Untersuchungen zur Blockade zellulärer antiviraler - E-LIB
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Untersuchungen zur Blockade zellulärer antiviraler - E-LIB
Untersuchungen zur Blockade zellulärer antiviraler Mechanismen durch das Hepatitis A-Virus unter besonderer Berücksichtigung der Proteinkinase R und des Transkriptionsfaktors NF-NB Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwissenschaften im Fachbereich Biologie / Chemie Universität Bremen vorgelegt von Iris Berk November 2003 1. Gutachter: Frau Professor Dr. A. Vallbracht 2. Gutachter: Herr Professor Dr. H. Schmitz Teile dieser Arbeit sind veröffentlicht in: Brack, K.; Berk, I.; Magulski, T.; Lederer, J.; Dotzauer, A.; Vallbracht, A. Hepatitis A virus inhibits cellular antiviral defense mechanisms induced by double-stranded RNA Journal of Virology, 76 (23), 11920-11930 (2002) Für meine Eltern Danksagung Mein besonderer Dank gilt Frau Prof. A. Vallbracht für die ausgezeichnete Betreuung meiner Arbeit und die jederzeit gewährte Unterstützung - nicht nur im experimentellen Bereich. Danken möchte ich auch für die zahlreichen Gespräche über Wissenschaft, Kultur und Lebensphilosophie, die eine große Bereicherung waren und von denen ich viel gelernt habe. Herrn Prof. H. Schmitz möchte ich für seine Bereitschaft das Zweitgutachten zu erstellen herzlich danken. Danken möchte ich auch Herrn Dr. rer. nat. habil. A. Dotzauer für seine Unterstützung gerade auch in der Endphase dieser Arbeit, seine ständige Gesprächsbereitschaft sowie die interessanten Diskussionen. Der Tönjes Vagt Stiftung danke ich für die Bereitstellung der Mittel zur Durchführung dieser Arbeit. Meinen Kolleginnen und Kollegen möchte ich für die gute Zusammenarbeit danken. Ein großer Dank gilt meiner Mitstreiterin I. Nickeleit, die mit mir während des praktischen Teils dieser Arbeit alle Höhen und Tiefen gemeinsam durchschritten hat. Herrn V. Fensterl möchte ich für seine unermüdliche Unterstützung und ständige Diskussionsbereitschaft ganz besonders herzlich danken. Den beiden guten Geistern des Hauses Frau W. Matthies und Frau R. Mester (M1 + M2), möchte ich für die nette Atmosphäre danken. Zur Aufrechterhaltung der Arbeitskraft wurden der morgendliche Frühstückskaffee sowie die „kleinen Häppchen“ zwischendurch dringend benötigt. Danken möchte ich auch meiner Freundin Dr. Anja Sierwald, die mich während dieser Zeit stets unterstützt, ertragen und wenn nötig wieder aufgebaut hat. Mein Dank gilt auch Marion Neumann und Sandra Schwarz, die in arbeitsintensiven Phasen bei der Versorgung meiner Vierbeiner stets unterstützend zur Stelle waren. Bedanken möchte ich mich auch bei meinem Bruder Erik Berk für die jederzeit geleistete mentale Unterstützung. Mein größter Dank gilt meinen Eltern, die mir meine Ausbildung ermöglicht haben und mich während des gesamten Weges unterstützt, aufgemuntert und ermutigt haben. Meinem Vater gilt ein besonderes Dankeschön dafür, dass er zu jeder Zeit die Betreuung meiner geliebten Pferde übernommen hat, die es geschafft haben, in meiner Freizeit die Gedanken an die Arbeit zu zerstreuen und mir viele schöne Momente geschenkt haben. Nicht zuletzt danke ich meinem Lebensgefährten Thomas Neumann. Es erfordert ein hohes Maß an Geduld und Toleranz, über einen längeren Zeitraum die Reduzierung der gemeinsamen Freizeit mit Verständnis und Humor zu akzeptieren. INHALTSVERZEICHNIS 1 EINLEITUNG 1 1.1. Hepatitis A-Virus 1.1.1. Klassifizierung 1 1.1.2. Epidemiologische und klinische Aspekte 2 1.2. Interferonsystem 7 1.2.1. Regulation der Interferon-E-Gentranskription 9 1.2.2. Interferon-Wirkung: Jak-Stat-Weg 13 1.2.3. Interferon-induzierte Proteine 14 1.3. Zielsetzung 18 2 MATERIAL UND METHODEN 2.1 1 19 Material 19 2.1.1 Virusstämme 19 2.1.1.1 Hepatitis A-Virus 19 2.1.1.2 Vesicular-Stomatitis-Virus 19 2.1.2 Zellinien 19 2.1.3 Plasmide 19 2.1.4 Zellkulturmedien 20 2.1.5 Antibiotika und Fungizide 21 2.1.6 synthetische Nukleinsäuren 21 2.1.6.1 RT-PCR-Primer 21 2.1.6.2 Diverse 22 2.1.7 Antikörper 22 2.1.8 Enzyme 22 2.1.9 sonstige Proteine 23 2.1.10 Standards 23 2.1.11 Kits 23 2.1.12 Chemikalien 23 I INHALTSVERZEICHNIS 2.1.13 Puffer und Lösungen 2.1.13.1 Bestimmung der Zellzahl 25 2.1.13.2 Zellvitalitätstest mit MTT 25 2.1.13.3 Mykoplasmen-Test mittels DAPI-Färbung 26 2.1.13.4 Indirekte Immunfluoreszenz 26 2.1.13.5 Plaquereduktionstest 26 2.1.13.6 RNA-Isolierung durch saure Guanidin-/Phenol-Extraktion 26 2.1.13.7 DNA-Verdau durch DNase I 27 2.1.13.8 Phenol-Chloroform-Extraktion und Ethanol-Präzipitation von Nukleinsäuren 27 Agarose-Gelelektrophorese 27 2.1.13.9 2.2 25 2.1.13.10 Calcium-Phosphat-Transfektion 28 2.1.13.11 DEAE-Dextran-Transfektion 28 2.1.13.12 Proteinextraktion 28 2.1.13.13 Proteinbestimmung nach Bradford 29 2.1.13.14 SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) und Western-Blot 29 2.1.13.15 Diverse 31 2.1.14 Verbrauchsmaterialien 31 2.1.15 Geräte und andere Hilfsmittel 32 Methoden 34 2.2.1 Kultivierung von Zellen 34 2.2.2 Kryokonservierung und Auftauen von Zellen 34 2.2.3 Bestimmung der Zellzahl 35 2.2.4 Zellvitalitätstest mit MTT 35 2.2.5 Mykoplasmen-Test 36 2.2.6 Virusinfektion 37 2.2.7 Indirekte Immunfluoreszenz 37 2.2.7.1 Nachweis von HAV-Antigen 37 2.2.7.2 Nachweis der Lokalisation des Transkriptionsfaktors NF-kB 38 II INHALTSVERZEICHNIS 2.2.8 2.2.9 Herstellung von Viruspools 39 2.2.8.1 Hepatitis A-Virus 39 2.2.8.2 Vesicular-Stomatitis-Virus 39 Bestimmung des 50 %-Endpunkttiters (TCID50/ml) 40 2.2.10 Plaquereduktionstest zum Nachweis von Interferon 40 2.2.11 Isolierung zellulärer RNA 42 2.2.12 DNA-Verdau durch DNase I 43 2.2.13 Phenol-/Chloroform-Extraktion und Ethanol-Präzipitation von Nukleinsäuren 43 2.2.14 Photometrische Konzentrationsbestimmung von RNA 44 2.2.15 PCR mit vorgeschalteter reverser Transkription 44 2.2.15.1 RT-PCR zum Nachweis von Interferon-E-mRNA 44 2.2.15.2 RT-PCR zum Nachweis von E-Actin-mRNA 45 2.2.16 Agarose-Gelelektrophorese 45 2.2.17 Priming mit Interferon 45 2.2.18 Superinduktion mit Cycloheximid und Actinomycin D 46 2.2.19 Transfektion nach der DEAE-Dextran-Methode und Stimulation mit poly(IC) 46 2.2.20 Calcium-Phosphat-Transfektion 47 2.2.21 Luciferase-Assay 47 2.2.22 Proteinextraktion 48 2.2.23 Proteinbestimmung nach Bradford 49 2.2.24 Diskontinuierliche SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE) 49 2.2.25 Western-Blot 50 2.2.25.1 Detektion der Proteinkinase R (PKR) 50 2.2.25.2 Detektion der phosphorylierten PKR (P-PKR) 51 2.2.26 Densitometrische Auswertung 52 III INHALTSVERZEICHNIS 3 ERGEBNISSE 53 3.1. Etablierung eines humanen Zellkultursystems zur Analyse der Blockade zellulärer antiviraler Mechanismen durch das Hepatitis A-Virus 53 3.1.1. 3.1.2. Induzierbarkeit des Interferon-Systems in der humanen Hepatomzellinie HepG2 53 3.1.1.1. Induktion von Interferon mit poly(IC) 54 3.1.1.2. Superinduktion 55 Induzierbarkeit des Interferon-E-Systems in der humanen Fibroblastenzellinie MRC-5 56 3.1.2.1. Induktion von Interferon-E mit poly(IC) 56 3.1.2.2. Effekt von exogenem Interferon auf die Expressionsinduktion von Interferon-E durch poly(IC) 58 Kinetik der Interferon-E-Expression nach Induktion mit poly(IC) 60 3.1.2.3. 3.2. Untersuchungen zur Expressionsinduktion des Interferon-E-Gens in MRC-5-Zellen durch das Hepatitis A-Virus 62 3.2.1. Nachweis von biologisch aktivem Interferon 63 3.2.2. Nachweis von Interferon-E-mRNA 64 3.3. Einfluss des Hepatitis A-Virus auf die poly(IC)-induzierte Expression des Interferon-E-Gens in MRC-5-Zellen 3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 65 Effekt auf die poly(IC)-induzierte Synthese von biologisch aktivem Interferon 66 Effekt auf die poly(IC)-induzierte Transkription des Interferon-E-Gens 67 Untersuchungen zur Virusspezifität 69 3.3.3.1. 3.3.3.2. Neutralisation des durch HAV induzierten Effektes durch anti-HAV IgG 69 Beeinflussung der Interferon-medierten Effekte im Plaquereduktionstest bei Anwesenheit von HAV/GBM im Inokulum 72 IV INHALTSVERZEICHNIS 3.4. Untersuchung verschiedener zellulärer Signalwegskomponenten hinsichtlich ihrer möglichen Beeinflussung durch HAV 3.4.1. 3.4.2. Einfluss von Interleukin-4 auf die durch poly(IC) induzierte Interferonexpression 73 Untersuchungen zur Lokalisierung des Transkriptionsfaktors NF-NB 75 3.4.2.1. 3.4.3. 73 Nukleäre Translokation von NF-NB nach poly(IC)-Transfektion und HAV-Infektion 76 Effekte des Hepatitis A-Virus auf die Proteinkinase R 79 3.4.3.1. Überprüfung der Induzierbarkeit der PKR auf Proteinebene durch exogenes Interferon in MRC-5-Zellen 79 3.4.3.2. Degradierung der PKR durch HAV in MRC-5-Zellen 82 3.4.3.3. Änderung im Phosphorylierungsstatus der PKR durch HAV/GBM nach poly(IC)-Transfektion 84 3.4.4. Auswirkung der Transfektion auf die Vitalität von MRC-5-Zellen 89 3.4.5. Einfluss der Transfektion auf die Aktivierung des Tumorsuppressor-Proteins p53 93 Beeinflussung der p53-vermittelten Expression des Reportergens Luciferase in MRC-5-Zellen durch HAV 95 3.4.6. 3.5. Effekt des Hepatitis A-Virus auf die durch TLR3-Stimulation induzierte Interferonexpression 96 4. DISKUSSION 99 5. ZUSAMMENFASSUNG 119 6. LITERATUR 121 V ABKÜRZUNGEN ___________________________________________________________________________ A ADAR ALT AS AST ATF-2 bp BVDV dATP C CHX CBP DAPI dCTP DEAE-Dextran DEPC dGTP DMEM DMSO DNA DNase dsRBD dsRNA dTTP DTT EDTA EGTA eIF-2Į ELISA EMCV FCS FITC FRhK-4 G h HAV HBSS HMG I IFN IgG INB IKK IL-4 IRES IRF ISGF3 IU Adenin dsRNA-spezifische Adenosin-Desaminase Alaninaminotransferase Aminosäure Aspartataminotransferase activating transcription factor 2 Basenpaar bovines Virusdiarrhoe-Virus Desoxyadenosintriphosphat Cytosin Cycloheximid CREB-binding protein 4-6-Diamidino-2-phenylindol-di-hydrochlorid Desoxycytidintriphosphat Diethylaminoethyl-Dextran Diethylpyrocarbonat Desoxyguanosintriphosphat Dulbecco´s modified Eagle´s medium Dimethylsulfoxid Desoxyribonukleinsäure Desoxyribonuklease dsRNA-Bindedomäne doppelsträngige RNA Desoxythymidintriphosphat Dithiothreitol Ethylendiamintetraessigsäure Ethylenglykol-bis-(2-aminoethylether)-N,N`-tetraessigsäure eukaryotischer Translationsinitationsfaktor enzyme-linked immunosorbent assay Encephalomyocarditisvirus fetales Kälberserum Fluoresceinisothiocyanat fetale Rhesusaffen-Nierenzellen Guanin Stunde Hepatitis A-Virus Hanks` balanced salt solution high mobility group protein Inosin Interferon Immunglobulin G inhibitorische Untereinheit von NF-NB INB-Kinase-Komplex Interleukin-4 internal ribosome entry site interferon regulatory factor interferon-stimulated gene factor 3 internationale Einheiten JNK KD kDA LCPS M MAPK MDCK min MOI MTT µ NDV NF-NB NIH NRD nt NTR NTP OAS OD p58IPK PACT PAGE PBS PCR pfu p.i. PKR poly(IC) PRD PRT P/S RNA rpm RT RT-PCR SDS TAE TBS TCID50 TEMED T TLR3 TNF-Į Tris TRITC Tween-20 U VAK VSV wt c-Jun- N-terminal kinase katalytische Domäne Kilodalton luminescence counts per second molar, Mol/l mitogen-activated protein kinase Hunde-Nierenzellen Minute multiplicity of infection 3-(4,5-dimethylthiazol-2-yl)-2,5-diphenyl-Tetrazoliumbromid mikro Newcastle-Disease-Virus Nuclear factor–kappa B National Institute of Health Negativ-regulatorische Domäne Nucleotid Nicht-translatierte Region Nucleosidtriphosphat 2`,5`Oligoadenylatsynthetase optische Dichte zellulärer PKR-Inhibitor p58 PKR activating protein Polyacrylamid-Gelelektrophorese phosphate buffered saline polymerase chain reaction plaque-forming unit post infectionem Proteinkinase R Polyinosin-Polycytidinsäure Positiv-regulatorische Domäne Plaquereduktionstest Penicillin/Streptomycin Ribonucleinsäure revolutions per minute Raumtemperatur Reverse transcription-polymerase chain reaction Sodiumdodecylsulfat Tris-Acetat-EDTA-Puffer tris buffered saline tissue culture infectious dose 50% N,N,N´,N´-Tetramethylethylendiamin Thymin toll-like receptor 3 Tumornekrosefaktor-Į Tris-hydroxymethyl-aminomethan Tetramethylrhodaminisothiocyanat Synonym für Polyethylenglykol-sorbitan-fettsäureester (Interferon-) Units virus-activated kinase Vesicular-Stomatitis-Virus Wildtyp GLOSSAR ___________________________________________________________________________ Erhaltungsmedium: DMEM mit 3 % (v/v) FCS Lysat: Zell-Lysat aus parallel zum HAV/GBM-Viruspool hochgezogenem Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen; als Negativkontrolle zum Viruspool eingesetzt poly(IC)-Stimulation: Behandlung von Zellen mit poly(IC) als extrazellulärem Stimulus poly(IC)-Transfektion: Transfektion von poly(IC) mittels DEAE-Dextran („Carrier“) Priming: Behandlung der Zellen mit Interferon-D/E für 16 h oder 12 h Wachstumsmedium: DMEM mit 10 % (v/v) FCS 1. EINLEITUNG ___________________________________________________________________________ 1.1. Hepatitis A-Virus Virushepatitiden sind die Hauptursache für chronische Lebererkrankungen, Leberzirrhose und Leberzellkarzinom. Bei Erwachsenen sind sie zudem der wichtigste Grund für eine Lebertransplantation. Während Hepatitis B-, C- und D-Viren zur persistierenden Infektion und damit zur chronischen Hepatitis führen können, so rufen Hepatitis A- und E-Viren in der Regel eine akute selbstlimitierende Erkrankung hervor (Lemon, 1997; Mast und Alter, 1993). 1.1.1. Klassifizierung Das Hepatitis A-Virus, das der Familie der Picornaviridae zugeordnet wird, weist - wie die anderen Picornaviren auch - ein ikosaedrisches Nukleokapsid ohne Hüllmembran auf, das als Genom eine einzelsträngige 7,5 kb lange RNA positiver Polarität enthält. Das Genom codiert für ein Polyprotein, welches - posttranslational - mittels seiner „Autoproteinaseaktivität“ in die viralen Struktur- und Nichtstrukturproteine gespalten wird. Es besteht aus einer nichttranslatierten Region von 735 Nukleotiden am 5`-Ende (5`-NTR), die eine „internal ribosomal entry site“ (IRES) besitzt, ein Bereich, der sich durch eine ausgeprägte Sekundärstruktur mit ausgedehnten dsRNA Bereichen auszeichnet. Der 5`-NTR schließt sich der für die Strukturproteine codierende Bereich P1 an, gefolgt von P2 und P3, die für die 7 Nichtstrukturproteine codieren. Das 3`-Ende wird wieder durch einen nicht-translatierten Bereich von 63 Nukleotiden Länge gebildet mit einem abschließenden Poly-A-Teil (Lemon, 1997; Lemon und Robertson, 1993; Stapleton, 1995). Die virale RNA ist infektiös; die Arbeitsgruppe um Emerson (1994) konnte in Primaten eine aktive Hepatitis nach direkter intrahepatischer Inokulation von HAV-RNA zeigen. Identifiziert wurde das Hepatitis A-Virus 1973 als Erreger der „Infektiösen Hepatitis“ (Feinstone et al., 1973). Die erfolgreiche in vitro Kultivierung gelang allerdings erst einige Jahre später durch Provost und Hillemann (1979). HAV lässt sich, im Gegensatz zu den anderen Hepatitis-Viren, routinemäßig in Zellkulturen vermehren, repliziert aber ausgesprochen langsam und führt in der Regel zur Persistenz (Flehmig, 1981; Gauss-Müller et al., 1981; Vallbracht et al., 1984). Zu den permissiven Zellen zählen neben Primatenzellen (Stapleton, 1995) unter anderem auch humane diploide Fibroblasten (Flehmig et al., 1981), embryonale Meerschweinchen- und Delphinzellen (Dotzauer et al., 1994). 1 Ursprünglich wurde das Hepatitis A-Virus dem Genus Enterovirus (Typ 72) zugewiesen. Aufgrund seiner - im Vergleich zu anderen Enteroviren - stark differierenden Eigenschaften wurde später eigens für das Hepatitis A-Virus die Gattung Hepatovirus geschaffen (Minor, 1991), dessen einziger Vertreter es bis heute ist. HAV weist eine ausgesprochene Stabilität gegenüber physikalischen und chemischen Einflüssen auf (Stapleton, 1995; Totsuka und Moritsugu, 1999), ist unter anderem extrem temperaturresistent und säurestabil (Siegl et al., 1984). Es übersteht eine Temperatur von 60 °C über 1 h und bleibt auch bei einem pH von 1 mehrere Stunden stabil (Hollinger und Ticehurst, 1996), weshalb es auch die Magen-Darm-Passage ohne Einbußen der Infektiösität überwindet. Zudem repliziert das Hepatitis A-Virus wie schon erwähnt ausgesprochen langsam und greift dabei nicht sichtbar in den Wirtszellmetabolismus ein, sondern es bildet sich nach der Infektion von Zellkulturen in der Regel ein Gleichgewicht zwischen Zellproliferation und Virusreplikation aus (Flehmig, 1981; Gauss-Müller et al., 1981). Dies steht ebenfalls im Gegensatz zu Infektionen mit anderen Picornaviren, die im Allgemeinen zur Lyse der Wirtszelle führen. Allerdings sind auch für HAV cytopathogene Varianten beschrieben worden (Brack et al., 1998; Cromeans et al. 1987; Venuti et al., 1985). Diese stellen allerdings eine Ausnahme dar. Zu guter Letzt ist das Hepatitis A-Virus das einzige Picornavirus, das in vivo einen Tropismus für Leberzellen aufweist. 1.1.2. Epidemiologische und klinische Aspekte Die Übertragung des Hepatitis A-Virus erfolgt fast ausschließlich fäkal-oral über den Kontakt mit infizierten Personen, fäkal kontaminiertem Trinkwasser oder Lebensmitteln (Cuthbert, 2001; Mast und Alter, 1993; Stapleton, 1995). Eine parenterale Übertragung während der virämischen Phase ist beobachtet worden, allerdings höchst selten. So ist eine HAVTransmission durch die gemeinsame Verwendung von Spritzen während der Prodromalphase der Krankheit möglich, und es sind Hepatitis A-Fälle beschrieben worden, nachdem hämophile Patienten kontaminierte Faktor-XIII-Präparate erhalten hatten. Letzere waren einem unzureichenden Inaktivierungsprozess unterzogen worden (Lemon, 1997; Mannucci et al., 1994). Verbreitet ist das Hepatitis A-Virus weltweit und tritt, entsprechend seiner Übertragungsweise, vor allem dort auf, wo ein niedriger Hygienestandard dominierend ist. So haben in vielen Entwicklungsländern nahezu alle Kinder unter 9 Jahren eine Hepatitis AInfektion durchgemacht (Mast und Alter, 1993). 2 Aufgrund des hohen Hygienestatus in den westlichen Ländern verschiebt sich in diesen der Erstkontakt mit dem Hepatitis A-Virus in höhere Altersklassen, wo ein inapparenter Verlauf wesentlich seltener zu beobachten ist. In erster Linie wird die Infektion hier bei Reisen in Länder mit niedrigem Hygienestandard erworben (Mast und Alter, 1993; Steffen, 1992). Mit zunehmendem Alter nehmen die ikterischen Verläufe zu, so ist ein solcher bei Kindern unter 6 Jahren zu weniger als 10 % zu beobachten, bei älteren Kindern tritt ein ikterischer Verlauf bereits mit einer Wahrscheinlichkeit von 40-50 % auf, bei Erwachsenen verlaufen dann nur noch ungefähr ein Viertel der Hepatitis A-Infektionen klinisch stumm (Mast und Alter, 1993). Die schwerste akute Verlaufsform stellt die fulminante Hepatitis dar, die mit einer Häufigkeit von weniger als 1 % unter den ikterischen Verläufen vorkommt (Tibbs und Williams, 1995). Auch hier erfolgt eine Zunahme der Häufigkeit mit dem Alter (Cuthbert, 2001; Lemon, 1997). Auch protahierte, relapsierende und cholestatische Fälle sind beschrieben worden (Cuthbert, 2001; Glikson et al., 1992; Gordon et al., 1984; Sjogren et al., 1987; Tanno et al., 1988; Vallbracht et al., 1985). Bei der intrahepatischen Cholestase, gekennzeichnet durch das Sistieren des Gallenflusses, weisen die Patienten beträchtlich erhöhte Bilirubinwerte (>10 mg/dL) über 2-5 Monate auf. Die Betroffenen leiden unter starkem Juckreiz, Fieber, Durchfall, Gewichtsverlust und intestinalen Resorptionsstörungen (Cuthbert, 2001; Gordon et al., 1984; Maier, 2000). Die Arbeitsgruppe um Meier (1982) beobachtete bei 3 von 25 Patienten mit akuter Hepatitis A einen protahierten Verlauf mit erhöhten Transaminasen-Werten über 4-5 Monate, bei drei weiteren Patienten persistierten diese pathologisch erhöhten Werte über einen Zeitraum von 8-15 Monaten, von den Autoren nicht als protahiert sondern „passager-chronische“ Verlaufsform beschrieben. Vallbracht et al. (1985) konnten bei 12,3 % der in eine (Fall-) Studie einbezogenen Patienten mit klinischer Manifestation der Hepatitis A-Infektion einen protahierten Verlauf beobachten. Die Patienten zeigten im Vergleich zu Patienten mit einem „unkomplizierten“ Hepatitis AVerlauf erhöhte Transaminase- und Bilirubinwerte für mindestens 4 Monate nach Auftreten des Ikterus. Bei den relapsierenden Fällen, die mit einer Häufigkeit von 3,8-20 % aller Fälle beschrieben worden sind (Glikson et al., 1992), kommt es zum ikterischen Rezidiv innerhalb von 30 bis 90 Tagen, mit im Wesentlichen den gleichen Symptomen wie in der initialen Phase der Erkrankung, allerdings mit erhöhter Tendenz zur Cholestase (Cuthbert, 2001; Sjogren et al., 1987). Diese Verläufe sind zu beobachten obwohl diese Patienten hohe Titer neutralisierender Antikörper aufwiesen. 3 Dennoch chronifiziert eine Hepatitis A-Infektion nicht und hinterlässt eine lebenslange Immunität (Glikson et al., 1992; Lesnicar, 1988; Maier, 2000). In der klinischen Manifestation unterscheidet sich die akute Hepatitis A nicht von den durch andere hepatotrope Viren hervorgerufene Erkrankungen. Eine Hepatitis A beginnt in der Regel abrupt. Frühsymtome sind Unpässlichkeit, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Erschöpfung und Schmerzen im rechten Oberbauch (Lemon, 1997; Maier, 2000). Diesem Prodromalstadium kann sich bei der Hepatitis A ein ikterischer Verlauf anschließen, muss aber nicht (Abb. 1). anti-HAV-IgM anti-HAV-IgG HAV im Stuhl anti-HAV-IgA Virämie 1 Infektion 2 3 4 6 12 Monate Anorexie, Fieber, Unpässlichkeit, Nausea erhöhte Transaminasen Ikterus Abb. 1: Serologische und klinische Marker im Verlauf einer Hepatitis A-Infektion (nach Stapleton, 1995) Alle ikterischen Verläufe sind gekennzeichnet durch einen deutlichen Anstieg der Serumtransaminasen, ein Zeichen für eine erhöhte Membranpermeabilität bzw. Leberzellnekrose. Gewöhnlich ist die Alaninaminotransferase-Aktivität (ALT, früher GPT) im Vergleich zur Aspartataminotransferase (AST, früher GOT) bei akuter Hepatitis A höher. Die Bilirubinkonzentration im Serum steigt meist erst einige Tage nach dem TransaminasenAnstieg an. (Fields, 1996; Lemon, 1997). Die Diagnose einer akuten Hepatitis A erfolgt neben der Bestimmung der Transaminasenwerte (v.a. ALT) durch die Detektion von Anti-HAV-IgM im Serum. Diese virusspezifischen 4 Antikörper steigen nach Erkrankungsbeginn rasch an, erhalten ihren höchsten Wert innerhalb des ersten Monats der Erkrankung, um dann kurze Zeit zu persistieren. Innerhalb von 12, gewöhnlich bereits nach 6 Monaten, sind sie dann nicht mehr detektierbar (Lemon, 1997; Maier, 2000; Stapleton, 1995). Anders die IgG-Antikörper, diese - meist ebenfalls schon zu Erkrankungsbeginn vorhanden - erhalten ihren höchsten Wert in der Rekonvaleszenzphase und persistieren in der Regel lebenslang (Abb. 1). Sie sind es auch, die dem Organismus die Immunität gegenüber einer Reinfektion verleihen. So sind sie auch nach erfolgter Impfung gegen Hepatitis A zu detektieren (Jilg 1993; Lemon, 1997). Wie bereits erwähnt erfolgt die Infektion mit HAV - von wenigen Ausnahmen abgesehen durch eine orale Aufnahme. Im Gegensatz nun beispielsweise zum Poliovirus, einem anderen Vertreter der Picornaviridae, das sich bereits im Intestinaltrakt außergewöhnlich stark vermehrt, seine Transmission also direkt sichert und die zweite mögliche Reproduktionsstätte im ZNS, die Polio nach hämatogener Streuung erreicht, zur Erhaltung seiner Art nicht mehr essentiell ist, so wird für HAV eine Vermehrung im Intestinaltrakt zwar diskutiert (Fields, 1996; Stapleton, 1995), Targetorgan und einziger gesicherter Replikationsort ist aber die Leber, die von HAV erst einmal erreicht werden muss, um seinen Weiterbestand sichern zu können. Wie das Virus vom Darm aus zur Leber gelangt ist gegenwärtig noch unklar. Gesichert ist, dass HAV in den Hepatozyten repliziert, die neusynthetisierten Virionen von diesen über die Gallenwege in das Darmlumen abgegeben und schließlich mit den Faeces ausgeschieden werden (Lemon, 1997; Stapleton, 1995; Vallbracht et al., 1993). Ein charakteristisches Merkmal der Hepatitis A-Virus-Infektion, deren durchschnittliche Inkubationszeit 28 Tage beträgt, ist, dass bei Erkrankungsbeginn die Hauptphase der Virusausscheidung bereits überwunden ist (Mast und Alter, 1993; Stapleton, 1995). Dies lässt sich auf die in Aktion getretene zellvermittelte Immunantwort zurückführen. Zum einen sind virusspezifische Antikörper der Klassen IgM - meist auch schon IgG - und IgA zu Beginn der klinischen Symptomatik präsent (Abb. 1), zum anderen konnte die Arbeitsgruppe um Vallbracht zeigen, dass das Virus im Rahmen einer immunpathologischen Reaktion durch CD8-positive cytotoxische T-Lymphozythen eliminiert wird (Vallbracht et al., 1989), was die Selbstlimitierung der Erkrankung erklärt. So ist es erstaunlich, dass dennoch zahlreiche protahierte und relapsierende Fälle beschrieben worden sind (Cuthbert, 2001; Gordon et al., 1984; Sjogren et al., 1987; Vallbracht et al., 1985). 5 Dotzauer et al. (2000) konnten eine Komplexierung von HAV mit virusspezifischem IgA zeigen. Diese Komplexe können über Transcytose-Mechanismen den Blutstrom erreichen und schließlich endozytotisch über IgA-Rezeptoren der Hepatozyten aufgenommen werden. Die Aufnahme dieser Komplexe konnte sowohl in der murinen hepatozytären Zellinie NCTC als auch in der humanen Hepatomzellinie HepG2 und primären Hepatozyten humanen Ursprungs gezeigt werden. Somit ist es denkbar, dass HAV trotz funktionsfähiger adaptiver Immunabwehr seine Anwesenheit im Organismus maskiert, indem es IgA als Trägermolekül verwendet, im Komplex mit diesem den enterohepatischen Kreislauf wiederholt durchläuft und weiter replizieren kann, bis es dann schließlich endgültig eliminiert wird. Bis vor kurzem ist man davon ausgegangen, dass die virämische Phase - der Zeitpunkt, zu dem auch eine parenterale Übertragung stattfinden kann - nur in einem sehr kurzen Zeitrahmen zum Ende der Inkubationszeit und zu Beginn der klinischen Symptomatik (=Prodromalphase) zu beobachten ist (Abb. 1). Im Zuge der Weiterentwicklung molekularbiologischer Methoden geht man mittlerweile davon aus, dass die Virämie über einen deutlich längeren Zeitraum existiert, wobei Aussagen über die Viruslast während der virämischen Phase noch selten sind. Normann et al. (accepted) konnten nun mittels real time RT/PCR bei einem Patienten mit protahiertem Verlauf noch am 490. Tag nach Krankheitsausbruch HAV-RNA- 4 Genomäquivalente in einer Menge von 4x10 /ml im Serum detektieren, und dies trotz Anwesenheit von IgM und IgG im Serum. Insgesamt war es bei allen in diese Studie einbezogenen Patienten - auch denen mit unkompliziertem Verlauf – möglich, HAV-GenomÄquivalente in einer Größenordnung von 103/ml zwischen dem 75. und 120. Tag nach Beginn des Ikterus nachzuweisen. Auch dies deutet darauf hin, dass das Hepatitis A-Virus länger als bisher angenommen im Organismus verbleibt, die Patienten demnach auch über einen längeren Zeitraum Virusträgerstatus aufweisen und somit potentiell infektiös sind. Dieser anscheinend lange Verbleib im Organismus ist um so bemerkenswerter, da HAV aufgrund seiner retardierten Replikationsgeschwindigkeit ein leichtes Ziel für die schnellgreifende unspezifische Immunantwort darstellen müsste; so beispielsweise der Interferone und der von diesen vermittelte Aufbau des antiviralen Status. 6 In vitro Experimente von Vallbracht et al. (1985) zeigten allerdings, dass eine Hepatitis AInfektion nicht zur Interferon-Induktion führt, die Infektion allerdings durch exogene Zufuhr von Typ-I-Interferonen ausschaltbar ist (Vallbracht und Flehmig, 1985). Auch ein weiteres schnell greifendes zelluläres Abwehrprinzip - die Einleitung der Apoptose erfolgt in HAV-infizierten Zellen in der Regel nicht (Brack, 1999). Tatsächlich führt eine HAV-Infektion in vitro, wo die zelluläre Immunantwort zur Viruseliminierung nicht zur Verfügung steht, zur Persistenz. Es entwickelt sich eine friedliche Koexistenz zwischen Wirtszelle und replizierendem Virus (Flehmig, 1981; Gauss-Müller et al.,1981; Vallbracht et al., 1984). Diese in vitro Befunde decken sich mit der ersten Phase einer Hepatitis A-Infektion in vivo, die klinisch stumm verläuft. Die Fähigkeit von HAV, die Apoptose- und Interferon-Induktion auszuschalten, könnte auf zellulärer Ebene die Ursache für die Persistenz, die langandauernde Replikation und damit verbundene Möglichkeit der Transmission sein. 1.2. Interferonsystem Zellen können als direkte Antwort auf eine Virusinfektion sowohl mit der Einleitung der Apoptose, in deren Folge es zum zellulären Suizid kommt, als auch mit der Sekretion von Interferonen reagieren, die durch Bindung an Rezeptoren benachbarter Zellen in diesen einen antiviralen Status induzieren und somit die Infektion limitieren. Als antivirale Agentien entdeckt wurden die Interferone von Isaacs und Lindenmann im Jahr 1957, als diese Studien zur Virusinterferenz durchführten (Isaacs und Lindenmann, 1957). Sie stellten im Rahmen ihrer Untersuchungen fest, dass mit Influenza infizierte Hühnerzellen einen Sekretionsfaktor produzierten, der nach Transfer auf andere Zellen zur Ausbildung eines antiviralen Status in diesen führte. Anfangs noch in weiten Kreisen der Virologen in ihrer Existenz angezweifelt und als „experimentelles Artefakt“ bezeichnet, wurden die Interferone bereits kurze Zeit später das Ziel intensiver Forschung und haben auch heute noch nichts von dem ihnen seit dieser Zeit entgegengebrachten Interesse eingebüßt. So weiß man mittlerweile, dass die Interferone neben den antiviralen Eigenschaften auch ausgeprägte immunregulatorische Eigenschaften besitzen und antiproliferative sowie antitumorale Wirkungen aufweisen (Gresser, 1990; Kirchner et al., 1994; Samuel 2001; Sen, 2001; Stark et al., 1998). 7 Aufgrund der antigenetischen Struktur und funktioneller Eigenschaften unterscheidet man die Typ-I- von den Typ-II-Interferonen. Zu den Typ-I-Interferonen zählen vor allem die verschiedenen IFN-D-Subtypen und IFN-E, früher nach den produzierenden Zellen auch als Leukozyten- bzw. Fibroblasten-Interferon bezeichnet, während Interferon-J, nach der alten Nomenklatur als Immun-Interferon benannt, seit Einführung der neuen Bezeichnungen 1978 als Typ-II- Interferon klassifiziert wird. Letzteres wird vor allem nach Antigen-Stimulation im Zuge der T-Zell-Aktivierung gebildet (Diaz, 1995; Goodboorn et al., 2000; Sen und Lengyel, 1992; Kirchner et al., 1994; Vilcek und Sen, 1996). Hier wird ein prinzipieller Unterschied zwischen der Induktion von Typ-I- und Typ-IIInterferonen sichtbar: Während die Typ-I-Interferone im Zuge der unspezifischen Immunantwort direkt nach einer viralen Infektion von den infizierten Zellen produziert und sezerniert werden, wird IFN-J erst zu einem späteren Zeitpunkt der Infektion nach Erkennung der infizierten Zellen durch cytotoxische T-Lymphozyten gebildet (Boehm et al., 1997; Goodboorn et al., 2000; Samuel, 2001). Die Gene der Typ-I-Interferone sind beim Menschen auf Chromosom 9 lokalisiert. Die Sequenzhomologie zwischen den IFN-D-Subtypen und IFN-E beträgt 50 %. Beide sind ausgesprochen säurestabil. Eine weitere Gemeinsamkeit besteht darin, dass ihre Gene keine Introns besitzen, was ungewöhnlich ist, da die meisten eukaryontischen Gene Introns aufweisen. Das säurelabile IFN-J weist keine Sequenzhomologien zu den Typ-I-Interferonen auf. Das Gen ist beim Menschen auf Chromosom 12 lokalisiert und besitzt im Gegensatz zu den Typ-IInterferonen drei Introns. Hauptproduzenten von IFN-J sind Natürliche Killerzellen und TLymphozyten, hingegen die Typ-I-Interferone als Reaktion auf eine Virusinfektion von nahezu allen Zellen gebildet werden können (Kirchner et al., 1994; Levy, 1995; Sen und Lengyel, 1992; Taniguchi und Takaoka, 2001; Vilcek und Sen, 1996). Wie die meisten Cytokine sind auch die Interferone induzierbare Proteine. Biologische Induzenten der Interferonproduktion sind hauptsächlich Viren, aber auch Bakterien, Protozoen und Mykoplasmen (Sen und Lengyel, 1992). Als synthetischer Induzent kommt unter anderem das häufig für experimentelle Studien eingesetzte dsRNA-Analogon poly(IC) in Frage. Die produzierte Interferonmenge sowie der gebildete Interferontyp sind sowohl vom Induzenten als auch dem infizierten Zelltyp abhängig (Sen und Lengyel, 1992). Dabei 8 unterliegt die Produktion der Interferone einer strikten Regulation und ist in der Regel auf einen kurzen Zeitraum begrenzt. Innerhalb einer Stunde nach Induktion wird InterferonmRNA gebildet, nach 5-10 Stunden werden Repressoren gebildet, welche die Expression des Interferon-Gens wieder herunterregulieren (Vilcek und Sen; 1996; Webster, 1994). Zudem besitzt die Interferon-mRNA aufgrund destabilisierender Sequenzen in der 3`-NTR nur eine kurze Halbwertszeit (Sen und Lengyel, 1992; Vilcek und Sen; 1996). Eine Möglichkeit die Interferonproduktion zu steigern besteht in einer als „Priming“ bezeichneten Vorbehandlung der Zellen mit Interferon (Havell und Vilcek, 1972; Steward, 1972) und anschließender Induktion mit beispielsweise poly(IC). Aber auch die als Superinduktion bezeichnete kombinierte Behandlung von Zellen mit dem Translationsinhibitor Cycloheximid und Actinomycin D, einem Transkriptionshemmer mit irreversiblem Effekt, führt zu einem signifikanten Anstieg der Interferonsynthese (Havell und Vilcek, 1972; Sen und Lengyel, 1992). 