Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Transcription
Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
Fortbildungsveranstaltung der AKdÄ in Kooperation mit der Ärztekammer Hamburg und der KV Hamburg Hamburg, 16. Oktober 2013 Therapie des Diabetes mellitus Hans Wille Institut für Klinische Pharmakologie Klinikum Bremen‐Mitte gGmbH, Bremen www.pharmakologie‐bremen.de 1 H. Wille Fortbildungsveranstaltung der AKdÄ in Kooperation mit der Ärztekammer Hamburg und der KV Hamburg Hamburg, 16. Oktober 2013 Therapie des Diabetes mellitus … vom Typ 2 … medikamentöse Therapie … mit Fokus auf (neue) orale Antidiabetika Hans Wille Institut für Klinische Pharmakologie Klinikum Bremen‐Mitte gGmbH, Bremen www.pharmakologie‐bremen.de 2 H. Wille potenzielle Interessenskonflikte • Kooperationsverträge mit KV‐Bremen (institutionell) • Kooperationsverträge mit gesetzlichen Krankenkassen (institutionell) • Erstellung von Arzneimittelbewertungen für den AOK‐BV nach § 73 Abs. 8 SGB V (institutionell) • Beratungstätigkeit als externer Sachverständiger und Reviewer beim IQWiG für verschiedene Arzneimittel‐ Bewertungen (institutionell) • verschiedene Vorträge (AKdÄ, ÄK‐NS, ÄV‐Oldenburg, MDS Essen, HÄ‐Verband HB, ÄK‐Berlin, KVNO, ÄK‐Hamburg …) • Redaktionsmitglied beim „arznei‐telegramm“ • ordentliches Mitglied der AKdÄ 3 H. Wille Überblick • Verfahren der AM‐Nutzenbewertung, patientenrelevante Endpunkte in der Therapie des Dm2, Surrogat‐Endpunkte • HbA1c‐Werte: gibt es einen optimalen Zielbereich ? • Nutzenbelege für etablierte Substanzen • Stellenwert neuer oraler Antidiabetika – als Alternativen zu Metformin in der Monotherapie, wenn Metformin nicht möglich ist (Stufe 2 der NVL) – als Kombinationspartner, wenn Metformin allein unzureichend ist (Stufe 3 der NVL) • Leitlinienempfehlungen (NVL von 2013) • Fazit 4 H. Wille AM‐Nutzen nach AM‐Nutzen‐Verordnung § 2 Begriffsbestimmungen … (3) Der Nutzen eines Arzneimittels i.S. dieser Verordnung ist der patientenrelevante therapeutische Effekt insbesondere hinsichtlich der Verbesserung des Gesundheitszustands, der Verkürzung der Krankheitsdauer, der Verlängerung des Überlebens, der Verringerung von Nebenwirkungen oder einer Verbesserung der Lebensqualität. (4) Der Zusatznutzen eines Arzneimittels im Sinne dieser Verordnung ist ein Nutzen im Sinne des Absatzes 3, der quantitativ oder qualitativ höher ist als der Nutzen, den die zweckmäßige Vergleichstherapie aufweist. … 5 AM‐NutzenV vom 28.12.2010 H. Wille Verfahren der AM‐Nutzenbewertung • die Nutzenbewertung nach der AM‐NutzenV wird durch G‐BA durchgeführt – i.d.R. nach „Beratung“ durch das IQWiG (Dossier‐Bewertungen) • die Nutzenbewertung erfolgt gegenüber der vom G‐BA benannten zweckmäßigen Vergleichstherapie – nach internationalen Standards der EbM zu bestimmen – „anerkannter Kenntnisstand im Anwendungsgebiet“ – nicht zwingend Arzneimittel – wenn, aber nur zugelassene • Nutzen‐ & Schadensaspekte werden parallel bewertet d.h. ein Zusatznutzen kann durch ein Mehr an Nutzen und/ oder – aber auch allein durch ein Weniger an Schaden erbracht werden 6 H. Wille patientenrelevante Endpunkte beim Dm2 • makrovaskuläre Ereignisse • Infarkte, Insulte, periphere Gefäßverschlüsse … • mikrovaskuläre Spätschäden • relevante Nephropathie, Retinopathie, Neuropathie … • Symptome / Beschwerden durch Hyperglykämie • Koma, Polyurie, Polydypsie, Schwäche … • Lebensqualität • ... • unerwünschte Nebenwirkungen unter der Therapie • kardiovaskuläre Ereignisse • Pankreatitis, Pankreas‐Karzinome • symptomatische Hypoglykämie • relevante Gewichtszunahme •… 7 H. Wille Surrogatendpunkte beim Dm2 • Blutzuckerwerte – nüchtern – postprandial • • • • asymptomatische Hypoglykämie HbA1c‐Werte (wie?) geringe Gewichtszunahme … Bisher ist keiner dieser Surrogatendpunkte bzgl. der Prädiktion patientenrelevanter Therapieeffekte ausreichend validiert! – dies gilt auch für den HbA1c‐Wert … 8 H. Wille Überblick • Verfahren der AM‐Nutzenbewertung, patientenrelevante Endpunkte in der Therapie des Dm2, Surrogat‐Endpunkte • HbA1c‐Werte: gibt es einen optimalen Zielbereich ? • Nutzenbelege für etablierte Substanzen • Stellenwert neuer oraler Antidiabetika – als Alternativen zu Metformin in der Monotherapie, wenn Metformin nicht möglich ist (Stufe 2 der NVL) – als Kombinationspartner, wenn Metformin allein unzureichend ist (Stufe 3 der NVL) • Leitlinienempfehlungen (NVL von 2013) • Fazit 9 H. Wille HbA1c‐Ziel: nach ADA/EASD 6,5–7,5% 1. „More stringent HbA1c targets (e.g. 6.0–6.5%) might be considered in selected patients (with short disease duration, long life expectancy, no significant CVD) if this can be achieved without significant hypoglycaemia or other adverse effects of treatment. 