Gibt es Geschlechterunterschiede bei Infektionen?

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Gibt es Geschlechterunterschiede bei Infektionen?
Nosokomiale Infektionen
101
Gibt es Geschlechterunterschiede
bei Infektionen?
Nicht nur beim Reden und beim Einparken unterscheiden sich Mann und Frau. Auch hinsichtlich des Infektionsrisikos und der Immunologie von Impfungen zeigen sich geschlechts- und genderspezifische Unterschiede – ein Auftrag für die Gesundheitspolitik.
Einleitung
Infektionen, Sex und Gender
Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten kennen keinen
Geschlechtsspezifische Hormone und anatomische
Unterschied hinsichtlich der Geschlechter. Dennoch
Gegebenheiten spielen bei der Häufigkeit von Infektio-
sind in der Literatur oft Anmerkungen wie „… befällt
nen bei Mann und Frau eine Rolle.
häufiger Männer als Frauen“ beziehungsweise „befällt
häufiger Frauen als Männer“ zu finden. Epidemiologi-
Schwangerschaft. Besonders hervorzuheben sind hier
sche Studien zeigen, dass Frauen bessere Überlebens-
Infektionen während der Schwangerschaft, da hier eine
raten bei schweren Infektionskrankheiten und Trau-
erhöhte Infektionsdisposition gegeben ist. Infektions-
mata haben als Männer [1 – 4]. Hier spielen, neben
krankheiten, wie z. B. die sonst eher harmlose Varizel-
dem Immunsystem, hormonellen Faktoren und
len-Infektion, sind während der Schwangerschaft mit
geschlechtsspezifischen anatomischen Gegebenheiten
erheblichen Komplikationen assoziiert. Auch Tuber-
auch „gender-spezifische“, also unterschiedliche
kulose zeigt sich in der Schwangerschaft als schwer
soziale Funktionen und Wahrnehmung von Männern
therapierbare Infektionskrankheit mit kompliziertem
und Frauen sowie wirtschaftliche Faktoren eine mit-
Verlauf [6]. In der Schwangerschaft kommt es abgese-
entscheidende Rolle.
hen von den veränderten anatomischen Verhältnissen
zu gravierenden hormonellen Veränderungen: Östradiol und Progesteron steigen im zweiten und dritten
Infektionen und Gender
Trimester dramatisch an. Gleichzeitig zeigen sich
Biologie (Sex)
immunologische Veränderungen mit einer stimulier-
█
Anatomie
ten T-Helfer-2- (Th-2) Antwort, welche die Immun-
█
Hormonhaushalt
antwort reguliert [5]. Diese Veränderungen im
█
Immunsystem
Immunsystem sind während der Schwangerschaft
notwendig, um die genetisch unterschiedliche Frucht
Gender
█
Sozialisierung
█
Rolle
█
Verhalten
tolerieren zu können [7].
Krankenhaushygiene up2date 8
ê 2013 ê DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0033-1344235 ê VNR 2760512013141213604
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Magda Diab-Elschahawi, Elisabeth Presterl
Gibt es Geschlechterunterschiede bei Infektionen?
Autoimmunerkrankungen. Ähnliches dürfte für die
Beobachtung gelten, dass Frauen häufiger an Autoimmunerkrankungen leiden als Männer [7]. Neben
genetischen und Umweltfaktoren dürften bei der
Gibt es einen geschlechtsspezifischen
Unterschied bei Infektionen?
Ja, immunologisch bedingt:
Manifestation von Autoimmunerkrankungen Sexualhormone eine wichtige Rolle spielen. Hier wird ein
Einfluss von Östrogenen auf die Immunantwort ver-
█
angeborenes Immunsystem (Innate Immunity)
█
erworbene Immunität
mutet: Östrogene stimulieren die Th-2-Antwort, welche allgemein T-Helfer-Lymphozyten zur Bildung von
Th-2-Zytokinen anregen, was letztlich die Antikörper-
z. B.: immunologische und hormonelle Unterschiede
bei parasitären Infektionen
bildung fördert [8]. Somit ließe sich in Analogie zur
Schwangerschaft die erhöhte Neigung zu Autoimmun-
Gender-Unterschiede bei Sepsis
erkrankungen beim weiblichen Geschlecht erklären.
Ursachen. Bei Männern geht eine Sepsis meist auf
Die unterschiedliche Hormonausstattung der
Infektionen der Atemwege zurück, während sie bei
Frau ist ein Faktor, der das Risiko für Autoimmun-
Frauen häufiger auf Infektionen im Urogenitaltrakt
erkrankungen erhöht.
zurückzuführen ist. Entsprechend findet man auch
bei der Erregerverteilung bei Sepsis Geschlechts-
Die meisten Daten über die Geschlechterverteilung von
unterschiede: Mikrobiologisch findet man bei Män-
Infektionskrankheiten sind demografischer Art. Viele
nern eher grampositive Infektionserreger und bei
epidemiologische Studien zeigen als Teilresultat z. B.
Frauen eher gramnegative Erreger als Ursache für
die unterschiedliche Betroffenheit von Männern und
eine Sepsis.