1.2.1. Regulation der Interferon-E-Gentranskription Wie schon erwähnt wird die Expression der Typ I-Interferone vor allem durch dsRNA induziert. Der auslösende Faktor ist bei Viren mit einem dsRNA-Genom das Genom selber, bei Viren mit einem einzelsträngigen RNA-Genom tritt dsRNA als Intermediat der Virusreplikation auf, und auch bei DNA-Viren findet man dsRNA als Folge einer sich anhäufenden überlappenden konvergenten Transkription (Jacobs und Langland, 1996). Eine weitere Möglichkeit der Interferon-E-Induktion besteht in der Stimulation des toll-like receptor 3 durch extrazelluläre dsRNA (Alexopoulou et al., 2001; Yamamoto et al., 2002). Die Regulation der Interferon-E-Synthese erfolgt vor allem auf Transkriptionsebene über das IFN-E-Enhanceosom (Abb. 2). Nach einer Virusinfektion wird die maximale Expressionsrate des Interferon-E-Gens nach ungefähr 6-12 h erreicht und endet etwa 24 h p.i. (Maniatis et al., 1998). Kontrolliert wird die Induktion des Interferon-E-Gens, das einen TATA-Box-Promotor besitzt, durch eine etwa 60 bp lange Enhancerregion, die sich aus vier zum Teil überlappenden positiv-regulatorischen Domänen PRD I-IV zusammensetzt (Maniatis et al., 1998). In der nicht induzierten Zelle ist der Enhancer einschließlich der negativ regulatorischen Domäne I (NRD I) durch konstitutiv vorhandene Repressorproteine besetzt, die die 9 Transkription verhindern (Munshi et al., 1999; Hiscott et al., 1995). Nach Induktion durch dsRNA werden verschiedene Signalwege angeschaltet, in deren Folge es zur Aktivierung und sequenzspezifischen Bindung bestimmter Transkriptionsfaktoren an die positiv- regulatorischen Domänen (PRD I-IV) kommt. Gleichzeitig werden die Repressoren verdrängt (Garoufalis et al., 1994; Munshi et al., 1999; Hiscott et al.; 1995). Basaler Transkriptionskomplex ATF-2 c-Jun CBP/p300 IRF IRF TATA HMG-I(Y) HMG-I(Y) PRD IV IFN-E NF - NB PRD III-I PRD II NRD I Abb. 2: Struktur des humanen Interferon-E-Enhanceosoms. (nach Maniatis et al., 1998 und Munshi et al., 1999) So bindet ein Heterodimer, bestehend aus ATF-2 und c-Jun, an die PRD IV, ein Dimer aus interferon regulatory factors (IRF`s) an die PRD III-I. Dabei sind Homo- bzw. Heterodimere aus IRF-3 und dem interferoninduzierten IRF-7 möglich. Der dimere Transkriptionsfaktor NF-NB bindet an die positiv-regulatorische Domäne II (Garoufalis et al., 1994; Maniatis et al., 1998; Munshi et al., 1999; Sato et al., 2001). Neben der Bindung der eben erwähnten Transkriptionsfaktoren wird auch das high mobility group-Protein HMG I(Y) benötigt, dem eine „architektonische Rolle“ zukommt, indem es eine Biegung der DNA bewirkt. Diese Konformationsänderung der DNA begünstigt die Bildung des Enhanceosoms durch zahlreiche interaktive Protein-Protein-Wechselwirkungen und führt zu dessen Stabilisierung (Yie et al., 1999). So wird beispielsweise durch HMG I(Y) die Affinität von NF-NB an die PRD II um den Faktor 10 gesteigert (Hiscott et al., 1995; Thanos und Maniatis, 1992). Der Coaktivator CBP/p300 rekrutiert als integraler Bestandteil des Enhanceosoms den basalen Transkriptionskomplex (RNA-Polymerase II), so dass es in der Folge zur Transkription des IFN-E-Gens kommt (Merika et al., 1998; Yie et al., 1999). 10 Festzuhalten ist, dass für die Initation der IFN-E-Expression keine de-novo-Proteinsynthese erforderlich ist, sondern dass die beteiligten Transkriptionsfaktoren posttranslational modifiziert werden. So werden die an die PRD IV bindenden Transkriptionsfaktoren ATF-2 und c-Jun im Zellkern durch die MAP-Kinasen p38 und JNK (c-Jun-N-terminale Kinase) phosphoryliert, was die Dimerisierung und Aktivierung derselben zur Folge hat (May et al., 1998; Schaeffer und Weber, 1999). Die an die PRD III-I bindenden interferon regulatory factors IRF-3 und IRF-7 werden von einer noch nicht genauer charakterisierten sogenannten Virus-aktivierten Kinase (VAK) im Cytoplasma phosphoryliert, dimerisieren ebenfalls und translozieren in den Zellkern (Iwamura et al., 2001; Lin et al., 1999; Servant et al., 2001). Hierbei ist zu erwähnen, dass in der Regel nur das IRF-3 konstitutiv exprimiert wird und somit auch nur dieses in der Initialphase der IFN-Synthese (frühe Phase) durch Bildung von Homodimeren die IFN-E-Transkription induzieren kann. IRF-7 hingegen ist ein interferoninduziertes Protein, das zwar häufig auch in nicht stimulierten Zellen in geringen Mengen vorliegt, da viele Zellen konstitutiv in basalen Mengen IFN-D/E exprimieren, dessen „starke“ Expression aber letztendlich erst durch das nach viraler Induktion initial gebildete IFN-E über den JakStat-Weg induziert wird. Erst dann wird die maximale IFN-E (und -D)-Synthese (späte Phase) erreicht, da IRF-7 zudem an die Enhancer der von IRF-3 allein nicht induzierbaren IFN-DSubtypen binden und so auch die IFN-D-Induktion gleichzeitig induzieren kann (Hata et al., 2001; Marie et al., 1998; Sato et al., 1998; Taniguchi et al., 2001). IRF-7 verstärkt somit in letzter Konsequenz die IFN-E-Expression im Sinne eines positiven Feedbacks (Marié et al., 1998; Sato et al., 1998). Der Transkriptionsfaktor NF-NB ist nicht nur ein essentieller Bestandteil des IFN-EEnhanceosoms (Goodboorn, 2000; Maniatis et al., 1998; Munshi et al., 1999), sondern wird neben Virusinfektionen auch durch eine Vielzahl anderer Stimuli, beispielsweise Cytokinen wie TNF-D oder Stressfaktoren, aktiviert und induziert in der Folge die Expression einer Vielzahl von Genen, die in der inflammatorischen Immunantwort involviert sind (Baeuerle und Baichwal, 1997; Mercurio und Manning, 1999). NF-NB bietet sich daher auch als Target für die Suche nach antiinflammatorischen Substanzen an. So beruhen einige entzündungshemmende Eigenschaften der Glucocorticoide auf ihrer Fähigkeit die NF-NBabhängige Genexpression zu reprimieren (Scheinmann et al., 1995). Die Namensgebung des 1986 von Sen und Baltimore in Kernextrakten von B-Zellen entdeckten Transkriptionsfaktors beruht übrigens auf einem Missverständnis. Wie sich später herausstellte, spielt der nuclear factor-Nappa B entgegen der ursprünglichen Annahme zum 11 einen bei der induzierten Transkription der leichten Kette des N-Typs von Immunglobulinen gar keine entscheidende Rolle, zum anderen ist der Transkriptionsfaktor in der nicht stimulierten Zelle mit Ausnahme von reifen B-Zellen, Makrophagen und einigen Neuronen im Cytoplasma lokalisiert und nicht wie damals angenommen im Zellkern, obgleich er seine biologische Funktion nur dort erfüllen kann (Baeuerle und Baltimore, 1996; Schmitz et al., 1998; Sen und Baltimore, 1986). Im Cytosol unstimulierter Zellen tritt NF-NB als Homo- oder Heterodimer aus strukturähnlichen Proteinen auf, die zur NF-NB-Familie zusammengefasst werden. Als Prototyp gilt ein Heterodimer, bestehend aus einer p50-(NF-NB1) und p65-(RelA) Untereinheit, wobei p65 aufgrund seiner hohen transaktivierenden Potenz eine herausragende Rolle zukommt (Baeuerle und Baichwal, 1997; Mercurio und Manning, 1999). Verantwortlich für die cytoplasmatische Lokalisierung ist die nicht-kovalente Assoziation mit Proteinen der INB-Familie, die die Sequenz des nukleären Lokalisationssignals (NLS) von NF-NB maskieren und so die Translokation desselben in den Zellkern verhindern (Abb. 4) (Beg et al., 1992; Cartwright und Helin, 2000). Nach zellulärer Stimulierung kommt es zunächst zur Phosphorylierung des assoziierten Inhibitors INB-D an den Serinresten 32 oder 36 (Baeuerle und Baltimore, 1996; Traenkner et al., 1995). Verantwortlich hierfür ist vor allem der INB-Kinase (IKK)-Komplex (DiDonato et al., 1997), ein zellulärer Proteinkomplex, der aus den Kinase-Untereinheiten IKK-1 (-D) und IKK-2 (-E) (Mercurio et al., 1997), dem NF-NB essential modulator (NEMO, IKK-J) (Rothwarf et al., 1998) und weiteren assoziierten Proteinen besteht und der ebenfalls aktiviert werden muss, um seine katalytische Funktion erfüllen zu können. Bezüglich der dafür verantwortlichen Kinase gibt es widersprüchliche Aussagen. Lebhaft diskutiert wird hier die durch dsRNA aktivierbare Proteinkinase R (Gil et al., 2000; Ishii et al., 2001; ZamanianDaryoush, et al., 2000). Der Phosphorylierung der mit NF-NB assoziierten inhibitorischen Untereinheit INB schließt sich die Ubiquitinylierung des Inhibitors an, der dadurch für den proteolytischen Abbau durch das 26S-Proteasom markiert wird (Alkalay et al., 1995). Erst daraufhin erfolgt die Translokation des nun frei vorliegenden dimeren NF-NB in den Zellkern, wo die beiden Untereinheiten des Transkriptionsfaktors an ihre dekamere Erkennungssequenz, z.B an die positiv-regulatorische Domäne II des IFN-E-Enhancers binden und so ihre Zielgene aktivieren können. 12 1.2.2. Interferon-Wirkung: Jak-Stat-Weg Die Wirkung der Interferone beruht darauf, dass das sezernierte Interferon durch Bindung an Rezeptoren umliegender Zellen eine hierarchisch aufgebaute Signalkaskade in Gang setzt, die zur Expression der interferoninduzierten Gene führt. Diese als Jak-Stat-Weg bezeichnete Signalkaskade führt zu einer sehr direkten, nur wenige Kopplungselemente umfassenden, flexiblen Signalübertragung mit hoher Spezifität (Darnell et al., 1994; Schindler, 1999). Interferon-J vermittelt seine Wirkungen dabei über einen anderen Rezeptor als die Typ-IInterferone, die an einen gemeinsamen Rezeptor binden (Sen und Lengyel, 1992). Der Typ I-Interferon-Rezeptor besteht aus zwei großen Untereinheiten, IFNAR1 und IFNAR2. Weitere essentielle Komponenten der durch IFN-D/E vermittelten Signalkaskade sind die signal transducers and activators of transcription (Stats), Transkriptionsfaktoren, die latent im Cytoplasma vorliegen und von denen mittlerweile sieben bekannt sind, sowie der interferonreguliernde Faktor 9 (IRF-9, p48) und die Janus-Kinasen (Jak) (Darnell, 1997; Mogensen et al., 1999; Samuel, 2001; Stark et al., 1998). Von diesen Tyrosin-Kinasen sind vier bekannt (Jak1, Jak2, Jak3, Tyk2). Sie weisen eine Spezifität bezüglich der zugeordneten Rezeptoren auf. So sind in der Typ-I-Interferon induzierten Signalübertragung die Janus-Kinasen Jak1 und Tyk2 involviert, wobei Jak1 mit der Typ-I-Rezeptor-Untereinheit IFNAR2- und Tyk2 mit der IFNAR1-Untereinheit assoziiert ist (Novick et al., 1994; Samuel, 2001; Schindler, 1999). Nach Bindung von Interferon-D/E an den Rezeptor kommt es zur konformatorischen Umlagerung desselben und zur Aktivierung der Janus-Kinasen, die sich gegenseitig - vermutlich nach einem trans-Mechanismus phosphorylieren (Novick et al., 1994). Die Janus-Kinase Tyk2 katalysiert in der Folge die Tyrosin-Phosphorylierung der cytoplasmatischen Domäne von IFNAR1 und anschließend die Phosphorylierung von Stat2. Dadurch wird die Rekrutierung von Stat1 über die SH-2 Domänen möglich, wobei Stat1 nahe dem C-Terminus phosphoryliert wird (Darnell, 1997; Goodboorn, et al., 2000). Die durch die Phosphorylierung aktivierten Stat-Proteine bilden Heterodimere aus und assoziieren im Folgenden mit einem zur IRF-Familie zählenden Faktor, dem IRF-9 (p48, ISGF3J), zu einem als ISGF3 (interferonstimulierter Genfaktor 3) bezeichneten Komplex, der innerhalb von Minuten nach Bindung der Typ I-Interferone an den Rezeptor gebildet wird. Dieser heterotrimere Komplex bindet an ein cis-aktives DNA-Element, das sog. ISRE (interferon stimulated response element) und kann so die Transkription der interferonstimulierten Gene einleiten (Darnell et al., 1994; Levy, 1995; Schindler, 1999; Sen, 2001). 13 1.2.3. Interferon-induzierte Proteine Zu den interferoninduzierten Genen, von denen mittlerweile über 300 bekannt sind (Der et al., 1998), zählen u.a. die Proteinkinase R (PKR) und die Oligoadenylatsynthetase (OAS), die dsRNA abhängige Adenosin Desaminase (ADAR) und die Mx-Proteine sowie das bereits erwähnte IRF-7. Einige dieser Gene werden von allen Interferontypen induziert, einige bevorzugt oder ausschließlich von IFN-D/E oder IFN-J (Der et al., 1998; Sen und Lengyel, 1992; Sen, 2001). Die mit der Transkription verschiedener Viren interferierenden MxProteine werden beispielsweise ausschließlich durch Typ I-Interferone induziert. Eines der am Besten charakterisierten und vor dem Hintergrund dieser Arbeit interessantesten interferoninduzierten Proteine stellt die PKR (Protein Kinase RNA activated) dar. Diese in den meisten Zellen konstitutiv in basalen Mengen vorliegende Serin-Threonin-Kinase (Clemens und Elia, 1997; Proud, 1995; Williams, 1995) wird durch Interferon induziert, benötigt aber zur Aktivierung einen entsprechenden Induktor wie er z.B. von dsRNA (West und Baglioni, 1979), Heparin und anderen Polyanionen (Hovanessian und Galabru, 1987) dargestellt wird. Als ein weiterer dsRNA unabhängiger Aktivator wurde vor kurzem PACT (PKR activating protein) identifiziert (Patel und Sen, 1998a), welcher die PKR über ProteinProtein-Interaktionen in bestimmten Stresssituationen zu aktivieren vermag (Patel et al., 2000). Sehr gut untersucht ist die Aktivierung der PKR über dsRNA. So wurde bei in vitro Experimenten mit fraktioniertem Zelllysat gezeigt, dass niedrige Mengen an dsRNA zur Aktivierung der Kinase, hohe Konzentrationen dagegen zur Inaktivierung derselben führen (West und Baglioni, 1979). Ein möglicher Erklärungsansatz hierfür ist der, dass zwei PKRMoleküle an ein Molekül dsRNA binden müssen, um aktiviert zu werden, was jedoch bei höheren Konzentrationen an dsRNA unwahrscheinlicher wird (Williams, 1995). Weiterhin ist bekannt, dass die Bindung der dsRNA nicht sequenzspezifisch ist, sondern vielmehr die Kettenlänge der dsRNA, die mindestens 11 Basenpaare betragen muss, für die Bindung entscheidend ist (Williams, 1995). Die Arbeitsgruppe um Manche (1992) zeigte, dass die Länge des dsRNA-Moleküls zudem die Fähigkeit die PKR zu aktivieren beeinflusst. dsRNA mit einer Länge von weniger als 30 bp kann nicht stabil an die PKR binden und ist nicht in der Lage diese zu aktivieren. Moleküle mit einer Kettenlänge größer als 30 bp binden und aktivieren die Kinase, wobei die Effizienz mit steigender Kettenlänge zunimmt und bei 85 bp ein Maximum erreicht (Manche et al., 1992). 14 Eine ganz aktuelle Veröffentlichung von Sledz et al. (2003) zeigt, dass auch siRNA`s zur Aktivierung des Jak-Stat-Weges und zur Induktion bestimmter ISG`s führen. Gleichzeitig zeigten sie in diesem Zusammenhang, dass das zur Anschaltung des Jak-Stat-Weges erforderliche IFN-E für seine Induktion die PKR benötigt, da bei entsprechenden PKR knockout MEF`s die beobachtete IFN-E mRNA-Expression nur unter Kontrollniveau stattfindet. Verantwortlich für die RNA-Bindung sind zwei dsRNA-Bindedomänen (dsRBD) im aminoterminalen Bereich der PKR (Green und Mathews, 1992). Nach Bindung von dsRNA an diese Motive kommt es zur Autophosphorylierung der Kinase und Aktivierung über die im carboxyterminalen Bereich befindliche katalytische Domäne (KD) (Abb. 3). Abb. 3: Aktivierung der PKR durch dsRNA. Die Autophosphorylierung, bei der es sich vermutlich um einen trans-Mechanismus handelt (Clemens und Elia, 1997) und die neben den Aktivatoren auch zweiwertige Kationen und ATP benötigt (Williams, 1995), erfolgt an mindestens sieben verschiedenen Serin- und Threonin-Resten (Clemens und Elia, 1997), wobei Romano et al. (1998) zeigen konnten, dass die Autophosphorylierung an den Aminosäuren Thr-451 und Thr-446 sowohl in vivo als auch in vitro für eine volle Kinase-Aktivität erforderlich ist. Erst nach der Autophosphorylierung ist die PKR in der Lage ihre katalytische (Kinase-) Aktivität zu entfalten und exogene Substrate zu phosphorylieren (Clemens und Elia, 1997). Das am Besten untersuchte Substrat ist die D-Untereinheit des Translationsinitationsfaktors eIF2. Dieser kann im phosphorylierten Zustand die Initation der Translation nicht mehr unterstützen mit der Konsequenz einer inhibierten Proteinsynthese und gegebenenfalls Einleitung des apoptotischen Zelltods (Srivastava et al., 1998; Williams, 1999). Auch einige Protein-Protein-Interaktionen sind 15 beschrieben worden (Cuddihy et al., 1999; Patel et al., 2000; Wong et al., 1997). So konnte beispielsweise die Arbeitsgruppe um Cuddihy (1999) zeigen, dass die PKR mit dem Tumorsuppressor-Protein p53 über Protein-Protein-Wechselwirkungen kommunizieren kann und die Kinase zudem in der Lage ist, p53 an der Aminosäure Serin 392 zu phosphorylieren. Besonders ins Blickfeld rückt in Zusammenhang mit dieser Arbeit die Rolle, die der PKR an der Interferon-E-Induktion über Aktivierung des für die Ausbildung des IFN-ȕ-Enhanceosoms essentiellen Transkriptionsfaktors NF-NB zugesprochen wird (Abb. 4). Ļ Abb. 4: PKR-abhängige Aktivierung von NF-NB. Frühe Hinweise diesbezüglich kamen von Untersuchungen, die zeigten, dass der PKRInhibitor 2-Aminopurin die Interferonexpression als Antwort auf eine Virusinfektion oder poly(IC)-Induktion zu inhibieren vermag (Marcus und Sekellick, 1988; Zinn et al., 1988). Später konnte dann sowohl eine direkte Phosphorylierung des mit NF-țB assoziierten Inhibitors INB-D durch die PKR (Kumar et al., 1994) als auch eine indirekte Phosphorylierung durch Aktivierung des IțB-Kinase-Komplexes gezeigt werden (Gil et al., 2000; Zamanian-Daryoush et al., 2000), wobei die Frage, ob hierzu eine physikalische 16 Interaktion ausreicht oder ob die katalytische Funktion der PKR nötig ist, unterschiedlich bewertet wird (Gil et al., 2001; Ishii et al., 2001). Die Bedeutung, die der PKR bei der Abwehr viraler Infektionen zukommt, wird dadurch unterstrichen, dass zahlreiche Viren - zum Teil multiple - gegen die PKR gerichtete Abwehrstrategien entwickelt haben (Gale und Katze, 1998; Katze, 1992; Samuel, 2001). Zu den vielfältigen antagonistischen Maßnahmen, von denen im Folgenden nur einige wenige aufgeführt werden sollen, zählen inhibitorische virale RNA Spezies (Mathews und Shenk, 1991), inhibitorische virale (Gale jr. et al., 1997) und zelluläre Proteine (Lee et al., 1992) sowie eine proteolytische Degradierung der PKR (Black et al., 1989; Black et al., 1993). Einer der bekanntesten Inhibitoren ist die VAI-RNA des Adenovirus, die kompetitiv mit dsRNA an die PKR bindet, aber nicht in der Lage ist diese zu aktivieren (Mathews und Shenk, 1991). Das NS5A-Protein des Hepatitis C-Virus bindet und inhibiert die PKR (Gale jr. et al., 1997). Das Vaccinia-Virus exprimiert einerseits als Pseudosubstrat der PKR das K3L-Protein, wodurch die Phosphorylierung von eIF-2Į verhindert wird (Davies et al., 1992), und zum anderen das E3L-Protein, welches dsRNA sequestriert und somit die Aktivierung der PKR unterbindet (Chang et al., 1992). Auch das Influenza A-Virus hat gleich zwei Strategien entwickelt die PKR zu umgehen und somit die Interferon-Į/ȕ-Induktion zu unterbinden. Es maskiert zum einen mit Hilfe seines NS1-Proteins den PKR-Aktivator dsRNA (Lu et al., 1995), zum anderen inhibiert das Virus die Dimerisierung der PKR durch Aktivierung des zellulären PKR-Inhibitors p58IPK (Tan et al., 1998). Vom Poliovirus, welches wie HAV zu den Picornaviridae zählt, ist bekannt, dass es die proteolytische Degradierung der PKR induziert (Black et al., 1989; Black et al., 1993). 17 1.3. Zielsetzung Der Verlauf einer akuten Hepatitis A-Infektion in vivo ist dadurch gekennzeichnet, dass er bis zum Einsetzen der zellulären Immunantwort klinisch stumm verläuft. In vitro, wo die adaptive Immunantwort nicht zur Verfügung steht, entwickelt sich eine persistente Infektion (Flehmig, 1981; Vallbracht et al., 1984). Der Aufbau eines antiviralen Status unterbleibt. Es konnte gezeigt werden, dass eine HAV-Infektion weder in Lymphozyten noch in Fibroblasten die Synthese biologisch aktiven Interferons induziert (Vallbracht et al., 1985). Diese Ergebnisse konnten von Brack et al. (2002) an fetalen Rhesusaffen-Nierenzellen bestätigt werden. Zudem konnten sie zeigen, dass das Hepatitis AVirus bereits die Transkription des Interferon-E-Gens inhibiert und zudem in der Lage ist, die durch das doppelsträngige RNA-Analogon poly(IC) induzierbare Interferonexpression zu unterbinden (Brack et al., 2002). Ziel dieser Arbeit war es die von Brack et al. (2002) an Affenzellen durchgeführten Experimente auf ein humanes System zu übertragen. Weiterhin sollten mögliche virale Angriffspunkte im humanen zellulären System identifiziert werden. Hierbei galt das besondere Interesse dem Transkriptionsfaktor NF-NB als essentiellem Bestandteil des Interferon-E-Enhanceosoms sowie der Proteinkinase R, von der in verschiedenen Zusammenhängen einerseits ihre Beteiligung an der Interferon-Induktion durch NF-NBAktivierung (Kumar et al., 1994) und andererseits an der dsRNA-abhängigen Induktion der Apoptose (Lee und Esteban, 1994) diskutiert wird. 18 2. MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________ 2.1. Material 2.1.1. Virusstämme 2.1.1.1. Hepatitis A-Virus Es handelt sich bei diesem HAV-Stamm um ein ursprünglich aus Stuhlproben gewonnenes Patientenisolat (Flehmig et al., 1977). Passagierung: GBM/ Hek 8/ HFS 23/ MRC-5 6 2.1.1.2. Vesicular-Stomatitis-Virus Das aus MDCK-Zellen stammende Vesicular-Stomatitis-Virus (Stamm Indiana) wurde von Frau Prof. A. Vallbracht zur Verfügung gestellt. Zur Herstellung eines Virusstocks wurde das Virus in FRHK-4-Zellen oder alternativ in MDCK-Zellen passagiert. 2.1.2. Zellinien FRhK-4-Zellen: fetale Rhesusaffen-Nierenzellen [CBER/FDA, Abteilung für Virologie, Bethesda, Maryland (USA)] HepG2-Zellen: humane Hepatom-Zellinie [American Type Culture Collection, Virginia (USA)] MDCK-Zellen Hunde-Nierenzellen [American Type Culture Collection, Virginia (USA)] MRC-5-Zellen: embryonale Lungenfibroblasten [American Type Culture Collection, Virginia (USA)] WISH-Zellen: humane Amnionzellen; diese wurden freundlicherweise von Frau Prof. A. Vallbracht zur Verfügung gestellt 2.1.3. Plasmide Das verwendete pp53-TA-Luc (Luciferase-Konstrukt) leitet sich von dem Ausgangsvektor pTA-Luc ab. Der Ausgangsvektor verfügt über eine „multiple cloning site“ (MCS), in die cisaktive Enhancer-Elemente einkloniert wurden (Clontech). Der Enhancer enthält ein Response-Element für das Protein p53. Als Promotor fungiert eine TATA-Box (PTA), die eine optimale Induktion gewährleistet und gleichzeitig für einen geringen Hintergrund sorgt. Der 19 Luciferase-codierenden Sequenz des Plasmids ist das „late“-SV40-Polyadenylierungs-Signal nachgeschaltet, wodurch das optimale „Processing“ des Luciferase-Transkripts garantiert wird. Upstream der MCS befindet sich ein synthetischer Transkriptionsblocker (TB), der die Hintergrund-Transkription reduziert. Plasmidkarte von pTA-Luc 2.1.4. Zellkulturmedien Es wurde zur Kultivierung Dulbecco`s modified Eagle`s medium (DMEM) verwendet: DMEM (Sigma) 2 mM L-Glutamin 26 mM NaHCO3 Zur Vermeidung bakterieller Kontaminationen wurde diesem zugesetzt : 100 U/ml Penicillin 100 µg/ml Streptomycin Zudem ein variabler Anteil an fetalem Kälberserum (FCS): Wachstumsmedium DMEM mit 10 % (v/v) FCS Erhaltungsmedium DMEM mit 10 % (v/v) FCS für HepG2-Zellen DMEM mit 3 % (v/v) FCS für MRC-5-Zellen DMEM mit 1 % (v/v) FCS für WISH-, FRhK-4- und MDCKZellen 20 Als Einfriermedien kamen zum Einsatz: MRC-5-Zellen 70 % DMEM (mit 10 % (v/v) FCS + P/S) 20 % (v/v) FCS 10 % (v/v) Dimethylsulfoxid (DMSO) alle anderen Zellen 10 % DMSO in FCS Bei Virusinfektionen und Titrationen sowie Induktion von Zellen mit poly(IC) wurde stets mit serumfreiem DMEM unter Zusatz von P/S gearbeitet. 2.1.5. Antibiotika/Fungizide Actinomycin D Sigma Cycloheximid Sigma Penicillin (100 U/ml) Sigma Streptomycin (100 µg/ml) Sigma Amphotericin B (Fungizone) Gibco BRL 2.1.6. Synthetische Nukleinsäuren 2.1.6.1. RT-PCR-Primer RT-PCR-Primer zum Nachweis von Interferon-ȕ (Takizawa et al., 1995) Sense-Primer (nt 361 - nt 380) 5`-ACCAACAAGTGTCTCCTCCA-3` Antisense-Primer (nt 893 - nt 912) 5`-GAGGTAACCTGTAAGTCTGT-3` RT-PCR-Primer zum Nachweis von ȕ-Actin (Wünschmann, 1998) Sense-Primer (nt 751 - nt 774) 5`- AGAAGAGCTACGAGCTGCCTGACG-3` Antisense-Primer (nt 1107 - nt 1131) 5`- CGTCATACTCCTGCTTGCTGATCC-3` Alle Primer wurden von MWG Biotech synthetisiert. 21 2.1.6.2. Diverse Polyinosin-Polycytidinsäure [poly(IC)] Sigma Deoxynucleosid Triphosphat Set Roche Diagnostics 2.1.7. Antikörper Immunfluoreszenz anti-HAV (Maus IgG2a), Klon 7E7 Mediagnost anti-Maus-IgG (Ziege), FITC-markiert Kierkegaard & Perry Laboratories anti-Maus-IgG (Ziege), TRITC-markiert Kierkegaard & Perry Laboratories anti-Maus-IgG (Ziege), Texas Rot-markiert Kierkegaard & Perry Laboratories anti-NF-țB p65 (Kaninchen IgG) Santa Cruz anti-Kaninchen-IgG (Ziege), Biotin konjugiert Santa Cruz Western-Blot anti-PKR B10 (Maus IgG2a) Santa Cruz anti-Maus-IgG (Ziege), HRP konjugiert Santa Cruz 451 anti-PKR [pT ] (Kaninchen) Biosource anti-PKR D20 (Kaninchen IgG) Santa Cruz anti-Kaninchen-IgG (Ziege), HRP konjugiert Santa Cruz anti-Actin C11 (Ziege IgG) Santa Cruz anti-Ziege-IgG (Esel), HRP konjugiert Santa Cruz 2.1.8. Enzyme DNAse I (RNase-frei) Boehringer Mannheim ExpandTM Reverse Transkriptase mit 5x Reaktionspuffer Roche Diagnostics Taq DNA-Polymerase mit 10x Reaktionspuffer Roche Diagnostics Trypsin mit Natrium-EDTA (0,2 g/l) Sigma 22 2.1.9. Sonstige Proteine Cytokine Interferon-D-2A (Roferon®) Roche Interferon-E (Betaferon®) Schering Interleukin-4 Sigma Tumornekrosefaktor-D (TNF-D) Sigma Diverse Bovines Serumalbumin (BSA, Fraktion V) Boehringer Mannheim ExtrAvidin, FITC markiert Sigma Fetales Kälberserum (FCS) Gibco BRL Ovalbumin Sigma 2.1.10. Standards Cruz MarkerTM Molecular Weight Standards Santa Cruz DNA-Längenstandard „1 kb-DNA-Leiter“ Gibco BRL 2.1.11. Kits Bio-Rad Protein Assay (Bradford-Reagenz) Bio-Rad Luciferase Assay Clontech Mycoplasma Detection Kit Roche Diagnostics Protease Inhibitor Cocktail Sigma Western Blotting Luminol Reagent Santa Cruz 2.1.12. Chemikalien Aceton Merck Acrylamid Pharmacia Biotech Ammoniumpersulfat Serva Agarose Biozym Ammoniumacetat Merck Methylenbisacrylamid Pharmacia Biotech Bromphenolblau Merck 23 Calciumchlorid Merck Chloroform Fluka Chemica DAPI Sigma DEAE-Dextran Sigma Desoxycholsäure, Natrium-Salz Aldrich Diethylpyrocarbonat (DEPC) Sigma Dimethylsulfoxid (DMSO) Merck Dithiothreitol (DTT) Sigma Eindeckmedium Citifluor AF1 Citifluor Ltd Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) Sigma EGTA Boehringer Mannheim Essigsäure Merck Ethanol Roth Ethidiumbromid Sigma Evans Blue Sigma Formaldehyd-Lösung, mind. 37 % Merck Glycerol (86-88%) Riedel-de Haen Glycin Riedel-de Haen Guanidinthiocyanat Roth Harnstoff Serva Immersionsöl 518C Zeiss Isoamylalkohol Merck Isopropanol Fluka Chemica Kaliumchlorid Riedel-de Haen Kaliumdihydrogenphosphat Riedel-de Haen Kristallviolett Merck N-Lauroyl-Sarcosin (Sarcosyl) Sigma Magnesiumchlorid Merck 2-Mercaptoethanol Sigma Methanol Fluka Methionin Merck Methylcellulose Sigma Milchpulver Saliter MTT Sigma 24 Natriumacetat Merck Natriumazid Acros Organics Natriumchlorid Janssen Chimica Natriumcitrat Riedel-de Haen Natrium-EDTA Sigma Natriumfluorid Fluka Biochemika Natriumhydroxid Fluka Chemica Natriumorthovanadat Aldrich Natriumhydrogenphosphat Merck Natriumpyrophosphat, wasserfrei Fluka Chemica Nonidet P-40 Sigma Paraformaldehyd Fluka Chemica Phenol (wassergesättigt) Roth Phenylmethylsulfonylfluorid (PMSF) Boehringer Mannheim Salzsäure Merck Sodiumdodecylsulfat (SDS) Pharmacia Biotech Sucrose Janssen Chimica TEMED Pharmacia Biotech Tris-Base Sigma Tris-HCl Sigma Triton® X-100 Serva Trypanblau Sigma Tween-20 Serva 2.1.13. Puffer und Lösungen 2.1.13.1. Bestimmung der Zellzahl 0,4 % (w/v) Trypanblau 2.1.13.2. in 0,81 % (w/v) NaCl/ 0,06 % (w/v) K2HPO4 Zellvitalitätstest mit MTT MTT-Lösung 5 mg MTT/ml in PBS (pH 7,4) lösen, steril filtrieren und bei 4 °C lichtgeschützt lagern, ggf. Ultraschall-Behandlung bei schlechter Löslichkeit Solubilisierungslösung 10 % (w/v) SDS in 0,01 N HCl, Lagerung bei RT 25 2.1.13.3. Mykoplasmen-Test mittels DAPI-Färbung Carnoy`s Fixierer 25 % (v/v) Eisessig in Methanol DAPI-Lösung 1 µg/ml DAPI in PBS 2.1.13.4. Indirekte Immunfluoreszenz Fixierung & Permeabilisierung 90 % (v/v) Aceton in PBS (-20 °C) Fixierung 4 % (w/v) Paraformaldehyd in PBS, über Nacht bei Raumtemperatur rühren, vor Gebrauch filtrieren Permeabilisierung Methanol (-20 °C) Blockierung 10 % (v/v) FCS in PBS Antikörperverdünnungen 1,5 % (v/v) FCS in PBS 2.1.13.5. Plaquereduktionstest 1 % (w/v) Methylcellulose in DMEM 2 g Methylcellulose in 30 ml kochendem HBSS anlösen und zusammen mit einem Rührfisch autoklavieren. Anschließend wird mit auf 37 °C temperierten DMEM auf 200 ml aufgefüllt und für 30 Minuten bzw. bis eine klare Lösung entstanden ist bei 4 °C gerührt. Vor Verwendung des Mediums werden noch 2 % (v/v) FCS, sowie Penicillin (100 U/ml), Streptomycin (100 µg/ml) und Amphotericin B (2,5 µg/ml) zugegeben. Die Lagerung erfolgt bei 4 °C. Hanks` balanced salt solution (HBSS; Sigma) 4 % (v/v) Formaldehyd in Aqua destillata 4 % (w/v) Kristallviolett in Aqua destillata 2.1.13.6. Lösung D RNA-Isolierung durch saure Guanidin-/Phenol-Extraktion (nach Chomczynski und Sacchi, 1987) 4 M Guanidinthiocyanat 25 mM Natriumcitrat 0,5 % (w/v) Sarcosyl 100 mM 2-Mercaptoethanol pH 7,0 26 2 M Natriumacetat (pH 4,0) Phenol, wassergesättigt Chloroform/ Isoamylalkohol (Mischungsverhältnis 49:1) Isopropanol (-20 °C) 75 % (v/v) Ethanol in DEPC-H2O (-20 °C) 2.1.13.7. DNA-Verdau durch DNase I 2x DNase I Puffer 2.1.13.8. 