2. Conversely, less stringent HbA1c goals — e. g. 7.5–8.0% or even slightly higher — are appropriate for patients with a history of severe hypoglycaemia, limited life expectancy, advanced complications, extensive comorbid conditions and those in whom the target is difficult to attain despite intensive selfmanagement education, repeated counselling and effective doses of multiple glucose‐lowering agents, including insulin“ 10 Diabetologia 2012; 55: 1577 H. Wille relevante Endpunkt‐Studien für den Dm2 Studie UKPDS 34 & 33 1998 ACCORD 2008 Pat./ Dauer 3.867 11a 10.251 3,5a 11.140 ADVANCE 5a 2008 VADT 2009 ORIGIN 2012 11 1.791 5,6a 12.537 6,2a Einschlusskriterien Alle: Typ‐2‐Diabetes neuer DM2, 25 – 65a; ø 53a, HbA1c ø 7,1% Therapiezielwerte & Antidiabetika Prüfgruppe Kontrollgruppe Erzielter HbA1c NBZ < 110 mg%, möglichst lange NBZ < 270 mg%, Symptomfreiheit 7,1% vs. 7,9% MF bzw. SH/Ins üblich Therapie mit CV‐Risiko, 40 – 79a, HbA1c < 6% HbA1c 7 – 7,9%, HbA1c ≥7,5%; ø: 62a, Antidiabetika‐ üblich Therapie HbA1c 8,1%, Dm 10a Kombinationen 6,4% vs. 7,5% mit CV‐Risiko, ≥ 55a; ø: 63J, HbA1c 7,2%, Dm 8a HbA1c nach lokaler Leitlinie, üblich Therapie 6,5% vs. 7,3% unkontroll. Dm2, ≥ 55a; HbA1c < 6% HbA1c 8 – 9%, HbA1c ≥7,5%; ø: 60a, Antidiabetika‐ üblich Therapie HbA1c 9,4%, Dm 12a Kombinationen 6,9% vs. 8,4% mit CV‐Risiko, ≥ 55a; ø: 64a, HbA1c 6,4%, Dm 5a HbA1c < 6,5% Gliclazid + and. Antidiabetika NBZ < 95mg% Glargin + orale Antidiabetika üblich Therapie, 6,2% vs. nach lokalen 6,5% Leitlinien H. Wille relevante Endpunkt-Studien für den Dm2 Studie Bezugszeit Erzielter HbA1c Tod makrovask. Ereignisse mikrovask. Ereignisse Hypoglykämie schwere / Jahr KG Δ in kg ±0 ±0 UKPDS 10,7a 7,4% vs. ‐7,1%* (Metformin) 8,0% ‐8,8%* UKPDS 11,1a 7,0% vs. (SH bzw. Ins) 7,9% ‐0,8% ‐2,3% ‐2,8%(*) +0,5%* bzw. +1,2%* +2 bzw. +4 ACCORD 3,5a 6,4% vs. 7,5% +1%* ‐0,3% I. ‐0,6% II. ‐1,3% +1,9%* +3,1 ADVANCE 5a 6,5% vs. 7,3% ‐0,7% ‐0,6% ‐1,5%* +0,3%* +0,7 VADT 5,6a 6,9% vs. 8,4% +0,9% ‐3% N: ‐2,5%(*) R: ‐5,8%(*) +1,5%* +4 ORIGIN 6,2a 6,2% vs. 6,5% ‐0,2% +0,5% ‐0,6% +0,7%* +2,1 12 ‐2,5% %‐Angaben: ARR über Bezugszeitraum; * = signifikant; (*) = grenzwertig signifikant H. Wille UKPDS‐Nachbeobachtung (weitere 10 Jahre) 1. im Arm mit SH (Glibenclamid) oder Insulin – (neu …) signifikante Minderung • der Herzinfarktrate • der Sterblichkeit • mikrovaskulärer Komplikationen RRR 15% 13% 24% ARR 3,2% 3,5% 3,2% 2. im Arm mit Metformin bei Übergewichtigen – (weiterhin …) signifikante Minderung RRR ARR • der Herzinfarktrate 33% 6,3% • der Sterblichkeit 27% 7,2% – weiterhin kein Einfluss auf mikrovaskuläre Komplikationen • in beiden Armen kein Einfluss auf Insulte oder pAVK Hinweise für verzögerten Nutzen („legacy effect“) einer mäßig intensiven BZ‐Einstellung mit Glibenclamid oder Insulin 13 NEJM 2008; 359: 1577 und 1565 H. Wille Fazit – HbA1c‐Ziel & makrovaskuläre Schäden der Nutzen einer normnahen BZ‐Einstellung … – HbA1c‐Zielbereich – NBZ‐Zielbereich ≤6,0‐6,5% ≤95‐110mg% vs. vs. weniger strikt weniger strikt … wurde in mehreren Metaanalysen* zusammen getragen: normnahe BZ‐Einstellung ¾vermindert nicht die Gesamt‐ oder kardiovaskuläre Mortalität ¾vermindert nicht das Gesamtrisiko makrovaskulärer Ereignisse ¾vermindert das Risiko nicht‐fataler Myokardinfarkte um 15% ¾(mehr als) verdoppelt das Risiko schwerer Hypoglykämie ¾führt bei speziellen Subgruppen zu mehr Schaden als Nutzen – ältere Patienten mit längerem oder schlecht eingestelltem Dm2 – Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen 14 * z.B.: H. Wille Fazit – HbA1c‐Ziel & mikrovaskuläre Schäden die Daten zum Nutzen einer normnahen BZ‐Einstellung bzgl. mikrovaskulärer Folgeschäden sind nicht schlüssig 1) geringer Nutzen nur erkennbar für einzelne Subkriterien – bspw. Rate an Albuminurie und Retinopathie – Relevanz? 