Untersuchungen zur Blockade zellulärer antiviraler - E-LIB

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Untersuchungen zur Blockade zellulärer antiviraler - E-LIB
Untersuchungen zur Blockade zellulärer antiviraler Mechanismen
durch das Hepatitis A-Virus
unter besonderer Berücksichtigung
der Proteinkinase R und des Transkriptionsfaktors NF-NB
Dissertation
zur Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwissenschaften
im Fachbereich Biologie / Chemie
Universität Bremen
vorgelegt von
Iris Berk
November 2003
1. Gutachter: Frau Professor Dr. A. Vallbracht
2. Gutachter: Herr Professor Dr. H. Schmitz
Teile dieser Arbeit sind veröffentlicht in:
Brack, K.; Berk, I.; Magulski, T.; Lederer, J.; Dotzauer, A.; Vallbracht, A.
Hepatitis A virus inhibits cellular antiviral defense mechanisms
induced by double-stranded RNA
Journal of Virology, 76 (23), 11920-11930 (2002)
Für meine Eltern
Danksagung
Mein besonderer Dank gilt Frau Prof. A. Vallbracht für die ausgezeichnete Betreuung meiner Arbeit und die
jederzeit gewährte Unterstützung - nicht nur im experimentellen Bereich. Danken möchte ich auch für die
zahlreichen Gespräche über Wissenschaft, Kultur und Lebensphilosophie, die eine große Bereicherung waren
und von denen ich viel gelernt habe.
Herrn Prof. H. Schmitz möchte ich für seine Bereitschaft das Zweitgutachten zu erstellen herzlich danken.
Danken möchte ich auch Herrn Dr. rer. nat. habil. A. Dotzauer für seine Unterstützung gerade auch in der
Endphase dieser Arbeit, seine ständige Gesprächsbereitschaft sowie die interessanten Diskussionen.
Der Tönjes Vagt Stiftung danke ich für die Bereitstellung der Mittel zur Durchführung dieser Arbeit.
Meinen Kolleginnen und Kollegen möchte ich für die gute Zusammenarbeit danken.
Ein großer Dank gilt meiner Mitstreiterin I. Nickeleit, die mit mir während des praktischen Teils dieser Arbeit
alle Höhen und Tiefen gemeinsam durchschritten hat.
Herrn V. Fensterl möchte ich für seine unermüdliche Unterstützung und ständige Diskussionsbereitschaft ganz
besonders herzlich danken.
Den beiden guten Geistern des Hauses Frau W. Matthies und Frau R. Mester (M1 + M2), möchte ich für die
nette Atmosphäre danken. Zur Aufrechterhaltung der Arbeitskraft wurden der morgendliche Frühstückskaffee
sowie die „kleinen Häppchen“ zwischendurch dringend benötigt.
Danken möchte ich auch meiner Freundin Dr. Anja Sierwald, die mich während dieser Zeit stets unterstützt,
ertragen und wenn nötig wieder aufgebaut hat.
Mein Dank gilt auch Marion Neumann und Sandra Schwarz, die in arbeitsintensiven Phasen bei der Versorgung
meiner Vierbeiner stets unterstützend zur Stelle waren.
Bedanken möchte ich mich auch bei meinem Bruder Erik Berk für die jederzeit geleistete mentale
Unterstützung.
Mein größter Dank gilt meinen Eltern, die mir meine Ausbildung ermöglicht haben und mich während des
gesamten Weges unterstützt, aufgemuntert und ermutigt haben. Meinem Vater gilt ein besonderes Dankeschön
dafür, dass er zu jeder Zeit die Betreuung meiner geliebten Pferde übernommen hat, die es geschafft haben, in
meiner Freizeit die Gedanken an die Arbeit zu zerstreuen und mir viele schöne Momente geschenkt haben.
Nicht zuletzt danke ich meinem Lebensgefährten Thomas Neumann. Es erfordert ein hohes Maß an Geduld und
Toleranz, über einen längeren Zeitraum die Reduzierung der gemeinsamen Freizeit mit Verständnis und Humor
zu akzeptieren.
INHALTSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
1
1.1. Hepatitis A-Virus
1.1.1.
Klassifizierung
1
1.1.2.
Epidemiologische und klinische Aspekte
2
1.2. Interferonsystem
7
1.2.1.
Regulation der Interferon-E-Gentranskription
9
1.2.2.
Interferon-Wirkung: Jak-Stat-Weg
13
1.2.3.
Interferon-induzierte Proteine
14
1.3. Zielsetzung
18
2 MATERIAL UND METHODEN
2.1
1
19
Material
19
2.1.1
Virusstämme
19
2.1.1.1
Hepatitis A-Virus
19
2.1.1.2
Vesicular-Stomatitis-Virus
19
2.1.2
Zellinien
19
2.1.3
Plasmide
19
2.1.4
Zellkulturmedien
20
2.1.5
Antibiotika und Fungizide
21
2.1.6
synthetische Nukleinsäuren
21
2.1.6.1
RT-PCR-Primer
21
2.1.6.2
Diverse
22
2.1.7
Antikörper
22
2.1.8
Enzyme
22
2.1.9
sonstige Proteine
23
2.1.10 Standards
23
2.1.11 Kits
23
2.1.12 Chemikalien
23
I
INHALTSVERZEICHNIS
2.1.13 Puffer und Lösungen
2.1.13.1
Bestimmung der Zellzahl
25
2.1.13.2
Zellvitalitätstest mit MTT
25
2.1.13.3
Mykoplasmen-Test mittels DAPI-Färbung
26
2.1.13.4
Indirekte Immunfluoreszenz
26
2.1.13.5
Plaquereduktionstest
26
2.1.13.6
RNA-Isolierung durch saure
Guanidin-/Phenol-Extraktion
26
2.1.13.7
DNA-Verdau durch DNase I
27
2.1.13.8
Phenol-Chloroform-Extraktion
und Ethanol-Präzipitation von Nukleinsäuren
27
Agarose-Gelelektrophorese
27
2.1.13.9
2.2
25
2.1.13.10 Calcium-Phosphat-Transfektion
28
2.1.13.11 DEAE-Dextran-Transfektion
28
2.1.13.12 Proteinextraktion
28
2.1.13.13 Proteinbestimmung nach Bradford
29
2.1.13.14 SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE)
und Western-Blot
29
2.1.13.15 Diverse
31
2.1.14 Verbrauchsmaterialien
31
2.1.15 Geräte und andere Hilfsmittel
32
Methoden
34
2.2.1
Kultivierung von Zellen
34
2.2.2
Kryokonservierung und Auftauen von Zellen
34
2.2.3
Bestimmung der Zellzahl
35
2.2.4
Zellvitalitätstest mit MTT
35
2.2.5
Mykoplasmen-Test
36
2.2.6
Virusinfektion
37
2.2.7
Indirekte Immunfluoreszenz
37
2.2.7.1
Nachweis von HAV-Antigen
37
2.2.7.2
Nachweis der Lokalisation des
Transkriptionsfaktors NF-kB
38
II
INHALTSVERZEICHNIS
2.2.8
2.2.9
Herstellung von Viruspools
39
2.2.8.1
Hepatitis A-Virus
39
2.2.8.2
Vesicular-Stomatitis-Virus
39
Bestimmung des 50 %-Endpunkttiters (TCID50/ml)
40
2.2.10 Plaquereduktionstest zum Nachweis von Interferon
40
2.2.11 Isolierung zellulärer RNA
42
2.2.12 DNA-Verdau durch DNase I
43
2.2.13 Phenol-/Chloroform-Extraktion und Ethanol-Präzipitation von
Nukleinsäuren
43
2.2.14 Photometrische Konzentrationsbestimmung von RNA
44
2.2.15 PCR mit vorgeschalteter reverser Transkription
44
2.2.15.1
RT-PCR zum Nachweis von Interferon-E-mRNA
44
2.2.15.2
RT-PCR zum Nachweis von E-Actin-mRNA
45
2.2.16 Agarose-Gelelektrophorese
45
2.2.17 Priming mit Interferon
45
2.2.18 Superinduktion mit Cycloheximid und Actinomycin D
46
2.2.19 Transfektion nach der DEAE-Dextran-Methode
und Stimulation mit poly(IC)
46
2.2.20 Calcium-Phosphat-Transfektion
47
2.2.21 Luciferase-Assay
47
2.2.22 Proteinextraktion
48
2.2.23 Proteinbestimmung nach Bradford
49
2.2.24 Diskontinuierliche SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese
(SDS-PAGE)
49
2.2.25 Western-Blot
50
2.2.25.1
Detektion der Proteinkinase R (PKR)
50
2.2.25.2
Detektion der phosphorylierten PKR (P-PKR)
51
2.2.26 Densitometrische Auswertung
52
III
INHALTSVERZEICHNIS
3 ERGEBNISSE
53
3.1. Etablierung eines humanen Zellkultursystems zur Analyse der Blockade
zellulärer antiviraler Mechanismen durch das Hepatitis A-Virus
53
3.1.1.
3.1.2.
Induzierbarkeit des Interferon-Systems in der humanen
Hepatomzellinie HepG2
53
3.1.1.1.
Induktion von Interferon mit poly(IC)
54
3.1.1.2.
Superinduktion
55
Induzierbarkeit des Interferon-E-Systems in der humanen
Fibroblastenzellinie MRC-5
56
3.1.2.1.
Induktion von Interferon-E mit poly(IC)
56
3.1.2.2.
Effekt von exogenem Interferon auf die
Expressionsinduktion von Interferon-E durch poly(IC)
58
Kinetik der Interferon-E-Expression nach
Induktion mit poly(IC)
60
3.1.2.3.
3.2. Untersuchungen zur Expressionsinduktion des Interferon-E-Gens
in MRC-5-Zellen durch das Hepatitis A-Virus
62
3.2.1.
Nachweis von biologisch aktivem Interferon
63
3.2.2.
Nachweis von Interferon-E-mRNA
64
3.3. Einfluss des Hepatitis A-Virus auf die poly(IC)-induzierte Expression
des Interferon-E-Gens in MRC-5-Zellen
3.3.1.
3.3.2.
3.3.3.
65
Effekt auf die poly(IC)-induzierte Synthese von biologisch
aktivem Interferon
66
Effekt auf die poly(IC)-induzierte Transkription des
Interferon-E-Gens
67
Untersuchungen zur Virusspezifität
69
3.3.3.1.
3.3.3.2.
Neutralisation des durch HAV induzierten
Effektes durch anti-HAV IgG
69
Beeinflussung der Interferon-medierten Effekte im
Plaquereduktionstest bei Anwesenheit von
HAV/GBM im Inokulum
72
IV
INHALTSVERZEICHNIS
3.4. Untersuchung verschiedener zellulärer Signalwegskomponenten
hinsichtlich ihrer möglichen Beeinflussung durch HAV
3.4.1.
3.4.2.
Einfluss von Interleukin-4 auf die durch poly(IC) induzierte
Interferonexpression
73
Untersuchungen zur Lokalisierung des Transkriptionsfaktors NF-NB 75
3.4.2.1.
3.4.3.
73
Nukleäre Translokation von NF-NB nach
poly(IC)-Transfektion und HAV-Infektion
76
Effekte des Hepatitis A-Virus auf die Proteinkinase R
79
3.4.3.1.
Überprüfung der Induzierbarkeit der PKR auf Proteinebene
durch exogenes Interferon in MRC-5-Zellen
79
3.4.3.2.
Degradierung der PKR durch HAV in MRC-5-Zellen
82
3.4.3.3.
Änderung im Phosphorylierungsstatus der PKR durch
HAV/GBM nach poly(IC)-Transfektion
84
3.4.4.
Auswirkung der Transfektion auf die Vitalität von MRC-5-Zellen
89
3.4.5.
Einfluss der Transfektion auf die Aktivierung des
Tumorsuppressor-Proteins p53
93
Beeinflussung der p53-vermittelten Expression des Reportergens
Luciferase in MRC-5-Zellen durch HAV
95
3.4.6.
3.5. Effekt des Hepatitis A-Virus auf die durch TLR3-Stimulation induzierte
Interferonexpression
96
4. DISKUSSION
99
5. ZUSAMMENFASSUNG
119
6. LITERATUR
121
V
ABKÜRZUNGEN
___________________________________________________________________________
A
ADAR
ALT
AS
AST
ATF-2
bp
BVDV
dATP
C
CHX
CBP
DAPI
dCTP
DEAE-Dextran
DEPC
dGTP
DMEM
DMSO
DNA
DNase
dsRBD
dsRNA
dTTP
DTT
EDTA
EGTA
eIF-2Į
ELISA
EMCV
FCS
FITC
FRhK-4
G
h
HAV
HBSS
HMG
I
IFN
IgG
INB
IKK
IL-4
IRES
IRF
ISGF3
IU
Adenin
dsRNA-spezifische Adenosin-Desaminase
Alaninaminotransferase
Aminosäure
Aspartataminotransferase
activating transcription factor 2
Basenpaar
bovines Virusdiarrhoe-Virus
Desoxyadenosintriphosphat
Cytosin
Cycloheximid
CREB-binding protein
4-6-Diamidino-2-phenylindol-di-hydrochlorid
Desoxycytidintriphosphat
Diethylaminoethyl-Dextran
Diethylpyrocarbonat
Desoxyguanosintriphosphat
Dulbecco´s modified Eagle´s medium
Dimethylsulfoxid
Desoxyribonukleinsäure
Desoxyribonuklease
dsRNA-Bindedomäne
doppelsträngige RNA
Desoxythymidintriphosphat
Dithiothreitol
Ethylendiamintetraessigsäure
Ethylenglykol-bis-(2-aminoethylether)-N,N`-tetraessigsäure
eukaryotischer Translationsinitationsfaktor
enzyme-linked immunosorbent assay
Encephalomyocarditisvirus
fetales Kälberserum
Fluoresceinisothiocyanat
fetale Rhesusaffen-Nierenzellen
Guanin
Stunde
Hepatitis A-Virus
Hanks` balanced salt solution
high mobility group protein
Inosin
Interferon
Immunglobulin G
inhibitorische Untereinheit von NF-NB
INB-Kinase-Komplex
Interleukin-4
internal ribosome entry site
interferon regulatory factor
interferon-stimulated gene factor 3
internationale Einheiten
JNK
KD
kDA
LCPS
M
MAPK
MDCK
min
MOI
MTT
µ
NDV
NF-NB
NIH
NRD
nt
NTR
NTP
OAS
OD
p58IPK
PACT
PAGE
PBS
PCR
pfu
p.i.
PKR
poly(IC)
PRD
PRT
P/S
RNA
rpm
RT
RT-PCR
SDS
TAE
TBS
TCID50
TEMED
T
TLR3
TNF-Į
Tris
TRITC
Tween-20
U
VAK
VSV
wt
c-Jun- N-terminal kinase
katalytische Domäne
Kilodalton
luminescence counts per second
molar, Mol/l
mitogen-activated protein kinase
Hunde-Nierenzellen
Minute
multiplicity of infection
3-(4,5-dimethylthiazol-2-yl)-2,5-diphenyl-Tetrazoliumbromid
mikro
Newcastle-Disease-Virus
Nuclear factor–kappa B
National Institute of Health
Negativ-regulatorische Domäne
Nucleotid
Nicht-translatierte Region
Nucleosidtriphosphat
2`,5`Oligoadenylatsynthetase
optische Dichte
zellulärer PKR-Inhibitor p58
PKR activating protein
Polyacrylamid-Gelelektrophorese
phosphate buffered saline
polymerase chain reaction
plaque-forming unit
post infectionem
Proteinkinase R
Polyinosin-Polycytidinsäure
Positiv-regulatorische Domäne
Plaquereduktionstest
Penicillin/Streptomycin
Ribonucleinsäure
revolutions per minute
Raumtemperatur
Reverse transcription-polymerase chain reaction
Sodiumdodecylsulfat
Tris-Acetat-EDTA-Puffer
tris buffered saline
tissue culture infectious dose 50%
N,N,N´,N´-Tetramethylethylendiamin
Thymin
toll-like receptor 3
Tumornekrosefaktor-Į
Tris-hydroxymethyl-aminomethan
Tetramethylrhodaminisothiocyanat
Synonym für Polyethylenglykol-sorbitan-fettsäureester
(Interferon-) Units
virus-activated kinase
Vesicular-Stomatitis-Virus
Wildtyp
GLOSSAR
___________________________________________________________________________
Erhaltungsmedium:
DMEM mit 3 % (v/v) FCS
Lysat:
Zell-Lysat aus parallel zum HAV/GBM-Viruspool hochgezogenem Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen; als
Negativkontrolle zum Viruspool eingesetzt
poly(IC)-Stimulation:
Behandlung von Zellen mit poly(IC) als extrazellulärem
Stimulus
poly(IC)-Transfektion:
Transfektion von poly(IC) mittels DEAE-Dextran („Carrier“)
Priming:
Behandlung der Zellen mit Interferon-D/E für 16 h oder 12 h
Wachstumsmedium:
DMEM mit 10 % (v/v) FCS
1. EINLEITUNG
___________________________________________________________________________
1.1.
Hepatitis A-Virus
Virushepatitiden sind die Hauptursache für chronische Lebererkrankungen, Leberzirrhose und
Leberzellkarzinom. Bei Erwachsenen sind sie zudem der wichtigste Grund für eine
Lebertransplantation. Während Hepatitis B-, C- und D-Viren zur persistierenden Infektion
und damit zur chronischen Hepatitis führen können, so rufen Hepatitis A- und E-Viren in der
Regel eine akute selbstlimitierende Erkrankung hervor (Lemon, 1997; Mast und Alter, 1993).
1.1.1. Klassifizierung
Das Hepatitis A-Virus, das der Familie der Picornaviridae zugeordnet wird, weist - wie die
anderen Picornaviren auch - ein ikosaedrisches Nukleokapsid ohne Hüllmembran auf, das als
Genom eine einzelsträngige 7,5 kb lange RNA positiver Polarität enthält. Das Genom codiert
für ein Polyprotein, welches - posttranslational - mittels seiner „Autoproteinaseaktivität“ in
die viralen Struktur- und Nichtstrukturproteine gespalten wird. Es besteht aus einer nichttranslatierten Region von 735 Nukleotiden am 5`-Ende (5`-NTR), die eine „internal ribosomal
entry site“ (IRES) besitzt, ein Bereich, der sich durch eine ausgeprägte Sekundärstruktur mit
ausgedehnten dsRNA Bereichen auszeichnet. Der 5`-NTR schließt sich der für die
Strukturproteine codierende Bereich P1 an, gefolgt von P2 und P3, die für die 7
Nichtstrukturproteine codieren. Das 3`-Ende wird wieder durch einen nicht-translatierten
Bereich von 63 Nukleotiden Länge gebildet mit einem abschließenden Poly-A-Teil (Lemon,
1997; Lemon und Robertson, 1993; Stapleton, 1995). Die virale RNA ist infektiös; die
Arbeitsgruppe um Emerson (1994) konnte in Primaten eine aktive Hepatitis nach direkter
intrahepatischer Inokulation von HAV-RNA zeigen.
Identifiziert wurde das Hepatitis A-Virus 1973 als Erreger der „Infektiösen Hepatitis“
(Feinstone et al., 1973). Die erfolgreiche in vitro Kultivierung gelang allerdings erst einige
Jahre später durch Provost und Hillemann (1979). HAV lässt sich, im Gegensatz zu den
anderen
Hepatitis-Viren,
routinemäßig
in
Zellkulturen
vermehren,
repliziert
aber
ausgesprochen langsam und führt in der Regel zur Persistenz (Flehmig, 1981; Gauss-Müller
et al., 1981; Vallbracht et al., 1984). Zu den permissiven Zellen zählen neben Primatenzellen
(Stapleton, 1995) unter anderem auch humane diploide Fibroblasten (Flehmig et al., 1981),
embryonale Meerschweinchen- und Delphinzellen (Dotzauer et al., 1994).
1
Ursprünglich wurde das Hepatitis A-Virus dem Genus Enterovirus (Typ 72) zugewiesen.
Aufgrund seiner - im Vergleich zu anderen Enteroviren - stark differierenden Eigenschaften
wurde später eigens für das Hepatitis A-Virus die Gattung Hepatovirus geschaffen (Minor,
1991), dessen einziger Vertreter es bis heute ist.
HAV weist eine ausgesprochene Stabilität gegenüber physikalischen und chemischen
Einflüssen auf (Stapleton, 1995; Totsuka und Moritsugu, 1999), ist unter anderem extrem
temperaturresistent und säurestabil (Siegl et al., 1984). Es übersteht eine Temperatur von
60 °C über 1 h und bleibt auch bei einem pH von 1 mehrere Stunden stabil (Hollinger und
Ticehurst, 1996), weshalb es auch die Magen-Darm-Passage ohne Einbußen der Infektiösität
überwindet. Zudem repliziert das Hepatitis A-Virus wie schon erwähnt ausgesprochen
langsam und greift dabei nicht sichtbar in den Wirtszellmetabolismus ein, sondern es bildet
sich nach der Infektion von Zellkulturen in der Regel ein Gleichgewicht zwischen
Zellproliferation und Virusreplikation aus (Flehmig, 1981; Gauss-Müller et al., 1981). Dies
steht ebenfalls im Gegensatz zu Infektionen mit anderen Picornaviren, die im Allgemeinen
zur Lyse der Wirtszelle führen. Allerdings sind auch für HAV cytopathogene Varianten
beschrieben worden (Brack et al., 1998; Cromeans et al. 1987; Venuti et al., 1985). Diese
stellen allerdings eine Ausnahme dar. Zu guter Letzt ist das Hepatitis A-Virus das einzige
Picornavirus, das in vivo einen Tropismus für Leberzellen aufweist.
1.1.2. Epidemiologische und klinische Aspekte
Die Übertragung des Hepatitis A-Virus erfolgt fast ausschließlich fäkal-oral über den Kontakt
mit infizierten Personen, fäkal kontaminiertem Trinkwasser oder Lebensmitteln (Cuthbert,
2001; Mast und Alter, 1993; Stapleton, 1995). Eine parenterale Übertragung während der
virämischen Phase ist beobachtet worden, allerdings höchst selten. So ist eine HAVTransmission durch die gemeinsame Verwendung von Spritzen während der Prodromalphase
der Krankheit möglich, und es sind Hepatitis A-Fälle beschrieben worden, nachdem
hämophile Patienten kontaminierte Faktor-XIII-Präparate erhalten hatten. Letzere waren
einem unzureichenden Inaktivierungsprozess unterzogen worden (Lemon, 1997; Mannucci et
al., 1994).
Verbreitet
ist
das
Hepatitis
A-Virus
weltweit
und
tritt,
entsprechend
seiner
Übertragungsweise, vor allem dort auf, wo ein niedriger Hygienestandard dominierend ist. So
haben in vielen Entwicklungsländern nahezu alle Kinder unter 9 Jahren eine Hepatitis AInfektion durchgemacht (Mast und Alter, 1993).
2
Aufgrund des hohen Hygienestatus in den westlichen Ländern verschiebt sich in diesen der
Erstkontakt mit dem Hepatitis A-Virus in höhere Altersklassen, wo ein inapparenter Verlauf
wesentlich seltener zu beobachten ist. In erster Linie wird die Infektion hier bei Reisen in
Länder mit niedrigem Hygienestandard erworben (Mast und Alter, 1993; Steffen, 1992). Mit
zunehmendem Alter nehmen die ikterischen Verläufe zu, so ist ein solcher bei Kindern unter
6 Jahren zu weniger als 10 % zu beobachten, bei älteren Kindern tritt ein ikterischer Verlauf
bereits mit einer Wahrscheinlichkeit von 40-50 % auf, bei Erwachsenen verlaufen dann nur
noch ungefähr ein Viertel der Hepatitis A-Infektionen klinisch stumm (Mast und Alter, 1993).
Die schwerste akute Verlaufsform stellt die fulminante Hepatitis dar, die mit einer Häufigkeit
von weniger als 1 % unter den ikterischen Verläufen vorkommt (Tibbs und Williams, 1995).
Auch hier erfolgt eine Zunahme der Häufigkeit mit dem Alter (Cuthbert, 2001; Lemon, 1997).
Auch protahierte, relapsierende und cholestatische Fälle sind beschrieben worden (Cuthbert,
2001; Glikson et al., 1992; Gordon et al., 1984; Sjogren et al., 1987; Tanno et al., 1988;
Vallbracht et al., 1985). Bei der intrahepatischen Cholestase, gekennzeichnet durch das
Sistieren des Gallenflusses, weisen die Patienten beträchtlich erhöhte Bilirubinwerte
(>10 mg/dL) über 2-5 Monate auf. Die Betroffenen leiden unter starkem Juckreiz, Fieber,
Durchfall, Gewichtsverlust und intestinalen Resorptionsstörungen (Cuthbert, 2001; Gordon et
al., 1984; Maier, 2000).
Die Arbeitsgruppe um Meier (1982) beobachtete bei 3 von 25 Patienten mit akuter Hepatitis
A einen protahierten Verlauf mit erhöhten Transaminasen-Werten über 4-5 Monate, bei drei
weiteren Patienten persistierten diese pathologisch erhöhten Werte über einen Zeitraum von
8-15 Monaten, von den Autoren nicht als protahiert sondern „passager-chronische“
Verlaufsform beschrieben.
Vallbracht et al. (1985) konnten bei 12,3 % der in eine (Fall-) Studie einbezogenen Patienten
mit klinischer Manifestation der Hepatitis A-Infektion einen protahierten Verlauf beobachten.
Die Patienten zeigten im Vergleich zu Patienten mit einem „unkomplizierten“ Hepatitis AVerlauf erhöhte Transaminase- und Bilirubinwerte für mindestens 4 Monate nach Auftreten
des Ikterus.
Bei den relapsierenden Fällen, die mit einer Häufigkeit von 3,8-20 % aller Fälle beschrieben
worden sind (Glikson et al., 1992), kommt es zum ikterischen Rezidiv innerhalb von 30 bis 90
Tagen, mit im Wesentlichen den gleichen Symptomen wie in der initialen Phase der
Erkrankung, allerdings mit erhöhter Tendenz zur Cholestase (Cuthbert, 2001; Sjogren et al.,
1987). Diese Verläufe sind zu beobachten obwohl diese Patienten hohe Titer neutralisierender
Antikörper aufwiesen.
3
Dennoch chronifiziert eine Hepatitis A-Infektion nicht und hinterlässt eine lebenslange
Immunität (Glikson et al., 1992; Lesnicar, 1988; Maier, 2000).
In der klinischen Manifestation unterscheidet sich die akute Hepatitis A nicht von den durch
andere hepatotrope Viren hervorgerufene Erkrankungen.
Eine Hepatitis A beginnt in der Regel abrupt. Frühsymtome sind Unpässlichkeit, Übelkeit,
Erbrechen, Appetitlosigkeit, Erschöpfung und Schmerzen im rechten Oberbauch (Lemon,
1997; Maier, 2000). Diesem Prodromalstadium kann sich bei der Hepatitis A ein ikterischer
Verlauf anschließen, muss aber nicht (Abb. 1).
anti-HAV-IgM
anti-HAV-IgG
HAV im Stuhl
anti-HAV-IgA
Virämie
1
Infektion
2
3
4
6
12
Monate
Anorexie, Fieber,
Unpässlichkeit,
Nausea
erhöhte Transaminasen
Ikterus
Abb. 1: Serologische und klinische Marker im Verlauf einer Hepatitis A-Infektion
(nach Stapleton, 1995)
Alle ikterischen Verläufe sind gekennzeichnet durch einen deutlichen Anstieg der
Serumtransaminasen,
ein
Zeichen
für
eine
erhöhte
Membranpermeabilität
bzw.
Leberzellnekrose. Gewöhnlich ist die Alaninaminotransferase-Aktivität (ALT, früher GPT)
im Vergleich zur Aspartataminotransferase (AST, früher GOT) bei akuter Hepatitis A höher.
Die Bilirubinkonzentration im Serum steigt meist erst einige Tage nach dem TransaminasenAnstieg an. (Fields, 1996; Lemon, 1997).
Die Diagnose einer akuten Hepatitis A erfolgt neben der Bestimmung der Transaminasenwerte (v.a. ALT) durch die Detektion von Anti-HAV-IgM im Serum. Diese virusspezifischen
4
Antikörper steigen nach Erkrankungsbeginn rasch an, erhalten ihren höchsten Wert innerhalb
des ersten Monats der Erkrankung, um dann kurze Zeit zu persistieren. Innerhalb von 12,
gewöhnlich bereits nach 6 Monaten, sind sie dann nicht mehr detektierbar (Lemon, 1997;
Maier, 2000; Stapleton, 1995). Anders die IgG-Antikörper, diese - meist ebenfalls schon zu
Erkrankungsbeginn vorhanden - erhalten ihren höchsten Wert in der Rekonvaleszenzphase
und persistieren in der Regel lebenslang (Abb. 1). Sie sind es auch, die dem Organismus die
Immunität gegenüber einer Reinfektion verleihen. So sind sie auch nach erfolgter Impfung
gegen Hepatitis A zu detektieren (Jilg 1993; Lemon, 1997).
Wie bereits erwähnt erfolgt die Infektion mit HAV - von wenigen Ausnahmen abgesehen durch eine orale Aufnahme. Im Gegensatz nun beispielsweise zum Poliovirus, einem anderen
Vertreter der Picornaviridae, das sich bereits im Intestinaltrakt außergewöhnlich stark
vermehrt, seine Transmission also direkt sichert und die zweite mögliche Reproduktionsstätte
im ZNS, die Polio nach hämatogener Streuung erreicht, zur Erhaltung seiner Art nicht mehr
essentiell ist, so wird für HAV eine Vermehrung im Intestinaltrakt zwar diskutiert (Fields,
1996; Stapleton, 1995), Targetorgan und einziger gesicherter Replikationsort ist aber die
Leber, die von HAV erst einmal erreicht werden muss, um seinen Weiterbestand sichern zu
können. Wie das Virus vom Darm aus zur Leber gelangt ist gegenwärtig noch unklar.
Gesichert ist, dass HAV in den Hepatozyten repliziert, die neusynthetisierten Virionen von
diesen über die Gallenwege in das Darmlumen abgegeben und schließlich mit den Faeces
ausgeschieden werden (Lemon, 1997; Stapleton, 1995; Vallbracht et al., 1993).
Ein charakteristisches Merkmal der Hepatitis A-Virus-Infektion, deren durchschnittliche
Inkubationszeit 28 Tage beträgt, ist, dass bei Erkrankungsbeginn die Hauptphase der
Virusausscheidung bereits überwunden ist (Mast und Alter, 1993; Stapleton, 1995). Dies lässt
sich auf die in Aktion getretene zellvermittelte Immunantwort zurückführen. Zum einen sind
virusspezifische Antikörper der Klassen IgM - meist auch schon IgG - und IgA zu Beginn der
klinischen Symptomatik präsent (Abb. 1), zum anderen konnte die Arbeitsgruppe um
Vallbracht zeigen, dass das Virus im Rahmen einer immunpathologischen Reaktion durch
CD8-positive cytotoxische T-Lymphozythen eliminiert wird (Vallbracht et al., 1989), was die
Selbstlimitierung der Erkrankung erklärt.
So ist es erstaunlich, dass dennoch zahlreiche protahierte und relapsierende Fälle beschrieben
worden sind (Cuthbert, 2001; Gordon et al., 1984; Sjogren et al., 1987; Vallbracht et al.,
1985).
5
Dotzauer et al. (2000) konnten eine Komplexierung von HAV mit virusspezifischem IgA
zeigen. Diese Komplexe können über Transcytose-Mechanismen den Blutstrom erreichen und
schließlich endozytotisch über IgA-Rezeptoren der Hepatozyten aufgenommen werden. Die
Aufnahme dieser Komplexe konnte sowohl in der murinen hepatozytären Zellinie NCTC als
auch in der humanen Hepatomzellinie HepG2 und primären Hepatozyten humanen Ursprungs
gezeigt werden.
Somit ist es denkbar, dass HAV trotz funktionsfähiger adaptiver Immunabwehr seine
Anwesenheit im Organismus maskiert, indem es IgA als Trägermolekül verwendet, im
Komplex mit diesem den enterohepatischen Kreislauf wiederholt durchläuft und weiter
replizieren kann, bis es dann schließlich endgültig eliminiert wird.
Bis vor kurzem ist man davon ausgegangen, dass die virämische Phase - der Zeitpunkt, zu
dem auch eine parenterale Übertragung stattfinden kann - nur in einem sehr kurzen
Zeitrahmen zum Ende der Inkubationszeit und zu Beginn der klinischen Symptomatik
(=Prodromalphase) zu beobachten ist (Abb. 1).
Im Zuge der Weiterentwicklung molekularbiologischer Methoden geht man mittlerweile
davon aus, dass die Virämie über einen deutlich längeren Zeitraum existiert, wobei Aussagen
über die Viruslast während der virämischen Phase noch selten sind.
Normann et al. (accepted) konnten nun mittels real time RT/PCR bei einem Patienten mit
protahiertem
Verlauf
noch
am
490.
Tag
nach
Krankheitsausbruch
HAV-RNA-
4
Genomäquivalente in einer Menge von 4x10 /ml im Serum detektieren, und dies trotz
Anwesenheit von IgM und IgG im Serum. Insgesamt war es bei allen in diese Studie
einbezogenen Patienten - auch denen mit unkompliziertem Verlauf – möglich, HAV-GenomÄquivalente in einer Größenordnung von 103/ml zwischen dem 75. und 120. Tag nach Beginn
des Ikterus nachzuweisen.
Auch dies deutet darauf hin, dass das Hepatitis A-Virus länger als bisher angenommen im
Organismus verbleibt, die Patienten demnach auch über einen längeren Zeitraum
Virusträgerstatus aufweisen und somit potentiell infektiös sind.
Dieser anscheinend lange Verbleib im Organismus ist um so bemerkenswerter, da HAV
aufgrund seiner retardierten Replikationsgeschwindigkeit ein leichtes Ziel für die
schnellgreifende unspezifische Immunantwort darstellen müsste; so beispielsweise der
Interferone und der von diesen vermittelte Aufbau des antiviralen Status.
6
In vitro Experimente von Vallbracht et al. (1985) zeigten allerdings, dass eine Hepatitis AInfektion nicht zur Interferon-Induktion führt, die Infektion allerdings durch exogene Zufuhr
von Typ-I-Interferonen ausschaltbar ist (Vallbracht und Flehmig, 1985).
Auch ein weiteres schnell greifendes zelluläres Abwehrprinzip - die Einleitung der Apoptose erfolgt in HAV-infizierten Zellen in der Regel nicht (Brack, 1999).
Tatsächlich führt eine HAV-Infektion in vitro, wo die zelluläre Immunantwort zur
Viruseliminierung nicht zur Verfügung steht, zur Persistenz. Es entwickelt sich eine friedliche
Koexistenz zwischen Wirtszelle und replizierendem Virus (Flehmig, 1981; Gauss-Müller et
al.,1981; Vallbracht et al., 1984). Diese in vitro Befunde decken sich mit der ersten Phase
einer Hepatitis A-Infektion in vivo, die klinisch stumm verläuft. Die Fähigkeit von HAV, die
Apoptose- und Interferon-Induktion auszuschalten, könnte auf zellulärer Ebene die Ursache
für die Persistenz, die langandauernde Replikation und damit verbundene Möglichkeit der
Transmission sein.
1.2.
Interferonsystem
Zellen können als direkte Antwort auf eine Virusinfektion sowohl mit der Einleitung der
Apoptose, in deren Folge es zum zellulären Suizid kommt, als auch mit der Sekretion von
Interferonen reagieren, die durch Bindung an Rezeptoren benachbarter Zellen in diesen einen
antiviralen Status induzieren und somit die Infektion limitieren.
Als antivirale Agentien entdeckt wurden die Interferone von Isaacs und Lindenmann im Jahr
1957, als diese Studien zur Virusinterferenz durchführten (Isaacs und Lindenmann, 1957). Sie
stellten im Rahmen ihrer Untersuchungen fest, dass mit Influenza infizierte Hühnerzellen
einen Sekretionsfaktor produzierten, der nach Transfer auf andere Zellen zur Ausbildung
eines antiviralen Status in diesen führte.
Anfangs noch in weiten Kreisen der Virologen in ihrer Existenz angezweifelt und als
„experimentelles Artefakt“ bezeichnet, wurden die Interferone bereits kurze Zeit später das
Ziel intensiver Forschung und haben auch heute noch nichts von dem ihnen seit dieser Zeit
entgegengebrachten Interesse eingebüßt. So weiß man mittlerweile, dass die Interferone
neben den antiviralen Eigenschaften auch ausgeprägte immunregulatorische Eigenschaften
besitzen und antiproliferative sowie antitumorale Wirkungen aufweisen (Gresser, 1990;
Kirchner et al., 1994; Samuel 2001; Sen, 2001; Stark et al., 1998).
7
Aufgrund der antigenetischen Struktur und funktioneller Eigenschaften unterscheidet man die
Typ-I- von den Typ-II-Interferonen. Zu den Typ-I-Interferonen zählen vor allem die
verschiedenen IFN-D-Subtypen und IFN-E, früher nach den produzierenden Zellen auch als
Leukozyten- bzw. Fibroblasten-Interferon bezeichnet, während Interferon-J, nach der alten
Nomenklatur als Immun-Interferon benannt, seit Einführung der neuen Bezeichnungen 1978
als Typ-II- Interferon klassifiziert wird. Letzteres wird vor allem nach Antigen-Stimulation im
Zuge der T-Zell-Aktivierung gebildet (Diaz, 1995; Goodboorn et al., 2000; Sen und Lengyel,
1992; Kirchner et al., 1994; Vilcek und Sen, 1996).
Hier wird ein prinzipieller Unterschied zwischen der Induktion von Typ-I- und Typ-IIInterferonen sichtbar: Während die Typ-I-Interferone im Zuge der unspezifischen
Immunantwort direkt nach einer viralen Infektion von den infizierten Zellen produziert und
sezerniert werden, wird IFN-J erst zu einem späteren Zeitpunkt der Infektion nach Erkennung
der infizierten Zellen durch cytotoxische T-Lymphozyten gebildet (Boehm et al., 1997;
Goodboorn et al., 2000; Samuel, 2001).
Die Gene der Typ-I-Interferone sind beim Menschen auf Chromosom 9 lokalisiert. Die
Sequenzhomologie zwischen den IFN-D-Subtypen und IFN-E beträgt 50 %. Beide sind
ausgesprochen säurestabil. Eine weitere Gemeinsamkeit besteht darin, dass ihre Gene keine
Introns besitzen, was ungewöhnlich ist, da die meisten eukaryontischen Gene Introns
aufweisen.
Das säurelabile IFN-J weist keine Sequenzhomologien zu den Typ-I-Interferonen auf. Das
Gen ist beim Menschen auf Chromosom 12 lokalisiert und besitzt im Gegensatz zu den Typ-IInterferonen drei Introns. Hauptproduzenten von IFN-J sind Natürliche Killerzellen und TLymphozyten, hingegen die Typ-I-Interferone als Reaktion auf eine Virusinfektion von
nahezu allen Zellen gebildet werden können (Kirchner et al., 1994; Levy, 1995; Sen und
Lengyel, 1992; Taniguchi und Takaoka, 2001; Vilcek und Sen, 1996).
Wie die meisten Cytokine sind auch die Interferone induzierbare Proteine. Biologische
Induzenten der Interferonproduktion sind hauptsächlich Viren, aber auch Bakterien,
Protozoen und Mykoplasmen (Sen und Lengyel, 1992). Als synthetischer Induzent kommt
unter anderem das häufig für experimentelle Studien eingesetzte dsRNA-Analogon poly(IC)
in Frage.
Die produzierte Interferonmenge sowie der gebildete Interferontyp sind sowohl vom
Induzenten als auch dem infizierten Zelltyp abhängig (Sen und Lengyel, 1992). Dabei
8
unterliegt die Produktion der Interferone einer strikten Regulation und ist in der Regel auf
einen kurzen Zeitraum begrenzt. Innerhalb einer Stunde nach Induktion wird InterferonmRNA gebildet, nach 5-10 Stunden werden Repressoren gebildet, welche die Expression des
Interferon-Gens wieder herunterregulieren (Vilcek und Sen; 1996; Webster, 1994). Zudem
besitzt die Interferon-mRNA aufgrund destabilisierender Sequenzen in der 3`-NTR nur eine
kurze Halbwertszeit (Sen und Lengyel, 1992; Vilcek und Sen; 1996).
Eine Möglichkeit die Interferonproduktion zu steigern besteht in einer als „Priming“
bezeichneten Vorbehandlung der Zellen mit Interferon (Havell und Vilcek, 1972; Steward,
1972) und anschließender Induktion mit beispielsweise poly(IC). Aber auch die als
Superinduktion
bezeichnete
kombinierte
Behandlung
von
Zellen
mit
dem
Translationsinhibitor Cycloheximid und Actinomycin D, einem Transkriptionshemmer mit
irreversiblem Effekt, führt zu einem signifikanten Anstieg der Interferonsynthese (Havell und
Vilcek, 1972; Sen und Lengyel, 1992).