Frauen gegenüber Krankheiten, Komorbiditäten oder
Risikofaktoren mit den daraus resultierenden Konse-
Die Erregerverteilung bei der Sepsis ist bei Männern
quenzen. Die Unterschiede in Ursachen und Ätiologie
und Frauen unterschiedlich.
bleiben allerdings oft unberücksichtigt. Ebenso finden
Unterschiede in Diagnose und Behandlung noch kaum
Mortalität. Obwohl die Inzidenz der Sepsis bei Män-
Niederschlag in der verfügbaren Literatur. Der Zweig
nern wesentlich höher ist als bei Frauen – unter den
der sog. „Genderforschung“ ist zunehmend bemüht,
Sepsispatienten finden sich rund 25 % mehr Männer
ebensolche Daten zu liefern. Auswirkungen auf soziale
als Frauen [11] –wird die Gender-Rolle bei der sepsis-
und oder wirtschaftliche Aspekte bei Männern und
assoziierten Mortalität in der Literatur noch kontrovers
diskutiert [1, 3 – 5, 11, 12]. Mehrere Beobachtungs-
Frauen sind zu erwarten.
studien deuten darauf hin, dass Frauen bei schwerer
Geschlechtsabhängige Morphologie. Bei den Ursachen
Sepsis ein geringeres Sterblichkeitsrisiko haben als
für genderspezifische Infektionskrankheiten spielt
Männer bzw. eine verminderte Inzidenz septischer
ganz offensichtlich die unterschiedliche Morphologie
Komplikationen nach Trauma [1, 2]. Diese bessere
von Mann und Frau eine wesentliche Rolle. So zeigen
Prognose beim weiblichen Geschlecht könnte durch die
z. B. sowohl Harnwegsinfektionen wie auch Ge-
erhöhten Spiegel des antiinflammatorischen IL-10
schlechtskrankheiten einen deutlichen Unterschied
mitbedingt sein. Andererseits gibt es auch Studien,
in ihrer Manifestation bei beiden Geschlechtern. Der
die keinen Unterschied in der mit Sepsis assoziierten
unkomplizierte Harnwegsinfekt der Frau stellt eine
Mortalität zwischen Männern und Frauen fanden
eigene klinische Entität dar und das findet auch schon
[1, 3 – 5, 11, 12].
seit langem Niederschlag in den entsprechenden
Therapieempfehlungen [9]. So bedarf der unkompli-
Noch unklar ist die Datenlage hinsichtlich eines
zierte Harnwegsinfekt der Frau einer Behandlungs-
Zusammenhangs zwischen dem Geschlecht und
dauer von 1 – 3 Tagen, während ein Harnwegsinfekt bei
der Sepsis-Sterblichkeit.
Männern immer nach Abklärung einer Komplikation
verlangt und eine längere Behandlungsdauer vonnöten
Eine Studie von Eachempati und Kollegen fand im Rah-
ist [10].
men einer retrospektiven Auswertung prospektiv
gesammelter Daten von Patienten auf einer chirurgischen Intensivstation keinen signifikanten Unterschied
in der sepsisassoziierten Mortalität zwischen Männern
und Frauen [5]. In der Altersgruppe der 80- bis 89-Jäh-
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Nosokomiale Infektionen
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100
90
% Diagnose bei Männern
80
70
60
50
40
30
20
0
Median
EE
Chlamydien
Abb. 1
SK
LV
Gonorrhö
TR
CZ
FI
PT
Syphilis
IT
EL
SE
BE
UK
NL
DK
FR
NO
Land
Verteilung unterschiedlicher Geschlechtskrankheiten bei Männern in der EU in 2008 (Quelle: ECDC 2009 [15]).
rigen war in dieser Studie die Sterblichkeit der Frauen
pflichtigen Erkrankungen nieder. Dennoch sind die
allerdings signifikant höher. Wichmann und Kollegen
Auswirkungen für Frauen mit chronischem Kranksein
fanden zwar eine erhöhte Inzidenz der Sepsis bei
und Unfruchtbarkeit tiefgreifend.
männlichen Patienten auf einer chirurgischen Intensivstation, allerdings keinen Unterschied in der auf die
Geschlechtskrankheiten wirken sich bei Frauen
Sepsis bezogenen Letalität [3]. Zwei rezente Studien
meist gravierender aus als bei Männern.
von Pietropaoli und Kollegen und Nachtigall und Kollegen haben gezeigt, dass Frauen mit schwerer Sepsis
Darüber hinaus kann es bei Infektionen während der
ein höheres Risiko haben, im Spital zu versterben als
Schwangerschaft zur Schädigung des ungeborenen
Männer. Sowohl hormonelle Unterschiede als auch
Kindes kommen. Ein Beispiel hierfür ist die konnatale
Unterschiede in der Patientenbetreuung wurden als
Syphilis. Dank der heute in industrialisierten Ländern
mögliche Ursachen in Erwägung gezogen, konnten
üblichen Vorsorgeuntersuchungen kann der konnata-
aber in diesen beiden Studien nicht bestätigt werden
len Syphilis vorgebeugt werden. Dennoch tritt sie bei
[11, 12].
Kindern von Müttern, die keinen immer zur Verfügung
stehenden Zugang zum Gesundheitssystem haben,
weiterhin auf. Ebenso ist diese Erkrankung in armen
Geschlechtskrankheiten und Gender
Ländern, bei denen keine Vorsorgeuntersuchungen
durchgeführt werden können, nach wie vor ein Pro-
Gerade bei Geschlechtskrankheiten spielt neben der
blem. Genaue Zahlen darüber sind allerdings in der
immunologisch-anatomischen Komponente die
Literatur nicht vorhanden.