2) Nutzen bzgl. patientenrelevanter Endpunkte nicht belegt Makro‐ Albuminurie Dialyse Neuropathie Progress Retinopathie relevanter Visusverlust n.s. 0,6% vs. 0,8% n.s. 7,9% vs. 11,2% 2,9% vs. 3,9% 4,4% vs. 6,1% 2,7% vs. 3,0% 3 von 4 Tests ADVANCE 2,9% vs. 4,1% 0,4% vs. 0,6% 42% vs. 42% 6,0% vs. 6,3% ø VADT UKPDS 33 ACCORD ORIGIN 15 19,1% vs. 20,7% 8,1% vs. 8,1% 4,1% vs. 6,6% 0,8% vs. 1,2% 44% vs. 44% 17,0% vs. 22,1% ø ø ø ø ø ø = signifikanter Unterschied = grenzwertig signifikant H. Wille Schaden durch Gewichtszunahme unter AM? • Gewichtszunahme in den relevanten (s.o.) Langzeitstudien zwischen 0 kg und 4 kg – – – – 3 – 4 kg bei Ziel‐HbA1c unter 6% 2 – 4 kg unter Insulin 1 – 2 kg unter Sulfonylharnstoffen 0 kg unter Metformin Gewichtszunahmen um 2‐4 kg unter Therapie sind für das Risiko an Folgekomplikationen des Dm2 nicht relevant! • indirekt bestätigt durch Ergebnisse der Look AHEAD‐Studie – intensive Life‐Style Intervention bei Dm2 über 9,6 Jahre 16 H. Wille Ergebnisse von Look AHEAD kardiovaskuläre Todesfälle, Infarkte, Insulte und/oder stationäre Aufnahmen wegen Angina pectoris Gewichtsdifferenz im Mittel über den Studienverlauf 4% = 4 kg 17 NEJM 2013; 369: 145 kardiovaskuläre Ereignisse identisch H. Wille NVL: Individualisierung der HbA1c‐Zielwerte • ein HbA1c‐Zielkorridor von 6,5 % – 7,5 % (48 – 58mmol/mol) zur Primärprävention von Folgekomplikationen • aber der individuell adäquate Zielkorridor hängt zudem von weiteren Aspekten ab – Patientenwille nach Aufklärung über Nutzen / Risiken – Alter und Komorbiditäten • je jünger & gesünder, desto „strenger“ – Abwägung von Nutzen & Risiken der eingesetzten Substanzen • Hypoglykämien, Gewichtszunahme – speziell • mit Metformin ca. 7 %; bei guter Verträglichkeit ev. darunter • mit SH (Glibenclamid) und Insulin maximale Senkung auf 7% 18 NVL Therapie Dm2, August 2013 H. Wille Überblick • Verfahren der AM‐Nutzenbewertung, patientenrelevante Endpunkte in der Therapie des Dm2, Surrogat‐Endpunkte • HbA1c‐Werte: gibt es einen optimalen Zielbereich ? • Nutzenbelege für etablierte Substanzen • Stellenwert neuer oraler Antidiabetika – als Alternativen zu Metformin in der Monotherapie, wenn Metformin nicht möglich ist (Stufe 2 der NVL) – als Kombinationspartner, wenn Metformin allein unzureichend ist (Stufe 3 der NVL) • Leitlinienempfehlungen (NVL von 2013) • Fazit 19 H. Wille Datenlage für Monotherapie beim Dm2 • valide (wenn auch sehr begrenzte) Nutzenbelege aus RCTs mit patientenrelevanten Endpunkten existieren bisher nur für – Metformin – Humaninsulin – Glibenclamid, Chlorpropamid* (und Gliclazid?) • die Datenlage für die verschiedenen SH ist unterschiedlich – – – – – – – 20 Glibenclamid Chlorpropamid* Gliclazid Tolbutamid* Glimepirid Gliquidon Glipizid* Nutzen belegt Nutzen belegt Nutzen möglich Schaden wahrscheinlich UKPDS UKPDS ADVANCE UGPD Nutzen / Schaden‐Relation unklar, keine Daten aus adäquaten Studien! * in D nicht im Handel H. Wille Datenlage Zweifachkombinationen beim Dm2 belastbare RCT‐Daten mit patientenrelevanten Endpunkten liegen bis heute (!) für diese häufige (!) Situation nicht vor … wir haben nur ... 1. gewisse Hinweise für einen Nutzen von Metformin + Insulin vs. Insulin (!) allein – – Reduktion makrovaskulärer Ereignisse (sekundärer Endpunkt) HOME‐Studie mit 390 Patienten über im Mittel 4,3 Jahre … 2. Hinweise für größeren Schaden unter der Kombination von Metformin + SH (Glibenclamid, Chlorpropamid) vs. SH (!) allein – – – – 21 Zunahme Diabetes‐bedingter Todesfälle + 96% (p=0,039) Zunahme aller Todesfälle + 60% (p=0,041) trotz besserer HbA1c‐Werte (7,7% vs. 8,3%) in Substudie der UKPDS 34 mit 537 Patienten … H. Wille 2. Kombination Insulin + Metformin vs. Insulin kein Ereignis (%) HOME-Studie Kombination makrovaskulärer Ereignisse HR 0,61 mit p=0,02; ARR 6,5% NNT = 16 Insulin in beiden Gruppen als Basistherapie 22 Kooy: Arch. Intern. Med. 2009; 169: 616 H. Wille Datenlage Zweifachkombinationen beim Dm2 belastbare Daten aus RCTs mit patientenrelevanten Endpunkten liegen bis heute (!) für diese häufige (!) Situation nicht vor … wir haben nur ... 