20 mM MgCl2 0,1 M Tris pH 7,5 Phenol-Chloroform-Extraktion und Ethanol-Präzipitation von Nukleinsäuren Phenol, wassergesättigt Chloroform/ Isoamylalkohol (Mischungsverhältnis 24:1) 3 M Natriumacetat (pH 4,8) Ethanol abs. (-20 °C) 70 % (v/v) Ethanol in DEPC-H2O (-20 °C) 2.1.13.9. Agarose-Gelelektrophorese 50x TAE-Puffer 2 M Tris 0,25 M Natriumacetat 0,05 M EDTA pH 7,8 Probenpuffer 40 % (w/v) Sucrose 1 mM EDTA (pH 8,0) 0,1 % (w/v) SDS 0,05 % (w/v) Bromphenolblau DNA-Größenstandard 60 µl 1 kb-DNA-Leiter (1 µg/ml) 40 µl 10x TAE-Puffer 100 µl Probenpuffer ad 500 µl Aqua destillata 10 min bei 56 °C inkubieren, Lagerung -20 °C Ethidiumbromid 10 mg/ml in Aqua dest., Lagerung bei 4 °C 27 2.1.13.10. Calcium-Phosphat-Transfektion TE-Puffer 10 mM Tris 1 mM EDTA pH 7,8; Lösung autoklavieren 2x HBS 50 mM HEPES 1,5 mM Na2HPO4 280 mM NaCl pH 7,13 (exakt), Lösung sterilfiltrieren Glycerol-Schocklösung 15 % (v/v) Glycerol in HBS Lösung bei 100 °C autoklavieren Calciumchlorid-Lösung 2 M CaCl2 in Aqua destillata Lösung autoklavieren 2.1.13.11. DEAE-Dextran-Transfektion DEAE-Dextran (stock-Lsg.) 10 mg DEAE-Dextran/ml in DEPC-H2O lösen, sterilfiltrieren, Lagerung bei 4 °C poly(IC) (stock-Lsg.) 2 mg/ml in sterilem RNase-freien H2O lösen, aliquotiert bei -80 °C lagern 2.1.13.12. RITA-Puffer Proteinextraktion 10 mM Tris (pH 7,5) 150 mM NaCl 2 mM Methionin 1 % (w/v) Natrium-Desoxycholat 0,02 % (w/v) NaN3 1 % (v/v) Nonidet P40 1 mg/ml Ovalbumin 0,1 % (w/v) SDS 1 mM PMSF Lagerung bei 4 °C 28 Extraktionspuffer (nach Firma Biosource) 10 mM Tris pH 7,4 100 mM NaCl 1 mM EDTA 1 mM EGTA 1 mM NaF 20 mM Na4P2O7 2 mM Na3VO4 1 % (w/v) Triton-X-100 10 % (w/v) Glycerol 0,1 % (w/v) SDS 0,5 % (w/v) Desoxycholat 1 mM PMSF Protease Inhibitor Cocktail, 250 µl auf 5 ml Lagerung der Puffer kann 2-3 Wochen bei 4 °C oder alternativ aliquotiert für 6 Monate bei -20 °C (jeweils ohne Protease Inhibitoren und PMSF !) aufbewahrt werden Zu Beachten ! Protease-Inhibitoren direkt vor Gebrauch zugeben Stabilität nach Zugabe 24 h bei 4 °C; PMSF auf Grund der Instabilität unmittelbar vor Verwendung zugeben 2.1.13.13. Proteinbestimmung nach Bradford BSA-Stammlösung: Stammlösung mit einer Konz. von 1 mg/ml BSA in Aqua dest., aus dieser erfolgt die Herstellung verschiedener (50-1000 µg/ml) Verdünnungen zur Erstellung einer Standardkurve, anhand derer die Proteinkonzentration der Probe ermittelt wird Bradford Reagenz (Bio-Rad): 1:5 mit Aqua dest. verdünnt und filtriert 2.1.13.14. SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) und Western-Blot 4x Lower Tris 1,5 M Tris (pH 8,8) 0,4 % (w/v) SDS 4x Upper Tris 0,5 M Tris pH 6,8 0,4 % (w/v) SDS Acrylamid Stammlösung 29 % (w/v) Acrylamid 1 % (w/v) Bisacrylamid 29 Protein-Proben-Puffer 62,5 mM Upper Tris 40 % (w/v) Sucrose 12 % (w/v) SDS 0,025 % (w/v) Bromphenolblau 8 % (v/v) 2-Mercaptoethanol Elektrophoresepuffer 25 mM Tris Base 192 mM Glycin 0,1 % (w/v) SDS Renaturierungspuffer 10 mM TrisBase pH 7,0 50 mM Natriumchlorid 4 M Harnstoff 0,1 mM DTT Blottingpuffer 25 mM Tris Base 192 mM Glycin TBS 10 mM Tris-HCl (pH 8,0) 150 mM Natriumchlorid TBS mit Tween-20 10 mM Tris-HCl (pH 8,0) 150 mM Natriumchlorid 0,05 % (w/v) Tween20 Blockierung 5 % (w/v) Magermilchpulver in TBS Blockierung für 1 Stunde: + 0,05 % (w/v) Tween-20 Blockierung über Nacht: ohne Emulgator-Zusatz Waschpuffer Tris gepufferte Salzlösung mit und ohne 0,05 % (w/v) Tween-20 Stripping-Puffer 62,5 mM Tris Base (pH 6,8) 2 % (w/v) SDS 100 mM 2-Mercaptoethanol 10 % ige (w/v) Ammoniumpersulfatlösung in Aqua dest. 0,1 % ige (w/v) SDS-Lösung in Aqua dest. 0,1 % (w/v) Bromphenolblau 30 2.1.13.15. Diverse PBS 140 mM NaCl 2,7 mM KCl 6,5 mM Na2HPO4 1,5 mM KH2PO4 pH-Wert: 7,4 RNase-freies H2O (DEPC-H2O) 0,1 % (v/v) DEPC in Aqua destillata über Nacht bei Raumtemperatur rühren, anschließend 2x autoklavieren 2.1.14. Verbrauchsmaterialien Chamber slides, TPX, 8-well Nunc Combitips Eppendorf Deckgläser Omnilab Einmalküvetten Plastibrand ELISA Platten Nunc Falcon-Röhrchen Greiner Filterpapier Whatman Kanülen Braun Mikroplatten 1450-401 mit 96 Wells Wallac Multipipettenaufsätze Eppendorf Nitrozellulose Schleicher & Schüll Parafilm „M“ American National Can Pasteur-Pipetten Brand Pipettenspitzen Eppendorf PCR-Reaktionsgefäße Biozym Reaktionsgefäße Eppendorf Röntgenfilm X-Omat-AR Kodak Sofortbilder 667 Filmpack Polaroid Spitzröhrchen Greiner Zell- und Gewebekulturgefäße Nunc Zellschaber Nunc 31 2.1.15. Geräte und andere Hilfsmittel Analysenwaage BP 61 Sartorius Analysenwaage MC 1 Sartorius Begasungsbrutschrank Heraeus ® ELISA-Reader mit Software SOFTmax PRO Molecular Devices Blot-Kammer Hoefer Scientific Instruments Entwicklungsmaschine SRX-101 Konika Fluoreszenzmikroskop Olympus Fluoreszenzmikroskop “Axioskop 2“ Zeiss Fuchs-Rosenthal-Zählkammer Assistent Gelkammern, horizontal und vertikal Bio Rad Glaspipetten Hirschmann EM Glaswaren Schott, Brand, B.Braun Kühlzentrifuge 5403 Eppendorf Lumineszenz-Counter Trilux 1450 MicroBeta Wallac Magnetrührtisch RCT basic Ika Labortechnik Mehrkanalpipetten Eppendorf Microfuge ETM Beckman Mikroskop Labovert FS Leitz Mikroskop Wilovert S Hund Multipipetten Eppendorf pH-Meter WTW Pipettierhilfe Pipetboy Integra Biosciences Power Supply 200/2.0 Bio-Rad Power Pac 300 Bio-Rad Saugpumpe Vacuboy Integra Biosciences Schüttler Red Rotor Sofortbildkamera MP4 Hoefer + Polaroid Speedvac SC 110 Savant Spektralphotometer DU® 640 Beckman Sterilbank Lamin Air HB 2448 & HB 2472S Heraeus Thermocycler Gene AmpTM PCR System 2400 Perkin Elmer Tischzentrifuge 5415 C Eppendorf 32 Thermomixer 5436 Eppendorf Ultraschallgerät Bandelin UV-Handlampe VL-6C Serva UV-Transilluminator Mighty Bright Hoefer Vakuumbackofen Heraeus Vortexer VF2 Ika Labortechnik Wasserbad Memmert Western Blot-Apparatur Mighty Small Hoefer Zentrifuge CS-6R mit Rotor GH 3.7. Beckmann 33 2.2. Methoden 2.2.1. Kultivierung von Zellen Die Kultivierung der Zellen erfolgte durchweg bei 37° C und 5 % CO2, als Medium diente Dulbecco`s Modified Eagle`s Medium (DMEM) mit Penicillin (100 U/ml) und Streptomycin (100 µg/ml) als antibakterielle Agenzien. Als Wachstumsmedium wurde DMEM mit einem 10 %igem FCS-Anteil verwendet. Letzteres diente für die HepG2-Zellen auch als Erhaltungsmedium, während WISH-, MDCK- und FRhK-4-Zellen mit 1 %igem Serumzusatz kultiviert wurden. Ein Mediumwechsel erfolgte einmal pro Woche, lediglich bei den MRC-5Zellen erfolgte zweimal wöchentlich ein Austausch des Mediums, sie erhielten als Erhaltungsmedium DMEM mit einem 3 %igen FCS-Zusatz. Die Passagierung erfolgte sobald sich ein konfluenter Monolayer ausgebildet hatte, in der Regel nach 10 Tagen. Das Splittungsverhältnis richtete sich nach dem Wachstumsverhalten der entsprechenden Zellinien und betrug bei FRhK-4-Zellen 1:8, HepG2-, MDCK- und WISH-Zellen 1:4 sowie 1:2 für MRC-5-Zellen. Bei letzteren erfolgte bereits einen Tag nach der Subkultivierung ein Mediumwechsel. Alle Zellen wurden nach dem Abtrypsinieren direkt in die neuen Zellkulturgefäße überführt. Lediglich die MRC-5-Zellen wurden nach dem Abtrypsinieren einmal mit Wachstumsmedium gewaschen und erst dann in die entsprechenden Kulturgefäße überführt. 2.2.2. Kryokonservierung und Auftauen von Zellen Für die Kryokonservierung wurden die Zellen abtrypsiniert, in 10 ml Wachstumsmedium aufgenommen und 10 min bei 1200 rpm zentrifugiert. Nach einem erneuten Waschschritt mit Wachstumsmedium wurde das Zellpellet in eiskaltem Einfriermedium vorsichtig aber zügig resuspendiert, in Kryoröhrchen überführt und umgehend bei zunächst -80° C eingefroren. Nach etwa 12 Stunden erfolgte die Überführung in den flüssigen Stickstoff. Zur Rekultivierung der konservierten Zellen wurden diese bei 37° C aufgetaut, einmal mit Wachstumsmedium gewaschen und in die entsprechenden Zellkulturgefäße überführt. Einen Tag nach dem Auftauen wurde ein Mediumwechsel durchgeführt. 34 2.2.3. Bestimmung der Zellzahl 20 µl einer im Verhältnis 1:2 mit PBS verdünnten Zellsuspension wurde mit dem gleichen Volumen einer 0,2 %igen Trypanblaulösung gemischt und mit Hilfe einer Fuchs-RosenthalKammer unter Einbeziehung des Kammer- und Verdünnungsfaktors die Zellzahl bestimmt. Zudem konnte die Lebensfähigkeit der Zellen ermittelt werden, da der Farbstoff nur in tote Zellen einzudringen vermag und diese im mikroskopischen Bild durchgängig blau erscheinen. 2.2.4. Zellvitalitätstest mit MTT Dieser kolorimetrische Test eignet sich zur Überprüfung von Lebensfähigkeit und Wachstum der Zellen und somit auch zur Bestimmung von etwaigen Vitalitätseinbußen der Zellen nach Inkubation derselben mit diversen möglicherweise zytotoxischen Agenzien. Das Prinzip dieses Testes beruht darauf, dass der schwach gelbe Farbstoff 3-(4,5-dimethylthiazol-2-yl)2,5-diphenyl-Tetrazoliumbromid (MTT) in lebende Zellen eindringt und dort metabolisiert wird. Dies geschieht durch mitochondriale Dehydrogenasen, die den Tetrazoliumring des Farbstoffs aufspalten und zwar in dem Ausmaß, das der Vitalität der Zellen entspricht. Als Reduktionsprodukt entsteht das dunkelblaue Formazan. Durch Zugabe von SDS als Detergens werden die Zellen lysiert und das Formazan freigesetzt. Die Extinktion der entstehenden Formazan-Lösung wird bei 490 nm gegen eine Referenzwellenlänge von 650 nm im ELISAReader bestimmt. Zur Bestimmung der Zellvitalität wurden MRC-5-Zellen in 96 Well-Mikrotiterplatten ausgesät und solange kultiviert bis sich ein konfluenter Monolayer ausgebildet hatte. Anschließend wurde überprüft, Transfektionsbedingungen bzw. ob die die dazu für die poly(IC)-Induktion verwendeten Agenzien einen gewählten vitalitäts- beeinflussenden Effekt auf die MRC-5-Zellen ausüben. Wurde der Test mit HAV/GBM infizierten Zellen durchgeführt, so erfolgte die Infektion zu dem Zeitpunkt, an dem die Wells der Mikrotiterplatte zu ca. 80 % bewachsen waren und die Austestung 4 Tage p.i. Hierzu wurden die Zellen mit den entsprechenden Ansätzen inokuliert, wobei die äußeren Wells der Mikrotiterplatte wegen größerer Verdunstung grundsätzlich nicht beschickt wurden. Nach Ablauf der gewählten Induktionszeit wurden die Inokula entfernt und die Zellen mit 100 µl Erhaltungsmedium beschickt. Zusätzlich wurde 10 µl MTT-Lösung in die betreffenden Wells pipettiert und die Mikrotiterplatten für 4 h bei 37° C inkubiert. Durch Zugabe von 100 µl Solubilisierungslösung pro Well und Inkubation bei 37° C über Nacht erfolgte die Lyse der 35 Zellen, dadurch der Abbruch der Umsetzung und die Lösung des Formazans. Die Extinktion wurde bei 490 nm (Referenzwellenlänge 650 nm) gemessen. Als Leerwert dienten bei jeder Bestimmung zwei Wells mit Zellen, die zeitgleich mit den zu testenden Ansätzen lysiert wurden, denen aber das MTT erst unmittelbar vor Messung der Extinktionen zugesetzt wurde. 2.2.5. Mykoplasmen-Test Alle verwendeten Zellinien sowie sämtliche hochgezogene Viruspoole wurden regelmäßig auf verdeckte Mykoplasmen-Kontaminationen untersucht. Letztere stellen in der Forschung beim Einsatz von Zellkulturen ein großes Problem dar, da sie vielfältig in den Stoffwechsel der befallenen Zellen eingreifen, ohne dabei in der Regel ihre Wirtszellen so zu beeinflussen, dass eine mikroskopische Veränderung der Zellen zu beobachten ist. DAPI-Färbung Kontaminationen mit Mykoplasmen können mit geringem Arbeitsaufwand durch Anfärbung der Mykoplasmen-DNA mit dem spezifisch an die DNA-bindenden Fluorochrom DAPI detektiert werden. Dazu wurden die Zellen in eine Mikrotiterplatte ausgesät und bis zu einer Konfluenz von 50-70 % kultiviert. Die Zellen wurden nacheinander je einmal mit PBS, PBS/Carnoy`s Fixierer (1:1) und eiskaltem Carnoy`s Fixierer gewaschen und mit letzterem für 10 min bei Raumtemperatur inkubiert. Nach Abnahme desselben wurden die Zellen einmal mit H2O gewaschen. Anschließend erfolgte die Färbung mit DAPI-Lösung (1 µg/ml) für 10 min bei RT im Dunkeln. Nach einem erneuten Waschschritt mit H2O erfolgte die Auswertung am Fluoreszenzmikroskop. Es wurde jeweils eine Positivkontrolle mitgeführt, da beispielsweise auch Kerntrümmer zerfallender Zellen mit angefärbt werden, die sich aber in Größe und Form von den Mykoplasmen unterscheiden. Mycoplasma Detection Kit Im Gegensatz zur DAPI-Färbung können hier lediglich M. arginini, M. orale, M. hyorhinis und M. laidlawii detektiert werden. Diese gelten allerdings als Hauptkontaminanten. Im Gegensatz zur DAPI-Färbung bietet der ELISA-Kit den Vorteil, nicht der subjektiven Betrachtungsweise des Beobachters zu unterliegen. 36 Bei der Verwendung des Kits werden die Überstände der zu untersuchenden Zellkulturen oder Proben zu testender Viruspoole eingesetzt. Die Durchführung erfolgte entsprechend der Herstellerangaben (Roche Diagnostics). 2.2.6. Virusinfektion Infektion von Zellen mit HAV MRC-5-Zellen wurden in 96 Well-Mikrotiterplatten, 6- oder 10 cm-Zellkulturschalen oder Zellkulturflaschen diverser Größen ausgesät und je nach Versuchsansatz solange kultiviert bis sie zu 80 % konfluent oder konfluent gewachsen waren. Der Viruspool wurde unverdünnt eingesetzt oder aber die gewünschte MOI mit serumfreiem Medium eingestellt. Für die mockKontrollen wurde serumfreies Medium eingesetzt und/oder ein Inokulum aus einem parallel zum Viruspool hochgezogenen Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen. Dieser wird nachfolgend stets als „Lysat“ bezeichnet. Die Infektion erfolgte für 2 h bei 37° C und 5 % CO2, wobei ein möglichst kleines Volumen des Inokulums eingesetzt wurde. So wurden beispielsweise für eine 6 cm-Zellkulturschale 500 µl eingesetzt. Während der zweistündigen Inkubationsdauer wurden die betreffenden Zellkulturschalen oder -flaschen gelegentlich geschwenkt, um ein Austrocknen der Zellen zu vermeiden. Nach Ablauf der Inkubationszeit wurde das Inokulum entfernt, die Zellen mit HBSS oder serumfreiem Medium gewaschen und in Erhaltungsmedium weiterkultiviert. Es wurden nur Zellkulturen eingesetzt, die im Vorfeld auf Mykoplasmenfreiheit getestet worden waren. Infektion von Zellen mit VSV Die Infektion mit dem Vesicular-Stomatitis-Virus erfolgte im Rahmen des Plaquereduktionstestes zum Nachweis von Interferon (2.2.10). 2.2.7. Indirekte Immunfluoreszenz 2.2.7.1. Nachweis von HAV-Antigen Der Nachweis von HAV-Antigen erfolgte mittels indirekter Immunfluoreszenz. Zunächst wurde das Medium von den Zellen entfernt und diese einmal mit PBS gewaschen. Es folgte die Fixierung und Permeabilisierung mit einer 90 %igen Aceton-Lösung für 20 min 37 bei -20° C. Das Aceton wurde von den Zellen entfernt und diese dreimal mit PBS gewaschen. Es folgte die Inkubation der Zellen mit einem HAV-spezifischen monoklonalen Antikörper (Maus-anti-HAV, Klon 7E7, 1:400 verdünnt) für eine Stunde bei 37° C. Überschüssige, nicht gebundene Antikörper wurden durch dreimaliges Waschen mit PBS entfernt. Es folgte eine 45-minütige Inkubation bei 37° C mit einem sekundären, FITC-markierten Antikörper (Ziegeanti-Maus, 1:60 verdünnt). Die Antikörperverdünnungen wurden in PBS hergestellt. Der sekundären Antikörper-Verdünnung wurde Evans Blue in einer Konzentration von 0,25 % zugesetzt. Die Verwendung von Evans Blue erleichert die mikroskopische Auswertung, indem es den Hintergrund rot färbt und dadurch den Farbkontrast zur grünen Fluoreszenz des FITC erhöht. Nach Ablauf der 45-minütigen Inkubation mit dem Sekundärantikörper wurden die Zellen erneut dreimal gewaschen. Die Auswertung erfolgte am Epifluoreszenzmikroskop. 2.2.7.2. Nachweis der Lokalisation des Transkriptionsfaktors NF-NB Der Nachweis von NF-NB erfolgte ebenfalls über indirekte Immunfluoreszenz. Da als Prototyp des NF-NB`s ein Heterodimer aus einer p50/p65 Untereinheit gilt (Mercurio und Manning, 1999) und p65 aufgrund seiner hohen transaktivierenden Potenz eine herausragende Rolle zukommt, wurde für die Detektion ein polyklonaler anti-p65-Antikörper ausgewählt. Biotin-Avidin als Nachweissystem wurde verwendet, da hiermit eine größere Sensitivität erreicht werden kann. Nach Beendigung der Induktion (2.2.19.) wurde das Medium von den Zellen entfernt. Die Zellen wurden einmal mit PBS gewaschen und anschließend für 20 min mit 4 %iger Paraformaldehyd-Lösung bei RT fixiert. Die Paraformaldehyd-Lösung wurde abgenommen und die Zellen für 6 min bei -20° C mit Methanol permeabilisiert. Um unspezifische Bindefähigkeiten auszuschalten, wurden die Zellen nach dreimaligem Waschen mit PBS über Nacht bei 37° C mit 10 % (v/v) FCS in PBS inkubiert, zudem wurden alle AntikörperVerdünnungen in PBS mit 1,5 %igem FCS-Anteil hergestellt. Nach Beendigung der nächtlichen Blockierung wurden die Zellen für 1 h mit einem polyklonalen Primärantikörper (Kaninchen-anti-NF-NB p65, 1:20 verdünnt) bei 37° C inkubiert. Die Zellen wurden dreimal für jeweils 5 min mit PBS gewaschen und anschließend für 45 min mit einem biotinilierten Sekundärantikörper (Ziege-anti-Kaninchen) in einer Verdünnung von 1:75 inkubiert. Es erfolgte ein erneuter Waschschritt für dreimal 5 min mit PBS, um überschüssigen, nicht gebundenen Antikörper zu entfernen. Nach einer weiteren 4538 minütigen Inkubation mit FITC-konjugiertem Avidin (Verdünnung 1:400) und wiederholtem Waschen nach obigem Schema erfolgte die Auswertung mittels Epifluoreszenzmikroskop. 2.2.8. Herstellung von Viruspools 2.2.8.1. Hepatitis A-Virus Zur Erstellung eines HAV-Pools wurden MRC-5-Zellen in 180 cm2-Zellkulturflaschen ausgesät und solange kultiviert bis die Kulturfläche zu etwa 80 % bewachsen war. Die Infektion erfolgte mit einem ebenfalls in MRC-5-Zellen hochgezogenen HAV/GBM-Pool (Ursprung: GBM/Hek 8/HFS 23/MRC-5 6) für 2 h bei 37° C. Parallel dazu wurden zur Erstellung eines Kontrollpools Zellen lediglich mit serumfreiem Medium inkubiert. Das Inokulum pro 180 cm2-Zellkulturflasche betrug 7 ml. Nach Ablauf der 2-stündigen Inkubation wurden die Inokula abgenommen, die Zellen mit 30 ml Erhaltungsmedium beschickt und für 14-21 Tage bei 37° C kultiviert. Eine Woche nach der Infektion erhielt jede Zellkulturflasche weitere 10 ml Erhaltungsmedium. Nach Ablauf der gewählten Kultivierungsdauer wurde das Virus durch dreimaliges Einfrieren bei -80° C und Auftauen bei RT aus den Zellen freigesetzt. Die erhaltene Zellsuspension wurde in ein Falconröhrchen überführt und einer 20 sec Ultraschallbehandlung auf Eis unterzogen. Nach Abzentrifugation der Zelldebris für 10 min bei 2500 rpm, wurden die erhaltenen Überstände aliquotiert und bis zur Titerbestimmung bzw. weiteren Verwendung bei -80° C gelagert. Der parallel zum Viruspool hochgezogene Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen wird in dieser Arbeit durchgängig als „Lysat“ bezeichnet. 2.2.8.2. Vesicular-Stomatitis-Virus Für die Herstellung von VSV-stocks wurde als Ausgangsvirus ein aus MDCK-Zellen stammender VSV-Pool (Stamm Indiana) verwendet. FRhK-4- oder MDCK-Zellen wurden in 80 cm2-Zellkulturflaschen ausgesät, und nachdem sich ein nahezu konfluenter Monolayer ausgebildet hatte, für 2 h bei 37° C infiziert. Dazu wurde das zur Verfügung stehende Ursprungsvirus mit serumfreiem Medium 1:2 verdünnt und 1 ml dieses Inokulums zur Infektion eingesetzt. Nach Ablauf der Inkubationszeit wurde das Inokulum entfernt und die Zellen dreimal mit HBSS gewaschen. Anschließend erhielten die MDCK- bzw. FRhK-4-Zellen Erhaltungsmedium, in dem sie solange bei 37° C kultiviert 39 wurden, bis alle Zellen zerstört waren (in der Regel nach 3-4 Tagen). Die virushaltige Zellsuspension wurde in ein Falconröhrchen überführt und für 15 min bei 2000 rpm die Zelltrümmer abzentrifugiert. Anschließend wurden die Überstände auf Eis aliquotiert, die Aliquots über Nacht bei -80° C gelagert und anschließend in den flüssigen Stickstoff überführt. 2.2.9. Bestimmung des 50 %-Endpunkttiters (TCID50/ml) MRC-5-Zellen wurden in 96 Well-Mikrotiterplatten ausgesät und bei 37° C und 5 % CO2 kultiviert bis sie zu 80 % konfluent gewachsen waren. Dies war in der Regel nach 2-3 Tagen der Fall. Von den zu testenden Virussuspensionen wurden in serumfreiem Medium jeweils zwei voneinander unabhängige logarithmische Verdünnungsreihen (10-1-10-8) zur Basis 10 erstellt. Je 8 Wells der Mikrotiterplatte wurden mit 50 µl der jeweiligen Verdünnungsstufe für 2 h bei 37° C inokuliert. Als Positivkontrolle wurde in einige Wells unverdünnte Virussuspension gegeben. Als Negativkontrollen wurden je zwei Wells mit serumfreiem Medium und/ oder „Lysat“ beschickt, das bei einigen Experimenten als Negativkontrolle eingesetzt wurde und aus einem parallel zum jeweiligen Viruspool hochgezogenen Kontrollpool aus nicht-infizierten Zellen stammt. Nach der zweistündigen Inkubation wurden die Inokula abgenommen und die Zellen mit 100 µl Wachstumsmedium pro Well beschickt. Es erfolgte eine 14-tägige Kultivierung bei 37° C, wobei nach etwa 7 Tagen 100 µl Erhaltungsmedium pro Well zugefüttert wurden. Die Auswertung der Titration erfolgte über indirekte Immunfluoreszenz, die Berechnung der TCID50/ml mit Hilfe der Kärber-Gleichung (aus Schmidt und Emmons, 1979). Summe infizierter Wells jeder Verdünnung (in %) -log TCID50 = -log größte eingesetzte Viruskonz. - 2.2.10. 100 - 0,5 x log Verdünnung Plaquereduktionstest zum Nachweis von Interferon (nach Maier, 1987) Der ursprünglich von Dulbecco 1952 entwickelte Plaquereduktionstest wurde als quantitative Bestimmungsmethode zum Nachweis von Interferon gewählt, da er im Gegensatz zum ELISA den Vorteil bietet, biologisch aktives Interferon nachzuweisen. 40 Das Prinzip basiert darauf, dass bei Vorhandensein von Interferon in beispielsweise zu testenden Zellkulturüberständen in den als Indikatorzellen dienenden WISH-Zellen ein antiviraler Status aufgebaut wird, so dass eine nachfolgende Infektion mit dem als ChallengeVirus verwendeten VSV nicht oder nur wenig erfolgreich ist - erkennbar an der nicht vorhandenen bzw. reduzierten Plaquezahl im Vergleich zu den mit Medium inkubierten Zellen. Die Reduktion der Plaquezahl ist hierbei annähernd proportional zu der Interferonmenge, mit der die WISH-Zellen zu Beginn des Bioassays inkubiert wurden. Humane Amnionzellen (WISH) wurden in 96 Well-Mikrotiterplatten ausgesät und bei 37° C kultiviert bis sich ein geschlossener Zellrasen gebildet hatte. Das Medium wurde abgenommen und durch 100 µl frisches Erhaltungsmedium pro Well ersetzt. Von den auf ihren Gehalt an sezernierten Interferon zu testenden Zellkulturüberständen wurden jeweils 100 µl in das erste Well der Mikrotiterplatte pipettiert, vorsichtig gemischt und 100 µl weiterpipettiert, 100 µl aus dem letzten Well wurden jeweils verworfen. Diese serielle 1:2 Verdünnungreihe erfolgte bis zu einer Verdünnung von 1:4096. Die Zellen wurden für etwa 20 h bei 37° C inkubiert und anschließend dreimal mit HBSS gewaschen. Es folgte die Infektion mit 50 µl/well einer auf 80 pfu/50 µl eingestellten VSV-Suspension für 1 h bei 37° C. Mit dieser VSV-Suspension wurde eine Rücktitration durchgeführt, d.h. die Virussuspension wurde unverdünnt, 1:2, 1:4 und 1:8 und/oder 1:10, 1:100 und 1:1000 verdünnt in Doppelbestimmung aufgetragen. Als Negativkontrolle wurden zwei Wells mit dem zur Herstellung der Virussuspension verwendeten serumfreien Medium beschickt. Die Rücktitration ist für die spätere Berechnung nötig, sie dient zur Überprüfung, ob die theoretisch berechnete Plaqueanzahl (pfu/ml) in der darauf eingestellten zur Infektion verwendete VSV-Suspension auch tatsächlich erreicht wird. Nach Ablauf der Infektion wurden die Inokula abgenommen und die Zellen mit 1 %igem Methylcellulosemedium überschichtet. Dieses halbfeste Medium verhindert die Ausbildung von Sekundärplaques und ermöglicht somit eine quantitative Auswertung. Die Zellen wurden nach der Infektion für weitere 48 h bei 37° C inkubiert, anschließend das Methylcellulosemedium gründlich entfernt und die Zellen für 15 min mit 4 %iger Formaldehydlösung bei RT fixiert, dann mit Leitungswasser gewaschen und für 10 min mit einer 4 %igen Kristallviolettlösung ebenfalls bei RT gefärbt. Überschüssiges Kristallviolett wurde gründlich mit Leitungswasser entfernt. 41 Um die tatsächlich eingesetzte Virusmenge (pfu/ml) zu ermitteln, wurden zunächst die Plaquezahlen in der Rücktitration bestimmt, wobei das Auszählen der Plaques unter dem Mikroskop erfolgte. Der Mittelwert der Plaquezahl pro Well ergibt nach Multiplikation mit dem Verdünnungsfaktor die tatsächlich eingesetzte Plaquezahl (100 %). Im Folgenden wird dann die Interferon-Verdünnung bestimmt, die die Plaquezahl um 50 % reduziert. Der Kehrwert dieser Verdünnung gibt die Interferonaktivitäten [U], die in dem eingesetzten Volumen der getesteten Probe vorhanden waren, an. Die Angabe der Interferonaktivität erfolgte in U/ml. Bei einigen Versuchsreihen wurde ein laborinterner IFN-E-Standard (LIS huIFN-E) mit aufgetragen. Dieser wurde anhand eines vom NIH zur Verfügung gestellten internationalen IFN-E-Standards (Gb23-902-531/ 5-24-I) kalibriert. Die Berechnung der Internationalen Interferoneinheiten (IU/ml) erfolgte, indem die im jeweiligen Test bestimmte Interferonaktivität des LIS huIFN-E (Istwert) mit dem Sollwert des Laborstandards, der am Internationalen NIH-Standard kalibriert ist, verglichen wird und der Multiplikationsfaktor aus dem Verhältnis Sollwert : Istwert bestimmt wird. Durch Multiplikation dieses - in jedem Testlauf neu zu bestimmenden - Faktors mit den ermittelten Interferonaktivitäten (siehe oben) erhält man die IU/ml. 2.2.11. Isolierung zellulärer RNA Saure Guanidin-/Phenol-Extraktion (nach Chomczynski und Sacchi, 1987) Für die RNA-Extraktion wurden die Zellen abtrypsiniert, einmal mit PBS gewaschen und anschließend in 500 µl Lösung D homogenisiert. Diese Lösung enthält als Protein denaturierendes Agens Guanidinthiocyanat, das in der Lage ist unerwünschte RNaseAktivitäten zu unterbinden. Nach der Lyse der Zellen wurden nacheinander 50 µl 2 M Natriumacetat (pH 4,0) und 500 µl wassergesättigtes Phenol zugegeben und nach jeder Zugabe gründlich durch Inversion gemischt. Es folgte die Zugabe von 100 µl eines Chloroform-Isoamylalkohol-Gemisches (49:1), ein kräftiges Schütteln der Ansätze für 10 sec und anschließend eine 15-minütige Inkubation auf Eis. Die Phasentrennung erfolgte durch eine 20-minütige Zentrifugation bei 4° C und 10.000 g. Die (RNA enthaltende) wässrige Phase wurde in ein neues Reaktionsgefäß überführt und zur Fällung der RNA mit 500 µl Isopropanol versetzt. Anschließend wurden die Ansätze für mindestens 1 Stunde bei -20° C inkubiert und die gefällte RNA durch einen Zentrifugationsschritt (20 min, 4° C, 10.000 g) 42 pelletiert. Das Pellet wurde erneut in 300 µl Lösung D resuspendiert, mit dem gleichen Volumenteil Isopropanol versetzt und die Fällung wiederholt. Es folgte wiederum eine Zentrifugation für 10 min bei 4° C und 14000 rpm, ein zweimaliges Waschen des RNAPellets mit 75 %igem Ethanol und anschließend eine Trocknung des Pellets in der Speedvac. Anschließend wurde das Pellet in DEPC-H2O gelöst, wobei die Proben bei schlechter Löslichkeit für 10 min bei 60° C inkubiert wurden. Die Lagerung der Proben erfolgte bis zur weiteren Aufarbeitung bei -80° C. 2.2.12. DNA-Verdau durch DNase I Diese enzymatische Modifikation der RNA-Präparationen wurde durchgeführt, um zu gewährleisten, dass die Ergebnisse nicht durch Reste genomischer DNA verfälscht wurden. 49 µl einer wässrigen RNA-Lösung wurden mit 1 µl DNase I (5 U/µl) und 50 µl DNase Puffer (20 mM MgCl2 in 0,1 M Tris, pH 7,5) versetzt und eine 30 minütige Inkubation bei 37° C durchgeführt. Anschließend erfolgte die weitere Aufarbeitung der nach Chomczynski und Sacchi (2.2.11.) extrahierten RNA über eine Phenol-Chloroform-Extraktion (2.2.13.). 2.2.13. Phenol-/Chloroform-Extraktion und Ethanol-Präzipitation von Nukleinsäuren Nach erfolgter Degradierung der DNA (2.2.12.) wurden die wässrigen Nukleinsäurelösungen mit DEPC-H2O auf ein Volumen von 200 µl aufgefüllt und eine Phenol-/ChloroformExtraktion durchgeführt. Diese dient dazu Nukleinsäuren aus einer Lösung mit störenden Proteinen zu extrahieren. Zur Fällung der Proteine wurde zunächst ein Volumenteil der Nukleinsäurelösung mit einem Volumenteil wassergesättigtem Phenol und im Anschluß daran die aus diesem Schritt erhaltene wässrige Oberphase mit Phenol-Chloroform-Isoamylalkohol (25:24:1) für 2 min kräftig ausgeschüttelt. Um die Phasentrennung zu beschleunigen wurden die Reaktionsgefäße jeweils für 2 min bei 14.000 rpm zentrifugiert. Reste des Phenols wurden anschließend entfernt, indem der wässrige Überstand erneut - diesmal mit dem gleichen Volumen Chloroform/ Isoamylalkohol (24:1) - ausgeschüttelt wurde. Die Fällung der RNA erfolgte durch Zugabe von 20 µl 3 M Natriumacetat (pH 4,8) und 500 µl absoluten Ethanols und Inkubation für 30 min bei -80° C. Anschließend erfolgte eine 30-minütige Zentrifugation bei 4° C und 14.000 rpm. Das Pellet wurde zweimal mit 70 %igem Ethanol gewaschen und im 43 Anschluß daran unter Vakuum getrocknet. Die Aufnahme des Pellets erfolgte in einer geeigneten Menge DEPC-H2O. 2.2.14. Photometrische Konzentrationsbestimmung von RNA Die Konzentration wässriger Nukleinsäurelösungen wurde über die Messung der optischen Dichte (OD) bei 260 nm bestimmt. Eine OD260 entspricht dabei 40 µg/ml RNA. Die Reinheit der Präparationen wurde über das Verhältnis der Absorptionen bei 260 nm und 280 nm ermittelt, wobei der Quotient A260/A280 einer reinen, wässrigen RNA-Lösung zwischen 1,8 und 2,0 liegt. 2.2.15. PCR mit vorgeschalteter reverser Transkription Zum Nachweis zellulärer IFN-E-mRNA und E-Actin-mRNA wurden diese zunächst mittels reverser Transkription in cDNA umgeschrieben. Die Amplifikation derselben erfolgte dann mittels PCR in einem Thermocycler der Firma Perkin Elmer. Die erhaltenen Amplikons wurden anschließend auf einem 1 %igem Agarose-Gel aufgetrennt (2.2.16.). Der Nachweis von E-Actin-mRNA erfolgte grundsätzlich parallel zur IFN-E-RT-PCR und diente als Kontrolle, ob gleiche RNA-Mengen eingesetzt wurden. Die RT-PCR-Ansätze wurden dabei aus der gleichen Probenverdünnung angesetzt. 2.2.15.1. RT-PCR zum Nachweis von Interferon-E-mRNA Zu Beginn der RT-PCR wurde 500 ng DNA-freie RNA mit 40 pmol des Antisense-Primers gemischt (Reaktionsvolumen: 5 µl), 10 min bei 65° C im Thermocycler denaturiert und die Proben anschließend sofort auf Eis gestellt. Die Reverse Transkription erfolgte für 45 min bei 42° C in einem Reaktionsvolumen von 20 µl im ExpandTM Reverse Transkriptase Puffer mit je 1 mM dATP, dTTP, dGTP sowie dCTP, 10 mM DTT und 5 U ExpandTM Reverser Transkriptase. 5 µl der erhaltenen cDNA wurde für die folgende Amplifikation mittels PCR eingesetzt. Die PCR erfolgte in einem Reaktionsvolumen von 50 µl bestehend aus Taq-Puffer, je 20 pmol Sense- und Antisense-Primer, je 0,2 mM eines jeden dNTP`s und 1 U TaqPolymerase. Die Zyklusparameter waren wie folgt: zunächst 2 min Denaturierung bei 94° C, gefolgt von 30 PCR-Zyklen bestehend aus 1 min Denaturierung bei 94° C, 2 min Annealing 44 bei 60° C, 3 min Extension bei 72° C. Den Abschluß bildete eine einmalige Extension für 10 min bei 72° C. 2.2.15.2. RT-PCR zum Nachweis von E-Actin-mRNA Es wurden ebenfalls 500 ng DNA-freie RNA als Template eingesetzt. Dieses wurde zusammen mit je 50 pmol Sense- und Antisense-Primer, je 0,2 mM dATP, dTTP, dGTP und dCTP sowie Taq-Puffer gemischt und mit DEPC-H2O auf ein Gesamtvolumen von 45 µl aufgefüllt. Es folgte eine Inkubation der Proben für 5 min bei 94° C. Die Proben wurden anschließend umgehend auf Eis gestellt. Nach Abkühlung derselben erfolgte die Zugabe von 5 µl eines Enzymgemisches bestehend aus 1,25 U ExpandTM Reverser Transkriptase und 1 U Taq-Polymerase und die reverse Transkription für 30 min bei 42° C. Dieser schloß sich direkt eine 2-minütige Denaturierung bei 94° C an, gefolgt von den 30 PCR-Zyklen, deren Temperatur- und Zeitprofil der unter 2.2.15.1. beschriebenen entsprach, eingeschlossen der abschließenden 10-minütigen Extension bei 72° C. 2.2.16. Agarose-Gelelektrophorese Zur Analyse von DNA wurden die PCR-Produkte in horizontalen Agarose-Gelen aufgetrennt. Es wurden 1 %ige in TAE-Puffer hergestellte Agarose-Gele unter Zusatz von 0,4 µg/ml Ethidiumbromid verwendet. Die Auftrennung der Amplikons erfolgte bei konstanter Spannung (80 V) über einen Zeitraum von etwa 1,5 h. Die Proben wurden vor dem Auftragen mit Probenpuffer versetzt, wobei das Verhältnis Probenpuffer/Probe 1:6 betrug. Als Längenstandard diente ein 1 kb-DNA-Größenmarker. Die Auswertung der Gele erfolgte mit einem UV-Transilluminator bei 256 nm. 2.2.17. Priming mit Interferon MRC-5- oder HepG2-Zellen wurden in 6 cm-Zellkulturschalen ausgesät und solange kultiviert bis sich ein konfluenter Zellrasen ausgebildet hatte. Die Behandlung der Zellkulturen mit Interferon-D/E (sog. Priming) erfolgte - je nach Fragestellung - mit unterschiedlichen Konzentrationen an Interferon-D2A (Roferon®) oder Interferon-E (Betaferon®) über einen Zeitraum von 12 oder 16 Stunden bei 37° C unter 5 %iger CO2Zufuhr. Die entsprechenden Interferonverdünnungen wurden je nach Versuchsansatz in 45 Wachstums-, Erhaltungs- oder serumfreiem Medium hergestellt. Nach der Inkubation wurden die Zellen dreimal mit HBSS gewaschen und entweder direkt mit RITA-Puffer lysiert und die Proben bis zur Auftrennung im Western-Blot bei -20° C zwischengelagert, mit poly(IC) induziert oder aber im MTT-Test eingesetzt. 2.2.18. Superinduktion mit Cycloheximid und Actinomycin D (nach Havell und Vilcek, 1972) HepG2- oder FRhK-4-Zellen wurden unmittelbar nach Beendigung der poly(IC)-Induktion dreimal mit HBSS gewaschen. Anschließend wurden die Zellen für 5 h in serumfreiem DMEM unter Zusatz von Cycloheximid (50 µg/ml) bei 37° C und 5 % CO2 kultiviert. Nach 4,5 h erfolgte die Zugabe von Actinomycin D (1 µg/ml) für 30 min Nach Ablauf der 5stündigen Inkubation wurden beide Substanzen durch dreimaliges Waschen mit HBSS entfernt und die Zellen mit Erhaltungsmedium für 16 h bei 37° C und 5 % CO2 weiterkultiviert. Die Zellkulturüberstände wurden anschließend im Plaquereduktionstest auf ihren Gehalt an sezerniertem Interferon geprüft. 2.2.19. Transfektion nach der DEAE-Dextran-Methode und Stimulation mit poly(IC) Die Zellen wurden je nach Versuchsansatz in Chamber slides, 96 Well-Miktotiterplatten, 6 cm- oder 10 cm-Zellkulturschalen ausgesetzt und solange kultiviert, dass sie zum Zeitpunkt der Induktion konfluent gewachsen waren. Eine Ausnahme stellten die Versuchsreihen zum Nachweis der Lokalisation des Transkriptionsfaktors NF-NB dar. Hier wurden MRC-5-Zellen 12 h vor der Induktion im Verhältnis 1:2 auf Chamber slides ausgesät. Für die Induktion wurde in serumfreiem Medium der jeweilige Induktionsmix hergestellt und die Zellen mit diesem für 2 Stunden oder die jeweils gewünschte Zeitdauer bei 37° C und 5 % CO2 inkubiert. Pro 6 cm-Zellkulturschale wurden 2 ml des Induktionsmixes eingesetzt, 4 ml pro 10 cm-Zellkulturschale und 200 µl für die Wells einer 96 Well-Mikrotiterplatte bzw. Chamber slides. Nach Beendigung der Induktion wurden die Zellen einmal mit HBSS oder PBS gewaschen und entweder für den gewünschten Verwendungszweck direkt aufgearbeitet oder bis zur Probennahme in Erhaltungsmedium bei 37° C unter 5 %iger CO2-Zufuhr weiterkultiviert. 46 Der Transfektionsmix setzte sich zusammen aus unterschiedlichen Mengen poly(IC) bei konstanter Konzentration an DEAE-Dextran (100 µg/ml). Als Negativkontrollen wurden bei jedem Ansatz Zellen mitgeführt, die lediglich mit serumfreien Medium oder einem Transfektionsmix, der lediglich DEAE-Dextran enthielt, inkubiert wurden. Für eine Stimulation (= Induktion ohne Transfektions-Agens) mit poly(IC) wurden unterschiedliche poly(IC)-Konzentrationen in serumfreiem Medium hergestellt. Als Negativkontrolle diente ein Ansatz mit serumfreiem Medium. Die Inkubation bzw. Aufarbeitung der Zellen und Überstände entspricht denen der transfizierten Ansätze. 