„Genderrolle“, d. h. die Sozialisierung der Geschlechter
im öffentlichen wie auch im privaten Bereich eine
Übertragungsrisiko. Wenn es um die Übertragungs-
bedeutende Rolle.
raten von Geschlechtskrankheiten geht, so verhält es
sich im Gegensatz zur Symptomatik genau anders
Symptomatik. Geschlechtskrankheiten kommen bei
herum. Die Wahrscheinlichkeit der Übertragung einer
Männern und Frauen vor. Die Symptomatik ist aller-
Geschlechtskrankheit vom Mann auf die Frau ist
dings bei beiden Geschlechtern deutlich unterschied-
wesentlich höher als umgekehrt. Die Wahrscheinlich-
lich. Sowohl bei Gonorrhö, Syphilis und Chlamydien-
keit, vom Sexualpartner mit Gonorrhö angesteckt zu
Infektionen haben Frauen wesentlich weniger deut-
werden, ist bei Frauen mit 60 – 90 % als sehr hoch zu
liche Beschwerden als Männer, was dazu führt, dass die
werten und liegt bei Männern im Gegensatz nur bei
Diagnose häufiger bei Männern gestellt wird. Dies wie-
20 – 30 % [13].
derum schlägt sich in den Statistiken dieser melde-
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DE
MT
SI
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10
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0
10
20
30
40
%
50
Bei der Übertragung von Geschlechtskrankheiten
60
70
80
90
100
N
spielen die sozialen Determinanten eine wichtige
Rolle.
Dänemark
25 766
Estland
2 480
Finnland
13 973
das Risiko auf sich. Frauen – auch in entwickelten Län-
Frankreich
4 620
zum Selbstschutz durchzusetzen. Das gilt besonders für
Lettland
711
junge Mädchen, wie Umfragen beweisen. In ihrer wirt-
Malta
68
Niederlande
7 801
Norwegen
22 677
schaften auch heute noch die Furcht der Frauen, ver-
Portugal
156
lassen zu werden, da geschiedene Frauen und deren
Slowenien
201
Schweden
47 100
Türkei
205
Großbritannien
121 986
Männer als initiativeres Geschlecht nehmen auch oft
dern –schaffen es oft nicht, die notwendigen Strategien
schaftlichen und gesellschaftlichen Stellung sind viele
Frauen nach wie vor von Männern abhängig. Männer
haben zum Großteil nach wie vor sozial wie auch ökonomisch gesehen Macht. Es besteht in vielen Gesell-
Kinder dort diskriminiert werden. Ebenso ist die wirtschaftliche Situation durch den Wegfall des Verdienstes
des Partners in solchen Beziehungen ein großes Problem. In vielen Ländern ist die Verweigerung von ehe-
w
weiblich
a
0
10
20
40
Angst vor Gewalttätigkeit groß. Dazu kommt, dass
Frauen öfter „Unsafe Sex“ ertragen, bevor ihre Kinder
Mangel leiden.
m
männlich
30
lichem Geschlechtsverkehr immer noch illegal und die
%
50
60
70
80
90
100
N
Jugendliche im Alter von 13 – 19 Jahren haben sich als
besonders vulnerable Gruppe in Bezug auf den Erwerb
Zypern
5
von Geschlechtskrankheiten erwiesen; hier spielt v. a.
Tschechien
1 149
das Risikoverhalten der Jugendlichen in dieser Alters-
Dänemark
360
Estland
174
Pubertät bei Mädchen mit einer höheren Wahrschein-
Finnland
194
lichkeit einhergeht, Risikoverhalten zu zeigen, oft ältere
Frankreich
889
männliche Partner zu wählen und dadurch auch ein
Griechenland
201
Italien
201
Lettland
669
Malta
53
Niederlande
1 827
Norwegen
238
Epidemiologie. Laut WHO traten im Jahre 1999 welt-
Portugal
74
weit 340 Millionen neue Geschlechtskrankheiten auf,
Slowakei
120
Slowenien
39
und Trichomonaden-Infektionen 174 Millionen [13].
Schweden
642
Die Verteilung dieser Geschlechtskrankheiten inner-
Türkei
518
Großbritannien
18 710
b
gruppe eine erhebliche Rolle [14]. Pedlow und Kollegen
zeigten in ihrem Review, dass ein früher Beginn der
höheres Risiko zu haben, eine Geschlechtskrankheit zu
akquirieren.
Jugendliche gehören bezüglich der Geschlechtskrankheiten zu einem besonders vulnerablen
Personenkreis.
davon entfallen auf Syphilis 12 Millionen, Gonorrhö
62 Millionen, Chlamydien-Infektionen 92 Millionen
halb Europas ist in Abb. 1 zu sehen [15]. Die Daten
stammen aus einer ECDC-Studie über HIV und Ge-
w
weiblich
scher Bericht zeigt die epidemiologische Besonderhei-
m
männlich
Abb. 2 a – c Unterschiedliche Verteilung von Chlamydien (a), Gonorrhö (b) und Syphilis (c)
zwischen Männern und Frauen pro EU-Land in 2007 (Quelle: ESSTI Annual Report 2008
[15, 16]). Fortsetzung (Abb. 2 c) siehe nächste Seite.
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schlechtskrankheiten in Europa. Ein weiterer europäi-
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ten der 3 häufigen Geschlechtskrankheiten Chlamydien, Gonorrhö und Syphilis in den Jahren 1998 – 2007
in Europa [16]. In diesem Bericht ist auch die unter-
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Nosokomiale Infektionen
0
zwischen Männern und Frauen deutlich zu sehen
(Abb. 2).