1. gewisse Hinweise für einen Nutzen von Metformin + Insulin vs. Insulin (!) allein – – Reduktion makrovaskulärer Ereignisse (sekundärer Endpunkt) HOME‐Studie mit 390 Patienten über im Mittel 4,3 Jahre … 2. Hinweise für größeren Schaden unter der Kombination von Metformin + SH (Glibenclamid, Chlorpropamid) vs. SH (!) allein – – – – 23 Zunahme Diabetes‐bedingter Todesfälle + 96% (p=0,039) Zunahme aller Todesfälle + 60% (p=0,041) trotz besserer HbA1c‐Werte (7,7% vs. 8,3%) in Substudie der UKPDS 34 mit 537 Patienten … H. Wille Datenlage Zweifachkombinationen beim Dm2 belastbare Daten aus RCTs mit patientenrelevanten Endpunkten Beide Studien erlauben keine Antwort auf die wichtige liegen bis heute (!) für diese häufige (!) Situation nicht vor … Frage, welches Mittel bei unzureichender Wirkung von wir haben nur ... Metformin eingesetzt werden soll / kann !! 1. gewisse Hinweise für einen Nutzen von Metformin + Insulin vs. Insulin (!) allein Genau das wäre aber die für die Praxis relevante – – Reduktion makrovaskulärer Ereignisse (sekundärer Endpunkt) Fragestellung !! HOME‐Studie mit 390 Patienten über im Mittel 4,3 Jahre … Dennoch hat der G‐BA für die Zweifachkombination bei 2. Hinweise für größeren Schaden unter der Kombination von unzureichender Wirkung von Metformin als zweckmäßige Metformin + SH (Glibenclamid, Chlorpropamid) vs. SH (!) allein – Vergleichstherapie Metformin + Glibenclamid / Zunahme Diabetes‐bedingter Todesfälle + 96% (p=0,039) – Zunahme aller Todesfälle Glimepirid vorgegeben. + 60% (p=0,041) – trotz besserer HbA1c‐Werte (7,7% vs. 8,3%) –Das ist nach der Studienlage nicht nachvollziehbar !! in Substudie der UKPDS 34 mit 537 Patienten … 24 H. Wille Überblick • Verfahren der AM‐Nutzenbewertung, patientenrelevante Endpunkte in der Therapie des Dm2, Surrogat‐Endpunkte • HbA1c‐Werte: gibt es einen optimalen Zielbereich ? • Nutzenbelege für etablierte Substanzen • Stellenwert neuer oraler Antidiabetika – als Alternativen zu Metformin in der Monotherapie, wenn Metformin nicht möglich ist (Stufe 2 der NVL) – als Kombinationspartner, wenn Metformin allein unzureichend ist (Stufe 3 der NVL) • Leitlinienempfehlungen (NVL von 2013) • Fazit 25 H. Wille orale Antidiabetika – VO 2012 vs. 2011, Mio. DDD • Biguanide 605 +‐0% – Metformin • Sulfonylharnstoffe 362 ‐12% – Glibenclamid, Glimepirid, Gliclazid, Gliquidon • Glinide 27 +‐0% – Repaglinid, Nateglinid • Glitazone 5 ‐35% – (Pioglitazon) • DDP4‐Hemmer = Gliptine 231 +29% – Sitagliptin, Saxagliptin, Vildagliptin, (Linagliptin) • Gliflozine (SGLT‐2‐Hemmer) ø – – Dapagliflozin • Disaccharidase‐Hemmer 8 ‐15% – Acarbose, Miglitol 26 H. Wille Inkretin‐basierte Therapie bei Dm2 GLP‐1: Glugacon‐like‐peptide‐1 DPP‐IV: Dipeptidyl‐peptidase‐4 Exenatide Liraglutid Lixisenatid Sitagliptin Vildagliptin Saxagliptin (Linagliptin) 27 H. Wille Wirkmechanismus der Gliptine • sie hemmen glukoseabhängig die Dipeptidylpeptidase‐4 (DPP‐4) und so den Abbau von Inkretinen – Glucagon‐like‐Peptid 1 (GLP‐1) – Glucose‐dependent insulinotropic Peptid (GIP) Stimulation der Insulin‐Sekretion & Hemmung der Glukagon‐Sekretion ABER: • die Gliptine hemmen auch den Abbau von Chemokinen, Zytokinen und Neuropeptiden – als „natürliche“ Substrate der DPP‐4 • langfristige immunologische Folgen einer DPP‐4‐Hemmung sind bisher nicht ausreichend bekannt / abschätzbar – Hinweise für entsprechende Störwirkungen existieren (ff.) 28 H. Wille Inkretin‐basierte Therapie bei Dm2 1. Inkretinmimetika, auch GLP‐1‐Rezeptoragonisten, ‐Analoga – Exenatide (Byetta®) – Liraglutid (Victoza®) – Lixisenatide (Lyxumia®) 2 x tgl. 5 – 10 µg s.c. 1 x tgl. 0,6 – 1,2 mg s.c. 1 x tgl. 10 → 20 µg s.c. 2. Dipeptidylpeptidase 4 (DPP‐4)‐Hemmer = Gliptine – – – – Sitagliptin (Januvia®, Xelevia®) 1 x tgl. 100 mg p.o. Vildagliptin (Galvus®, Jalra®) 1 – 2 x tgl. 50 mg p.o. Saxagliptin (Onglyza®) 1 x tgl. 2,5 – 5 mg p.o. Linagliptin (Trajenta®) nicht im Handel zugel. 