2.2.20. Calcium-Phosphat-Transfektion MRC-5-Zellen wurden in 6 cm- oder 10 cm-Zellkulturschalen ausgesät, und nachdem die Kulturfläche zu 80 % bewachsen war, die Transfektion mittels Calcium-Phosphat-Technik durchgeführt. Für die Transfektion wurden zunächst je nach Versuchsansatz 1 µg oder 2 µg des p53-TA-Luc Plasmides mit TE-Puffer auf 438 µl aufgefüllt und anschließend 62 µl einer 2 molaren Calciumchlorid-Lösung hinzugetropft. Auf diesen Mix wurde tropfenweise unter leichtem Schütteln 500 µl 2x HBS gegeben und die Calcium-Phosphat-DNA-PräzipitatLösung 30 Minuten auf Eis inkubiert. Nach Ablauf der Inkubationszeit erfolgte langsam die tropfenweise Zugabe des Transfektionsmixes in das Medium und anschließend eine 2-3stündige Inkubation bei 37° C und 5 % CO2. Nach Abnahme des Mediums wurden die Zellen bei RT für 90 sec einer Glycerolschocklösung ausgesetzt, anschließend zwei- bis dreimal mit Erhaltungsmedium oder PBS gewaschen und über einen Zeitraum von 20 Stunden in Erhaltungsmedium bei 37° C weiterkultiviert. Nach Ablauf der 20-stündigen Inkubationszeit wurde das Medium entfernt, die Zellen mehrfach mit PBS gewaschen und nach der Lyse im Luciferase-Assay (2.2.21) eingesetzt. 2.2.21. Luciferase-Assay (nach Firma Clontech) Einfluß der Transfektion auf die Aktivierung des Tumorsuppressor-Proteins p53 Zunächst erfolgte die Lyse der transfizierten Zellen mit 200 µl Lysispuffer (Clontech) über einen Zeitraum von 20 min bei Raumtemperatur. Die Lysate wurden in ein Eppendorf-Gefäß überführt und die unlöslichen zellulären Bestandteile durch Zentrifugation (1 min, 14.000 rpm bei RT) entfernt. Für die Messungen wurden jeweils 100 µg Protein der einzelnen Überstände 47 eingesetzt und in Vertiefungen einer 96 Well-Mikrotiterplatte mit lichtundurchlässigen Seitenwänden pipettiert und anschließend mit 100 µl auf Raumtemperatur vorgewärmtes Reagenz A gemischt. Kurz vor der Messung erfolgte die Zugabe des ebenfalls auf RT vorgewärmten Reagenzes B und zügig die Aktivitätsbestimmung am Trilux 1450 MicrobetaCounter. Die Lumineszenzmessung jeder Probe erfolgte - nach vorangegangener Normalisierung laut Vorschrift Fa.Wallac - für 10 sec Die Quantifizierung der LuciferaseAktivität erfolgte in LCPS/ µg Protein. Beeinflussung der p53-vermittelten Expression des Reportergens Luciferase in MRC-5-Zellen durch HAV Abweichend zu obiger Beschreibung wurden in diesem Fall 3x 104 Zellen in 250 µl Lysispuffer aufgenommen und jeweis 20 µl für die Messung eingesetzt, da es bei der Verwendung HAV-infizierter Zellen schwierig war äquivalente Proteinmengen einzusetzen, weil die virusinfizierten Zellen im Vergleich zu den entsprechenden Kontrollzellen immer höhere Proteinmengen aufwiesen. Die Angabe der Lumineszenzwerte erfolgte in LCPS/ 3x104 Zellen. 2.2.22. Proteinextraktion Proteinextraktion zum Nachweis der Proteinkinase R (PKR) Es wurden Gesamtzellextrakte hergestellt, da etwa 20 % der PKR im Nucleus lokalisiert ist (Jacobs und Langland, 1996). Das Medium wurde von den 6 cm-Zellkulturschalen entfernt und die Zellen mit HBSS gewaschen. Anschließend wurden die Zellen je einer Kulturschale in 350 µl RITA-Puffer aufgenommen, wobei die Zellen von zwei 6 cm-Kulturschalen aufgrund der geringen Proteinausbeute gepoolt wurden. Nachdem die Zellen vollständig lysiert waren, wurde die Suspension lysierter Zellen in ein Eppendorfgefäß überführt und zweimal für 10 sec einer Ultraschall-Behandlung unterzogen. Dies erfolgte auf Eis. Anschließend wurden die Proben für 15 min bei 4° C und 14.000 rpm zentrifugiert und die erhaltenen Überstände bis zur Aufarbeitung im Western Blot bei -20° C aliquotiert gelagert. 48 Proteinextraktion zum Nachweis der phosphorylierten PKR (P-PKR) Der Induktionsmix (2.2.19.) wurde von den Zellkulturschalen entfernt und die Induktion durch Zugabe von 2 ml eiskaltem Calcium- und Magnesium freien PBS gestoppt. Die Zellen wurden zweimal mit eiskaltem PBS gewaschen, mit einem Zellschaber vom Boden der Kulturschale gelöst und mit PBS in ein Eppendorfgefäß überführt. Die Zellen wurden bei 4° C und 9000 rpm für 2 min abzentrifugiert und das Pellet in Extraktionspuffer (nach Firma Biosource) resuspendiert. Für 1,5 x 106 Zellen wurden 225 µl Lysispuffer verwendet. Die resuspendierten Zellen wurden über einen Zeitraum von 10 min alle 2 min kräftig gevortext und zwischendurch kontinuierlich auf Eis gelagert. Anschließend wurden die Proben für 15 min bei 4° C und 14.000 rpm zentrifugiert. Der proteinhaltige Überstand wurde abgenommen und aliquotiert bei -80° C weggefroren. Das aliquotierte Wegfrieren ist nötig, da wiederholtes Auftauen der Proben zu einer Zerstörung des Phosphorylierungsstatus führen kann. 2.2.23. Proteinbestimmung nach Bradford Das Prinzip dieser Proteinbestimmung beruht darauf, dass der Farbstoff Coomassie Brilliantblau bei Anwesenheit von Proteinen durch Bindung an dieselben seine spektralen Eigenschaften ändert. Es kommt zu einer Verschiebung des Absorptionsmaximums auf eine Wellenlänge von 595 nm. Das Ausmaß des Farbumschlags von Braun nach Blau wird photometrisch bestimmt. Zur Durchführung der Proteinbestimmung wurde zunächst das von der Firma Bio-Rad bezogene Bradford Reagenz im Verhältnis 1:5 mit Aqua dest. gemischt. 995 µl hiervon wurden in Plastik-Einmalküvetten vorgelegt und 5 µl der zu testenden Probe hinzugegeben. Nach 10 min wurde die Absorption bei 595 nm gemessen. Als Blank diente ein Ansatz mit 5 µl RITA-Puffer oder Extraktionspuffer (nach Biosource). Der Proteingehalt wurde anhand einer mit BSA erstellten Eichkurve ermittelt. 2.2.24. Diskontinuierliche SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE) Weber und Osborn konnten 1969 zeigen, dass in Gegenwart von Natriumdodecylsulfat (SDS) die Beweglichkeit der Proteine bei der Polyacrylamid-Gelelektrophorese eine lineare Funktion der Logarithmen ihrer Molekulargewichte ist. Es konnte gezeigt werden, dass SDS an die hydrophoben Regionen der Proteine bindet, wodurch die meisten Proteine in ihre 49 Untereinheiten dissoziiert werden. In die denaturierten Polypeptidketten wird durch die Bindung der negativ geladenen Detergenzmoleküle eine stark negative Ladung eingeführt, die die Eigenladung der Proteine überdeckt. Daraus resultierend erfolgt eine Trennung der Proteine nach ihrem Molekulargewicht und nicht - wie in Abwesenheit von SDS - auch anhand ihrer Nettoladung. Zur Auftrennung der in äquivalenten Mengen eingesetzten Proteine wurden die Proben mit einer geeigneten Menge Probenpuffer versetzt und für 5 min bei 95° C denaturiert. Für die PAGE wurde ein 10 %iges vertikales Polyacrylamid-Trenngel in Lower Tris verwendet, als Sammelgel diente ein 3 %iges Polyacrylamidgel in Upper-Tris. Als Molekulargewichtsmarker wurde der Cruz MarkerTM Molecular Weight Standard der Firma Santa Cruz verwendet. Die Auftrennung erfolgte in Tris/Glycin-Elektrophoresepuffer unter SDS-Zusatz für ca 2,5 h bzw. solange, bis das Bromphenolblau, welches einen Bestandteil des ProteinProben-Puffers darstellt, die Trennstrecke durchlaufen hatte. Die Spannung wurde während der elektrophoretischen Auftrennung konstant bei 80 V gehalten. 2.2.25. Western-Blot Nach der Elektrophorese wurde das Gel zunächst 30 min in Renaturierungspuffer und anschließend 30 min in Blottingpuffer auf dem Schüttler vorsichtig geschwenkt. Die exakt auf Gelgröße zugeschnittenen Nitrozellulose-Membranen wurden ebenfalls für 30 min in Blottingpuffer äquilibriert. Der Elektro-Blot (Tank-Blotting) zum Transfer der Proteine vom Gel auf die Nitrozellulosemembran erfolgte in Blotting-Puffer bei 4° C für 2,5 h bei 1,5-2 A. Da sich stringentes Blockieren in den Vorversuchen als essentiell für eine gute Detektion erwiesen hatte, wurden die Membranen über Nacht bei 4° C mit 5 % Magermilchpulver in TBS unter leichtem Schwenken inkubiert. 2.2.25.1. Detektion der Proteinkinase R (PKR) Die Blockierungslösung wurde verworfen und die Membranen für eine Stunde mit den Primärantikörpern inkubiert. Verwendet wurde für die PKR-Detektion ein polyklonaler PKRAntikörper (Kaninchen-anti-PKR D-20) oder ein Gemisch aus diesem mit einem monoklonalen PKR-Antikörper (Maus-anti-PKR B-10) in einer Verdünnung von jeweils 1:200. Es wurde eine Paralleldetektion zum gleichzeitigen Nachweis von Actin durchgeführt, d.h. die Inkubation der PKR-spezifischen Antikörper erfolgte zusammen mit einem 50 polyklonalen Actin-Antikörper (Ziege-anti-Actin C11, 1:300 verdünnt). Alle Antikörperverdünnungen wurden in Blockierungslösung unter Zusatz von 0,05 % Tween-20 als nicht ionogenem Emulgator hergestellt. Die Membranen wurden nach Ablauf der Inkubationszeit dreimal für 5 min in Tween-20-haltigem Waschpuffer gewaschen. Anschließend erfolgte die Inkubation mit Meerrettich-Peroxidase-konjugierten sekundären Antikörpern (anti-Maus-HRP und anti-Kaninchen-HRP je 1:2000 verdünnt, anti-Ziege-HRP in einer Verdünnung von 1:2500) für 45 min bei RT. Um nicht gebundene Antikörper zu entfernen, wurden die Membranen über einen Zeitraum von 20 min erneut 3 mal mit Tween-20-haltigem Waschpuffer gewaschen und anschließend für 5 min mit Waschpuffer ohne EmulgatorZusatz. Die Detektion erfolgte mit dem Western Blotting Luminol Reagenz der Firma Santa Cruz. Dazu wurden gleiche Volumina der Detektionslösungen I und II gemischt und die Membran diesem für 1 min ausgesetzt. Die Luminol-Lösung wurde nach exakt 1 min entfernt, die Membranen in eine Glassichtfolie gelegt und die als Folge der Peroxidase katalysierten chemischen Reaktion entstehende Lichtemission durch Schwärzung eines Röntgenfilms detektiert. Der gleichzeitige Nachweis von Actin erfolgte, um zu überprüfen, ob äquivalente Proteinmengen eingesetzt wurden und so eine Vergleichbarkeit der einzelnen Banden untereinander möglich war. 2.2.25.2. Detektion der phosphorylierten PKR (P-PKR) Auch hier erfolgte die Abnahme der Blockierungslösung und anschließend eine zweistündige Inkubation bei RT mit dem primären phospho-spezifischen PKR-Antikörper (Kaninchen-antiPKR [pT451], 1:500 verdünnt) in Blockierungslösung unter Zusatz von 0,05 % Tween-20. Um nicht gebundenen, überschüssigen Antikörper zu entfernen folgte ein dreimaliges Waschen mit Waschpuffer unter Tween-20-Zusatz für je 5 min und im Anschluß daran eine einstündige Inkubation mit einem Peroxidase-konjugierten sekundären Antikörper (anti-Kaninchen-HRP, 1:1500 verdünnt). Die Membranen wurden erneut gewaschen über einen Zeitraum von 20 min mit Tween-20-haltigem Waschpuffer, wobei dieser dreimal gewechselt wurde und im Anschluß daran für 10 min in Waschpuffer ohne Emulgator-Zusatz. Die Detektion erfolgte wie unter 2.2.24.1. beschrieben mit Hilfe des Western Blotting Luminol Reagenzes. Nach erfolgter Detektion wurden die Membranen für 30 min in Waschpuffer geschwenkt und ein „Stripping“ derselben durchgeführt. Dies war nötig, da Vorversuche gezeigt hatten, dass bei Verwendung des phospho-spezifischen Antikörpers eine gleichzeitige Detektion von Actin und PKR nicht möglich war. Zur Entfernung der gebundenen Antikörper wurden die Membranen zunächst für 30 min bei 50° C in Stripping-Puffer inkubiert. Anschließend 51 wurden die Membranen für 10 min in Waschpuffer gewaschen und ein erneutes ImmunoStaining beginnend mit dem Blockierungsschritt durchgeführt. Hierbei reichte eine einstündige Blockierung der Membranen in Blockierungspuffer - allerdings mit Tween-20Zusatz - bei RT aus. Das weitere Vorgehen erfolgte wie oben bereits beschrieben, die Detektion erfolgte auch hier durch Chemilumineszenz mit Peroxidase-gekoppelten sekundären Antikörpern. 2.2.26. Densitometrische Auswertung Die nach Durchführung des Western-Blots erhaltenen Proteinbanden wurden zum Teil densitometrisch ausgewertet. Dazu wurden die Banden eingescannt und anschließend mittels des Software Programmes ImageLab Version 2.0 densitometrisch quantifiziert. Hierbei zeichnet das Densitometer die Banden in Abhängigkeit von der Schwärzung in Form von Peaks auf. Das Integral der Fläche unter den erhaltenen Peaks gilt als relatives Maß für die Proteinmenge in den entsprechenden Banden der Gele. 52 3. ERGEBNISSE ___________________________________________________________________________ 3.1. Etablierung eines humanen Zellkultursystems zur Analyse der Blockade zellulärer antiviraler Mechanismen durch das Hepatitis A-Virus Zahlreiche Viren haben Mechanismen entwickelt, der unspezifischen Immunantwort zu entgehen und so ihren Fortbestand zu sichern (Charleston et al., 2001; Levy und GarciaSastre, 2001; Wang et al., 2000). Das Hepatitis A-Virus, das in vivo in der Regel eine akute selbstlimitierende Erkrankung auslöst, da es im Rahmen einer immunpathologischen Reaktion durch CD8-positive, cytotoxische T-Lymphozyten eliminiert wird (Vallbracht et al., 1989), führt in vitro, wo die zelluläre Immunantwort für eine Viruseliminierung nicht zur Verfügung steht, in der Regel zur Persistenz des Virus (Flehmig, 1981; Gauss-Müller et al., 1981; Vallbracht et al., 1984). Eine Möglichkeit, diesen Infektionsverlauf in vitro zu erklären, bietet die Tatsache, dass es im Rahmen der Infektion nicht zur Interferonexpression kommt (Vallbracht et al., 1985). In unserer Arbeitsgruppe konnte an fetalen RhesusaffenNierenzellen (FRhK-4) zudem gezeigt werden, dass das Hepatitis A-Virus die Transkription des Interferon-E-Gens nicht initiiert und zudem fähig ist, die durch dsRNA induzierbare Interferonproduktion zu unterbinden (Brack et al., 2002). Ziel dieser Arbeit sollte es zunächst sein, ein Zellkultursystem humanen Ursprungs zu etablieren, auf welches die an FRhK-4-Zellen durchgeführten Untersuchungen übertragen werden können. Dieses humane System sollte zudem dem Anspruch genügen, ein voll funktionsfähiges Interferonsystem als antivirales Prinzip aufzuweisen, da die in den bisherigen Untersuchungen verwendeten FRhK-4-Zellen zwar in der Lage waren nach Induktion mit dem synthetischen dsRNA Analogon poly(IC) Interferon zu produzieren, aber selbst keinen Response auf dieses zeigten (Brack, 1999). 3.1.1. Induzierbarkeit des Interferon-Systems in der humanen Hepatomzellinie HepG2 Auf der Suche nach einem geeigneten Zellkultursystem wurden zunächst HepG2-Zellen verwendet. Bei diesen handelt es sich um Hepatomzellen humanen Ursprungs, die mit HAV infizierbar sind (Zajac et al., 1991) und aufgrund des Leberzelltropismus des Hepatitis AVirus den Vorteil bieten, sich nahe an der physiologischen Targetzelle desselben zu befinden. 53 3.1.1.1. Induktion von Interferon mit poly(IC) Ziel sollte es zunächst sein, die Induzierbarkeit von Interferon nach Induktion mit dem synthetischen dsRNA Analogon poly(IC) zu überprüfen. Da die Vorbehandlung Interferonsensitiver Zellen mit Interferon („Priming“) die Interferonausbeute deutlich steigern kann (Abreu et al., 1979; Havell und Vilcek, 1972; Steward et al., 1972), wurden die Zellen vor der poly(IC)-Induktion mit Interferon-D inkubiert. Für das Experiment wurden HepG2-Zellen in 6 cm-Zellkulturschalen ausgesät und in Wachstumsmedium solange kultiviert bis sich ein konfluenter möglichst dichter Zellrasen ausgebildet hatte. Die Zellen wurden dann über einen Zeitraum von 16 h mit 50 IU/ml Interferon-D (Roferon®) in serumfreiem Medium bei 37 °C und 5 % CO2 inkubiert, dreimal mit HBSS gewaschen und anschließend mit unterschiedlichen Mengen poly(IC) für 2 h induziert. Tab. 1: Induktion der Interferonproduktion in IFN-D (Roferon® 50 IU/ml) behandelten HepG2-Zellen nach Stimulation und Transfektion mit poly(IC) Interferonproduktion (U/ml) FRhK-4 HepG2 10 µg/ml 252 20 20 µg/ml 504 20 100 µg/ml - 20 20 µg/ml 20 20 100 µg/ml 20 20 poly(IC) / DEAE-Dextran* poly(IC) - = nicht bestimmt; * = DEAE-Dextran: 100 µg/ml Bei den dargestellten Interferonaktivitäten handelt es sich um die Mittelwerte aus Zweifachansätzen. Die Induktion erfolgte sowohl mit poly(IC) allein als auch nach der DEAE-Dextran-Methode, wobei die Menge an DEAE-Dextran stets konstant bei 100 µg/ml gehalten wurde. Als Kontrollen wurden Zellen mitgeführt, die mit Interferon-D inkubiert, aber anschließend nicht mit poly(IC) induziert, sondern lediglich mit serumfreiem Medium oder DEAE-Dextran behandelt wurden, sowie nicht „geprimte“ nicht induzierte Zellen. Als Kontrollen dienten zudem mit poly(IC) induzierte FRhK-4-Zellen. Alle Ansätze wurden in Doppelbestimmung durchgeführt. Nach Ablauf der zweistündigen Inkubation wurde der jeweilige Induktionsmix entfernt, die Kulturschalen mit Erhaltungsmedium beschickt und für 16 h bei 37 °C unter 54 5 %iger CO2-Zufuhr weiterkultiviert. Die Zellkulturüberstände wurden abgenommen und für den Interferonnachweis im Plaquereduktionstest verwendet. Das Ergebnis desselben ist in Tab. 1 dargestellt. Es war keine Interferonaktivität in den HepG2-Zellen nach Stimulation oder Transfektion mit poly(IC) zu detektieren. Die als Positivkontrolle mitgeführten FRhK-4Zellen reagierten wie erwartet mit einer deutlichen Interferonantwort nach Transfektion von poly(IC) mit DEAE-Dextran, aber nicht auf eine Stimulation mit poly(IC) allein. Dies zeigt, dass die durchgeführte Induktion erfolgreich war, HepG2-Zellen scheinen diesen Ergebnissen nach zu urteilen aber trotz Primings nicht in der Lage zu sein, auf intra- oder extrazelluläre poly(IC)-Induktion mit einer Interferonantwort zu reagieren. 3.1.1.2. Superinduktion Eine weitere Möglichkeit die durch poly(IC) induzierbare Interferonproduktion zu steigern, bietet die - als Superinduktion - bezeichnete kombinierte Behandlung der Zellen mit dem Translationsinhibitor Cycloheximid und Actinomycin D, einem irreversiblen Hemmer der Transkription (Havell und Vilcek, 1972). Der folgende Versuch sollte zeigen, ob die humane Hepatomzellinie HepG2 durch diese Methodik zur Interferonproduktion angeregt werden kann. Dazu wurden in 6 cmZellkulturschalen konfluent gewachsene HepG2-Zellen wie unter 3.1.1.1. beschrieben mit 50 IU/ml Interferon-D (Roferon®) für 16 h inkubiert und anschließend mit poly(IC) für 2 h stimuliert oder unter Verwendung von DEAE-Dextran transfiziert. Nach dreimaligem Waschen der Zellen mit HBSS erfolgte die Superinduktion. Dazu wurden die Zellen über einen Zeitraum von 5 h mit Cycloheximid (50 µg/ml) in serumfreiem Medium bei 37 °C und 5 % CO2 inkubiert. Nach 4,5 h erfolgte die Zugabe von Actinomycin D (1 µg/ml) für 30 min ins Medium. Anschließend wurden beide Substanzen durch dreimaliges Waschen mit HBSS entfernt und die Zellen nach Zugabe von Erhaltungsmedium für 16 h weiterkultiviert. Die dann geernteten Zellkulturüberstände wurden bis zur Austestung im Plaquereduktionstest bei -80 °C gelagert. Als Kontrollen wurden Zellen mitgeführt, die anstelle der oben aufgeführten Agenzien lediglich mit serumfreiem Medium inkubiert wurden oder aber jeweils mit den einzelnen verwendeten Substanzen oder deren Kombinationen. Die Waschschritte und Inkubationen erfolgten unter den gleichen Bedingungen wie bei den anderen Ansätzen. In Tab. 2 ist das Ergebnis des Plaquereduktionstestes aufgeführt. Die Effektivität der Kombination von Induktion und Superinduktion zeigten die poly(IC)-transfizierten und superinduzierten FRhK-4-Zellen. Die mitgeführten Negativkontrollen zeigten keine 55 Interferonaktivität. In den HepG2-Zellen scheint unter den gewählten Versuchsbedingungen durch poly(IC)-Induktion trotz Vorbehandlung der Zellen mit Interferon-D und Superinduktion mit Cycloheximid und Actinomycin D keine bzw. eine nur sehr geringe, unzuverlässig detektierbare Interferonproduktion zu erfolgen. Tab. 2: Induktion der Interferonproduktion in IFN-D (50 IU/ml) behandelten HepG2-Zellen nach Stimulation und Transfektion mit poly(IC) und SuperinduktionA Interferonproduktion (U/ml) FRhK-4 HepG2 10 µg/ml 496 20B 20 µg/ml - 202 100 µg/ml - 20B 20 µg/ml - 202 100 µg/ml 20 202 poly(IC) / DEAE-Dextran* + CHX / Actinomycin D poly(IC) + CHX / Actinomycin D - = nicht bestimmt; * = DEAE-Dextran: 100 µg/ml A = nach Transfektion Gabe von 50 µg/ml Cycloheximid (CHX) für 5 h, 30 min vor Entfernung des CHX Zugabe von Actinomycin D (1 µg/ml Endkonz.) B = 2 unabhängigie Untersuchungen derselben Probe ergaben 20 bzw. 62,5 U/ml 3.1.2. Induzierbarkeit des Interferon-E-Systems in der humanen Fibroblastenzellinie MRC-5 Nachdem sich gezeigt hatte, dass die humane Hepatomzellinie HepG2 für die weiteren geplanten Untersuchungen bezüglich der poly(IC)-induzierbaren Interferonproduktion nicht geeignet ist, wurde auf humane embryonale Lungenfibroblasten (MRC-5) zurückgegriffen (Jakobs et al., 1970). Diese weisen eine Permissivität für den HAV-Stamm GBM auf und sind als Fibroblasten zur Interferon-E-Produktion nach entsprechender Stimulation befähigt. 3.1.2.1. Induktion von Interferon-E mit poly(IC) Um die optimalen Einsatzmengen für die Interferoninduktion in MRC-5-Zellen zu ermitteln, wurden diese in 6 cm-Kulturschalen ausgesetzt und nachdem sich ein konfluenter Monolayer 56 ausgebildet hatte, mit unterschiedlichen poly(IC)-Konzentrationen inkubiert. Parallel dazu wurde das poly(IC) als Komplex mit DEAE-Dextran auf die Zellen aufgebracht. Kontrollzellen wurden lediglich mit Medium oder DEAE-Dextran inkubiert. Die Induktion wurde in serumfreiem Medium durchgeführt, da die Verwendung eines Mediums mit hohen FCS-Konzentrationen die Interferonausbeute vermindern kann (Havell und Vilcek, 1972). Nach Ablauf der zweistündigen Stimulation bei 37 °C und 5 % CO2 wurde der Induktionsmix entfernt und die Zellen für weitere 16 Stunden in Erhaltungsmedium kultiviert. 12000 A Interferon [U/ml] 10000 ohne DEAE mit DEAE 8000 6000 4000 2000 0 1 2 5 10 20 50 100 20 50 100 poly(IC) (µg/m l) 1600 B ohne DEAE 1400 Interferon [U/ml] 1200 1000 800 600 400 200 0 1 2 5 10 poly(IC) (µg/m l) Abb. 5: Interferonaktivitäten in MRC-5-Zellen in Abhängigkeit von der eingesetzten poly(IC)-Konzentration. Die Induktion erfolgte für 2 h mit steigenden poly(IC) Mengen (1, 2, 5, 10, 20, 50, 100 µg/ml). Die Konzentration an DEAE-Dextran (100 µg/ml) blieb konstant (A). In B) dargestellt ist eine Auskopplung aus Graphik A). Die Abhängigkeit der Interferonproduktion von der eingesetzten Menge an dsRNA ist auch bei Stimulation der Zellen mit poly(IC) allein zu beobachten. Die erreichten Interferonausbeuten sind allerdings signifikant niedriger. Dargestellt ist ein repräsentatives Experiment aus mehrfachen Reproduktionen. 57 Die Zellkulturüberstände Interferonaktivität wurden bestimmt. Dazu abgenommen wurden und humane im Plaquereduktionstest Amnionzellen in 96 die Well- Mikrotiterplatten verwendet und eine serielle Verdünnungsreihe mit den entsprechenden Überständen durchgeführt. Der - ursprünglich von Dulbecco 1952 entwickelte Plaquereduktionstest als Bestimmungsmethode für die Menge an sezerniertem Interferon wurde gewählt, da er im Gegensatz zum ELISA den Vorteil bietet, biologisch aktives Interferon quantitativ zu erfassen. Die Ergebnisse des Bioassays sind in Abb. 5 dargestellt. Die Interferonproduktion in MRC-5-Zellen ist abhängig von der eingesetzten Menge an dsRNA. Eine signifikante Steigerung der Interferonsekretion wird beim Einbringen des poly(IC) mittels DEAE-Dextran-Technik erreicht. Dieses Agens führt nicht nur zu einer Erhöhung der Transfektionseffizienz, sondern die Komplexierung des poly(IC) mit dem DEAE-Dextran bewirkt zudem eine höhere Ribonuclease-Resistenz des dsRNA-Analogons (Fields et al., 1996). Bei alleiniger poly(IC)-Stimulation ist bis zu einer Konzentration von 100 µg/ml eine Steigerung der Interferonproduktion zu verzeichnen. Wird die dsRNA in Anwesenheit von DEAE-Dextran in die Zellen transferiert, so zeigte sich, dass ab 20 µg/ml poly(IC) kein weiterer deutlicher Anstieg der Interferonsynthese erreicht werden kann. Es wurde für die weiteren Experimente daher die letztgenannte poly(IC)-Konzentration unter Verwendung von DEAE-Dextran eingesetzt. Für die Transfektion mit Hilfe dieses hochmolekularen Polysaccharides wurde sich auch aufgrund der Infektionssituation in vitro entschieden. HAV/GBM repliziert als RNA-Virus im Cytoplasma und da es sich bei diesem HAV-Stamm um eine nicht cytopathogene Variante handelt, ist der Wirkort von HAV mit großer Wahrscheinlichkeit auch hier und nicht extrazellulär zu suchen. 3.1.2.2. Effekt von exogenem Interferon auf die Expressionsinduktion von Interferon-E durch poly(IC) Wie bereits erwähnt belegen zahlreiche Studien, dass die Interferonexpression in den unterschiedlichsten Zelltypen durch eine Vorbehandlung mit Typ-I-Interferonen gesteigert werden kann (Abreu et al., 1979; Havell und Vilcek, 1972; Steward et al., 1972). In welchem Ausmaß dies auf die verwendeten MRC-5-Zellen zutrifft, sollte im Folgenden untersucht werden. Dazu wurden MRC-5-Zellen in 6 cm-Schalen ausgesät und solange kultiviert bis sich ein geschlossener Monolayer ausgebildet hatte. Die Zellen wurden dann über einen Zeitraum von 16 Stunden mit 50 IU/ml Interferon-ȕ (Betaferon®) inkubiert. Nach dreimaligem 58 Waschen mit HBSS erfolgte die Induktion mit poly(IC) bzw. poly(IC) und DEAE-Dextran über einen Zeitraum von 2 Stunden in serumfreiem Medium. Anschließend wurden die Zellen für 16 Stunden in Erhaltungsmedium weiterkultiviert, die Zellkulturüberstände geerntet und im Plaquereduktionstest die Interferonaktivität bestimmt (Abb. 6). MRC-5-Zellen, die geprimt aber anschließend lediglich mit DEAE-Dextran oder Medium inkubiert wurden, sind als Kontrollen mitgeführt worden. Diese zeigten bei der Auswertung - abgesehen von dem in MRC-5-Zellen vorhandenen geringen konstitutiven Interferonlevel - keine Plaquereduktion. Es zeigte sich eine signifikante Steigerung der Interferonsynthese in Interferon-behandelten („geprimten“), lediglich mit poly(IC)-stimulierten MRC-5-Zellen im Vergleich zu den nicht geprimten Kontrollkulturen (Abb. 6A). Im Gegensatz dazu war in den Zellen, in die das poly(IC) durch Transfektion eingebracht worden war, durch die zusätzliche Vorbehandlung mit Betaferon® lediglich eine etwa 20 %ige Steigerung der Syntheserate zu verzeichnen (Abb. 6B) im Vergleich zu der fast vierfachen Erhöhung in den Zellen, in denen die Transfektion ohne „Carrier“ erfolgte (Abb. 6A). Es scheint, dass durch die Transfektion mit DEAE-Dextran die Effizienz derselben bereits so gesteigert wird, dass die Kapazität der Zelle bezüglich der Interferonantwort nahezu ausgeschöpft ist. 1000 900 18000 A 16000 14000 700 Interferon [U/ml] Interferon [U/ml] 800 B 600 500 400 300 12000 10000 8000 6000 200 4000 100 2000 0 0 poly(IC) poly(IC), primed poly(IC) + DEAEDextran poly(IC) + DEAEDextran, primed Abb. 6: Interferonexpression nach poly(IC)-Induktion in Abhängigkeit von exogener Betaferon®- Gabe („Priming“) Konfluent gewachsene MRC-5-Zellen wurden für 16 Stunden mit 50 IU/ml Betaferon® in Erhaltungsmedium (primed) oder Erhaltungsmedium ohne Interferonzusatz inkubiert. Nach 2-stündiger Stimulation mit poly(IC) [20µg/ml] oder Transfektion mittels 100 µg/ml DEAE-Dextran und 16 Stunden Inkubation in Erhaltungsmedium erfolgte die Abnahme der Zellkulturüberstände und Austestung im Plaquereduktionstest mit VSV als Challenge-Virus. Bei den dargestellten Interferonaktivitäten handelt es sich um Mittelwerte aus Zweifachansätzen mit den dazugehörigen Standardabweichungen. 59 3.1.2.3. Kinetik der Interferon-E-Expression nach Induktion mit poly(IC) Nachdem die optimalen Einsatzmengen an poly(IC) gefunden waren, sollte ermittelt werden zu welchem Zeitpunkt eine möglichst hohe Ausbeute an Interferon-Protein erzielt wird und gleichzeitig noch ein entsprechend starkes Signal an Interferon-E-mRNA zu detektieren ist, da letztere aufgrund destabilisierender Sequenzen in ihrer untranslatierten Region am 3`-Ende nur eine kurze Halbwertszeit aufweist (Sen und Lengyel, 1992; Vilcek und Sen, 1996). Dazu wurden MRC-5-Zellen mit der gleichen Zelldichte wie im vorherigen Experiment verwendet und mit 20 µg/ml poly(IC) mittels DEAE-Dextran (100 µg/ml) transfiziert. Es wurden parallel dazu Zellen mitgeführt, die während der Transfektionsdauer nur mit Medium oder DEAE-Dextran inkubiert wurden. Nach Ablauf der zweistündigen Inkubation wurde der Induktionsmix abgenommen, überschüssiges poly(IC) durch zweimaliges Waschen der Zellen mit HBSS entfernt, Erhaltungsmedium zugegeben und die Zellen bei 37 °C und 5 % CO2 weiterinkubiert. poly(IC) / DEAE-Dextran Stunden 0 2 4 8 12 16 24 36 48 H2O IFN-E 552 bp E-Actin 381 bp DEAE-Dextran Stunden 0 2 4 8 12 16 24 36 48 H2O poly(IC) IFN-E E-Actin Abb. 7: Nachweis von Interferon-E- und E-Actin-Transkripten mittels RT-PCR. Die Induktion der Interferon-ȕ-Expression erfolgte für 2 h mit 20 µg/ml poly(IC) nach der DEAEDextran-Methode. Für die RT-PCR wurden 500 ng RNA eingesetzt. Um Verfälschungen der Ergebnisse mit Rückständen genomischer DNA zu vermeiden, wurde ein DNase Verdau durchgeführt. Parallel zur IFN-ȕ RT-PCR wurde der Nachweis der konstitutiv gebildeten ȕ-ActinmRNA durchgeführt, um sicher zu gehen, dass überall gleiche Mengen an RNA eingesetzt wurden und so eine Vergleichbarkeit der einzelnen Banden zu gewährleisten. Als Größenmarker wurde ein DNA-Längenstandard („1kb-DNA-Leiter“) mitgeführt (nicht dargestellt). 60 Zu definierten Zeitpunkten wurden Proben gezogen. Die Zellkulturüberstände wurden abgenommen und im Plaquereduktionstest die Interferonaktivität bestimmt. Gleichzeitig wurden die Zellen abtrypsiniert und wie im Methodenteil dieser Arbeit beschrieben die RNA extrahiert. Es zeigte sich (Abb. 7), dass bereits direkt nach Ablauf der zweistündigen Transfektion (Zeitpunkt: t=0) Interferon-E-mRNA zu detektieren war. Die Bandenstärke stieg nachfolgend kontinuierlich an und erreichte 8 Stunden nach Transfektionsende die stärkste Intensität, um danach langsam wieder abzufallen. IFN-E-mRNA war allerdings bis zum Ende des 48stündigen Versuchszeitraums deutlich zu detektieren, wenn auch in zunehmend abgeschwächter Form. 14000 12000 Interferon [U/ml] 10000 8000 6000 4000 2000 0 2h 4h 6h 8h 12 h 16 h Abb. 8: Plaquereduktionstest zum Nachweis der Interferonaktivitäten in MRC-5Zellen zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Induktion mit poly(IC)/DEAE-Dextran. Die Induktion der Interferonexpression erfolgte über 2 Stunden mit 20 µg/ml poly(IC) mittels DEAE-Dextran (100 µg/ml). Die Zellkulturüberstände wurden nach Beendigung der Induktion zu den angegebenen Zeitpunkten abgenommen und der Interferongehalt im Bioassay unter Verwendung von WISH-Zellen wie beschrieben bestimmt. Die Angabe der Interferonaktivitäten erfolgt in U/ml. Bei den angegebenen Aktivitäten handelt es sich um die Mittelwerte von Doppelbestimmungen aus drei voneinander unabhängigen Experimenten mit den entspechenden Standardabweichungen. Die mitgeführten Kontrollen - sowohl die mit Medium als auch die mit DEAE-Dextran behandelten Zellen - zeigten eine über die Dauer des Versuchszeitraums immer gleichbleibende, sehr schwache Bande auf der Höhe von 552 bp (im Ausdruck nicht sichtbar). Eine solche - sehr niedrige, basale - Produktion von Typ-I-Interferonen in Abwesenheit einer viralen Infektion oder eines anderen spezifischen Induktors ist beschrieben worden (Gresser, 61 1990; Taniguchi und Takaoka, 2001). Die Tatsache, dass es in den als Negativkontrolle mitgeführten lediglich DEAE-Dextran behandelten Zellen zu keiner durch den Carrier induzierten Interferonexpression kam, weist poly(IC) als spezifischen Induzenten der Interferonproduktion aus, wie ja auch unter physiologischen Bedingungen einer viralen Infektion dsRNA als Induktor der Interferonsynthese angesehen wird (Jacobs und Langland, 1996). Im Plaquereduktionsassay (Abb. 8) konnte zwei Stunden nach Transfektionsende (t=2) erstmals biologisch aktives Interferon detektiert werden. Auch hier steigt die Interferonsynthese kontinuierlich an und erreicht nach 16 Stunden ein Maximum, um bis zum Ende der 48-stündigen Versuchsdauer nahezu konstant zu bleiben. Die oben dargestellten Ergebnisse zeigen, dass MRC-5-Zellen hervorragende Interferonproduzenten sowohl nach intra- als auch extrazellulärer poly(IC)-Induktion darstellen und im Gegensatz zu FRhK-4-Zellen mit einem voll funktionsfähigen Interferon-ESystem als antiviralem Mechanismus ausgestattet sind. Somit konnte mit dieser Fibroblastenzellinie ein humanes Zellkultursystem etabliert werden, das den Anforderungen in Bezug auf die nachfolgenden Experimente entspricht. 