1.2.1. Regulation der Interferon-E-Gentranskription
Wie schon erwähnt wird die Expression der Typ I-Interferone vor allem durch dsRNA
induziert. Der auslösende Faktor ist bei Viren mit einem dsRNA-Genom das Genom selber,
bei Viren mit einem einzelsträngigen RNA-Genom tritt dsRNA als Intermediat der
Virusreplikation auf, und auch bei DNA-Viren findet man dsRNA als Folge einer sich
anhäufenden überlappenden konvergenten Transkription (Jacobs und Langland, 1996). Eine
weitere Möglichkeit der Interferon-E-Induktion besteht in der Stimulation des toll-like
receptor 3 durch extrazelluläre dsRNA (Alexopoulou et al., 2001; Yamamoto et al., 2002).
Die Regulation der Interferon-E-Synthese erfolgt vor allem auf Transkriptionsebene über das
IFN-E-Enhanceosom (Abb. 2). Nach einer Virusinfektion wird die maximale Expressionsrate
des Interferon-E-Gens nach ungefähr 6-12 h erreicht und endet etwa 24 h p.i. (Maniatis et al.,
1998).
Kontrolliert wird die Induktion des Interferon-E-Gens, das einen TATA-Box-Promotor
besitzt, durch eine etwa 60 bp lange Enhancerregion, die sich aus vier zum Teil
überlappenden positiv-regulatorischen Domänen PRD I-IV zusammensetzt (Maniatis et al.,
1998).
In der nicht induzierten Zelle ist der Enhancer einschließlich der negativ regulatorischen
Domäne I (NRD I) durch konstitutiv vorhandene Repressorproteine besetzt, die die
9
Transkription verhindern (Munshi et al., 1999; Hiscott et al., 1995). Nach Induktion durch
dsRNA werden verschiedene Signalwege angeschaltet, in deren Folge es zur Aktivierung und
sequenzspezifischen
Bindung
bestimmter
Transkriptionsfaktoren
an
die
positiv-
regulatorischen Domänen (PRD I-IV) kommt. Gleichzeitig werden die Repressoren verdrängt
(Garoufalis et al., 1994; Munshi et al., 1999; Hiscott et al.; 1995).
Basaler
Transkriptionskomplex
ATF-2
c-Jun
CBP/p300
IRF
IRF
TATA
HMG-I(Y)
HMG-I(Y)
PRD IV
IFN-E
NF - NB
PRD III-I
PRD II
NRD I
Abb. 2: Struktur des humanen Interferon-E-Enhanceosoms.
(nach Maniatis et al., 1998 und Munshi et al., 1999)
So bindet ein Heterodimer, bestehend aus ATF-2 und c-Jun, an die PRD IV, ein Dimer aus
interferon regulatory factors (IRF`s) an die PRD III-I. Dabei sind Homo- bzw. Heterodimere
aus IRF-3 und dem interferoninduzierten IRF-7 möglich. Der dimere Transkriptionsfaktor
NF-NB bindet an die positiv-regulatorische Domäne II (Garoufalis et al., 1994; Maniatis et
al., 1998; Munshi et al., 1999; Sato et al., 2001). Neben der Bindung der eben erwähnten
Transkriptionsfaktoren wird auch das high mobility group-Protein HMG I(Y) benötigt, dem
eine „architektonische Rolle“ zukommt, indem es eine Biegung der DNA bewirkt. Diese
Konformationsänderung der DNA begünstigt die Bildung des Enhanceosoms durch zahlreiche
interaktive Protein-Protein-Wechselwirkungen und führt zu dessen Stabilisierung (Yie et al.,
1999). So wird beispielsweise durch HMG I(Y) die Affinität von NF-NB an die PRD II um
den Faktor 10 gesteigert (Hiscott et al., 1995; Thanos und Maniatis, 1992).
Der Coaktivator CBP/p300 rekrutiert als integraler Bestandteil des Enhanceosoms den
basalen Transkriptionskomplex (RNA-Polymerase II), so dass es in der Folge zur
Transkription des IFN-E-Gens kommt (Merika et al., 1998; Yie et al., 1999).
10
Festzuhalten ist, dass für die Initation der IFN-E-Expression keine de-novo-Proteinsynthese
erforderlich ist, sondern dass die beteiligten Transkriptionsfaktoren posttranslational
modifiziert werden.
So werden die an die PRD IV bindenden Transkriptionsfaktoren ATF-2 und c-Jun im Zellkern
durch die MAP-Kinasen p38 und JNK (c-Jun-N-terminale Kinase) phosphoryliert, was die
Dimerisierung und Aktivierung derselben zur Folge hat (May et al., 1998; Schaeffer und
Weber, 1999). Die an die PRD III-I bindenden interferon regulatory factors IRF-3 und IRF-7
werden von einer noch nicht genauer charakterisierten sogenannten Virus-aktivierten Kinase
(VAK) im Cytoplasma phosphoryliert, dimerisieren ebenfalls und translozieren in den
Zellkern (Iwamura et al., 2001; Lin et al., 1999; Servant et al., 2001). Hierbei ist zu
erwähnen, dass in der Regel nur das IRF-3 konstitutiv exprimiert wird und somit auch nur
dieses in der Initialphase der IFN-Synthese (frühe Phase) durch Bildung von Homodimeren
die IFN-E-Transkription induzieren kann. IRF-7 hingegen ist ein interferoninduziertes
Protein, das zwar häufig auch in nicht stimulierten Zellen in geringen Mengen vorliegt, da
viele Zellen konstitutiv in basalen Mengen IFN-D/E exprimieren, dessen „starke“ Expression
aber letztendlich erst durch das nach viraler Induktion initial gebildete IFN-E über den JakStat-Weg induziert wird. Erst dann wird die maximale IFN-E (und -D)-Synthese (späte Phase)
erreicht, da IRF-7 zudem an die Enhancer der von IRF-3 allein nicht induzierbaren IFN-DSubtypen binden und so auch die IFN-D-Induktion gleichzeitig induzieren kann (Hata et al.,
2001; Marie et al., 1998; Sato et al., 1998; Taniguchi et al., 2001). IRF-7 verstärkt somit in
letzter Konsequenz die IFN-E-Expression im Sinne eines positiven Feedbacks (Marié et al.,
1998; Sato et al., 1998).
Der Transkriptionsfaktor NF-NB ist nicht nur ein essentieller Bestandteil des IFN-EEnhanceosoms (Goodboorn, 2000; Maniatis et al., 1998; Munshi et al., 1999), sondern wird
neben Virusinfektionen auch durch eine Vielzahl anderer Stimuli, beispielsweise Cytokinen
wie TNF-D oder Stressfaktoren, aktiviert und induziert in der Folge die Expression einer
Vielzahl von Genen, die in der inflammatorischen Immunantwort involviert sind (Baeuerle
und Baichwal, 1997; Mercurio und Manning, 1999). NF-NB bietet sich daher auch als Target
für
die
Suche
nach
antiinflammatorischen
Substanzen
an.
So
beruhen
einige
entzündungshemmende Eigenschaften der Glucocorticoide auf ihrer Fähigkeit die NF-NBabhängige Genexpression zu reprimieren (Scheinmann et al., 1995).
Die Namensgebung des 1986 von Sen und Baltimore in Kernextrakten von B-Zellen
entdeckten Transkriptionsfaktors beruht übrigens auf einem Missverständnis. Wie sich später
herausstellte, spielt der nuclear factor-Nappa B entgegen der ursprünglichen Annahme zum
11
einen bei der induzierten Transkription der leichten Kette des N-Typs von Immunglobulinen
gar keine entscheidende Rolle, zum anderen ist der Transkriptionsfaktor in der nicht
stimulierten Zelle mit Ausnahme von reifen B-Zellen, Makrophagen und einigen Neuronen
im Cytoplasma lokalisiert und nicht wie damals angenommen im Zellkern, obgleich er seine
biologische Funktion nur dort erfüllen kann (Baeuerle und Baltimore, 1996; Schmitz et al.,
1998; Sen und Baltimore, 1986).
Im Cytosol unstimulierter Zellen tritt NF-NB als Homo- oder Heterodimer aus
strukturähnlichen Proteinen auf, die zur NF-NB-Familie zusammengefasst werden. Als
Prototyp gilt ein Heterodimer, bestehend aus einer p50-(NF-NB1) und p65-(RelA)
Untereinheit, wobei p65 aufgrund seiner hohen transaktivierenden Potenz eine herausragende
Rolle zukommt (Baeuerle und Baichwal, 1997; Mercurio und Manning, 1999).
Verantwortlich für die cytoplasmatische Lokalisierung ist die nicht-kovalente Assoziation mit
Proteinen der INB-Familie, die die Sequenz des nukleären Lokalisationssignals (NLS) von
NF-NB maskieren und so die Translokation desselben in den Zellkern verhindern (Abb. 4)
(Beg et al., 1992; Cartwright und Helin, 2000).
Nach zellulärer Stimulierung kommt es zunächst zur Phosphorylierung des assoziierten
Inhibitors INB-D an den Serinresten 32 oder 36 (Baeuerle und Baltimore, 1996; Traenkner et
al., 1995). Verantwortlich hierfür ist vor allem der INB-Kinase (IKK)-Komplex (DiDonato et
al., 1997), ein zellulärer Proteinkomplex, der aus den Kinase-Untereinheiten IKK-1 (-D) und
IKK-2 (-E) (Mercurio et al., 1997), dem NF-NB essential modulator (NEMO, IKK-J)
(Rothwarf et al., 1998) und weiteren assoziierten Proteinen besteht und der ebenfalls aktiviert
werden muss, um seine katalytische Funktion erfüllen zu können. Bezüglich der dafür
verantwortlichen Kinase gibt es widersprüchliche Aussagen. Lebhaft diskutiert wird hier die
durch dsRNA aktivierbare Proteinkinase R (Gil et al., 2000; Ishii et al., 2001; ZamanianDaryoush, et al., 2000).
Der Phosphorylierung der mit NF-NB assoziierten inhibitorischen Untereinheit INB schließt
sich die Ubiquitinylierung des Inhibitors an, der dadurch für den proteolytischen Abbau durch
das 26S-Proteasom markiert wird (Alkalay et al., 1995). Erst daraufhin erfolgt die
Translokation des nun frei vorliegenden dimeren NF-NB in den Zellkern, wo die beiden
Untereinheiten des Transkriptionsfaktors an ihre dekamere Erkennungssequenz, z.B an die
positiv-regulatorische Domäne II des IFN-E-Enhancers binden und so ihre Zielgene aktivieren
können.
12
1.2.2. Interferon-Wirkung: Jak-Stat-Weg
Die Wirkung der Interferone beruht darauf, dass das sezernierte Interferon durch Bindung an
Rezeptoren umliegender Zellen eine hierarchisch aufgebaute Signalkaskade in Gang setzt, die
zur Expression der interferoninduzierten Gene führt. Diese als Jak-Stat-Weg bezeichnete
Signalkaskade führt zu einer sehr direkten, nur wenige Kopplungselemente umfassenden,
flexiblen Signalübertragung mit hoher Spezifität (Darnell et al., 1994; Schindler, 1999).
Interferon-J vermittelt seine Wirkungen dabei über einen anderen Rezeptor als die Typ-IInterferone, die an einen gemeinsamen Rezeptor binden (Sen und Lengyel, 1992).
Der Typ I-Interferon-Rezeptor besteht aus zwei großen Untereinheiten, IFNAR1 und
IFNAR2. Weitere essentielle Komponenten der durch IFN-D/E vermittelten Signalkaskade
sind die signal transducers and activators of transcription (Stats), Transkriptionsfaktoren, die
latent im Cytoplasma vorliegen und von denen mittlerweile sieben bekannt sind, sowie der
interferonreguliernde Faktor 9 (IRF-9, p48) und die Janus-Kinasen (Jak) (Darnell, 1997;
Mogensen et al., 1999; Samuel, 2001; Stark et al., 1998).
Von diesen Tyrosin-Kinasen sind vier bekannt (Jak1, Jak2, Jak3, Tyk2). Sie weisen eine
Spezifität bezüglich der zugeordneten Rezeptoren auf. So sind in der Typ-I-Interferon
induzierten Signalübertragung die Janus-Kinasen Jak1 und Tyk2 involviert, wobei Jak1 mit
der Typ-I-Rezeptor-Untereinheit IFNAR2- und Tyk2 mit der IFNAR1-Untereinheit assoziiert
ist (Novick et al., 1994; Samuel, 2001; Schindler, 1999). Nach Bindung von Interferon-D/E an
den Rezeptor kommt es zur konformatorischen Umlagerung desselben und zur Aktivierung
der Janus-Kinasen, die sich gegenseitig - vermutlich nach einem trans-Mechanismus phosphorylieren (Novick et al., 1994). Die Janus-Kinase Tyk2 katalysiert in der Folge die
Tyrosin-Phosphorylierung der cytoplasmatischen Domäne von IFNAR1 und anschließend die
Phosphorylierung von Stat2. Dadurch wird die Rekrutierung von Stat1 über die SH-2
Domänen möglich, wobei Stat1 nahe dem C-Terminus phosphoryliert wird (Darnell, 1997;
Goodboorn, et al., 2000).
Die durch die Phosphorylierung aktivierten Stat-Proteine bilden Heterodimere aus und
assoziieren im Folgenden mit einem zur IRF-Familie zählenden Faktor, dem IRF-9 (p48,
ISGF3J), zu einem als ISGF3 (interferonstimulierter Genfaktor 3) bezeichneten Komplex, der
innerhalb von Minuten nach Bindung der Typ I-Interferone an den Rezeptor gebildet wird.
Dieser heterotrimere Komplex bindet an ein cis-aktives DNA-Element, das sog. ISRE
(interferon
stimulated
response
element)
und
kann
so
die
Transkription
der
interferonstimulierten Gene einleiten (Darnell et al., 1994; Levy, 1995; Schindler, 1999; Sen,
2001).
13
1.2.3. Interferon-induzierte Proteine
Zu den interferoninduzierten Genen, von denen mittlerweile über 300 bekannt sind (Der et
al., 1998), zählen u.a. die Proteinkinase R (PKR) und die Oligoadenylatsynthetase (OAS), die
dsRNA abhängige Adenosin Desaminase (ADAR) und die Mx-Proteine sowie das bereits
erwähnte IRF-7. Einige dieser Gene werden von allen Interferontypen induziert, einige
bevorzugt oder ausschließlich von IFN-D/E oder IFN-J (Der et al., 1998; Sen und Lengyel,
1992; Sen, 2001). Die mit der Transkription verschiedener Viren interferierenden MxProteine werden beispielsweise ausschließlich durch Typ I-Interferone induziert.
Eines der am Besten charakterisierten und vor dem Hintergrund dieser Arbeit interessantesten
interferoninduzierten Proteine stellt die PKR (Protein Kinase RNA activated) dar. Diese in
den meisten Zellen konstitutiv in basalen Mengen vorliegende Serin-Threonin-Kinase
(Clemens und Elia, 1997; Proud, 1995; Williams, 1995) wird durch Interferon induziert,
benötigt aber zur Aktivierung einen entsprechenden Induktor wie er z.B. von dsRNA (West
und Baglioni, 1979), Heparin und anderen Polyanionen (Hovanessian und Galabru, 1987)
dargestellt wird. Als ein weiterer dsRNA unabhängiger Aktivator wurde vor kurzem PACT
(PKR activating protein) identifiziert (Patel und Sen, 1998a), welcher die PKR über ProteinProtein-Interaktionen in bestimmten Stresssituationen zu aktivieren vermag (Patel et al.,
2000).
Sehr gut untersucht ist die Aktivierung der PKR über dsRNA. So wurde bei in vitro
Experimenten mit fraktioniertem Zelllysat gezeigt, dass niedrige Mengen an dsRNA zur
Aktivierung der Kinase, hohe Konzentrationen dagegen zur Inaktivierung derselben führen
(West und Baglioni, 1979). Ein möglicher Erklärungsansatz hierfür ist der, dass zwei PKRMoleküle an ein Molekül dsRNA binden müssen, um aktiviert zu werden, was jedoch bei
höheren Konzentrationen an dsRNA unwahrscheinlicher wird (Williams, 1995). Weiterhin ist
bekannt, dass die Bindung der dsRNA nicht sequenzspezifisch ist, sondern vielmehr die
Kettenlänge der dsRNA, die mindestens 11 Basenpaare betragen muss, für die Bindung
entscheidend ist (Williams, 1995).
Die Arbeitsgruppe um Manche (1992) zeigte, dass die Länge des dsRNA-Moleküls zudem die
Fähigkeit die PKR zu aktivieren beeinflusst. dsRNA mit einer Länge von weniger als 30 bp
kann nicht stabil an die PKR binden und ist nicht in der Lage diese zu aktivieren. Moleküle
mit einer Kettenlänge größer als 30 bp binden und aktivieren die Kinase, wobei die Effizienz
mit steigender Kettenlänge zunimmt und bei 85 bp ein Maximum erreicht (Manche et al.,
1992).
14
Eine ganz aktuelle Veröffentlichung von Sledz et al. (2003) zeigt, dass auch siRNA`s zur
Aktivierung des Jak-Stat-Weges und zur Induktion bestimmter ISG`s führen. Gleichzeitig
zeigten sie in diesem Zusammenhang, dass das zur Anschaltung des Jak-Stat-Weges
erforderliche IFN-E für seine Induktion die PKR benötigt, da bei entsprechenden PKR knockout MEF`s die beobachtete IFN-E mRNA-Expression nur unter Kontrollniveau stattfindet.
Verantwortlich für die RNA-Bindung sind zwei dsRNA-Bindedomänen (dsRBD) im
aminoterminalen Bereich der PKR (Green und Mathews, 1992). Nach Bindung von dsRNA
an diese Motive kommt es zur Autophosphorylierung der Kinase und Aktivierung über die im
carboxyterminalen Bereich befindliche katalytische Domäne (KD) (Abb. 3).
Abb. 3: Aktivierung der PKR durch dsRNA.
Die Autophosphorylierung, bei der es sich vermutlich um einen trans-Mechanismus handelt
(Clemens und Elia, 1997) und die neben den Aktivatoren auch zweiwertige Kationen und
ATP benötigt (Williams, 1995), erfolgt an mindestens sieben verschiedenen Serin- und
Threonin-Resten (Clemens und Elia, 1997), wobei Romano et al. (1998) zeigen konnten, dass
die Autophosphorylierung an den Aminosäuren Thr-451 und Thr-446 sowohl in vivo als auch
in vitro für eine volle Kinase-Aktivität erforderlich ist. Erst nach der Autophosphorylierung
ist die PKR in der Lage ihre katalytische (Kinase-) Aktivität zu entfalten und exogene
Substrate zu phosphorylieren (Clemens und Elia, 1997). Das am Besten untersuchte Substrat
ist die D-Untereinheit des Translationsinitationsfaktors eIF2. Dieser kann im phosphorylierten
Zustand die Initation der Translation nicht mehr unterstützen mit der Konsequenz einer
inhibierten Proteinsynthese und gegebenenfalls Einleitung des apoptotischen Zelltods
(Srivastava et al., 1998; Williams, 1999). Auch einige Protein-Protein-Interaktionen sind
15
beschrieben worden (Cuddihy et al., 1999; Patel et al., 2000; Wong et al., 1997). So konnte
beispielsweise die Arbeitsgruppe um Cuddihy (1999) zeigen, dass die PKR mit dem
Tumorsuppressor-Protein p53 über Protein-Protein-Wechselwirkungen kommunizieren kann
und die Kinase zudem in der Lage ist, p53 an der Aminosäure Serin 392 zu phosphorylieren.
Besonders ins Blickfeld rückt in Zusammenhang mit dieser Arbeit die Rolle, die der PKR an
der Interferon-E-Induktion über Aktivierung des für die Ausbildung des IFN-ȕ-Enhanceosoms
essentiellen Transkriptionsfaktors NF-NB zugesprochen wird (Abb. 4).
Ļ
Abb. 4: PKR-abhängige Aktivierung von NF-NB.
Frühe Hinweise diesbezüglich kamen von Untersuchungen, die zeigten, dass der PKRInhibitor 2-Aminopurin die Interferonexpression als Antwort auf eine Virusinfektion oder
poly(IC)-Induktion zu inhibieren vermag (Marcus und Sekellick, 1988; Zinn et al., 1988).
Später konnte dann sowohl eine direkte Phosphorylierung des mit NF-țB assoziierten
Inhibitors INB-D durch die PKR (Kumar et al., 1994) als auch eine indirekte
Phosphorylierung durch Aktivierung des IțB-Kinase-Komplexes gezeigt werden (Gil et al.,
2000; Zamanian-Daryoush et al., 2000), wobei die Frage, ob hierzu eine physikalische
16
Interaktion ausreicht oder ob die katalytische Funktion der PKR nötig ist, unterschiedlich
bewertet wird (Gil et al., 2001; Ishii et al., 2001).
Die Bedeutung, die der PKR bei der Abwehr viraler Infektionen zukommt, wird dadurch
unterstrichen, dass zahlreiche Viren - zum Teil multiple - gegen die PKR gerichtete
Abwehrstrategien entwickelt haben (Gale und Katze, 1998; Katze, 1992; Samuel, 2001).
Zu den vielfältigen antagonistischen Maßnahmen, von denen im Folgenden nur einige wenige
aufgeführt werden sollen, zählen inhibitorische virale RNA Spezies (Mathews und Shenk,
1991), inhibitorische virale (Gale jr. et al., 1997) und zelluläre Proteine (Lee et al., 1992)
sowie eine proteolytische Degradierung der PKR (Black et al., 1989; Black et al., 1993).
Einer der bekanntesten Inhibitoren ist die VAI-RNA des Adenovirus, die kompetitiv mit
dsRNA an die PKR bindet, aber nicht in der Lage ist diese zu aktivieren (Mathews und Shenk,
1991). Das NS5A-Protein des Hepatitis C-Virus bindet und inhibiert die PKR (Gale jr. et al.,
1997). Das Vaccinia-Virus exprimiert einerseits als Pseudosubstrat der PKR das K3L-Protein,
wodurch die Phosphorylierung von eIF-2Į verhindert wird (Davies et al., 1992), und zum
anderen das E3L-Protein, welches dsRNA sequestriert und somit die Aktivierung der PKR
unterbindet (Chang et al., 1992). Auch das Influenza A-Virus hat gleich zwei Strategien
entwickelt die PKR zu umgehen und somit die Interferon-Į/ȕ-Induktion zu unterbinden. Es
maskiert zum einen mit Hilfe seines NS1-Proteins den PKR-Aktivator dsRNA (Lu et al.,
1995), zum anderen inhibiert das Virus die Dimerisierung der PKR durch Aktivierung des
zellulären PKR-Inhibitors p58IPK (Tan et al., 1998). Vom Poliovirus, welches wie HAV zu
den Picornaviridae zählt, ist bekannt, dass es die proteolytische Degradierung der PKR
induziert (Black et al., 1989; Black et al., 1993).
17
1.3.
Zielsetzung
Der Verlauf einer akuten Hepatitis A-Infektion in vivo ist dadurch gekennzeichnet, dass er bis
zum Einsetzen der zellulären Immunantwort klinisch stumm verläuft.
In vitro, wo die adaptive Immunantwort nicht zur Verfügung steht, entwickelt sich eine
persistente Infektion (Flehmig, 1981; Vallbracht et al., 1984). Der Aufbau eines antiviralen
Status unterbleibt. Es konnte gezeigt werden, dass eine HAV-Infektion weder in
Lymphozyten noch in Fibroblasten die Synthese biologisch aktiven Interferons induziert
(Vallbracht et al., 1985). Diese Ergebnisse konnten von Brack et al. (2002) an fetalen
Rhesusaffen-Nierenzellen bestätigt werden. Zudem konnten sie zeigen, dass das Hepatitis AVirus bereits die Transkription des Interferon-E-Gens inhibiert und zudem in der Lage ist, die
durch das doppelsträngige RNA-Analogon poly(IC) induzierbare Interferonexpression zu
unterbinden (Brack et al., 2002).
Ziel dieser Arbeit war es die von Brack et al. (2002) an Affenzellen durchgeführten
Experimente auf ein humanes System zu übertragen. Weiterhin sollten mögliche virale
Angriffspunkte im humanen zellulären System identifiziert werden. Hierbei galt das
besondere Interesse dem Transkriptionsfaktor NF-NB als essentiellem Bestandteil des
Interferon-E-Enhanceosoms sowie der Proteinkinase R, von der in verschiedenen
Zusammenhängen einerseits ihre Beteiligung an der Interferon-Induktion durch NF-NBAktivierung (Kumar et al., 1994) und andererseits an der dsRNA-abhängigen Induktion der
Apoptose (Lee und Esteban, 1994) diskutiert wird.
18
2. MATERIAL UND METHODEN
________________________________________________________________
2.1.
Material
2.1.1.
Virusstämme
2.1.1.1.
Hepatitis A-Virus
Es handelt sich bei diesem HAV-Stamm um ein ursprünglich aus Stuhlproben gewonnenes
Patientenisolat (Flehmig et al., 1977). Passagierung: GBM/ Hek 8/ HFS 23/ MRC-5 6
2.1.1.2.
Vesicular-Stomatitis-Virus
Das aus MDCK-Zellen stammende Vesicular-Stomatitis-Virus (Stamm Indiana) wurde von
Frau Prof. A. Vallbracht zur Verfügung gestellt. Zur Herstellung eines Virusstocks wurde das
Virus in FRHK-4-Zellen oder alternativ in MDCK-Zellen passagiert.
2.1.2.
Zellinien
FRhK-4-Zellen:
fetale Rhesusaffen-Nierenzellen [CBER/FDA, Abteilung für Virologie,
Bethesda, Maryland (USA)]
HepG2-Zellen:
humane Hepatom-Zellinie [American Type Culture Collection,
Virginia (USA)]
MDCK-Zellen
Hunde-Nierenzellen [American Type Culture Collection,
Virginia (USA)]
MRC-5-Zellen:
embryonale Lungenfibroblasten [American Type Culture Collection,
Virginia (USA)]
WISH-Zellen:
humane Amnionzellen; diese wurden freundlicherweise von Frau Prof.
A. Vallbracht zur Verfügung gestellt
2.1.3.
Plasmide
Das verwendete pp53-TA-Luc (Luciferase-Konstrukt) leitet sich von dem Ausgangsvektor
pTA-Luc ab. Der Ausgangsvektor verfügt über eine „multiple cloning site“ (MCS), in die cisaktive Enhancer-Elemente einkloniert wurden (Clontech). Der Enhancer enthält ein
Response-Element für das Protein p53. Als Promotor fungiert eine TATA-Box (PTA), die eine
optimale Induktion gewährleistet und gleichzeitig für einen geringen Hintergrund sorgt. Der
19
Luciferase-codierenden Sequenz des Plasmids ist das „late“-SV40-Polyadenylierungs-Signal
nachgeschaltet, wodurch das optimale „Processing“ des Luciferase-Transkripts garantiert
wird. Upstream der MCS befindet sich ein synthetischer Transkriptionsblocker (TB), der die
Hintergrund-Transkription reduziert.
Plasmidkarte von pTA-Luc
2.1.4.
Zellkulturmedien
Es wurde zur Kultivierung Dulbecco`s modified Eagle`s medium (DMEM) verwendet:
DMEM (Sigma)
2 mM L-Glutamin
26 mM NaHCO3
Zur Vermeidung bakterieller Kontaminationen wurde diesem zugesetzt :
100 U/ml Penicillin
100 µg/ml Streptomycin
Zudem ein variabler Anteil an fetalem Kälberserum (FCS):
Wachstumsmedium
DMEM mit 10 % (v/v) FCS
Erhaltungsmedium
DMEM mit 10 % (v/v) FCS für HepG2-Zellen
DMEM mit 3 % (v/v) FCS für MRC-5-Zellen
DMEM mit 1 % (v/v) FCS für WISH-, FRhK-4- und MDCKZellen
20
Als Einfriermedien kamen zum Einsatz:
MRC-5-Zellen
70 % DMEM (mit 10 % (v/v) FCS + P/S)
20 % (v/v) FCS
10 % (v/v) Dimethylsulfoxid (DMSO)
alle anderen Zellen
10 % DMSO in FCS
Bei Virusinfektionen und Titrationen sowie Induktion von Zellen mit poly(IC) wurde stets mit
serumfreiem DMEM unter Zusatz von P/S gearbeitet.
2.1.5.
Antibiotika/Fungizide
Actinomycin D
Sigma
Cycloheximid
Sigma
Penicillin (100 U/ml)
Sigma
Streptomycin (100 µg/ml)
Sigma
Amphotericin B (Fungizone)
Gibco BRL
2.1.6.
Synthetische Nukleinsäuren
2.1.6.1.
RT-PCR-Primer
RT-PCR-Primer zum Nachweis von Interferon-ȕ (Takizawa et al., 1995)
Sense-Primer
(nt 361 - nt 380)
5`-ACCAACAAGTGTCTCCTCCA-3`
Antisense-Primer
(nt 893 - nt 912)
5`-GAGGTAACCTGTAAGTCTGT-3`
RT-PCR-Primer zum Nachweis von ȕ-Actin (Wünschmann, 1998)
Sense-Primer
(nt 751 - nt 774)
5`- AGAAGAGCTACGAGCTGCCTGACG-3`
Antisense-Primer
(nt 1107 - nt 1131)
5`- CGTCATACTCCTGCTTGCTGATCC-3`
Alle Primer wurden von MWG Biotech synthetisiert.
21
2.1.6.2.
Diverse
Polyinosin-Polycytidinsäure [poly(IC)]
Sigma
Deoxynucleosid Triphosphat Set
Roche Diagnostics
2.1.7.
Antikörper
Immunfluoreszenz
anti-HAV (Maus IgG2a), Klon 7E7
Mediagnost
anti-Maus-IgG (Ziege), FITC-markiert
Kierkegaard & Perry Laboratories
anti-Maus-IgG (Ziege), TRITC-markiert
Kierkegaard & Perry Laboratories
anti-Maus-IgG (Ziege), Texas Rot-markiert
Kierkegaard & Perry Laboratories
anti-NF-țB p65 (Kaninchen IgG)
Santa Cruz
anti-Kaninchen-IgG (Ziege), Biotin konjugiert
Santa Cruz
Western-Blot
anti-PKR B10 (Maus IgG2a)
Santa Cruz
anti-Maus-IgG (Ziege), HRP konjugiert
Santa Cruz
451
anti-PKR [pT
] (Kaninchen)
Biosource
anti-PKR D20 (Kaninchen IgG)
Santa Cruz
anti-Kaninchen-IgG (Ziege), HRP konjugiert
Santa Cruz
anti-Actin C11 (Ziege IgG)
Santa Cruz
anti-Ziege-IgG (Esel), HRP konjugiert
Santa Cruz
2.1.8.
Enzyme
DNAse I (RNase-frei)
Boehringer Mannheim
ExpandTM Reverse Transkriptase
mit 5x Reaktionspuffer
Roche Diagnostics
Taq DNA-Polymerase
mit 10x Reaktionspuffer
Roche Diagnostics
Trypsin mit Natrium-EDTA (0,2 g/l)
Sigma
22
2.1.9.
Sonstige Proteine
Cytokine
Interferon-D-2A (Roferon®)
Roche
Interferon-E (Betaferon®)
Schering
Interleukin-4
Sigma
Tumornekrosefaktor-D (TNF-D)
Sigma
Diverse
Bovines Serumalbumin (BSA, Fraktion V)
Boehringer Mannheim
ExtrAvidin, FITC markiert
Sigma
Fetales Kälberserum (FCS)
Gibco BRL
Ovalbumin
Sigma
2.1.10.
Standards
Cruz MarkerTM Molecular Weight Standards
Santa Cruz
DNA-Längenstandard „1 kb-DNA-Leiter“
Gibco BRL
2.1.11.
Kits
Bio-Rad Protein Assay (Bradford-Reagenz)
Bio-Rad
Luciferase Assay
Clontech
Mycoplasma Detection Kit
Roche Diagnostics
Protease Inhibitor Cocktail
Sigma
Western Blotting Luminol Reagent
Santa Cruz
2.1.12.
Chemikalien
Aceton
Merck
Acrylamid
Pharmacia Biotech
Ammoniumpersulfat
Serva
Agarose
Biozym
Ammoniumacetat
Merck
Methylenbisacrylamid
Pharmacia Biotech
Bromphenolblau
Merck
23
Calciumchlorid
Merck
Chloroform
Fluka Chemica
DAPI
Sigma
DEAE-Dextran
Sigma
Desoxycholsäure, Natrium-Salz
Aldrich
Diethylpyrocarbonat (DEPC)
Sigma
Dimethylsulfoxid (DMSO)
Merck
Dithiothreitol (DTT)
Sigma
Eindeckmedium Citifluor AF1
Citifluor Ltd
Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA)
Sigma
EGTA
Boehringer Mannheim
Essigsäure
Merck
Ethanol
Roth
Ethidiumbromid
Sigma
Evans Blue
Sigma
Formaldehyd-Lösung, mind. 37 %
Merck
Glycerol (86-88%)
Riedel-de Haen
Glycin
Riedel-de Haen
Guanidinthiocyanat
Roth
Harnstoff
Serva
Immersionsöl 518C
Zeiss
Isoamylalkohol
Merck
Isopropanol
Fluka Chemica
Kaliumchlorid
Riedel-de Haen
Kaliumdihydrogenphosphat
Riedel-de Haen
Kristallviolett
Merck
N-Lauroyl-Sarcosin (Sarcosyl)
Sigma
Magnesiumchlorid
Merck
2-Mercaptoethanol
Sigma
Methanol
Fluka
Methionin
Merck
Methylcellulose
Sigma
Milchpulver
Saliter
MTT
Sigma
24
Natriumacetat
Merck
Natriumazid
Acros Organics
Natriumchlorid
Janssen Chimica
Natriumcitrat
Riedel-de Haen
Natrium-EDTA
Sigma
Natriumfluorid
Fluka Biochemika
Natriumhydroxid
Fluka Chemica
Natriumorthovanadat
Aldrich
Natriumhydrogenphosphat
Merck
Natriumpyrophosphat, wasserfrei
Fluka Chemica
Nonidet P-40
Sigma
Paraformaldehyd
Fluka Chemica
Phenol (wassergesättigt)
Roth
Phenylmethylsulfonylfluorid (PMSF)
Boehringer Mannheim
Salzsäure
Merck
Sodiumdodecylsulfat (SDS)
Pharmacia Biotech
Sucrose
Janssen Chimica
TEMED
Pharmacia Biotech
Tris-Base
Sigma
Tris-HCl
Sigma
Triton® X-100
Serva
Trypanblau
Sigma
Tween-20
Serva
2.1.13.
Puffer und Lösungen
2.1.13.1.
Bestimmung der Zellzahl
0,4 % (w/v) Trypanblau
2.1.13.2.
in 0,81 % (w/v) NaCl/ 0,06 % (w/v) K2HPO4
Zellvitalitätstest mit MTT
MTT-Lösung
5 mg MTT/ml in PBS (pH 7,4) lösen, steril
filtrieren und bei 4 °C lichtgeschützt lagern,
ggf. Ultraschall-Behandlung bei schlechter
Löslichkeit
Solubilisierungslösung
10 % (w/v) SDS in 0,01 N HCl, Lagerung bei RT
25
2.1.13.3.
Mykoplasmen-Test mittels DAPI-Färbung
Carnoy`s Fixierer
25 % (v/v) Eisessig in Methanol
DAPI-Lösung
1 µg/ml DAPI in PBS
2.1.13.4.
Indirekte Immunfluoreszenz
Fixierung & Permeabilisierung
90 % (v/v) Aceton in PBS (-20 °C)
Fixierung
4 % (w/v) Paraformaldehyd in PBS,
über Nacht bei Raumtemperatur rühren,
vor Gebrauch filtrieren
Permeabilisierung
Methanol (-20 °C)
Blockierung
10 % (v/v) FCS in PBS
Antikörperverdünnungen
1,5 % (v/v) FCS in PBS
2.1.13.5.
Plaquereduktionstest
1 % (w/v) Methylcellulose in DMEM
2 g Methylcellulose in 30 ml kochendem HBSS
anlösen und zusammen mit einem Rührfisch
autoklavieren. Anschließend wird mit auf 37 °C
temperierten DMEM auf 200 ml aufgefüllt und
für 30 Minuten bzw. bis eine klare Lösung
entstanden ist bei 4 °C gerührt. Vor Verwendung
des Mediums werden noch 2 % (v/v) FCS, sowie
Penicillin (100 U/ml), Streptomycin (100 µg/ml)
und Amphotericin B (2,5 µg/ml) zugegeben. Die
Lagerung erfolgt bei 4 °C.
Hanks` balanced salt solution (HBSS; Sigma)
4 % (v/v) Formaldehyd in Aqua destillata
4 % (w/v) Kristallviolett in Aqua destillata
2.1.13.6.
Lösung D
RNA-Isolierung durch saure Guanidin-/Phenol-Extraktion
(nach Chomczynski und Sacchi, 1987)
4 M Guanidinthiocyanat
25 mM Natriumcitrat
0,5 % (w/v) Sarcosyl
100 mM 2-Mercaptoethanol
pH 7,0
26
2 M Natriumacetat (pH 4,0)
Phenol, wassergesättigt
Chloroform/ Isoamylalkohol (Mischungsverhältnis 49:1)
Isopropanol (-20 °C)
75 % (v/v) Ethanol in DEPC-H2O (-20 °C)
2.1.13.7.
DNA-Verdau durch DNase I
2x DNase I Puffer
2.1.13.8.
20 mM MgCl2
0,1 M Tris
pH 7,5
Phenol-Chloroform-Extraktion und Ethanol-Präzipitation von Nukleinsäuren
Phenol, wassergesättigt
Chloroform/ Isoamylalkohol (Mischungsverhältnis 24:1)
3 M Natriumacetat (pH 4,8)
Ethanol abs. (-20 °C)
70 % (v/v) Ethanol in DEPC-H2O (-20 °C)
2.1.13.9.
Agarose-Gelelektrophorese
50x TAE-Puffer
2 M Tris
0,25 M Natriumacetat
0,05 M EDTA
pH 7,8
Probenpuffer
40 % (w/v) Sucrose
1 mM EDTA (pH 8,0)
0,1 % (w/v) SDS
0,05 % (w/v) Bromphenolblau
DNA-Größenstandard
60 µl 1 kb-DNA-Leiter (1 µg/ml)
40 µl 10x TAE-Puffer
100 µl Probenpuffer
ad 500 µl Aqua destillata
10 min bei 56 °C inkubieren, Lagerung -20 °C
Ethidiumbromid
10 mg/ml in Aqua dest., Lagerung bei 4 °C
27
2.1.13.10.
Calcium-Phosphat-Transfektion
TE-Puffer
10 mM Tris
1 mM EDTA
pH 7,8; Lösung autoklavieren
2x HBS
50 mM HEPES
1,5 mM Na2HPO4
280 mM NaCl
pH 7,13 (exakt), Lösung sterilfiltrieren
Glycerol-Schocklösung
15 % (v/v) Glycerol in HBS
Lösung bei 100 °C autoklavieren
Calciumchlorid-Lösung
2 M CaCl2 in Aqua destillata
Lösung autoklavieren
2.1.13.11.
DEAE-Dextran-Transfektion
DEAE-Dextran (stock-Lsg.)
10 mg DEAE-Dextran/ml in DEPC-H2O lösen,
sterilfiltrieren, Lagerung bei 4 °C
poly(IC) (stock-Lsg.)
2 mg/ml in sterilem RNase-freien H2O lösen,
aliquotiert bei -80 °C lagern
2.1.13.12.
RITA-Puffer
Proteinextraktion
10 mM Tris (pH 7,5)
150 mM NaCl
2 mM Methionin
1 % (w/v) Natrium-Desoxycholat
0,02 % (w/v) NaN3
1 % (v/v) Nonidet P40
1 mg/ml Ovalbumin
0,1 % (w/v) SDS
1 mM PMSF
Lagerung bei 4 °C
28
Extraktionspuffer (nach Firma Biosource) 10 mM Tris pH 7,4
100 mM NaCl
1 mM EDTA
1 mM EGTA
1 mM NaF
20 mM Na4P2O7
2 mM Na3VO4
1 % (w/v) Triton-X-100
10 % (w/v) Glycerol
0,1 % (w/v) SDS
0,5 % (w/v) Desoxycholat
1 mM PMSF
Protease Inhibitor Cocktail, 250 µl auf 5 ml
Lagerung
der Puffer kann 2-3 Wochen bei 4 °C oder
alternativ aliquotiert für 6 Monate bei -20 °C
(jeweils ohne Protease Inhibitoren und PMSF !)
aufbewahrt werden
Zu Beachten !
Protease-Inhibitoren direkt vor Gebrauch zugeben
Stabilität nach Zugabe 24 h bei 4 °C;
PMSF auf Grund der Instabilität unmittelbar vor
Verwendung zugeben
2.1.13.13.
Proteinbestimmung nach Bradford
BSA-Stammlösung:
Stammlösung mit einer Konz. von 1 mg/ml BSA
in Aqua dest., aus dieser erfolgt die Herstellung
verschiedener (50-1000 µg/ml) Verdünnungen
zur Erstellung einer Standardkurve, anhand derer
die Proteinkonzentration der Probe ermittelt wird
Bradford Reagenz (Bio-Rad):
1:5 mit Aqua dest. verdünnt und filtriert
2.1.13.14.
SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) und Western-Blot
4x Lower Tris
1,5 M Tris (pH 8,8)
0,4 % (w/v) SDS
4x Upper Tris
0,5 M Tris pH 6,8
0,4 % (w/v) SDS
Acrylamid Stammlösung
29 % (w/v) Acrylamid
1 % (w/v) Bisacrylamid
29
Protein-Proben-Puffer
62,5 mM Upper Tris
40 % (w/v) Sucrose
12 % (w/v) SDS
0,025 % (w/v) Bromphenolblau
8 % (v/v) 2-Mercaptoethanol
Elektrophoresepuffer
25 mM Tris Base
192 mM Glycin
0,1 % (w/v) SDS
Renaturierungspuffer
10 mM TrisBase pH 7,0
50 mM Natriumchlorid
4 M Harnstoff
0,1 mM DTT
Blottingpuffer
25 mM Tris Base
192 mM Glycin
TBS
10 mM Tris-HCl (pH 8,0)
150 mM Natriumchlorid
TBS mit Tween-20
10 mM Tris-HCl (pH 8,0)
150 mM Natriumchlorid
0,05 % (w/v) Tween20
Blockierung
5 % (w/v) Magermilchpulver in TBS
Blockierung für 1 Stunde:
+ 0,05 % (w/v) Tween-20
Blockierung über Nacht:
ohne Emulgator-Zusatz
Waschpuffer
Tris gepufferte Salzlösung mit und ohne 0,05 %
(w/v) Tween-20
Stripping-Puffer
62,5 mM Tris Base (pH 6,8)
2 % (w/v) SDS
100 mM 2-Mercaptoethanol
10 % ige (w/v) Ammoniumpersulfatlösung in Aqua dest.
0,1 % ige (w/v) SDS-Lösung in Aqua dest.
0,1 % (w/v) Bromphenolblau
30
2.1.13.15.
Diverse
PBS
140 mM NaCl
2,7 mM KCl
6,5 mM Na2HPO4
1,5 mM KH2PO4
pH-Wert: 7,4
RNase-freies H2O (DEPC-H2O)
0,1 % (v/v) DEPC in Aqua destillata
über Nacht bei Raumtemperatur rühren,
anschließend 2x autoklavieren
2.1.14.
Verbrauchsmaterialien
Chamber slides, TPX, 8-well
Nunc
Combitips
Eppendorf
Deckgläser
Omnilab
Einmalküvetten
Plastibrand
ELISA Platten
Nunc
Falcon-Röhrchen
Greiner
Filterpapier
Whatman
Kanülen
Braun
Mikroplatten 1450-401 mit 96 Wells
Wallac
Multipipettenaufsätze
Eppendorf
Nitrozellulose
Schleicher & Schüll
Parafilm „M“
American National Can
Pasteur-Pipetten
Brand
Pipettenspitzen
Eppendorf
PCR-Reaktionsgefäße
Biozym
Reaktionsgefäße
Eppendorf
Röntgenfilm X-Omat-AR
Kodak
Sofortbilder 667 Filmpack
Polaroid
Spitzröhrchen
Greiner
Zell- und Gewebekulturgefäße
Nunc
Zellschaber
Nunc
31
2.1.15.
Geräte und andere Hilfsmittel
Analysenwaage BP 61
Sartorius
Analysenwaage MC 1
Sartorius
Begasungsbrutschrank
Heraeus
®
ELISA-Reader mit Software SOFTmax PRO
Molecular Devices
Blot-Kammer
Hoefer Scientific Instruments
Entwicklungsmaschine SRX-101
Konika
Fluoreszenzmikroskop
Olympus
Fluoreszenzmikroskop “Axioskop 2“
Zeiss
Fuchs-Rosenthal-Zählkammer
Assistent
Gelkammern, horizontal und vertikal
Bio Rad
Glaspipetten
Hirschmann EM
Glaswaren
Schott, Brand, B.Braun
Kühlzentrifuge 5403
Eppendorf
Lumineszenz-Counter Trilux 1450 MicroBeta
Wallac
Magnetrührtisch RCT basic
Ika Labortechnik
Mehrkanalpipetten
Eppendorf
Microfuge ETM
Beckman
Mikroskop Labovert FS
Leitz
Mikroskop Wilovert S
Hund
Multipipetten
Eppendorf
pH-Meter
WTW
Pipettierhilfe Pipetboy
Integra Biosciences
Power Supply 200/2.0
Bio-Rad
Power Pac 300
Bio-Rad
Saugpumpe Vacuboy
Integra Biosciences
Schüttler Red Rotor
Sofortbildkamera MP4
Hoefer
+
Polaroid
Speedvac SC 110
Savant
Spektralphotometer DU® 640
Beckman
Sterilbank Lamin Air HB 2448 & HB 2472S
Heraeus
Thermocycler Gene AmpTM PCR System 2400
Perkin Elmer
Tischzentrifuge 5415 C
Eppendorf
32
Thermomixer 5436
Eppendorf
Ultraschallgerät
Bandelin
UV-Handlampe VL-6C
Serva
UV-Transilluminator Mighty Bright
Hoefer
Vakuumbackofen
Heraeus
Vortexer VF2
Ika Labortechnik
Wasserbad
Memmert
Western Blot-Apparatur Mighty Small
Hoefer
Zentrifuge CS-6R mit Rotor GH 3.7.
Beckmann
33
2.2.
Methoden
2.2.1.
Kultivierung von Zellen
Die Kultivierung der Zellen erfolgte durchweg bei 37° C und 5 % CO2, als Medium diente
Dulbecco`s Modified Eagle`s Medium (DMEM) mit Penicillin (100 U/ml) und Streptomycin
(100 µg/ml) als antibakterielle Agenzien. Als Wachstumsmedium wurde DMEM mit einem
10 %igem FCS-Anteil verwendet. Letzteres diente für die HepG2-Zellen auch als
Erhaltungsmedium, während WISH-, MDCK- und FRhK-4-Zellen mit 1 %igem Serumzusatz
kultiviert wurden. Ein Mediumwechsel erfolgte einmal pro Woche, lediglich bei den MRC-5Zellen erfolgte zweimal wöchentlich ein Austausch des Mediums, sie erhielten als
Erhaltungsmedium DMEM mit einem 3 %igen FCS-Zusatz. Die Passagierung erfolgte sobald
sich ein konfluenter Monolayer ausgebildet hatte, in der Regel nach 10 Tagen. Das
Splittungsverhältnis richtete sich nach dem Wachstumsverhalten der entsprechenden Zellinien
und betrug bei FRhK-4-Zellen 1:8, HepG2-, MDCK- und WISH-Zellen 1:4 sowie 1:2 für
MRC-5-Zellen. Bei letzteren erfolgte bereits einen Tag nach der Subkultivierung ein
Mediumwechsel. Alle Zellen wurden nach dem Abtrypsinieren direkt in die neuen
Zellkulturgefäße überführt. Lediglich die MRC-5-Zellen wurden nach dem Abtrypsinieren
einmal mit Wachstumsmedium gewaschen und erst dann in die entsprechenden Kulturgefäße
überführt.
2.2.2.
Kryokonservierung und Auftauen von Zellen
Für die Kryokonservierung wurden die Zellen abtrypsiniert, in 10 ml Wachstumsmedium
aufgenommen und 10 min bei 1200 rpm zentrifugiert. Nach einem erneuten Waschschritt mit
Wachstumsmedium wurde das Zellpellet in eiskaltem Einfriermedium vorsichtig aber zügig
resuspendiert, in Kryoröhrchen überführt und umgehend bei zunächst -80° C eingefroren.
Nach etwa 12 Stunden erfolgte die Überführung in den flüssigen Stickstoff. Zur
Rekultivierung der konservierten Zellen wurden diese bei 37° C aufgetaut, einmal mit
Wachstumsmedium gewaschen und in die entsprechenden Zellkulturgefäße überführt. Einen
Tag nach dem Auftauen wurde ein Mediumwechsel durchgeführt.
34
2.2.3.
Bestimmung der Zellzahl
20 µl einer im Verhältnis 1:2 mit PBS verdünnten Zellsuspension wurde mit dem gleichen
Volumen einer 0,2 %igen Trypanblaulösung gemischt und mit Hilfe einer Fuchs-RosenthalKammer unter Einbeziehung des Kammer- und Verdünnungsfaktors die Zellzahl bestimmt.
Zudem konnte die Lebensfähigkeit der Zellen ermittelt werden, da der Farbstoff nur in tote
Zellen einzudringen vermag und diese im mikroskopischen Bild durchgängig blau erscheinen.
2.2.4.
Zellvitalitätstest mit MTT
Dieser kolorimetrische Test eignet sich zur Überprüfung von Lebensfähigkeit und Wachstum
der Zellen und somit auch zur Bestimmung von etwaigen Vitalitätseinbußen der Zellen nach
Inkubation derselben mit diversen möglicherweise zytotoxischen Agenzien. Das Prinzip
dieses Testes beruht darauf, dass der schwach gelbe Farbstoff 3-(4,5-dimethylthiazol-2-yl)2,5-diphenyl-Tetrazoliumbromid (MTT) in lebende Zellen eindringt und dort metabolisiert
wird. Dies geschieht durch mitochondriale Dehydrogenasen, die den Tetrazoliumring des
Farbstoffs aufspalten und zwar in dem Ausmaß, das der Vitalität der Zellen entspricht. Als
Reduktionsprodukt entsteht das dunkelblaue Formazan. Durch Zugabe von SDS als Detergens
werden die Zellen lysiert und das Formazan freigesetzt. Die Extinktion der entstehenden
Formazan-Lösung wird bei 490 nm gegen eine Referenzwellenlänge von 650 nm im ELISAReader bestimmt.
Zur Bestimmung der Zellvitalität wurden MRC-5-Zellen in 96 Well-Mikrotiterplatten
ausgesät und solange kultiviert bis sich ein konfluenter Monolayer ausgebildet hatte.
Anschließend
wurde
überprüft,
Transfektionsbedingungen
bzw.
ob
die
die
dazu
für
die
poly(IC)-Induktion
verwendeten
Agenzien
einen
gewählten
vitalitäts-
beeinflussenden Effekt auf die MRC-5-Zellen ausüben. Wurde der Test mit HAV/GBM
infizierten Zellen durchgeführt, so erfolgte die Infektion zu dem Zeitpunkt, an dem die Wells
der Mikrotiterplatte zu ca. 80 % bewachsen waren und die Austestung 4 Tage p.i. Hierzu
wurden die Zellen mit den entsprechenden Ansätzen inokuliert, wobei die äußeren Wells der
Mikrotiterplatte wegen größerer Verdunstung grundsätzlich nicht beschickt wurden. Nach
Ablauf der gewählten Induktionszeit wurden die Inokula entfernt und die Zellen mit 100 µl
Erhaltungsmedium beschickt. Zusätzlich wurde 10 µl MTT-Lösung in die betreffenden Wells
pipettiert und die Mikrotiterplatten für 4 h bei 37° C inkubiert. Durch Zugabe von 100 µl
Solubilisierungslösung pro Well und Inkubation bei 37° C über Nacht erfolgte die Lyse der
35
Zellen, dadurch der Abbruch der Umsetzung und die Lösung des Formazans. Die Extinktion
wurde bei 490 nm (Referenzwellenlänge 650 nm) gemessen. Als Leerwert dienten bei jeder
Bestimmung zwei Wells mit Zellen, die zeitgleich mit den zu testenden Ansätzen lysiert
wurden, denen aber das MTT erst unmittelbar vor Messung der Extinktionen zugesetzt wurde.
2.2.5.
Mykoplasmen-Test
Alle verwendeten Zellinien sowie sämtliche hochgezogene Viruspoole wurden regelmäßig auf
verdeckte Mykoplasmen-Kontaminationen untersucht. Letztere stellen in der Forschung beim
Einsatz von Zellkulturen ein großes Problem dar, da sie vielfältig in den Stoffwechsel der
befallenen Zellen eingreifen, ohne dabei in der Regel ihre Wirtszellen so zu beeinflussen, dass
eine mikroskopische Veränderung der Zellen zu beobachten ist.
DAPI-Färbung
Kontaminationen mit Mykoplasmen können mit geringem Arbeitsaufwand durch Anfärbung
der Mykoplasmen-DNA mit dem spezifisch an die DNA-bindenden Fluorochrom DAPI
detektiert werden. Dazu wurden die Zellen in eine Mikrotiterplatte ausgesät und bis zu einer
Konfluenz von 50-70 % kultiviert. Die Zellen wurden nacheinander je einmal mit PBS,
PBS/Carnoy`s Fixierer (1:1) und eiskaltem Carnoy`s Fixierer gewaschen und mit letzterem
für 10 min bei Raumtemperatur inkubiert. Nach Abnahme desselben wurden die Zellen
einmal mit H2O gewaschen. Anschließend erfolgte die Färbung mit DAPI-Lösung (1 µg/ml)
für 10 min bei RT im Dunkeln. Nach einem erneuten Waschschritt mit H2O erfolgte die
Auswertung am Fluoreszenzmikroskop.
Es wurde jeweils eine Positivkontrolle mitgeführt, da beispielsweise auch Kerntrümmer
zerfallender Zellen mit angefärbt werden, die sich aber in Größe und Form von den
Mykoplasmen unterscheiden.
Mycoplasma Detection Kit
Im Gegensatz zur DAPI-Färbung können hier lediglich M. arginini, M. orale, M. hyorhinis
und M. laidlawii detektiert werden. Diese gelten allerdings als Hauptkontaminanten. Im
Gegensatz zur DAPI-Färbung bietet der ELISA-Kit den Vorteil, nicht der subjektiven
Betrachtungsweise des Beobachters zu unterliegen.
36
Bei der Verwendung des Kits werden die Überstände der zu untersuchenden Zellkulturen oder
Proben zu testender Viruspoole eingesetzt. Die Durchführung erfolgte entsprechend der
Herstellerangaben (Roche Diagnostics).
2.2.6.
Virusinfektion
Infektion von Zellen mit HAV
MRC-5-Zellen wurden in 96 Well-Mikrotiterplatten, 6- oder 10 cm-Zellkulturschalen oder
Zellkulturflaschen diverser Größen ausgesät und je nach Versuchsansatz solange kultiviert bis
sie zu 80 % konfluent oder konfluent gewachsen waren. Der Viruspool wurde unverdünnt
eingesetzt oder aber die gewünschte MOI mit serumfreiem Medium eingestellt. Für die mockKontrollen wurde serumfreies Medium eingesetzt und/oder ein Inokulum aus einem parallel
zum Viruspool hochgezogenen Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen. Dieser wird
nachfolgend stets als „Lysat“ bezeichnet. Die Infektion erfolgte für 2 h bei 37° C und 5 %
CO2, wobei ein möglichst kleines Volumen des Inokulums eingesetzt wurde. So wurden
beispielsweise für eine 6 cm-Zellkulturschale 500 µl eingesetzt. Während der zweistündigen
Inkubationsdauer wurden die betreffenden Zellkulturschalen oder -flaschen gelegentlich
geschwenkt, um ein Austrocknen der Zellen zu vermeiden. Nach Ablauf der Inkubationszeit
wurde das Inokulum entfernt, die Zellen mit HBSS oder serumfreiem Medium gewaschen und
in Erhaltungsmedium weiterkultiviert. Es wurden nur Zellkulturen eingesetzt, die im Vorfeld
auf Mykoplasmenfreiheit getestet worden waren.
Infektion von Zellen mit VSV
Die
Infektion
mit
dem
Vesicular-Stomatitis-Virus
erfolgte
im
Rahmen
des
Plaquereduktionstestes zum Nachweis von Interferon (2.2.10).
2.2.7.
Indirekte Immunfluoreszenz
2.2.7.1.
Nachweis von HAV-Antigen
Der Nachweis von HAV-Antigen erfolgte mittels indirekter Immunfluoreszenz.
Zunächst wurde das Medium von den Zellen entfernt und diese einmal mit PBS gewaschen.
Es folgte die Fixierung und Permeabilisierung mit einer 90 %igen Aceton-Lösung für 20 min
37
bei -20° C. Das Aceton wurde von den Zellen entfernt und diese dreimal mit PBS gewaschen.
Es folgte die Inkubation der Zellen mit einem HAV-spezifischen monoklonalen Antikörper
(Maus-anti-HAV, Klon 7E7, 1:400 verdünnt) für eine Stunde bei 37° C. Überschüssige, nicht
gebundene Antikörper wurden durch dreimaliges Waschen mit PBS entfernt. Es folgte eine
45-minütige Inkubation bei 37° C mit einem sekundären, FITC-markierten Antikörper (Ziegeanti-Maus, 1:60 verdünnt). Die Antikörperverdünnungen wurden in PBS hergestellt. Der
sekundären Antikörper-Verdünnung wurde Evans Blue in einer Konzentration von 0,25 %
zugesetzt. Die Verwendung von Evans Blue erleichert die mikroskopische Auswertung,
indem es den Hintergrund rot färbt und dadurch den Farbkontrast zur grünen Fluoreszenz des
FITC erhöht. Nach Ablauf der 45-minütigen Inkubation mit dem Sekundärantikörper wurden
die Zellen erneut dreimal gewaschen. Die Auswertung erfolgte am Epifluoreszenzmikroskop.
2.2.7.2.
Nachweis der Lokalisation des Transkriptionsfaktors NF-NB
Der Nachweis von NF-NB erfolgte ebenfalls über indirekte Immunfluoreszenz.
Da als Prototyp des NF-NB`s ein Heterodimer aus einer p50/p65 Untereinheit gilt (Mercurio
und Manning, 1999) und p65 aufgrund seiner hohen transaktivierenden Potenz eine
herausragende Rolle zukommt, wurde für die Detektion ein polyklonaler anti-p65-Antikörper
ausgewählt. Biotin-Avidin als Nachweissystem wurde verwendet, da hiermit eine größere
Sensitivität erreicht werden kann.
Nach Beendigung der Induktion (2.2.19.) wurde das Medium von den Zellen entfernt. Die
Zellen wurden einmal mit PBS gewaschen und anschließend für 20 min mit 4 %iger
Paraformaldehyd-Lösung bei RT fixiert. Die Paraformaldehyd-Lösung wurde abgenommen
und die Zellen für 6 min bei -20° C mit Methanol permeabilisiert. Um unspezifische
Bindefähigkeiten auszuschalten, wurden die Zellen nach dreimaligem Waschen mit PBS über
Nacht bei 37° C mit 10 % (v/v) FCS in PBS inkubiert, zudem wurden alle AntikörperVerdünnungen in PBS mit 1,5 %igem FCS-Anteil hergestellt.
Nach Beendigung der nächtlichen Blockierung wurden die Zellen für 1 h mit einem
polyklonalen Primärantikörper (Kaninchen-anti-NF-NB p65, 1:20 verdünnt) bei 37° C
inkubiert. Die Zellen wurden dreimal für jeweils 5 min mit PBS gewaschen und anschließend
für 45 min mit einem biotinilierten Sekundärantikörper (Ziege-anti-Kaninchen) in einer
Verdünnung von 1:75 inkubiert. Es erfolgte ein erneuter Waschschritt für dreimal 5 min mit
PBS, um überschüssigen, nicht gebundenen Antikörper zu entfernen. Nach einer weiteren 4538
minütigen Inkubation mit FITC-konjugiertem Avidin (Verdünnung 1:400) und wiederholtem
Waschen nach obigem Schema erfolgte die Auswertung mittels Epifluoreszenzmikroskop.
2.2.8.
Herstellung von Viruspools
2.2.8.1.
Hepatitis A-Virus
Zur Erstellung eines HAV-Pools wurden MRC-5-Zellen in 180 cm2-Zellkulturflaschen
ausgesät und solange kultiviert bis die Kulturfläche zu etwa 80 % bewachsen war. Die
Infektion erfolgte mit einem ebenfalls in MRC-5-Zellen hochgezogenen HAV/GBM-Pool
(Ursprung: GBM/Hek 8/HFS 23/MRC-5 6) für 2 h bei 37° C. Parallel dazu wurden zur
Erstellung eines Kontrollpools Zellen lediglich mit serumfreiem Medium inkubiert. Das
Inokulum pro 180 cm2-Zellkulturflasche betrug 7 ml. Nach Ablauf der 2-stündigen Inkubation
wurden die Inokula abgenommen, die Zellen mit 30 ml Erhaltungsmedium beschickt und für
14-21 Tage bei 37° C kultiviert. Eine Woche nach der Infektion erhielt jede Zellkulturflasche
weitere 10 ml Erhaltungsmedium. Nach Ablauf der gewählten Kultivierungsdauer wurde das
Virus durch dreimaliges Einfrieren bei -80° C und Auftauen bei RT aus den Zellen
freigesetzt. Die erhaltene Zellsuspension wurde in ein Falconröhrchen überführt und einer 20
sec Ultraschallbehandlung auf Eis unterzogen. Nach Abzentrifugation der Zelldebris für 10
min bei 2500 rpm, wurden die erhaltenen Überstände aliquotiert und bis zur Titerbestimmung
bzw. weiteren Verwendung bei -80° C gelagert.
Der parallel zum Viruspool hochgezogene Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen wird in
dieser Arbeit durchgängig als „Lysat“ bezeichnet.
2.2.8.2.
Vesicular-Stomatitis-Virus
Für die Herstellung von VSV-stocks wurde als Ausgangsvirus ein aus MDCK-Zellen
stammender VSV-Pool (Stamm Indiana) verwendet.
FRhK-4- oder MDCK-Zellen wurden in 80 cm2-Zellkulturflaschen ausgesät, und nachdem
sich ein nahezu konfluenter Monolayer ausgebildet hatte, für 2 h bei 37° C infiziert. Dazu
wurde das zur Verfügung stehende Ursprungsvirus mit serumfreiem Medium 1:2 verdünnt
und 1 ml dieses Inokulums zur Infektion eingesetzt. Nach Ablauf der Inkubationszeit wurde
das Inokulum entfernt und die Zellen dreimal mit HBSS gewaschen. Anschließend erhielten
die MDCK- bzw. FRhK-4-Zellen Erhaltungsmedium, in dem sie solange bei 37° C kultiviert
39
wurden, bis alle Zellen zerstört waren (in der Regel nach 3-4 Tagen). Die virushaltige
Zellsuspension wurde in ein Falconröhrchen überführt und für 15 min bei 2000 rpm die
Zelltrümmer abzentrifugiert. Anschließend wurden die Überstände auf Eis aliquotiert, die
Aliquots über Nacht bei -80° C gelagert und anschließend in den flüssigen Stickstoff
überführt.
2.2.9.
Bestimmung des 50 %-Endpunkttiters (TCID50/ml)
MRC-5-Zellen wurden in 96 Well-Mikrotiterplatten ausgesät und bei 37° C und 5 % CO2
kultiviert bis sie zu 80 % konfluent gewachsen waren. Dies war in der Regel nach 2-3 Tagen
der Fall. Von den zu testenden Virussuspensionen wurden in serumfreiem Medium jeweils
zwei voneinander unabhängige logarithmische Verdünnungsreihen (10-1-10-8) zur Basis 10
erstellt. Je 8 Wells der Mikrotiterplatte wurden mit 50 µl der jeweiligen Verdünnungsstufe für
2 h bei 37° C inokuliert. Als Positivkontrolle wurde in einige Wells unverdünnte
Virussuspension gegeben. Als Negativkontrollen wurden je zwei Wells mit serumfreiem
Medium und/ oder „Lysat“ beschickt, das bei einigen Experimenten als Negativkontrolle
eingesetzt wurde und aus einem parallel zum jeweiligen Viruspool hochgezogenen
Kontrollpool aus nicht-infizierten Zellen stammt. Nach der zweistündigen Inkubation wurden
die Inokula abgenommen und die Zellen mit 100 µl Wachstumsmedium pro Well beschickt.
Es erfolgte eine 14-tägige Kultivierung bei 37° C, wobei nach etwa 7 Tagen 100 µl
Erhaltungsmedium pro Well zugefüttert wurden. Die Auswertung der Titration erfolgte über
indirekte Immunfluoreszenz, die Berechnung der TCID50/ml mit Hilfe der Kärber-Gleichung
(aus Schmidt und Emmons, 1979).
Summe infizierter Wells jeder Verdünnung (in %)
-log TCID50 = -log größte eingesetzte Viruskonz. -
2.2.10.
100
- 0,5
x log Verdünnung
Plaquereduktionstest zum Nachweis von Interferon
(nach Maier, 1987)
Der ursprünglich von Dulbecco 1952 entwickelte Plaquereduktionstest wurde als quantitative
Bestimmungsmethode zum Nachweis von Interferon gewählt, da er im Gegensatz zum ELISA
den Vorteil bietet, biologisch aktives Interferon nachzuweisen.
40
Das Prinzip basiert darauf, dass bei Vorhandensein von Interferon in beispielsweise zu
testenden Zellkulturüberständen in den als Indikatorzellen dienenden WISH-Zellen ein
antiviraler Status aufgebaut wird, so dass eine nachfolgende Infektion mit dem als ChallengeVirus verwendeten VSV nicht oder nur wenig erfolgreich ist - erkennbar an der nicht
vorhandenen bzw. reduzierten Plaquezahl im Vergleich zu den mit Medium inkubierten
Zellen. Die Reduktion der Plaquezahl ist hierbei annähernd proportional zu der
Interferonmenge, mit der die WISH-Zellen zu Beginn des Bioassays inkubiert wurden.
Humane Amnionzellen (WISH) wurden in 96 Well-Mikrotiterplatten ausgesät und bei 37° C
kultiviert bis sich ein geschlossener Zellrasen gebildet hatte. Das Medium wurde
abgenommen und durch 100 µl frisches Erhaltungsmedium pro Well ersetzt. Von den auf
ihren Gehalt an sezernierten Interferon zu testenden Zellkulturüberständen wurden jeweils
100 µl in das erste Well der Mikrotiterplatte pipettiert, vorsichtig gemischt und 100 µl
weiterpipettiert, 100 µl aus dem letzten Well wurden jeweils verworfen. Diese serielle 1:2
Verdünnungreihe erfolgte bis zu einer Verdünnung von 1:4096. Die Zellen wurden für etwa
20 h bei 37° C inkubiert und anschließend dreimal mit HBSS gewaschen. Es folgte die
Infektion mit 50 µl/well einer auf 80 pfu/50 µl eingestellten VSV-Suspension für 1 h bei
37° C. Mit dieser VSV-Suspension wurde eine Rücktitration durchgeführt, d.h. die
Virussuspension wurde unverdünnt, 1:2, 1:4 und 1:8 und/oder 1:10, 1:100 und 1:1000
verdünnt in Doppelbestimmung aufgetragen. Als Negativkontrolle wurden zwei Wells mit
dem zur Herstellung der Virussuspension verwendeten serumfreien Medium beschickt. Die
Rücktitration ist für die spätere Berechnung nötig, sie dient zur Überprüfung, ob die
theoretisch berechnete Plaqueanzahl (pfu/ml) in der darauf eingestellten zur Infektion
verwendete VSV-Suspension auch tatsächlich erreicht wird. Nach Ablauf der Infektion
wurden die Inokula abgenommen und die Zellen mit 1 %igem Methylcellulosemedium
überschichtet. Dieses halbfeste Medium verhindert die Ausbildung von Sekundärplaques und
ermöglicht somit eine quantitative Auswertung.
Die Zellen wurden nach der Infektion für weitere 48 h bei 37° C inkubiert, anschließend das
Methylcellulosemedium gründlich entfernt und die Zellen für 15 min mit 4 %iger
Formaldehydlösung bei RT fixiert, dann mit Leitungswasser gewaschen und für 10 min mit
einer 4 %igen Kristallviolettlösung ebenfalls bei RT gefärbt. Überschüssiges Kristallviolett
wurde gründlich mit Leitungswasser entfernt.
41
Um die tatsächlich eingesetzte Virusmenge (pfu/ml) zu ermitteln, wurden zunächst die
Plaquezahlen in der Rücktitration bestimmt, wobei das Auszählen der Plaques unter dem
Mikroskop erfolgte. Der Mittelwert der Plaquezahl pro Well ergibt nach Multiplikation mit
dem Verdünnungsfaktor die tatsächlich eingesetzte Plaquezahl (100 %). Im Folgenden wird
dann die Interferon-Verdünnung bestimmt, die die Plaquezahl um 50 % reduziert. Der
Kehrwert dieser Verdünnung gibt die Interferonaktivitäten [U], die in dem eingesetzten
Volumen der getesteten Probe vorhanden waren, an. Die Angabe der Interferonaktivität
erfolgte in U/ml.
Bei einigen Versuchsreihen wurde ein laborinterner IFN-E-Standard (LIS huIFN-E) mit
aufgetragen. Dieser wurde anhand eines vom NIH zur Verfügung gestellten internationalen
IFN-E-Standards (Gb23-902-531/ 5-24-I) kalibriert. Die Berechnung der Internationalen
Interferoneinheiten
(IU/ml)
erfolgte,
indem
die
im
jeweiligen
Test
bestimmte
Interferonaktivität des LIS huIFN-E (Istwert) mit dem Sollwert des Laborstandards, der am
Internationalen NIH-Standard kalibriert ist, verglichen wird und der Multiplikationsfaktor aus
dem Verhältnis Sollwert : Istwert bestimmt wird. Durch Multiplikation dieses - in jedem
Testlauf neu zu bestimmenden - Faktors mit den ermittelten Interferonaktivitäten (siehe oben)
erhält man die IU/ml.
2.2.11.
Isolierung zellulärer RNA
Saure Guanidin-/Phenol-Extraktion (nach Chomczynski und Sacchi, 1987)
Für die RNA-Extraktion wurden die Zellen abtrypsiniert, einmal mit PBS gewaschen und
anschließend in 500 µl Lösung D homogenisiert. Diese Lösung enthält als Protein
denaturierendes Agens Guanidinthiocyanat, das in der Lage ist unerwünschte RNaseAktivitäten zu unterbinden. Nach der Lyse der Zellen wurden nacheinander 50 µl 2 M
Natriumacetat (pH 4,0) und 500 µl wassergesättigtes Phenol zugegeben und nach jeder
Zugabe gründlich durch Inversion gemischt. Es folgte die Zugabe von 100 µl eines
Chloroform-Isoamylalkohol-Gemisches (49:1), ein kräftiges Schütteln der Ansätze für 10 sec
und anschließend eine 15-minütige Inkubation auf Eis. Die Phasentrennung erfolgte durch
eine 20-minütige Zentrifugation bei 4° C und 10.000 g. Die (RNA enthaltende) wässrige
Phase wurde in ein neues Reaktionsgefäß überführt und zur Fällung der RNA mit 500 µl
Isopropanol versetzt. Anschließend wurden die Ansätze für mindestens 1 Stunde bei -20° C
inkubiert und die gefällte RNA durch einen Zentrifugationsschritt (20 min, 4° C, 10.000 g)
42
pelletiert. Das Pellet wurde erneut in 300 µl Lösung D resuspendiert, mit dem gleichen
Volumenteil Isopropanol versetzt und die Fällung wiederholt. Es folgte wiederum eine
Zentrifugation für 10 min bei 4° C und 14000 rpm, ein zweimaliges Waschen des RNAPellets mit 75 %igem Ethanol und anschließend eine Trocknung des Pellets in der Speedvac.
Anschließend wurde das Pellet in DEPC-H2O gelöst, wobei die Proben bei schlechter
Löslichkeit für 10 min bei 60° C inkubiert wurden. Die Lagerung der Proben erfolgte bis zur
weiteren Aufarbeitung bei -80° C.
2.2.12.
DNA-Verdau durch DNase I
Diese enzymatische Modifikation der RNA-Präparationen wurde durchgeführt, um zu
gewährleisten, dass die Ergebnisse nicht durch Reste genomischer DNA verfälscht wurden.
49 µl einer wässrigen RNA-Lösung wurden mit 1 µl DNase I (5 U/µl) und 50 µl DNase
Puffer (20 mM MgCl2 in 0,1 M Tris, pH 7,5) versetzt und eine 30 minütige Inkubation bei
37° C durchgeführt. Anschließend erfolgte die weitere Aufarbeitung der nach Chomczynski
und Sacchi (2.2.11.) extrahierten RNA über eine Phenol-Chloroform-Extraktion (2.2.13.).
2.2.13.
Phenol-/Chloroform-Extraktion und Ethanol-Präzipitation
von Nukleinsäuren
Nach erfolgter Degradierung der DNA (2.2.12.) wurden die wässrigen Nukleinsäurelösungen
mit DEPC-H2O auf ein Volumen von 200 µl aufgefüllt und eine Phenol-/ChloroformExtraktion durchgeführt. Diese dient dazu Nukleinsäuren aus einer Lösung mit störenden
Proteinen zu extrahieren.
Zur Fällung der Proteine wurde zunächst ein Volumenteil der Nukleinsäurelösung mit einem
Volumenteil wassergesättigtem Phenol und im Anschluß daran die aus diesem Schritt
erhaltene wässrige Oberphase mit Phenol-Chloroform-Isoamylalkohol (25:24:1) für 2 min
kräftig ausgeschüttelt. Um die Phasentrennung zu beschleunigen wurden die Reaktionsgefäße
jeweils für 2 min bei 14.000 rpm zentrifugiert. Reste des Phenols wurden anschließend
entfernt, indem der wässrige Überstand erneut - diesmal mit dem gleichen Volumen
Chloroform/ Isoamylalkohol (24:1) - ausgeschüttelt wurde. Die Fällung der RNA erfolgte
durch Zugabe von 20 µl 3 M Natriumacetat (pH 4,8) und 500 µl absoluten Ethanols und
Inkubation für 30 min bei -80° C. Anschließend erfolgte eine 30-minütige Zentrifugation bei
4° C und 14.000 rpm. Das Pellet wurde zweimal mit 70 %igem Ethanol gewaschen und im
43
Anschluß daran unter Vakuum getrocknet. Die Aufnahme des Pellets erfolgte in einer
geeigneten Menge DEPC-H2O.
2.2.14.
Photometrische Konzentrationsbestimmung von RNA
Die Konzentration wässriger Nukleinsäurelösungen wurde über die Messung der optischen
Dichte (OD) bei 260 nm bestimmt. Eine OD260 entspricht dabei 40 µg/ml RNA. Die Reinheit
der Präparationen wurde über das Verhältnis der Absorptionen bei 260 nm und 280 nm
ermittelt, wobei der Quotient A260/A280 einer reinen, wässrigen RNA-Lösung zwischen 1,8
und 2,0 liegt.
2.2.15.
PCR mit vorgeschalteter reverser Transkription
Zum Nachweis zellulärer IFN-E-mRNA und E-Actin-mRNA wurden diese zunächst mittels
reverser Transkription in cDNA umgeschrieben. Die Amplifikation derselben erfolgte dann
mittels PCR in einem Thermocycler der Firma Perkin Elmer. Die erhaltenen Amplikons
wurden anschließend auf einem 1 %igem Agarose-Gel aufgetrennt (2.2.16.).
Der Nachweis von E-Actin-mRNA erfolgte grundsätzlich parallel zur IFN-E-RT-PCR und
diente als Kontrolle, ob gleiche RNA-Mengen eingesetzt wurden. Die RT-PCR-Ansätze
wurden dabei aus der gleichen Probenverdünnung angesetzt.
2.2.15.1.
RT-PCR zum Nachweis von Interferon-E-mRNA
Zu Beginn der RT-PCR wurde 500 ng DNA-freie RNA mit 40 pmol des Antisense-Primers
gemischt (Reaktionsvolumen: 5 µl), 10 min bei 65° C im Thermocycler denaturiert und die
Proben anschließend sofort auf Eis gestellt. Die Reverse Transkription erfolgte für 45 min bei
42° C in einem Reaktionsvolumen von 20 µl im ExpandTM Reverse Transkriptase Puffer mit
je 1 mM dATP, dTTP, dGTP sowie dCTP, 10 mM DTT und 5 U ExpandTM Reverser
Transkriptase. 5 µl der erhaltenen cDNA wurde für die folgende Amplifikation mittels PCR
eingesetzt. Die PCR erfolgte in einem Reaktionsvolumen von 50 µl bestehend aus Taq-Puffer,
je 20 pmol Sense- und Antisense-Primer, je 0,2 mM eines jeden dNTP`s und 1 U TaqPolymerase. Die Zyklusparameter waren wie folgt: zunächst 2 min Denaturierung bei 94° C,
gefolgt von 30 PCR-Zyklen bestehend aus 1 min Denaturierung bei 94° C, 2 min Annealing
44
bei 60° C, 3 min Extension bei 72° C. Den Abschluß bildete eine einmalige Extension für 10
min bei 72° C.
2.2.15.2.
RT-PCR zum Nachweis von E-Actin-mRNA
Es wurden ebenfalls 500 ng DNA-freie RNA als Template eingesetzt. Dieses wurde
zusammen mit je 50 pmol Sense- und Antisense-Primer, je 0,2 mM dATP, dTTP, dGTP und
dCTP sowie Taq-Puffer gemischt und mit DEPC-H2O auf ein Gesamtvolumen von 45 µl
aufgefüllt. Es folgte eine Inkubation der Proben für 5 min bei 94° C. Die Proben wurden
anschließend umgehend auf Eis gestellt. Nach Abkühlung derselben erfolgte die Zugabe von
5 µl eines Enzymgemisches bestehend aus 1,25 U ExpandTM Reverser Transkriptase und 1 U
Taq-Polymerase und die reverse Transkription für 30 min bei 42° C. Dieser schloß sich direkt
eine 2-minütige Denaturierung bei 94° C an, gefolgt von den 30 PCR-Zyklen, deren
Temperatur- und Zeitprofil der unter 2.2.15.1. beschriebenen entsprach, eingeschlossen der
abschließenden 10-minütigen Extension bei 72° C.
2.2.16.
Agarose-Gelelektrophorese
Zur Analyse von DNA wurden die PCR-Produkte in horizontalen Agarose-Gelen aufgetrennt.
Es wurden 1 %ige in TAE-Puffer hergestellte Agarose-Gele unter Zusatz von 0,4 µg/ml
Ethidiumbromid verwendet. Die Auftrennung der Amplikons erfolgte bei konstanter
Spannung (80 V) über einen Zeitraum von etwa 1,5 h. Die Proben wurden vor dem Auftragen
mit Probenpuffer versetzt, wobei das Verhältnis Probenpuffer/Probe 1:6 betrug. Als
Längenstandard diente ein 1 kb-DNA-Größenmarker. Die Auswertung der Gele erfolgte mit
einem UV-Transilluminator bei 256 nm.
2.2.17.
Priming mit Interferon
MRC-5- oder HepG2-Zellen wurden in 6 cm-Zellkulturschalen ausgesät und solange
kultiviert bis sich ein konfluenter Zellrasen ausgebildet hatte. Die Behandlung der
Zellkulturen mit Interferon-D/E (sog. Priming) erfolgte - je nach Fragestellung - mit
unterschiedlichen Konzentrationen an Interferon-D2A (Roferon®) oder Interferon-E
(Betaferon®) über einen Zeitraum von 12 oder 16 Stunden bei 37° C unter 5 %iger CO2Zufuhr. Die entsprechenden Interferonverdünnungen wurden je nach Versuchsansatz in
45
Wachstums-, Erhaltungs- oder serumfreiem Medium hergestellt. Nach der Inkubation wurden
die Zellen dreimal mit HBSS gewaschen und entweder direkt mit RITA-Puffer lysiert und die
Proben bis zur Auftrennung im Western-Blot bei -20° C zwischengelagert, mit poly(IC)
induziert oder aber im MTT-Test eingesetzt.
2.2.18.
Superinduktion mit Cycloheximid und Actinomycin D
(nach Havell und Vilcek, 1972)
HepG2- oder FRhK-4-Zellen wurden unmittelbar nach Beendigung der poly(IC)-Induktion
dreimal mit HBSS gewaschen. Anschließend wurden die Zellen für 5 h in serumfreiem
DMEM unter Zusatz von Cycloheximid (50 µg/ml) bei 37° C und 5 % CO2 kultiviert. Nach
4,5 h erfolgte die Zugabe von Actinomycin D (1 µg/ml) für 30 min Nach Ablauf der 5stündigen Inkubation wurden beide Substanzen durch dreimaliges Waschen mit HBSS
entfernt und die Zellen mit Erhaltungsmedium für 16 h bei 37° C und 5 % CO2
weiterkultiviert. Die Zellkulturüberstände wurden anschließend im Plaquereduktionstest auf
ihren Gehalt an sezerniertem Interferon geprüft.
2.2.19.