2007 2008 2009 2011 Therapieprinzip ist jeweils die Verstärkung des Inkretinsystems – GLP‐1‐Rezeptoragonisten: längere Wirkdauer als GLP‐1 – DPP‐4‐Hemmer: Blockade des Inkretin‐Abbaus Tagestherapiekosten (TTK) je etwa 2€ – 10fach vs. SH / Metformin 29 H. Wille zugelassene Indikationen für Gliptine • Monotherapie, falls Diät unzureichend wirksam und Metformin ungeeignet ist – Sitagliptin, Saxagliptin, Vildagliptin • Zweifachkombination mit Metformin oder SH (oder Glitazon) – Sitagliptin, Saxagliptin, Vildagliptin • Dreifachkombination* mit Metformin plus SH – Sitagliptin, Saxagliptin, Vildagliptin • Kombination mit Insulin (mit / ohne Metformin) – Sitagliptin, Saxagliptin, Vildagliptin * Sitagliptin und Saxagliptin auch in Kombination mit Metformin + Glitazon 30 August 2013, aktuelle Fachinformationen H. Wille zweckmäßige Vergleichstherapie lt. G‐BA* für die Nutzenbewertung nach AMNOG Gliptine als Monotherapie Vergleichstherapie Glibenclamid o. Glimepirid (Diät unzureichend, Metformin ungeeignet) in Zweifachkombinationen Metformin + Gliptin Metformin + Glibenclamid o. Glimepirid (falls Metformin ungeeignet) Glibenclamid o. Glimepirid + Gliptin Glibenclamid o. Glimepirid + Humaninsulin in Dreifachkombination Metformin + Glibenclamid o. Glimepirid + Gliptin in Kombination mit Insulin Insulin + Gliptin 31 Metformin + Humaninsulin, ggfs. nur Humaninsulin Humaninsulin +/‐ Metformin * nach Vorgabe des G‐BA für die Nutzenbewertung der Gliptine, 2012 H. Wille Nutzen der Gliptine: das Fazit vorweg … 1. weniger symptomatische Hypoglykämien als unter SH und Insulin – aber keine Reduktion schwerer* Hypoglykämien bei einer Leitlinien‐getreuen Therapie 2. keine Belege für „positiven“ Nutzen i.S. der Reduktion typischer Diabeteskomplikationen – vs. Placebo oder anderen Antidiabetika !! Als Beleg für einen Zusatznutzens gegenüber SH oder Insulin erscheint diese Datenlage unzureichend !! * per Definition Hypoglykämien, die medizinischer Fremdhilfe bedürfen 32 H. Wille Beispiel 1: Monotherapie: Gliptine vs. SH (oder Insulin) … bei Patienten mit Unverträglichkeit von / Kontras für Metformin !!! Patienten HbA1c Dauer (Wo) Δ % KG Δ kg Hypos (%) mikrovask. kardiovask. symptom./ Ereignisse Ereignisse schwer** % % QoL Sitagliptin Arjona 2013 Sitagliptin (25‐)50*mg / d; fix Glipizid 2,5‐20mg / d; Titration, falls NBZ > 120mg% und keine Hypos (423) 303* 54 Saxagliptin kein RCT 0,11 ‐ 1,8 2,7 vs. 8,4 2,0 vs. 1,9 Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø n.s. (Tod: 0 vs. 4) Ø Vildagliptin kein RCT 33 * relevant gemäß Zulassung; ** medizinische Hilfe notwendig; Ø = keine Daten H. Wille Beispiel 1: Monotherapie: Gliptine vs. SH (oder Insulin) … bei Patienten mit Unverträglichkeit von / Kontras für Metformin !!! Hypos (%) mikrovask. kardiovask. IQWiG‐Bewertung von Sitagliptin auf Basis der Studie: Patienten HbA1c KG Dauer (Wo) Δ% Δ kg symptom./ Ereignisse schwer** % Ereignisse % QoL • (zu Recht) kein Nachweis eines Zusatznutzen vs. Sitagliptin Glipizid (ohnehin in D nicht zugelassen …) Arjona Sitagliptin (25‐)50*mg / d; fix Glipizid 2,5‐20mg / d; Titration, falls NBZ > 120mg% und keine Hypos 2013• Gründe (423) 303* 2,7 vs. 8,4 n.s. 0,11 ‐ 1,8 Ø ¾Titration von Glipizid vs. Fix‐Dosis von Sitagliptin (Tod: 0 vs. 4) 54 2,0 vs. 1,9 Saxagliptin Ø ¾auffällige Differenz der NBZ‐Werte unter Sitagliptin vs. Ø kein RCT Glipizid (unter Glipizid im Mittel ca. 15mg% niedriger) Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø ¾Reduktion der symptomatischen Hypoglykämien Vildagliptin kein RCT 34 „nicht mehr als geringfügig“Ø= nicht relevant Ø Ø Ø Ø Ø Ø * relevant gemäß Zulassung; ** medizinische Hilfe notwendig; Ø = keine Daten Ø H. Wille zusätzlich zu Metformin: Saxagliptin bzw. Linagliptin vs. SH Beispiel 2: Patienten HbA1c KG Dauer (Wo) Δ % Δ kg Hypos (%) mikrovask. kardiovask. symptom./ Ereignisse Ereignisse schwer** % % QoL Saxagliptin Göke 2010 Saxagliptin 2 x 50mg / d; fix Glipizid 5‐20 / d; Titration NBZ > 110mg% und keine Hypos 858 52 0,06 ‐ 2,2 3 vs. 36,3 0 vs. 0,9° 1,9 vs. 2,1 n.s. Ø Ø Linagliptin Gallwitz 2012 Linagliptin 1 x 5mg / d; fix Glimepirid 1‐4mg / d; Titration NBZ > 100mg% und keine Hypos 1.551 52 0,2 ‐ 2,7 0,4 vs. 12,6 0,2 vs. 1,5 p=0,038 Ø 1,6 vs. 3,4* p=0,02 Ø * kombinierter sekundärer Endpunkt; sign. Reduktion der Insulte (0,4% vs. 1,4%); Häufung der Ereignisse unter Glimepirid in den ersten Wochen … 35 ** medizinische Hilfe notwendig; Ø = keine Daten; ° = n.s. H. Wille HbA1c‐Verlauf Linagliptin vs. Glimepirid Zunahme der kardiovaskulären Ereignisse unter Glimepirid sehr wahrscheinlich bedingt durch 1. normnahe BZ‐Einstellung als Ziel 2. forcierte Titration & HbA1c‐Senkung Δ HbA1c ≈0,4% 36 Gallwitz: Lancet 2012; 380: 475 H. Wille zerebrale Ereignisse und Hypoglykämien zerebrale Ereignisse zeitliche Korrelation Hypoglykämien 37 Dossierbewertung