10
20
30
40
%
50
60
70
80
90
100
N
Zypern
10
Tschechien
822
Dänemark
90
Estland
76
Finnland
188
Berufliche Exposition. Eine weitere wichtige Rolle bei
Frankreich
570
der Geschlechtsverteilung von Infektionskrankheiten
Griechenland
3252
Italien
712
Lettland
301
Malta
12
Niederlande
559
Norwegen
61
Schistosoma-Larven dringen bei Kontakt mit kontami-
Portugal
112
niertem Wasser durch die Haut des Menschen ein und
Slowakei
233
wandern über Lymph- und Blutgefäße in die Leber, wo
Slowenien
28
Schweden
238
Türkei
940
Großbritannien
2680
Einflussfaktor Beruf und Gender
auf Infektionskrankheiten
spielt die unterschiedliche Exposition beider Geschlechter durch Beruf und soziale Rollenverteilung.
Das gilt v. a. für Krankheiten wie Zoonosen oder parasitäre Erkrankungen mit einem silvatischen Zyklus. So
sind Männer z. B. bei der Bilharziose –verursacht durch
Schistosoma mansoni – in Tansania wesentlich häufiger
betroffen als Frauen. Die von Schnecken freigesetzten
sie sich weiterentwickeln. Da Männer in Tansania als
Fischer in den ufernahen Gewässern in ihrer traditionellen Fischtechnik im Wasser stehend fischen, kommen sie mit diesen Infektionserregern in Kontakt und
erkranken.
w
weiblich
c
Durch ihr unterschiedliches Verhalten bzw. den
Beruf sind Männer und Frauen (v. a. in Entwicklungsländern) auch unterschiedlichen Infektionserregern ausgesetzt.
m
männlich
Fortsetzung Abb. 2 Primär- und Sekundärstadien: Italien, Großbritannien; Primär-, Sekundärstadien, frühe latente Stadien: Dänemark, Frankreich, Deutschland, Portugal, Slowenien; Primär-, Sekundärstadien, latente Stadien: Zypern, Malta, Niederlande, Norwegen,
Spanien, Schweden; alle Stadien: Tschechien, Estland, Finnland, Lettland, Slowakei, Türkei.
Wie sich eine vornehmlich „männliche“ Infektion
Endophthalmitis zeigte sich ebenfalls kein Unterschied
durch die Verbesserung bzw. Änderung der Gesell-
der Geschlechter [19].
schaft und der Erwerbstätigkeit verändern kann, zeigt
das Beispiel von fungalen Augeninfektionen durch die
Augenverletzungen begünstigen den Eintritt
Pilze Acremonium sp. und Fusarium sp. Diese Augen-
pathogener Pilzsporen in die Cornea.
infektionen werden üblicherweise begünstigt durch
Verletzung des Auges, z. B. durch kleine Splitter. In einer
Einfluss der Impfung. Eine sehr alte epidemiologische
epidemiologischen Studie aus Brasilien von Laspina
Studie aus dem Jahre 1994 aus Schweden von Erikson
und Kollegen über einen Zeitraum von 13 Jahren spiel-
und Kollegen ergab bei Frauen die zwischen 1780 und
ten Verletzungen eben bei 50 % der untersuchten Fälle
1785 geboren waren, deutliche Unterschiede im Hei-
eine Rolle, wobei diese Verletzungen sehr minimal sein
ratsalter sowie im Alter der Geburt ihres ersten Kindes.
können. In der Studie über Cornea-Infektionen waren
Die Fertilitätsrate war bei diesem Kollektiv ebenfalls
zwei Drittel der 660 eingeschlossenen Patienten Män-
deutlich unterschiedlich. Damals gab es bereits die
ner. Diese arbeiteten vorwiegend im Wald und in der
Möglichkeit der Pockenimpfung nach Jenner. Frauen,
Landwirtschaft und waren zwischen 30 und 59 Jahre
die geimpft waren, heirateten im Durchschnitt mit
alt [17]. Hingegen zeigte eine Studie aus Italien über
25 Jahren während Frauen, die eine Pockeninfektion
Pilzinfektionen im Auge keinen Unterschied in der
durchgemacht hatten, erst mit 31 Jahren heirateten
Infektionsprävalenz zwischen Männern und Frauen.
[20].
Die Risikofaktoren waren hier Ulzera und Manipulationen an den Augen [18]. Bei der posttraumatischen
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schiedliche Verteilung dieser 3 Geschlechtskrankheiten
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Abb. 3 MRSA-Verteilung bei beiden
Geschlechtern,
Deutschland 2012
(Quelle: RobertKoch-Institut: Infektionsepidemiologisches Jahrbuch
[32]).
Die Immunantwort zeigt aufgrund unterschied64,59 %
licher Hormontiter und X-chromosomaler Eigen-
35,41 %
schaften geschlechtsspezifische Unterschiede.
Anhand einiger Impfungen sollen nachfolgend die in
der Literatur beschriebenen geschlechtsspezifischen
Unterschiede nach Impfungen beschrieben werden
(s. auch Abb. 4).
Gelbfieber. Hierbei handelt es sich um eine durch Moskitos übertragene Infektionskrankheit, die in Südamerika, der Karibik und Afrika endemisch ist. Zur Prävention steht ein attenuierter Lebendimpfstoff (17 D viraler
Impfstamm) zur Verfügung.
Erregerspezifische Geschlechtspräferenz. Bakterien,
Die geschlechtsspezifischen Unterschiede nach Gelb-
Viren, Pilze und andere Infektionserreger kennen kei-
fieberimpfung mit dem 17D-Impfstoff spiegeln sich v. a.
nen Geschlechtsunterschied? Möglicherweise haben
in der erweiterten angeborenen Immunantwort und
manche Bakterien doch eine Präferenz für Geschlech-
den erhöhten Nebenwirkungen bei Frauen wider, aber
ter. In der Statistik über die Demografie von invasiven
nicht in der Gesamtwirksamkeit dieses Impfstoffes. In
Infektionen durch gegen Methicillin resistente Staphy-
einer Studie von Gaucher und Kollegen konnte eine
lococcus aureus (MRSA) zeigt sich eine deutlich höhere
unterschiedliche Genexpression bei Männern und
Infektionsrate bei Männern als bei Frauen (Abb. 3) [21].