Transfektion nach der DEAE-Dextran-Methode und
Stimulation mit poly(IC)
Die Zellen wurden je nach Versuchsansatz in Chamber slides, 96 Well-Miktotiterplatten,
6 cm- oder 10 cm-Zellkulturschalen ausgesetzt und solange kultiviert, dass sie zum Zeitpunkt
der Induktion konfluent gewachsen waren. Eine Ausnahme stellten die Versuchsreihen zum
Nachweis der Lokalisation des Transkriptionsfaktors NF-NB dar. Hier wurden MRC-5-Zellen
12 h vor der Induktion im Verhältnis 1:2 auf Chamber slides ausgesät. Für die Induktion
wurde in serumfreiem Medium der jeweilige Induktionsmix hergestellt und die Zellen mit
diesem für 2 Stunden oder die jeweils gewünschte Zeitdauer bei 37° C und 5 % CO2
inkubiert. Pro 6 cm-Zellkulturschale wurden 2 ml des Induktionsmixes eingesetzt, 4 ml pro 10
cm-Zellkulturschale und 200 µl für die Wells einer 96 Well-Mikrotiterplatte bzw. Chamber
slides. Nach Beendigung der Induktion wurden die Zellen einmal mit HBSS oder PBS
gewaschen und entweder für den gewünschten Verwendungszweck direkt aufgearbeitet oder
bis zur Probennahme in Erhaltungsmedium bei 37° C unter 5 %iger CO2-Zufuhr
weiterkultiviert.
46
Der Transfektionsmix setzte sich zusammen aus unterschiedlichen Mengen poly(IC) bei
konstanter Konzentration an DEAE-Dextran (100 µg/ml). Als Negativkontrollen wurden bei
jedem Ansatz Zellen mitgeführt, die lediglich mit serumfreien Medium oder einem
Transfektionsmix, der lediglich DEAE-Dextran enthielt, inkubiert wurden.
Für eine Stimulation (= Induktion ohne Transfektions-Agens) mit poly(IC) wurden
unterschiedliche poly(IC)-Konzentrationen in serumfreiem Medium hergestellt. Als
Negativkontrolle diente ein Ansatz mit serumfreiem Medium. Die Inkubation bzw.
Aufarbeitung der Zellen und Überstände entspricht denen der transfizierten Ansätze.
2.2.20.
Calcium-Phosphat-Transfektion
MRC-5-Zellen wurden in 6 cm- oder 10 cm-Zellkulturschalen ausgesät, und nachdem die
Kulturfläche zu 80 % bewachsen war, die Transfektion mittels Calcium-Phosphat-Technik
durchgeführt. Für die Transfektion wurden zunächst je nach Versuchsansatz 1 µg oder 2 µg
des p53-TA-Luc Plasmides mit TE-Puffer auf 438 µl aufgefüllt und anschließend 62 µl einer
2 molaren Calciumchlorid-Lösung hinzugetropft. Auf diesen Mix wurde tropfenweise unter
leichtem Schütteln 500 µl 2x HBS gegeben und die Calcium-Phosphat-DNA-PräzipitatLösung 30 Minuten auf Eis inkubiert. Nach Ablauf der Inkubationszeit erfolgte langsam die
tropfenweise Zugabe des Transfektionsmixes in das Medium und anschließend eine 2-3stündige Inkubation bei 37° C und 5 % CO2. Nach Abnahme des Mediums wurden die Zellen
bei RT für 90 sec einer Glycerolschocklösung ausgesetzt, anschließend zwei- bis dreimal mit
Erhaltungsmedium oder PBS gewaschen und über einen Zeitraum von 20 Stunden in
Erhaltungsmedium bei 37° C weiterkultiviert. Nach Ablauf der 20-stündigen Inkubationszeit
wurde das Medium entfernt, die Zellen mehrfach mit PBS gewaschen und nach der Lyse im
Luciferase-Assay (2.2.21) eingesetzt.
2.2.21.
Luciferase-Assay (nach Firma Clontech)
Einfluß der Transfektion auf die Aktivierung des Tumorsuppressor-Proteins p53
Zunächst erfolgte die Lyse der transfizierten Zellen mit 200 µl Lysispuffer (Clontech) über
einen Zeitraum von 20 min bei Raumtemperatur. Die Lysate wurden in ein Eppendorf-Gefäß
überführt und die unlöslichen zellulären Bestandteile durch Zentrifugation (1 min, 14.000 rpm
bei RT) entfernt. Für die Messungen wurden jeweils 100 µg Protein der einzelnen Überstände
47
eingesetzt und in Vertiefungen einer 96 Well-Mikrotiterplatte mit lichtundurchlässigen
Seitenwänden pipettiert und anschließend mit 100 µl auf Raumtemperatur vorgewärmtes
Reagenz A gemischt. Kurz vor der Messung erfolgte die Zugabe des ebenfalls auf RT
vorgewärmten Reagenzes B und zügig die Aktivitätsbestimmung am Trilux 1450 MicrobetaCounter. Die Lumineszenzmessung jeder Probe erfolgte - nach vorangegangener
Normalisierung laut Vorschrift Fa.Wallac - für 10 sec Die Quantifizierung der LuciferaseAktivität erfolgte in LCPS/ µg Protein.
Beeinflussung der p53-vermittelten Expression des Reportergens Luciferase in MRC-5-Zellen
durch HAV
Abweichend zu obiger Beschreibung wurden in diesem Fall 3x 104 Zellen in 250 µl
Lysispuffer aufgenommen und jeweis 20 µl für die Messung eingesetzt, da es bei der
Verwendung HAV-infizierter Zellen schwierig war äquivalente Proteinmengen einzusetzen,
weil die virusinfizierten Zellen im Vergleich zu den entsprechenden Kontrollzellen immer
höhere Proteinmengen aufwiesen. Die Angabe der Lumineszenzwerte erfolgte in LCPS/
3x104 Zellen.
2.2.22.
Proteinextraktion
Proteinextraktion zum Nachweis der Proteinkinase R (PKR)
Es wurden Gesamtzellextrakte hergestellt, da etwa 20 % der PKR im Nucleus lokalisiert ist
(Jacobs und Langland, 1996).
Das Medium wurde von den 6 cm-Zellkulturschalen entfernt und die Zellen mit HBSS
gewaschen. Anschließend wurden die Zellen je einer Kulturschale in 350 µl RITA-Puffer
aufgenommen, wobei die Zellen von zwei 6 cm-Kulturschalen aufgrund der geringen
Proteinausbeute gepoolt wurden. Nachdem die Zellen vollständig lysiert waren, wurde die
Suspension lysierter Zellen in ein Eppendorfgefäß überführt und zweimal für 10 sec einer
Ultraschall-Behandlung unterzogen. Dies erfolgte auf Eis. Anschließend wurden die Proben
für 15 min bei 4° C und 14.000 rpm zentrifugiert und die erhaltenen Überstände bis zur
Aufarbeitung im Western Blot bei -20° C aliquotiert gelagert.
48
Proteinextraktion zum Nachweis der phosphorylierten PKR (P-PKR)
Der Induktionsmix (2.2.19.) wurde von den Zellkulturschalen entfernt und die Induktion
durch Zugabe von 2 ml eiskaltem Calcium- und Magnesium freien PBS gestoppt. Die Zellen
wurden zweimal mit eiskaltem PBS gewaschen, mit einem Zellschaber vom Boden der
Kulturschale gelöst und mit PBS in ein Eppendorfgefäß überführt. Die Zellen wurden bei
4° C und 9000 rpm für 2 min abzentrifugiert und das Pellet in Extraktionspuffer (nach Firma
Biosource) resuspendiert. Für 1,5 x 106 Zellen wurden 225 µl Lysispuffer verwendet. Die
resuspendierten Zellen wurden über einen Zeitraum von 10 min alle 2 min kräftig gevortext
und zwischendurch kontinuierlich auf Eis gelagert. Anschließend wurden die Proben für 15
min bei 4° C und 14.000 rpm zentrifugiert. Der proteinhaltige Überstand wurde abgenommen
und aliquotiert bei -80° C weggefroren. Das aliquotierte Wegfrieren ist nötig, da wiederholtes
Auftauen der Proben zu einer Zerstörung des Phosphorylierungsstatus führen kann.
2.2.23.
Proteinbestimmung nach Bradford
Das Prinzip dieser Proteinbestimmung beruht darauf, dass der Farbstoff Coomassie
Brilliantblau bei Anwesenheit von Proteinen durch Bindung an dieselben seine spektralen
Eigenschaften ändert. Es kommt zu einer Verschiebung des Absorptionsmaximums auf eine
Wellenlänge von 595 nm. Das Ausmaß des Farbumschlags von Braun nach Blau wird
photometrisch bestimmt.
Zur Durchführung der Proteinbestimmung wurde zunächst das von der Firma Bio-Rad
bezogene Bradford Reagenz im Verhältnis 1:5 mit Aqua dest. gemischt. 995 µl hiervon
wurden in Plastik-Einmalküvetten vorgelegt und 5 µl der zu testenden Probe hinzugegeben.
Nach 10 min wurde die Absorption bei 595 nm gemessen. Als Blank diente ein Ansatz mit 5
µl RITA-Puffer oder Extraktionspuffer (nach Biosource). Der Proteingehalt wurde anhand
einer mit BSA erstellten Eichkurve ermittelt.
2.2.24.
Diskontinuierliche SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE)
Weber und Osborn konnten 1969 zeigen, dass in Gegenwart von Natriumdodecylsulfat (SDS)
die Beweglichkeit der Proteine bei der Polyacrylamid-Gelelektrophorese eine lineare
Funktion der Logarithmen ihrer Molekulargewichte ist. Es konnte gezeigt werden, dass SDS
an die hydrophoben Regionen der Proteine bindet, wodurch die meisten Proteine in ihre
49
Untereinheiten dissoziiert werden. In die denaturierten Polypeptidketten wird durch die
Bindung der negativ geladenen Detergenzmoleküle eine stark negative Ladung eingeführt, die
die Eigenladung der Proteine überdeckt. Daraus resultierend erfolgt eine Trennung der
Proteine nach ihrem Molekulargewicht und nicht - wie in Abwesenheit von SDS - auch
anhand ihrer Nettoladung.
Zur Auftrennung der in äquivalenten Mengen eingesetzten Proteine wurden die Proben mit
einer geeigneten Menge Probenpuffer versetzt und für 5 min bei 95° C denaturiert. Für die
PAGE wurde ein 10 %iges vertikales Polyacrylamid-Trenngel in Lower Tris verwendet, als
Sammelgel diente ein 3 %iges Polyacrylamidgel in Upper-Tris. Als Molekulargewichtsmarker wurde der Cruz MarkerTM Molecular Weight Standard der Firma Santa Cruz
verwendet. Die Auftrennung erfolgte in Tris/Glycin-Elektrophoresepuffer unter SDS-Zusatz
für ca 2,5 h bzw. solange, bis das Bromphenolblau, welches einen Bestandteil des ProteinProben-Puffers darstellt, die Trennstrecke durchlaufen hatte. Die Spannung wurde während
der elektrophoretischen Auftrennung konstant bei 80 V gehalten.
2.2.25.
Western-Blot
Nach der Elektrophorese wurde das Gel zunächst 30 min in Renaturierungspuffer und
anschließend 30 min in Blottingpuffer auf dem Schüttler vorsichtig geschwenkt. Die exakt auf
Gelgröße zugeschnittenen Nitrozellulose-Membranen wurden ebenfalls für 30 min in
Blottingpuffer äquilibriert. Der Elektro-Blot (Tank-Blotting) zum Transfer der Proteine vom
Gel auf die Nitrozellulosemembran erfolgte in Blotting-Puffer bei 4° C für 2,5 h bei 1,5-2 A.
Da sich stringentes Blockieren in den Vorversuchen als essentiell für eine gute Detektion
erwiesen hatte, wurden die Membranen über Nacht bei 4° C mit 5 % Magermilchpulver in
TBS unter leichtem Schwenken inkubiert.
2.2.25.1.
Detektion der Proteinkinase R (PKR)
Die Blockierungslösung wurde verworfen und die Membranen für eine Stunde mit den
Primärantikörpern inkubiert. Verwendet wurde für die PKR-Detektion ein polyklonaler PKRAntikörper (Kaninchen-anti-PKR D-20) oder ein Gemisch aus diesem mit einem
monoklonalen PKR-Antikörper (Maus-anti-PKR B-10) in einer Verdünnung von jeweils
1:200. Es wurde eine Paralleldetektion zum gleichzeitigen Nachweis von Actin durchgeführt,
d.h. die Inkubation der PKR-spezifischen Antikörper erfolgte zusammen mit einem
50
polyklonalen Actin-Antikörper (Ziege-anti-Actin C11, 1:300 verdünnt). Alle Antikörperverdünnungen wurden in Blockierungslösung unter Zusatz von 0,05 % Tween-20 als nicht
ionogenem Emulgator hergestellt. Die Membranen wurden nach Ablauf der Inkubationszeit
dreimal für 5 min in Tween-20-haltigem Waschpuffer gewaschen. Anschließend erfolgte die
Inkubation mit Meerrettich-Peroxidase-konjugierten sekundären Antikörpern (anti-Maus-HRP
und anti-Kaninchen-HRP je 1:2000 verdünnt, anti-Ziege-HRP in einer Verdünnung von
1:2500) für 45 min bei RT. Um nicht gebundene Antikörper zu entfernen, wurden die
Membranen über einen Zeitraum von 20 min erneut 3 mal mit Tween-20-haltigem
Waschpuffer gewaschen und anschließend für 5 min mit Waschpuffer ohne EmulgatorZusatz. Die Detektion erfolgte mit dem Western Blotting Luminol Reagenz der Firma Santa
Cruz. Dazu wurden gleiche Volumina der Detektionslösungen I und II gemischt und die
Membran diesem für 1 min ausgesetzt. Die Luminol-Lösung wurde nach exakt 1 min entfernt,
die Membranen in eine Glassichtfolie gelegt und die als Folge der Peroxidase katalysierten
chemischen Reaktion entstehende Lichtemission durch Schwärzung eines Röntgenfilms
detektiert. Der gleichzeitige Nachweis von Actin erfolgte, um zu überprüfen, ob äquivalente
Proteinmengen eingesetzt wurden und so eine Vergleichbarkeit der einzelnen Banden
untereinander möglich war.
2.2.25.2.
Detektion der phosphorylierten PKR (P-PKR)
Auch hier erfolgte die Abnahme der Blockierungslösung und anschließend eine zweistündige
Inkubation bei RT mit dem primären phospho-spezifischen PKR-Antikörper (Kaninchen-antiPKR [pT451], 1:500 verdünnt) in Blockierungslösung unter Zusatz von 0,05 % Tween-20. Um
nicht gebundenen, überschüssigen Antikörper zu entfernen folgte ein dreimaliges Waschen
mit Waschpuffer unter Tween-20-Zusatz für je 5 min und im Anschluß daran eine einstündige
Inkubation mit einem Peroxidase-konjugierten sekundären Antikörper (anti-Kaninchen-HRP,
1:1500 verdünnt). Die Membranen wurden erneut gewaschen über einen Zeitraum von 20 min
mit Tween-20-haltigem Waschpuffer, wobei dieser dreimal gewechselt wurde und im
Anschluß daran für 10 min in Waschpuffer ohne Emulgator-Zusatz. Die Detektion erfolgte
wie unter 2.2.24.1. beschrieben mit Hilfe des Western Blotting Luminol Reagenzes.
Nach erfolgter Detektion wurden die Membranen für 30 min in Waschpuffer geschwenkt und
ein „Stripping“ derselben durchgeführt. Dies war nötig, da Vorversuche gezeigt hatten, dass
bei Verwendung des phospho-spezifischen Antikörpers eine gleichzeitige Detektion von
Actin und PKR nicht möglich war. Zur Entfernung der gebundenen Antikörper wurden die
Membranen zunächst für 30 min bei 50° C in Stripping-Puffer inkubiert. Anschließend
51
wurden die Membranen für 10 min in Waschpuffer gewaschen und ein erneutes ImmunoStaining beginnend mit dem Blockierungsschritt durchgeführt. Hierbei reichte eine
einstündige Blockierung der Membranen in Blockierungspuffer - allerdings mit Tween-20Zusatz - bei RT aus. Das weitere Vorgehen erfolgte wie oben bereits beschrieben, die
Detektion erfolgte auch hier durch Chemilumineszenz mit Peroxidase-gekoppelten
sekundären Antikörpern.
2.2.26.
Densitometrische Auswertung
Die nach Durchführung des Western-Blots erhaltenen Proteinbanden wurden zum Teil
densitometrisch ausgewertet. Dazu wurden die Banden eingescannt und anschließend mittels
des Software Programmes ImageLab Version 2.0 densitometrisch quantifiziert. Hierbei
zeichnet das Densitometer die Banden in Abhängigkeit von der Schwärzung in Form von
Peaks auf. Das Integral der Fläche unter den erhaltenen Peaks gilt als relatives Maß für die
Proteinmenge in den entsprechenden Banden der Gele.
52
3. ERGEBNISSE
___________________________________________________________________________
3.1.
Etablierung eines humanen Zellkultursystems zur Analyse der Blockade
zellulärer antiviraler Mechanismen durch das Hepatitis A-Virus
Zahlreiche Viren haben Mechanismen entwickelt, der unspezifischen Immunantwort zu
entgehen und so ihren Fortbestand zu sichern (Charleston et al., 2001; Levy und GarciaSastre, 2001; Wang et al., 2000). Das Hepatitis A-Virus, das in vivo in der Regel eine akute
selbstlimitierende Erkrankung auslöst, da es im Rahmen einer immunpathologischen Reaktion
durch CD8-positive, cytotoxische T-Lymphozyten eliminiert wird (Vallbracht et al., 1989),
führt in vitro, wo die zelluläre Immunantwort für eine Viruseliminierung nicht zur Verfügung
steht, in der Regel zur Persistenz des Virus (Flehmig, 1981; Gauss-Müller et al., 1981;
Vallbracht et al., 1984). Eine Möglichkeit, diesen Infektionsverlauf in vitro zu erklären, bietet
die Tatsache, dass es im Rahmen der Infektion nicht zur Interferonexpression kommt
(Vallbracht et al., 1985). In unserer Arbeitsgruppe konnte an fetalen RhesusaffenNierenzellen (FRhK-4) zudem gezeigt werden, dass das Hepatitis A-Virus die Transkription
des Interferon-E-Gens nicht initiiert und zudem fähig ist, die durch dsRNA induzierbare
Interferonproduktion zu unterbinden (Brack et al., 2002).
Ziel dieser Arbeit sollte es zunächst sein, ein Zellkultursystem humanen Ursprungs zu
etablieren, auf welches die an FRhK-4-Zellen durchgeführten Untersuchungen übertragen
werden können. Dieses humane System sollte zudem dem Anspruch genügen, ein voll
funktionsfähiges Interferonsystem als antivirales Prinzip aufzuweisen, da die in den
bisherigen Untersuchungen verwendeten FRhK-4-Zellen zwar in der Lage waren nach
Induktion mit dem synthetischen dsRNA Analogon poly(IC) Interferon zu produzieren, aber
selbst keinen Response auf dieses zeigten (Brack, 1999).
3.1.1. Induzierbarkeit des Interferon-Systems in der humanen Hepatomzellinie HepG2
Auf der Suche nach einem geeigneten Zellkultursystem wurden zunächst HepG2-Zellen
verwendet. Bei diesen handelt es sich um Hepatomzellen humanen Ursprungs, die mit HAV
infizierbar sind (Zajac et al., 1991) und aufgrund des Leberzelltropismus des Hepatitis AVirus den Vorteil bieten, sich nahe an der physiologischen Targetzelle desselben zu befinden.
53
3.1.1.1.
Induktion von Interferon mit poly(IC)
Ziel sollte es zunächst sein, die Induzierbarkeit von Interferon nach Induktion mit dem
synthetischen dsRNA Analogon poly(IC) zu überprüfen. Da die Vorbehandlung Interferonsensitiver Zellen mit Interferon („Priming“) die Interferonausbeute deutlich steigern kann
(Abreu et al., 1979; Havell und Vilcek, 1972; Steward et al., 1972), wurden die Zellen vor der
poly(IC)-Induktion mit Interferon-D inkubiert. Für das Experiment wurden HepG2-Zellen in
6 cm-Zellkulturschalen ausgesät und in Wachstumsmedium solange kultiviert bis sich ein
konfluenter möglichst dichter Zellrasen ausgebildet hatte. Die Zellen wurden dann über einen
Zeitraum von 16 h mit 50 IU/ml Interferon-D (Roferon®) in serumfreiem Medium bei 37 °C
und 5 % CO2 inkubiert, dreimal mit HBSS gewaschen und anschließend mit unterschiedlichen
Mengen poly(IC) für 2 h induziert.
Tab. 1: Induktion der Interferonproduktion in IFN-D (Roferon® 50 IU/ml) behandelten
HepG2-Zellen nach Stimulation und Transfektion mit poly(IC)
Interferonproduktion (U/ml)
FRhK-4
HepG2
10 µg/ml
252
” 20
20 µg/ml
504
” 20
100 µg/ml
-
” 20
20 µg/ml
” 20
” 20
100 µg/ml
” 20
” 20
poly(IC) / DEAE-Dextran*
poly(IC)
- = nicht bestimmt; * = DEAE-Dextran: 100 µg/ml
Bei den dargestellten Interferonaktivitäten handelt es sich um die Mittelwerte aus Zweifachansätzen.
Die Induktion erfolgte sowohl mit poly(IC) allein als auch nach der DEAE-Dextran-Methode,
wobei die Menge an DEAE-Dextran stets konstant bei 100 µg/ml gehalten wurde. Als
Kontrollen wurden Zellen mitgeführt, die mit Interferon-D inkubiert, aber anschließend nicht
mit poly(IC) induziert, sondern lediglich mit serumfreiem Medium oder DEAE-Dextran
behandelt wurden, sowie nicht „geprimte“ nicht induzierte Zellen. Als Kontrollen dienten
zudem mit poly(IC) induzierte FRhK-4-Zellen. Alle Ansätze wurden in Doppelbestimmung
durchgeführt. Nach Ablauf der zweistündigen Inkubation wurde der jeweilige Induktionsmix
entfernt, die Kulturschalen mit Erhaltungsmedium beschickt und für 16 h bei 37 °C unter
54
5 %iger CO2-Zufuhr weiterkultiviert. Die Zellkulturüberstände wurden abgenommen und für
den Interferonnachweis im Plaquereduktionstest verwendet. Das Ergebnis desselben ist in
Tab. 1 dargestellt. Es war keine Interferonaktivität in den HepG2-Zellen nach Stimulation
oder Transfektion mit poly(IC) zu detektieren. Die als Positivkontrolle mitgeführten FRhK-4Zellen reagierten wie erwartet mit einer deutlichen Interferonantwort nach Transfektion von
poly(IC) mit DEAE-Dextran, aber nicht auf eine Stimulation mit poly(IC) allein. Dies zeigt,
dass die durchgeführte Induktion erfolgreich war, HepG2-Zellen scheinen diesen Ergebnissen
nach zu urteilen aber trotz Primings nicht in der Lage zu sein, auf intra- oder extrazelluläre
poly(IC)-Induktion mit einer Interferonantwort zu reagieren.
3.1.1.2.
Superinduktion
Eine weitere Möglichkeit die durch poly(IC) induzierbare Interferonproduktion zu steigern,
bietet die - als Superinduktion - bezeichnete kombinierte Behandlung der Zellen mit dem
Translationsinhibitor Cycloheximid und Actinomycin D, einem irreversiblen Hemmer der
Transkription (Havell und Vilcek, 1972).
Der folgende Versuch sollte zeigen, ob die humane Hepatomzellinie HepG2 durch diese
Methodik zur Interferonproduktion angeregt werden kann. Dazu wurden in 6 cmZellkulturschalen konfluent gewachsene HepG2-Zellen wie unter 3.1.1.1. beschrieben mit 50
IU/ml Interferon-D (Roferon®) für 16 h inkubiert und anschließend mit poly(IC) für 2 h
stimuliert oder unter Verwendung von DEAE-Dextran transfiziert. Nach dreimaligem
Waschen der Zellen mit HBSS erfolgte die Superinduktion. Dazu wurden die Zellen über
einen Zeitraum von 5 h mit Cycloheximid (50 µg/ml) in serumfreiem Medium bei 37 °C und
5 % CO2 inkubiert. Nach 4,5 h erfolgte die Zugabe von Actinomycin D (1 µg/ml) für 30 min
ins Medium. Anschließend wurden beide Substanzen durch dreimaliges Waschen mit HBSS
entfernt und die Zellen nach Zugabe von Erhaltungsmedium für 16 h weiterkultiviert. Die
dann geernteten Zellkulturüberstände wurden bis zur Austestung im Plaquereduktionstest bei
-80 °C gelagert. Als Kontrollen wurden Zellen mitgeführt, die anstelle der oben aufgeführten
Agenzien lediglich mit serumfreiem Medium inkubiert wurden oder aber jeweils mit den
einzelnen verwendeten Substanzen oder deren Kombinationen. Die Waschschritte und
Inkubationen erfolgten unter den gleichen Bedingungen wie bei den anderen Ansätzen. In
Tab. 2 ist das Ergebnis des Plaquereduktionstestes aufgeführt. Die Effektivität der
Kombination von Induktion und Superinduktion zeigten die poly(IC)-transfizierten und
superinduzierten FRhK-4-Zellen. Die mitgeführten Negativkontrollen zeigten keine
55
Interferonaktivität. In den HepG2-Zellen scheint unter den gewählten Versuchsbedingungen
durch
poly(IC)-Induktion
trotz
Vorbehandlung
der
Zellen
mit
Interferon-D
und
Superinduktion mit Cycloheximid und Actinomycin D keine bzw. eine nur sehr geringe,
unzuverlässig detektierbare Interferonproduktion zu erfolgen.
Tab. 2: Induktion der Interferonproduktion in IFN-D (50 IU/ml) behandelten
HepG2-Zellen nach Stimulation und Transfektion mit poly(IC) und SuperinduktionA
Interferonproduktion (U/ml)
FRhK-4
HepG2
10 µg/ml
496
” 20B
20 µg/ml
-
” 202
100 µg/ml
-
” 20B
20 µg/ml
-
” 202
100 µg/ml
” 20
” 202
poly(IC) / DEAE-Dextran*
+ CHX / Actinomycin D
poly(IC)
+ CHX / Actinomycin D
- = nicht bestimmt; * = DEAE-Dextran: 100 µg/ml
A
= nach Transfektion Gabe von 50 µg/ml Cycloheximid (CHX) für 5 h, 30 min vor Entfernung des CHX
Zugabe von Actinomycin D (1 µg/ml Endkonz.)
B
= 2 unabhängigie Untersuchungen derselben Probe ergaben ” 20 bzw. 62,5 U/ml
3.1.2. Induzierbarkeit des Interferon-E-Systems in der humanen
Fibroblastenzellinie MRC-5
Nachdem sich gezeigt hatte, dass die humane Hepatomzellinie HepG2 für die weiteren
geplanten Untersuchungen bezüglich der poly(IC)-induzierbaren Interferonproduktion nicht
geeignet ist, wurde auf humane embryonale Lungenfibroblasten (MRC-5) zurückgegriffen
(Jakobs et al., 1970). Diese weisen eine Permissivität für den HAV-Stamm GBM auf und sind
als Fibroblasten zur Interferon-E-Produktion nach entsprechender Stimulation befähigt.
3.1.2.1.
Induktion von Interferon-E mit poly(IC)
Um die optimalen Einsatzmengen für die Interferoninduktion in MRC-5-Zellen zu ermitteln,
wurden diese in 6 cm-Kulturschalen ausgesetzt und nachdem sich ein konfluenter Monolayer
56
ausgebildet hatte, mit unterschiedlichen poly(IC)-Konzentrationen inkubiert. Parallel dazu
wurde das poly(IC) als Komplex mit DEAE-Dextran auf die Zellen aufgebracht.
Kontrollzellen wurden lediglich mit Medium oder DEAE-Dextran inkubiert. Die Induktion
wurde in serumfreiem Medium durchgeführt, da die Verwendung eines Mediums mit hohen
FCS-Konzentrationen die Interferonausbeute vermindern kann (Havell und Vilcek, 1972).
Nach Ablauf der zweistündigen Stimulation bei 37 °C und 5 % CO2 wurde der Induktionsmix
entfernt und die Zellen für weitere 16 Stunden in Erhaltungsmedium kultiviert.
12000
A
Interferon [U/ml]
10000
ohne DEAE
mit DEAE
8000
6000
4000
2000
0
1
2
5
10
20
50
100
20
50
100
poly(IC) (µg/m l)
1600
B
ohne DEAE
1400
Interferon [U/ml]
1200
1000
800
600
400
200
0
1
2
5
10
poly(IC) (µg/m l)
Abb. 5: Interferonaktivitäten in MRC-5-Zellen in Abhängigkeit von der eingesetzten
poly(IC)-Konzentration. Die Induktion erfolgte für 2 h mit steigenden poly(IC) Mengen (1, 2,
5, 10, 20, 50, 100 µg/ml). Die Konzentration an DEAE-Dextran (100 µg/ml) blieb konstant (A).
In B) dargestellt ist eine Auskopplung aus Graphik A). Die Abhängigkeit der
Interferonproduktion von der eingesetzten Menge an dsRNA ist auch bei Stimulation der
Zellen mit poly(IC) allein zu beobachten. Die erreichten Interferonausbeuten sind allerdings
signifikant niedriger. Dargestellt ist ein repräsentatives Experiment aus mehrfachen
Reproduktionen.
57
Die
Zellkulturüberstände
Interferonaktivität
wurden
bestimmt.
Dazu
abgenommen
wurden
und
humane
im
Plaquereduktionstest
Amnionzellen
in
96
die
Well-
Mikrotiterplatten verwendet und eine serielle Verdünnungsreihe mit den entsprechenden
Überständen durchgeführt. Der - ursprünglich von Dulbecco 1952 entwickelte Plaquereduktionstest als Bestimmungsmethode für die Menge an sezerniertem Interferon
wurde gewählt, da er im Gegensatz zum ELISA den Vorteil bietet, biologisch aktives
Interferon quantitativ zu erfassen. Die Ergebnisse des Bioassays sind in Abb. 5 dargestellt.
Die Interferonproduktion in MRC-5-Zellen ist abhängig von der eingesetzten Menge an
dsRNA. Eine signifikante Steigerung der Interferonsekretion wird beim Einbringen des
poly(IC) mittels DEAE-Dextran-Technik erreicht. Dieses Agens führt nicht nur zu einer
Erhöhung der Transfektionseffizienz, sondern die Komplexierung des poly(IC) mit dem
DEAE-Dextran bewirkt zudem eine höhere Ribonuclease-Resistenz des dsRNA-Analogons
(Fields et al., 1996).
Bei alleiniger poly(IC)-Stimulation ist bis zu einer Konzentration von 100 µg/ml eine
Steigerung der Interferonproduktion zu verzeichnen. Wird die dsRNA in Anwesenheit von
DEAE-Dextran in die Zellen transferiert, so zeigte sich, dass ab 20 µg/ml poly(IC) kein
weiterer deutlicher Anstieg der Interferonsynthese erreicht werden kann. Es wurde für die
weiteren Experimente daher die letztgenannte poly(IC)-Konzentration unter Verwendung von
DEAE-Dextran eingesetzt. Für die Transfektion mit Hilfe dieses hochmolekularen
Polysaccharides wurde sich auch aufgrund der Infektionssituation in vitro entschieden.
HAV/GBM repliziert als RNA-Virus im Cytoplasma und da es sich bei diesem HAV-Stamm
um eine nicht cytopathogene Variante handelt, ist der Wirkort von HAV mit großer
Wahrscheinlichkeit auch hier und nicht extrazellulär zu suchen.
3.1.2.2.
Effekt von exogenem Interferon auf die Expressionsinduktion von Interferon-E
durch poly(IC)
Wie bereits erwähnt belegen zahlreiche Studien, dass die Interferonexpression in den
unterschiedlichsten Zelltypen durch eine Vorbehandlung mit Typ-I-Interferonen gesteigert
werden kann (Abreu et al., 1979; Havell und Vilcek, 1972; Steward et al., 1972). In welchem
Ausmaß dies auf die verwendeten MRC-5-Zellen zutrifft, sollte im Folgenden untersucht
werden. Dazu wurden MRC-5-Zellen in 6 cm-Schalen ausgesät und solange kultiviert bis sich
ein geschlossener Monolayer ausgebildet hatte. Die Zellen wurden dann über einen Zeitraum
von 16 Stunden mit 50 IU/ml Interferon-ȕ (Betaferon®) inkubiert. Nach dreimaligem
58
Waschen mit HBSS erfolgte die Induktion mit poly(IC) bzw. poly(IC) und DEAE-Dextran
über einen Zeitraum von 2 Stunden in serumfreiem Medium. Anschließend wurden die Zellen
für 16 Stunden in Erhaltungsmedium weiterkultiviert, die Zellkulturüberstände geerntet und
im Plaquereduktionstest die Interferonaktivität bestimmt (Abb. 6). MRC-5-Zellen, die geprimt
aber anschließend lediglich mit DEAE-Dextran oder Medium inkubiert wurden, sind als
Kontrollen mitgeführt worden. Diese zeigten bei der Auswertung - abgesehen von dem in
MRC-5-Zellen vorhandenen geringen konstitutiven Interferonlevel - keine Plaquereduktion.
Es zeigte sich eine signifikante Steigerung der Interferonsynthese in Interferon-behandelten
(„geprimten“), lediglich mit poly(IC)-stimulierten MRC-5-Zellen im Vergleich zu den nicht
geprimten Kontrollkulturen (Abb. 6A). Im Gegensatz dazu war in den Zellen, in die das
poly(IC) durch Transfektion eingebracht worden war, durch die zusätzliche Vorbehandlung
mit Betaferon® lediglich eine etwa 20 %ige Steigerung der Syntheserate zu verzeichnen
(Abb. 6B) im Vergleich zu der fast vierfachen Erhöhung in den Zellen, in denen die
Transfektion ohne „Carrier“ erfolgte (Abb. 6A). Es scheint, dass durch die Transfektion mit
DEAE-Dextran die Effizienz derselben bereits so gesteigert wird, dass die Kapazität der Zelle
bezüglich der Interferonantwort nahezu ausgeschöpft ist.
1000
900
18000
A
16000
14000
700
Interferon [U/ml]
Interferon [U/ml]
800
B
600
500
400
300
12000
10000
8000
6000
200
4000
100
2000
0
0
poly(IC)
poly(IC), primed
poly(IC) + DEAEDextran
poly(IC) + DEAEDextran, primed
Abb. 6: Interferonexpression nach poly(IC)-Induktion in Abhängigkeit von
exogener Betaferon®- Gabe („Priming“)
Konfluent gewachsene MRC-5-Zellen wurden für 16 Stunden mit 50 IU/ml Betaferon® in
Erhaltungsmedium (primed) oder Erhaltungsmedium ohne Interferonzusatz inkubiert.
Nach 2-stündiger Stimulation mit poly(IC) [20µg/ml] oder Transfektion mittels 100 µg/ml
DEAE-Dextran und 16 Stunden Inkubation in Erhaltungsmedium erfolgte die Abnahme
der Zellkulturüberstände und Austestung im Plaquereduktionstest mit VSV als
Challenge-Virus. Bei den dargestellten Interferonaktivitäten handelt es sich um
Mittelwerte aus Zweifachansätzen mit den dazugehörigen Standardabweichungen.
59
3.1.2.3.
Kinetik der Interferon-E-Expression nach Induktion mit poly(IC)
Nachdem die optimalen Einsatzmengen an poly(IC) gefunden waren, sollte ermittelt werden
zu welchem Zeitpunkt eine möglichst hohe Ausbeute an Interferon-Protein erzielt wird und
gleichzeitig noch ein entsprechend starkes Signal an Interferon-E-mRNA zu detektieren ist, da
letztere aufgrund destabilisierender Sequenzen in ihrer untranslatierten Region am 3`-Ende
nur eine kurze Halbwertszeit aufweist (Sen und Lengyel, 1992; Vilcek und Sen, 1996).
Dazu wurden MRC-5-Zellen mit der gleichen Zelldichte wie im vorherigen Experiment
verwendet und mit 20 µg/ml poly(IC) mittels DEAE-Dextran (100 µg/ml) transfiziert. Es
wurden parallel dazu Zellen mitgeführt, die während der Transfektionsdauer nur mit Medium
oder DEAE-Dextran inkubiert wurden. Nach Ablauf der zweistündigen Inkubation wurde der
Induktionsmix abgenommen, überschüssiges poly(IC) durch zweimaliges Waschen der Zellen
mit HBSS entfernt, Erhaltungsmedium zugegeben und die Zellen bei 37 °C und 5 % CO2
weiterinkubiert.
poly(IC) / DEAE-Dextran
Stunden
0
2
4
8
12
16
24
36
48
H2O
IFN-E
552 bp
E-Actin
381 bp
DEAE-Dextran
Stunden
0
2
4
8
12
16
24
36
48
H2O poly(IC)
IFN-E
E-Actin
Abb. 7: Nachweis von Interferon-E- und E-Actin-Transkripten mittels RT-PCR.
Die Induktion der Interferon-ȕ-Expression erfolgte für 2 h mit 20 µg/ml poly(IC) nach der DEAEDextran-Methode. Für die RT-PCR wurden 500 ng RNA eingesetzt. Um Verfälschungen der
Ergebnisse mit Rückständen genomischer DNA zu vermeiden, wurde ein DNase Verdau
durchgeführt. Parallel zur IFN-ȕ RT-PCR wurde der Nachweis der konstitutiv gebildeten ȕ-ActinmRNA durchgeführt, um sicher zu gehen, dass überall gleiche Mengen an RNA eingesetzt
wurden und so eine Vergleichbarkeit der einzelnen Banden zu gewährleisten. Als Größenmarker
wurde ein DNA-Längenstandard („1kb-DNA-Leiter“) mitgeführt (nicht dargestellt).
60
Zu definierten Zeitpunkten wurden Proben gezogen. Die Zellkulturüberstände wurden
abgenommen und im Plaquereduktionstest die Interferonaktivität bestimmt. Gleichzeitig
wurden die Zellen abtrypsiniert und wie im Methodenteil dieser Arbeit beschrieben die RNA
extrahiert.
Es zeigte sich (Abb. 7), dass bereits direkt nach Ablauf der zweistündigen Transfektion
(Zeitpunkt: t=0) Interferon-E-mRNA zu detektieren war. Die Bandenstärke stieg nachfolgend
kontinuierlich an und erreichte 8 Stunden nach Transfektionsende die stärkste Intensität, um
danach langsam wieder abzufallen. IFN-E-mRNA war allerdings bis zum Ende des 48stündigen Versuchszeitraums deutlich zu detektieren, wenn auch in zunehmend
abgeschwächter Form.
14000
12000
Interferon [U/ml]
10000
8000
6000
4000
2000
0
2h
4h
6h
8h
12 h
16 h
Abb. 8: Plaquereduktionstest zum Nachweis der Interferonaktivitäten in MRC-5Zellen zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Induktion mit poly(IC)/DEAE-Dextran.
Die Induktion der Interferonexpression erfolgte über 2 Stunden mit 20 µg/ml poly(IC)
mittels DEAE-Dextran (100 µg/ml). Die Zellkulturüberstände wurden nach Beendigung der
Induktion zu den angegebenen Zeitpunkten abgenommen und der Interferongehalt im
Bioassay unter Verwendung von WISH-Zellen wie beschrieben bestimmt. Die Angabe der
Interferonaktivitäten erfolgt in U/ml. Bei den angegebenen Aktivitäten handelt es sich um
die Mittelwerte von Doppelbestimmungen aus drei voneinander unabhängigen
Experimenten mit den entspechenden Standardabweichungen.
Die mitgeführten Kontrollen - sowohl die mit Medium als auch die mit DEAE-Dextran
behandelten Zellen - zeigten eine über die Dauer des Versuchszeitraums immer
gleichbleibende, sehr schwache Bande auf der Höhe von 552 bp (im Ausdruck nicht sichtbar).
Eine solche - sehr niedrige, basale - Produktion von Typ-I-Interferonen in Abwesenheit einer
viralen Infektion oder eines anderen spezifischen Induktors ist beschrieben worden (Gresser,
61
1990; Taniguchi und Takaoka, 2001). Die Tatsache, dass es in den als Negativkontrolle
mitgeführten lediglich DEAE-Dextran behandelten Zellen zu keiner durch den Carrier
induzierten Interferonexpression kam, weist poly(IC) als spezifischen Induzenten der
Interferonproduktion aus, wie ja auch unter physiologischen Bedingungen einer viralen
Infektion dsRNA als Induktor der Interferonsynthese angesehen wird (Jacobs und Langland,
1996). Im Plaquereduktionsassay (Abb. 8) konnte zwei Stunden nach Transfektionsende (t=2)
erstmals
biologisch
aktives
Interferon
detektiert
werden.
Auch
hier
steigt
die
Interferonsynthese kontinuierlich an und erreicht nach 16 Stunden ein Maximum, um bis zum
Ende der 48-stündigen Versuchsdauer nahezu konstant zu bleiben.
Die
oben
dargestellten
Ergebnisse
zeigen,
dass
MRC-5-Zellen
hervorragende
Interferonproduzenten sowohl nach intra- als auch extrazellulärer poly(IC)-Induktion
darstellen und im Gegensatz zu FRhK-4-Zellen mit einem voll funktionsfähigen Interferon-ESystem als antiviralem Mechanismus ausgestattet sind. Somit konnte mit dieser
Fibroblastenzellinie ein humanes Zellkultursystem etabliert werden, das den Anforderungen
in Bezug auf die nachfolgenden Experimente entspricht.