Linagliptin, IQWiG‐Bericht 144 vom 29.11.2012 H. Wille Beispiel 3: zusätzlich zu Metformin: Sitaliptin vs. SH Patienten HbA1c Dauer (Wo) Δ % Hypos (%) mikrovask. kardiovask. KG symptom./ Ereignisse Ereignisse Δ kg schwer** % % QoL Sitagliptin Arecha‐ Sitagliptin 100mg / d; fix valeta Glimepirid 1‐6mg / d; Titration bei HbA1c > 6,5% und keine Hypos 2011 Seck 2010 1.035 30 0,07 ‐2 0,6 vs. 6,4 0,2 vs. 0,6 n.s. Ø n.s. n.s. Sitagliptin 100mg / d; fix Glipizid 5‐20mg / d; Titration bei NBZ > 110mg% und keine Hypos 1.172 104 0,03 ‐2,3 0,9 vs. 8,2 0,2 vs. 1,5 p=0,01 Ø Tod* 0,2 vs. 1,4 p=0,02 Ø * Todesfälle nur bei Männern: 1 vs. 8; 3x kardial; 3x Tumor; 1x Suizid; 1x Sepsis; laut Autoren Glipizid nicht Ursache der Todesfälle 38 ** medizinische Hilfe notwendig; Ø = keine Daten H. Wille Beispiel 3: zusätzlich zu Metformin: Sitaliptin vs. SH Patienten HbA1c Dauer (Wo) Δ % Hypos (%) mikrovask. kardiovask. KG symptom./ Ereignisse Ereignisse Δ kg schwer** % % QoL IQWiG‐Bewertung von Sitagliptin auf Basis der Studien: Sitagliptin Arecha‐ Sitagliptin 100mg / d; fix 1. Anhalt für einen geringen Zusatznutzen vs. Glimepirid valeta Glimepirid 1‐6mg / d; Titration bei HbA1c > 6,5% und keine Hypos als Add‐On zu Metformin 0,6 vs. 6,4 1.035 2. Anhalt für einen erheblichen Zusatznutzen vs. Glipizid 0,2 vs. 0,6 0,07 ‐2 Ø n.s. n.s. 30 n.s. bei Männern, für nicht quantifizierbaren bei Frauen Seck Sitagliptin 100mg / d; fix als Add‐On zu Metformin 2011 2010 Glipizid 5‐20mg / d; Titration bei NBZ > 110mg% und keine Hypos 0,9 vs. 8,2 Tod* … aber nur bei normnaher BZ‐Einstellung als Therapieziel! 1.172 104 0,03 ‐2,3 0,2 vs. 1,5 p=0,01 Ø nachvollziehbar ??? 0,2 vs. 1,4 p=0,02 Ø * Todesfälle nur bei Männern: 1 vs. 8; 3x kardial; 3x Tumor; 1x Suizid; 1x Sepsis; laut Autoren Glipizid nicht Ursache der Todesfälle 39 ** medizinische Hilfe notwendig; Ø = keine Daten H. Wille HbA1c‐Abfall IQWiG‐Bewertung nicht nachvollziehbar 40 1. ist unklar, ob die unter Glipizid häufigeren schweren Hypoglykämien bedingt sind durch ‐ normnahe BZ‐Einstellung ‐ forcierte Titration ‐ die Substanz 2. die Studie war nicht auf Mortalität angelegt – und lt. Autoren Glipizid nicht für die 8 Todesfälle verantwortlich IQWiG‐Bericht 175 nach Seck: Int. J. Clin. Pract. 2010; 64: 562 H. Wille Probleme aller bisherigen Gliptin‐Studien • Vergleich von fixer Dosierung (Gliptine) mit Titration (SH) • forcierte Titration der Vergleichssubstanz (SH, Insulin) mit dem Ziel einer normnahen BZ‐Einstellung – die als generelles Therapieziel nach aktuellen Leitlinien‐ Empfehlungen nicht mehr zeitgemäß ist … • Dauer der Vergleichstudien viel zu gering – maximal 102 Wochen = 2 Jahr – notwendig sind Studien über 5 Jahre und mehr • keine Studien mit mikro‐ / makrovaskulären Ereignissen als primären Endpunkt 41 H. Wille erste „Sicherheitsstudien“ zu Gliptinen • FDA fordert seit 2008 FDA für alle neuen Antidiabetika Daten zur kardiovaskulären Sicherheit – nach den Erfahrungen mit Rosiglitazon (u.a. RECORD‐Studie) • Exzess‐Risiko für CV‐Ereignisse soll ausgeschlossen werden ! – ein Exzess‐Risiko bis 80% bzw. 30% (vor bzw. nach Zulassung) wird hierbei noch toleriert (im Rahmen der 5%‐Fehlergrenze) ! Wollen wir nicht wissen, ob das kardiovaskuläre Risiko bei Patienten mit Dm2 durch Antidiabetika gesenkt wird ?? Daten von 2 dieser Studien beim ESC‐Kongress 2013 berichtet: SAVOR für Saxagliptin & EXAMINE für Alogliptin 42 H. Wille SAVOR‐TIMI 53‐Studie als Add‐On zu Antidiabetika ! MACE 43 Am. Heart J. 2011; 162: 818 H. Wille Ergebnisse von SAVOR (nach median 2,1 Jahren) Ziel erreicht: keine Zunahme sog. CV‐Ereignisse unter Saxagliptin ... keine Reduktion der CV‐Ereignisse Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz Hypoglykämien (alle / schwer) Gesamtmortalität akute Pankreatitis 44 trotz HbA1c von 7,8% auf 7,5% + 0,7% p<0,007 + 1,9% (+ 0,4%) p=0,001/0,047 + 0,7% p=0,15 + 0,1% p=0,17 H. Wille Ergebnisse von SAVOR (nach median 2,1 Jahren) „Diese große kardiovaskuläre Endpunktstudie setzt einen neuen Standard für die Prüfung der Sicherheit von Diabetestherapien“ D. Bhatt, Boston, Co‐Leiter der SAVOR‐Studie (Ärztezeitung, 16. September 2013 Ziel erreicht: keine Zunahme sog. CV‐Ereignisse unter Saxagliptin ... keine Reduktion der CV‐Ereignisse ??? Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz Hypoglykämien (alle / schwer) Gesamtmortalität akute Pankreatitis 45 trotz HbA1c von 7,8% auf 7,5% + 0,7% p<0,007 + 1,9% (+ 0,4%) p=0,001/0,047 + 0,7% p=0,15 + 0,1% p=0,17 H. Wille Ergebnisse von EXAMINE (nach median 18 Monaten) unter Alogliptin: HbA1c: im Mittel 0,36% ↓ CV‐Ereignisse gleich Hypoglykämien gleich Pankreatitiden gleich 46 H. Wille Verträglichkeit Gliptine • Hypoglykämien (auch schwere Formen) selten • keine Gewichtszunahme (eher ‐abnahme ca. 1kg) ABER: z.B. nach Vigilanzdaten • Leberfunktionsstörungen – Vildagliptin ist deshalb von FDA bisher nicht zugelassen • auffällige Steigerung von Infektionen um 30‐50% – z.B. der Harnwege und oberen Luftwege • Überempfindlichkeitsreaktionen – Anaphylaxie, Angioödem, Stevens‐Johnson, Vaskulitiden • Varia – Myalgie, Depression, Nierenversagen, Ödeme, Lungenaffektion • Pankreas! 47 >>> Rev. Prescrire 2012; 32: 654 H. Wille die Gliptine & das Pankreas • bereits 2004 – 2009 bei FDA für Sitagliptin 88 Fälle von – teils nekrotisierenden – Pankreatitiden, 7faches Risiko – Aufforderung: Sicherheitsstudie bis 2011 durchzuführen – Anfang 2012 noch keine Daten: Androhung von Zwangsgeld durch FDA – derzeit (August 2013) offenbar im Review‐Prozess bei der FDA • Pankreatitiden unter Gliptinen gelten als Gruppeneffekt – Warnhinweise in allen Fachinformationen – vom Wirkmechanismus erklärbar – Häufigkeit unklar (Übelkeit / Erbrechen als „blande“ Form?) • nach FDA‐Daten auch Risiko für Pankreas‐Ca 3fach erhöht – Publikationsbehinderungen durch Hersteller – publizierten Daten mussten teils zurückgerufen werden 48 H. Wille Registerdaten aus den USA unter Sitagliptin Risikoerhöhung auf das 2 bis 3fache !! 49 JAMA Intern. Med. 2013; 173: 534 H. Wille vergleichende Autopsiebefunde vergleichende Obduktionsbefunde an Menschen … Proliferation, Hyperplasie und Dysplasien endokriner und exokriner Pankreasstrukturen ... 50 Diabetes 2013; 62: 2595 H. Wille derzeitige Bewertungen von EMA und FDA • EMA (26.7.2013) ¾Auslösung von Pankreatitiden möglich; wenn, ist das Risiko aber nur gering … ¾keine Beweise für Auslösung von Pankreas‐Tumoren ¾bisherige Warnhinweise in Fachinfos ausreichend • FDA ¾Bewertungsverfahren noch nicht abgeschlossen 51 H. Wille „GLP‐1‐therapy and Pancreas: … innocent bystander or friendly fire?“ … 52 z t e l w n e s s i w h tlic s e ir rz e d t !! h c i n t i e aus Butler: Diabetologia 2010; 53: 1‐6 H. Wille orale Antidiabetika – VO 2012 vs. 2011, Mio. DDD • Biguanide 605 +‐0% – Metformin • Sulfonylharnstoffe 362 ‐12% – Glibenclamid, Glimepirid, Gliclazid, Gliquidon • Glinide 27 +‐0% – Repaglinid, Nateglinid • Glitazone 5 ‐35% – (Pioglitazon) • DDP4‐Hemmer = Gliptine 231 +29% – Sitagliptin, Saxagliptin, Vildagliptin, (Linagliptin) • Gliflozine (SGLT‐2‐Hemmer) ø – – Dapagliflozin • Disaccharidase‐Hemmer 8 ‐15% – Acarbose, Miglitol 53 H. Wille SGLT‐2‐Hemmer – Gliflozine 54 aus: FDA‐Briefing Dapagliflozin, Juli 2011 H. Wille Gliflozine = Glukosurika • reversible, selektive und kompetitive Hemmstoffe des ATP‐abhängigen Natrium+‐GLucose‐Co‐Transporters‐2 im proximalen Nierentubulus • Hemmung der ATP‐abhängigen Rückresorption von Glukose aus dem Primärharn – abhängig von Nierenfunktion und BZ • vermehrte Glukose‐Ausscheidung – ca. 70g pro Tag entsprechend 280kcal bei Dapagliflozin – konsekutiv osmotische Diurese (≈ 375ml / Tag) – durch Kalorienverlust & Diurese Gewichtsabnahme (≈ 3kg) • Abnahme des BZ und des HbA1 – HbA1‐Senkung vs. Plazebo (als mono & add‐on) 0,5‐0,7% 55 H. Wille Zulassungsstatus Dapagliflozin 1. 2. 10mg/d für erwachsene Typ 2 Diabetiker zu TTK von 2,20€ 56 Fachinfo Forxiga® April 2013 H. Wille das Fazit zu Dapagliflozin vorweg … • kein Nachweis eines patientenrelevanten Nutzens • Nachweis (häufiger) spezifischer Störwirkungen • zudem Hinweise für bedrohliches Risikopotenzial Nutzen‐Schaden‐Bilanz nach derzeitigem Kenntnisstand negativ 57 H. Wille Monotherapie – Dapagliflozin vs. SH (andere AD) … bei Patienten mit Unverträglichkeit von / Kontras für Metformin !!! Patienten Hypos (%) mikrovask. kardiovask. HbA1c KG Dauer (Wo) Δ % Δ kg symptom./ Ereignisse Ereignisse schwer** % % QoL Sulfonylharnstoffe kein RCT Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Insulin kein RCT andere Antidiabetika kein RCT Ø Ø