Frauen unmittelbar nach erfolgter Impfung mit dem
17D-Gelbfieberimpfstoff nachgewiesen werden [23].
Hier war es die vermehrte Expression von mit dem Toll-
Impfungen und Immunantwort
like Rezeptor (TLR) assoziierten Genen (die die Interferonproduktion aktivieren), die eine angepasste
Impfungen, Immunantwort und Geschlecht
Immunantwort vorhersagen konnte. Am Tag 3, 7 oder
10 nach erfolgter Impfung wurden 660 Gene bei
Das menschliche Immunsystem ist nicht nur durch eine
Frauen, allerdings nur 67 Gene bei Männern unter-
Vielzahl von somatischen Genen kodiert, sondern auch
schiedlich exprimiert. Diese Studie zeigt, dass die über
beeinflusst durch die sog. Geschlechtschromosomen
den TLR gesteuerte Interferonproduktion nach der
X und Y sowie durch die Geschlechtshormone Testos-
Gelbfieberimpfung mit dem 17D-Impfstoff bei Frauen
teron, Östrogen und Progesteron. Der Einfluss der
größer ist als bei Männern [23].
Geschlechtschromosomen ist bereits in der unterschiedlichen Differenzierung von Organen, insbeson-
Die Auswertung der Ergebnisse des „US Vaccine Ad-
dere der Geschlechtsorgane, noch vor der Ausbildung
verse Event Reporting Systems (2000 – 2006)“ zu
der hormonproduzierenden Gonaden gegeben. Die
Nebenwirkungen nach Gelbfieberimpfung mit dem
Geschlechtshormone sowie die v. a. auf dem X-Chro-
17D-Impfstoff zeigt, dass 61 % der Nebenwirkungen
mosom lokalisierten Gene und die autosomalen Gene,
bei Frauen auftraten, wobei Frauen auch mehr lokale
die Bausteine des Immunsystems codieren, beeinflus-
Nebenwirkungen zeigten als Männer– ein Hinweis auf
sen das angeborene wie das erworbene Immunsystem;
die stärker ausgeprägte angeborene Immunantwort bei
sie beeinflussen also generell die Entzündungsreaktion
Frauen. Da es sich bei dem „US Vaccine Adverse Event
bei Infektionen, aber auch die Autoimmunität [22].
Reporting Systems (2000 – 2006)“ um ein passives
Daher zeigt die Immunantwort auf Impfungen sowohl
Meldesystem handelt, kann dieser Unterschied aller-
in der Kindheit als auch im Erwachsenenalter
dings auch daran liegen, dass Frauen eher geneigt sind,
geschlechtsspezifische Unterschiede. Die zugrunde lie-
Nebenwirkungen zu melden als Männer [22].
genden Mechanismen sind bisher allerdings noch nicht
ausreichend geklärt und dürften auch von dem jewei-
Frauen reagieren häufig immunologisch besser
ligen Impfstoff abhängen [22].
auf die Impfung, haben aber auch häufiger Nebenwirkungen.
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Influenza. Die Grippe ist eine schwere virale Infekständigen Antigen-Drifts muss die Influenza-Impfung
jährlich wiederholt werden. Herkömmlich werden
trivalente inaktivierte Influenza-Impfstoffe verwendet.
Influenza-Durchimpfungsraten bei Männern und
Frauen sind vergleichbar. Studien mit diesen gängigen
Impfstoffen zeigen sowohl bei über 18-Jährigen als
Norovirus-Gastroenteritis
0,58
Salmonellose
0,99
Kryptosporidiose
0,99
EHEC-Erkrankung
Rotavirus-Erkrankung
Shigellose
1,00
mehr
weibliche
Fälle
1,08
E.-coli-Enteritis
1,08
Campylobacter-Enteritis
1,16
inhibitorischen Hämagglutinationstitern, sowohl bei
Influenza
1,17
Frauen als auch bei Männern. Frauen produzierten in
Meningokokken, invasive Erkrankung
1,17
Hepatitis A
1,22
Impfstoffdosis dieselbe Antikörperantwort wie Männer
Giardiasis
1,23
auf die ganze Impfstoffdosis [24]. Gleichzeitig zeigte
Yersiniose
auch bei über 65-Jährigen durchwegs eine erhöhte
humorale Immunantwort, gemessen an erhöhten
dieser Studie von Engler RJ und Kollegen auf die halbe
sich bei Frauen eine höhere Anzahl an unerwünschten
Reaktionen.
Masern, Mumps und Röteln. Diese 3 Infektionskrank-
Tuberkulose
1,54
Hepatitis C
1,58
Hepatitis B
schätzt. Die Durchimpfungsraten bei Masern-MumpsRöteln (MMR) sind weltweit bei Mädchen und Jungen
Syphilis
gleich hoch. Nach Impfung mit dem attenuierten MMR-
3,00
3,87
9,84
0,1
Lebendimpfstoff lassen sich bei Mädchen über 15 Jah-
1,0
10,0
Abb. 4 Verhältnis von Inzidenzen (Inzidenzquotient) männlicher und weiblicher Fälle pro
100 000 Einwohner der 20 am häufigsten gemeldeten Krankheiten; Deutschland, 2010
(Quelle: Robert-Koch-Institut: Infektionsepidemiologisches Jahrbuch [32]).