3.2.
Untersuchungen zur Expressionsinduktion des Interferon-E-Gens
in MRC-5-Zellen durch das Hepatitis A-Virus
Vallbracht et al. (1985) konnte auf der Ebene der biologischen Funktion zeigen, dass eine
Hepatitis A-Infektion in vitro weder zur Synthese von Interferon-Į in Lymphozyten noch
Interferon-E in Fibroblasten führt, auch dann nicht, wenn eine Vorbehandlung der Zellen mit
HuIFN-D (PBL`s) oder HuIFN-E (Fibroblasten) erfolgte. Infolgedessen unterbleibt der
Aufbau eines antiviralen Status in diesen Zellen. Brack et al. (2002) konnte in fetalen
Rhesusaffen-Nierenzellen ebenfalls keine Interferonexpression nach einer HAV-Infektion
zeigen. Es ist aber möglich, durch exogene Zufuhr geringer Mengen von Typ-I-Interferonen
eine persistente Infektion in humanen Fibroblasten zu eliminieren (Vallbracht und Flehmig,
1985). Diesen Ergebnissen nach zu urteilen, ist das Hepatitis A-Virus demnach nicht in der
Lage, die durch Interferon vermittelte Genexpression und die daraus resultierenden antiviralen
Reaktionen zu inhibieren, aber fähig die Interferonsynthese zu beeinflussen und dies, obwohl
das Hepatitis A-Virus aufgrund seiner - im Vergleich zu anderen Picornaviren - stark
retardierten
Replikationsgeschwindigkeit
für
die
Anschaltung
dieser
antiviralen
Signalkaskade prädestiniert sein müsste.
62
3.2.1. Nachweis von biologisch aktivem Interferon
Im
folgenden
Experiment
sollte
überprüft
werden,
ob
auch
in
der
humanen
Fibroblastenzellinie MRC-5 eine Interferonexpression nach HAV-Infektion unterbleibt. Dazu
wurde eine Kinetik über einen Zeitraum von 72 h durchgeführt. MRC-5 Zellen wurden in
6 cm-Schalen ausgesät und nach Erreichen eines konfluenten Monolayers mit HAV/GBM
(MOI: 1) infiziert. Parallel dazu wurden Kontrollzellen in serumfreiem Medium mitgeführt.
Nach Ablauf der zweistündigen Inkubationszeit wurden die Zellen einmal mit HBSS
gewaschen und erhielten im Anschluss daran Medium mit 3 %igem Serumzusatz. Über einen
Zeitraum von 72 Stunden wurden in regelmäßigen Abständen Proben gezogen. Die
Überstände der Zellkulturen wurden gesammelt, bei -80 °C zwischengelagert und
anschließend die Interferonaktivität bestimmt. Das Ergebnis des Plaquereduktionstests ist in
Tab. 3 dargestellt.
Tab. 3: Kinetik der Interferonproduktion in HAV/GBM-infizierten MRC-5-Zellen
Interferonaktivität (U/ml)
h p.i.
0
4
8
12
24
36
48
60
72
HAV/GBM
” 20
” 20
” 20
” 20
” 20
” 20
” 20
” 20
” 20
Medium
” 20
” 20
” 20
” 20
” 20
” 20
” 20
” 20
” 20
-
-
-
9740
-
-
-
-
-
-
-
-
” 20
-
-
-
-
-
1
poly(IC)
+ DEAE-Dextran
DEAE-Dextran
2
2
- = nicht bestimmt;
1
= 20 µg/ml;
2
= 100 µg/ml; bei allen Daten handelt es sich um Mittelwerte aus Doppelbestimmungen
Lediglich in den als Positivkontrolle mitgeführten mit poly(IC)-transfizierten, nicht infizierten
Fibroblasten sind signifikante Interferonmengen zu detektieren. In den HAV-infizierten
MRC-5-Zellen kam es zu keinem Zeitpunkt zu einer durch das Hepatitis A-Virus induzierten
Interferonsekretion. Auch die ebenfalls als Kontrolle mitgeführten lediglich mit DEAEDextran induzierten Zellen zeigten keine Interferonaktivität. Der Erfolg der Infektion wurde
am Tag 3 p.i. mittels indirekter Immunfluoreszenz gezeigt. Demnach kommt es auch in
HAV/GBM-infizierten MRC-5-Zellen nicht zur Interferonsekretion.
63
3.2.2. Nachweis von IFN-E-mRNA
Bisher nur an fetalen Rhesusaffen-Nierenzellen gezeigt wurde das Phänomen, dass das
Hepatitis A-Virus bereits zu einem frühen Zeitpunkt in die Signalkaskade der
Interferoninduktion eingreift. Wie Brack et al. (2002) zeigen konnte, wird in HAV-infizierten
FRhK-4-Zellen bereits die Transkription des Interferon-E-Gens nicht initiiert. Ob dies auch
im humanen System der Fall ist, wurde anhand nachfolgender Kinetik überprüft.
HAV/GBM
h p.i.
0
4
8
12
24
36
48
60
72
48
60
72
+
-
IFN-E
E-Actin
mock
h p.i.
0
4
8
12
24
36
+
+
IFN-E
E-Actin
Abb. 9: Nachweis von Interferon-E-mRNA in HAV/GBM-infizierten MRC-5-Zellen mittels
RT-PCR.
MRC-5-Zellen wurden mit HAV/GBM (MOI: 1) bzw. mock (Medium) für 2 h bei 37 °C und 5 %
CO2 inkubiert. Nach Abnahme der Inokula erhielten alle Zellen Erhaltungsmedium. Für die RTPCR wurden 500 ng RNA eingesetzt. Der Nachweis von E-Actin erfolgte parallel, um zu
zeigen, dass äquivalente RNA-Mengen eingesetzt wurden. Als Positivkontrolle (+) wurde die
RNA von Zellen isoliert, die mit 20 µg/ml poly(IC) mittels DEAE-Dextran (100 µg/ml)
transfiziert worden waren, als Negativkontrolle (-) Zellen, die lediglich DEAE-Dextran erhielten.
Die Aufarbeitung dieser Kontrollen erfolgte 12 h nach Transfektionsende. Alle Ansätze
einschließlich der Kontrollen wurden als Doppelbestimmung durchgeführt.
Konfluent gewachsene MRC-5-Zellen wurden mit HAV/GBM infiziert. Pro 6 cm-Schale
wurden 500 µl HAV-Inokulum (MOI: 1) oder für die mock-Infektion serumfreies Medium
eingesetzt. Nach 2 Stunden wurden die Inokula entfernt, die Zellen einmal mit HBSS
64
gewaschen und mit Erhaltungsmedium beschickt. Zu definierten Zeiten wurde die RNA der
Zellen - wie von Chomzcynski und Sacchi (1987) beschrieben - isoliert, extrahiert und 500 ng
der DNA-freien RNA-Präparationen für die RT-PCR eingesetzt. Als Positivkontrolle für den
IFN-ȕ-mRNA-Nachweis wurden Zellen verwendet, die zeitgleich (während der Infektion) mit
poly(IC)/DEAE-Dextran transfiziert worden waren. Die Aufarbeitung dieser Zellen und der
als Negativkontrolle dienenden Fibroblasten, die lediglich mit DEAE-Dextran transfiziert
wurden, erfolgte 12 Stunden nach Transfektionsende. Weiterhin wurde die Infektion der
Kulturen mittels indirekter Immunfluoreszenz zum Zeitpunkt der letzten Probennahme (72 h
p.i.) kontrolliert.
Während des über 72 Stunden laufenden Versuchszeitraums kam es durch HAV/GBM nicht
zur Induktion von Interferon-E-mRNA (Abb. 9). Die mitgeführten nicht infizierten aber mit
20 µg/ml poly(IC)-transfizierten MRC-5-Zellen zeigten hingegen ein deutliches IFN-E Signal
auf Transkriptionsebene, die als Negativkontrolle dienenden lediglich mit DEAE-Dextran
transfizierten Zellen erwartungsgemäß nicht. Dies zeigt zum einen die Induzierbarkeit des
IFN-E-Gens in MRC-5-Zellen nach poly(IC)-Transfektion und zum anderen weist es dsRNA
als spezifischen Induktor der Interferonsynthese auf.
Auch wenn die Fragestellung, ob es nach einer Hepatitis A-Infektion in vivo zu einer
Interferoninduktion kommt, kontrovers diskutiert wird (Levin und Hahn, 1982; Rakela und
Ishizawa, 1984; Vallbracht et al., 1985; Zachoval et al., 1990), so konnten die oben
erhaltenen Ergebnisse die in vitro Befunde von Vallbracht et al. (1985) und Brack et al.
(2002) bestätigen, dass das Hepatitis A-Virus die Expression des Interferon-E-Gens nicht
induziert und ergänzen, indem gezeigt werden konnte, dass auch im humanen System die
Initation der Interferon-E-Transkription nach HAV-Infektion unterbleibt.
3.3.
Einfluss des Hepatitis A-Virus auf die poly(IC)-induzierte Expression des
Interferon-E-Gens in MRC-5-Zellen
Nachdem gezeigt werden konnte, dass das Hepatitis A-Virus die Interferonexpression nicht
induziert und der Angriffspunkt von HAV auch im humanen System auf Transkriptionsebene
zu finden ist, stellte sich nun die Frage, inwiefern HAV auch die durch poly(IC)-induzierte
Interferonxpression in MRC-5-Zellen zu blockieren vermag.
65
3.3.1. Effekt auf die poly(IC)-induzierte Synthese von biologisch aktivem Interferon
Zur Klärung dieser Frage wurden MRC-5-Zellen in 6 cm-Zellkulturschalen ausgesät.
Nachdem sich ein konfluenter dichter Zellrasen ausgebildet hatte, erfolgte die Infektion mit
HAV/GBM (MOI: 0,1) über einen Zeitraum von 2 Stunden bei 37 °C und 5 % CO2.
Gleichzeitig wurden Ansätze mitgeführt, die lediglich mit serumfreiem Medium inkubiert
wurden. Da das für die Experimente verwendete HAV-Inokulum aus dem Überstand lysierter
Zellen besteht, wurden zusätzlich Zellen mit einem parallel zum verwendeten Viruspool
hergestellten Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen (Lysat) behandelt. Direkt nach der
Infektion sowie 4 Tage p.i. erfolgte die Transfektion mit poly(IC) und DEAE-Dextran als
Carrier. Nach Ablauf der zweistündigen Inkubation wurde der Transfektionsmix entfernt und
die Zellen mit Erhaltungsmedium beschickt. Als Kontrollzellen wurden sowohl infizierte als
auch nicht infizierte Kulturen mitgeführt, die der gleichen Transfektionsprozedur unterlagen,
aber lediglich mit Medium oder DEAE-Dextran inkubiert wurden.
14000
12000
Interferon [U/ml]
10000
8000
6000
4000
2000
0
Tag 0
Tag 4
Medium
Lysat
HAV/GBM
Abb. 10: Nachweis der Interferonaktivität in HAV/GBM- und nicht infizierten MRC-5Zellen nach Transfektion mit poly(IC).
MRC-5-Zellen wurden mit HAV/GBM (MOI: 0,1) bzw. mit Medium oder einem parallel zum
Viruspool erstellten Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen (Lysat) für 2 h inkubiert. Direkt im
Anschluß an die Infektion (Tag 0) sowie 4 Tage p.i. wurde 20 µg/ml poly(IC) mittels DEAEDextran (100 µg/ml) in die Zellen transferiert. Nach Ablauf der 2-stündigen Transfektion
wurden die Zellen über einen Zeitraum von 16 h in Erhaltungsmedium bei 37 °C und 5 %
CO2 weiterkultiviert. Die Zellkulturüberstände wurden im Plaquereduktionstest auf ihren
Interferongehalt überprüft. Bei den dargestellten Interferonaktivitäten handelt es sich um
Mittelwerte aus Zweifachansätzen mit den dazugehörigen Standardabweichungen.
66
Nach Ablauf einer 16-stündigen Inkubationsdauer wurden die Zellkulturüberstände geerntet
und im Plaquereduktionstest der Gehalt an sezerniertem Interferon bestimmt. Um den
Infektionsstatus der Zellen zu kontrollieren, wurde am Tag 4 p.i. HAV-Antigen mittels
indirekter Immunfluoreszenz nachgewiesen. Diese zeigte den Erfolg der Infektion, sowie die
Virusfreiheit der mitgeführten Kontrollzellen. Das Ergebnis des Plaquereduktionstestes ist in
Abb. 10 dargestellt und zeigt am Tag 4 p.i. eine signifikante Abnahme der Interferonsynthese
in den HAV/GBM-infizierten und anschließend induzierten MRC-5-Zellen im Vergleich zu
den nicht infizierten Zellen. Die mitgeführten Kontrollen zeigten erwartungsgemäß keine
nennenswerte Interferonaktivität, abgesehen von der in MRC-5-Zellen zu findenden geringen
konstitutiven Interferonproduktion. Das Ergebnis zeigt, dass das Hepatitis A-Virus offenbar
auch in humanen Fibroblasten in der Lage ist, die durch poly(IC)-induzierte
Interferonexpression zu blockieren, beziehungsweise mit dem zur Interferonsynthese
führenden Signaltransduktionsweg zu interferieren.
Es handelt sich demnach bei dem - ebenfalls in FRhK-4-Zellen beobachteten Phänomen
(Brack et al., 2002) - nicht um einen auf eine bestimmte Zellinie oder HAV-Variante
begrenzten Effekt. Das nicht-cytopathogene HAV scheint in seinen Wirtszellen grundsätzlich
das Unvermögen auszulösen, die Interferonsynthese als antiviralen Abwehrmechanismus
anzuschalten, was dem Virus wiederum ermöglicht, persistente Infektionen zu etablieren.
3.3.2. Effekt auf die poly(IC)-induzierte Transkription des Interferon-E-Gens
Um zu untersuchen, ob der Angriffspunkt der durch HAV vermittelten Blockade der
normalerweise durch dsRNA-induzierbaren Interferonsekretion auch im humanen System auf
der Ebene der Tanskription zu suchen ist, wurden in 6 cm-Zellkulturschalen möglichst dicht
gewachsene MRC-5-Zellen mit HAV/GBM (MOI: 1) für 2 h bei 37 °C infiziert.
Kontrollzellen der gleichen Passage wurden parallel dazu in serumfreiem Medium kultiviert.
Nach Beendigung der Infektion wurden die Zellen mit Erhaltungsmedium beschickt und bis
zur Induktion mit poly(IC) bei 37 °C weiterkultiviert. Die poly(IC)-Transfektion mit DEAEDextran erfolgte für 2 h bei 37 °C zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach der Infektion (t= 0,
1, 4, 6 d p.i.), wobei t=0 den Zeitpunkt direkt nach Infektionsende bezeichnet. Zur Kontrolle
wurden sowohl HAV-infizierte als auch nicht infizierte Zellen lediglich mit Medium oder
DEAE-Dextran inkubiert. Nach Ablauf der Transfektion wurden die Zellen mit
Erhaltungsmedium beschickt und bis zur Aufarbeitung 16 h später bei 37 °C kultiviert. Die
67
RNA der Zellen wurde isoliert und der Nachweis von IFN-E-mRNA nach erfolgter RT-PCR
durch elektrophoretische Auftrennung der Proben in einem 1 %igen Agarose-Gel geführt
(Abb. 11). Gleichzeitig wurden auch die Zellkulturüberstände geerntet und auf ihren Gehalt
an sezerniertem Interferon überprüft (nicht dargestellt). Um den Erfolg der Infektion zu
kontrollieren wurde am Tag 1, 4 und 6 p.i. eine indirekte Immunfluoreszenz zum HAVNachweis durchgeführt. Es zeigte sich, dass am Tag 6 p.i. nahezu alle Zellen infiziert waren.
poly(IC) / DEAE-Dextran
HAV
-
+
-
+
-
+
-
+
IFN-E
552 bp
E-Actin
381 bp
Tag 0
Tag 1
Tag 4
Tag 6
IFN-E
552 bp
E-Actin
381 bp
HAV
-
+
-
+
-
+
-
+
DEAE-Dextran
Abb. 11: RT-PCR zum Nachweis der Einflussnahme von HAV/GBM auf die durch poly(IC)
induzierte IFN-E-Synthese in MRC-5-Zellen.
MRC-5-Zellen wurden für 2 h bei 37 °C mit HAV/GBM (+) und einer MOI von 1 bzw. Medium (-)
inkubiert. Am Tag 0 (direkt nach Infektionsende), 1, 4 und 6 p.i. erfolgte die 2-stündige
Transfektion mit 20 µg/ml poly(IC) mittels DEAE-Dextran (100 µg/ml) bzw. DEAE-Dextran
allein. Die Ansätze wurden jeweils in Doppelbestimmung durchgeführt. 16 h nach
Transfektionsende wurde die RNA der Zellen extrahiert. Für die RT-PCR wurden 500 ng RNA
eingesetzt. Parallel wurde eine RT-PCR zum Nachweis der konstitutiv synthetisierten E-ActinmRNA durchgeführt. Diese bestätigte, dass nahezu identische RNA-Mengen eingesetzt
wurden. Die Ansätze wurden jeweils in Doppelbestimmung durchgeführt, aus dieser ist jeweils
nur eine einfache Bestimmung dargestellt, da die Ergebnisse identisch waren.
Abb. 11 zeigt zu allen untersuchten Zeitpunkten in nicht infizierten poly(IC)-transfizierten
Zellen ein deutliches Signal für IFN-E-mRNA auf der Höhe von 552 bp.
Im Gegensatz dazu nimmt die Signalstärke in den HAV/GBM-infizierten poly(IC)transfizierten MRC-5-Zellen zunehmend ab. So ist am Tag 1 p.i. noch eine schwache Bande
zu detektieren, am Tag 4 und 6 p.i. ist in den infizierten Zellen keine IFN-E-mRNA mehr
nachweisbar. Dies deckt sich mit den in den Zellkulturüberständen gefundenen
68
Interferonaktivitäten. Auch hier zeigte sich am Tag 1 p.i. bereits eine deutliche Suppression
der Interferonproduktion in den HAV-infizierten und mit poly(IC) induzierten Zellen, am Tag
4 und 6 ist keine poly(IC) induzierte Interferonaktivität mehr in den Zellkulturüberständen zu
detektieren. Dies bestätigt die unter 3.3.1. erhaltenen Daten und ergänzt sie um den Befund,
dass HAV auch im humanen System die Transkription von IFN-E-mRNA nach poly(IC)Induktion zu unterbinden vermag und die beobachtete Suppression der Interferonexpression,
die am Tag 0 noch nicht zu beobachten ist, bereits am Tag 1 p.i. deutlich zu Tage tritt. Dies
wiederum deutet darauf hin, dass die Expression viraler Proteine nötig ist, um diesen
inhibitorischen Effekt auszuüben.
3.3.3. Untersuchungen zur Virusspezifität
3.3.3.1.
Neutralisation des durch HAV induzierten Effektes durch anti-HAV IgG
Nachfolgend sollte geklärt werden, ob es sich bei der von uns beobachteten Suppression der
Interferonsynthese tatsächlich um einen virusspezifischen Effekt handelt.
Dazu wurden konfluent gewachsene MRC-5-Zellen mit HAV/GBM (MOI: 0,1)
beziehungsweise einem Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen (Lysat), der analog zu dem
verwendeten HAV-Pool hochgezogen wurde, über einen Zeitraum von 2 h bei 37 °C
inkubiert. Parallel dazu wurden Zellen mitgeführt, die jeweils mit einem Inokulum beschickt
wurden, welches zuvor mit einem HAV-spezifischen, monoklonalen Antikörper (anti-HAV
IgG) inkubiert wurde. Dazu wurden die eingesetzten HAV- bzw. Lysat-Inokula mit 50 µg/ml
des anti-HAV IgG für 3 h bei Raumtemperatur auf dem Taumler inkubiert.
Direkt nach Infektionsende (Tag 0) sowie am Tag 1 und Tag 4 p.i. erfolgte eine zweistündige
DEAE-Dextran-Transfektion mit 20 µg/ml poly(IC) in serumfreiem Medium. Kontrollzellen
wurden lediglich mit Medium oder DEAE-Dextran inkubiert. Die Zellkulturüberstände
wurden 16 h nach Beendigung der Induktion abgenommen und im Plaquereduktionstest die
Interferonaktivität bestimmt (Abb. 12).
An allen Tagen wurden zudem von den HAV- und Lysat-Ansätzen (jeweils mit und ohne
anti-HAV IgG inkubiert) zusätzliche Kulturschalen mitgeführt, von denen der Virusgehalt
(zellgebundenes Virus und Virus im Überstand) bestimmt wurde. Dazu wurden die
Zellkulturschalen an den entsprechenden Tagen bei -80 °C eingefroren und durch dreimaliges
Einfrieren und Auftauen das Virus freigesetzt. Nach Ultraschallbehandlung und
Abzentrifugation der Zelldebris wurde von den erhaltenen Überständen die TCID50 bestimmt.
69
5000
4500
Interferon [IU/ml]
4000
3500
3000
2500
2000
1500
1000
500
0
Tag 0 p.i.
Lysat
Tag 1 p.i.
Lysat + anti-HAV IgG
HAV/GBM
Tag 4 p.i.
HAV/GBM + anti-HAV IgG
Abb. 12: Suppression der durch poly(IC) induzierten Interferonaktivität durch HAV
und Neutralisation dieses Effektes durch anti-HAV IgG. MRC-5-Zellen wurden mit
HAV/GBM (MOI: 0,1) für 2 h infiziert oder mit einem Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen
(Lysat) inokuliert. Gleichzeitig wurden jeweils Ansätze mit einem Inokulum, das im Vorfeld
mit 50 µg/ml eines HAV-spezifischen, monoklonalen Antikörpers (anti-HAV IgG) inkubiert
wurde, mitgeführt. Zu den in der Graphik angegebenen Zeitpunkten Tag 0 (direkt nach
Infektionsende), Tag 1 und Tag 4 p.i. erfolgte die zweistündige Transfektion bei 37°C mit 20
µg/ml poly(IC) nach der DEAE-Dextran-Methode. Mitgeführte Kontrollansätze wurden mit
Medium oder DEAE-Dextran inkubiert. Nach Transfektionsende wurden alle Ansätze mit
Erhaltungsmedium beschickt und für 16 h bei 37 °C und 5 % CO2 weiterkultiviert. Der
Interferongehalt der Zellkulturüberstände wurde im Plaquereduktionstest bestimmt.
Bei den dargestellten Werten handelt es sich um Mittelwerte aus Zweifachansätzen mit den
dazugehörigen Standardabweichungen. Die Konzentrationsangaben der Interferonaktivitäten beziehen sich auf einen internationalen IFN-E-Standard.
Die Titration erfolgte auf MRC-5-Zellen, die Auswertung nach vierzehntägiger Inkubation bei
37 °C über indirekte Immunfluoreszenz mit einem HAV-spezifischen, monoklonalen
Antikörper (Abb. 13).
Abb.
12
zeigt
die
bereits
beschriebene
Suppression
der
poly(IC)-induzierten
Interferonsynthese durch HAV. Bereits am Tag 1 p.i. ist im Vergleich zu den nicht infizierten
Kontrollzellen eine signifikante Reduktion zu beobachten, am Tag 4 p.i. ist nahezu kein
Interferon mehr in den Zellkulturüberständen zu detektieren.
Im Gegensatz dazu ist in den Ansätzen, deren HAV-Inokula im Vorfeld mit anti-HAV IgG
inkubiert wurden, eine Interferoninduktion durch poly(IC) in nahezu vollständigem Ausmaß
möglich. Es ist jedoch immer noch eine geringe Reduktion im Vergleich zu den
Kontrollzellen zu beobachten. Da die Titerbestimmung (Abb. 13) der an den einzelnen Tagen
gezogenen Proben ergab, dass keine vollständige Neutralisation des HAV erreicht werden
konnte, kann man davon ausgehen, dass die im Vergleich zu den Kontrollzellen detektierte
70
geringere Interferonproduktion auf das nicht mit dem Antikörper assoziierte Virus
zurückzuführen ist. So lag die Neutralisationsrate in diesem Experiment am Tag 4
beispielsweise bei 85,3 % (Tab. 4).
Infektiöses HAV (log 10 TCID50/ml)
7
HAV/GBM
HAV/GBM + anti-HAV IgG
6
5
4
3
2
1
0
Tag 0 p.i.
Tag 1 p.i.
Tag 4 p.i.
Abb. 13: Neutralisation der HAV-Infektiösität durch anti-HAV IgG nach 0, 1, 4 Tagen p.i.
MRC-5-Zellen wurden für 2 h bei 37 °C mit HAV/GBM (MOI: 0,1) bzw. einem HAV-Inokulum,
welches zuvor für 3 h mit einem monoklonalen, HAV-spezifischen Antikörper (HAV/GBM + antiHAV) bei RT inkubiert wurde, infiziert und anschließend in Erhaltungsmedium bei 37 °C kultiviert.
Am Tag 0 (direkt nach Infektionsende), 1 und 4 wurden die Kulturschalen bei –80 °C eingefroren
und nach Aufarbeitung der Virusgehalt mit Hilfe der indirekten Immunfluoreszenz bestimmt. Die
Berechnung der TCID50/ml erfolgte mit der Kärber-Gleichung. Die Balken geben den Gehalt an
infektiösem HAV als log10 TCID50/ml an. Dargestellt sind die Mittelwerte einer Doppelbestimmung.
Tab. 4: Prozentuale Neutralisation der HAV-Infektiösität durch anti-HAV IgG nach 0, 1, 4 Tagen p.i.
Tage p.i.
0
1
4
TCID50/ml (HAV/GBM)
1,1x103
1,5x105
3,2x106
TCID50/ml (HAV/GBM + anti-HAV IgG)
2,78x102
1,55x104
4,7x105
74,7%
87,1%
85,3%
Neutralisation (Titer-Reduktion)
Das Ergebnis zeigt deutlich, dass HAV selbst der Auslöser der beobachteten Inhibierung der
durch poly(IC)-induzierbaren Interferonsynthese ist, da die Blockade durch den HAVspezifischen Antikörper verhindert werden kann. Bekräftigt wird dies durch die Verwendung
des Lysats als Negativkontrolle. Damit ist auch die von Brack (1999) diskutierte Möglichkeit,
dass für die beobachtete Suppression ein zellulärer Faktor X, der bei der Präparation zur
Erstellung der Viruspoole von den Zellen abgegeben worden sein könnte, verantwortlich ist,
ausgeschlossen.
71
3.3.3.2.
Beeinflussung der Interferon-medierten Effekte im Plaquereduktionstest
bei Anwesenheit von HAV/GBM im Inokulum
Die für den Plaquereduktionstest verwendeten humanen Amnionzellen (WISH) lassen sich
mit HAV infizieren. Um auszusschließen, dass es zu einer Reduktion der Interferonausbeute
im Bioassay kommt, wenn die zu untersuchenden Zellkulturüberstände HAV enthalten, wurde
eine Probe eines einzelnen Interferon-haltigen, virusfreien Kulturüberstandes, der nach
Transfektion von MRC-5-Zellen mit poly(IC) nach der DEAE-Dextran-Methode erhalten
wurde, mit unterschiedlichen HAV/GBM Mengen (5x103, 104, 105 TCID50/ml) versetzt und
im Bioassay die Interferonaktivität bestimmt. Zur Kontrolle wurden Überstände mitgeführt,
die anstelle von HAV mit Medium oder Zell-Lysat (aus einem parallel zum verwendeten
Viruspool hochgezogenen Pool aus nicht infizierten Zellen) versetzt wurden. Das Ergebnis
des Plaquereduktionstests ist nachfolgend dargestellt.
1 20 00
1 00 00
Interferon [U/ml]
80 00
60 00
40 00
20 00
0
Med iu m
L ys a t
TC ID 5 0: 1 0E5
TC ID 50 : 1 0E4
TC ID 5 0: 5 x1 0E3
Abb. 14:
Interferonaktivität von Zellkulturüberständen in Abhängigkeit von infektiösem HAV/GBM.
Bei den dargestellten Werten handelt es sich um Mittelwerte aus Zweifachansätzen mit den
dazugehörigen Standardabweichungen. Ein im Vorfeld - nach Transfektion von MRC-5-Zellen mit
20 µg/ml poly(IC) und DEAE-Dextran (100 µg/ml) - gewonnener Interferon-haltiger Zellkulturüberstand wurde mit verschiedenen HAV/GBM-Mengen (105, 104, 5x103 TCID50/ml) bzw. Medium
oder einem analog zum Viruspool erstellten Pool aus nicht infizierten Zellen (Lysat) versetzt und
im Plaquereduktionstest unter Verwendung von WISH-Zellen der Interferongehalt bestimmt.
Zur Austestung der Überstände wurde auf WISH-Zellen eine serielle Verdünnungsreihe der
jeweiligen Überstände erstellt und nach 20-stündiger Inkubation bei 37 °C und 5 % CO2 die
72
Infektion mit VSV als Challenge-Virus durchgeführt. Nach Ablauf der einstündigen Infektion
und Abnahme des Inokulums wurden die Zellen mit 1 %igem Methylcellulose-Medium
überschichtet, um eine quantitative Aussage durch Vermeidung von Sekundärplaques zu
ermöglichen. Nach zweitägiger Inkubation bei 37 °C und 5 % CO2 wurden die Zellen mit
4 %iger Formaldehydlösung fixiert, mit Kristallviolett angefärbt und die Plaqueanzahl
bestimmt.
Eine Reduktion der Interferonaktivität ist auch bei Anwesenheit hoher HAV-Mengen in den
getesteten Zellkulturüberständen nicht zu beobachten. Im Gegenteil, bei einer TCID50/ml von
104 und 5x103 ist eher eine Steigerung der Interferonaktivität zu verzeichnen, wobei diese auf
die natürliche Schwankungsbreite des biologischen Assays zurückzuführen sein könnte. Das
Ergebnis zeigt, dass die verwendeten humanen Amnionzellen - bei Vorhandensein von HAV
in mittels PRT auszutestenden Zellkulturüberständen - in ihrer Fähigkeit einen antiviralen
Status aufzubauen, nicht eingeschränkt sind und somit die von uns bisher im PRT erhaltenen
Daten, die Reduktion der Interferonaktivitäten nach poly(IC)-Induktion in HAV-infizierten
Zellen, nicht auf einen Einfluss des in den Zellkulturüberständen enthaltenen HAV
zurückzuführen sind.
3.4.
Untersuchung verschiedener zellulärer Signalwegskomponenten
hinsichtlich ihrer möglichen Beeinflussung durch HAV
3.4.1. Einfluss von Interleukin-4 auf die durch poly(IC) induzierte Interferonexpression
Eine sehr wichtige antagonistische Interaktion besteht zwischen Interleukin-4 und allen
Interferonen. So konnte gezeigt werden, dass Interleukin-4 in der Lage ist, die konstitutive
Interferon-E Synthese in aus Knochenmark isolierten murinen Makrophagen aufzuheben, was
zur Folge hat, dass die Zellen hoch permissiv gegenüber einer Vesicular-Stomatitis-VirusInfektion werden (Nickolaus und Zawatzky, 1994). Andererseits inhibieren die Typ-I- und IIInterferone die Induktion von Interleukin-4 induzierbaren Genen, wobei der Mechanismus,
der dieser Blockade zugrunde liegt, noch nicht genau definiert ist (Dickensheets und
Donnelly, 1999).
IL-4 vermittelt seine biologische Wirkung durch Bindung an spezifische Rezeptoren, wobei
bisher zwei verschiedene Interleukin-4-Rezeptoren (IL-4R Typ I und II) identifiziert wurden
(Dickensheets und Donnelly, 1999). Zwar beschreiben Feigelstock et al. (1998) einen
73
zellulären Binderezeptor für HAV (HAVcr1), dennoch wäre eine Interaktion mit dem
Interleukin-4-Rezeptor denkbar. So könnte das Hepatitis A-Virus seine Wirkungen über
diesen Rezeptor vermitteln, indem HAV entweder als Ligand desselben dient oder aber die
Synthese von Interleukinen induziert, die - in den Zellkulturüberstand abgegeben - die von
uns beobachteten Effekte hervorrufen. Im Folgenden sollte daher untersucht werden, ob IL-4
in der Lage ist, die poly(IC)-induzierte Interferon-E-Expression zu inhibieren.
Um diesen möglichen Sachverhalt zu klären, wurden MRC-5-Zellen in 6 cmZellkulturschalen ausgesetzt. Nachdem sich ein konfluenter Zellrasen gebildet hatte, erfolgte
ein Mediumwechsel, wobei einigen Ansätzen zusätzlich Interleukin-4 (10 ng/ml) hinzugefügt
wurde. Nach 24-stündiger Inkubation bei 37 °C und 5 % CO2 wurde poly(IC) mittels DEAEDextran-Transfektion in die Zellen transferiert. Dem Induktionsmix wurde dabei erneut
Interleukin-4 in gleicher Konzentration zugesetzt. Kontrollzellen, die lediglich mit DEAEDextran - ebenfalls unter Zusatz von IL-4 - inkubiert wurden, sind mitgeführt worden. Nach
Ablauf der zweistündigen Transfektion und Entfernung des Induktionsmixes wurden alle
Zellen für 16 Stunden weiterkultiviert.
12000
Interferon [U/ml]
10000
8000
6000
4000
2000
0
poly(IC)
poly(IC)+IL-4
Abb. 15: Beeinflussung der durch poly(IC) induzierten Interferonsynthese durch IL-4.
Konfluent gewachsene MRC-5-Zellen wurden für 24 h mit Erhaltungsmedium unter Zusatz
von 10 ng/ml Interleukin-4 bzw. Erhaltungsmedium ohne IL-4 inkubiert. Anschließend erfolgte
die Transfektion mit 20 µg/ml poly(IC) für 2 h [poly(IC)]. Kontrollzellen wurden nur mit DEAEDextran inkubiert. Die Transfektion erfolgte bei den Zellen, die bereits im Vorfeld mit IL-4
inkubiert wurden, ebenfalls unter Interleukin-4-Zugabe [(poly(IC)+IL-4]. Nach Beendigung der
Transfektion wurden die Zellen in Erhaltungsmedium für weitere 16 h bei 37 °C und 5 % CO2
inkubiert, die Zellkulturüberstände anschließend im PRT auf ihren Gehalt an sezerniertem
Interferon überprüft. Die Balken in obiger Graphik repräsentieren Mittelwerte einer
Doppelbestimmung mit der dazugehörigen Standardabweichung. Ein Ansatz, dem auch
während der 16-stündigen Inkubation IL-4 ins Medium zugesetzt wurde, zeigte den gleichen
Befund wie die oben dargestellten und ist aus diesem Grund nicht dargestellt.
74
Um die Verhältnisse einer HAV-Infektion bezüglich des Vorhandenseins freier Virionen im
Überstand zu simulieren, wurde einem mit poly(IC) transfizierten Ansatz auch während dieser
Inkubationszeit Interleukin-4 ins Medium hinzugefügt (nicht dargestellt). Alle anderen
Kulturschalen erhielten Erhaltungsmedium ohne IL-4-Zusatz. Der Interferongehalt der
Überstände wurde im PRT bestimmt und ist in Abb. 15 dargestellt.
Es zeigte sich keine Beeinflussung der Interferonexpression nach Inkubation der Zellen mit
IL-4. Demnach greift IL-4 im Gegensatz zu HAV nicht in die durch dsRNA initiierte
Signalkaskade ein. Weitere Untersuchungen bezüglich eines Zusammenhanges von IL-4 und
HAV wurden daher nicht durchgeführt.
3.4.2. Untersuchungen zur Lokalisierung des Transkriptionsfaktors NF-NB
Der 1986 von Sen und Baltimore entdeckte dimere Transkriptionsfaktor NF-NB ist ein
zentraler Mediator im Immunsystem und induziert die Expression einer Vielzahl von Genen,
die in der inflammatorischen Immunantwort involviert sind (Baeuerle und Baichwal, 1997).
Der Transkriptionsfaktor, als dessen Prototyp ein Heterodimer aus einer p50- und p65Untereinheit gilt (Mercurio und Manning, 1999), liegt im Cytoplasma der meisten Zellen als
inaktiver Komplex vor. Verantwortlich hierfür ist die nicht-kovalente Assoziation mit
Proteinen der INB-Familie, die die Sequenz des nukleären Lokalisationssignals (NLS) von
NF-NB maskieren und so die Translokation desselben in den Zellkern verhindern (Beg et al.,
1992; Cartwright und Helin, 2000). Erst nach zellulärer Aktivierung kommt es zur
Phosphorylierung des mit NF-NB assoziierten Inhibitors INB, der in der Folge ubiquitinyliert
und damit für den proteolytischen Abbau durch das 26S-Proteasom markiert wird (Alkalay et
al., 1995; Traenkner et al., 1995).
NF-NB wird durch eine Vielzahl von Stimuli aktiviert, wobei die meisten Aktivatoren
pathogene Signale wie beispielsweise bakterielle Lipopolysaccharide oder Virusinfektionen
darstellen (Mercurio und Manning, 1999). Die Arbeitsgruppe um Alexopoulou (2001) konnte
vor kurzem zeigen, dass die Aktivierung von NF-NB durch dsRNA auch über den Toll-like
receptor 3 (TLR3) vermittelt wird.
Es ist wichtig festzuhalten, dass nicht jeder Stimulus jedes Zielgen in jedem Zelltyp aktiviert.
Es existieren je nach Zelltyp spezifische Unterschiede (Mercurio und Manning, 1999). So
werden entsprechende Gene nur durch bestimmte Stimuli aktiviert oder die Genexpression
erfolgt häufig erst im Zusammenspiel mit anderen Transkriptionsfaktoren (Baeuerle und
75
Baichwal, 1997). So ist NF-NB zusammen mit dem Heterodimer c-Jun und ATF-2 und den
interferon regulatory factors IRF-3 und IRF-7 ein essentieller Bestandteil des IFN-EEnhanceosoms (Goodborn et al., 2000; Maniatis et al., 1998; Munshi et al., 1999). Aufgrund
dieser
maßgeblichen
Beteiligung
an
der
Interferon-E-Induktion
kommt
der
Transkriptionsfaktor als möglicher Angriffspunkt der durch HAV vermittelten Effekte in
Frage. Nachfolgend wurde daher der Effekt einer HAV-Infektion auf die intrazelluläre
Lokalisation des Transkriptionsfaktors NF-NB untersucht.
3.4.2.1.
Nukleäre Translokation von NF-NB nach poly(IC)-Transfektion
und HAV-Infektion
Ziel sollte es zunächst sein, die Induzierbarkeit der nukleären Translokation des
cytoplasmatisch vorliegenden Transkriptionsfaktors nach Transfektion mit dem dsRNAAnalogon poly(IC) zu überprüfen.
Dazu wurden MRC-5-Zellen in Chamber slides im Verhältnis 1:2 ausgesät und bei 37 °C
kultiviert. 12 h nach der Aussaat wurden die Zellen mit 20 oder 100 µg/ml poly(IC) mittels
DEAE-Dextran (100 µg/ml) für 3 h transfiziert. Nach Ablauf der Inkubationszeit wurden die
Zellen mit PBS gewaschen, mit Paraformaldehyd fixiert, anschließend mit Methanol
permeabilisiert und über Nacht mit 10 % FCS in PBS bei 37 °C blockiert.
A
B
C
Abb.16: Nukleäre und cytoplasmatische Lokalisation von NF-NB nach poly(IC)Transfektion.
MRC-5-Zellen wurden 12 h nach der Aussaat mit 20 und 100 µg/ml poly(IC) mittels
DEAE-Dextran [100 µg/ml] für 3 h transfiziert oder in serumfreiem Medium inkubiert. Die
Auswertung erfolgte über indirekte Immunfluoreszenz. Um eine höhere Sensitivität zu
erreichen wurde ein Biotin-Avidin-System zum Nachweis verwendet. A) nicht
transfizierte, serumfrei inkubierte Zellen; B) poly(IC) [20 µg/ml] transfiziert; C) poly(IC)
[100 µg/ml] transfiziert.
76
Die Detektion von NF-NB erfolgte mittels polyklonalem anti-p65 IgG und einem
biotinylierten Sekundärantikörper, dessen Markierung über eine Inkubation mit FITCmarkiertem Avidin erfolgte. Alle Antikörperverdünnungen wurden in PBS mit einem
1,5 %igem FCS-Anteil erstellt, um unspezifische Bindefähigkeiten auszuschalten. Die
Auswertung erfolgte am Epifluoreszenzmikroskop (Abb. 16).
Die Induzierbarkeit der NF-NB-Translokation in MRC-5-Zellen zeigte sich deutlich, sowohl
nach Transfektion mit 20 als auch 100 µg/ml poly(IC), wobei mit 100 µg/ml ein weitaus
stärkeres nukleäres Signal erzielt wurde (Abb. 16B/16C). Die mitgeführten nicht transfizierten Kontrollzellen zeigten dagegen eine überwiegend cytoplasmatische Verteilung von
NF-NB (Abb. 16A).