3.2. Untersuchungen zur Expressionsinduktion des Interferon-E-Gens in MRC-5-Zellen durch das Hepatitis A-Virus Vallbracht et al. (1985) konnte auf der Ebene der biologischen Funktion zeigen, dass eine Hepatitis A-Infektion in vitro weder zur Synthese von Interferon-Į in Lymphozyten noch Interferon-E in Fibroblasten führt, auch dann nicht, wenn eine Vorbehandlung der Zellen mit HuIFN-D (PBL`s) oder HuIFN-E (Fibroblasten) erfolgte. Infolgedessen unterbleibt der Aufbau eines antiviralen Status in diesen Zellen. Brack et al. (2002) konnte in fetalen Rhesusaffen-Nierenzellen ebenfalls keine Interferonexpression nach einer HAV-Infektion zeigen. Es ist aber möglich, durch exogene Zufuhr geringer Mengen von Typ-I-Interferonen eine persistente Infektion in humanen Fibroblasten zu eliminieren (Vallbracht und Flehmig, 1985). Diesen Ergebnissen nach zu urteilen, ist das Hepatitis A-Virus demnach nicht in der Lage, die durch Interferon vermittelte Genexpression und die daraus resultierenden antiviralen Reaktionen zu inhibieren, aber fähig die Interferonsynthese zu beeinflussen und dies, obwohl das Hepatitis A-Virus aufgrund seiner - im Vergleich zu anderen Picornaviren - stark retardierten Replikationsgeschwindigkeit für die Anschaltung dieser antiviralen Signalkaskade prädestiniert sein müsste. 62 3.2.1. Nachweis von biologisch aktivem Interferon Im folgenden Experiment sollte überprüft werden, ob auch in der humanen Fibroblastenzellinie MRC-5 eine Interferonexpression nach HAV-Infektion unterbleibt. Dazu wurde eine Kinetik über einen Zeitraum von 72 h durchgeführt. MRC-5 Zellen wurden in 6 cm-Schalen ausgesät und nach Erreichen eines konfluenten Monolayers mit HAV/GBM (MOI: 1) infiziert. Parallel dazu wurden Kontrollzellen in serumfreiem Medium mitgeführt. Nach Ablauf der zweistündigen Inkubationszeit wurden die Zellen einmal mit HBSS gewaschen und erhielten im Anschluss daran Medium mit 3 %igem Serumzusatz. Über einen Zeitraum von 72 Stunden wurden in regelmäßigen Abständen Proben gezogen. Die Überstände der Zellkulturen wurden gesammelt, bei -80 °C zwischengelagert und anschließend die Interferonaktivität bestimmt. Das Ergebnis des Plaquereduktionstests ist in Tab. 3 dargestellt. Tab. 3: Kinetik der Interferonproduktion in HAV/GBM-infizierten MRC-5-Zellen Interferonaktivität (U/ml) h p.i. 0 4 8 12 24 36 48 60 72 HAV/GBM 20 20 20 20 20 20 20 20 20 Medium 20 20 20 20 20 20 20 20 20 - - - 9740 - - - - - - - - 20 - - - - - 1 poly(IC) + DEAE-Dextran DEAE-Dextran 2 2 - = nicht bestimmt; 1 = 20 µg/ml; 2 = 100 µg/ml; bei allen Daten handelt es sich um Mittelwerte aus Doppelbestimmungen Lediglich in den als Positivkontrolle mitgeführten mit poly(IC)-transfizierten, nicht infizierten Fibroblasten sind signifikante Interferonmengen zu detektieren. In den HAV-infizierten MRC-5-Zellen kam es zu keinem Zeitpunkt zu einer durch das Hepatitis A-Virus induzierten Interferonsekretion. Auch die ebenfalls als Kontrolle mitgeführten lediglich mit DEAEDextran induzierten Zellen zeigten keine Interferonaktivität. Der Erfolg der Infektion wurde am Tag 3 p.i. mittels indirekter Immunfluoreszenz gezeigt. Demnach kommt es auch in HAV/GBM-infizierten MRC-5-Zellen nicht zur Interferonsekretion. 63 3.2.2. Nachweis von IFN-E-mRNA Bisher nur an fetalen Rhesusaffen-Nierenzellen gezeigt wurde das Phänomen, dass das Hepatitis A-Virus bereits zu einem frühen Zeitpunkt in die Signalkaskade der Interferoninduktion eingreift. Wie Brack et al. (2002) zeigen konnte, wird in HAV-infizierten FRhK-4-Zellen bereits die Transkription des Interferon-E-Gens nicht initiiert. Ob dies auch im humanen System der Fall ist, wurde anhand nachfolgender Kinetik überprüft. HAV/GBM h p.i. 0 4 8 12 24 36 48 60 72 48 60 72 + - IFN-E E-Actin mock h p.i. 0 4 8 12 24 36 + + IFN-E E-Actin Abb. 9: Nachweis von Interferon-E-mRNA in HAV/GBM-infizierten MRC-5-Zellen mittels RT-PCR. MRC-5-Zellen wurden mit HAV/GBM (MOI: 1) bzw. mock (Medium) für 2 h bei 37 °C und 5 % CO2 inkubiert. Nach Abnahme der Inokula erhielten alle Zellen Erhaltungsmedium. Für die RTPCR wurden 500 ng RNA eingesetzt. Der Nachweis von E-Actin erfolgte parallel, um zu zeigen, dass äquivalente RNA-Mengen eingesetzt wurden. Als Positivkontrolle (+) wurde die RNA von Zellen isoliert, die mit 20 µg/ml poly(IC) mittels DEAE-Dextran (100 µg/ml) transfiziert worden waren, als Negativkontrolle (-) Zellen, die lediglich DEAE-Dextran erhielten. Die Aufarbeitung dieser Kontrollen erfolgte 12 h nach Transfektionsende. Alle Ansätze einschließlich der Kontrollen wurden als Doppelbestimmung durchgeführt. Konfluent gewachsene MRC-5-Zellen wurden mit HAV/GBM infiziert. Pro 6 cm-Schale wurden 500 µl HAV-Inokulum (MOI: 1) oder für die mock-Infektion serumfreies Medium eingesetzt. Nach 2 Stunden wurden die Inokula entfernt, die Zellen einmal mit HBSS 64 gewaschen und mit Erhaltungsmedium beschickt. Zu definierten Zeiten wurde die RNA der Zellen - wie von Chomzcynski und Sacchi (1987) beschrieben - isoliert, extrahiert und 500 ng der DNA-freien RNA-Präparationen für die RT-PCR eingesetzt. Als Positivkontrolle für den IFN-ȕ-mRNA-Nachweis wurden Zellen verwendet, die zeitgleich (während der Infektion) mit poly(IC)/DEAE-Dextran transfiziert worden waren. Die Aufarbeitung dieser Zellen und der als Negativkontrolle dienenden Fibroblasten, die lediglich mit DEAE-Dextran transfiziert wurden, erfolgte 12 Stunden nach Transfektionsende. Weiterhin wurde die Infektion der Kulturen mittels indirekter Immunfluoreszenz zum Zeitpunkt der letzten Probennahme (72 h p.i.) kontrolliert. Während des über 72 Stunden laufenden Versuchszeitraums kam es durch HAV/GBM nicht zur Induktion von Interferon-E-mRNA (Abb. 9). Die mitgeführten nicht infizierten aber mit 20 µg/ml poly(IC)-transfizierten MRC-5-Zellen zeigten hingegen ein deutliches IFN-E Signal auf Transkriptionsebene, die als Negativkontrolle dienenden lediglich mit DEAE-Dextran transfizierten Zellen erwartungsgemäß nicht. Dies zeigt zum einen die Induzierbarkeit des IFN-E-Gens in MRC-5-Zellen nach poly(IC)-Transfektion und zum anderen weist es dsRNA als spezifischen Induktor der Interferonsynthese auf. Auch wenn die Fragestellung, ob es nach einer Hepatitis A-Infektion in vivo zu einer Interferoninduktion kommt, kontrovers diskutiert wird (Levin und Hahn, 1982; Rakela und Ishizawa, 1984; Vallbracht et al., 1985; Zachoval et al., 1990), so konnten die oben erhaltenen Ergebnisse die in vitro Befunde von Vallbracht et al. (1985) und Brack et al. (2002) bestätigen, dass das Hepatitis A-Virus die Expression des Interferon-E-Gens nicht induziert und ergänzen, indem gezeigt werden konnte, dass auch im humanen System die Initation der Interferon-E-Transkription nach HAV-Infektion unterbleibt. 3.3. Einfluss des Hepatitis A-Virus auf die poly(IC)-induzierte Expression des Interferon-E-Gens in MRC-5-Zellen Nachdem gezeigt werden konnte, dass das Hepatitis A-Virus die Interferonexpression nicht induziert und der Angriffspunkt von HAV auch im humanen System auf Transkriptionsebene zu finden ist, stellte sich nun die Frage, inwiefern HAV auch die durch poly(IC)-induzierte Interferonxpression in MRC-5-Zellen zu blockieren vermag. 65 3.3.1. Effekt auf die poly(IC)-induzierte Synthese von biologisch aktivem Interferon Zur Klärung dieser Frage wurden MRC-5-Zellen in 6 cm-Zellkulturschalen ausgesät. Nachdem sich ein konfluenter dichter Zellrasen ausgebildet hatte, erfolgte die Infektion mit HAV/GBM (MOI: 0,1) über einen Zeitraum von 2 Stunden bei 37 °C und 5 % CO2. Gleichzeitig wurden Ansätze mitgeführt, die lediglich mit serumfreiem Medium inkubiert wurden. Da das für die Experimente verwendete HAV-Inokulum aus dem Überstand lysierter Zellen besteht, wurden zusätzlich Zellen mit einem parallel zum verwendeten Viruspool hergestellten Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen (Lysat) behandelt. Direkt nach der Infektion sowie 4 Tage p.i. erfolgte die Transfektion mit poly(IC) und DEAE-Dextran als Carrier. Nach Ablauf der zweistündigen Inkubation wurde der Transfektionsmix entfernt und die Zellen mit Erhaltungsmedium beschickt. Als Kontrollzellen wurden sowohl infizierte als auch nicht infizierte Kulturen mitgeführt, die der gleichen Transfektionsprozedur unterlagen, aber lediglich mit Medium oder DEAE-Dextran inkubiert wurden. 14000 12000 Interferon [U/ml] 10000 8000 6000 4000 2000 0 Tag 0 Tag 4 Medium Lysat HAV/GBM Abb. 10: Nachweis der Interferonaktivität in HAV/GBM- und nicht infizierten MRC-5Zellen nach Transfektion mit poly(IC). MRC-5-Zellen wurden mit HAV/GBM (MOI: 0,1) bzw. mit Medium oder einem parallel zum Viruspool erstellten Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen (Lysat) für 2 h inkubiert. Direkt im Anschluß an die Infektion (Tag 0) sowie 4 Tage p.i. wurde 20 µg/ml poly(IC) mittels DEAEDextran (100 µg/ml) in die Zellen transferiert. Nach Ablauf der 2-stündigen Transfektion wurden die Zellen über einen Zeitraum von 16 h in Erhaltungsmedium bei 37 °C und 5 % CO2 weiterkultiviert. Die Zellkulturüberstände wurden im Plaquereduktionstest auf ihren Interferongehalt überprüft. Bei den dargestellten Interferonaktivitäten handelt es sich um Mittelwerte aus Zweifachansätzen mit den dazugehörigen Standardabweichungen. 66 Nach Ablauf einer 16-stündigen Inkubationsdauer wurden die Zellkulturüberstände geerntet und im Plaquereduktionstest der Gehalt an sezerniertem Interferon bestimmt. Um den Infektionsstatus der Zellen zu kontrollieren, wurde am Tag 4 p.i. HAV-Antigen mittels indirekter Immunfluoreszenz nachgewiesen. Diese zeigte den Erfolg der Infektion, sowie die Virusfreiheit der mitgeführten Kontrollzellen. Das Ergebnis des Plaquereduktionstestes ist in Abb. 10 dargestellt und zeigt am Tag 4 p.i. eine signifikante Abnahme der Interferonsynthese in den HAV/GBM-infizierten und anschließend induzierten MRC-5-Zellen im Vergleich zu den nicht infizierten Zellen. Die mitgeführten Kontrollen zeigten erwartungsgemäß keine nennenswerte Interferonaktivität, abgesehen von der in MRC-5-Zellen zu findenden geringen konstitutiven Interferonproduktion. Das Ergebnis zeigt, dass das Hepatitis A-Virus offenbar auch in humanen Fibroblasten in der Lage ist, die durch poly(IC)-induzierte Interferonexpression zu blockieren, beziehungsweise mit dem zur Interferonsynthese führenden Signaltransduktionsweg zu interferieren. Es handelt sich demnach bei dem - ebenfalls in FRhK-4-Zellen beobachteten Phänomen (Brack et al., 2002) - nicht um einen auf eine bestimmte Zellinie oder HAV-Variante begrenzten Effekt. Das nicht-cytopathogene HAV scheint in seinen Wirtszellen grundsätzlich das Unvermögen auszulösen, die Interferonsynthese als antiviralen Abwehrmechanismus anzuschalten, was dem Virus wiederum ermöglicht, persistente Infektionen zu etablieren. 3.3.2. Effekt auf die poly(IC)-induzierte Transkription des Interferon-E-Gens Um zu untersuchen, ob der Angriffspunkt der durch HAV vermittelten Blockade der normalerweise durch dsRNA-induzierbaren Interferonsekretion auch im humanen System auf der Ebene der Tanskription zu suchen ist, wurden in 6 cm-Zellkulturschalen möglichst dicht gewachsene MRC-5-Zellen mit HAV/GBM (MOI: 1) für 2 h bei 37 °C infiziert. Kontrollzellen der gleichen Passage wurden parallel dazu in serumfreiem Medium kultiviert. Nach Beendigung der Infektion wurden die Zellen mit Erhaltungsmedium beschickt und bis zur Induktion mit poly(IC) bei 37 °C weiterkultiviert. Die poly(IC)-Transfektion mit DEAEDextran erfolgte für 2 h bei 37 °C zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach der Infektion (t= 0, 1, 4, 6 d p.i.), wobei t=0 den Zeitpunkt direkt nach Infektionsende bezeichnet. Zur Kontrolle wurden sowohl HAV-infizierte als auch nicht infizierte Zellen lediglich mit Medium oder DEAE-Dextran inkubiert. Nach Ablauf der Transfektion wurden die Zellen mit Erhaltungsmedium beschickt und bis zur Aufarbeitung 16 h später bei 37 °C kultiviert. Die 67 RNA der Zellen wurde isoliert und der Nachweis von IFN-E-mRNA nach erfolgter RT-PCR durch elektrophoretische Auftrennung der Proben in einem 1 %igen Agarose-Gel geführt (Abb. 11). Gleichzeitig wurden auch die Zellkulturüberstände geerntet und auf ihren Gehalt an sezerniertem Interferon überprüft (nicht dargestellt). Um den Erfolg der Infektion zu kontrollieren wurde am Tag 1, 4 und 6 p.i. eine indirekte Immunfluoreszenz zum HAVNachweis durchgeführt. Es zeigte sich, dass am Tag 6 p.i. nahezu alle Zellen infiziert waren. poly(IC) / DEAE-Dextran HAV - + - + - + - + IFN-E 552 bp E-Actin 381 bp Tag 0 Tag 1 Tag 4 Tag 6 IFN-E 552 bp E-Actin 381 bp HAV - + - + - + - + DEAE-Dextran Abb. 11: RT-PCR zum Nachweis der Einflussnahme von HAV/GBM auf die durch poly(IC) induzierte IFN-E-Synthese in MRC-5-Zellen. MRC-5-Zellen wurden für 2 h bei 37 °C mit HAV/GBM (+) und einer MOI von 1 bzw. Medium (-) inkubiert. Am Tag 0 (direkt nach Infektionsende), 1, 4 und 6 p.i. erfolgte die 2-stündige Transfektion mit 20 µg/ml poly(IC) mittels DEAE-Dextran (100 µg/ml) bzw. DEAE-Dextran allein. Die Ansätze wurden jeweils in Doppelbestimmung durchgeführt. 16 h nach Transfektionsende wurde die RNA der Zellen extrahiert. Für die RT-PCR wurden 500 ng RNA eingesetzt. Parallel wurde eine RT-PCR zum Nachweis der konstitutiv synthetisierten E-ActinmRNA durchgeführt. Diese bestätigte, dass nahezu identische RNA-Mengen eingesetzt wurden. Die Ansätze wurden jeweils in Doppelbestimmung durchgeführt, aus dieser ist jeweils nur eine einfache Bestimmung dargestellt, da die Ergebnisse identisch waren. Abb. 11 zeigt zu allen untersuchten Zeitpunkten in nicht infizierten poly(IC)-transfizierten Zellen ein deutliches Signal für IFN-E-mRNA auf der Höhe von 552 bp. Im Gegensatz dazu nimmt die Signalstärke in den HAV/GBM-infizierten poly(IC)transfizierten MRC-5-Zellen zunehmend ab. So ist am Tag 1 p.i. noch eine schwache Bande zu detektieren, am Tag 4 und 6 p.i. ist in den infizierten Zellen keine IFN-E-mRNA mehr nachweisbar. Dies deckt sich mit den in den Zellkulturüberständen gefundenen 68 Interferonaktivitäten. Auch hier zeigte sich am Tag 1 p.i. bereits eine deutliche Suppression der Interferonproduktion in den HAV-infizierten und mit poly(IC) induzierten Zellen, am Tag 4 und 6 ist keine poly(IC) induzierte Interferonaktivität mehr in den Zellkulturüberständen zu detektieren. Dies bestätigt die unter 3.3.1. erhaltenen Daten und ergänzt sie um den Befund, dass HAV auch im humanen System die Transkription von IFN-E-mRNA nach poly(IC)Induktion zu unterbinden vermag und die beobachtete Suppression der Interferonexpression, die am Tag 0 noch nicht zu beobachten ist, bereits am Tag 1 p.i. deutlich zu Tage tritt. Dies wiederum deutet darauf hin, dass die Expression viraler Proteine nötig ist, um diesen inhibitorischen Effekt auszuüben. 3.3.3. Untersuchungen zur Virusspezifität 3.3.3.1. Neutralisation des durch HAV induzierten Effektes durch anti-HAV IgG Nachfolgend sollte geklärt werden, ob es sich bei der von uns beobachteten Suppression der Interferonsynthese tatsächlich um einen virusspezifischen Effekt handelt. Dazu wurden konfluent gewachsene MRC-5-Zellen mit HAV/GBM (MOI: 0,1) beziehungsweise einem Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen (Lysat), der analog zu dem verwendeten HAV-Pool hochgezogen wurde, über einen Zeitraum von 2 h bei 37 °C inkubiert. Parallel dazu wurden Zellen mitgeführt, die jeweils mit einem Inokulum beschickt wurden, welches zuvor mit einem HAV-spezifischen, monoklonalen Antikörper (anti-HAV IgG) inkubiert wurde. Dazu wurden die eingesetzten HAV- bzw. Lysat-Inokula mit 50 µg/ml des anti-HAV IgG für 3 h bei Raumtemperatur auf dem Taumler inkubiert. Direkt nach Infektionsende (Tag 0) sowie am Tag 1 und Tag 4 p.i. erfolgte eine zweistündige DEAE-Dextran-Transfektion mit 20 µg/ml poly(IC) in serumfreiem Medium. Kontrollzellen wurden lediglich mit Medium oder DEAE-Dextran inkubiert. Die Zellkulturüberstände wurden 16 h nach Beendigung der Induktion abgenommen und im Plaquereduktionstest die Interferonaktivität bestimmt (Abb. 12). An allen Tagen wurden zudem von den HAV- und Lysat-Ansätzen (jeweils mit und ohne anti-HAV IgG inkubiert) zusätzliche Kulturschalen mitgeführt, von denen der Virusgehalt (zellgebundenes Virus und Virus im Überstand) bestimmt wurde. Dazu wurden die Zellkulturschalen an den entsprechenden Tagen bei -80 °C eingefroren und durch dreimaliges Einfrieren und Auftauen das Virus freigesetzt. Nach Ultraschallbehandlung und Abzentrifugation der Zelldebris wurde von den erhaltenen Überständen die TCID50 bestimmt. 69 5000 4500 Interferon [IU/ml] 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 Tag 0 p.i. Lysat Tag 1 p.i. Lysat + anti-HAV IgG HAV/GBM Tag 4 p.i. HAV/GBM + anti-HAV IgG Abb. 12: Suppression der durch poly(IC) induzierten Interferonaktivität durch HAV und Neutralisation dieses Effektes durch anti-HAV IgG. MRC-5-Zellen wurden mit HAV/GBM (MOI: 0,1) für 2 h infiziert oder mit einem Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen (Lysat) inokuliert. Gleichzeitig wurden jeweils Ansätze mit einem Inokulum, das im Vorfeld mit 50 µg/ml eines HAV-spezifischen, monoklonalen Antikörpers (anti-HAV IgG) inkubiert wurde, mitgeführt. Zu den in der Graphik angegebenen Zeitpunkten Tag 0 (direkt nach Infektionsende), Tag 1 und Tag 4 p.i. erfolgte die zweistündige Transfektion bei 37°C mit 20 µg/ml poly(IC) nach der DEAE-Dextran-Methode. Mitgeführte Kontrollansätze wurden mit Medium oder DEAE-Dextran inkubiert. Nach Transfektionsende wurden alle Ansätze mit Erhaltungsmedium beschickt und für 16 h bei 37 °C und 5 % CO2 weiterkultiviert. Der Interferongehalt der Zellkulturüberstände wurde im Plaquereduktionstest bestimmt. Bei den dargestellten Werten handelt es sich um Mittelwerte aus Zweifachansätzen mit den dazugehörigen Standardabweichungen. Die Konzentrationsangaben der Interferonaktivitäten beziehen sich auf einen internationalen IFN-E-Standard. Die Titration erfolgte auf MRC-5-Zellen, die Auswertung nach vierzehntägiger Inkubation bei 37 °C über indirekte Immunfluoreszenz mit einem HAV-spezifischen, monoklonalen Antikörper (Abb. 13). Abb. 12 zeigt die bereits beschriebene Suppression der poly(IC)-induzierten Interferonsynthese durch HAV. Bereits am Tag 1 p.i. ist im Vergleich zu den nicht infizierten Kontrollzellen eine signifikante Reduktion zu beobachten, am Tag 4 p.i. ist nahezu kein Interferon mehr in den Zellkulturüberständen zu detektieren. Im Gegensatz dazu ist in den Ansätzen, deren HAV-Inokula im Vorfeld mit anti-HAV IgG inkubiert wurden, eine Interferoninduktion durch poly(IC) in nahezu vollständigem Ausmaß möglich. Es ist jedoch immer noch eine geringe Reduktion im Vergleich zu den Kontrollzellen zu beobachten. Da die Titerbestimmung (Abb. 13) der an den einzelnen Tagen gezogenen Proben ergab, dass keine vollständige Neutralisation des HAV erreicht werden konnte, kann man davon ausgehen, dass die im Vergleich zu den Kontrollzellen detektierte 70 geringere Interferonproduktion auf das nicht mit dem Antikörper assoziierte Virus zurückzuführen ist. So lag die Neutralisationsrate in diesem Experiment am Tag 4 beispielsweise bei 85,3 % (Tab. 4). Infektiöses HAV (log 10 TCID50/ml) 7 HAV/GBM HAV/GBM + anti-HAV IgG 6 5 4 3 2 1 0 Tag 0 p.i. Tag 1 p.i. Tag 4 p.i. Abb. 13: Neutralisation der HAV-Infektiösität durch anti-HAV IgG nach 0, 1, 4 Tagen p.i. MRC-5-Zellen wurden für 2 h bei 37 °C mit HAV/GBM (MOI: 0,1) bzw. einem HAV-Inokulum, welches zuvor für 3 h mit einem monoklonalen, HAV-spezifischen Antikörper (HAV/GBM + antiHAV) bei RT inkubiert wurde, infiziert und anschließend in Erhaltungsmedium bei 37 °C kultiviert. Am Tag 0 (direkt nach Infektionsende), 1 und 4 wurden die Kulturschalen bei –80 °C eingefroren und nach Aufarbeitung der Virusgehalt mit Hilfe der indirekten Immunfluoreszenz bestimmt. Die Berechnung der TCID50/ml erfolgte mit der Kärber-Gleichung. Die Balken geben den Gehalt an infektiösem HAV als log10 TCID50/ml an. Dargestellt sind die Mittelwerte einer Doppelbestimmung. Tab. 4: Prozentuale Neutralisation der HAV-Infektiösität durch anti-HAV IgG nach 0, 1, 4 Tagen p.i. Tage p.i. 0 1 4 TCID50/ml (HAV/GBM) 1,1x103 1,5x105 3,2x106 TCID50/ml (HAV/GBM + anti-HAV IgG) 2,78x102 1,55x104 4,7x105 74,7% 87,1% 85,3% Neutralisation (Titer-Reduktion) Das Ergebnis zeigt deutlich, dass HAV selbst der Auslöser der beobachteten Inhibierung der durch poly(IC)-induzierbaren Interferonsynthese ist, da die Blockade durch den HAVspezifischen Antikörper verhindert werden kann. Bekräftigt wird dies durch die Verwendung des Lysats als Negativkontrolle. Damit ist auch die von Brack (1999) diskutierte Möglichkeit, dass für die beobachtete Suppression ein zellulärer Faktor X, der bei der Präparation zur Erstellung der Viruspoole von den Zellen abgegeben worden sein könnte, verantwortlich ist, ausgeschlossen. 71 3.3.3.2. Beeinflussung der Interferon-medierten Effekte im Plaquereduktionstest bei Anwesenheit von HAV/GBM im Inokulum Die für den Plaquereduktionstest verwendeten humanen Amnionzellen (WISH) lassen sich mit HAV infizieren. Um auszusschließen, dass es zu einer Reduktion der Interferonausbeute im Bioassay kommt, wenn die zu untersuchenden Zellkulturüberstände HAV enthalten, wurde eine Probe eines einzelnen Interferon-haltigen, virusfreien Kulturüberstandes, der nach Transfektion von MRC-5-Zellen mit poly(IC) nach der DEAE-Dextran-Methode erhalten wurde, mit unterschiedlichen HAV/GBM Mengen (5x103, 104, 105 TCID50/ml) versetzt und im Bioassay die Interferonaktivität bestimmt. Zur Kontrolle wurden Überstände mitgeführt, die anstelle von HAV mit Medium oder Zell-Lysat (aus einem parallel zum verwendeten Viruspool hochgezogenen Pool aus nicht infizierten Zellen) versetzt wurden. Das Ergebnis des Plaquereduktionstests ist nachfolgend dargestellt. 1 20 00 1 00 00 Interferon [U/ml] 80 00 60 00 40 00 20 00 0 Med iu m L ys a t TC ID 5 0: 1 0E5 TC ID 50 : 1 0E4 TC ID 5 0: 5 x1 0E3 Abb. 14: Interferonaktivität von Zellkulturüberständen in Abhängigkeit von infektiösem HAV/GBM. Bei den dargestellten Werten handelt es sich um Mittelwerte aus Zweifachansätzen mit den dazugehörigen Standardabweichungen. Ein im Vorfeld - nach Transfektion von MRC-5-Zellen mit 20 µg/ml poly(IC) und DEAE-Dextran (100 µg/ml) - gewonnener Interferon-haltiger Zellkulturüberstand wurde mit verschiedenen HAV/GBM-Mengen (105, 104, 5x103 TCID50/ml) bzw. Medium oder einem analog zum Viruspool erstellten Pool aus nicht infizierten Zellen (Lysat) versetzt und im Plaquereduktionstest unter Verwendung von WISH-Zellen der Interferongehalt bestimmt. Zur Austestung der Überstände wurde auf WISH-Zellen eine serielle Verdünnungsreihe der jeweiligen Überstände erstellt und nach 20-stündiger Inkubation bei 37 °C und 5 % CO2 die 72 Infektion mit VSV als Challenge-Virus durchgeführt. Nach Ablauf der einstündigen Infektion und Abnahme des Inokulums wurden die Zellen mit 1 %igem Methylcellulose-Medium überschichtet, um eine quantitative Aussage durch Vermeidung von Sekundärplaques zu ermöglichen. Nach zweitägiger Inkubation bei 37 °C und 5 % CO2 wurden die Zellen mit 4 %iger Formaldehydlösung fixiert, mit Kristallviolett angefärbt und die Plaqueanzahl bestimmt. Eine Reduktion der Interferonaktivität ist auch bei Anwesenheit hoher HAV-Mengen in den getesteten Zellkulturüberständen nicht zu beobachten. Im Gegenteil, bei einer TCID50/ml von 104 und 5x103 ist eher eine Steigerung der Interferonaktivität zu verzeichnen, wobei diese auf die natürliche Schwankungsbreite des biologischen Assays zurückzuführen sein könnte. Das Ergebnis zeigt, dass die verwendeten humanen Amnionzellen - bei Vorhandensein von HAV in mittels PRT auszutestenden Zellkulturüberständen - in ihrer Fähigkeit einen antiviralen Status aufzubauen, nicht eingeschränkt sind und somit die von uns bisher im PRT erhaltenen Daten, die Reduktion der Interferonaktivitäten nach poly(IC)-Induktion in HAV-infizierten Zellen, nicht auf einen Einfluss des in den Zellkulturüberständen enthaltenen HAV zurückzuführen sind. 3.4. Untersuchung verschiedener zellulärer Signalwegskomponenten hinsichtlich ihrer möglichen Beeinflussung durch HAV 3.4.1. Einfluss von Interleukin-4 auf die durch poly(IC) induzierte Interferonexpression Eine sehr wichtige antagonistische Interaktion besteht zwischen Interleukin-4 und allen Interferonen. So konnte gezeigt werden, dass Interleukin-4 in der Lage ist, die konstitutive Interferon-E Synthese in aus Knochenmark isolierten murinen Makrophagen aufzuheben, was zur Folge hat, dass die Zellen hoch permissiv gegenüber einer Vesicular-Stomatitis-VirusInfektion werden (Nickolaus und Zawatzky, 1994). Andererseits inhibieren die Typ-I- und IIInterferone die Induktion von Interleukin-4 induzierbaren Genen, wobei der Mechanismus, der dieser Blockade zugrunde liegt, noch nicht genau definiert ist (Dickensheets und Donnelly, 1999). IL-4 vermittelt seine biologische Wirkung durch Bindung an spezifische Rezeptoren, wobei bisher zwei verschiedene Interleukin-4-Rezeptoren (IL-4R Typ I und II) identifiziert wurden (Dickensheets und Donnelly, 1999). Zwar beschreiben Feigelstock et al. (1998) einen 73 zellulären Binderezeptor für HAV (HAVcr1), dennoch wäre eine Interaktion mit dem Interleukin-4-Rezeptor denkbar. So könnte das Hepatitis A-Virus seine Wirkungen über diesen Rezeptor vermitteln, indem HAV entweder als Ligand desselben dient oder aber die Synthese von Interleukinen induziert, die - in den Zellkulturüberstand abgegeben - die von uns beobachteten Effekte hervorrufen. Im Folgenden sollte daher untersucht werden, ob IL-4 in der Lage ist, die poly(IC)-induzierte Interferon-E-Expression zu inhibieren. Um diesen möglichen Sachverhalt zu klären, wurden MRC-5-Zellen in 6 cmZellkulturschalen ausgesetzt. Nachdem sich ein konfluenter Zellrasen gebildet hatte, erfolgte ein Mediumwechsel, wobei einigen Ansätzen zusätzlich Interleukin-4 (10 ng/ml) hinzugefügt wurde. Nach 24-stündiger Inkubation bei 37 °C und 5 % CO2 wurde poly(IC) mittels DEAEDextran-Transfektion in die Zellen transferiert. Dem Induktionsmix wurde dabei erneut Interleukin-4 in gleicher Konzentration zugesetzt. Kontrollzellen, die lediglich mit DEAEDextran - ebenfalls unter Zusatz von IL-4 - inkubiert wurden, sind mitgeführt worden. Nach Ablauf der zweistündigen Transfektion und Entfernung des Induktionsmixes wurden alle Zellen für 16 Stunden weiterkultiviert. 12000 Interferon [U/ml] 10000 8000 6000 4000 2000 0 poly(IC) poly(IC)+IL-4 Abb. 15: Beeinflussung der durch poly(IC) induzierten Interferonsynthese durch IL-4. Konfluent gewachsene MRC-5-Zellen wurden für 24 h mit Erhaltungsmedium unter Zusatz von 10 ng/ml Interleukin-4 bzw. Erhaltungsmedium ohne IL-4 inkubiert. Anschließend erfolgte die Transfektion mit 20 µg/ml poly(IC) für 2 h [poly(IC)]. Kontrollzellen wurden nur mit DEAEDextran inkubiert. Die Transfektion erfolgte bei den Zellen, die bereits im Vorfeld mit IL-4 inkubiert wurden, ebenfalls unter Interleukin-4-Zugabe [(poly(IC)+IL-4]. Nach Beendigung der Transfektion wurden die Zellen in Erhaltungsmedium für weitere 16 h bei 37 °C und 5 % CO2 inkubiert, die Zellkulturüberstände anschließend im PRT auf ihren Gehalt an sezerniertem Interferon überprüft. Die Balken in obiger Graphik repräsentieren Mittelwerte einer Doppelbestimmung mit der dazugehörigen Standardabweichung. Ein Ansatz, dem auch während der 16-stündigen Inkubation IL-4 ins Medium zugesetzt wurde, zeigte den gleichen Befund wie die oben dargestellten und ist aus diesem Grund nicht dargestellt. 74 Um die Verhältnisse einer HAV-Infektion bezüglich des Vorhandenseins freier Virionen im Überstand zu simulieren, wurde einem mit poly(IC) transfizierten Ansatz auch während dieser Inkubationszeit Interleukin-4 ins Medium hinzugefügt (nicht dargestellt). Alle anderen Kulturschalen erhielten Erhaltungsmedium ohne IL-4-Zusatz. Der Interferongehalt der Überstände wurde im PRT bestimmt und ist in Abb. 15 dargestellt. Es zeigte sich keine Beeinflussung der Interferonexpression nach Inkubation der Zellen mit IL-4. Demnach greift IL-4 im Gegensatz zu HAV nicht in die durch dsRNA initiierte Signalkaskade ein. Weitere Untersuchungen bezüglich eines Zusammenhanges von IL-4 und HAV wurden daher nicht durchgeführt. 3.4.2. Untersuchungen zur Lokalisierung des Transkriptionsfaktors NF-NB Der 1986 von Sen und Baltimore entdeckte dimere Transkriptionsfaktor NF-NB ist ein zentraler Mediator im Immunsystem und induziert die Expression einer Vielzahl von Genen, die in der inflammatorischen Immunantwort involviert sind (Baeuerle und Baichwal, 1997). Der Transkriptionsfaktor, als dessen Prototyp ein Heterodimer aus einer p50- und p65Untereinheit gilt (Mercurio und Manning, 1999), liegt im Cytoplasma der meisten Zellen als inaktiver Komplex vor. Verantwortlich hierfür ist die nicht-kovalente Assoziation mit Proteinen der INB-Familie, die die Sequenz des nukleären Lokalisationssignals (NLS) von NF-NB maskieren und so die Translokation desselben in den Zellkern verhindern (Beg et al., 1992; Cartwright und Helin, 2000). Erst nach zellulärer Aktivierung kommt es zur Phosphorylierung des mit NF-NB assoziierten Inhibitors INB, der in der Folge ubiquitinyliert und damit für den proteolytischen Abbau durch das 26S-Proteasom markiert wird (Alkalay et al., 1995; Traenkner et al., 1995). NF-NB wird durch eine Vielzahl von Stimuli aktiviert, wobei die meisten Aktivatoren pathogene Signale wie beispielsweise bakterielle Lipopolysaccharide oder Virusinfektionen darstellen (Mercurio und Manning, 1999). Die Arbeitsgruppe um Alexopoulou (2001) konnte vor kurzem zeigen, dass die Aktivierung von NF-NB durch dsRNA auch über den Toll-like receptor 3 (TLR3) vermittelt wird. Es ist wichtig festzuhalten, dass nicht jeder Stimulus jedes Zielgen in jedem Zelltyp aktiviert. Es existieren je nach Zelltyp spezifische Unterschiede (Mercurio und Manning, 1999). So werden entsprechende Gene nur durch bestimmte Stimuli aktiviert oder die Genexpression erfolgt häufig erst im Zusammenspiel mit anderen Transkriptionsfaktoren (Baeuerle und 75 Baichwal, 1997). So ist NF-NB zusammen mit dem Heterodimer c-Jun und ATF-2 und den interferon regulatory factors IRF-3 und IRF-7 ein essentieller Bestandteil des IFN-EEnhanceosoms (Goodborn et al., 2000; Maniatis et al., 1998; Munshi et al., 1999). Aufgrund dieser maßgeblichen Beteiligung an der Interferon-E-Induktion kommt der Transkriptionsfaktor als möglicher Angriffspunkt der durch HAV vermittelten Effekte in Frage. Nachfolgend wurde daher der Effekt einer HAV-Infektion auf die intrazelluläre Lokalisation des Transkriptionsfaktors NF-NB untersucht. 3.4.2.1. Nukleäre Translokation von NF-NB nach poly(IC)-Transfektion und HAV-Infektion Ziel sollte es zunächst sein, die Induzierbarkeit der nukleären Translokation des cytoplasmatisch vorliegenden Transkriptionsfaktors nach Transfektion mit dem dsRNAAnalogon poly(IC) zu überprüfen. Dazu wurden MRC-5-Zellen in Chamber slides im Verhältnis 1:2 ausgesät und bei 37 °C kultiviert. 12 h nach der Aussaat wurden die Zellen mit 20 oder 100 µg/ml poly(IC) mittels DEAE-Dextran (100 µg/ml) für 3 h transfiziert. Nach Ablauf der Inkubationszeit wurden die Zellen mit PBS gewaschen, mit Paraformaldehyd fixiert, anschließend mit Methanol permeabilisiert und über Nacht mit 10 % FCS in PBS bei 37 °C blockiert. A B C Abb.16: Nukleäre und cytoplasmatische Lokalisation von NF-NB nach poly(IC)Transfektion. MRC-5-Zellen wurden 12 h nach der Aussaat mit 20 und 100 µg/ml poly(IC) mittels DEAE-Dextran [100 µg/ml] für 3 h transfiziert oder in serumfreiem Medium inkubiert. Die Auswertung erfolgte über indirekte Immunfluoreszenz. Um eine höhere Sensitivität zu erreichen wurde ein Biotin-Avidin-System zum Nachweis verwendet. A) nicht transfizierte, serumfrei inkubierte Zellen; B) poly(IC) [20 µg/ml] transfiziert; C) poly(IC) [100 µg/ml] transfiziert. 