keine Studien für die Bewertung des Nutzens gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie! 58 H. Wille Add‐On‐Kombinationen mit Dapagliflozin Patienten HbA1c KG Dauer (Wo) Δ % Δ kg Hypos (%) mikrovask. kardiovask. symptom./ Ereignisse Ereignisse schwer** % % QoL Add‐On zu Metformin Nauk 2011 Dapagliflozin 1 x 10mg / d; fix Glipizid 5‐20 / d; Titration NBZ > 110mg% und keine Hypos 814 52 ±0 ‐ 4,8 Add‐On 1. zu Sulfonylharnstoff vs. kein RCT 59 3,5 vs. 40,8 0 vs. 0,7 n.s. Ø Ø Ø bzw. 2. zu Insulin 1. Metformin (als zweckmäßige Vergleichstherapie) 2. Insulin ± Metformin (als zweckmäßige Vergleichstherapie) Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø H. Wille Add‐On Metformin – Dapagliflozin vs. Glipizid 60 Nauck: Diabetes Care 2011; 34: 2015 H. Wille Sicherheit & Verträglichkeit Dapagliflozin • sehr selten Hypoglykämien („Plazebo‐Niveau“) • keine Gewichtszunahme (geringe Abnahme) • • • • unwirksam bei Kreatinin‐Clearance <60ml/min vermehrt Polyurie und Dysurie Anstieg Harnwegs‐ und v.a. Genitalinfektionen (um 5‐10%) Volumenmangel, Hypotonie und Nierenfunktionsstörungen – v. a. bei interkurrenten Infekten, Diuretika‐Therapie etc. • Hinweise auf Mineralisationsstörungen des Knochens – auch klinisch beobachtet bei Patienten mit Niereninsuffizienz – durch Anstieg von Phosphat und Parathormon • im klinischen Studienprogramm Hinweise auf Karzinogenität – Brust, Prostata, Blase … deshalb von der FDA bisher nicht zugelassen !! 61 H. Wille Überblick • Verfahren der AM‐Nutzenbewertung, patientenrelevante Endpunkte in der Therapie des Dm2, Surrogat‐Endpunkte • HbA1c‐Werte: gibt es einen optimalen Zielbereich ? • Nutzenbelege für etablierte Substanzen • Stellenwert neuer oraler Antidiabetika – als Alternativen zu Metformin in der Monotherapie, wenn Metformin nicht möglich ist (Stufe 2 der NVL) – als Kombinationspartner, wenn Metformin allein unzureichend ist (Stufe 3 der NVL) • Leitlinienempfehlungen (NVL von 2013) • Fazit 62 H. Wille Therapie‐Algorithmus der aktuellen NVL Dm2 Stufe 2 63 NVL Therapie Dm2, August 2013 H. Wille Position von DDG/DGIM Stufe 2 für die Wahl der Alternative bei Metformin‐Kontraindikation DDG/DGIM präferieren als Alternative DPP‐4‐Hemmer, Insulin oder ein Gliflozin (in dieser Reihenfolge) 64 NVL Therapie Dm2, August 2013 H. Wille Position von AKdÄ/DEGAM Stufe 2 für die Wahl der Alternative bei Metformin‐Kontraindiaktion AKdÄ‐Position bei Kontraindikation für Metformin: Glibenclamid (kein anderes SH) oder Humaninsulin 65 NVL Therapie Dm2, August 2013 H. Wille Therapie‐Algorithmus der aktuellen NVL Dm2 Stufe 3 Stufe 4 66 NVL Therapie Dm2, August 2013 H. Wille Stufe 3 Optionen, wenn Metformin nicht reicht ... jeweils als add‐on 67 NVL Therapie Dm2, August 2013 H. Wille Stufe 3 Optionen, wenn Metformin nicht reicht ausreichend valide Daten liegen nur für Option 3A (Insulin) vor ! 68 NVL Therapie Dm2, August 2013 H. Wille Überblick • Verfahren der AM‐Nutzenbewertung, patientenrelevante Endpunkte in der Therapie des Dm2, Surrogat‐Endpunkte • HbA1c‐Werte: gibt es einen optimalen Zielbereich ? • Nutzenbelege für etablierte Substanzen • Stellenwert neuer oraler Antidiabetika – als Alternativen zu Metformin in der Monotherapie, wenn Metformin nicht möglich ist (Stufe 2 der NVL) – als Kombinationspartner, wenn Metformin allein unzureichend ist (Stufe 3 der NVL) • Leitlinienempfehlungen (NVL von 2013) • Fazit als Anhang: Sicherheit von SH 69 H. Wille statt Fazit: Nutzenbewertung nach AMNOG Linagliptin IQWiG‐Bewertung SN der AKdÄ Beschluss G‐BA kein Beleg für Zusatznutzen kein Beleg für Zusatznutzen Zusatznutzen nicht belegt kein Beleg für Zusatznutzen in (Fix‐)Kombi mit Metformin Anhalt für geringen Zusatznutzen vs. SH Saxagliptin kein Beleg für Zusatznutzen Sitagliptin als add‐on zu Glimepirid Anhalt für geringen, zu Glipizid für erheblichen Zusatznutzen* kein Beleg für Zusatznutzen in Kombination mit Metformin Anhalt für geringen Zusatznutzen vs. SH Vildagliptin kein Beleg für Zusatznutzen kein Beleg für Zusatznutzen Zusatznutzen nicht belegt Dapagliflozin kein Beleg für Zusatznutzen kein Beleg für Zusatznutzen Zusatznutzen nicht belegt * nur bei einer normnahen BZ‐Einstellung als Therapieziel ! 70 H. Wille Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 71 H. Wille