Im Folgenden sollte der Einfluss einer HAV-Infektion auf die Aktivierbarkeit der
Translokation von NF-NB gezeigt werden (Abb. 17). Dazu wurden MRC-5-Zellen verwendet,
die mindestens 10 Tage vor der Transfektion mit HAV/GBM infiziert worden waren,
wodurch zum Zeitpunkt der poly(IC)-Induktion eine Infektion aller Zellen gewährleistet war.
Dies wurde durch eine indirekte Immunfluoreszenz im Vorfeld des Experimentes überprüft.
A
B
C
D
Abb. 17: Indirekte Immunfluoreszenz zum Nachweis der NF-NB-Lokalisation nach poly(IC)Transfektion in HAV/GBM-infizierten und nicht infizierten MRC-5-Zellen.
Die Transfektion erfolgte für 3 h bei 37 °C mit poly(IC) [100 µg/ml] und DEAE-Dextran [100
µg/ml]. Die Auswertung erfolgte über indirekte Immunfluoreszenz. A) nicht transfizierte, nicht
infizierte Zellen; B) transfizierte, nicht infizierte Zellen; C) nicht transfizierte, HAV-infizierte Zellen;
D) transfizierte, HAV-infizierte Zellen. NF-NB-Detektion: FITC; HAV-Detektion: Texas-Rot
77
HAV/GBM-infizierte und nicht infizierte MRC-5-Zellen wurden auf Chamber slides ausgesät
und nach 12 h mit 100 µg/ml poly(IC) für 3 h nach der DEAE-Dextran-Methode transfiziert.
Die parallele Detektion von HAV erfolgte mittels monoklonalem anti-HAV IgG und einem
Texas-Rot markierten sekundären Antikörper, nachdem etwaige Kreuzreaktivitäten der-selben
im Vorfeld ausgeschlossen werden konnten.
Das Ergebnis (Abb. 17) ist eindeutig. Es zeigte sich die erwartete cytoplasmatische Verteilung
in den nicht transfizierten, nicht infizierten MRC-5-Zellen (17A) sowie eine deutliche
nukleäre Ansammlung von NF-NB in den induzierten Zellen (17B). Auch in den HAVinfizierten, transfizierten Zellen ist eine deutliche Aktivierung von NF-NB erfolgt (17D).
Diese erscheint fast noch stärker als in den nicht infizierten, transfizierten Zellen (17B).
HAV inhibiert somit nicht die durch transfiziertes poly(IC) induzierte NF-NB-Aktivierung, es
sieht stattdessen sogar so aus, als ob die HAV-Infektion selbst schon zu einer Translokation
von NF-NB führt (17C).
Noch ein weiterer Nebenbefund wurde erhalten. Es zeigte sich, dass allein die Transfektion
mit DEAE-Dextran zu einer leichten Translokation von NF-NB führte, und auch die ebenfalls
zur Kontrolle mitgeführten - während der Transfektion serumfrei kultivierten Zellen - zeigten
eine geringe nukleäre Ansammlung von NF-NB im Vergleich zu Zellen, die in
Wachstumsmedium kultiviert wurden (Abb. 18).
A
B
C
D
Abb. 18: Indirekte Immunfluoreszenz zum Nachweis der NF-NB-Lokalisation.
Die Zellen wurden für 3 h bei 37 °C inkubiert. Die Auswertung erfolgte über indirekte
Immunfluoreszenz. A) serumfreies Medium; B) Wachstumsmedium; C) DEAEDextran [100 µg/ml]; D) TNF-D [50 ng/ml].
78
Als Positiv-Kontrolle wurden grundsätzlich MRC-5-Zellen mitgeführt, die einer 45-minütigen
Stimulation mit TNF-D unterzogen wurden (18D). Der eben dargestellte Versuch (Abb. 16,
17 und 18) wurde nachfolgend auch an Zellen reproduziert, die über einen Zeitraum von 2 h
transfiziert wurden. Das Ergebnis entsprach dem soeben dargestellten.
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass der Transkriptionsfaktor NF-NB in HAV-infizierten
Zellen nicht in seiner Fähigkeit nach poly(IC)-Transfektion in den Zellkern zu translozieren
eingeschränkt ist. Stattdessen findet sogar eine Translokation geringeren Ausmaßes - ohne
zusätzliche exogene Stimulation - allein durch die HAV-Infektion statt, eine Beobachtung, die
nicht zu erwarteten war, aus Sicht des Virus aber überaus sinnvoll erscheint, da die antiapoptotischen Wirkungen von NF-NB für die Persistenz des Virus förderlich sind.
3.4.3. Effekte des Hepatitis A-Virus auf die Proteinkinase R
Neben dem Transkriptionsfaktor NF-NB als essentiellem Bestandteil des IFN-EEnhanceosoms (Goodborn et al., 2000; Maniatis et al., 1998; Munshi et al., 1999), galt das
besondere Interesse dieser Arbeit der Proteinkinase R (PKR), die aufgrund ihrer zentralen
Aufgabe in der Abwehr viraler Infektionen das Ziel zahlreicher viraler und zellulärer
Inhibitoren darstellt (Black et al., 1993; Gale und Katze, 1998; Lee et al., 1992).
Die PKR (Protein Kinase RNA activated) ist eine Serin-Threonin-Kinase, die konstitutiv in
basalen Mengen in den meisten Zellen vorliegt (Clemens und Elia, 1997; Proud 1995;
Williams, 1995), wobei nicht bekannt ist, ob die PKR konstitutiv transkribiert wird oder ob
geringe Mengen an Induktor essentiell sind für diese basalen Mengen (Clemens und Elia,
1997). Sicher ist, dass die Kinase durch Interferon hochreguliert wird (Savinova et al., 1999;
West und Baglioni, 1979; Williams, 1995) und es ist beschrieben worden, dass viele Zelltypen
konstitutiv geringe Mengen Interferon-Į/ȕ produzieren (Gresser, 1990; Taniguchi und
Takaoka, 2001).
3.4.3.1.
Überprüfung der Induzierbarkeit der PKR auf Proteinebene durch exogenes
Interferon in MRC-5-Zellen
Meurs et al. beschrieben 1981 den Aufbau eines antiviralen Status in MRC-5-Zellen nach
Behandlung derselben mit Interferon-D/E trotz nicht detektierbarer Mengen an OAS und
79
PKR. In Anbetracht der inzwischen verbesserten Detektionsmöglichkeiten besonders in
Bezug auf kommerziell erwerbbare Antikörper, erschien es vielversprechend und sinnvoll den
Versuch zu unternehmen die Darstellbarkeit sowohl konstitutiv vorhandener als auch
Interferon-induzierter PKR in MRC-5-Zellen mittels Western-Blot zu überprüfen.
Dazu wurden MRC-5-Zellen in 6 cm-Schalen ausgesät, und nach Erreichen der Konfluenz
wurde ein zwölfstündiger Mediumwechsel mit Wachstumsmedium oder serumfreiem
Medium durchgeführt. Anschließend erfolgte die Behandlung mit unterschiedlichen, in
Erhaltungsmedium hergestellten Betaferon®-Verdünnungen. Parallel dazu wurden Kontrollen
mitgeführt, die in diesem Zeitraum nur Erhaltungsmedium ohne Betaferon®-Zusatz erhielten.
Nach 16-stündiger Inkubation erfolgte die Aufnahme der Zellen in RITA-Puffer, wobei
aufgrund der geringen Proteinausbeuten jeweils Zellen von zwei 6 cm-Schalen gepoolt
wurden. Nachfolgend ist das Ergebnis des Western-Blots dargestellt.
500 IU/ml
250 IU/ml
50 IU/ml
mock
10% FCS
500 IU/ml
250 IU/ml
50 IU/ml
mock
Serumfrei
132 kDa
90 kDa
PKR
55 kDa
E-Actin
43 kDa
M
1
2
3
4
5
6
7
8
Abb. 19: Immunoblot-Analyse der PKR-Expression nach Behandlung mit Interferon-ȕ.
Nach Auftrennung der Proteine mittels SDS-PAGE und Transfer auf eine Nitrocellulosemembran
erfolgte die spezifische PKR-Detektion durch gleichzeitige Inkubation der Membran mit monound polyklonalen anti-PKR-Antikörpern. Gleichzeitig erfolgte der Nachweis von Actin, um zu
überprüfen, ob gleiche Proteinmengen eingesetzt wurden. Die Detektion erfolgte mit
Peroxidase-gekoppelten sekundären Antikörpern mittels Chemilumineszenz. Ein Größenmarker
(M), der den Vorteil einer dauerhaften Größenzuordnung auf dem Röntgenfilm bietet, wurde
mitgeführt.
Lane 1-4 stellen die Ansätze dar, die über einen Zeitraum von 12 Stunden serumfrei kultiviert
wurden, Lane 5-8 die Ansätze, die 12 Stunden in Wachstumsmedium gehalten wurden. Alle
Ansätze wurden anschließend für 16 h mit unterschiedlichen Mengen IFN-E (Betaferon®)
inkubiert.
Das Ergebnis zeigt eindeutig das Vorhandensein und die gute Detektierbarkeit der PKR in
MRC-5-Zellen über den Western-Blot. In den MRC-5-Zellen, die in Wachstumsmedium
80
gehalten wurden (Lane 5-8), ist nach Inkubation mit unterschiedlichen Betaferon®Verdünnungen eine Steigerung der PKR-Expression zu verzeichnen. Diese ist bereits nach
einer Behandlung mit lediglich 50 IU/ml zu beobachten und nimmt mit zunehmender
Interferon-Konzentration deutlich zu. Im Gegensatz dazu zeigen die serumfrei gehaltenen
MRC-5-Zellen keinen sichtbaren Response auf die Behandlung mit Interferon-ȕ bezüglich der
PKR-Expression (Lane 1-4). Insgesamt scheinen aber die serumfrei gehaltenen Zellen einen
geringfügig
höheren
basalen
PKR-Level
aufzuweisen
als
die
entsprechenden
in
Wachstumsmedium kultivierten MRC-5-Zellen. Zusätzlich zu den erwarteten PKR- und
Actin-Banden zeigt sich eine weitere schwache Bande. Hierbei könnte es sich um ein
während der Aufbereitung der Zellextrakte entstehendes Abbauprodukt der PKR handeln
(Galabru und Hovanessian, 1987).
Um eine semiquantitative Aussage treffen zu können wurde eine densitometrische
Bestimmung durchgeführt. Diese ist in Abb. 20 dargestellt.
280
Serumfreies Medium
Wachstumsmedium
240
Densität
200
160
PKR
Actin
120
80
40
0
0
50
250
500
0
50
250
500
Interferon-beta [IU/ml]
Abb. 20: Densitometrische Auswertung der Proteinbanden des Western-Blots aus Abb.19.
Die erhaltenen Proteinbanden wurden eingescannt und mit dem Software Programm ImageLab
Version 2.0 densitometrisch bestimmt. Es zeigte sich in den zuvor in Wachstumsmedium
gehaltenen
MRC-5-Zellen
eine
deutliche
Expressionsteigerung
mit
zunehmender
Interferonkonzentration. Die im Vorfeld der IFN-E-Behandlung serumfrei kultivierten Zellen
sprechen auf die Interferonbehandlung hingegen nicht an. Allerdings scheint der PKR-Grundlevel
in diesen Zellen höher zu sein, verglichen mit den in Wachstumsmedium kultivierten Zellen.
Hier bestätigt sich der optische Eindruck des in Abb. 19 dargestellten Western-Blots. Zu
erkennen ist, dass sich die PKR-Expressionsrate der in Wachstumsmedium gehaltenen Zellen
nach Behandlung mit 50 IU/ml Betaferon® bereits nahezu verdoppelt hat im Vergleich zu den
Kontrollzellen, bei 500 IU/ml ist eine fünffache Steigerung zu verzeichnen. Anders das Bild
81
der serumfrei kultivierten Zellen. Allein der Serumentzug führt anscheinend zu einer leichten
Steigerung der PKR-Expression, die Induzierbarkeit der PKR auf Proteinebene durch
exogenes Interferon scheint aber nicht mehr möglich zu sein.
Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass die PKR in MRC-5-Zellen mit Hilfe des Western-Blots
methodisch ausgesprochen gut darstellbar ist und dies auch ohne vorherige Hochregulation
des Proteins durch exogene Interferongabe („Priming“). Aufgrund dessen wurde im
Folgenden der mögliche Einfluss einer HAV-Infektion auf die PKR unter Verwendung dieser
Detektionsmethode untersucht.
3.4.3.2.
Degradierung der PKR durch HAV in MRC-5-Zellen
Das Hepatitis A-Virus ist in der Lage, die durch poly(IC) induzierte Interferon-ȕ-Expression
in FRhK-4-Zellen (Brack et al., 2002) und in MRC-5-Zellen zu inhibieren. An FRhK-4Zellen konnte zudem gezeigt werden, dass die durch poly(IC)induzierte Apoptose nach
Infektion mit HAV/7 unterbleibt (Brack et al., 2002; Lederer, 1998). Die PKR könnte als
Bindeglied dieser durch dsRNA induzierbaren Signalwege fungieren, da ihr sowohl eine
Rolle bei der Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-țB (Bonnet et al., 2000, Gil et al.,
2001; Zamanian-Daryoush et al., 2000) und somit der Interferon-E-Induktion (Kumar et al.,
1994; Williams, 1995) als auch bei der Einleitung der Apoptose (Lee und Esteban, 1994; Der
et al., 1997) zugeschrieben wird.
Die biologische Bedeutung der PKR in der antiviralen Abwehr wird auch dadurch
unterstrichen, dass viele Viren antagonistische Strategien entwickelt haben, die zu einem
Funktionsverlust der PKR führen (Gale und Katze 1998; Katze, 1992; Samuel, 2001). So
wurde unter anderem für das Poliovirus, ebenfalls der Familie der Picornaviridae zugehörig,
die Induktion eines proteolytischen Abbau`s der PKR durch eine zelluläre Protease
beschrieben (Black et al., 1989; Black et al., 1993). Im nachfolgenden Experiment wurde
daher untersucht, ob die Infektion mit HAV/GBM möglicherweise ebenfalls zu einer
Degradierung des Enzyms führt.
Hierfür wurden MRC-5-Zellen in 6 cm-Schalen ausgesät und diese, nachdem eine ungefähr
80 %ige Konfluenz erreicht war, mit HAV/GBM (MOI: 2) infiziert, beziehungsweise mit
einem parallel dazu hochgezogenen Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen (Lysat)
inokuliert. Direkt nach der Infektion (Tag 0) sowie einen und vier Tage p.i. wurden aus je
zwei 6 cm-Schalen Gesamtzellextrakte hergestellt und ein Western-Blot zum Nachweis der
PKR durchgeführt. Um den Erfolg der Infektion zu überprüfen, wurde an den Tagen der
82
Probenahme eine Infektionskontrolle eingefroren und anschließend die TCID50/ml bestimmt
(Tab. 5), zudem wurde am Tag 1 und 4 eine indirekte Immunfluoreszenz zum Nachweis von
HAV-Antigen durchgeführt.
Tab. 5: Ermittelte Titerwerte von HAV/GBM-infizierten Zellkulturen 0, 1, 4 Tage p.i.
HAV/GBM Tage p.i.
0
1
4
TCID50/ml
7,4x103
9,7x103
1,3x106
Die Immunfluoreszenz zeigte am Tag 1 vereinzelt und am Tag 4 einen Großteil HAV/GBMinfizierter Zellen. Die entsprechenden Kontrollen mit Zell-Lysat waren negativ. Weiterhin
wurden die Zellkulturüberstände an den Tagen der Probennahme im PRT auf ihre
Interferonaktivität überprüft. Letztere war erwartungsgemäß nicht zu detektieren.
Tage p.i.
HAV
0
-
1
+
-
4
+
-
+
PKR
~48 kDa
E-Actin
Abb. 21: Nachweis der PKR in nicht infizierten und HAV/GBM-infizierten MRC-5Zellen.
Dargestellt ist das Ergebnis des Western-Blots. MRC-5-Zellen wurden mit HAV/GBM (+)
bzw. einem Zell-Lysat aus nicht infizierten Zellen (-) für 2 Stunden bei 37 °C inkubiert und
für die angegeben Zeiten (0, 1, 4 Tage p.i.) kultiviert. Zur Kontrolle, ob gleiche
Proteinmengen eingesetzt wurden, erfolgte parallel zur PKR-Detektion ein Actin-Nachweis.
Verwendet wurden polyklonale anti-PKR- bzw. anti-Actin-Antikörper; die Detektion erfolgte
mit Peroxidase-gekoppelten sekundären Antikörpern über Chemilumineszenz.
Vergleicht man die Banden der HAV-infizierten Zellen mit denen der nicht infizierten
Kontrollzellen, so lässt sich zu keinem Zeitpunkt ein Unterschied in der Bandenintensität
feststellen.
Da die erfolgreiche Infektion der Zellen sowohl durch ansteigende HAV-Titerwerte (Tab. 5)
als auch durch indirekte Immunfluoreszenz nachgewiesen wurde, kann eine Degradierung der
PKR, wie sie in Poliovirus-infizierten Zellen gezeigt werden konnte, nach HAV-Infektion
ausgeschlossen werden.
83
Dennoch besteht weiterhin die Möglichkeit, dass HAV die PKR als Target nutzt, nämlich
dann,
wenn
die
Aktivierbarkeit
der
PKR,
welche
sich
primär
durch
ihre
Autophosphorylierung zeigt, durch eine HAV-Infektion beeinflusst würde.
3.4.3.3.
Änderung im Phosphorylierungsstatus der PKR durch HAV/GBM nach
poly(IC)-Transfektion
Im Folgenden sollte geklärt werden, ob eine funktionelle Beeinflussung der PKR durch das
Hepatitis A-Virus stattfindet. Wie schon erwähnt wird die PKR in den meisten Zelltypen
konstitutiv exprimiert, bleibt aber solange enzymatisch inaktiv bis sie durch Bindung von z.B.
dsRNA aktiviert wird (Patel und Sen, 1998b). Es wurde gezeigt, dass auch polyanionische
Moleküle wie z.B Heparin oder Chondroitinsulfat die PKR aktivieren können (Hovanessian
und Galabru, 1987; Williams, 1995). Ebenso ist eine Aktivierung der Kinase durch ProteinProtein-Interaktionen (Cuddihy et al. 1999; Patel et al. 2000; Wong et al., 1997) beschrieben
worden.
In Anwesenheit eines Aktivators wie dsRNA unterliegt die PKR einer Autophosphorylierung
und aktiviert sich selbst (Clemens, 1997; Patel und Sen, 1998b). Erst danach ist sie in der
Lage, ihre katalytische (Kinase-) Aktivität zu entfalten und exogene Substrate zu
phosphorylieren. Zahlreiche Kinasen - so auch die PKR - werden durch Phosphorylierung in
dem auch als Aktivierungsdomäne bezeichneten Bereich zwischen den Kinase-Subdomänen
VII und VIII aktiviert. Romano et al. (1998) zeigten, dass die Aminosäuren Threonin an
Position 446 und 451, die in diesem Bereich liegen, sowohl in vivo als auch in vitro für eine
hohe Kinase-Aktivität erforderlich sind. Hingegen eine Mutante mit einer Substitution an
Threonin-446 gegen Alanin noch teilweise aktiv war, führte eine Substitution von Threonin451 gegen Alanin zu einer kompletten Inaktivierung der PKR. Aus diesem Grund wurde im
Folgenden ein phospho-spezifischer PKR-Antikörper verwendet, der die Phosphorylierung an
der Aminosäure Thr-451 zu erkennen vermag.
Dazu wurden humane embryonale Fibroblasten (MRC-5) in 10 cm-Zellkulturschalen
ausgesät. Nachdem sich ein geschlossener Zellrasen ausgebildet hatte, erfolgte die Infektion
mit HAV/GBM (MOI: 1) für 2 h bei 37 °C. Kontrollzellen wurden gleichzeitig in
serumfreiem Medium kultiviert. Nach der zweistündigen Inkubationszeit wurden die Zellen in
Erhaltungsmedium weiterkultiviert. 12 h vor der Transfektion am Tag 4 p.i. erfolgte bei allen
Kulturschalen ein Mediumwechsel mit serumfreiem Medium. Die Transfektion erfolgte nach
84
Ablauf der 12 h mit 20 µg/ml poly(IC) und DEAE-Dextran (100 µg/ml) für 15 min in
serumfreiem Medium. Die Zeitspanne von 15 min wurde gewählt, da Vorversuche ergeben
hatten, dass zu diesem Zeitpunkt bereits ein deutliches Signal an phosphorylierter PKR zu
detektieren ist. Der Induktionsmix wurde von den Zellen entfernt und die Stimulation durch
Zugabe von eiskaltem PBS gestoppt. Die Zellen wurden, wie im Methodenteil dieser Arbeit
beschrieben, aufgearbeitet und der Überstand aliquotiert eingefroren, da ein wiederholtes
Einfrieren und Auftauen zur Zerstörung des Phosphorylierungsstatus geführt hätte. Als
Kontrollen wurden Zellen nur mit DEAE-Dextran transfiziert. Zusätzlich wurden Zellen
mitgeführt, die Wachstumsmedium erhielten sowie solche, die 12 Stunden serumfrei kultiviert
wurden. Diese Zellen wurden nach Ablauf der 12-stündigen Inkubation direkt aufgearbeitet.
Zudem wurden infizierte und nicht infizierte Zellen 3 Tage p.i. in die Wells einer
Mikrotiterplatte umgesetzt und eine indirekte Immunfluoreszenz zum Nachweis von HAVAntigen durchgeführt, um den Erfolg der Infektion zu kontrollieren. Die Immunfluoreszenz
zeigte eine Vielzahl infizierter Zellen, die Kontrollzellen zeigten keine spezifische
Fluoreszenz. In Abb. 22 ist das Ergebnis des Immunoblots dargestellt.
-
-
-
HAV
-
HAV
~132 kDa
P-PKR
E-Actin
1
2
3
4
5
6
Abb. 22: Phosphorylierungsstatus der PKR in HAV/GBM-infizierten und nicht
infizierten Kontrollzellen nach 12-stündigem Serumentzug und Transfektion mit
poly(IC) und DEAE-Dextran am Tag 4 p.i.
Es wurden äquivalente Proteinmengen eingesetzt. Der Nachweis wurde über die ActinDetektion geführt (unterer Bildausschnitt). Es wurde ein phospho-spezifischer PKRAntikörper verwendet, der die Phosphorylierung an der Aminosäure Threonin 451 erkennt
(oberer Bildausschnitt). Der Nachweis erfolgte wie bereits beschrieben über
Chemilumineszenz. Der Actin-Nachweis wurde nach dem Stripping der Membran
durchgeführt. Die Angaben zum Molekulargewicht beziehen sich auf einen mitgeführten
Größenmarker (nicht dargestellt).
Lane 1: Medium (10 % FCS)
Lane 2: Medium (0 % FCS)
Lane 3: DEAE-Dextran
Lane 4: HAV/GBM, DEAE-Dextran
Lane 5: poly(IC)/DEAE-Dextran
Lane 6: HAV/GBM, poly(IC)/DEAE-Dextran
85
Da bei der Verwendung des phospho-spezifischen Antikörpers eine Paralleldetektion von
Actin und PKR in einem Schritt nicht möglich war, wurde ein Stripping der Membran und
anschließend der Actin-Nachweis durchgeführt.
Das Ergebnis des Western-Blots aus umseitiger Darstellung (Abb. 22, Lane 2-6) wurde von
Zellen erhalten, die 12 h vor der Transfektion serumfrei gehalten wurden. Dabei wurde der
Empfehlung des Antikörper-Herstellers (Biosource) gefolgt, der vor der experimentellen
Durchführung eine serumfreie Zellkultivierung empfiehlt, da Serumbestandteile mit dem
Phosphorylierungsstatus interferieren können.
Aufgrund dessen, dass alle im Vorfeld durchgeführten Experimente mit Zellen durchgeführt
wurden, die vor der Transfektion mit 3 %igem Serumzusatz kultiviert wurden, wurden
parallel und analog zu obigem Experiment Zellen mitgeführt, die 12 h vor der Transfektion
nicht serumfrei sondern mit 3 %igem Serumzusatz gehalten wurden. Das Ergebnis ist in Abb.
24 dargestellt.
In Abb. 22 zeigte sich eine schwache Bande bei den 12 h in Wachstumsmedium gehaltenen
Zellen, die Bandenintensität nimmt bei den ebenso lange serumfrei gehaltenen Zellen zu, was
auf eine erhöhte PKR-Aktivität hinweist. Eine Aktivierung der PKR nach Serumentzug ist
unter anderem von Patel et al. (2000) beschrieben worden. Erfolgt zusätzlich eine 15minütige Inkubation mit DEAE-Dextran nimmt die Aktivierung weiter zu, um dann nach der
gleichzeitigen Transfektion mit DEAE-Dextran und poly(IC) nochmals deutlich anzusteigen.
240
200
Densität
160
~132 kDa
P-PKR
120
Actin
80
40
0
diu
Me
m
%
10
S
FC
m
diu
Me
0%
S
FC
AE
DE
EA
V/D
A
H
E
l
po
C)
y(I
E
EA
/D
HA
AE
/DE
)
C
(I
oly
V/p
Abb. 23: Densitometrische Auswertung der Proteinbanden des in Abb. 22 dargestellten
Western-Blots. Die erhaltenen Proteinbanden wurden eingescannt und mit dem SoftwareProgramm ImageLab Version 2.0 densitometrisch bestimmt.
86
In den HAV-infizierten Zellen zeigte sich eine drastische Reprimierung der Bandenstärke
sowohl nach DEAE-Dextran-Behandlung als auch der kombinierten Transfektion von
poly(IC) und DEAE-Dextran. Das Ausmaß der Repression zeigt sich in der in Abb. 23
dargestellten densitometrischen Auswertung des Western-Blots aus Abb. 22 nochmals
besonders deutlich.
Die Autophosphorylierung und somit Aktivierbarkeit der PKR scheint nach diesen
Ergebnissen nicht oder nur stark eingeschränkt möglich zu sein. Festzuhalten ist, dass die
PKR - wie der Western-Blot auch zeigt - sowohl dsRNA-abhängig als auch dsRNAunabhängig aktiviert werden kann (Patel et al., 2000; West und Baglioni, 1979) und der
Effekt der Aktivierung sowohl in den poly(IC)/DEAE-Dextran transfizierten Zellen als auch
in den lediglich mit DEAE-Dextran behandelten Zellen durch HAV deutlich reprimiert ist.
In dem nachfolgend abgebildeten Immunoblot (Abb. 24) sind die Proben aufgetragen, die im
Vorfeld der Transfektion in Erhaltungsmedium (3 % Serumzusatz) kultiviert wurden. Hier
zeigt sich im Prinzip das gleiche Bild.
-
-
HAV
-
HAV
~132 kDa
P-PKR
E-Actin
1
2
3
4
5
Abb. 24: Phosphorylierungsstatus der PKR in HAV/GBM-infizierten und nicht
infizierten Kontrollzellen nach 12-stündiger Kultivierung in Medium mit 3 %
Serumzusatz und Transfektion mit poly(IC)und DEAE-Dextran 4 Tage p.i.
Das Experiment wurde parallel zu dem unter Abb. 22 aufgeführten Ansatz
durchgeführt.
Lane 1: Medium (3 % FCS)
Lane 2: DEAE-Dextran
Lane 3: HAV/GBM, DEAE-Dextran
Lane 4: poly(IC)/DEAE-Dextran
Lane 5: HAV/GBM, poly(IC)/DEAE-Dextran
Insgesamt sind hier die Banden allerdings schwächer ausgeprägt, obwohl gleiche Mengen für
den Immunoblot eingesetzt wurden. Dies könnte damit erklärt werden, dass sich diese Zellen,
die ja nicht serumfrei sondern unter 3 %igem Serumzusatz kultiviert wurden, in einer anderen
87
Phase des Zellzyklus befinden, in der insgesamt weniger PKR-Protein vorliegt, also auch
weniger aktiviert werden kann. Eine solche Abhängigkeit der Expression aber auch der
Aktivität der PKR vom Zellzyklus ist beschrieben worden (Zamanian-Daryoush et al., 1999).
Die densitometrische Auswertung des in Abb. 24 dargestellten Western-Blots ist in Abb. 25
aufgeführt.
160
140
Densität
120
100
~132 kDa
P-PKR
80
Actin
60
40
20
0
m
diu
Me
3%
S
FC
AE
DE
E
EA
V/D
A
H
p
E
EA
/D
)
(IC
oly
V/p
HA
EA
)/D
C
I
(
oly
E
Abb. 25: Densitometrische Auswertung der Proteinbanden des in Abb. 20 dargestellten
Western-Blots. Die erhaltenen Proteinbanden wurden eingescannt und mit dem SoftwareProgramm ImageLab Version 2.0 densitometrisch bestimmt.
Bemerkenswert und Anlass zu Diskussionen gebend ist die Tatsache, dass sich bei beiden
dargestellten Immunoblots auf der Höhe von ca. 132 kDa eine zweite Bande befindet, die der
unteren gleicht. Auch hier ist die Bandenintensität in den HAV-infizierten Zellen deutlich
vermindert. Auffällig ist, dass sich diese Bande nahezu exakt auf doppelter Höhe der bei 68
kDa befindlichen PKR befindet. Dieses wiederum könnte den Verdacht nahe legen, dass es
sich um Dimere handelt, was bei einer denaturierenden SDS-PAGE aber theoretisch nicht
möglich ist, es sei denn, die Dimerisierung, die für die Autophosphorylierung und somit
nachfolgende katalytische Aktivität der PKR notwendig ist, würde durch kovalente
Bindungen hervorgerufen werden. Außerdem wäre es möglich, dass die Protein-ProteinInteraktionen so stark sind, dass sich SDS-resistente Dimere ausbilden können, wie es bereits
mehrfach beschrieben wurde (Agirre et al., 2002; Ettinger et al., 1998; Gentile et al., 2002;
Legembre et al., 2003).
88
Ein weiterer Punkt bietet Anlass zu Diskussionen. Es zeigte sich, dass das Ausmaß der durch
die HAV-Infektion hervorgerufenen Suppression von Experiment zu Experiment schwankte.
So war der Intensitätsunterschied der Banden zwischen den HAV-infizierten und nicht
infizierten induzierten Zellen mal mehr und mal weniger stark ausgeprägt. Es hatte den
Anschein, als ob der Zellzustand hierbei eine Rolle spielen könnte. Sehr vitale Zellen
reagieren möglicherweise in einem anderen Ausmaß als solche Zellen, die sich in einem
weniger vitalen Zellzustand befinden.
3.4.4. Auswirkung der Transfektion auf die Vitalität von MRC-5-Zellen
Da sich in den vorangegangenen Experimenten gezeigt hatte, dass sowohl der Serumentzug
als auch auch die Transfektion mit DEAE-Dextran schon zu einer geringfügigen
Translokation von NF-NB und verstärkten Phosphorylierung der PKR im Vergleich zu den in
Wachstumsmedium gehaltenen Zellen führte, sollte im Folgenden überprüft werden,
inwiefern die in den Experimenten gewählten Transfektionsbedingungen zu einer
Beeinträchtigung der Zellvitalität führen. Dazu wurde ein MTT-Test verwendet, welcher den
mitochondrialen Umsatz eines chromogenen Substrates (MTT) erfasst.
120
Zellvitalität [%]
100
80
60
40
20
0
Medium 10%
FCS
Medium 3%
FCS
Medium 0%
FCS
poly(IC)
DEAE-Dextran poly(IC)/DEAEDextran
Abb. 26: Einfluss der poly(IC)-Transfektion auf die Vitalität von MRC-5-Zellen.
MRC-5-Zellen wurden für 12 h mit Wachstumsmedium (Medium 10 % FCS) oder
Erhaltungsmedium (Medium 3 % FCS) kultiviert. Anschließend erfolgte die Behandlung
von je 6 - zuvor in Erhaltungsmedium inkubierten - Wells mit entweder serumfreiem
Medium (Medium 0 % FCS), 20 µg/ml poly(IC), DEAE-Dextran (100 µg/ml) oder
poly(IC)/DEAE-Dextran für 2 h bei 37 °C. Im Anschluss daran wurde ein MTT-Test
durchgeführt. Die Vitalität (%) wurde auf die zuvor in Wachstumsmedium kultivierten
Zellen bezogen (Medium 10 % = 100 % vital). Dargestellt sind die Mittelwerte aus 6-fachAnsätzen mit den entsprechenden Standardabweichungen.
89
Hierfür wurden MRC-5-Zellen in 96 Well-Mikrotiterplatten ausgesät und solange kultiviert
bis sich ein dichter Zellrasen ausgebildet hatte. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte dann ein
Mediumwechsel mit Wachstums- oder Erhaltungsmedium. Nach 12 h wurden die in den mit
Erhaltungsmedium kultivierten Wells befindlichen Zellen für 2 h in serumfreiem Medium mit
poly(IC) stimuliert, poly(IC) mittels DEAE-Dextran transfiziert oder lediglich mit DEAEDextran oder serumfreiem Medium bei 37 °C inkubiert. Anschließend wurden die Inokula
entfernt und die Zellen mit 100 µl Erhaltungsmedium und 10 µl MTT/Well für 4 h bei 37 °C
kultiviert. Durch Zugabe von 100 µl Solubilisierungslösung/Well und Inkubation über Nacht
bei 37 °C wurden die Zellen lysiert. Die Auswertung erfolgte durch Messung der Absorbanz
bei 490 nm (Abb. 26).
Wie erwartet zeigten die in Wachstumsmedium kultivierten Zellen bezogen auf die
gemessenen Absorptions-Werte (hier nicht dargestellt) die höchste Umsatzrate an MTT. Die
Vitalitäten der anderen Ansätze wurden auf diesen Wert bezogen. In Erhaltungsmedium
kultivierte Zellen wiesen nur einen geringfügig niedrigeren Vitalitätswert auf. Deutlich zeigt
sich, dass allein der zweistündige Serumentzug zu einer erheblichen Vitalitätseinschränkung
der Zellen führt. Die zusätzliche Induktion mit poly(IC) führte zu keiner weiteren
Vitalitätseinbuße. Hingegen senkte die Inkubation mit DEAE-Dextran die Vitalität im
Vergleich zu den serumfrei kultivierten Zellen nochmals um 10 %. Hier ist dann insgesamt im Vergleich zu den in Wachstumsmedium kultivierten Zellen - ein Vitalitätseinbruch von
25-30 % erfolgt. Etwa der gleiche Wert wurde bei der kombinierten Behandlung der Zellen
mit poly(IC) und DEAE-Dextran erhalten. Das Ergebnis macht deutlich, dass die
Transfektionsbedingungen, besonders aber der Serumentzug, eine nicht unerhebliche
Stresssituation für die Zellen darstellen.
Im nächsten Experiment sollte untersucht werden, ob ebensolche Vitalitätseinbußen zu
verzeichnen sind, wenn die Zellen für 12 h serumfrei kultiviert und zusätzlich mit IFN-E
inkubiert („primed“) werden. Dazu wurden konfluent gewachsene MRC-5-Zellen für 12 h in
Wachstums-, Erhaltungs- oder serumfreiem Medium sowie serumfreiem Medium unter
Zusatz von IFN-E (Betaferon®, 100 IU/ml) inkubiert und die Zellvitalität bestimmt. Zudem
wurden IFN-E behandelte, serumfrei kultivierte Zellen im Anschluß an die 12-stündige
Inkubation für 2 h mit poly(IC) mittels DEAE-Dextran transfiziert oder lediglich mit DEAEDextran inkubiert. Auf die alleinige Behandlung der Zellen mit poly(IC) wurde verzichtet.
Abb. 27 zeigt das Ergebnis des MTT-Testes. Es ist eine deutliche Vitalitätseinbuße nach 12stündigem Serumentzug zu beobachten, das Ausmaß der Reduktion gleicht der in Abb. 26
90
dargestellten Vitalitätseinschränkung nach nur 2-stündigem Serumentzug. Die zusätzliche
Inkubation mit IFN-E (Betaferon®, 100 IU/ml) schränkt die Vitalität der Zellen nicht weiter
ein. Gleichwohl ist auch hier wieder die zusätzliche Vitalitäts-einschränkende Wirkung von
DEAE-Dextran
zu
detektieren.
Nach
kombinierter
Behandlung
der
Zellen
mit
poly(IC)/DEAE-Dextran ist auch in diesem Experiment kein additiver Effekt zu beobachten.
120
100
Zellvitalität [%]
80
60
40
20
0
Medium 10%
FCS
Medium 3%
FCS
Medium 0%
FCS
Primed /
Medium 0%
FCS
Primed / DEAEPrimed /
Dextran
poly(IC)/DEAEDextran
Abb. 27: MTT-Test zur Bestimmung des Einflusses der poly(IC)-Transfektion auf die
Vitalität von MRC-5-Zellen nach Inkubation mit IFN-E (Betaferon®).
MRC-5-Zellen wurden für 12 h bei 37 °C in mit Wachstums- (Medium 10 % FCS),
Erhaltungs- (Medium 3 % FCS) oder serumfreiem Medium (Medium 0 % FCS) sowie
serumfrei unter Zusatz von 100 IU/ml IFN-E (primed/ Medium 0 % FCS) kultiviert. Mit den
zuletzt genannten Zellen wurde zudem für 2 h eine Induktion mit 20 µg/ml poly(IC) und 100
µg/ml DEAE-Dextran (Primed/ poly(IC)/ DEAE-Dextran) sowie lediglich DEAE-Dextran
(Primed/ DEAE-Dextran) durchgeführt. Dargestellt sind die Mittelwerte aus 6-fach-Ansätzen
mit den entsprechenden Standardabweichungen
In einem weiteren Versuch sollte - in Anlehnung an die gewählten Induktionszeiten bei den
Untersuchungen zum Phosphorylierungsstatus der PKR (Kap. 3.4.3.3) - ein MTT-Test
durchgeführt werden, der Aussagen über die Zellvitalität nach Induktion der Zellen über einen
Zeitraum von 15 min zulässt. Das Vorgehen entspricht dem des in Abb. 26 dargestellten
Experimentes. Es reduziert sich nachfolgend lediglich die Induktionsdauer auf 15 min Zudem
wurde das Experiment gleichzeitig mit HAV/GBM-infizierten MRC-5-Zellen durchgeführt.
Dazu wurden zu 80 % konfluent gewachsenen MRC-5-Zellen in Mikrotiterplatten mit einer
MOI von 1 infiziert bzw. mit serumfreiem Medium (mock) inokuliert. Nach zweistündiger
91
Inkubation erfolgte die Abnahme des Inokulums und die Weiterkultivierung der Zellen bei
37 °C in Erhaltungsmedium. Am Tag 3 p.i erfolgte ein Mediumwechsel wie unter Abb. 28
beschrieben. Am Tag 4 p.i. wurde die Induktion (15 min) und anschließend der MTT-Test
durchgeführt (Abb. 28).
Vergleicht man zunächst einmal die Werte nicht-infizierter Zellen aus nachfolgender Graphik
(Abb. 28) mit den Daten, die nach zweistündiger Induktion erhalten wurden (Abb. 26), so
sieht man, dass sich im Prinzip das gleiche Bild zeigt. Es ist auch nach 15-minütigem
Serumentzug bereits ein deutlicher Vitalitätsverlust eingetreten, ebenso ist die zusätzliche
Vitalitätseinbuße nach Induktion mit DEAE-Dextran auch hier zu detektieren. Dies zeigt, dass
die Zellen umgehend auf eine Änderung der Umgebungsbedingungen reagieren.
120
mock-infiziert
HAV/GBM-infiziert
100
Zellvitalität [%]
80
60
40
20
0
Medium 10%
FCS
Medium 3%
FCS
Medium 0%
FCS
poly(IC)
DEAE-Dextran
poly(IC)/DEAEDextran
Abb. 28: Einfluss der poly(IC)-Transfektion auf die Vitalität von HAV/GBM- und nichtinfizierten MRC-5-Zellen.
MRC-5-Zellen wurden mit Medium (mock-infiziert) oder HAV/GBM (MOI: 1) für 2 h bei 37 °C
infiziert. Am Tag 3 p.i. erfolgte ein Mediumwechsel. Die Zellen wurden für 12 h mit
Wachstumsmedium (Medium 10 % FCS) oder Erhaltungsmedium (Medium 3 % FCS)
kultiviert. Anschließend erfolgte die Behandlung von je 3 - zuvor in Erhaltungsmedium
inkubierten - Wells mit entweder serumfreiem Medium (Medium 0 % FCS), 20 µg/ml
poly(IC), DEAE-Dextran (100 µg/ml) oder poly(IC)/DEAE-Dextran für 15 min bei 37 °C. Im
Anschluss daran wurde ein MTT-Test durchgeführt. Die Vitalität (%) wurde auf die zuvor in
Wachstumsmedium kultivierten Zellen bezogen (Medium 10 % = 100 % vital). Dargestellt
sind die Mittelwerte aus 3-fach-Ansätzen mit den entsprechenden Standardabweichungen.