76 Die Detektion von NF-NB erfolgte mittels polyklonalem anti-p65 IgG und einem biotinylierten Sekundärantikörper, dessen Markierung über eine Inkubation mit FITCmarkiertem Avidin erfolgte. Alle Antikörperverdünnungen wurden in PBS mit einem 1,5 %igem FCS-Anteil erstellt, um unspezifische Bindefähigkeiten auszuschalten. Die Auswertung erfolgte am Epifluoreszenzmikroskop (Abb. 16). Die Induzierbarkeit der NF-NB-Translokation in MRC-5-Zellen zeigte sich deutlich, sowohl nach Transfektion mit 20 als auch 100 µg/ml poly(IC), wobei mit 100 µg/ml ein weitaus stärkeres nukleäres Signal erzielt wurde (Abb. 16B/16C). Die mitgeführten nicht transfizierten Kontrollzellen zeigten dagegen eine überwiegend cytoplasmatische Verteilung von NF-NB (Abb. 16A). Im Folgenden sollte der Einfluss einer HAV-Infektion auf die Aktivierbarkeit der Translokation von NF-NB gezeigt werden (Abb. 17). Dazu wurden MRC-5-Zellen verwendet, die mindestens 10 Tage vor der Transfektion mit HAV/GBM infiziert worden waren, wodurch zum Zeitpunkt der poly(IC)-Induktion eine Infektion aller Zellen gewährleistet war. Dies wurde durch eine indirekte Immunfluoreszenz im Vorfeld des Experimentes überprüft. A B C D Abb. 17: Indirekte Immunfluoreszenz zum Nachweis der NF-NB-Lokalisation nach poly(IC)Transfektion in HAV/GBM-infizierten und nicht infizierten MRC-5-Zellen. Die Transfektion erfolgte für 3 h bei 37 °C mit poly(IC) [100 µg/ml] und DEAE-Dextran [100 µg/ml]. Die Auswertung erfolgte über indirekte Immunfluoreszenz. A) nicht transfizierte, nicht infizierte Zellen; B) transfizierte, nicht infizierte Zellen; C) nicht transfizierte, HAV-infizierte Zellen; D) transfizierte, HAV-infizierte Zellen. NF-NB-Detektion: FITC; HAV-Detektion: Texas-Rot 77 HAV/GBM-infizierte und nicht infizierte MRC-5-Zellen wurden auf Chamber slides ausgesät und nach 12 h mit 100 µg/ml poly(IC) für 3 h nach der DEAE-Dextran-Methode transfiziert. Die parallele Detektion von HAV erfolgte mittels monoklonalem anti-HAV IgG und einem Texas-Rot markierten sekundären Antikörper, nachdem etwaige Kreuzreaktivitäten der-selben im Vorfeld ausgeschlossen werden konnten. Das Ergebnis (Abb. 17) ist eindeutig. Es zeigte sich die erwartete cytoplasmatische Verteilung in den nicht transfizierten, nicht infizierten MRC-5-Zellen (17A) sowie eine deutliche nukleäre Ansammlung von NF-NB in den induzierten Zellen (17B). Auch in den HAVinfizierten, transfizierten Zellen ist eine deutliche Aktivierung von NF-NB erfolgt (17D). Diese erscheint fast noch stärker als in den nicht infizierten, transfizierten Zellen (17B). HAV inhibiert somit nicht die durch transfiziertes poly(IC) induzierte NF-NB-Aktivierung, es sieht stattdessen sogar so aus, als ob die HAV-Infektion selbst schon zu einer Translokation von NF-NB führt (17C). Noch ein weiterer Nebenbefund wurde erhalten. Es zeigte sich, dass allein die Transfektion mit DEAE-Dextran zu einer leichten Translokation von NF-NB führte, und auch die ebenfalls zur Kontrolle mitgeführten - während der Transfektion serumfrei kultivierten Zellen - zeigten eine geringe nukleäre Ansammlung von NF-NB im Vergleich zu Zellen, die in Wachstumsmedium kultiviert wurden (Abb. 18). A B C D Abb. 18: Indirekte Immunfluoreszenz zum Nachweis der NF-NB-Lokalisation. Die Zellen wurden für 3 h bei 37 °C inkubiert. Die Auswertung erfolgte über indirekte Immunfluoreszenz. A) serumfreies Medium; B) Wachstumsmedium; C) DEAEDextran [100 µg/ml]; D) TNF-D [50 ng/ml]. 78 Als Positiv-Kontrolle wurden grundsätzlich MRC-5-Zellen mitgeführt, die einer 45-minütigen Stimulation mit TNF-D unterzogen wurden (18D). Der eben dargestellte Versuch (Abb. 16, 17 und 18) wurde nachfolgend auch an Zellen reproduziert, die über einen Zeitraum von 2 h transfiziert wurden. Das Ergebnis entsprach dem soeben dargestellten. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass der Transkriptionsfaktor NF-NB in HAV-infizierten Zellen nicht in seiner Fähigkeit nach poly(IC)-Transfektion in den Zellkern zu translozieren eingeschränkt ist. Stattdessen findet sogar eine Translokation geringeren Ausmaßes - ohne zusätzliche exogene Stimulation - allein durch die HAV-Infektion statt, eine Beobachtung, die nicht zu erwarteten war, aus Sicht des Virus aber überaus sinnvoll erscheint, da die antiapoptotischen Wirkungen von NF-NB für die Persistenz des Virus förderlich sind. 3.4.3. Effekte des Hepatitis A-Virus auf die Proteinkinase R Neben dem Transkriptionsfaktor NF-NB als essentiellem Bestandteil des IFN-EEnhanceosoms (Goodborn et al., 2000; Maniatis et al., 1998; Munshi et al., 1999), galt das besondere Interesse dieser Arbeit der Proteinkinase R (PKR), die aufgrund ihrer zentralen Aufgabe in der Abwehr viraler Infektionen das Ziel zahlreicher viraler und zellulärer Inhibitoren darstellt (Black et al., 1993; Gale und Katze, 1998; Lee et al., 1992). Die PKR (Protein Kinase RNA activated) ist eine Serin-Threonin-Kinase, die konstitutiv in basalen Mengen in den meisten Zellen vorliegt (Clemens und Elia, 1997; Proud 1995; Williams, 1995), wobei nicht bekannt ist, ob die PKR konstitutiv transkribiert wird oder ob geringe Mengen an Induktor essentiell sind für diese basalen Mengen (Clemens und Elia, 1997). Sicher ist, dass die Kinase durch Interferon hochreguliert wird (Savinova et al., 1999; West und Baglioni, 1979; Williams, 1995) und es ist beschrieben worden, dass viele Zelltypen konstitutiv geringe Mengen Interferon-Į/ȕ produzieren (Gresser, 1990; Taniguchi und Takaoka, 2001). 3.4.3.1. Überprüfung der Induzierbarkeit der PKR auf Proteinebene durch exogenes Interferon in MRC-5-Zellen Meurs et al. beschrieben 1981 den Aufbau eines antiviralen Status in MRC-5-Zellen nach Behandlung derselben mit Interferon-D/E trotz nicht detektierbarer Mengen an OAS und 79 PKR. In Anbetracht der inzwischen verbesserten Detektionsmöglichkeiten besonders in Bezug auf kommerziell erwerbbare Antikörper, erschien es vielversprechend und sinnvoll den Versuch zu unternehmen die Darstellbarkeit sowohl konstitutiv vorhandener als auch Interferon-induzierter PKR in MRC-5-Zellen mittels Western-Blot zu überprüfen. Dazu wurden MRC-5-Zellen in 6 cm-Schalen ausgesät, und nach Erreichen der Konfluenz wurde ein zwölfstündiger Mediumwechsel mit Wachstumsmedium oder serumfreiem Medium durchgeführt. Anschließend erfolgte die Behandlung mit unterschiedlichen, in Erhaltungsmedium hergestellten Betaferon®-Verdünnungen. Parallel dazu wurden Kontrollen mitgeführt, die in diesem Zeitraum nur Erhaltungsmedium ohne Betaferon®-Zusatz erhielten. Nach 16-stündiger Inkubation erfolgte die Aufnahme der Zellen in RITA-Puffer, wobei aufgrund der geringen Proteinausbeuten jeweils Zellen von zwei 6 cm-Schalen gepoolt wurden. Nachfolgend ist das Ergebnis des Western-Blots dargestellt. 500 IU/ml 250 IU/ml 50 IU/ml mock 10% FCS 500 IU/ml 250 IU/ml 50 IU/ml mock Serumfrei 132 kDa 90 kDa PKR 55 kDa E-Actin 43 kDa M 1 2 3 4 5 6 7 8 Abb. 19: Immunoblot-Analyse der PKR-Expression nach Behandlung mit Interferon-ȕ. Nach Auftrennung der Proteine mittels SDS-PAGE und Transfer auf eine Nitrocellulosemembran erfolgte die spezifische PKR-Detektion durch gleichzeitige Inkubation der Membran mit monound polyklonalen anti-PKR-Antikörpern. Gleichzeitig erfolgte der Nachweis von Actin, um zu überprüfen, ob gleiche Proteinmengen eingesetzt wurden. Die Detektion erfolgte mit Peroxidase-gekoppelten sekundären Antikörpern mittels Chemilumineszenz. Ein Größenmarker (M), der den Vorteil einer dauerhaften Größenzuordnung auf dem Röntgenfilm bietet, wurde mitgeführt. Lane 1-4 stellen die Ansätze dar, die über einen Zeitraum von 12 Stunden serumfrei kultiviert wurden, Lane 5-8 die Ansätze, die 12 Stunden in Wachstumsmedium gehalten wurden. Alle Ansätze wurden anschließend für 16 h mit unterschiedlichen Mengen IFN-E (Betaferon®) inkubiert. Das Ergebnis zeigt eindeutig das Vorhandensein und die gute Detektierbarkeit der PKR in MRC-5-Zellen über den Western-Blot. In den MRC-5-Zellen, die in Wachstumsmedium 80 gehalten wurden (Lane 5-8), ist nach Inkubation mit unterschiedlichen Betaferon®Verdünnungen eine Steigerung der PKR-Expression zu verzeichnen. Diese ist bereits nach einer Behandlung mit lediglich 50 IU/ml zu beobachten und nimmt mit zunehmender Interferon-Konzentration deutlich zu. Im Gegensatz dazu zeigen die serumfrei gehaltenen MRC-5-Zellen keinen sichtbaren Response auf die Behandlung mit Interferon-ȕ bezüglich der PKR-Expression (Lane 1-4). Insgesamt scheinen aber die serumfrei gehaltenen Zellen einen geringfügig höheren basalen PKR-Level aufzuweisen als die entsprechenden in Wachstumsmedium kultivierten MRC-5-Zellen. Zusätzlich zu den erwarteten PKR- und Actin-Banden zeigt sich eine weitere schwache Bande. Hierbei könnte es sich um ein während der Aufbereitung der Zellextrakte entstehendes Abbauprodukt der PKR handeln (Galabru und Hovanessian, 1987). Um eine semiquantitative Aussage treffen zu können wurde eine densitometrische Bestimmung durchgeführt. Diese ist in Abb. 20 dargestellt. 280 Serumfreies Medium Wachstumsmedium 240 Densität 200 160 PKR Actin 120 80 40 0 0 50 250 500 0 50 250 500 Interferon-beta [IU/ml] Abb. 20: Densitometrische Auswertung der Proteinbanden des Western-Blots aus Abb.19. Die erhaltenen Proteinbanden wurden eingescannt und mit dem Software Programm ImageLab Version 2.0 densitometrisch bestimmt. Es zeigte sich in den zuvor in Wachstumsmedium gehaltenen MRC-5-Zellen eine deutliche Expressionsteigerung mit zunehmender Interferonkonzentration. Die im Vorfeld der IFN-E-Behandlung serumfrei kultivierten Zellen sprechen auf die Interferonbehandlung hingegen nicht an. Allerdings scheint der PKR-Grundlevel in diesen Zellen höher zu sein, verglichen mit den in Wachstumsmedium kultivierten Zellen. Hier bestätigt sich der optische Eindruck des in Abb. 19 dargestellten Western-Blots. Zu erkennen ist, dass sich die PKR-Expressionsrate der in Wachstumsmedium gehaltenen Zellen nach Behandlung mit 50 IU/ml Betaferon® bereits nahezu verdoppelt hat im Vergleich zu den Kontrollzellen, bei 500 IU/ml ist eine fünffache Steigerung zu verzeichnen. Anders das Bild 81 der serumfrei kultivierten Zellen. Allein der Serumentzug führt anscheinend zu einer leichten Steigerung der PKR-Expression, die Induzierbarkeit der PKR auf Proteinebene durch exogenes Interferon scheint aber nicht mehr möglich zu sein. Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass die PKR in MRC-5-Zellen mit Hilfe des Western-Blots methodisch ausgesprochen gut darstellbar ist und dies auch ohne vorherige Hochregulation des Proteins durch exogene Interferongabe („Priming“). Aufgrund dessen wurde im Folgenden der mögliche Einfluss einer HAV-Infektion auf die PKR unter Verwendung dieser Detektionsmethode untersucht. 3.4.3.2. Degradierung der PKR durch HAV in MRC-5-Zellen Das Hepatitis A-Virus ist in der Lage, die durch poly(IC) induzierte Interferon-ȕ-Expression in FRhK-4-Zellen (Brack et al., 2002) und in MRC-5-Zellen zu inhibieren. An FRhK-4Zellen konnte zudem gezeigt werden, dass die durch poly(IC)induzierte Apoptose nach Infektion mit HAV/7 unterbleibt (Brack et al., 2002; Lederer, 1998). Die PKR könnte als Bindeglied dieser durch dsRNA induzierbaren Signalwege fungieren, da ihr sowohl eine Rolle bei der Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-țB (Bonnet et al., 2000, Gil et al., 2001; Zamanian-Daryoush et al., 2000) und somit der Interferon-E-Induktion (Kumar et al., 1994; Williams, 1995) als auch bei der Einleitung der Apoptose (Lee und Esteban, 1994; Der et al., 1997) zugeschrieben wird. Die biologische Bedeutung der PKR in der antiviralen Abwehr wird auch dadurch unterstrichen, dass viele Viren antagonistische Strategien entwickelt haben, die zu einem Funktionsverlust der PKR führen (Gale und Katze 1998; Katze, 1992; Samuel, 2001). So wurde unter anderem für das Poliovirus, ebenfalls der Familie der Picornaviridae zugehörig, die Induktion eines proteolytischen Abbau`s der PKR durch eine zelluläre Protease beschrieben (Black et al., 1989; Black et al., 1993). Im nachfolgenden Experiment wurde daher untersucht, ob die Infektion mit HAV/GBM möglicherweise ebenfalls zu einer Degradierung des Enzyms führt. Hierfür wurden MRC-5-Zellen in 6 cm-Schalen ausgesät und diese, nachdem eine ungefähr 80 %ige Konfluenz erreicht war, mit HAV/GBM (MOI: 2) infiziert, beziehungsweise mit einem parallel dazu hochgezogenen Kontrollpool aus nicht infizierten Zellen (Lysat) inokuliert. Direkt nach der Infektion (Tag 0) sowie einen und vier Tage p.i. wurden aus je zwei 6 cm-Schalen Gesamtzellextrakte hergestellt und ein Western-Blot zum Nachweis der PKR durchgeführt. Um den Erfolg der Infektion zu überprüfen, wurde an den Tagen der 82 Probenahme eine Infektionskontrolle eingefroren und anschließend die TCID50/ml bestimmt (Tab. 5), zudem wurde am Tag 1 und 4 eine indirekte Immunfluoreszenz zum Nachweis von HAV-Antigen durchgeführt. Tab. 5: Ermittelte Titerwerte von HAV/GBM-infizierten Zellkulturen 0, 1, 4 Tage p.i. HAV/GBM Tage p.i. 0 1 4 TCID50/ml 7,4x103 9,7x103 1,3x106 Die Immunfluoreszenz zeigte am Tag 1 vereinzelt und am Tag 4 einen Großteil HAV/GBMinfizierter Zellen. Die entsprechenden Kontrollen mit Zell-Lysat waren negativ. Weiterhin wurden die Zellkulturüberstände an den Tagen der Probennahme im PRT auf ihre Interferonaktivität überprüft. Letztere war erwartungsgemäß nicht zu detektieren. Tage p.i. HAV 0 - 1 + - 4 + - + PKR ~48 kDa E-Actin Abb. 21: Nachweis der PKR in nicht infizierten und HAV/GBM-infizierten MRC-5Zellen. Dargestellt ist das Ergebnis des Western-Blots. MRC-5-Zellen wurden mit HAV/GBM (+) bzw. einem Zell-Lysat aus nicht infizierten Zellen (-) für 2 Stunden bei 37 °C inkubiert und für die angegeben Zeiten (0, 1, 4 Tage p.i.) kultiviert. Zur Kontrolle, ob gleiche Proteinmengen eingesetzt wurden, erfolgte parallel zur PKR-Detektion ein Actin-Nachweis. Verwendet wurden polyklonale anti-PKR- bzw. anti-Actin-Antikörper; die Detektion erfolgte mit Peroxidase-gekoppelten sekundären Antikörpern über Chemilumineszenz. Vergleicht man die Banden der HAV-infizierten Zellen mit denen der nicht infizierten Kontrollzellen, so lässt sich zu keinem Zeitpunkt ein Unterschied in der Bandenintensität feststellen. Da die erfolgreiche Infektion der Zellen sowohl durch ansteigende HAV-Titerwerte (Tab. 5) als auch durch indirekte Immunfluoreszenz nachgewiesen wurde, kann eine Degradierung der PKR, wie sie in Poliovirus-infizierten Zellen gezeigt werden konnte, nach HAV-Infektion ausgeschlossen werden. 83 Dennoch besteht weiterhin die Möglichkeit, dass HAV die PKR als Target nutzt, nämlich dann, wenn die Aktivierbarkeit der PKR, welche sich primär durch ihre Autophosphorylierung zeigt, durch eine HAV-Infektion beeinflusst würde. 3.4.3.3. Änderung im Phosphorylierungsstatus der PKR durch HAV/GBM nach poly(IC)-Transfektion Im Folgenden sollte geklärt werden, ob eine funktionelle Beeinflussung der PKR durch das Hepatitis A-Virus stattfindet. Wie schon erwähnt wird die PKR in den meisten Zelltypen konstitutiv exprimiert, bleibt aber solange enzymatisch inaktiv bis sie durch Bindung von z.B. dsRNA aktiviert wird (Patel und Sen, 1998b). Es wurde gezeigt, dass auch polyanionische Moleküle wie z.B Heparin oder Chondroitinsulfat die PKR aktivieren können (Hovanessian und Galabru, 1987; Williams, 1995). Ebenso ist eine Aktivierung der Kinase durch ProteinProtein-Interaktionen (Cuddihy et al. 1999; Patel et al. 2000; Wong et al., 1997) beschrieben worden. In Anwesenheit eines Aktivators wie dsRNA unterliegt die PKR einer Autophosphorylierung und aktiviert sich selbst (Clemens, 1997; Patel und Sen, 1998b). Erst danach ist sie in der Lage, ihre katalytische (Kinase-) Aktivität zu entfalten und exogene Substrate zu phosphorylieren. Zahlreiche Kinasen - so auch die PKR - werden durch Phosphorylierung in dem auch als Aktivierungsdomäne bezeichneten Bereich zwischen den Kinase-Subdomänen VII und VIII aktiviert. Romano et al. (1998) zeigten, dass die Aminosäuren Threonin an Position 446 und 451, die in diesem Bereich liegen, sowohl in vivo als auch in vitro für eine hohe Kinase-Aktivität erforderlich sind. Hingegen eine Mutante mit einer Substitution an Threonin-446 gegen Alanin noch teilweise aktiv war, führte eine Substitution von Threonin451 gegen Alanin zu einer kompletten Inaktivierung der PKR. Aus diesem Grund wurde im Folgenden ein phospho-spezifischer PKR-Antikörper verwendet, der die Phosphorylierung an der Aminosäure Thr-451 zu erkennen vermag. Dazu wurden humane embryonale Fibroblasten (MRC-5) in 10 cm-Zellkulturschalen ausgesät. Nachdem sich ein geschlossener Zellrasen ausgebildet hatte, erfolgte die Infektion mit HAV/GBM (MOI: 1) für 2 h bei 37 °C. Kontrollzellen wurden gleichzeitig in serumfreiem Medium kultiviert. Nach der zweistündigen Inkubationszeit wurden die Zellen in Erhaltungsmedium weiterkultiviert. 12 h vor der Transfektion am Tag 4 p.i. erfolgte bei allen Kulturschalen ein Mediumwechsel mit serumfreiem Medium. Die Transfektion erfolgte nach 84 Ablauf der 12 h mit 20 µg/ml poly(IC) und DEAE-Dextran (100 µg/ml) für 15 min in serumfreiem Medium. Die Zeitspanne von 15 min wurde gewählt, da Vorversuche ergeben hatten, dass zu diesem Zeitpunkt bereits ein deutliches Signal an phosphorylierter PKR zu detektieren ist. Der Induktionsmix wurde von den Zellen entfernt und die Stimulation durch Zugabe von eiskaltem PBS gestoppt. Die Zellen wurden, wie im Methodenteil dieser Arbeit beschrieben, aufgearbeitet und der Überstand aliquotiert eingefroren, da ein wiederholtes Einfrieren und Auftauen zur Zerstörung des Phosphorylierungsstatus geführt hätte. Als Kontrollen wurden Zellen nur mit DEAE-Dextran transfiziert. Zusätzlich wurden Zellen mitgeführt, die Wachstumsmedium erhielten sowie solche, die 12 Stunden serumfrei kultiviert wurden. Diese Zellen wurden nach Ablauf der 12-stündigen Inkubation direkt aufgearbeitet. Zudem wurden infizierte und nicht infizierte Zellen 3 Tage p.i. in die Wells einer Mikrotiterplatte umgesetzt und eine indirekte Immunfluoreszenz zum Nachweis von HAVAntigen durchgeführt, um den Erfolg der Infektion zu kontrollieren. Die Immunfluoreszenz zeigte eine Vielzahl infizierter Zellen, die Kontrollzellen zeigten keine spezifische Fluoreszenz. In Abb. 22 ist das Ergebnis des Immunoblots dargestellt. - - - HAV - HAV ~132 kDa P-PKR E-Actin 1 2 3 4 5 6 Abb. 22: Phosphorylierungsstatus der PKR in HAV/GBM-infizierten und nicht infizierten Kontrollzellen nach 12-stündigem Serumentzug und Transfektion mit poly(IC) und DEAE-Dextran am Tag 4 p.i. Es wurden äquivalente Proteinmengen eingesetzt. Der Nachweis wurde über die ActinDetektion geführt (unterer Bildausschnitt). Es wurde ein phospho-spezifischer PKRAntikörper verwendet, der die Phosphorylierung an der Aminosäure Threonin 451 erkennt (oberer Bildausschnitt). Der Nachweis erfolgte wie bereits beschrieben über Chemilumineszenz. Der Actin-Nachweis wurde nach dem Stripping der Membran durchgeführt. Die Angaben zum Molekulargewicht beziehen sich auf einen mitgeführten Größenmarker (nicht dargestellt). Lane 1: Medium (10 % FCS) Lane 2: Medium (0 % FCS) Lane 3: DEAE-Dextran Lane 4: HAV/GBM, DEAE-Dextran Lane 5: poly(IC)/DEAE-Dextran Lane 6: HAV/GBM, poly(IC)/DEAE-Dextran 85 Da bei der Verwendung des phospho-spezifischen Antikörpers eine Paralleldetektion von Actin und PKR in einem Schritt nicht möglich war, wurde ein Stripping der Membran und anschließend der Actin-Nachweis durchgeführt. Das Ergebnis des Western-Blots aus umseitiger Darstellung (Abb. 22, Lane 2-6) wurde von Zellen erhalten, die 12 h vor der Transfektion serumfrei gehalten wurden. Dabei wurde der Empfehlung des Antikörper-Herstellers (Biosource) gefolgt, der vor der experimentellen Durchführung eine serumfreie Zellkultivierung empfiehlt, da Serumbestandteile mit dem Phosphorylierungsstatus interferieren können. Aufgrund dessen, dass alle im Vorfeld durchgeführten Experimente mit Zellen durchgeführt wurden, die vor der Transfektion mit 3 %igem Serumzusatz kultiviert wurden, wurden parallel und analog zu obigem Experiment Zellen mitgeführt, die 12 h vor der Transfektion nicht serumfrei sondern mit 3 %igem Serumzusatz gehalten wurden. Das Ergebnis ist in Abb. 24 dargestellt. In Abb. 22 zeigte sich eine schwache Bande bei den 12 h in Wachstumsmedium gehaltenen Zellen, die Bandenintensität nimmt bei den ebenso lange serumfrei gehaltenen Zellen zu, was auf eine erhöhte PKR-Aktivität hinweist. Eine Aktivierung der PKR nach Serumentzug ist unter anderem von Patel et al. (2000) beschrieben worden. Erfolgt zusätzlich eine 15minütige Inkubation mit DEAE-Dextran nimmt die Aktivierung weiter zu, um dann nach der gleichzeitigen Transfektion mit DEAE-Dextran und poly(IC) nochmals deutlich anzusteigen. 240 200 Densität 160 ~132 kDa P-PKR 120 Actin 80 40 0 diu Me m % 10 S FC m diu Me 0% S FC AE DE EA V/D A H E l po C) y(I E EA /D HA AE /DE ) C (I oly V/p Abb. 23: Densitometrische Auswertung der Proteinbanden des in Abb. 22 dargestellten Western-Blots. Die erhaltenen Proteinbanden wurden eingescannt und mit dem SoftwareProgramm ImageLab Version 2.0 densitometrisch bestimmt. 86 In den HAV-infizierten Zellen zeigte sich eine drastische Reprimierung der Bandenstärke sowohl nach DEAE-Dextran-Behandlung als auch der kombinierten Transfektion von poly(IC) und DEAE-Dextran. Das Ausmaß der Repression zeigt sich in der in Abb. 23 dargestellten densitometrischen Auswertung des Western-Blots aus Abb. 22 nochmals besonders deutlich. Die Autophosphorylierung und somit Aktivierbarkeit der PKR scheint nach diesen Ergebnissen nicht oder nur stark eingeschränkt möglich zu sein. Festzuhalten ist, dass die PKR - wie der Western-Blot auch zeigt - sowohl dsRNA-abhängig als auch dsRNAunabhängig aktiviert werden kann (Patel et al., 2000; West und Baglioni, 1979) und der Effekt der Aktivierung sowohl in den poly(IC)/DEAE-Dextran transfizierten Zellen als auch in den lediglich mit DEAE-Dextran behandelten Zellen durch HAV deutlich reprimiert ist. In dem nachfolgend abgebildeten Immunoblot (Abb. 24) sind die Proben aufgetragen, die im Vorfeld der Transfektion in Erhaltungsmedium (3 % Serumzusatz) kultiviert wurden. Hier zeigt sich im Prinzip das gleiche Bild. - - HAV - HAV ~132 kDa P-PKR E-Actin 1 2 3 4 5 Abb. 24: Phosphorylierungsstatus der PKR in HAV/GBM-infizierten und nicht infizierten Kontrollzellen nach 12-stündiger Kultivierung in Medium mit 3 % Serumzusatz und Transfektion mit poly(IC)und DEAE-Dextran 4 Tage p.i. Das Experiment wurde parallel zu dem unter Abb. 22 aufgeführten Ansatz durchgeführt. Lane 1: Medium (3 % FCS) Lane 2: DEAE-Dextran Lane 3: HAV/GBM, DEAE-Dextran Lane 4: poly(IC)/DEAE-Dextran Lane 5: HAV/GBM, poly(IC)/DEAE-Dextran Insgesamt sind hier die Banden allerdings schwächer ausgeprägt, obwohl gleiche Mengen für den Immunoblot eingesetzt wurden. Dies könnte damit erklärt werden, dass sich diese Zellen, die ja nicht serumfrei sondern unter 3 %igem Serumzusatz kultiviert wurden, in einer anderen 87 Phase des Zellzyklus befinden, in der insgesamt weniger PKR-Protein vorliegt, also auch weniger aktiviert werden kann. Eine solche Abhängigkeit der Expression aber auch der Aktivität der PKR vom Zellzyklus ist beschrieben worden (Zamanian-Daryoush et al., 1999). Die densitometrische Auswertung des in Abb. 24 dargestellten Western-Blots ist in Abb. 25 aufgeführt. 160 140 Densität 120 100 ~132 kDa P-PKR 80 Actin 60 40 20 0 m diu Me 3% S FC AE DE E EA V/D A H p E EA /D ) (IC oly V/p HA EA )/D C I ( oly E Abb. 25: Densitometrische Auswertung der Proteinbanden des in Abb. 20 dargestellten Western-Blots. Die erhaltenen Proteinbanden wurden eingescannt und mit dem SoftwareProgramm ImageLab Version 2.0 densitometrisch bestimmt. Bemerkenswert und Anlass zu Diskussionen gebend ist die Tatsache, dass sich bei beiden dargestellten Immunoblots auf der Höhe von ca. 132 kDa eine zweite Bande befindet, die der unteren gleicht. Auch hier ist die Bandenintensität in den HAV-infizierten Zellen deutlich vermindert. Auffällig ist, dass sich diese Bande nahezu exakt auf doppelter Höhe der bei 68 kDa befindlichen PKR befindet. Dieses wiederum könnte den Verdacht nahe legen, dass es sich um Dimere handelt, was bei einer denaturierenden SDS-PAGE aber theoretisch nicht möglich ist, es sei denn, die Dimerisierung, die für die Autophosphorylierung und somit nachfolgende katalytische Aktivität der PKR notwendig ist, würde durch kovalente Bindungen hervorgerufen werden. Außerdem wäre es möglich, dass die Protein-ProteinInteraktionen so stark sind, dass sich SDS-resistente Dimere ausbilden können, wie es bereits mehrfach beschrieben wurde (Agirre et al., 2002; Ettinger et al., 1998; Gentile et al., 2002; Legembre et al., 2003). 88 Ein weiterer Punkt bietet Anlass zu Diskussionen. Es zeigte sich, dass das Ausmaß der durch die HAV-Infektion hervorgerufenen Suppression von Experiment zu Experiment schwankte. So war der Intensitätsunterschied der Banden zwischen den HAV-infizierten und nicht infizierten induzierten Zellen mal mehr und mal weniger stark ausgeprägt. Es hatte den Anschein, als ob der Zellzustand hierbei eine Rolle spielen könnte. Sehr vitale Zellen reagieren möglicherweise in einem anderen Ausmaß als solche Zellen, die sich in einem weniger vitalen Zellzustand befinden. 3.4.4. Auswirkung der Transfektion auf die Vitalität von MRC-5-Zellen Da sich in den vorangegangenen Experimenten gezeigt hatte, dass sowohl der Serumentzug als auch auch die Transfektion mit DEAE-Dextran schon zu einer geringfügigen Translokation von NF-NB und verstärkten Phosphorylierung der PKR im Vergleich zu den in Wachstumsmedium gehaltenen Zellen führte, sollte im Folgenden überprüft werden, inwiefern die in den Experimenten gewählten Transfektionsbedingungen zu einer Beeinträchtigung der Zellvitalität führen. Dazu wurde ein MTT-Test verwendet, welcher den mitochondrialen Umsatz eines chromogenen Substrates (MTT) erfasst. 120 Zellvitalität [%] 100 80 60 40 20 0 Medium 10% FCS Medium 3% FCS Medium 0% FCS poly(IC) DEAE-Dextran poly(IC)/DEAEDextran Abb. 26: Einfluss der poly(IC)-Transfektion auf die Vitalität von MRC-5-Zellen. MRC-5-Zellen wurden für 12 h mit Wachstumsmedium (Medium 10 % FCS) oder Erhaltungsmedium (Medium 3 % FCS) kultiviert. Anschließend erfolgte die Behandlung von je 6 - zuvor in Erhaltungsmedium inkubierten - Wells mit entweder serumfreiem Medium (Medium 0 % FCS), 20 µg/ml poly(IC), DEAE-Dextran (100 µg/ml) oder poly(IC)/DEAE-Dextran für 2 h bei 37 °C. Im Anschluss daran wurde ein MTT-Test durchgeführt. Die Vitalität (%) wurde auf die zuvor in Wachstumsmedium kultivierten Zellen bezogen (Medium 10 % = 100 % vital). Dargestellt sind die Mittelwerte aus 6-fachAnsätzen mit den entsprechenden Standardabweichungen. 89 Hierfür wurden MRC-5-Zellen in 96 Well-Mikrotiterplatten ausgesät und solange kultiviert bis sich ein dichter Zellrasen ausgebildet hatte. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte dann ein Mediumwechsel mit Wachstums- oder Erhaltungsmedium. Nach 12 h wurden die in den mit Erhaltungsmedium kultivierten Wells befindlichen Zellen für 2 h in serumfreiem Medium mit poly(IC) stimuliert, poly(IC) mittels DEAE-Dextran transfiziert oder lediglich mit DEAEDextran oder serumfreiem Medium bei 37 °C inkubiert. Anschließend wurden die Inokula entfernt und die Zellen mit 100 µl Erhaltungsmedium und 10 µl MTT/Well für 4 h bei 37 °C kultiviert. Durch Zugabe von 100 µl Solubilisierungslösung/Well und Inkubation über Nacht bei 37 °C wurden die Zellen lysiert. Die Auswertung erfolgte durch Messung der Absorbanz bei 490 nm (Abb. 26). Wie erwartet zeigten die in Wachstumsmedium kultivierten Zellen bezogen auf die gemessenen Absorptions-Werte (hier nicht dargestellt) die höchste Umsatzrate an MTT. Die Vitalitäten der anderen Ansätze wurden auf diesen Wert bezogen. In Erhaltungsmedium kultivierte Zellen wiesen nur einen geringfügig niedrigeren Vitalitätswert auf. Deutlich zeigt sich, dass allein der zweistündige Serumentzug zu einer erheblichen Vitalitätseinschränkung der Zellen führt. Die zusätzliche Induktion mit poly(IC) führte zu keiner weiteren Vitalitätseinbuße. Hingegen senkte die Inkubation mit DEAE-Dextran die Vitalität im Vergleich zu den serumfrei kultivierten Zellen nochmals um 10 %. Hier ist dann insgesamt im Vergleich zu den in Wachstumsmedium kultivierten Zellen - ein Vitalitätseinbruch von 25-30 % erfolgt. Etwa der gleiche Wert wurde bei der kombinierten Behandlung der Zellen mit poly(IC) und DEAE-Dextran erhalten. Das Ergebnis macht deutlich, dass die Transfektionsbedingungen, besonders aber der Serumentzug, eine nicht unerhebliche Stresssituation für die Zellen darstellen. Im nächsten Experiment sollte untersucht werden, ob ebensolche Vitalitätseinbußen zu verzeichnen sind, wenn die Zellen für 12 h serumfrei kultiviert und zusätzlich mit IFN-E inkubiert („primed“) werden. Dazu wurden konfluent gewachsene MRC-5-Zellen für 12 h in Wachstums-, Erhaltungs- oder serumfreiem Medium sowie serumfreiem Medium unter Zusatz von IFN-E (Betaferon®, 100 IU/ml) inkubiert und die Zellvitalität bestimmt. Zudem wurden IFN-E behandelte, serumfrei kultivierte Zellen im Anschluß an die 12-stündige Inkubation für 2 h mit poly(IC) mittels DEAE-Dextran transfiziert oder lediglich mit DEAEDextran inkubiert. Auf die alleinige Behandlung der Zellen mit poly(IC) wurde verzichtet. Abb. 27 zeigt das Ergebnis des MTT-Testes. Es ist eine deutliche Vitalitätseinbuße nach 12stündigem Serumentzug zu beobachten, das Ausmaß der Reduktion gleicht der in Abb. 26 90 dargestellten Vitalitätseinschränkung nach nur 2-stündigem Serumentzug. Die zusätzliche Inkubation mit IFN-E (Betaferon®, 100 IU/ml) schränkt die Vitalität der Zellen nicht weiter ein. Gleichwohl ist auch hier wieder die zusätzliche Vitalitäts-einschränkende Wirkung von DEAE-Dextran zu detektieren. Nach kombinierter Behandlung der Zellen mit poly(IC)/DEAE-Dextran ist auch in diesem Experiment kein additiver Effekt zu beobachten. 120 100 Zellvitalität [%] 80 60 40 20 0 Medium 10% FCS Medium 3% FCS Medium 0% FCS Primed / Medium 0% FCS Primed / DEAEPrimed / Dextran poly(IC)/DEAEDextran Abb. 27: MTT-Test zur Bestimmung des Einflusses der poly(IC)-Transfektion auf die Vitalität von MRC-5-Zellen nach Inkubation mit IFN-E (Betaferon®). MRC-5-Zellen wurden für 12 h bei 37 °C in mit Wachstums- (Medium 10 % FCS), Erhaltungs- (Medium 3 % FCS) oder serumfreiem Medium (Medium 0 % FCS) sowie serumfrei unter Zusatz von 100 IU/ml IFN-E (primed/ Medium 0 % FCS) kultiviert. Mit den zuletzt genannten Zellen wurde zudem für 2 h eine Induktion mit 20 µg/ml poly(IC) und 100 µg/ml DEAE-Dextran (Primed/ poly(IC)/ DEAE-Dextran) sowie lediglich DEAE-Dextran (Primed/ DEAE-Dextran) durchgeführt. Dargestellt sind die Mittelwerte aus 6-fach-Ansätzen mit den entsprechenden Standardabweichungen In einem weiteren Versuch sollte - in Anlehnung an die gewählten Induktionszeiten bei den Untersuchungen zum Phosphorylierungsstatus der PKR (Kap. 3.4.3.3) - ein MTT-Test durchgeführt werden, der Aussagen über die Zellvitalität nach Induktion der Zellen über einen Zeitraum von 15 min zulässt. Das Vorgehen entspricht dem des in Abb. 26 dargestellten Experimentes. Es reduziert sich nachfolgend lediglich die Induktionsdauer auf 15 min Zudem wurde das Experiment gleichzeitig mit HAV/GBM-infizierten MRC-5-Zellen durchgeführt. Dazu wurden zu 80 % konfluent gewachsenen MRC-5-Zellen in Mikrotiterplatten mit einer MOI von 1 infiziert bzw. mit serumfreiem Medium (mock) inokuliert. Nach zweistündiger 91 Inkubation erfolgte die Abnahme des Inokulums und die Weiterkultivierung der Zellen bei 37 °C in Erhaltungsmedium. Am Tag 3 p.i erfolgte ein Mediumwechsel wie unter Abb. 28 beschrieben. Am Tag 4 p.i. wurde die Induktion (15 min) und anschließend der MTT-Test durchgeführt (Abb. 28). Vergleicht man zunächst einmal die Werte nicht-infizierter Zellen aus nachfolgender Graphik (Abb. 28) mit den Daten, die nach zweistündiger Induktion erhalten wurden (Abb. 26), so sieht man, dass sich im Prinzip das gleiche Bild zeigt. Es ist auch nach 15-minütigem Serumentzug bereits ein deutlicher Vitalitätsverlust eingetreten, ebenso ist die zusätzliche Vitalitätseinbuße nach Induktion mit DEAE-Dextran auch hier zu detektieren. Dies zeigt, dass die Zellen umgehend auf eine Änderung der Umgebungsbedingungen reagieren. 120 mock-infiziert HAV/GBM-infiziert 100 Zellvitalität [%] 80 60 40 20 0 Medium 10% FCS Medium 3% FCS Medium 0% FCS poly(IC) DEAE-Dextran poly(IC)/DEAEDextran Abb. 28: Einfluss der poly(IC)-Transfektion auf die Vitalität von HAV/GBM- und nichtinfizierten MRC-5-Zellen. MRC-5-Zellen wurden mit Medium (mock-infiziert) oder HAV/GBM (MOI: 1) für 2 h bei 37 °C infiziert. Am Tag 3 p.i. erfolgte ein Mediumwechsel. Die Zellen wurden für 12 h mit Wachstumsmedium (Medium 10 % FCS) oder Erhaltungsmedium (Medium 3 % FCS) kultiviert. Anschließend erfolgte die Behandlung von je 3 - zuvor in Erhaltungsmedium inkubierten - Wells mit entweder serumfreiem Medium (Medium 0 % FCS), 20 µg/ml poly(IC), DEAE-Dextran (100 µg/ml) oder poly(IC)/DEAE-Dextran für 15 min bei 37 °C. Im Anschluss daran wurde ein MTT-Test durchgeführt. Die Vitalität (%) wurde auf die zuvor in Wachstumsmedium kultivierten Zellen bezogen (Medium 10 % = 100 % vital). Dargestellt sind die Mittelwerte aus 3-fach-Ansätzen mit den entsprechenden Standardabweichungen. Die HAV-infizierten Zellen zeigen im Vergleich zu den nicht-infizierten Kontrollzellen eine etwa 10 % höhere Vitalität in allen für 15 min induzierten Ansätzen. Sie scheinen demnach eine höhere Stresstoleranz aufzuweisen, wobei der Effekt - betrachtet man die 92 Standardabweichungen - als gering einzustufen ist. Möglicherweise würden die beobachteten Unterschiede deutlicher hervortreten, wenn eine Infektion aller Zellen erreicht ist. Festzuhalten ist, dass sich, wie in den Untersuchungen zum Translokationsverhalten des Transkriptionsfaktor NF-NB und den Experimenten zum Phosphorylierungsstatus der PKR bereits andeutete, allein der Serumentzug eine erhebliche Stresssituation für die Zellen darstellt. Aus diesem Grund wurde im Folgenden in Zusammenarbeit mit Frau I. Nickeleit ein weiterer Transkriptionsfaktor, der Tumorsuppressor p53, mit in die Untersuchungen einbezogen, dem eine essentielle Rolle in der zellulären Stressantwort zukommt (Cartwright und Helin, 2000). 