Statistische Modelle geben Alter bei der Impfung
und weibliches Geschlecht als die 2 wichtigsten
Einflussfaktoren für Antikörper-Persistenz an [25].
männliches Geschlecht ein signifikanter Einflussfaktor
für eine fehlende Serokonversion nach Hepatitis-B-
Bei Kindern zwischen dem 5. – 10. Lebensjahr, die
Impfung darstellt. Auch bei den Hepatitis-Impfungen
üblicherweise eine Masernimpfung zwischen 6 und
werden häufiger unerwünschte Nebenwirkungen beim
59 Monaten erhalten haben, ist die Antikörperantwort
weiblichen Geschlecht beobachtet [22].
allerdings gleich [26]. Nebenwirkungen waren auch bei
diesem Impfstoff bei Mädchen höher als bei Jungen, mit
Frauen bilden nach Hepatitis-Impfung generell
der einzigen Ausnahme der Purpura Schönlein Hen-
höhere Antikörpertiter als Männer.
noch, die häufiger bei Jungen nach MMR-Impfung auftritt [27].
Hepatitis. Virale Hepatitiden werden durch viele verschiedene Viren verursacht. Gegen Hepatitis A und
Hepatitis B stehen Impfstoffe zur Verfügung. Frauen
bilden sowohl auf den inaktivierten Hepatitis-A-Impfstoff als auch auf den rekombinanten Hepatitis-BImpfstoff allein sowie auf den kombinierten Impfstoff
gegen Hepatitis A und B höhere Antikörpertiter als
Männer. Multivariate Analysen haben gezeigt, dass
100,0
Inzidenzquotienten männlich/weiblich (logarithmisch)
ren, die die MMR-Impfung im 2. – 15. Lebensmonat
nachweisen als bei gleichaltrigen Jungen.
2,50
Adenovirus-(Kerato-) Konjunktivitis
HIV-Infektion
erhalten haben, höhere IgG-Antikörper gegen MMR
2,23
Malaria
heiten werden allgemein als „normale“ Kinderkrankheiten betrachtet und in ihren Auswirkungen unter-
mehr
männliche
Fälle
1,07
Fazit für die Praxis
Zusammenfassend lässt sich aus den vorliegenden
Daten sagen, dass Frauen auf Impfungen besser
ansprechen als Männer. Das betrifft sowohl die zelluläre als auch die erworbene humorale Immunantwort. Unerwünschte Wirkungen bzw. Nebenwirkungen sind bei allen o. g. Impfungen bei Frauen stärker
ausgeprägt als bei Männern.
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tionskrankheit und kehrt jährlich wieder. Aufgrund des
Gibt es Geschlechterunterschiede bei Infektionen?
Impfungen und Gender
Gute Bildung und Ausbildung der Eltern sowie eine
geringe Kindersterblichkeit sind mit einer erhöhten
Abgesehen von den immunlogischen und biologischen
Bereitschaft zur Impfung assoziiert.
Faktoren gibt es bei Impfungen auch geschlechtsspezifische Unterschiede aufgrund der unterschiedlichen
Bildung der Mütter. Neben Ausbildung und Bildung
Sozialisation von Frauen und Männern.
allgemein sind die Erfahrungen der Frauen mit dem
Gesundheitssystem sowie der Zugang zu Information
Die WHO hat im Jahr 2010 im Rahmen ihres Pro-
und die Kommunikation entscheidende Faktoren. Es
gramms zur Frauengesundheit eine Literaturübersicht
gibt immer noch viele Kinder, die nicht einmal eine
zu Gender-Unterschieden und ihren Gründen bei Imp-
Impfdosis erhalten haben. Genderbedingte Barrieren in
fungen herausgegeben. Diese Übersichtsstudie wurde
Bezug auf Zugang zu Gesundheitseinrichtungen finden
vom Schweizer Zentrum für Internationale Gesundheit
sich v. a. dort, wo Frauen wenig Anerkennung erfahren.
und dem Schweizer Tropen- und Public Health-Institut
Generell werden Frauen für das Kind und dessen Ver-
durchgeführt und berücksichtigt v. a. Entwicklungs-
sorgung verantwortlich gemacht. Wenn Frauen dann
länder, die im Fokus der WHO stehen [28]. Mit wenigen
weniger Zugang zu Bildungssystemen und zu Kommu-
lokalen Ausnahmen, in denen sowohl männliche als
nikationsmedien, aber auch zu Gesundheitseinrich-
auch weibliche Kinder im Geschlechtsvergleich deut-
tungen haben, bleiben die Kinder, Impfungen betref-
lich weniger geimpft wurden als das gegengleiche
fend, entsprechend unterversorgt. Die verantwort-
Geschlecht, zeigte sich eine Impfrate von 1. Generell
lichen Mütter wissen meist zu wenig Bescheid. Oft ist
gesehen werden also männliche und weibliche Kinder
auch die Information, die von den Gesundheitsversor-
gleich oft oder gleich „zu wenig“ geimpft. Das gilt
gern ausgegeben wird, für die wenig gebildeten Frauen
sowohl für Teilimpfungen als auch für Vollimpfpro-
nicht verständlich. Man gibt den Müttern die Schuld
gramme. Wenn man die Indikatoren der verschiedenen
und sie akzeptieren diese Schuld.