Die HAV-infizierten Zellen zeigen im Vergleich zu den nicht-infizierten Kontrollzellen eine
etwa 10 % höhere Vitalität in allen für 15 min induzierten Ansätzen. Sie scheinen demnach
eine höhere Stresstoleranz aufzuweisen, wobei der Effekt - betrachtet man die
92
Standardabweichungen - als gering einzustufen ist. Möglicherweise würden die beobachteten
Unterschiede deutlicher hervortreten, wenn eine Infektion aller Zellen erreicht ist.
Festzuhalten ist, dass sich, wie in den Untersuchungen zum Translokationsverhalten des
Transkriptionsfaktor NF-NB und den Experimenten zum Phosphorylierungsstatus der PKR
bereits andeutete, allein der Serumentzug eine erhebliche Stresssituation für die Zellen
darstellt. Aus diesem Grund wurde im Folgenden in Zusammenarbeit mit Frau I. Nickeleit ein
weiterer Transkriptionsfaktor, der Tumorsuppressor p53, mit in die Untersuchungen
einbezogen, dem eine essentielle Rolle in der zellulären Stressantwort zukommt (Cartwright
und Helin, 2000).
3.4.5. Einfluss der Transfektion auf die Aktivierung des Tumorsuppressor-Proteins p53
Der Transkriptionsfaktor p53 wird in Zellen, die keinem Stressfaktor ausgesetzt sind,
gewöhnlich nur in geringem Maße konstitutiv exprimiert. In zellulären Stresssituationen, wie
sie auch eine Virusinfektion darstellen kann, akkumuliert der Transkriptionsfaktor und kann
Apoptose induzieren. Letzere wird in HAV-infizierten Zellen, abgesehen von einigen
wenigen cytopathogenen Varianten, nicht induziert (Brack et al., 1998).
In einem ersten Schritt sollte zunächst geklärt werden, ob die von uns gewählten
Transfektionsbedingungen eine Aktivierung des p53-Proteins zur Folge haben und ob diese
gegebenenfalls mit dem unter 3.4.4. beobachteten Verlust an Zellvitalität einhergeht.
Zur Klärung dieser Fragestellung wurden MRC-5-Zellen in 6 cm-Zellkulturschalen ausgesät
und nachdem eine 80 %ige Konfluenz erreicht war, eine Calcium-Phosphat-Transfektion mit
1 µg eines Luciferase-Konstruktes (pp53-TA-Luc) durchgeführt, bei dem die Expression des
Reportergens unter Kontrolle eines p53-Response-Elementes steht. Ein Kontrollansatz wurde
mitgeführt, bei dem die Zellen lediglich mit einem Kontrollvektor (pTA-Luc) transfiziert
wurden, dem das p53-Response-Element fehlt. Nach Ablauf einer 20-stündigen
Inkubationszeit, in der die Zellen bei 37 °C und 5 % CO2 kultiviert wurden, erfolgte die
Abnahme des Mediums und - nach mehrmaligem Waschen der Zellen mit PBS - die
Induktion mit poly(IC) (20 µg/ml) und DEAE-Dextran (100 µg/ml) für 2 Stunden in
serumfreiem Medium. Das Experiment wurde einschließlich der Kontrollen im Doppelansatz
durchgeführt. Als Kontrollen wurden Zellen mitgeführt, die für die Zeitdauer der Transfektion
lediglich serumfreies Medium oder DEAE-Dextran erhielten. Direkt nach der zweistündigen
Transfektion erfolgte die Aufarbeitung der Zellen. Die Luciferase-Aktivität der Zell-Lysate
wurde nachfolgend luminometrisch bestimmt (Abb. 29). Es zeigte sich, dass allein die
93
zweistündige Transfektionsprozedur mit Medium zu einer geringen Steigerung der p53vermittelten Luciferase-Expression führt. Erfolgt die Transfektion in Anwesenheit von
DEAE-Dextran, so erfolgt ein signifikanter Anstieg der Luciferase-Expression, die sich noch
einmal nahezu verdoppelt nach gleichzeitiger Behandlung der Zellen mit dem synthetischen
dsRNA-Analogon poly(IC).
Die gewählten experimentellen Bedingungen führen demnach eindeutig zu einer verstärkten
p53-Aktivierung. Während in den durchgeführten Vitalitätstests (3.4.4.) der Serumentzug die
entscheidende
Ursache
für
die
Vitalitätseinschränkung
darstellte
und
die
Transfektionsagenzien diese nur etwas verstärkten, zeigt sich in der p53-Aktivierung eine
sprunghafte Zunahme nach zusätzlicher DEAE-Dextran-Behandlung und weiterhin nach
Transfektion von poly(IC) mit DEAE-Dextran. Dieses Ergebnis bestätigt die Vermutung, dass
die Transfektionsprozedur eine nicht gering einzustufende zelluläre Belastung darstellt,
wenngleich auch p53 offensichtlich eher durch die Transfektionsprozedur als durch den
Serumentzug aktiviert wird.
7
pTA-Luc
pp53-TA-Luc
LCPS/µg Protein
6
5
4
3
2
1
0
Medium
Medium
DEAE-Dextran
poly(IC) /
DEAE-Dextran
Abb. 29: p53-abhängige Expression des Luciferase-Reportergens in Medium bzw.
poly(IC)-transfizierten MRC-5-Zellen. MRC-5-Zellen wurden mit pp53-TA-Luc oder dem
Kontrollvektor (pTA-Luc) mittels Calcium-Phosphat-Technik transfiziert. 20 h nach der
Transfektion erfolgte die Induktion mit poly(IC)/ DEAE-Dextran bzw. nur DEAE-Dextran oder
serumfreiem Medium für 2 h bei 37 °C. Unmittelbar nach Transfektionsende wurden die
Zellen lysiert und die Luciferase-Aktivität der Zell-Lysate luminometrisch bestimmt.
Stellvertretend für die anderen Kontrollansätze ist das Ergebnis der mit serumfreiem Medium
inkubierten pTA-Luc-Ansätze dargestellt. Bei den dargestellten Aktivitäten handelt es sich
um Mittelwerte aus Zweifachansätzen mit den dazugehörigen Standardabweichungen.
94
3.4.6. Beeinflussung der p53-vermittelten Expression des Reportergens Luciferase
in MRC-5-Zellen durch HAV
Nachdem eine p53-Aktivierung in MRC-5-Zellen unter den von uns gewählten
Transfektionsbedingungen gezeigt werden konnte, sollte in einem weiteren Experiment
anhand einer transienten Expression des Luciferase-Gens der Einfluss einer HAV/GBMInfektion auf die p53-Aktivierung überprüft werden. Da es in HAV-infizierten Zellen nicht
zur Apoptoseinduktion kommt, könnte man eine ausbleibende oder zumindest eingeschränkte
p53-Aktivierung erwarten.
Zur Durchführung des Experimentes wurden MRC-5-Zellen in 10 cm-Zellkulturschalen
ausgesät und bis zu einer Konfluenz von 80 % kultiviert. Die HAV/GBM-Infektion erfolgte
mit einer MOI von 2. Parallel dazu wurden Kontrollzellen mitgeführt, die während der
zweistündigen Infektionsdauer lediglich mit serumfreiem Medium inkubiert wurden. Nach
Abnahme des Inokulums wurden die Zellen in Erhaltungsmedium weiterkultiviert. Am Tag 0
direkt nach Ende der zweistündigen Inkubationszeit sowie am Tag 1 und 4 p.i. erfolgte die
Aufarbeitung der Zellen. 3x104 Zellen wurden lysiert und die p53-vermittelte LuciferaseExpression bestimmt.
10
mock
HAV/GBM
9
LCPS/3x10E4 Zellen
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0
1
4
Tage p.i.
Abb. 30: p53-abhängige Expression des Luciferase-Reportergens in HAV-infizierten
und nicht infizierten MRC-5-Zellen. MRC-5-Zellen wurden mit HAV/GBM (MOI: 2) oder
Medium (mock) für 2 h bei 37 °C inkubiert und anschließend in Erhaltungsmedium kultiviert.
Am Tag 0 (direkt nach Infektionsende), 1 und 4 erfolgte die Lyse der Zellen und die
luminometrische Bestimmung. 20 h vor der Lyse erfolgte die Transfektion mit pp53-TA-Luc
mittels Calcium-Phosphat. Bei den dargestellten Aktivitäten handelt es sich um eine
Einfachbestimmung (Tag 0), Doppelbestimmung (Tag 1) und Vierfachbestimmung (Tag 4).
Dargestellt sind die Mittelwerte mit den jeweiligen Standardabweichungen.
95
Die Transfektion mit dem Plasmid pp53-TA-Luc bzw. dem Kontrollvektor pTA-Luc erfolgte
nach der Calcium-Phosphat-Methode 20 h vor der jeweiligen Lyse der Zellen. Das Ergebnis
der luminometrischen Bestimmung ist in Abb. 30 dargestellt.
Bei der luminometrischen Bestimmung zeigt sich am Tag 1 p.i. in den HAV-infizierten Zellen
ein signifikanter Anstieg der p53-vermittelten Expression des Luciferase-Gens im Vergleich
zu den Kontrollzellen. Diese deutlich höhere p53-Aktivierung in den infizierten Zellen ist
auch am Tag 4 p.i. zu finden, allerdings nicht mehr in diesem Ausmaß. Denkbar ist, dass die
höhere p53-Aktivität in den am Tag 1 p.i. aufgearbeiteten Zellen daraus resultiert, dass diese
Zellen am Tag der Infektion (Tag 0) auch mit dem p53-Luciferase-Konstrukt transfiziert
wurden, um den gewählten Zeitrahmen von 20 h zwischen Transfektion des p53-LuciferaseKonstruktes und Aufarbeitung der Zellen einzuhalten. Letztendlich müssen weitere
Experimente folgen, um dieses Phänomen abzuklären.
Die beobachtete p53-Aktivierung in HAV-infizierten Zellen war nicht unbedingt zu erwarten,
da nach einer HAV-Infektion die Apoptose, in die p53 ebenfalls involviert sein kann,
unterbleibt. Da das Hepatitis A-Virus trotz Aktivierung des pro-apoptotischen p53 in vitro
persistiert, scheint das Virus in der Lage zu sein, die p53-vermittelten Effekte zu beeinflussen.
Dies wäre denkbar durch die von uns ebenfalls gezeigte NF-NB-Aktivierung, welche den proapoptotischen Effekten von p53 entgegenstehen und dessen Wirkung modulieren könnte.
3.5.
Effekt des Hepatitis A-Virus auf die durch TLR3-Stimulation induzierte
Interferonexpression
Alle bisher durchgeführten Experimente wurden mittels DEAE-Dextran transfiziertem
poly(IC) durchgeführt. Im Gegensatz zu FRhK-4-Zellen, die eine Abhängigkeit von DEAEDextran bezüglich der poly(IC) induzierbaren Interferonproduktion zeigen (Brack, 1999),
reagieren MRC-5-Zellen, wie am Anfang dieser Arbeit gezeigt, sowohl auf die interne
(Transfektion) als auch externe (Stimulation) Gabe von poly(IC) konzentrationsabhängig mit
einer deutlichen Interferonantwort.
Kürzlich wurde gezeigt, dass MRC-5-Zellen den Toll-like-Rezeptor 3 (TLR3) exprimieren
(Matsumoto
et
al.,
2002).
Dieser
zählt
zu
einer
relativ
neuen
Klasse
von
Transmembranrezeptoren, die durch sogenannte PAMP`s („Pathogen assoziierte molekulare
Muster“) aktiviert werden. Für den TLR3 wurde dsRNA als ein Ligand identifiziert, dessen
96
Bindung an den Rezeptor zu einer Aktivierung desselben und im Folgenden sowohl zu einer
Induktion von NF-țB als auch IRF-3-Aktivierung und Produktion von Typ-I-Interferonen
führt (Alexopoulou et al., 2001; Doyle et al., 2002).
Interessant war es daher der Frage nachzugehen, ob die durch poly(IC)-Induktion
angeschalteten Signalwege nach externer oder interner Gabe desselben möglicherweise die
gleichen sind, bzw. ob HAV in der Lage ist, beide zur Interferoninduktion führenden Wege
auszuschalten.
Zur Klärung dieser Fragestellung wurden MRC-5-Zellen in 6 cm-Schalen ausgesät. Nachdem
sich ein dichter Monolayer gebildet hatte, wurden die Zellen für 2 h bei 37 °C mit HAV/GBM
(MOI: 1) infiziert. Gleichzeitig wurden Ansätze mit serumfreiem Medium inkubiert. 4 Tage
p.i. erfolgte die Stimulation mit 20 µg/ml poly(IC) über einen Zeitraum von 2 h bei 37 °C.
Ebenfalls mitgeführt wurden Kulturschalen, die mit poly(IC) unter Verwendung von DEAEDextran transfiziert wurden und Ansätze, die lediglich serumfreies Medium oder DEAEDextran erhielten. Nach Ablauf der Induktion wurden die Zellkulturschalen mit
Erhaltungsmedium beschickt und für 16 h bei 37 °C weiterkultiviert.
1200
14000
13312
1100
13000
11995
1000
12000
Interferon [U/ml]
900
11000
800
10000
700
605
600
537
500
400
300
189
200
100
157
173
68
<40
<40
<40
<40
0
Medium
DEAE-Dextran
poly(IC) - A
mock
poly(IC) - B
poly(IC)/
DEAE - A
poly(IC)/
DEAE - B
HAV/GBM
Abb. 31: Nachweis der Interferonaktivität nach Stimulation und Transfektion mit
poly(IC) in HAV/GBM-infizierten MRC-5-Zellen.
MRC-5-Zellen wurden mit HAV/GBM (MOI: 1) oder Medium (mock) für 2 h bei 37 °C
inkubiert. Anschließend wurden die Zellen in Erhaltungsmedium kultiviert. Am Tag 4 p.i.
erfolgte die Stimulation oder Transfektion mit 20 µg/ml poly(IC) für 2 h bei 37 °C.
Kontrollzellen wurden lediglich mit DEAE-Dextran oder serumfreiem Medium kultiviert. 16 h
nach Transfektionsende erfolgte die Abnahme der Zellkulturüberstände und Bestimmung des
Interferongehaltes mittels Plaquereduktionstest. Die Bezeichnungen A und B geben die
Ergebnisse zweier voneinander unabhängiger Experimente an.
97
Die Zellkulturüberstände wurden im PRT auf ihren Gehalt an sezerniertem Interferon
untersucht (Abb. 31). Um den Infektionsstatus der Zellen zu kontrollieren wurde am Tag 4
p.i. HAV-Antigen mittels indirekter Immunfluoreszenz nachgewiesen. Die Immunfluoreszenz
zeigte deutlich den Erfolg der Infektion sowie die Virusfreiheit der mitgeführten
Kontrollzellen.
Ins Auge fällt zunächst der nach poly(IC)-Stimulation deutlich geringere Gehalt an
sezerniertem Interferon im Vergleich zu den etwa 20-fach höheren Ausbeuten, die nach
Transfektion mit DEAE-Dextran erhalten wurden. Die mögliche IFN-Induzierbarkeit nach
poly(IC)-Stimulation (~600 U/ml) ist also im Vergleich zu der mit transfizierten poly(IC)
erreichbaren minimal (siehe auch Kap. 3.1.2.1). Wie aus der graphischen Darstellung
ersichtlich, besitzt HAV offenbar die Fähigkeit, auch die über externes poly(IC) ausgelöste
Signalkaskade zu beeinflussen. Die IFN-E-Aktivität in diesen Ansätzen wird durch HAV auf
einen ähnlichen Wert reduziert, wie er auch in den transfizierten Proben erhalten wird.
Nach diesen Daten sieht es so aus, dass HAV sowohl die über den TLR vermittelte als auch
die durch intrazelluläres poly(IC) induzierte Interferonexpression zu supprimieren vermag.
Dies lässt die Folgerung zu, dass beide Signalwege eine gemeinsame Verknüpfungsstelle
aufweisen, die intrazellulär zu suchen ist. Allerdings bedarf dieses Ergebnis einer
Reproduktion, die im Zeitrahmen dieser Arbeit nicht mehr erfolgte. Hierbei sollten auch
Ansätze mit z.B. 100 µg/ml poly(IC) mitgeführt werden, um durch die dadurch erzielten
höheren Ausgangswerte an biologisch aktivem Interferon den Reduktionseffekt von HAV auf
die poly(IC) stimulierte Interferonexpression deutlicher herausstellen zu können.
98
4. DISKUSSION
___________________________________________________________________________
Eine sehr effektive Möglichkeit von Zellen auf Virusinfektionen zu reagieren bieten die
schnellgreifenden unspezifischen Abwehrmechanismen wie die Einleitung der Apoptose, in
deren Folge es zum zellulären Suizid kommt und die Induktion der Interferonsynthese, die
durch Aufbau eines antiviralen Status in benachbarten Zellen zur Limitierung der Infektion
führt. So liegt es nahe, dass die Überlebensstrategien vieler Viren darauf basieren diese
Abwehrmechanismen der Wirtszellen auszuschalten, zu umgehen oder sogar für eigene
Zwecke zu nutzen (Didcock et al., 1999; Gale jr. et al., 1997; Samuel, 2001; Schweizer und
Peterhans, 2001; Talon et al., 2000)
Vom Hepatitis A-Virus, welches aufgrund seiner langsamen Replikationsgeschwindigkeit für
die Anschaltung dieser antiviralen Kaskaden prädestiniert sein müsste, ist schon lange
bekannt, dass es in vitro nicht zur Induktion biologisch aktiven Interferons führt, der Aufbau
eines antiviralen Status somit unterbleibt (Vallbracht et al., 1985). Im Rahmen weiterer von
Brack et al. (2002) an fetalen Rhesusaffen-Nierenzellen durchgeführter Experimente zeigte
sich, dass eine HAV-Infektion bereits die Transkription des Interferon-E-Gens nicht initiiert
und das Hepatitis A-Virus zudem die durch das synthetische dsRNA-Analogon poly(IC)
induzierbare Interferonproduktion in diesen Zellen zu unterbinden vermag (Brack et al., 2002)
und demnach sogar die Fähigkeit besitzt aktiv in zelluläre antivirale Abwehrreaktionen
einzugreifen.
In dieser Arbeit sollte zunächst versucht werden, diese am Affensystem erhaltenen Ergebnisse
auf ein humanes System zu übertragen, um im Folgenden gegebenenfalls relevante
Unterschiede zu detektieren. Um eine größtmögliche Annäherung an die physiologische
Targetzelle des Hepatitis A-Virus zu erreichen, das als einziger Vertreter der humanen
Hepatitis-Viren einen Leberzelltropismus aufweist, wurde zunächst die Hepatomzellinie
HepG2 verwendet, die humanen Ursprungs und für HAV permissiv ist (Zajac et al., 1991)
und aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit primärer Hepatocyten und der Schwierigkeit der
dauerhaften Kultivierung derselben häufig als Modellsystem zur Erforschung der Biologie
des Hepatozyten verwendet wird.
Für die Überprüfung der Induzierbarkeit der Interferonproduktion in den HepG2-Zellen
wurde als Induktor das auch bisher in unserer Arbeitsgruppe für experimentelle Studien
eingesetzte dsRNA-Analogon poly(IC) verwendet und die Zellen zudem einer Vorbehandlung
99
mit Interferon-D unterworfen. Dieses sogenannte Priming führt in Interferon-sensitiven Zellen
zu einer deutlichen Steigerung der Interferon-Produktion (Abreu et al., 1979; Havell und
Vilcek, 1972; Steward et al., 1972) und sollte dazu dienen die für die weiteren Experimente
gewünschten möglichst hohen Ausgangswerte an Interferon zu erzielen.
Allerdings zeigten die HepG2-Zellen trotz vorangegangenen Primings weder nach
Stimulation mit poly(IC) noch nach Transfektion von poly(IC) mit dem hochmolekularen
Polysaccharid DEAE-Dextran eine detektierbare Interferonantwort. Damit unterscheiden sie
sich von den als Positivkontrolle mitgeführten FRhK-4-Zellen. Diese reagieren zwar ebenfalls
nicht auf eine alleinige Induktion mit poly(IC), zeigen aber einen deutlichen InterferonResponse nach poly(IC)-Transfektion mit DEAE-Dextran (Brack, 1999).
Es ist denkbar, dass HepG2-Zellen ein Unvermögen aufweisen Interferon zu synthetisieren.
Da Zellinien in ihrem Vermögen Interferon zu produzieren stark differieren können (Steward,
1972), besteht ebenfalls die Möglichkeit, dass die von den HepG2-Zellen produzierte
Interferonmenge unterhalb der Detektionsgrenze des von uns gewählten Bioassays liegt (” 20
U/ml). Aus diesem Grund wurde in einer nächsten Versuchsreihe im Anschluss an die
poly(IC)-Induktion eine kombinierte Behandlung mit den Proteinsynthese-Inhibitoren
Cycloheximid und Actinomycin D durchgeführt. Diese als Superinduktion bezeichnete
Behandlung führt zu einer deutlichen Steigerung der Interferonausbeute (Dulbecco, 1990;
Havell und Vilcek, 1972; Sen und Lengyel, 1992). So konnten Havell und Vilcek (1972) unter
optimalen Bedingungen in FS-3-Zellen nach Superinduktion eine Steigerung der
Interferonausbeute um den Faktor 100 erreichen.
Das Prinzip basiert darauf, dass nach Beendigung der poly(IC)-Induktion zunächst die
Translation reversibel durch die Zugabe des aus Streptomyces griseus isolierten
Antibiotikums Cycloheximid blockiert wird. Die Folge ist eine Akkumulation der gebildeten
IFN-mRNA´s. Durch die fehlende Expression von Interferonproteinen erfolgt zudem keine
verstärkte Transkription der Repressorgene. Kurz vor der Entfernung des Cycloheximids wird
der ein irreversibles Wirkprinzip aufweisende Transkriptionsinhibitor Actinomycin D
zugegeben, so dass nach Entfernen beider Agenzien zwar die Translation wieder erfolgen
kann, nicht aber die Transkription. Die Folge ist die Translation der angehäuften IFN-mRNA,
was zu einer signifikanten Erhöhung der Interferon-Ausbeute führt, zumal die Bildung von
Repressorproteinen durch die andauernde Blockade der Transkription unterbunden bleibt.
Es zeigte sich in den Experimenten allerdings, dass in den HepG2-Zellen auch durch die
Kombination von Priming, poly(IC)-Stimulation oder poly(IC)-Transfektion mit DEAE100
Dextran und gleichzeitiger Superinduktion im Bioassay keine, bzw. nur eine sehr geringe und
dann unzuverlässig detektierbare Interferonaktivität nachgewiesen werden konnte. Da die
geernteten Kulturüberstände der HepG2-Zellen entweder direkt im Plaquereduktionstest
eingesetzt wurden oder nach kurzer Zwischenlagerung bei -80 °C, kann ein Aktivitätsverlust
des Interferons ausgeschlossen werden, zumal die als Kontrolle mitgeführten FRhK-4-Zellen
wie erwartet nach poly(IC)-Transfektion mit DEAE-Dextran und deutlich verstärkt nach
zusätzlicher Superinduktion die erwartete Interferonantwort zeigten. Diesen Ergebnissen nach
zu urteilen, sind die HepG2-Zellen nicht in der Lage effektiv Interferon zu produzieren.
Möglicherweise wird in den HepG2-Zellen ein für die Interferon-Induktion erforderlicher
Transkriptionsfaktor nicht exprimiert, so dass die IFN-Typ-I Genexpression nicht erfolgen
kann. Keskinen et al. (1999) konnten in HepG2- und HuH7-Zellen im Vergleich zu den in
ihren Experimenten mitgeführten Kontrollzellen, in den beiden humanen Hepatomzellen
einen ~3 bzw. 10-fach geringeren basalen IRF-9-Expressionslevel detektieren. Gleichzeitig
erwähnen die Autoren das Fehlen einer konstitutiven IRF-7-Expression.
Die gleiche Arbeitsgruppe konnte zudem in diesen Zellen als Antwort auf eine Sendai- oder
Influenza-A-Virus Infektion kein Typ-I-Interferon detektieren. Auch die exogene Zufuhr von
IFN-D resultierte nur in einer schwachen antiviralen Aktivität.
Tnani und Bayard (1999) konnten erst nach Vorbehandlung mit 500 IU/ml Typ-I-Interferon
eine moderate Titerreduktion in VSV- und EMCV-infizierten HepG2-Zellen beobachten, im
Vergleich zu HeLa-Zellen, in denen die Titerreduktion dosisabhängig erfolgte.
Von Vero-Zellen, einer aus Nierenzellen afrikanischer grüner Meerkatzen entwickelten
permanenten Zellinie, ist bekannt, dass sie die Fähigkeit Interferon zu produzieren durch
spontane Gendeletion verloren haben (Desmyter et al., 1968; Mosca und Pitha, 1986),
weshalb diese Zellen auch zur Anzucht Interferon-sensitiver Viren herangezogen werden. Bei
den HepG2-Zellen könnte es im Zuge der Transformation ebenfalls zur Gendeletion
gekommen sein und das Unvermögen, auf poly(IC)-Induktion mit einer Interferonantwort zu
reagieren, erklären.
Da diese Unfähigkeit zur Interferonproduktion die HepG2-Zellen als Zellkultursystem für die
geplanten Untersuchungen unbrauchbar machten, wurden im Folgenden die mit dem HAVStamm GBM infizierbaren embryonalen Lungenfibroblasten MRC-5 (Jakobs et al., 1970)
ausgewählt, die humanen Ursprungs und als Fibroblastenzellinie für die Interferon-EProduktion prädestiniert sind.
In diesen ließ sich bereits mit der kleinsten in die Experimente eingesetzten poly(IC)Konzentration von 1 µg/ml eine reproduzierbare Interferonantwort induzieren. Die Kinetik
101
zeigte dann deutlich die Konzentrationsabhängigkeit der Interferonproduktion von der Menge
an eingesetzter dsRNA sowohl nach Transfektion als auch Stimulation von poly(IC).
Beeindruckend war die Erhöhung der Effizienz, wenn die poly(IC)-Induktion mittels DEAEDextran durchgeführt wurde. Die dadurch erreichte, ebenfalls konzentrationsabhängige,
Steigerung der Interferonproduktion ist signifikant im Vergleich zu lediglich mit poly(IC)stimulierten Zellen. Sieht man bei letzteren nach Einsatz von 100 µg/ml poly(IC) eine
Steigerung auf etwa 1300 U/ml IFN, so erreicht man nach DEAE-Dextran-Transfektion von
nur 20 µg/ml poly(IC) um etwa den Faktor 10 höhere Interferonausbeuten. Ein weiterer
Anstieg der Interferonproduktion nach DEAE-Dextran-Transfektion mit höheren poly(IC)Mengen ist in MRC-5-Zellen dann allerdings nicht mehr zu erreichen. Vermutlich ist zu
diesem Zeitpunkt die Kapazität der Zelle bezüglich der Interferonantwort aufgrund der hohen
Mengen transfizierter RNA ausgeschöpft.
Die durchgeführten Ansätze zeigten eindeutig, dass die MRC-5-Zellen hervorragende
Interferon-Produzenten sowohl nach intra- als auch extrazellulärer poly(IC)-Induktion
darstellen. Gerade die Ansprechbarkeit auf exogene poly(IC)-Gabe differiert von Zelltyp zu
Zelltyp. Nicht-plasmazytoide dendritische Zellen reagieren beispielsweise erst nach poly(IC)Transfektion mit Lipofectin oder Elektroporation mit einer deutlichen Interferonantwort, nicht
aber nach exogener poly(IC)-Gabe (Diebold et al., 2003). Ebenso wie die von Brack (1999)
verwendeten FRhK-4-Zellen lediglich nach poly(IC)-Transfektion mittels DEAE-Dextran mit
einer Interferonproduktion reagieren.
Eine Erklärung dafür, warum die MRC-5-Zellen auch auf extrazelluläre poly(IC)-Stimulation
mit einer deutlichen Interferonantwort reagieren, bietet die Tatsache, dass Matsumoto et al.
(2002) kürzlich zeigen konnten, dass MRC-5-Zellen den Toll-like receptor 3 (TLR3)
exprimieren. Für diesen wurde als ein Ligand dsRNA identifiziert, dessen Bindung in der
Folge sowohl zur NF-NB- als auch IRF-3-Aktivierung und Produktion von Typ-I-Interferonen
führt (Alexopoulou et al., 2001; Doyle et al., 2002). Da für die nachfolgenden Experimente
möglichst hohe Ausgangswerte an biologisch aktivem Interferon erreicht werden sollten und
zudem die an FRhK-4-Zellen durchgeführten Untersuchungen unter Verwendung von DEAEDextran durchgeführt worden waren, wurden für die weiteren Experimente 20 µg/ml poly(IC)
unter Verwendung von DEAE-Dextran als Transfektionsreagenz eingesetzt. Zudem lässt sich
eine virale Infektion des nicht-cytopathogenen HAV-Stamms GBM durch das Einbringen von
poly(IC) in die Zelle mittels Transfektion am ehesten simulieren.
Da wie bereits erwähnt die Interferonexpression in den unterschiedlichsten Zelltypen durch
eine Vorinkubation der Zellen mit Typ-I-Interferonen (Priming) erhöht werden kann (Abreu
102
et al., 1979; Havell und Vilcek, 1972; Steward et al., 1972), sollte im Folgenden in MRC-5Zellen die Auswirkung exogenen Interferons auf die Expressionsinduktion von IFN-E durch
poly(IC) erfasst werden.
Die zusätzliche Vorbehandlung mit IFN-E führte nach poly(IC)-Stimulation zu einer
signifikant
erhöhten
Interferonausbeute
im
Vergleich
zu
den
nicht
geprimten
Kontrollkulturen. Auch in geprimten MRC-5-Zellen, bei denen die poly(IC)-Induktion mittels
DEAE-Dextran durchgeführt wurde, war im Vergleich zu den nicht geprimten Kontrollzellen
ein erhöhter Interferongehalt in den Zellkulturüberständen zu detektieren. Hier fiel die durch
die Vorbehandlung mit IFN-E erzielte Steigerung der IFN-Ausbeute allerdings deutlich
geringer aus.
Obwohl nun der Effekt des Primings auf die Interferonproduktion schon lange bekannt ist,
fehlte es an Erklärungsmöglichkeiten für dieses Phänomen. Seit kurzem weiß man, dass es im
Verlauf der Interferonregulation zu einem interferon regulatory factor 7 (IRF-7) vermittelten
positiven Feedback kommt (Marié et al., 1998; Sato et al., 1998). Übertragen auf die oben
dargestellten Ergebnisse bedeutet dies, dass durch die Zufuhr exogenen Interferons zum
Zeitpunkt der poly(IC)-Induktion eine Hochregulation von IRF-7 bereits erfolgt ist, so dass
simultan die Transkription des IFN-E-Gens und der IFN-D-Gene erfolgen kann, was die
beobachtete, gesteigerte Interferonausbeute zur Folge hat. In dem von uns gewählten Bioassay
zum Interferon-Nachweis konnte eine Unterscheidung bezüglich des sezernierten Interferons
allerdings nicht erfolgen, mittels ELISA beispielweise hätte man einen deutlich höheren
Gehalt an IFN-D im Überstand detektieren können.
Ein weiterer Punkt wird in dem durchgeführten Experiment deutlich: Da in unserem
Experiment sowohl nach externer, über den TLR-3-vermittelter, als auch intrazellulärer
poly(IC)-Induktion eine Steigerung der Interferonsynthese zu beobachten war, zeigt dies, dass
beide zur Interferoninduktion führende Wege in der Lage sein müssen IRF-7 zu aktivieren.
Miettinen et al. (2001) konnten kürzlich zudem nach exogener IFN-Į-Gabe eine Steigerung
der TLR3-mRNA-Expression in Makrophagen sowie epithel- und endothelialen Zellen
detektieren. Geht man davon aus, dass dies in letzter Konsequenz eine Erhöhung der
Rezeptorendichte auf der Zelloberfläche nach sich ziehen müsste, so bietet sich im Falle der
poly(IC)-Stimulation eine zusätzliche Erklärung für die in den MRC-5-Zellen beobachtete
deutlich verstärkte Interferonsynthese nach Priming an.
In diesem Experiment wurde erneut ein Unterschied zu den fetalen Rhesusaffen-Nierenzellen
sichtbar. Diese sind im Gegensatz zu den MRC-5-Zellen nicht in der Lage, auf eine exogene
103
IFN-Behandlung zu reagieren (Brack, 1999), was möglicherweise auf ein Fehlen des Typ-IIFN-Rezeptors zurückgeführt werden könnte.
Die in den Untersuchungen erhaltenen Daten verdeutlichen, dass die MRC-5-Zellen - im
Gegensatz zu zunächst verwendeten HepG2-Zellen - nicht nur ausgesprochen gute InterferonProduzenten darstellen, sondern anscheinend auch mit einem voll funktionsfähigen
Interferonsystem als antiviralem Mechanismus ausgestattet sind.
Die maximale Expressionsrate des Interferon-E-Gens nach einer viralen Infektion wird
gewöhnlich 6-12 h p.i. erreicht und endet etwa 24 h p.i. (Maniatis et al., 1998). Da allerdings
Zelltyp-spezifische Unterschiede bezüglich des Zeitverlaufs der Interferonproduktion
bestehen weitere Experimente zum Teil gleichzeitig auf Protein- und mRNA-Ebene geführt
werden sollten, wurde im Folgenden der Zeitpunkt ermittelt, an dem neben einer möglichst
hohen Menge an Interferonprotein auch noch ein ausreichend starkes Signal an IFN-E-mRNA
zu detektieren ist. Dies war vor allem erforderlich, da IFN-E-mRNA aufgrund
destabilisierender Sequenzen im 3`-NTR nur eine kurze Halbwertszeit aufweist (Sen und
Lengyel, 1992; Vilcek und Sen, 1996). Zudem wird durch die Interferonproduktion die
Synthese von Repressoren induziert, die die IFN-E-mRNA-Synthese zu einem späteren
Zeitpunkt unterbinden (Hiscott et al., 1995).
Es zeigte sich, dass IFN-E-mRNA in MRC-5-Zellen innerhalb von 2 h nach Induktionsstart
gebildet wurde. Obgleich quantitative Aussagen bei Durchführung einer RT-PCR nur bedingt
möglich sind, so ließ sich doch deutlich eine kontinuierliche Zunahme der Bandenintensität
im weiteren Verlauf beobachten. Die maximale Signalstärke wurde 8 h nach Transfektionsende erreicht; bis zum Ende des 48-stündigen Versuchszeitraums war ein Signal von IFN-EmRNA zu detektieren. Biologisch aktives Interferon konnte in den Zellkulturüberständen 2 h
nach Transfektionsende erstmals nachgewiesen werden, die Interferonaktivität erreichte nach
16 h den höchsten Wert und blieb bis zum Ende des gewählten Untersuchungszeitraums
nahezu konstant.
Die Ergebnisse dieser Kinetik führten zu der Entscheidung, die Zellen in den weiteren
Experimenten grundsätzlich 16 h nach Abschluss der poly(IC)-Induktion auf die Synthese von
IFN-E-mRNA bzw. Interferonaktivität hin zu überprüfen.
Eine Besonderheit der MRC-5-Zellen sei noch erwähnt: alle mitgeführten Kontrollzellen,
gleichgültig ob mit Medium oder DEAE-Dextran inkubiert, zeigten eine über den
Versuchszeitraum gleichbleibende, geringe Interferonexpression. Tatsächlich sind solche
geringen basalen Mengen an Typ-I-Interferonen nicht ungewöhnlich und auch in
104
Abwesenheit eines spezifischen Induktors beschrieben worden (Gresser, 1990; Hata et al.,
2001; Sen und Lengyel, 1992; Taniguchi und Takaoka, 2001). Die Arbeitsgruppe um Hata
konnte beispielsweise eine IFN-D/E-mRNA-Expression in murinen embryonalen Fibroblasten
nach Serumentzug beobachten (nicht veröffentlichte Daten zitiert in: Taniguchi und Takaoka,
2001), obwohl in der Regel in der nicht induzierten Zelle die IFN-E-Expression durch
konstitutiv vorhandene Repressoren unterdrückt wird (Hiscott, et al., 1995).
Betrachtet man die Tatsache, dass eine verstärkte Interferonantwort, wie im Vorfeld
beschrieben, erst im Zusammenspiel mit dem Interferon-induzierten IRF-7 zustande kommt,
könnte diese geringfügige in MRC-5-Zellen beobachtete basale Interferonexpression einen
biologisch wertvollen Hintergrund haben: eine umgehende starke Interferonsynthese als
Antwort auf entsprechende Induktoren, z.B. virale Infektionen. Das Auftreten einer
konstitutiv schwachen Interferonexpression könnte unter anderem auch das unterschiedliche
Ausmaß der Interferonantwort erklären, mit dem Zellen auf virale Infektionen reagieren.
Da auch Mykoplasmen und Bakterien in der Lage sind Interferon zu induzieren (Sen und
Lengyel, 1992), wurden alle in die Experimente eingesetzten Zellkulturen vor ihrer
Verwendung auf Mykoplasmen getestet und den Nährmedien außerdem prophylaktisch
Penicillin und Streptomycin zugesetzt. Somit kann auch eine entsprechende Kontamination
nicht der Grund für die beobachtete geringe Interferonexpression sein.
Nachdem also in der Zellinie MRC-5, im Gegensatz zu HepG2-Zellen, ein funktionierendes
Interferonsystem nachgewiesen werden konnte, sollte nun den entscheidenden Fragen
bezüglich der Interaktion von HAV/GBM mit dem Interferonsystem der MRC-5-Zellen
nachgegangen werden.
Grundlage dieser Experimente lieferten die experimentellen Daten von Vallbracht et al. (1984
und 1985) sowie Brack et al. (2002). So konnte auf der Ebene der biologischen Funktion
bereits früh gezeigt werden, dass das Hepatitis A-Virus weder in Lymphozyten noch
Fibroblasten humanen Ursprungs eine Interferon-Typ-I-Synthese induziert. Diese Unfähigkeit
der Zellen, auf eine HAV-Infektion mit einer Interferonantwort zu reagieren, blieb auch
erhalten, wenn die Zellen mit HuIFN-D/E geprimt und anschließend mit einer hohen MOI (1
oder 10) des Virus infiziert wurden. Untermauert wurden diese Ergebnisse durch die
Tatsache, dass keine Interferenzphänomene auftraten (Vallbracht et al., 1984 und 1985). Der
Aufbau eines antiviralen Status unterbleibt somit in HAV-infizierten Zellen. Allerdings ist es
möglich, durch exogene IFN-Gabe eine persistente Infektion in humanen Fibroblasten zu
eliminieren (Vallbracht und Flehmig, 1985). Brack et al. (2002) konnten an fetalen
105
Rhesusaffen-Nierenzellen nach einer Infektion mit der Virusvariante HAV/7 ebenfalls kein
Interferon in den Kulturüberständen detektieren. Weitere Untersuchungen zeigten dann, dass
bereits die Synthese der IFN-E-mRNA unterbunden ist (Brack et al., 2002). Magulski (2001)
konnte zudem nach Transfektion eines CAT-Reportergens, welches unter der Kontrolle der
gesamten Enhancer- und Promotorsequenz des humanen IFN-E-Gens steht, in HAVinfizierten FRhK-4-Zellen kein CAT-Protein detektieren.
Der Angriffspunkt des Hepatitis A-Virus muss demnach zumindestens in fetalen RhesusaffenNierenzellen im Bereich der Transkriptionsinduktion liegen. Interessant war es nun zu
erfahren, ob das Hepatitis A-Virus auch im humanen System die Transkription des IFN-EGens zu inhibieren vermag.
Es zeigte sich, dass auch in MRC-5-Zellen während der 72-stündigen Versuchsdauer weder
auf Protein- noch auf mRNA-Ebene durch HAV/GBM induziertes IFN-ȕ nachgewiesen
werden konnte. Da das Intervall der Probennahme nach der HAV-Infektion zunächst sehr
kurz (alle 4 h) gewählt wurde, ist die Möglichkeit, dass das Zeitfenster der Interferonproduktion aufgrund der kurzen Halbwertszeit der IFN-mRNA nicht erfasst wurde und aus
diesem Grund kein Interferon in den infizierten MRC-5-Zellen detektiert werden konnte, als
unwahrscheinlich einzustufen, zumal die im Vorfeld durchgeführten Experimente zeigten,
dass die Interferonsynthese nach poly(IC)-Induktion innerhalb von 2 h einsetzt und IFNmRNA auch noch 48 h nach Induktionsstart zu detektieren ist.
Die von Vallbracht et al. (1984 und 1985) und Brack et al. (2002) erstmals gemachten
Beobachtungen konnten somit bestätigt und insofern ergänzt werden, als dass gezeigt werden
konnte, dass auch im humanen System das Hepatitis A-Virus die Initation der IFN-ȕTranskription zu inhibieren vermag, es sich demnach bei dem beobachteten Effekt nicht um
ein Zellinien- oder Virusstamm-abhängiges Phänomen handelt, sondern Allgemeingültigkeit
zu besitzen scheint. Der virale Angriffspunkt ist also im Bereich der Transkriptionsinduktion
zu suchen, beispielsweise innerhalb der Signalwege, die zur Aktivierung der an der
Ausbildung des IFN-E-Enhanceosoms beteiligten Transkriptionsfaktoren benötigt werden.
