ich beschloß, Cindy Tanaka zu mögen, trotz ihrer Neigung, hinter Friedhofsgespenstern herzujagen. „Danke, aber nicht nötig.“ „Dann rufe ich Sie morgen an.“ Sie kletterte in das Cabrio, ließ den Motor an und verschwand die Piedmont Avenue hinunter. Es wurde Zeit, an meine Arbeit im Haus der Toten zurückzukehren. Wenn Sie mehr lesen wollen, unterstützen Sie dieses Projekt unter: www.StartNext.de/kunstblut Mit einem kleinen Betrag sichern Sie sich stundenlanges Lesevergnügen 20