Staaten gesamt betrachtet, wie z. B. wirtschaftliche
Stärke, Armutsrate, Gesundheit und Gesundheits-
Bildung der Väter. Andererseits ist auch die Erziehung
versorgung, Bildungsstand, Gleichberechtigung von
des Vaters von Bedeutung. Wenn nun Gesundheits-
Frauen und den humanen Entwicklungsindex
information nur Frauen zugänglich ist, erhalten Män-
beschreibt, so zeigt sich keine Assoziation mit der Rate
ner nicht die notwendige Information. Oft sind es aber
der Impfungen im Land. Allerdings korrelieren Armut,
Männer, die als Haushaltsvorstand bzw. als Versorger
mangelnde Bildung und hohe Kindersterblichkeit
der Familie auch die Entscheidungsmacht über Aus-
negativ mit der Impfrate (s. Abb. 4).
gaben und über Gesundheitsentscheidungen ihrer
Kinder haben. Wenn Männer also keine ausreichende
Information über Impfungen und Impfprogramme
haben, so können sie auch keine mündigen Entscheidungen treffen. Speziell in Flüchtlingsgruppen sind
Fazit für die Praxis
█
█
█
Bei Impfkampagnen müssen
es Armut, mangelnde Information sowie fehlender
Letztlich darf natürlich die wich-
Zugang zu Gesundheitssystemen, die eine Barriere
beide Geschlechter differenziert
tige Rolle der Politik sowie der
darstellen und die Impfrate weiter herabsetzen [28].
angesprochen werden.
Medien bei allen volksgesund-
Bezüglich der immunologischen
heitlichen Fragestellungen nicht
Informationspolitik. Die Analyse von Sterbedaten in
Unterschiede bei Impfungen
werden noch viele Studien not-
außer Acht gelassen werden.
Medienpräsenz, Präventionsbot-
den USA zwischen 1968 und 2006 ergab eine signifi-
wendig sein, um einen maßge-
schaften sowie das Verwalten
schneiderten Ansatz zu finden.
bzw. Verteilen von Ressourcen
In Entwicklungsländern ist
und die Vereinnahmungen von
Gesundheitsinformation für bei-
Impfkampagnen sind maßgeb-
de Geschlechter und die Gleich-
lich für Erfolge oder Misserfolge
berechtigung von Frauen und
von Impfkampagnen/-aktionen
Müttern im Hinblick auf eine
Steigerung der Impfraten wichtig.
verantwortlich (GARI).
█
Krankenhaushygiene up2date 8
kante Reduktion der Erwachsenensterblichkeit, besonders bei Frauen über 65 Jahren nach Einführung des
23-valenten Pneumokokken-Polysaccharidimpfstoffs
(PPV-23) im Jahr 1983 [29].
Generell ist die Sterblichkeit an Infektionskrankheiten
natürlich auch durch die Einführung von Antibiotika
und entsprechend verbesserter Gesundheitsversorgung gesunken.
ê 2013
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108
Nosokomiale Infektionen
109
Der unterschiedliche soziale Zugang beider
Akzeptanz von Präventionskampagnen
█
Politik – Meinungsträger – Präventionsbotschaften
Geschlechter zu Impfungen macht scheinbar
auch nicht vor dem reiferen Alter halt.
Medienpräsenz
individueller Informationsstand
Eine Studie, bei der eine Telefonumfrage bei Norwe-
█
Zugang zu Information
gern über 65 Jahre (N = 354) durchgeführt wurde, ergab
█
individuelles Bedrohungspotenzial
folgende Ergebnisse: Zusammenlebende Paare, die
█
█
geimpft wurden, zeigten eine Akzeptanz der Influen-
ner wie Frauen, hinsichtlich Motivations- oder Hemm-
zaimpfung von 86 %. Bei Menschen, die früher nie
faktoren einer HPV-Impfung befragt [30]. Obwohl es in
gegen Influenza geimpft wurden, lassen sich Frauen
Ungarn 1200 neue Fälle an Zervixkarzinomen pro Jahr
eher impfen als Männer, wenn der Ehemann ebenfalls
gibt, lassen sich nur 10 % der weiblichen Bevölkerung
geimpft wird. Und Männer, die sich bereits früher
impfen. Hier muss erwähnt werden, das der Wissens-
gegen Grippe impfen lassen hatten, waren eher gewillt
stand über die Verfügbarkeit eines HPV-Impfstoffes mit
sich weiter impfen zu lassen, wenn die Ehefrau auch
35 % gering war. 70 % haben noch nie von diesem Impf-
geimpft wird. Am schlechtesten war die Resonanz bei
stoff gehört, manche (25 %) glauben nicht an die Wirk-
Alleinlebenden ohne vorausgegangene Grippeimpfung
samkeit der Impfung und 80 % gaben an, sie würden
sowie gemeinsam lebenden Paaren, die noch nie gegen
mehr impfen, allerdings seien die Kosten zu hoch.
Grippe geimpft wurden (10 – 20 %) [32].
Frauen waren zwar wesentlich besser informiert als
Männer, allerdings waren es Männer, die sich die Impfung wesentlich häufiger leisten konnten.
Kernaussagen
Frauen und Männer sind unterschiedlich gut bzw.
Nicht nur die anatomischen Unterschiede von Frauen
schlecht über die Möglichkeiten zur Impfung auf-
und Männern tragen zu den unterschiedlichen Manifestationen und Häufigkeiten von Infektionskrank-
geklärt.
heiten bei beiden Geschlechtern bei, sondern auch
In einer amerikanischen Studie von Allen und Kollegen
weitere wichtige Faktoren wie Hormone, Immun-
wurden 64 Elternpaare unterschiedlicher ethnischer
system und ihre Gender-Rolle in der Gesellschaft.