Dennoch ist diese Beobachtung erstaunlich, denn in der Regel sind gerade solche Viren
besonders gute Interferoninduzenten, die einen langsamen Replikationszyklus aufweisen und
den Zellmetabolismus nicht merklich beeinflussen. So induziert zum Beispiel das NewcastleDisease-Virus, welches in Hühnerembryonen ausgesprochen gut repliziert, in diesen nur eine
geringe Interferonproduktion. In humanen Zellen, wo NDV deutlich langsamer repliziert,
wird reichlich Interferon induziert (Dulbecco, 1990).
106
Da HAV ausgesprochen langsam repliziert und in vitro persistente Infektionen etabliert ohne
signifikante Beeinträchtigung zellulärer Funktionen (Flehmig, 1981; Gauss-Müller et al.,
1981; Vallbracht et al., 1984), hätte man einen guten Induktor der Interferonsynthese
erwarten können. Allerdings gibt es weitere Beispiele für persistente Infektionen ohne
Interferoninduktion. Vom ebenfalls zur Familie der Picornaviridae zählenden Theiler`s Virus,
welches im ZNS der Maus eine persistierende Infektion hervorruft, ist bekannt, dass in mit
diesem Virus infizierten L929-Zellen die Transkription des IFN-E- und IFN-D4-Gens, die für
die frühe Phase der Interferoninduktion charakteristisch sind, unterbunden ist. Verantwortlich
hierfür scheint in diesem Fall das Leader-Protein zu sein (van Pesch et al., 2001), welches
HAV allerdings nicht besitzt. Die nicht-cythopathogene Variante des Bovinen VirusdiarrhoeVirus (BVDV) etabliert wie HAV/GBM persistente Infektionen und vermag weder in vitro
noch in vivo Typ-I-Interferon zu induzieren (Adler et al., 1997; Charleston et al., 2001).
Eine HAV-Infektion in vivo persistiert in der Regel nicht, da das Virus im Rahmen einer
immunpathologischen Reaktion durch CD8-positive cytotoxische T-Lymphozyten eliminiert
wird (Vallbracht et al., 1989 und 1993). Allerdings gibt es zur Fragestellung einer
Interferonproduktion in vivo kontroverse Daten (Levin und Hahn, 1982; Rakela und Ishizawa,
1984; Vallbracht et al., 1985; Zachoval et al., 1990), wobei die aktuellen von unserer
Arbeitsgruppe publizierten (Brack et al., 2002) und unter anderem in dieser Arbeit
dargestellten in vitro Ergebnisse, die These einer Interferonsynthese in vivo nach HAVInfektion unwahrscheinlich erscheinen lassen.
Nachdem gezeigt werden konnte, dass das Hepatitis A-Virus auch im humanen System die
IFN-E-Gentranskription nicht initiiert, sollte im nächsten Schritt geklärt werden, inwiefern
HAV/GBM in der Lage ist, die durch poly(IC)-Transfektion induzierbare Interferonexpression in MRC-5-Zellen zu beeinflussen und eine Suppression speziell des dsRNAabhängigen Weges herbeizuführen.
Es zeigte sich, dass in HAV/GBM-infizierten MRC-5-Zellen (MOI: 0,1) 4 Tage p.i. durch
poly(IC)-Transfektion eine signifikant geringere Interferonsynthese erzielt werden konnte im
Vergleich zu den nicht-infizierten Kontrollzellen. Wurde die MOI auf 1 erhöht und
gleichzeitig Tag 1 und 6 p.i. mit in die Untersuchung einbezogen, so zeigte sich verglichen
mit den Kontrollzellen bereits am Tag 1 p.i. eine deutliche Reduktion der durch poly(IC)
induzierten IFN-E-Synthese, am Tag 4 p.i. und 6 p.i. konnte in den Kulturüberständen
infizierter Zellen kein durch poly(IC)-induziertes Interferon mehr detektiert werden. Das
gleiche Bild zeigte sich auf mRNA-Ebene: war am Tag 1 p.i. noch eine geringe Signalstärke
107
an IFN-E-mRNA nach poly(IC)-Induktion zu beobachten, so konnte am Tag 4 p.i. in den
infizierten Zellen keine IFN-E-mRNA mehr detektiert werden. Diese schrittweise Abnahme
der Induzierbarkeit der Interferonexpression mit fortschreitender Infektionsdauer, deutete
darauf hin, dass die virale Replikation bzw. Expression viraler Proteine nötig ist, damit HAV
den beobachteten inhibitorischen Effekt auf die Interferoninduktion ausüben kann.
Durch Experimente mit leeren HAV-Capsiden sowie inaktivierten HAV-Virionen konnte
diese Annahme mittlerweile bestätigt werden. Magulski (2001) konnte mittels eines CATAssays, in dem das CAT-Reportergen unter der Kontrolle der gesamten Enhancer- und
Promotorsequenz des humanen IFN-E-Gens stand, zeigen, dass die poly(IC)-induzierte CATExpression nur in HAV/7-infizierten FRhK-4-Zellen unterbunden wurde, nicht aber in den
Ansätzen mit den nicht replikationskompetenten Virionen.
Die an MRC-5-Zellen erhaltenen Daten zeigten eindeutig die Übertragbarkeit der von Brack
et al. (2002) an der fetalen Rhesusaffen-Nierenzellinie FRhK-4 erhaltenen Ergebnisse auf ein
humanes System, da in diesem ebenfalls die Suppression der poly(IC)-induzierten
Interferonexpression nach HAV-Infektion erfolgte. Nicht-cytopathogene HAV-Varianten
scheinen demnach grundsätzlich Zellinien-unabhängig in der Lage zu sein, aktiv in zelluläre
antivirale Abwehrmechanismen einzugreifen und somit wie viele andere Viren auch
antagonistische Maßnahmen ergriffen zu haben, um der unspezifischen Immunantwort zu
entgehen.
So induziert, wie bereits erwähnt, die nicht-cytopathogene (ncp) Variante des BVDV in
bovinen Makrophagen ebenfalls kein Typ-I-Interferon (Adler et al., 1997). Charleston et al.
(2001) bringen die von der ncp-Variante hervorgerufene persistente Infektion in vivo ebenfalls
mit der fehlenden Interferonsynthese in Zusammenhang. Schweizer und Peterhans (2001)
schlussendlich konnten zeigen, dass das ncp BVDV wie HAV auch in der Lage ist, die nach
poly(IC)-Transfektion induzierte Interferonexpression - ebenfalls bereits auf Transkriptionsebene - zu unterbinden. Gleichzeitig wird die durch poly(IC)-induzierte Apoptoseinduktion
inhibiert (Schweizer und Peterhans, 2001). Diese Resistenz gegenüber einem durch dsRNA
induzierten Zelltod, wurde auch von Brack et al. (2002) in HAV/7-infizierten FRhK-4-Zellen
beobachtet. In beiden Fällen fand diese Suppression der Interferonsynthese bzw. Apoptose
zeitverzögert nach Infektion statt, was wiederum das Erfordernis der Virusreplikation deutlich
macht. Schweizer und Peterhans (2001) konnten zudem zeigen, dass das ncp BVDV
anscheinend spezifisch mit dem dsRNA-Signalweg interferiert, da die mit Staurosporin oder
108
Actinomycin D induzierte Apoptose in BVDV-infizierten Zellen nicht unterbunden werden
konnte.
Bevor in dieser Arbeit der Fragestellung nachgegangen werden sollte, welche Mechanismen
der von HAV induzierten Interferonsuppression zugrunde liegen könnten, galt es zunächst zu
klären, inwiefern der beobachtete Effekt tatsächlich spezifisch dem Hepatitis A-Virus
zuzuordnen ist.
Theoretisch ist es möglich, dass bereits bei der Erstellung der Viruspoole von den infizierten
Zellen ein unbekannter, virusinduzierter Faktor abgegeben wird, der dann in den für die
Experimente eingesetzten Inokula vorhanden und für die beobachtete Suppression der
Interferonsynthese verantwortlich ist. Um diese Möglichkeit auszuschließen und die
Virusspezifität zu zeigen, wurden daher parallel zu den HAV/GBM-infizierten Ansätzen
solche mitgeführt, in denen das Virusinokulum im Vorfeld der Experimente mit einem
monoklonalen, HAV-spezifischen Antikörper inkubiert wurde.
Es zeigte sich, dass die Ansätze mit neutralisiertem Virus in nahezu gleichem Maß eine
Aktivierung der Interferonexpression nach poly(IC)-Induktion zeigten wie die mitgeführten
Kontrollzellen. Nur in den mit nicht-neutralisierten HAV/GBM-infizierten, poly(IC)induzierten MRC-5-Zellen zeigte sich das bereits bekannte Bild der inhibierten
Interferonsynthese ab Tag 1 p.i.
Die Erklärung für die nicht vollständige Wiederherstellung der Interferonproduktion nach
poly(IC)-Induktion in mit neutralisiertem Virusinokulum inkubierten Zellen lieferten die am
Tag 0, 1 und 4 p.i. ermittelten Titerwerte. Die Inkubation der Virusinokula mit dem HAVspezifischen Antikörper führte nur zu einer partiellen Neutralisation des Virus, so dass die
noch vorhandene Reduktion der poly(IC)-induzierten Interferonsynthese in den mit
neutralisiertem Virus inkubierten Zellen auf noch freies, somit replikatives Virus
zurückzuführen ist. Dass das Hepatitis A-Virus der spezifische Induktor der beobachteten
Suppression der Interferonsynthese ist, konnte damit demonstriert werden.
Eine zweite denkbare von Brack (1999) diskutierte Interaktionsmöglichkeit, die Freisetzung
eines zellulären Faktors X durch die Behandlung, der die Zellen bei der Präparation der Virusbzw. Kontrollpoole unterliegen, und der dann ebenfalls bereits in den verwendeten Inokula
vorhanden wäre, konnte dadurch ausgeschlossen werden, dass bereits in den ersten
Experimenten ein Zell-Lysat aus einem parallel und analog zum verwendeten Viruspool
hochgezogenen Kontrollpool aus nicht-infizierten Zellen als zusätzliche Kontrolle mitgeführt
109
wurde. Diese mit virusfreiem Zell-Lysat inkubierten MRC-5-Zellen zeigten die gleiche
Interferonexpression nach poly(IC)-Induktion wie lediglich mit Medium inkubierte Zellen.
Eine weitere Möglichkeit musste bedacht werden. Für die Bestimmung des Interferongehaltes
wurde der Plaquereduktionstest verwendet, da dieser im Gegensatz zum ELISA den Vorteil
bietet, biologisch aktives Interferon zu erfassen. Als Indikatorzellen für diesen Test wurden
von uns WISH-Zellen verwendet, die zunächst mit den potentiell Interferon-haltigen
Zellkulturüberständen inkubiert wurden. Enthalten die auszutestenden Überstände HAV, so
ist es möglich, dass dieses in den WISH-Zellen das Unvermögen auslöst, mit einer
Interferonantwort zu reagieren, also den Aufbau eines - vor der Infektion mit dem als
Challenge-Virus dienenden VSV-schützenden antiviralen Status zu verhindern.
Die Untersuchungen ergaben allerdings, dass es zu keiner solchen Beeinflussung der WISHZellen durch HAV kommt, da selbst bei einer sehr hohen TCID50/ml des Virus in Interferonhaltigen Zellkulturüberständen keine Reduktion der Interferonaktivität zu beobachten war.
Im Folgenden galt es, nachdem die Virusspezifität der beobachteten Effekte gezeigt werden
konnte, den Mechanismen, die dieser inhibierten Interferonexpression nach HAV-Infektion
zugrunde liegen, auf die Spur zu kommen. Eine mögliche Verbindung könnte durch
Interleukin-4 hergestellt werden, da zwischen diesem und den Interferonen eine wichtige
antagonistische Interaktion besteht. So inhibieren sowohl Typ-I- als auch Typ-II-Interferone
die Induktion von IL-4 abhängigen Genen (Dickensheets und Donnelly, 1999). Andererseits
wird die konstitutive IFN-E-Synthese in murinen Makrophagen durch IL-4 unterbunden
(Nickolaus und Zawatzky, 1994), so dass ein Einfluss von IL-4 auf zelluläre
Abwehrmechanismen besteht.
Aufgrund dieser, zwischen Interleukin-4 und den Interferonen existierenden Wechselwirkungen, sollte in einem kurzen Experiment der Frage nachgegangen werden, ob IL-4 in
der Lage ist, ebenso wie das Hepatitis A-Virus die poly(IC)-vermittelte Interferonexpression
zu supprimieren. Da sich ein entsprechender Effekt allerdings nicht beobachten ließ, erschien
es unwahrscheinlich, dass HAV das IL-4-System benutzt, um seinen inhibitorischen Effekt
auszuüben, weshalb weitere Untersuchungen in dieser Richtung nicht durchgeführt wurden.
Der naheliegendste intrazelluläre Kandidat, der einen Angriffspunkt für HAV darstellen
könnte, ist die Proteinkinase R, da sie direkt durch dsRNA, welche auch während des
Replikationszyklus von HAV auftritt (Brack et al., 2002; Lederer 1998), aktiviert werden
110
kann. So ist sie zum einen an der IFN-E-Induktion über Aktivierung des Transkriptionsfaktors
NF-NB beteiligt (Kumar al. 1994; Williams, 1995), zum anderen an der Apoptoseinduktion
durch Inhibierung des Translationsinitationsfaktors eIF2 (Lee und Esteban, 1994; Srivastava
et al., 1998). Beide zelluläre Abwehrprinzipien sind in HAV-infizierten Zellen unterbunden.
In HAV-infizierten Zellen wird nicht nur weder Apoptose noch Interferon induziert, HAV
supprimiert sogar aktiv beide Prozesse, die normalerweise durch poly(IC)-Transfektion
induzierbar sind (Brack et al., 2002).
Die Tatsache, dass 2-Aminopurin, ein PKR-Inhibitor, die Interferonexpression als Antwort
auf eine Virusinfektion oder poly(IC)-Induktion zu inhibieren vermag (Marcus und Sekellick,
1988; Zinn et al., 1988), bestärkte die Annahme, dass die PKR ein vielversprechender
Kandidat für einen möglichen Angriffspunkt von HAV darstellen könnte, ebenso die
Ergebnisse von Hu und Conway (1993), die in Hela-Zellen eine Inhibierung der PKRAutophosphorylierung nach poly(IC)-Induktion durch 2-Aminopurin zeigen konnten, welches
- wie eben beschrieben - ähnliche Effekte wie eine HAV-Infektion hervorruft. In vitro konnte
die Blockade der PKR-Autophosphorylierung durch hohe Konzentrationen an ATP
aufgehoben werden, woraus die Autoren folgerten, dass 2-Aminopurin als kompetitiver
Inhibitor die Bindung von ATP verhindern könnte (Hu und Conway, 1993).
Zunächst sollte eine geeignete Detektionsmethode für den PKR-Nachweis etabliert werden.
Mittels Western-Blot ließ sich sowohl konstitutiv vorhandene als auch Interferon-induzierte
PKR methodisch ausgesprochen gut darstellen. In Interferon-behandelten Zellen fand sich
konzentrationsabhängig eine deutliche Steigerung der PKR-Expression, allerdings nur, wenn
die Zellen im Vorfeld des Primings in Wachstumsmedium (10 % FCS) kultiviert worden
waren. In Zellen, die vor dem Priming serumfrei kultiviert wurden, ließ sich keine
Expressionssteigerung der PKR nach Interferonbehandlung beobachten. Allerdings hatte es
den Anschein, dass diese Zellen einen geringfügig höheren PKR-Proteinlevel aufwiesen. Da
eine Abhängigkeit der PKR-Expression als auch -Aktivität vom Zellzyklus beschrieben wurde
(Zamanian-Daryoush et al., 1999), ist zu vermuten, dass sich die serumfrei gehaltenen Zellen
in einer anderen Zellzyklus-Phase befanden, in der möglicherweise auch eine Hochregulation
der PKR nach Interferongabe nicht mehr möglich war.
Aufgrund der guten Darstellbarkeit der PKR im Western-Blot auch ohne vorheriges Priming
wurde nachfolgend der Einfluss einer HAV-Infektion auf die PKR unter Verwendung dieser
Detektionsmethode untersucht.
111
In einem ersten Experiment sollte geklärt werden, ob die Infektion von MRC-5-Zellen mit
HAV/GBM zu einer Degradierung der PKR führt. Anlass hierzu boten die PoliovirusBefunde der Arbeitsgruppe um Black. Diese konnte eine Degradierung der PKR in Poliovirusinfizierten Zellen detektieren (Black et al., 1989). Später zeigte sich dann, dass eine zelluläre
Protease für die beobachtete Degradierung verantwortlich ist (Black et al., 1993). Da das
Poliovirus ebenso wie HAV zur Familie der Picornaviridae zählt, wäre ein proteolytischer
Abbau der PKR in HAV-infizierten Zellen denkbar.
Es zeigte sich allerdings, dass die PKR in HAV-infizierten Zellen strukturell intakt bleibt.
Auch am Tag 4 p.i. war kein Unterschied in der Bandenintensität von HAV-infizierten Zellen
im Vergleich zu den mitgeführten Kontrollzellen zu detektieren.
Dennoch kommt die PKR als Target von HAV in Frage, nämlich dann, wenn HAV zu einem
Funktionsverlust der PKR führen würde, wie es auch von zahlreichen anderen Viren
beschrieben wurde (Davies et al., 1992; Gale jr. et al., 1997; Mathews und Shenk, 1991; Tan
et al., 1998). Da sich die Aktivierbarkeit der PKR primär durch ihre Autophosphorylierung
zeigt, sollte nachfolgend überprüft werden, ob es zu einer Beeinflussung des
Autophosphorylierungsprozesses nach HAV-Infektion kommt. Zur Verwendung kam hierbei
ein phospho-spezifischer Antikörper, der die Phosphorylierung der PKR an der Aminosäure
Thr-451 erkennt. Man hätte den Nachweis phosphorylierter PKR auch über radioaktiv
markiertes ATP führen können und hiermit nicht nur eine einzelne Phosphorylierungsstelle
detektiert, allerdings ist der von uns gewählte Western-Blot der methodisch schnellere Ansatz.
Vor allem aber erschien die Betrachtung des Phosphorylierungsstatus an der Aminosäure
Thr-451 sinnvoll, da Romano et al. (1998) gezeigt hatten, dass die Autophosphorylierung an
dieser (und Thr-446) sowohl in vivo als auch in vitro für eine hohe Kinase-Aktivität
erforderlich ist. So bewirkte eine Substitution von Thr-446 gegen Alanin eine partielle
Aktivitätseinschränkung der PKR, hingegen eine Substitution von Thr-451 gegen Alanin zu
einer kompletten Inaktivierung der PKR führte.
Der Western-Blot zeigte, dass bereits der Serumentzug zu einer verstärkten Phosphorylierung
der PKR führte im Vergleich zu Zellen, die in Wachstumsmedium, also mit 10 %
Serumzusatz, kultiviert wurden. Eine Aktivierung der PKR nach Serumentzug ist auch von
Patel et al. (2000) beschrieben worden. Die zusätzliche Inkubation der Zellen mit DEAEDextran führte in nicht infizierten Zellen zu einer weiteren Zunahme der Phosphorylierung,
um nach Transfektion von poly(IC) mittels DEAE-Dextran nochmals anzusteigen.
112
In HAV-infizierten Zellen zeigte sich in den Western-Blots - gleichgültig ob die Zellen vor
der Induktion serumfrei oder mit 3 %igem Serumzusatz inkubiert worden waren - eine
deutlich verminderte Phosphorylierung des Thr-451 sowohl in den poly(IC)/DEAE-Dextran
als auch nur DEAE-Dextran behandelten Zellen. Das heißt, HAV scheint - direkt oder
indirekt- in den Autophosphorylierungsprozess und somit die Aktivierbarkeit der PKR
einzugreifen.
Mehrfache Wiederholungsexperimente zeigten, dass das Ausmaß der durch die HAVInfektion hervorgerufenen Suppression von Experiment zu Experiment schwankte. So war der
Intensitätsunterschied der Banden zwischen den HAV-infizierten und nicht infizierten,
induzierten Zellen mal mehr und mal weniger stark ausgeprägt. Es hatte den Anschein, als ob
die Ausprägung der Effekte vom Vitalitätszustand der Zelle abhängig sein könnte. Sehr vitale
Zellen reagieren möglicherweise in einem anderen Ausmaß, als solche Zellen, die sich in
einem weniger vitalen Zellzustand befinden. Ein vor jedem Experiment durchgeführter
Vitalitätstest wäre aus diesem Grund sinnvoll gewesen.
Eine weitere Beobachtung bietet Anlass zu Diskussionen. Es zeigte sich in allen WesternBlots auf der Höhe von ca. 132 kDa eine zweite Bande, deren Intensität ebenfalls in den
HAV-infizierten Zellen - analog zu den bei 68 kDa laufenden PKR-Banden - deutlich
verringert war. Da sich diese Banden nahezu exakt auf doppelter Höhe der bei 68 kDa
lokalisierten PKR-Banden befinden, könnte man das Vorhandensein von Dimeren postulieren,
auch wenn solche aufgrund der denaturierenden Eigenschaften des SDS nicht auftreten
dürften. Interessanterweise ist es aber möglich das Protein-Protein-Interaktionen so stark sind,
dass sich SDS-resistente Dimere ausbilden können, wie es für bestimmte murine MHC II(HLA-DQ-) Allele (Ettinger et al., 1998), die E-Glycosidase von Sulfolobus solfataricus
(Gentile et al., 2002) und das Poliovirus 2B-Protein beschrieben worden ist (Agirre et al.,
2002).
Die PKR kann, wie auch aus den Western-Blots ersichtlich, sowohl dsRNA-abhängig als auch
dsRNA-unabhängig aktiviert werden (Clemens und Elia, 1997; Hovanessian und Galabru,
1987; Patel et al., 2000; West und Bagloioni, 1979). Die Aktivierung über dsRNA ist hierbei
am Besten untersucht und erfolgt über zwei im aminoterminalen Bereich der Kinase
lokalisierte dsRNA-Bindungsdomänen (Green und Mathews, 1992).
Vor kurzem konnte PACT (PKR-activating-protein) identifiziert werden (Patel und Sen,
1998a), das mit der PKR dsRNA-unabhängig heterodimerisieren und diese über ProteinProtein-Interaktionen in bestimmten Stresssituationen aktivieren kann. So ist eine Aktivierung
113
der PKR u.a. nach Serumentzug beschrieben worden (Patel et al., 2000). Vermutlich erfolgt
die von uns in den Western-Blots beobachtete DEAE-Dextran vermittelte PKR-Aktivierung
ebenfalls über diesen Weg.
In HAV-infizierten Zellen konnte eine Suppression sowohl der dsRNA-abhängigen als auch
dsRNA-unabhängigen PKR-Phosphorylierung beobachtet werden. Denkbar wäre eine
Beeinflussung der PKR-Dimerisierungsfähigkeit durch HAV, wie es z.B. vom InfluenzaVirus beschrieben wurde, das wie HAV die Induktion von Typ-I-Interferonen zu unterbinden
vermag. Katze et al. (1988) konnten bereits vor langem eine Repression der PKRAutophosphorylierung in Influenza-Virus-infizierten Zellen nachweisen. Tan et al. (1998)
stellten im Rahmen ihrer Untersuchungen fest, dass die PKR-Dimerisierung in InfluenzaVirus infizierten Zellen durch Rekrutierung des zellulären PKR-Inhibitors p58IPK blockiert
wird. Gleichzeitig verhindert das NS1-Protein, welches dsRNA bindet und maskiert, die
Aktivierung der PKR (Bergmann et al., 2000; Lu et al., 1995). Möglicherweise kommen für
HAV ebensolche Mechanismen in Frage, die sowohl die Suppression der dsRNA-abhängigen
als auch dsRNA-unabhängigen Autophosphorylierung durch HAV erklären würden.
Das Nichtstrukturprotein 5A des Hepatitis C-Virus stört die PKR-Dimerisierung, indem es
mit der PKR im Bereich der AS 244-296 assoziiert. Würde HAV die Dimerisierung z.B.
durch ein viruscodiertes Protein oder/ und - wie von Influenza gezeigt - Rekrutierung eines
zellulären Inhibitors z.B. p58IPK verhindern, so würde dies auch die verringerte
Bandenintensität auf Höhe der 132 kDa-Banden in HAV-infizierten Zellen erklären, sofern es
sich bei den beobachteten Banden tatsächlich um Dimere handelt.
Obgleich zur Rolle der PKR in der NF-NB-Aktivierung unterschiedliche Daten vorliegen
(Bonnet et al., 2000, Gil et al., 2001; Ishii et al., 2001, Kumar et al., 1994; ZamanianDaryoush et al., 1999) und somit auch die Beteiligung der PKR an der Interferoninduktion in
den letzten Jahren kontrovers diskutiert wurde, so bekräftigen einige gerade erschienene
Veröffentlichungen die Beteiligung der PKR an der Interferoninduktion. So konnten Stewart
et al. (2003) die Rolle der PKR in der Reovirus-vermittelten Interferon-E-Induktion in
primären, murinen Herzmuskelzellen bekräftigen sowie ihre essentielle Rolle beim Schutz vor
der durch Reovirus-Infektion verursachten Myokarditis der Maus. Sledz et al. (2003) konnten
die Notwendigkeit der PKR in der siRNA vermittelten IFN-E-Induktion zeigen, da bei
entsprechenden PKR knock-out-MEF`s die IFN-E-mRNA-Expression auf unter Kontrollniveau reduziert war. Watanabe et al. (2003) zeigten die Aktivierung der PKR durch B16RNA. Da die Autoren gleichzeitig die Degradierung von INB-D in mit B16-RNA behandelten
114
Lymphozyten nachweisen konnten, postulieren die Autoren, dass die NF-NB-Aktivierung
PKR vermittelt sein könnte.
Der Transkriptionsfaktor NF-NB ist, wie auch das Heterodimer ATF-2/c-Jun und die IRF`s,
ein essentieller Bestandteil des Interferon-E-Enhanceosoms (Goodboorn et al., 2000;
Maniatis et al., 1998; Munshi et al., 1999).
Sofern die PKR für die dsRNA-induzierte NF-NB-Aktivierung notwendig ist, würde man
aufgrund des verminderten Autophosphorylierungsprozesses in HAV-infizierten Zellen eine
eingeschränkte NF-NB-Aktivierung erwarten können. Aufgrund dessen sollte im Folgenden
der Einfluss einer HAV-Infektion auf die Aktivierbarkeit der Translokation von NF-NB
gezeigt werden.
Nachdem zunächst die Translokation von NF-NB als erwartete Konsequenz der poly(IC)Transfektion über Immunfluoreszenz detektiert werden konnte, wobei sich ein deutlich
stärkeres nukleäres Fluoreszenzsignal von NF-NB in mit 100 µg/ml poly(IC)-transfizierten
Zellen zeigte als bei 20 µg/ml poly(IC), wurde im Anschluss daran der Einfluss von HAV auf
die mittels poly(IC)/DEAE-Dextran induzierte NF-NB-Translokation untersucht. Es zeigte
sich wie erwartet die überwiegend cytoplasmatische Lokalisierung von NF-NB in nichtinfizierten, nicht-induzierten MRC-5-Zellen sowie eine deutliche nukleäre Ansammlung von
NF-NB nach poly(IC)-Transfektion. In den HAV-infizierten, poly(IC)-transfizierten Zellen
erfolgte ebenfalls eine Translokation von NF-NB, die sogar noch stärker erschien als in den
nicht-infizierten, transfizierten Kontrollzellen.
Es findet demnach in HAV-infizierten Zellen keine Beeinträchtigung der Translokation nach
poly(IC)-Transfektion statt, möglich wäre allerdings noch eine eingeschränkte DNABindefähigkeit von NF-NB. Dem entgegen stehen Befunde von Astrosini (2001) und
Kaumanns (2003), die anhand NF-NB-abhängiger CAT-Reportergenexperimente - sowohl bei
transienter als auch stabiler Transfektion - die Fähigkeit von NF-NB zur Transaktivierung in
HAV-infizierten, poly(IC)-transfizierten Zellen gezeigt haben.
Überaus interessant war das Ergebnis der mitgeführten Kontrollzellen. So zeigte sich in allen
Experimenten, dass allein schon die HAV-Infektion als solche zu einer Translokation von NFNB führte. Dieses Phänomen wurde nachfolgend von Astrosini (2001) in HAV/7 infizierten
FRhK-4-Zellen mittels NF-NB-abhängigem CAT-Reportergen-Assay bestätigt.
Dieser Zusatzbefund - die Aktivierung des anti-apoptotischen NF-NB in HAV-infizierten
Zellen ohne zusätzliche exogene Stimulation - war nicht zu erwarten, erscheint aber bei
115
näherer Betrachtung aus Sicht des Virus überaus sinnvoll, da es ihm ermöglicht persistente
Infektionen zu etablieren.
Die Tatsache, dass in HAV-infizierten Zellen (sogar bei zusätzlicher poly(IC)-Transfektion)
die beobachtete Translokation von NF-NB keine Interferoninduktion nach sich zieht, bestätigt,
dass NF-NB allein nicht in der Lage ist, Interferon-E zu induzieren. Dies ist auch sinnvoll, da
NF-NB durch zahlreiche verschiedene Stimuli, die unterschiedliche Signalwege nutzen,
aktiviert wird (ohne Interferon zu induzieren), so dass trotz verminderter PKRAutophosphorylierung eine gesteigerte NF-NB-Aktivierung nicht überraschen muss. So
konnte auch nach Serumentzug bereits eine nukleäre Translokation beobachtet werden im
Vergleich zu Zellen, die in Wachstumsmedium kultiviert wurden, und auch die Behandlung
der Zellen mit DEAE-Dextran bewirkte in MRC-5-Zellen eine zusätzliche nukleäre
Translokation.
In Anbetracht der verstärkten NF-NB-Aktivierung sowie der zunehmenden Phosphorylierung
der PKR nach Serumentzug und DEAE-Dextran-Transfektion erschien es sinnvoll zu
untersuchen, ob die Vitalität der Zellen durch die gewählten Transfektionsbedingungen
beeinträchtigt wird. Tatsächlich war dies der Fall. Der stärkste Vitalitätseinbruch von etwa
20-25 % konnte dem Serumentzug zugeordnet werden, die zusätzliche Behandlung mit
DEAE-Dextran schränkte die Vitalität der Zellen um durchschnittlich weitere 10 % ein. Die
gleichzeitige Induktion der Zellen mit DEAE-Dextran und poly(IC) führte dagegen zu keiner
weiteren oder nur geringfügig stärkeren Vitalitätseinbuße im Vergleich zu Zellen, die
lediglich mit DEAE-Dextran inkubiert wurden. In HAV-infizierten Zellen zeigte sich ein
ähnliches Bild, allerdings wiesen die infizierten Zellen grundsätzlich eine etwa 10 % höhere
Umsatzrate an MTT auf, waren demzufolge vitaler und besser in der Lage, zellulären Stress
zu tolerieren.
In Zusammenhang mit zellulärem Stress kommt es häufig zur Aktivierung und
Hochregulation des Tumorsuppressor-Proteins p53 (Cartwright und Helin, 2000). Angesichts
der beobachteten Vitalitätsverluste nach DEAE-Dextran-Transfektion (einschließlich
Serumentzug) sollte in einem ersten Ansatz der Frage nachgegangen werden, inwiefern es zur
Aktivierung von p53 einerseits durch die Transfektionsbedingungen und andererseits durch
die HAV-Infektion kommt. Im Unterschied zu den Vitalitätstests, bei denen sich der
Serumentzug als Hauptursache der Vitalitätseinschränkung darstellte, führte die serumfreie
Kultivierung der MRC-5-Zellen zwar zu einer erkennbaren Aktivierung von p53, eine
116
sprunghafte Zunahme der p53-Aktivierung erfolgte allerdings nach Behandlung der Zellen
mit DEAE-Dextran. Eine Transfektion von poly(IC) mit DEAE-Dextran bewirkte eine noch
einmal nahezu verdoppelte p53-Aktivierung.
Obwohl die erhaltenen Daten keine direkte Korrelation mit den Vitalitätstests zulassen, da
p53 offenbar eher durch die Transfektionsagenzien als durch den Serumentzug aktiviert wird,
so zeigte das Ergebnis doch eindeutig, dass die Transfektionsbedingungen eine erhebliche
Stresssituation für die Zellen darstellen.
Auch eine Virusinfektion stellt eine zelluläre Belastung dar, so dass die HAV-Infektion eine
p53-Aktivierung hervorrufen könnte. Aufgrund der Beteiligung des Zellwachstumsinhibierenden p53 an der Apoptoseinduktion als Antwort auf diverse Stresssignale
(Cartwright und Helin, 2000) und des Befundes, dass in HAV-infizierten Zellen die
Einleitung der Apoptose, abgesehen von einigen cytopathogenen HAV-Varianten (Brack et
al., 1998; Venuti et al., 1985), unterbleibt, könnte eine ausbleibende oder eingeschränkte p53Aktivierung erwarten lassen.
Es war in den HAV-infizierten Zellen allerdings eine deutliche p53-Aktivierung zu
detektieren. Um die Größenordnung der von HAV induzierten p53-Aktivierung einschätzen
zu können, hätte es einer Positivkontrolle bedurft, die im Rahmen weiterer Untersuchungen
mitgeführt werden sollte. Da HAV trotz Aktivierung des pro-apoptotischen p53 in vitro
persistiert, bedeutet dies, dass HAV einen Mechanismus besitzen muss, der es ihm ermöglicht
die durch p53-Aktivierung vermittelten Effekte auszuschalten oder zu beeinflussen.
Interessanterweise sind Wechselwirkungen zwischen dem pro-apoptotischen p53 und dem
anti-apoptotischen NF-NB beschrieben worden (Webster und Perkins, 1999).
Beide Transkriptionsfaktoren konkurrieren nach ihrer Aktivierung um einen begrenzten Pool
des Coaktivators p300/CBP. Die relativen Mengen der aktivierten Transkriptionsfaktoren
entscheiden so gewissermaßen über die Art der induzierten Effekte (Webster und Perkins,
1999). Ein Gleichgewicht zwischen NF-NB- und p53-Aktivierung in HAV-infizierten Zellen
könnte somit von entscheidender Bedeutung sein hinsichtlich der Etablierung einer Persistenz.
In einem letzten Experiment wurde untersucht, ob HAV auch die TLR3-vermittelte
Interferoninduktion zu supprimieren vermag. Über extrazelluläre Stimulierung des TLR3 mit
poly(IC) oder viraler dsRNA kommt es zur Aktivierung der für das IFN-E-Enhanceosom
benötigten Transkriptionsfaktoren (Alexopoulou et al., 2001; Doyle et al., 2002).
117
In MRC-5-Zellen führte diese poly(IC)-Stimulation zu einer konzentrationsabhängigen
Sekretion von Interferonen, jedoch nur bis etwa 1/20 der durch poly(IC)-Transfektion
erreichten Interferonaktivitäten (Abb. 5). Aufgrund dieser Unterschiede in der Interferonausbeute ist - in Bezug auf die bereits dargestellten Ergebnisse nach poly(IC)-Transfektiondas Ausmaß einer möglichen Überlagerung durch die TLR3-induzierte Interferonsekretion zu
vernachlässigen.
In HAV-infizierten MRC-5-Zellen zeigte der Plaquereduktionstest in beiden durchgeführten
Experimenten eine Reduktion der poly(IC) induzierten Interferonsynthese - unabhängig
davon, ob die Zellen mit poly(IC) stimuliert oder mittels DEAE-Dextran transfiziert wurden auf jeweils etwa das gleiche Niveau. Demnach ist HAV offenbar auch in der Lage mit der
über den TLR3-vermittelten Signalkaskade zu interagieren, so dass vermutlich eine
gemeinsame - von HAV beeinflusste - Verknüpfungsstelle innerhalb dieser Signaltransduktionswege existiert. Eine Möglichkeit bietet der - ebenfalls nach TLR3-Stimulation
aktivierte - Transkriptionsfaktor IRF-3, da Astrosini (2001) die selektive Suppression der
PRD III-I abhängigen CAT-Expression in HAV-infizierten, poly(IC)-transfizierten FRhK-4Zellen feststellen konnte. Ob HAV dies auch in poly(IC)-stimulierten MRC-5-Zellen vermag,
sollte in weiteren Untersuchungen geklärt werden.
Allerdings bedarf das Ergebnis zunächst einer Reproduktion mit höheren Konzentrationen an
poly(IC), vorzugsweise 100 µg/ml, da mit den verwendeten 20 µg/ml poly(IC) keine
ausreichend hohen Interferonaktivitäten erreicht werden konnten, um den Reduktionseffekt
von HAV auf die poly(IC)-stimulierte Interferonexpression deutlich genug herausstellen zu
können.
118
5. ZUSAMMENFASSUNG
___________________________________________________________________________
Im Rahmen dieser Arbeit sollte zunächst ein humanes Zellkultursystem etabliert werden,
welches mit einem voll funktionsfähigen Interferonsystem als antiviralem Mechanismus
ausgestattet ist. Mit der humanen, embryonalen Lungenfibroblasten-Zellinie MRC-5 wurde
ein solches gefunden, da diese Zellen auf poly(IC)-Transfektion mit der Sekretion
ausgesprochen großer Mengen biologisch aktiven Interferons reagieren und diese in Reaktion
auf Priming noch steigerbar sind.
Im nächsten Schritt sollte die Übertragung der von Brack et al. (2002) an FRhK-4-Zellen
erhaltenen Befunde bezüglich der Interferoninduktion in HAV-infizierten Zellen auf ein
humanes System erfolgen.
Tatsächlich konnte in HAV/GBM-infizierten MRC-5-Zellen keine Induktion von Interferon
detektiert werden, und zwar weder auf Protein-Ebene (Interferonaktivität), noch auf
Transkriptionsebene (IFN-E-mRNA). Desweiteren wurde gezeigt, dass HAV auch im
humanen System aktiv in die durch poly(IC)-Transfektion induzierte Interferonsynthese
eingreift, wobei auch hier bereits die Synthese der IFN-E-mRNA supprimiert wird.
Auf der Suche nach einem möglichen Mechanismus dieser von HAV-vermittelten
Suppression wurde als potentielles virales Target die PKR gewählt, da sie zum einen direkt
durch Bindung dsRNA aktiviert werden kann, zum anderen, da sie sowohl an der dsRNAvermittelten Interferon-E-Induktion als auch der Einleitung der Apoptose beteiligt ist.
Es
konnte
deutlich
gezeigt
werden,
dass
die
PKR
in
MRC-5-Zellen
durch
Interferonbehandlung hochregulierbar ist und das eine HAV-Infektion nicht zur Degradierung
der PKR führt. Weiterhin konnte eine Reduktion der PKR-Phosphorylierung an Threonin-451
in HAV-infizierten Zellen bei Behandlung mit DEAE-Dextran sowie bei poly(IC)Transfektion mittels DEAE-Dextran festgestellt werden, woraus geschlossen wurde, dass
HAV die Aktivierbarkeit der PKR - nicht nur durch dsRNA - beeinträchtigt.
Durch Untersuchungen der Lokalisation des Transkriptionsfaktors NF-NB nach Transfektion
von poly(IC) wurde deutlich, dass HAV dessen Translokation nicht beeinträchtigt und diese
sogar ohne weitere exogene Stimuli hervorruft.
In
Zellvitalitätstests
konnten
zum
einen
erhebliche
Vitalitätsverluste
durch
die
Transfektionsbedingungen, vor allem durch Serumentzug, festgestellt werden, zum anderen
119
zeigte sich, dass eine HAV-Infektion keine zusätzlichen Vitalitätsverluste mit sich brachte,
HAV-infizierte Zellen zeigten sich sogar etwas stresstoleranter.
In einem ersten Ansatz konnte die Aktivierung des Tumorsuppressors p53 sowohl durch
poly(IC)-Transfektion als auch nach HAV-Infektion nachgewiesen werden.
Abschließend ist erstmalig demonstriert worden, dass HAV nicht nur die durch poly(IC)Transfektion induzierte, sondern auch die durch extrazelluläre poly(IC)-Stimulation - also
über den TLR-3-vermittelte - Interferonsynthese zu supprimieren vermag.
Die Tatsache, dass das Hepatitis A-Virus im humanen System die Interferoninduktion
verhindert und die Proteinkinase R und den Transkriptionsfaktor NF-NB in ihrer Aktivität auf
die beschriebene Weise reguliert, bietet eine Möglichkeit sowohl die Persistenz in vitro als
auch den - bis zum Einsetzen der zellvermittelten Immunantwort - klinisch stummen Verlauf
in vivo zu erklären. Das Hepatitis A-Virus besitzt somit ausgefeilte Mechanismen der
unspezifischen Immunantwort zu entgehen und so seine Transmission zu sichern.
120
6. LITERATURVERZEICHNIS
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Nichts kommt von selbst.
Und nur wenig ist von Dauer Besinnt Euch auf Eure Kraft,
und darauf,
dass jede Zeit eigene Antworten will
und man auf ihrer Höhe zu sein hat,
wenn Gutes bewirkt werden soll.
Willy Brandt, 1992