3.4.5. Einfluss der Transfektion auf die Aktivierung des Tumorsuppressor-Proteins p53 Der Transkriptionsfaktor p53 wird in Zellen, die keinem Stressfaktor ausgesetzt sind, gewöhnlich nur in geringem Maße konstitutiv exprimiert. In zellulären Stresssituationen, wie sie auch eine Virusinfektion darstellen kann, akkumuliert der Transkriptionsfaktor und kann Apoptose induzieren. Letzere wird in HAV-infizierten Zellen, abgesehen von einigen wenigen cytopathogenen Varianten, nicht induziert (Brack et al., 1998). In einem ersten Schritt sollte zunächst geklärt werden, ob die von uns gewählten Transfektionsbedingungen eine Aktivierung des p53-Proteins zur Folge haben und ob diese gegebenenfalls mit dem unter 3.4.4. beobachteten Verlust an Zellvitalität einhergeht. Zur Klärung dieser Fragestellung wurden MRC-5-Zellen in 6 cm-Zellkulturschalen ausgesät und nachdem eine 80 %ige Konfluenz erreicht war, eine Calcium-Phosphat-Transfektion mit 1 µg eines Luciferase-Konstruktes (pp53-TA-Luc) durchgeführt, bei dem die Expression des Reportergens unter Kontrolle eines p53-Response-Elementes steht. Ein Kontrollansatz wurde mitgeführt, bei dem die Zellen lediglich mit einem Kontrollvektor (pTA-Luc) transfiziert wurden, dem das p53-Response-Element fehlt. Nach Ablauf einer 20-stündigen Inkubationszeit, in der die Zellen bei 37 °C und 5 % CO2 kultiviert wurden, erfolgte die Abnahme des Mediums und - nach mehrmaligem Waschen der Zellen mit PBS - die Induktion mit poly(IC) (20 µg/ml) und DEAE-Dextran (100 µg/ml) für 2 Stunden in serumfreiem Medium. Das Experiment wurde einschließlich der Kontrollen im Doppelansatz durchgeführt. Als Kontrollen wurden Zellen mitgeführt, die für die Zeitdauer der Transfektion lediglich serumfreies Medium oder DEAE-Dextran erhielten. Direkt nach der zweistündigen Transfektion erfolgte die Aufarbeitung der Zellen. Die Luciferase-Aktivität der Zell-Lysate wurde nachfolgend luminometrisch bestimmt (Abb. 29). Es zeigte sich, dass allein die 93 zweistündige Transfektionsprozedur mit Medium zu einer geringen Steigerung der p53vermittelten Luciferase-Expression führt. Erfolgt die Transfektion in Anwesenheit von DEAE-Dextran, so erfolgt ein signifikanter Anstieg der Luciferase-Expression, die sich noch einmal nahezu verdoppelt nach gleichzeitiger Behandlung der Zellen mit dem synthetischen dsRNA-Analogon poly(IC). Die gewählten experimentellen Bedingungen führen demnach eindeutig zu einer verstärkten p53-Aktivierung. Während in den durchgeführten Vitalitätstests (3.4.4.) der Serumentzug die entscheidende Ursache für die Vitalitätseinschränkung darstellte und die Transfektionsagenzien diese nur etwas verstärkten, zeigt sich in der p53-Aktivierung eine sprunghafte Zunahme nach zusätzlicher DEAE-Dextran-Behandlung und weiterhin nach Transfektion von poly(IC) mit DEAE-Dextran. Dieses Ergebnis bestätigt die Vermutung, dass die Transfektionsprozedur eine nicht gering einzustufende zelluläre Belastung darstellt, wenngleich auch p53 offensichtlich eher durch die Transfektionsprozedur als durch den Serumentzug aktiviert wird. 7 pTA-Luc pp53-TA-Luc LCPS/µg Protein 6 5 4 3 2 1 0 Medium Medium DEAE-Dextran poly(IC) / DEAE-Dextran Abb. 29: p53-abhängige Expression des Luciferase-Reportergens in Medium bzw. poly(IC)-transfizierten MRC-5-Zellen. MRC-5-Zellen wurden mit pp53-TA-Luc oder dem Kontrollvektor (pTA-Luc) mittels Calcium-Phosphat-Technik transfiziert. 20 h nach der Transfektion erfolgte die Induktion mit poly(IC)/ DEAE-Dextran bzw. nur DEAE-Dextran oder serumfreiem Medium für 2 h bei 37 °C. Unmittelbar nach Transfektionsende wurden die Zellen lysiert und die Luciferase-Aktivität der Zell-Lysate luminometrisch bestimmt. Stellvertretend für die anderen Kontrollansätze ist das Ergebnis der mit serumfreiem Medium inkubierten pTA-Luc-Ansätze dargestellt. Bei den dargestellten Aktivitäten handelt es sich um Mittelwerte aus Zweifachansätzen mit den dazugehörigen Standardabweichungen. 94 3.4.6. Beeinflussung der p53-vermittelten Expression des Reportergens Luciferase in MRC-5-Zellen durch HAV Nachdem eine p53-Aktivierung in MRC-5-Zellen unter den von uns gewählten Transfektionsbedingungen gezeigt werden konnte, sollte in einem weiteren Experiment anhand einer transienten Expression des Luciferase-Gens der Einfluss einer HAV/GBMInfektion auf die p53-Aktivierung überprüft werden. Da es in HAV-infizierten Zellen nicht zur Apoptoseinduktion kommt, könnte man eine ausbleibende oder zumindest eingeschränkte p53-Aktivierung erwarten. Zur Durchführung des Experimentes wurden MRC-5-Zellen in 10 cm-Zellkulturschalen ausgesät und bis zu einer Konfluenz von 80 % kultiviert. Die HAV/GBM-Infektion erfolgte mit einer MOI von 2. Parallel dazu wurden Kontrollzellen mitgeführt, die während der zweistündigen Infektionsdauer lediglich mit serumfreiem Medium inkubiert wurden. Nach Abnahme des Inokulums wurden die Zellen in Erhaltungsmedium weiterkultiviert. Am Tag 0 direkt nach Ende der zweistündigen Inkubationszeit sowie am Tag 1 und 4 p.i. erfolgte die Aufarbeitung der Zellen. 3x104 Zellen wurden lysiert und die p53-vermittelte LuciferaseExpression bestimmt. 10 mock HAV/GBM 9 LCPS/3x10E4 Zellen 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0 1 4 Tage p.i. Abb. 30: p53-abhängige Expression des Luciferase-Reportergens in HAV-infizierten und nicht infizierten MRC-5-Zellen. MRC-5-Zellen wurden mit HAV/GBM (MOI: 2) oder Medium (mock) für 2 h bei 37 °C inkubiert und anschließend in Erhaltungsmedium kultiviert. Am Tag 0 (direkt nach Infektionsende), 1 und 4 erfolgte die Lyse der Zellen und die luminometrische Bestimmung. 20 h vor der Lyse erfolgte die Transfektion mit pp53-TA-Luc mittels Calcium-Phosphat. Bei den dargestellten Aktivitäten handelt es sich um eine Einfachbestimmung (Tag 0), Doppelbestimmung (Tag 1) und Vierfachbestimmung (Tag 4). Dargestellt sind die Mittelwerte mit den jeweiligen Standardabweichungen. 95 Die Transfektion mit dem Plasmid pp53-TA-Luc bzw. dem Kontrollvektor pTA-Luc erfolgte nach der Calcium-Phosphat-Methode 20 h vor der jeweiligen Lyse der Zellen. Das Ergebnis der luminometrischen Bestimmung ist in Abb. 30 dargestellt. Bei der luminometrischen Bestimmung zeigt sich am Tag 1 p.i. in den HAV-infizierten Zellen ein signifikanter Anstieg der p53-vermittelten Expression des Luciferase-Gens im Vergleich zu den Kontrollzellen. Diese deutlich höhere p53-Aktivierung in den infizierten Zellen ist auch am Tag 4 p.i. zu finden, allerdings nicht mehr in diesem Ausmaß. Denkbar ist, dass die höhere p53-Aktivität in den am Tag 1 p.i. aufgearbeiteten Zellen daraus resultiert, dass diese Zellen am Tag der Infektion (Tag 0) auch mit dem p53-Luciferase-Konstrukt transfiziert wurden, um den gewählten Zeitrahmen von 20 h zwischen Transfektion des p53-LuciferaseKonstruktes und Aufarbeitung der Zellen einzuhalten. Letztendlich müssen weitere Experimente folgen, um dieses Phänomen abzuklären. Die beobachtete p53-Aktivierung in HAV-infizierten Zellen war nicht unbedingt zu erwarten, da nach einer HAV-Infektion die Apoptose, in die p53 ebenfalls involviert sein kann, unterbleibt. Da das Hepatitis A-Virus trotz Aktivierung des pro-apoptotischen p53 in vitro persistiert, scheint das Virus in der Lage zu sein, die p53-vermittelten Effekte zu beeinflussen. Dies wäre denkbar durch die von uns ebenfalls gezeigte NF-NB-Aktivierung, welche den proapoptotischen Effekten von p53 entgegenstehen und dessen Wirkung modulieren könnte. 3.5. Effekt des Hepatitis A-Virus auf die durch TLR3-Stimulation induzierte Interferonexpression Alle bisher durchgeführten Experimente wurden mittels DEAE-Dextran transfiziertem poly(IC) durchgeführt. Im Gegensatz zu FRhK-4-Zellen, die eine Abhängigkeit von DEAEDextran bezüglich der poly(IC) induzierbaren Interferonproduktion zeigen (Brack, 1999), reagieren MRC-5-Zellen, wie am Anfang dieser Arbeit gezeigt, sowohl auf die interne (Transfektion) als auch externe (Stimulation) Gabe von poly(IC) konzentrationsabhängig mit einer deutlichen Interferonantwort. Kürzlich wurde gezeigt, dass MRC-5-Zellen den Toll-like-Rezeptor 3 (TLR3) exprimieren (Matsumoto et al., 2002). Dieser zählt zu einer relativ neuen Klasse von Transmembranrezeptoren, die durch sogenannte PAMP`s („Pathogen assoziierte molekulare Muster“) aktiviert werden. Für den TLR3 wurde dsRNA als ein Ligand identifiziert, dessen 96 Bindung an den Rezeptor zu einer Aktivierung desselben und im Folgenden sowohl zu einer Induktion von NF-țB als auch IRF-3-Aktivierung und Produktion von Typ-I-Interferonen führt (Alexopoulou et al., 2001; Doyle et al., 2002). Interessant war es daher der Frage nachzugehen, ob die durch poly(IC)-Induktion angeschalteten Signalwege nach externer oder interner Gabe desselben möglicherweise die gleichen sind, bzw. ob HAV in der Lage ist, beide zur Interferoninduktion führenden Wege auszuschalten. Zur Klärung dieser Fragestellung wurden MRC-5-Zellen in 6 cm-Schalen ausgesät. Nachdem sich ein dichter Monolayer gebildet hatte, wurden die Zellen für 2 h bei 37 °C mit HAV/GBM (MOI: 1) infiziert. Gleichzeitig wurden Ansätze mit serumfreiem Medium inkubiert. 4 Tage p.i. erfolgte die Stimulation mit 20 µg/ml poly(IC) über einen Zeitraum von 2 h bei 37 °C. Ebenfalls mitgeführt wurden Kulturschalen, die mit poly(IC) unter Verwendung von DEAEDextran transfiziert wurden und Ansätze, die lediglich serumfreies Medium oder DEAEDextran erhielten. Nach Ablauf der Induktion wurden die Zellkulturschalen mit Erhaltungsmedium beschickt und für 16 h bei 37 °C weiterkultiviert. 1200 14000 13312 1100 13000 11995 1000 12000 Interferon [U/ml] 900 11000 800 10000 700 605 600 537 500 400 300 189 200 100 157 173 68 <40 <40 <40 <40 0 Medium DEAE-Dextran poly(IC) - A mock poly(IC) - B poly(IC)/ DEAE - A poly(IC)/ DEAE - B HAV/GBM Abb. 31: Nachweis der Interferonaktivität nach Stimulation und Transfektion mit poly(IC) in HAV/GBM-infizierten MRC-5-Zellen. MRC-5-Zellen wurden mit HAV/GBM (MOI: 1) oder Medium (mock) für 2 h bei 37 °C inkubiert. Anschließend wurden die Zellen in Erhaltungsmedium kultiviert. Am Tag 4 p.i. erfolgte die Stimulation oder Transfektion mit 20 µg/ml poly(IC) für 2 h bei 37 °C. Kontrollzellen wurden lediglich mit DEAE-Dextran oder serumfreiem Medium kultiviert. 16 h nach Transfektionsende erfolgte die Abnahme der Zellkulturüberstände und Bestimmung des Interferongehaltes mittels Plaquereduktionstest. Die Bezeichnungen A und B geben die Ergebnisse zweier voneinander unabhängiger Experimente an. 97 Die Zellkulturüberstände wurden im PRT auf ihren Gehalt an sezerniertem Interferon untersucht (Abb. 31). Um den Infektionsstatus der Zellen zu kontrollieren wurde am Tag 4 p.i. HAV-Antigen mittels indirekter Immunfluoreszenz nachgewiesen. Die Immunfluoreszenz zeigte deutlich den Erfolg der Infektion sowie die Virusfreiheit der mitgeführten Kontrollzellen. Ins Auge fällt zunächst der nach poly(IC)-Stimulation deutlich geringere Gehalt an sezerniertem Interferon im Vergleich zu den etwa 20-fach höheren Ausbeuten, die nach Transfektion mit DEAE-Dextran erhalten wurden. Die mögliche IFN-Induzierbarkeit nach poly(IC)-Stimulation (~600 U/ml) ist also im Vergleich zu der mit transfizierten poly(IC) erreichbaren minimal (siehe auch Kap. 3.1.2.1). Wie aus der graphischen Darstellung ersichtlich, besitzt HAV offenbar die Fähigkeit, auch die über externes poly(IC) ausgelöste Signalkaskade zu beeinflussen. Die IFN-E-Aktivität in diesen Ansätzen wird durch HAV auf einen ähnlichen Wert reduziert, wie er auch in den transfizierten Proben erhalten wird. Nach diesen Daten sieht es so aus, dass HAV sowohl die über den TLR vermittelte als auch die durch intrazelluläres poly(IC) induzierte Interferonexpression zu supprimieren vermag. Dies lässt die Folgerung zu, dass beide Signalwege eine gemeinsame Verknüpfungsstelle aufweisen, die intrazellulär zu suchen ist. Allerdings bedarf dieses Ergebnis einer Reproduktion, die im Zeitrahmen dieser Arbeit nicht mehr erfolgte. Hierbei sollten auch Ansätze mit z.B. 100 µg/ml poly(IC) mitgeführt werden, um durch die dadurch erzielten höheren Ausgangswerte an biologisch aktivem Interferon den Reduktionseffekt von HAV auf die poly(IC) stimulierte Interferonexpression deutlicher herausstellen zu können. 98 4. DISKUSSION ___________________________________________________________________________ Eine sehr effektive Möglichkeit von Zellen auf Virusinfektionen zu reagieren bieten die schnellgreifenden unspezifischen Abwehrmechanismen wie die Einleitung der Apoptose, in deren Folge es zum zellulären Suizid kommt und die Induktion der Interferonsynthese, die durch Aufbau eines antiviralen Status in benachbarten Zellen zur Limitierung der Infektion führt. So liegt es nahe, dass die Überlebensstrategien vieler Viren darauf basieren diese Abwehrmechanismen der Wirtszellen auszuschalten, zu umgehen oder sogar für eigene Zwecke zu nutzen (Didcock et al., 1999; Gale jr. et al., 1997; Samuel, 2001; Schweizer und Peterhans, 2001; Talon et al., 2000) Vom Hepatitis A-Virus, welches aufgrund seiner langsamen Replikationsgeschwindigkeit für die Anschaltung dieser antiviralen Kaskaden prädestiniert sein müsste, ist schon lange bekannt, dass es in vitro nicht zur Induktion biologisch aktiven Interferons führt, der Aufbau eines antiviralen Status somit unterbleibt (Vallbracht et al., 1985). Im Rahmen weiterer von Brack et al. (2002) an fetalen Rhesusaffen-Nierenzellen durchgeführter Experimente zeigte sich, dass eine HAV-Infektion bereits die Transkription des Interferon-E-Gens nicht initiiert und das Hepatitis A-Virus zudem die durch das synthetische dsRNA-Analogon poly(IC) induzierbare Interferonproduktion in diesen Zellen zu unterbinden vermag (Brack et al., 2002) und demnach sogar die Fähigkeit besitzt aktiv in zelluläre antivirale Abwehrreaktionen einzugreifen. In dieser Arbeit sollte zunächst versucht werden, diese am Affensystem erhaltenen Ergebnisse auf ein humanes System zu übertragen, um im Folgenden gegebenenfalls relevante Unterschiede zu detektieren. Um eine größtmögliche Annäherung an die physiologische Targetzelle des Hepatitis A-Virus zu erreichen, das als einziger Vertreter der humanen Hepatitis-Viren einen Leberzelltropismus aufweist, wurde zunächst die Hepatomzellinie HepG2 verwendet, die humanen Ursprungs und für HAV permissiv ist (Zajac et al., 1991) und aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit primärer Hepatocyten und der Schwierigkeit der dauerhaften Kultivierung derselben häufig als Modellsystem zur Erforschung der Biologie des Hepatozyten verwendet wird. Für die Überprüfung der Induzierbarkeit der Interferonproduktion in den HepG2-Zellen wurde als Induktor das auch bisher in unserer Arbeitsgruppe für experimentelle Studien eingesetzte dsRNA-Analogon poly(IC) verwendet und die Zellen zudem einer Vorbehandlung 99 mit Interferon-D unterworfen. Dieses sogenannte Priming führt in Interferon-sensitiven Zellen zu einer deutlichen Steigerung der Interferon-Produktion (Abreu et al., 1979; Havell und Vilcek, 1972; Steward et al., 1972) und sollte dazu dienen die für die weiteren Experimente gewünschten möglichst hohen Ausgangswerte an Interferon zu erzielen. Allerdings zeigten die HepG2-Zellen trotz vorangegangenen Primings weder nach Stimulation mit poly(IC) noch nach Transfektion von poly(IC) mit dem hochmolekularen Polysaccharid DEAE-Dextran eine detektierbare Interferonantwort. Damit unterscheiden sie sich von den als Positivkontrolle mitgeführten FRhK-4-Zellen. Diese reagieren zwar ebenfalls nicht auf eine alleinige Induktion mit poly(IC), zeigen aber einen deutlichen InterferonResponse nach poly(IC)-Transfektion mit DEAE-Dextran (Brack, 1999). Es ist denkbar, dass HepG2-Zellen ein Unvermögen aufweisen Interferon zu synthetisieren. Da Zellinien in ihrem Vermögen Interferon zu produzieren stark differieren können (Steward, 1972), besteht ebenfalls die Möglichkeit, dass die von den HepG2-Zellen produzierte Interferonmenge unterhalb der Detektionsgrenze des von uns gewählten Bioassays liegt ( 20 U/ml). Aus diesem Grund wurde in einer nächsten Versuchsreihe im Anschluss an die poly(IC)-Induktion eine kombinierte Behandlung mit den Proteinsynthese-Inhibitoren Cycloheximid und Actinomycin D durchgeführt. Diese als Superinduktion bezeichnete Behandlung führt zu einer deutlichen Steigerung der Interferonausbeute (Dulbecco, 1990; Havell und Vilcek, 1972; Sen und Lengyel, 1992). So konnten Havell und Vilcek (1972) unter optimalen Bedingungen in FS-3-Zellen nach Superinduktion eine Steigerung der Interferonausbeute um den Faktor 100 erreichen. Das Prinzip basiert darauf, dass nach Beendigung der poly(IC)-Induktion zunächst die Translation reversibel durch die Zugabe des aus Streptomyces griseus isolierten Antibiotikums Cycloheximid blockiert wird. Die Folge ist eine Akkumulation der gebildeten IFN-mRNA´s. Durch die fehlende Expression von Interferonproteinen erfolgt zudem keine verstärkte Transkription der Repressorgene. Kurz vor der Entfernung des Cycloheximids wird der ein irreversibles Wirkprinzip aufweisende Transkriptionsinhibitor Actinomycin D zugegeben, so dass nach Entfernen beider Agenzien zwar die Translation wieder erfolgen kann, nicht aber die Transkription. Die Folge ist die Translation der angehäuften IFN-mRNA, was zu einer signifikanten Erhöhung der Interferon-Ausbeute führt, zumal die Bildung von Repressorproteinen durch die andauernde Blockade der Transkription unterbunden bleibt. Es zeigte sich in den Experimenten allerdings, dass in den HepG2-Zellen auch durch die Kombination von Priming, poly(IC)-Stimulation oder poly(IC)-Transfektion mit DEAE100 Dextran und gleichzeitiger Superinduktion im Bioassay keine, bzw. nur eine sehr geringe und dann unzuverlässig detektierbare Interferonaktivität nachgewiesen werden konnte. Da die geernteten Kulturüberstände der HepG2-Zellen entweder direkt im Plaquereduktionstest eingesetzt wurden oder nach kurzer Zwischenlagerung bei -80 °C, kann ein Aktivitätsverlust des Interferons ausgeschlossen werden, zumal die als Kontrolle mitgeführten FRhK-4-Zellen wie erwartet nach poly(IC)-Transfektion mit DEAE-Dextran und deutlich verstärkt nach zusätzlicher Superinduktion die erwartete Interferonantwort zeigten. Diesen Ergebnissen nach zu urteilen, sind die HepG2-Zellen nicht in der Lage effektiv Interferon zu produzieren. Möglicherweise wird in den HepG2-Zellen ein für die Interferon-Induktion erforderlicher Transkriptionsfaktor nicht exprimiert, so dass die IFN-Typ-I Genexpression nicht erfolgen kann. Keskinen et al. (1999) konnten in HepG2- und HuH7-Zellen im Vergleich zu den in ihren Experimenten mitgeführten Kontrollzellen, in den beiden humanen Hepatomzellen einen ~3 bzw. 10-fach geringeren basalen IRF-9-Expressionslevel detektieren. Gleichzeitig erwähnen die Autoren das Fehlen einer konstitutiven IRF-7-Expression. Die gleiche Arbeitsgruppe konnte zudem in diesen Zellen als Antwort auf eine Sendai- oder Influenza-A-Virus Infektion kein Typ-I-Interferon detektieren. Auch die exogene Zufuhr von IFN-D resultierte nur in einer schwachen antiviralen Aktivität. Tnani und Bayard (1999) konnten erst nach Vorbehandlung mit 500 IU/ml Typ-I-Interferon eine moderate Titerreduktion in VSV- und EMCV-infizierten HepG2-Zellen beobachten, im Vergleich zu HeLa-Zellen, in denen die Titerreduktion dosisabhängig erfolgte. Von Vero-Zellen, einer aus Nierenzellen afrikanischer grüner Meerkatzen entwickelten permanenten Zellinie, ist bekannt, dass sie die Fähigkeit Interferon zu produzieren durch spontane Gendeletion verloren haben (Desmyter et al., 1968; Mosca und Pitha, 1986), weshalb diese Zellen auch zur Anzucht Interferon-sensitiver Viren herangezogen werden. Bei den HepG2-Zellen könnte es im Zuge der Transformation ebenfalls zur Gendeletion gekommen sein und das Unvermögen, auf poly(IC)-Induktion mit einer Interferonantwort zu reagieren, erklären. Da diese Unfähigkeit zur Interferonproduktion die HepG2-Zellen als Zellkultursystem für die geplanten Untersuchungen unbrauchbar machten, wurden im Folgenden die mit dem HAVStamm GBM infizierbaren embryonalen Lungenfibroblasten MRC-5 (Jakobs et al., 1970) ausgewählt, die humanen Ursprungs und als Fibroblastenzellinie für die Interferon-EProduktion prädestiniert sind. In diesen ließ sich bereits mit der kleinsten in die Experimente eingesetzten poly(IC)Konzentration von 1 µg/ml eine reproduzierbare Interferonantwort induzieren. Die Kinetik 101 zeigte dann deutlich die Konzentrationsabhängigkeit der Interferonproduktion von der Menge an eingesetzter dsRNA sowohl nach Transfektion als auch Stimulation von poly(IC). Beeindruckend war die Erhöhung der Effizienz, wenn die poly(IC)-Induktion mittels DEAEDextran durchgeführt wurde. Die dadurch erreichte, ebenfalls konzentrationsabhängige, Steigerung der Interferonproduktion ist signifikant im Vergleich zu lediglich mit poly(IC)stimulierten Zellen. Sieht man bei letzteren nach Einsatz von 100 µg/ml poly(IC) eine Steigerung auf etwa 1300 U/ml IFN, so erreicht man nach DEAE-Dextran-Transfektion von nur 20 µg/ml poly(IC) um etwa den Faktor 10 höhere Interferonausbeuten. Ein weiterer Anstieg der Interferonproduktion nach DEAE-Dextran-Transfektion mit höheren poly(IC)Mengen ist in MRC-5-Zellen dann allerdings nicht mehr zu erreichen. Vermutlich ist zu diesem Zeitpunkt die Kapazität der Zelle bezüglich der Interferonantwort aufgrund der hohen Mengen transfizierter RNA ausgeschöpft. Die durchgeführten Ansätze zeigten eindeutig, dass die MRC-5-Zellen hervorragende Interferon-Produzenten sowohl nach intra- als auch extrazellulärer poly(IC)-Induktion darstellen. Gerade die Ansprechbarkeit auf exogene poly(IC)-Gabe differiert von Zelltyp zu Zelltyp. Nicht-plasmazytoide dendritische Zellen reagieren beispielsweise erst nach poly(IC)Transfektion mit Lipofectin oder Elektroporation mit einer deutlichen Interferonantwort, nicht aber nach exogener poly(IC)-Gabe (Diebold et al., 2003). Ebenso wie die von Brack (1999) verwendeten FRhK-4-Zellen lediglich nach poly(IC)-Transfektion mittels DEAE-Dextran mit einer Interferonproduktion reagieren. Eine Erklärung dafür, warum die MRC-5-Zellen auch auf extrazelluläre poly(IC)-Stimulation mit einer deutlichen Interferonantwort reagieren, bietet die Tatsache, dass Matsumoto et al. (2002) kürzlich zeigen konnten, dass MRC-5-Zellen den Toll-like receptor 3 (TLR3) exprimieren. Für diesen wurde als ein Ligand dsRNA identifiziert, dessen Bindung in der Folge sowohl zur NF-NB- als auch IRF-3-Aktivierung und Produktion von Typ-I-Interferonen führt (Alexopoulou et al., 2001; Doyle et al., 2002). Da für die nachfolgenden Experimente möglichst hohe Ausgangswerte an biologisch aktivem Interferon erreicht werden sollten und zudem die an FRhK-4-Zellen durchgeführten Untersuchungen unter Verwendung von DEAEDextran durchgeführt worden waren, wurden für die weiteren Experimente 20 µg/ml poly(IC) unter Verwendung von DEAE-Dextran als Transfektionsreagenz eingesetzt. Zudem lässt sich eine virale Infektion des nicht-cytopathogenen HAV-Stamms GBM durch das Einbringen von poly(IC) in die Zelle mittels Transfektion am ehesten simulieren. Da wie bereits erwähnt die Interferonexpression in den unterschiedlichsten Zelltypen durch eine Vorinkubation der Zellen mit Typ-I-Interferonen (Priming) erhöht werden kann (Abreu 102 et al., 1979; Havell und Vilcek, 1972; Steward et al., 1972), sollte im Folgenden in MRC-5Zellen die Auswirkung exogenen Interferons auf die Expressionsinduktion von IFN-E durch poly(IC) erfasst werden. Die zusätzliche Vorbehandlung mit IFN-E führte nach poly(IC)-Stimulation zu einer signifikant erhöhten Interferonausbeute im Vergleich zu den nicht geprimten Kontrollkulturen. Auch in geprimten MRC-5-Zellen, bei denen die poly(IC)-Induktion mittels DEAE-Dextran durchgeführt wurde, war im Vergleich zu den nicht geprimten Kontrollzellen ein erhöhter Interferongehalt in den Zellkulturüberständen zu detektieren. Hier fiel die durch die Vorbehandlung mit IFN-E erzielte Steigerung der IFN-Ausbeute allerdings deutlich geringer aus. Obwohl nun der Effekt des Primings auf die Interferonproduktion schon lange bekannt ist, fehlte es an Erklärungsmöglichkeiten für dieses Phänomen. Seit kurzem weiß man, dass es im Verlauf der Interferonregulation zu einem interferon regulatory factor 7 (IRF-7) vermittelten positiven Feedback kommt (Marié et al., 1998; Sato et al., 1998). Übertragen auf die oben dargestellten Ergebnisse bedeutet dies, dass durch die Zufuhr exogenen Interferons zum Zeitpunkt der poly(IC)-Induktion eine Hochregulation von IRF-7 bereits erfolgt ist, so dass simultan die Transkription des IFN-E-Gens und der IFN-D-Gene erfolgen kann, was die beobachtete, gesteigerte Interferonausbeute zur Folge hat. In dem von uns gewählten Bioassay zum Interferon-Nachweis konnte eine Unterscheidung bezüglich des sezernierten Interferons allerdings nicht erfolgen, mittels ELISA beispielweise hätte man einen deutlich höheren Gehalt an IFN-D im Überstand detektieren können. Ein weiterer Punkt wird in dem durchgeführten Experiment deutlich: Da in unserem Experiment sowohl nach externer, über den TLR-3-vermittelter, als auch intrazellulärer poly(IC)-Induktion eine Steigerung der Interferonsynthese zu beobachten war, zeigt dies, dass beide zur Interferoninduktion führende Wege in der Lage sein müssen IRF-7 zu aktivieren. Miettinen et al. (2001) konnten kürzlich zudem nach exogener IFN-Į-Gabe eine Steigerung der TLR3-mRNA-Expression in Makrophagen sowie epithel- und endothelialen Zellen detektieren. Geht man davon aus, dass dies in letzter Konsequenz eine Erhöhung der Rezeptorendichte auf der Zelloberfläche nach sich ziehen müsste, so bietet sich im Falle der poly(IC)-Stimulation eine zusätzliche Erklärung für die in den MRC-5-Zellen beobachtete deutlich verstärkte Interferonsynthese nach Priming an. In diesem Experiment wurde erneut ein Unterschied zu den fetalen Rhesusaffen-Nierenzellen sichtbar. Diese sind im Gegensatz zu den MRC-5-Zellen nicht in der Lage, auf eine exogene 103 IFN-Behandlung zu reagieren (Brack, 1999), was möglicherweise auf ein Fehlen des Typ-IIFN-Rezeptors zurückgeführt werden könnte. Die in den Untersuchungen erhaltenen Daten verdeutlichen, dass die MRC-5-Zellen - im Gegensatz zu zunächst verwendeten HepG2-Zellen - nicht nur ausgesprochen gute InterferonProduzenten darstellen, sondern anscheinend auch mit einem voll funktionsfähigen Interferonsystem als antiviralem Mechanismus ausgestattet sind. Die maximale Expressionsrate des Interferon-E-Gens nach einer viralen Infektion wird gewöhnlich 6-12 h p.i. erreicht und endet etwa 24 h p.i. (Maniatis et al., 1998). Da allerdings Zelltyp-spezifische Unterschiede bezüglich des Zeitverlaufs der Interferonproduktion bestehen weitere Experimente zum Teil gleichzeitig auf Protein- und mRNA-Ebene geführt werden sollten, wurde im Folgenden der Zeitpunkt ermittelt, an dem neben einer möglichst hohen Menge an Interferonprotein auch noch ein ausreichend starkes Signal an IFN-E-mRNA zu detektieren ist. Dies war vor allem erforderlich, da IFN-E-mRNA aufgrund destabilisierender Sequenzen im 3`-NTR nur eine kurze Halbwertszeit aufweist (Sen und Lengyel, 1992; Vilcek und Sen, 1996). Zudem wird durch die Interferonproduktion die Synthese von Repressoren induziert, die die IFN-E-mRNA-Synthese zu einem späteren Zeitpunkt unterbinden (Hiscott et al., 1995). Es zeigte sich, dass IFN-E-mRNA in MRC-5-Zellen innerhalb von 2 h nach Induktionsstart gebildet wurde. Obgleich quantitative Aussagen bei Durchführung einer RT-PCR nur bedingt möglich sind, so ließ sich doch deutlich eine kontinuierliche Zunahme der Bandenintensität im weiteren Verlauf beobachten. Die maximale Signalstärke wurde 8 h nach Transfektionsende erreicht; bis zum Ende des 48-stündigen Versuchszeitraums war ein Signal von IFN-EmRNA zu detektieren. Biologisch aktives Interferon konnte in den Zellkulturüberständen 2 h nach Transfektionsende erstmals nachgewiesen werden, die Interferonaktivität erreichte nach 16 h den höchsten Wert und blieb bis zum Ende des gewählten Untersuchungszeitraums nahezu konstant. Die Ergebnisse dieser Kinetik führten zu der Entscheidung, die Zellen in den weiteren Experimenten grundsätzlich 16 h nach Abschluss der poly(IC)-Induktion auf die Synthese von IFN-E-mRNA bzw. Interferonaktivität hin zu überprüfen. Eine Besonderheit der MRC-5-Zellen sei noch erwähnt: alle mitgeführten Kontrollzellen, gleichgültig ob mit Medium oder DEAE-Dextran inkubiert, zeigten eine über den Versuchszeitraum gleichbleibende, geringe Interferonexpression. Tatsächlich sind solche geringen basalen Mengen an Typ-I-Interferonen nicht ungewöhnlich und auch in 104 Abwesenheit eines spezifischen Induktors beschrieben worden (Gresser, 1990; Hata et al., 2001; Sen und Lengyel, 1992; Taniguchi und Takaoka, 2001). Die Arbeitsgruppe um Hata konnte beispielsweise eine IFN-D/E-mRNA-Expression in murinen embryonalen Fibroblasten nach Serumentzug beobachten (nicht veröffentlichte Daten zitiert in: Taniguchi und Takaoka, 2001), obwohl in der Regel in der nicht induzierten Zelle die IFN-E-Expression durch konstitutiv vorhandene Repressoren unterdrückt wird (Hiscott, et al., 1995). Betrachtet man die Tatsache, dass eine verstärkte Interferonantwort, wie im Vorfeld beschrieben, erst im Zusammenspiel mit dem Interferon-induzierten IRF-7 zustande kommt, könnte diese geringfügige in MRC-5-Zellen beobachtete basale Interferonexpression einen biologisch wertvollen Hintergrund haben: eine umgehende starke Interferonsynthese als Antwort auf entsprechende Induktoren, z.B. virale Infektionen. Das Auftreten einer konstitutiv schwachen Interferonexpression könnte unter anderem auch das unterschiedliche Ausmaß der Interferonantwort erklären, mit dem Zellen auf virale Infektionen reagieren. Da auch Mykoplasmen und Bakterien in der Lage sind Interferon zu induzieren (Sen und Lengyel, 1992), wurden alle in die Experimente eingesetzten Zellkulturen vor ihrer Verwendung auf Mykoplasmen getestet und den Nährmedien außerdem prophylaktisch Penicillin und Streptomycin zugesetzt. Somit kann auch eine entsprechende Kontamination nicht der Grund für die beobachtete geringe Interferonexpression sein. Nachdem also in der Zellinie MRC-5, im Gegensatz zu HepG2-Zellen, ein funktionierendes Interferonsystem nachgewiesen werden konnte, sollte nun den entscheidenden Fragen bezüglich der Interaktion von HAV/GBM mit dem Interferonsystem der MRC-5-Zellen nachgegangen werden. Grundlage dieser Experimente lieferten die experimentellen Daten von Vallbracht et al. (1984 und 1985) sowie Brack et al. (2002). So konnte auf der Ebene der biologischen Funktion bereits früh gezeigt werden, dass das Hepatitis A-Virus weder in Lymphozyten noch Fibroblasten humanen Ursprungs eine Interferon-Typ-I-Synthese induziert. Diese Unfähigkeit der Zellen, auf eine HAV-Infektion mit einer Interferonantwort zu reagieren, blieb auch erhalten, wenn die Zellen mit HuIFN-D/E geprimt und anschließend mit einer hohen MOI (1 oder 10) des Virus infiziert wurden. Untermauert wurden diese Ergebnisse durch die Tatsache, dass keine Interferenzphänomene auftraten (Vallbracht et al., 1984 und 1985). Der Aufbau eines antiviralen Status unterbleibt somit in HAV-infizierten Zellen. Allerdings ist es möglich, durch exogene IFN-Gabe eine persistente Infektion in humanen Fibroblasten zu eliminieren (Vallbracht und Flehmig, 1985). Brack et al. (2002) konnten an fetalen 105 Rhesusaffen-Nierenzellen nach einer Infektion mit der Virusvariante HAV/7 ebenfalls kein Interferon in den Kulturüberständen detektieren. Weitere Untersuchungen zeigten dann, dass bereits die Synthese der IFN-E-mRNA unterbunden ist (Brack et al., 2002). Magulski (2001) konnte zudem nach Transfektion eines CAT-Reportergens, welches unter der Kontrolle der gesamten Enhancer- und Promotorsequenz des humanen IFN-E-Gens steht, in HAVinfizierten FRhK-4-Zellen kein CAT-Protein detektieren. Der Angriffspunkt des Hepatitis A-Virus muss demnach zumindestens in fetalen RhesusaffenNierenzellen im Bereich der Transkriptionsinduktion liegen. Interessant war es nun zu erfahren, ob das Hepatitis A-Virus auch im humanen System die Transkription des IFN-EGens zu inhibieren vermag. Es zeigte sich, dass auch in MRC-5-Zellen während der 72-stündigen Versuchsdauer weder auf Protein- noch auf mRNA-Ebene durch HAV/GBM induziertes IFN-ȕ nachgewiesen werden konnte. Da das Intervall der Probennahme nach der HAV-Infektion zunächst sehr kurz (alle 4 h) gewählt wurde, ist die Möglichkeit, dass das Zeitfenster der Interferonproduktion aufgrund der kurzen Halbwertszeit der IFN-mRNA nicht erfasst wurde und aus diesem Grund kein Interferon in den infizierten MRC-5-Zellen detektiert werden konnte, als unwahrscheinlich einzustufen, zumal die im Vorfeld durchgeführten Experimente zeigten, dass die Interferonsynthese nach poly(IC)-Induktion innerhalb von 2 h einsetzt und IFNmRNA auch noch 48 h nach Induktionsstart zu detektieren ist. Die von Vallbracht et al. (1984 und 1985) und Brack et al. (2002) erstmals gemachten Beobachtungen konnten somit bestätigt und insofern ergänzt werden, als dass gezeigt werden konnte, dass auch im humanen System das Hepatitis A-Virus die Initation der IFN-ȕTranskription zu inhibieren vermag, es sich demnach bei dem beobachteten Effekt nicht um ein Zellinien- oder Virusstamm-abhängiges Phänomen handelt, sondern Allgemeingültigkeit zu besitzen scheint. Der virale Angriffspunkt ist also im Bereich der Transkriptionsinduktion zu suchen, beispielsweise innerhalb der Signalwege, die zur Aktivierung der an der Ausbildung des IFN-E-Enhanceosoms beteiligten Transkriptionsfaktoren benötigt werden. Dennoch ist diese Beobachtung erstaunlich, denn in der Regel sind gerade solche Viren besonders gute Interferoninduzenten, die einen langsamen Replikationszyklus aufweisen und den Zellmetabolismus nicht merklich beeinflussen. So induziert zum Beispiel das NewcastleDisease-Virus, welches in Hühnerembryonen ausgesprochen gut repliziert, in diesen nur eine geringe Interferonproduktion. In humanen Zellen, wo NDV deutlich langsamer repliziert, wird reichlich Interferon induziert (Dulbecco, 1990). 