Abstammung (weiße, schwarze und hispanische
Diese Unterschiede sind im Hinblick auf Präventiv-
Bevölkerungsschicht) befragt bezüglich ihrer Bereit-
maßnahmen zunehmend zu berücksichtigen.
schaft, ihre Töchter HPV impfen zu lassen. Es zeigte sich
das folgende interessante Ergebnis: Männer hatten
noch nie vom humanen Papilloma-Virus gehört und
Interessenkonflikt: Die Autorinnen geben an, dass kein
verwechselten es häufig mit Hepatitis. Bei der Verant-
Interessenkonflikt besteht.
wortlichkeit und der Entscheidung, ob geimpft werden
soll, übertrugen die Männer die Entscheidung häufig
an ihre Ehefrauen, wobei nur hispanische Frauen eine
gemeinsame Entscheidung einforderten. Generell
herrschte Besorgnis über die Sicherheit und die
Nebenwirkungen der Impfstoffe und ein Misstrauen
gegenüber den Gesundheitsversorgern und den pharmazeutischen Firmen [31].
Krankenhaushygiene up2date 8
ê 2013
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schon zu einem früheren Zeitpunkt gegen Grippe
In einer ungarischen Studie wurden Jugendliche, Män-
Gibt es Geschlechterunterschiede bei Infektionen?
Über die Autorinnen
Infectious Diseases Society of America and the European
Society for Microbiology and Infectious Diseases. Clin Infect
Magda Diab-Elschahawi
Dr. MSc. Nach wissenschaftlichen Auslandsaufenthalten
in den USA und England tätig an der Medizinischen Universität Wien als Fachärztin für Hygiene und Mikrobiologie. Das Thema Gender-Medizin ist ein Schwerpunkt der
Medizinischen Universität Wien.
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Tropenmedizin und Fachärztin für Hygiene und Mikrobiologie. Seit 2010 Leiterin des Klinischen Institutes für
Krankenhaushygiene der Medizinischen Universität Wien.
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Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Elisabeth Presterl MBA
Klinisches Institut für Krankenhaushygiene
Medizinische Universität Wien
Spitalgasse 23
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2011; 126: 259 – 269
Krankenhaushygiene up2date 8
ê 2013
Gibt es Geschlechterunterschiede bei Infektionen?
CME-Fragen
█
1
Welche Chromosomen kodieren
für das Immunsystem?
A Chromosom 8 und 15
B X und Y-Chromosomen
C X-Chromosom und somatische Chromosomen
D die Chromosomen 1, 4, 21
E
X-Chromosom und extrachromosomale DNA
█
2
Welche Aussage ist richtig?
Unkomplizierte Harnwegsinfektionen sind häufig …
A bei Männern und Frauen im geschlechtsreifen Alter.
B bei Männern über 60 Jahren.
C bei Frauen mit Diabetes und Niereninsuffizienz.
D bei jungen Frauen ohne morphologische Veränderungen.
E
bei Kindern.
█
3
Welche Aussage ist richtig?
Gender beschreibt …
A den Unterschied zwischen Mann und Frau.
B das soziale und wirtschaftliche Rollenbild von Mann und Frau.
C die Benachteiligung von Frauen in Entwicklungsländern.
D die auffälligen Unterschiede zwischen Mann und Frau.
E
die richtige Schreibweise für Geschlechtergleichheit.
█
4
Welche Aussage ist richtig?
Bei Geschlechtskrankheiten
sind Männer meistens …
A häufiger symptomatisch.
B weniger oft behandelt.
C die aktiven Überträger.
D übertherapiert.
E
die Leidtragenden von Langzeitfolgen.
█
5
Welche Aussage ist richtig?
In Studien reagieren Frauen
auf Impfungen …
A ablehnend.
B mit vielen Rückfragen.
C mit mehr Nebenwirkungen.
D mit einer deutlich höheren Produktion von Antikörpern.
E
mit längerer Immunität.
█
6
Welche der folgenden Antworten
ist falsch?
A Frauen leiden häufiger an Autoimmunerkrankungen als Männer.
B Männer haben stärker ausgeprägte Nebenwirkungen nach Impfungen als Frauen.
C Frauen haben bessere Überlebensraten als Männer bei schweren Infektionskrankheiten.
D Bei Impfkampagnen müssen beide Geschlechter differenziert angesprochen werden.
E
Ausbildungsgrad der Eltern und Bereitschaft zur Impfung korrelieren positiv.
CME
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112
Nosokomiale Infektionen
CME-Fragen
Gibt es Geschlechterunterschiede bei Infektionen?
█
7
Welcher Faktor spielt bei der
Geschlechtsverteilung von Infektionskrankheiten keine Rolle?
A berufliche Exposition
B Zoonosen
C soziale Rollenverteilung
D Alter
E
parasitäre Erkrankungen
█
8
A Frauen werden früh symptomatisch.
B Geschlechtskrankheiten sind eine Ursache für Unfruchtbarkeit bei Frauen.
C Geschlechtskrankheiten stellen in der Schwangerschaft kein Problem für das ungeborene Kind dar.
D Die Wahrscheinlichkeit der Übertragung ist höher von der Frau auf den Mann.
E
Soziale Determinanten spielen bei der Übertragung keine Rolle.
█
9
Welche Geschlechtskrankheit ist
laut WHO-Schätzung aus 1999 die
häufigste weltweit?
A Syphilis
B Gonorrhö
C Chlamydien
D Herpes simplex Typ II
E
Trichomonaden
█
10
Welcher Faktor begünstigt fungale
Augeninfektionen?
A Kurzsichtigkeit
B Weitsichtigkeit
C Normalsichtigkeit
D Verletzungen
E
Arbeitsplatz im Spital
CME
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Welche der folgenden Antworten
ist im Hinblick auf Geschlechtskrankheiten richtig?