106 Da HAV ausgesprochen langsam repliziert und in vitro persistente Infektionen etabliert ohne signifikante Beeinträchtigung zellulärer Funktionen (Flehmig, 1981; Gauss-Müller et al., 1981; Vallbracht et al., 1984), hätte man einen guten Induktor der Interferonsynthese erwarten können. Allerdings gibt es weitere Beispiele für persistente Infektionen ohne Interferoninduktion. Vom ebenfalls zur Familie der Picornaviridae zählenden Theiler`s Virus, welches im ZNS der Maus eine persistierende Infektion hervorruft, ist bekannt, dass in mit diesem Virus infizierten L929-Zellen die Transkription des IFN-E- und IFN-D4-Gens, die für die frühe Phase der Interferoninduktion charakteristisch sind, unterbunden ist. Verantwortlich hierfür scheint in diesem Fall das Leader-Protein zu sein (van Pesch et al., 2001), welches HAV allerdings nicht besitzt. Die nicht-cythopathogene Variante des Bovinen VirusdiarrhoeVirus (BVDV) etabliert wie HAV/GBM persistente Infektionen und vermag weder in vitro noch in vivo Typ-I-Interferon zu induzieren (Adler et al., 1997; Charleston et al., 2001). Eine HAV-Infektion in vivo persistiert in der Regel nicht, da das Virus im Rahmen einer immunpathologischen Reaktion durch CD8-positive cytotoxische T-Lymphozyten eliminiert wird (Vallbracht et al., 1989 und 1993). Allerdings gibt es zur Fragestellung einer Interferonproduktion in vivo kontroverse Daten (Levin und Hahn, 1982; Rakela und Ishizawa, 1984; Vallbracht et al., 1985; Zachoval et al., 1990), wobei die aktuellen von unserer Arbeitsgruppe publizierten (Brack et al., 2002) und unter anderem in dieser Arbeit dargestellten in vitro Ergebnisse, die These einer Interferonsynthese in vivo nach HAVInfektion unwahrscheinlich erscheinen lassen. Nachdem gezeigt werden konnte, dass das Hepatitis A-Virus auch im humanen System die IFN-E-Gentranskription nicht initiiert, sollte im nächsten Schritt geklärt werden, inwiefern HAV/GBM in der Lage ist, die durch poly(IC)-Transfektion induzierbare Interferonexpression in MRC-5-Zellen zu beeinflussen und eine Suppression speziell des dsRNAabhängigen Weges herbeizuführen. Es zeigte sich, dass in HAV/GBM-infizierten MRC-5-Zellen (MOI: 0,1) 4 Tage p.i. durch poly(IC)-Transfektion eine signifikant geringere Interferonsynthese erzielt werden konnte im Vergleich zu den nicht-infizierten Kontrollzellen. Wurde die MOI auf 1 erhöht und gleichzeitig Tag 1 und 6 p.i. mit in die Untersuchung einbezogen, so zeigte sich verglichen mit den Kontrollzellen bereits am Tag 1 p.i. eine deutliche Reduktion der durch poly(IC) induzierten IFN-E-Synthese, am Tag 4 p.i. und 6 p.i. konnte in den Kulturüberständen infizierter Zellen kein durch poly(IC)-induziertes Interferon mehr detektiert werden. Das gleiche Bild zeigte sich auf mRNA-Ebene: war am Tag 1 p.i. noch eine geringe Signalstärke 107 an IFN-E-mRNA nach poly(IC)-Induktion zu beobachten, so konnte am Tag 4 p.i. in den infizierten Zellen keine IFN-E-mRNA mehr detektiert werden. Diese schrittweise Abnahme der Induzierbarkeit der Interferonexpression mit fortschreitender Infektionsdauer, deutete darauf hin, dass die virale Replikation bzw. Expression viraler Proteine nötig ist, damit HAV den beobachteten inhibitorischen Effekt auf die Interferoninduktion ausüben kann. Durch Experimente mit leeren HAV-Capsiden sowie inaktivierten HAV-Virionen konnte diese Annahme mittlerweile bestätigt werden. Magulski (2001) konnte mittels eines CATAssays, in dem das CAT-Reportergen unter der Kontrolle der gesamten Enhancer- und Promotorsequenz des humanen IFN-E-Gens stand, zeigen, dass die poly(IC)-induzierte CATExpression nur in HAV/7-infizierten FRhK-4-Zellen unterbunden wurde, nicht aber in den Ansätzen mit den nicht replikationskompetenten Virionen. Die an MRC-5-Zellen erhaltenen Daten zeigten eindeutig die Übertragbarkeit der von Brack et al. (2002) an der fetalen Rhesusaffen-Nierenzellinie FRhK-4 erhaltenen Ergebnisse auf ein humanes System, da in diesem ebenfalls die Suppression der poly(IC)-induzierten Interferonexpression nach HAV-Infektion erfolgte. Nicht-cytopathogene HAV-Varianten scheinen demnach grundsätzlich Zellinien-unabhängig in der Lage zu sein, aktiv in zelluläre antivirale Abwehrmechanismen einzugreifen und somit wie viele andere Viren auch antagonistische Maßnahmen ergriffen zu haben, um der unspezifischen Immunantwort zu entgehen. So induziert, wie bereits erwähnt, die nicht-cytopathogene (ncp) Variante des BVDV in bovinen Makrophagen ebenfalls kein Typ-I-Interferon (Adler et al., 1997). Charleston et al. (2001) bringen die von der ncp-Variante hervorgerufene persistente Infektion in vivo ebenfalls mit der fehlenden Interferonsynthese in Zusammenhang. Schweizer und Peterhans (2001) schlussendlich konnten zeigen, dass das ncp BVDV wie HAV auch in der Lage ist, die nach poly(IC)-Transfektion induzierte Interferonexpression - ebenfalls bereits auf Transkriptionsebene - zu unterbinden. Gleichzeitig wird die durch poly(IC)-induzierte Apoptoseinduktion inhibiert (Schweizer und Peterhans, 2001). Diese Resistenz gegenüber einem durch dsRNA induzierten Zelltod, wurde auch von Brack et al. (2002) in HAV/7-infizierten FRhK-4-Zellen beobachtet. In beiden Fällen fand diese Suppression der Interferonsynthese bzw. Apoptose zeitverzögert nach Infektion statt, was wiederum das Erfordernis der Virusreplikation deutlich macht. Schweizer und Peterhans (2001) konnten zudem zeigen, dass das ncp BVDV anscheinend spezifisch mit dem dsRNA-Signalweg interferiert, da die mit Staurosporin oder 108 Actinomycin D induzierte Apoptose in BVDV-infizierten Zellen nicht unterbunden werden konnte. Bevor in dieser Arbeit der Fragestellung nachgegangen werden sollte, welche Mechanismen der von HAV induzierten Interferonsuppression zugrunde liegen könnten, galt es zunächst zu klären, inwiefern der beobachtete Effekt tatsächlich spezifisch dem Hepatitis A-Virus zuzuordnen ist. Theoretisch ist es möglich, dass bereits bei der Erstellung der Viruspoole von den infizierten Zellen ein unbekannter, virusinduzierter Faktor abgegeben wird, der dann in den für die Experimente eingesetzten Inokula vorhanden und für die beobachtete Suppression der Interferonsynthese verantwortlich ist. Um diese Möglichkeit auszuschließen und die Virusspezifität zu zeigen, wurden daher parallel zu den HAV/GBM-infizierten Ansätzen solche mitgeführt, in denen das Virusinokulum im Vorfeld der Experimente mit einem monoklonalen, HAV-spezifischen Antikörper inkubiert wurde. Es zeigte sich, dass die Ansätze mit neutralisiertem Virus in nahezu gleichem Maß eine Aktivierung der Interferonexpression nach poly(IC)-Induktion zeigten wie die mitgeführten Kontrollzellen. Nur in den mit nicht-neutralisierten HAV/GBM-infizierten, poly(IC)induzierten MRC-5-Zellen zeigte sich das bereits bekannte Bild der inhibierten Interferonsynthese ab Tag 1 p.i. Die Erklärung für die nicht vollständige Wiederherstellung der Interferonproduktion nach poly(IC)-Induktion in mit neutralisiertem Virusinokulum inkubierten Zellen lieferten die am Tag 0, 1 und 4 p.i. ermittelten Titerwerte. Die Inkubation der Virusinokula mit dem HAVspezifischen Antikörper führte nur zu einer partiellen Neutralisation des Virus, so dass die noch vorhandene Reduktion der poly(IC)-induzierten Interferonsynthese in den mit neutralisiertem Virus inkubierten Zellen auf noch freies, somit replikatives Virus zurückzuführen ist. Dass das Hepatitis A-Virus der spezifische Induktor der beobachteten Suppression der Interferonsynthese ist, konnte damit demonstriert werden. Eine zweite denkbare von Brack (1999) diskutierte Interaktionsmöglichkeit, die Freisetzung eines zellulären Faktors X durch die Behandlung, der die Zellen bei der Präparation der Virusbzw. Kontrollpoole unterliegen, und der dann ebenfalls bereits in den verwendeten Inokula vorhanden wäre, konnte dadurch ausgeschlossen werden, dass bereits in den ersten Experimenten ein Zell-Lysat aus einem parallel und analog zum verwendeten Viruspool hochgezogenen Kontrollpool aus nicht-infizierten Zellen als zusätzliche Kontrolle mitgeführt 109 wurde. Diese mit virusfreiem Zell-Lysat inkubierten MRC-5-Zellen zeigten die gleiche Interferonexpression nach poly(IC)-Induktion wie lediglich mit Medium inkubierte Zellen. Eine weitere Möglichkeit musste bedacht werden. Für die Bestimmung des Interferongehaltes wurde der Plaquereduktionstest verwendet, da dieser im Gegensatz zum ELISA den Vorteil bietet, biologisch aktives Interferon zu erfassen. Als Indikatorzellen für diesen Test wurden von uns WISH-Zellen verwendet, die zunächst mit den potentiell Interferon-haltigen Zellkulturüberständen inkubiert wurden. Enthalten die auszutestenden Überstände HAV, so ist es möglich, dass dieses in den WISH-Zellen das Unvermögen auslöst, mit einer Interferonantwort zu reagieren, also den Aufbau eines - vor der Infektion mit dem als Challenge-Virus dienenden VSV-schützenden antiviralen Status zu verhindern. Die Untersuchungen ergaben allerdings, dass es zu keiner solchen Beeinflussung der WISHZellen durch HAV kommt, da selbst bei einer sehr hohen TCID50/ml des Virus in Interferonhaltigen Zellkulturüberständen keine Reduktion der Interferonaktivität zu beobachten war. Im Folgenden galt es, nachdem die Virusspezifität der beobachteten Effekte gezeigt werden konnte, den Mechanismen, die dieser inhibierten Interferonexpression nach HAV-Infektion zugrunde liegen, auf die Spur zu kommen. Eine mögliche Verbindung könnte durch Interleukin-4 hergestellt werden, da zwischen diesem und den Interferonen eine wichtige antagonistische Interaktion besteht. So inhibieren sowohl Typ-I- als auch Typ-II-Interferone die Induktion von IL-4 abhängigen Genen (Dickensheets und Donnelly, 1999). Andererseits wird die konstitutive IFN-E-Synthese in murinen Makrophagen durch IL-4 unterbunden (Nickolaus und Zawatzky, 1994), so dass ein Einfluss von IL-4 auf zelluläre Abwehrmechanismen besteht. Aufgrund dieser, zwischen Interleukin-4 und den Interferonen existierenden Wechselwirkungen, sollte in einem kurzen Experiment der Frage nachgegangen werden, ob IL-4 in der Lage ist, ebenso wie das Hepatitis A-Virus die poly(IC)-vermittelte Interferonexpression zu supprimieren. Da sich ein entsprechender Effekt allerdings nicht beobachten ließ, erschien es unwahrscheinlich, dass HAV das IL-4-System benutzt, um seinen inhibitorischen Effekt auszuüben, weshalb weitere Untersuchungen in dieser Richtung nicht durchgeführt wurden. Der naheliegendste intrazelluläre Kandidat, der einen Angriffspunkt für HAV darstellen könnte, ist die Proteinkinase R, da sie direkt durch dsRNA, welche auch während des Replikationszyklus von HAV auftritt (Brack et al., 2002; Lederer 1998), aktiviert werden 110 kann. So ist sie zum einen an der IFN-E-Induktion über Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-NB beteiligt (Kumar al. 1994; Williams, 1995), zum anderen an der Apoptoseinduktion durch Inhibierung des Translationsinitationsfaktors eIF2 (Lee und Esteban, 1994; Srivastava et al., 1998). Beide zelluläre Abwehrprinzipien sind in HAV-infizierten Zellen unterbunden. In HAV-infizierten Zellen wird nicht nur weder Apoptose noch Interferon induziert, HAV supprimiert sogar aktiv beide Prozesse, die normalerweise durch poly(IC)-Transfektion induzierbar sind (Brack et al., 2002). Die Tatsache, dass 2-Aminopurin, ein PKR-Inhibitor, die Interferonexpression als Antwort auf eine Virusinfektion oder poly(IC)-Induktion zu inhibieren vermag (Marcus und Sekellick, 1988; Zinn et al., 1988), bestärkte die Annahme, dass die PKR ein vielversprechender Kandidat für einen möglichen Angriffspunkt von HAV darstellen könnte, ebenso die Ergebnisse von Hu und Conway (1993), die in Hela-Zellen eine Inhibierung der PKRAutophosphorylierung nach poly(IC)-Induktion durch 2-Aminopurin zeigen konnten, welches - wie eben beschrieben - ähnliche Effekte wie eine HAV-Infektion hervorruft. In vitro konnte die Blockade der PKR-Autophosphorylierung durch hohe Konzentrationen an ATP aufgehoben werden, woraus die Autoren folgerten, dass 2-Aminopurin als kompetitiver Inhibitor die Bindung von ATP verhindern könnte (Hu und Conway, 1993). Zunächst sollte eine geeignete Detektionsmethode für den PKR-Nachweis etabliert werden. Mittels Western-Blot ließ sich sowohl konstitutiv vorhandene als auch Interferon-induzierte PKR methodisch ausgesprochen gut darstellen. In Interferon-behandelten Zellen fand sich konzentrationsabhängig eine deutliche Steigerung der PKR-Expression, allerdings nur, wenn die Zellen im Vorfeld des Primings in Wachstumsmedium (10 % FCS) kultiviert worden waren. In Zellen, die vor dem Priming serumfrei kultiviert wurden, ließ sich keine Expressionssteigerung der PKR nach Interferonbehandlung beobachten. Allerdings hatte es den Anschein, dass diese Zellen einen geringfügig höheren PKR-Proteinlevel aufwiesen. Da eine Abhängigkeit der PKR-Expression als auch -Aktivität vom Zellzyklus beschrieben wurde (Zamanian-Daryoush et al., 1999), ist zu vermuten, dass sich die serumfrei gehaltenen Zellen in einer anderen Zellzyklus-Phase befanden, in der möglicherweise auch eine Hochregulation der PKR nach Interferongabe nicht mehr möglich war. Aufgrund der guten Darstellbarkeit der PKR im Western-Blot auch ohne vorheriges Priming wurde nachfolgend der Einfluss einer HAV-Infektion auf die PKR unter Verwendung dieser Detektionsmethode untersucht. 111 In einem ersten Experiment sollte geklärt werden, ob die Infektion von MRC-5-Zellen mit HAV/GBM zu einer Degradierung der PKR führt. Anlass hierzu boten die PoliovirusBefunde der Arbeitsgruppe um Black. Diese konnte eine Degradierung der PKR in Poliovirusinfizierten Zellen detektieren (Black et al., 1989). Später zeigte sich dann, dass eine zelluläre Protease für die beobachtete Degradierung verantwortlich ist (Black et al., 1993). Da das Poliovirus ebenso wie HAV zur Familie der Picornaviridae zählt, wäre ein proteolytischer Abbau der PKR in HAV-infizierten Zellen denkbar. Es zeigte sich allerdings, dass die PKR in HAV-infizierten Zellen strukturell intakt bleibt. Auch am Tag 4 p.i. war kein Unterschied in der Bandenintensität von HAV-infizierten Zellen im Vergleich zu den mitgeführten Kontrollzellen zu detektieren. Dennoch kommt die PKR als Target von HAV in Frage, nämlich dann, wenn HAV zu einem Funktionsverlust der PKR führen würde, wie es auch von zahlreichen anderen Viren beschrieben wurde (Davies et al., 1992; Gale jr. et al., 1997; Mathews und Shenk, 1991; Tan et al., 1998). Da sich die Aktivierbarkeit der PKR primär durch ihre Autophosphorylierung zeigt, sollte nachfolgend überprüft werden, ob es zu einer Beeinflussung des Autophosphorylierungsprozesses nach HAV-Infektion kommt. Zur Verwendung kam hierbei ein phospho-spezifischer Antikörper, der die Phosphorylierung der PKR an der Aminosäure Thr-451 erkennt. Man hätte den Nachweis phosphorylierter PKR auch über radioaktiv markiertes ATP führen können und hiermit nicht nur eine einzelne Phosphorylierungsstelle detektiert, allerdings ist der von uns gewählte Western-Blot der methodisch schnellere Ansatz. Vor allem aber erschien die Betrachtung des Phosphorylierungsstatus an der Aminosäure Thr-451 sinnvoll, da Romano et al. (1998) gezeigt hatten, dass die Autophosphorylierung an dieser (und Thr-446) sowohl in vivo als auch in vitro für eine hohe Kinase-Aktivität erforderlich ist. So bewirkte eine Substitution von Thr-446 gegen Alanin eine partielle Aktivitätseinschränkung der PKR, hingegen eine Substitution von Thr-451 gegen Alanin zu einer kompletten Inaktivierung der PKR führte. Der Western-Blot zeigte, dass bereits der Serumentzug zu einer verstärkten Phosphorylierung der PKR führte im Vergleich zu Zellen, die in Wachstumsmedium, also mit 10 % Serumzusatz, kultiviert wurden. Eine Aktivierung der PKR nach Serumentzug ist auch von Patel et al. (2000) beschrieben worden. Die zusätzliche Inkubation der Zellen mit DEAEDextran führte in nicht infizierten Zellen zu einer weiteren Zunahme der Phosphorylierung, um nach Transfektion von poly(IC) mittels DEAE-Dextran nochmals anzusteigen. 112 In HAV-infizierten Zellen zeigte sich in den Western-Blots - gleichgültig ob die Zellen vor der Induktion serumfrei oder mit 3 %igem Serumzusatz inkubiert worden waren - eine deutlich verminderte Phosphorylierung des Thr-451 sowohl in den poly(IC)/DEAE-Dextran als auch nur DEAE-Dextran behandelten Zellen. Das heißt, HAV scheint - direkt oder indirekt- in den Autophosphorylierungsprozess und somit die Aktivierbarkeit der PKR einzugreifen. Mehrfache Wiederholungsexperimente zeigten, dass das Ausmaß der durch die HAVInfektion hervorgerufenen Suppression von Experiment zu Experiment schwankte. So war der Intensitätsunterschied der Banden zwischen den HAV-infizierten und nicht infizierten, induzierten Zellen mal mehr und mal weniger stark ausgeprägt. Es hatte den Anschein, als ob die Ausprägung der Effekte vom Vitalitätszustand der Zelle abhängig sein könnte. Sehr vitale Zellen reagieren möglicherweise in einem anderen Ausmaß, als solche Zellen, die sich in einem weniger vitalen Zellzustand befinden. Ein vor jedem Experiment durchgeführter Vitalitätstest wäre aus diesem Grund sinnvoll gewesen. Eine weitere Beobachtung bietet Anlass zu Diskussionen. Es zeigte sich in allen WesternBlots auf der Höhe von ca. 132 kDa eine zweite Bande, deren Intensität ebenfalls in den HAV-infizierten Zellen - analog zu den bei 68 kDa laufenden PKR-Banden - deutlich verringert war. Da sich diese Banden nahezu exakt auf doppelter Höhe der bei 68 kDa lokalisierten PKR-Banden befinden, könnte man das Vorhandensein von Dimeren postulieren, auch wenn solche aufgrund der denaturierenden Eigenschaften des SDS nicht auftreten dürften. Interessanterweise ist es aber möglich das Protein-Protein-Interaktionen so stark sind, dass sich SDS-resistente Dimere ausbilden können, wie es für bestimmte murine MHC II(HLA-DQ-) Allele (Ettinger et al., 1998), die E-Glycosidase von Sulfolobus solfataricus (Gentile et al., 2002) und das Poliovirus 2B-Protein beschrieben worden ist (Agirre et al., 2002). Die PKR kann, wie auch aus den Western-Blots ersichtlich, sowohl dsRNA-abhängig als auch dsRNA-unabhängig aktiviert werden (Clemens und Elia, 1997; Hovanessian und Galabru, 1987; Patel et al., 2000; West und Bagloioni, 1979). Die Aktivierung über dsRNA ist hierbei am Besten untersucht und erfolgt über zwei im aminoterminalen Bereich der Kinase lokalisierte dsRNA-Bindungsdomänen (Green und Mathews, 1992). Vor kurzem konnte PACT (PKR-activating-protein) identifiziert werden (Patel und Sen, 1998a), das mit der PKR dsRNA-unabhängig heterodimerisieren und diese über ProteinProtein-Interaktionen in bestimmten Stresssituationen aktivieren kann. So ist eine Aktivierung 113 der PKR u.a. nach Serumentzug beschrieben worden (Patel et al., 2000). Vermutlich erfolgt die von uns in den Western-Blots beobachtete DEAE-Dextran vermittelte PKR-Aktivierung ebenfalls über diesen Weg. In HAV-infizierten Zellen konnte eine Suppression sowohl der dsRNA-abhängigen als auch dsRNA-unabhängigen PKR-Phosphorylierung beobachtet werden. Denkbar wäre eine Beeinflussung der PKR-Dimerisierungsfähigkeit durch HAV, wie es z.B. vom InfluenzaVirus beschrieben wurde, das wie HAV die Induktion von Typ-I-Interferonen zu unterbinden vermag. Katze et al. (1988) konnten bereits vor langem eine Repression der PKRAutophosphorylierung in Influenza-Virus-infizierten Zellen nachweisen. Tan et al. (1998) stellten im Rahmen ihrer Untersuchungen fest, dass die PKR-Dimerisierung in InfluenzaVirus infizierten Zellen durch Rekrutierung des zellulären PKR-Inhibitors p58IPK blockiert wird. Gleichzeitig verhindert das NS1-Protein, welches dsRNA bindet und maskiert, die Aktivierung der PKR (Bergmann et al., 2000; Lu et al., 1995). Möglicherweise kommen für HAV ebensolche Mechanismen in Frage, die sowohl die Suppression der dsRNA-abhängigen als auch dsRNA-unabhängigen Autophosphorylierung durch HAV erklären würden. Das Nichtstrukturprotein 5A des Hepatitis C-Virus stört die PKR-Dimerisierung, indem es mit der PKR im Bereich der AS 244-296 assoziiert. Würde HAV die Dimerisierung z.B. durch ein viruscodiertes Protein oder/ und - wie von Influenza gezeigt - Rekrutierung eines zellulären Inhibitors z.B. p58IPK verhindern, so würde dies auch die verringerte Bandenintensität auf Höhe der 132 kDa-Banden in HAV-infizierten Zellen erklären, sofern es sich bei den beobachteten Banden tatsächlich um Dimere handelt. Obgleich zur Rolle der PKR in der NF-NB-Aktivierung unterschiedliche Daten vorliegen (Bonnet et al., 2000, Gil et al., 2001; Ishii et al., 2001, Kumar et al., 1994; ZamanianDaryoush et al., 1999) und somit auch die Beteiligung der PKR an der Interferoninduktion in den letzten Jahren kontrovers diskutiert wurde, so bekräftigen einige gerade erschienene Veröffentlichungen die Beteiligung der PKR an der Interferoninduktion. So konnten Stewart et al. (2003) die Rolle der PKR in der Reovirus-vermittelten Interferon-E-Induktion in primären, murinen Herzmuskelzellen bekräftigen sowie ihre essentielle Rolle beim Schutz vor der durch Reovirus-Infektion verursachten Myokarditis der Maus. Sledz et al. (2003) konnten die Notwendigkeit der PKR in der siRNA vermittelten IFN-E-Induktion zeigen, da bei entsprechenden PKR knock-out-MEF`s die IFN-E-mRNA-Expression auf unter Kontrollniveau reduziert war. Watanabe et al. (2003) zeigten die Aktivierung der PKR durch B16RNA. Da die Autoren gleichzeitig die Degradierung von INB-D in mit B16-RNA behandelten 114 Lymphozyten nachweisen konnten, postulieren die Autoren, dass die NF-NB-Aktivierung PKR vermittelt sein könnte. Der Transkriptionsfaktor NF-NB ist, wie auch das Heterodimer ATF-2/c-Jun und die IRF`s, ein essentieller Bestandteil des Interferon-E-Enhanceosoms (Goodboorn et al., 2000; Maniatis et al., 1998; Munshi et al., 1999). Sofern die PKR für die dsRNA-induzierte NF-NB-Aktivierung notwendig ist, würde man aufgrund des verminderten Autophosphorylierungsprozesses in HAV-infizierten Zellen eine eingeschränkte NF-NB-Aktivierung erwarten können. Aufgrund dessen sollte im Folgenden der Einfluss einer HAV-Infektion auf die Aktivierbarkeit der Translokation von NF-NB gezeigt werden. Nachdem zunächst die Translokation von NF-NB als erwartete Konsequenz der poly(IC)Transfektion über Immunfluoreszenz detektiert werden konnte, wobei sich ein deutlich stärkeres nukleäres Fluoreszenzsignal von NF-NB in mit 100 µg/ml poly(IC)-transfizierten Zellen zeigte als bei 20 µg/ml poly(IC), wurde im Anschluss daran der Einfluss von HAV auf die mittels poly(IC)/DEAE-Dextran induzierte NF-NB-Translokation untersucht. Es zeigte sich wie erwartet die überwiegend cytoplasmatische Lokalisierung von NF-NB in nichtinfizierten, nicht-induzierten MRC-5-Zellen sowie eine deutliche nukleäre Ansammlung von NF-NB nach poly(IC)-Transfektion. In den HAV-infizierten, poly(IC)-transfizierten Zellen erfolgte ebenfalls eine Translokation von NF-NB, die sogar noch stärker erschien als in den nicht-infizierten, transfizierten Kontrollzellen. Es findet demnach in HAV-infizierten Zellen keine Beeinträchtigung der Translokation nach poly(IC)-Transfektion statt, möglich wäre allerdings noch eine eingeschränkte DNABindefähigkeit von NF-NB. Dem entgegen stehen Befunde von Astrosini (2001) und Kaumanns (2003), die anhand NF-NB-abhängiger CAT-Reportergenexperimente - sowohl bei transienter als auch stabiler Transfektion - die Fähigkeit von NF-NB zur Transaktivierung in HAV-infizierten, poly(IC)-transfizierten Zellen gezeigt haben. Überaus interessant war das Ergebnis der mitgeführten Kontrollzellen. So zeigte sich in allen Experimenten, dass allein schon die HAV-Infektion als solche zu einer Translokation von NFNB führte. Dieses Phänomen wurde nachfolgend von Astrosini (2001) in HAV/7 infizierten FRhK-4-Zellen mittels NF-NB-abhängigem CAT-Reportergen-Assay bestätigt. Dieser Zusatzbefund - die Aktivierung des anti-apoptotischen NF-NB in HAV-infizierten Zellen ohne zusätzliche exogene Stimulation - war nicht zu erwarten, erscheint aber bei 115 näherer Betrachtung aus Sicht des Virus überaus sinnvoll, da es ihm ermöglicht persistente Infektionen zu etablieren. Die Tatsache, dass in HAV-infizierten Zellen (sogar bei zusätzlicher poly(IC)-Transfektion) die beobachtete Translokation von NF-NB keine Interferoninduktion nach sich zieht, bestätigt, dass NF-NB allein nicht in der Lage ist, Interferon-E zu induzieren. Dies ist auch sinnvoll, da NF-NB durch zahlreiche verschiedene Stimuli, die unterschiedliche Signalwege nutzen, aktiviert wird (ohne Interferon zu induzieren), so dass trotz verminderter PKRAutophosphorylierung eine gesteigerte NF-NB-Aktivierung nicht überraschen muss. So konnte auch nach Serumentzug bereits eine nukleäre Translokation beobachtet werden im Vergleich zu Zellen, die in Wachstumsmedium kultiviert wurden, und auch die Behandlung der Zellen mit DEAE-Dextran bewirkte in MRC-5-Zellen eine zusätzliche nukleäre Translokation. In Anbetracht der verstärkten NF-NB-Aktivierung sowie der zunehmenden Phosphorylierung der PKR nach Serumentzug und DEAE-Dextran-Transfektion erschien es sinnvoll zu untersuchen, ob die Vitalität der Zellen durch die gewählten Transfektionsbedingungen beeinträchtigt wird. Tatsächlich war dies der Fall. Der stärkste Vitalitätseinbruch von etwa 20-25 % konnte dem Serumentzug zugeordnet werden, die zusätzliche Behandlung mit DEAE-Dextran schränkte die Vitalität der Zellen um durchschnittlich weitere 10 % ein. Die gleichzeitige Induktion der Zellen mit DEAE-Dextran und poly(IC) führte dagegen zu keiner weiteren oder nur geringfügig stärkeren Vitalitätseinbuße im Vergleich zu Zellen, die lediglich mit DEAE-Dextran inkubiert wurden. In HAV-infizierten Zellen zeigte sich ein ähnliches Bild, allerdings wiesen die infizierten Zellen grundsätzlich eine etwa 10 % höhere Umsatzrate an MTT auf, waren demzufolge vitaler und besser in der Lage, zellulären Stress zu tolerieren. In Zusammenhang mit zellulärem Stress kommt es häufig zur Aktivierung und Hochregulation des Tumorsuppressor-Proteins p53 (Cartwright und Helin, 2000). Angesichts der beobachteten Vitalitätsverluste nach DEAE-Dextran-Transfektion (einschließlich Serumentzug) sollte in einem ersten Ansatz der Frage nachgegangen werden, inwiefern es zur Aktivierung von p53 einerseits durch die Transfektionsbedingungen und andererseits durch die HAV-Infektion kommt. Im Unterschied zu den Vitalitätstests, bei denen sich der Serumentzug als Hauptursache der Vitalitätseinschränkung darstellte, führte die serumfreie Kultivierung der MRC-5-Zellen zwar zu einer erkennbaren Aktivierung von p53, eine 116 sprunghafte Zunahme der p53-Aktivierung erfolgte allerdings nach Behandlung der Zellen mit DEAE-Dextran. Eine Transfektion von poly(IC) mit DEAE-Dextran bewirkte eine noch einmal nahezu verdoppelte p53-Aktivierung. Obwohl die erhaltenen Daten keine direkte Korrelation mit den Vitalitätstests zulassen, da p53 offenbar eher durch die Transfektionsagenzien als durch den Serumentzug aktiviert wird, so zeigte das Ergebnis doch eindeutig, dass die Transfektionsbedingungen eine erhebliche Stresssituation für die Zellen darstellen. Auch eine Virusinfektion stellt eine zelluläre Belastung dar, so dass die HAV-Infektion eine p53-Aktivierung hervorrufen könnte. Aufgrund der Beteiligung des Zellwachstumsinhibierenden p53 an der Apoptoseinduktion als Antwort auf diverse Stresssignale (Cartwright und Helin, 2000) und des Befundes, dass in HAV-infizierten Zellen die Einleitung der Apoptose, abgesehen von einigen cytopathogenen HAV-Varianten (Brack et al., 1998; Venuti et al., 1985), unterbleibt, könnte eine ausbleibende oder eingeschränkte p53Aktivierung erwarten lassen. Es war in den HAV-infizierten Zellen allerdings eine deutliche p53-Aktivierung zu detektieren. Um die Größenordnung der von HAV induzierten p53-Aktivierung einschätzen zu können, hätte es einer Positivkontrolle bedurft, die im Rahmen weiterer Untersuchungen mitgeführt werden sollte. Da HAV trotz Aktivierung des pro-apoptotischen p53 in vitro persistiert, bedeutet dies, dass HAV einen Mechanismus besitzen muss, der es ihm ermöglicht die durch p53-Aktivierung vermittelten Effekte auszuschalten oder zu beeinflussen. Interessanterweise sind Wechselwirkungen zwischen dem pro-apoptotischen p53 und dem anti-apoptotischen NF-NB beschrieben worden (Webster und Perkins, 1999). Beide Transkriptionsfaktoren konkurrieren nach ihrer Aktivierung um einen begrenzten Pool des Coaktivators p300/CBP. Die relativen Mengen der aktivierten Transkriptionsfaktoren entscheiden so gewissermaßen über die Art der induzierten Effekte (Webster und Perkins, 1999). Ein Gleichgewicht zwischen NF-NB- und p53-Aktivierung in HAV-infizierten Zellen könnte somit von entscheidender Bedeutung sein hinsichtlich der Etablierung einer Persistenz. In einem letzten Experiment wurde untersucht, ob HAV auch die TLR3-vermittelte Interferoninduktion zu supprimieren vermag. Über extrazelluläre Stimulierung des TLR3 mit poly(IC) oder viraler dsRNA kommt es zur Aktivierung der für das IFN-E-Enhanceosom benötigten Transkriptionsfaktoren (Alexopoulou et al., 2001; Doyle et al., 2002). 117 In MRC-5-Zellen führte diese poly(IC)-Stimulation zu einer konzentrationsabhängigen Sekretion von Interferonen, jedoch nur bis etwa 1/20 der durch poly(IC)-Transfektion erreichten Interferonaktivitäten (Abb. 5). Aufgrund dieser Unterschiede in der Interferonausbeute ist - in Bezug auf die bereits dargestellten Ergebnisse nach poly(IC)-Transfektiondas Ausmaß einer möglichen Überlagerung durch die TLR3-induzierte Interferonsekretion zu vernachlässigen. In HAV-infizierten MRC-5-Zellen zeigte der Plaquereduktionstest in beiden durchgeführten Experimenten eine Reduktion der poly(IC) induzierten Interferonsynthese - unabhängig davon, ob die Zellen mit poly(IC) stimuliert oder mittels DEAE-Dextran transfiziert wurden auf jeweils etwa das gleiche Niveau. Demnach ist HAV offenbar auch in der Lage mit der über den TLR3-vermittelten Signalkaskade zu interagieren, so dass vermutlich eine gemeinsame - von HAV beeinflusste - Verknüpfungsstelle innerhalb dieser Signaltransduktionswege existiert. Eine Möglichkeit bietet der - ebenfalls nach TLR3-Stimulation aktivierte - Transkriptionsfaktor IRF-3, da Astrosini (2001) die selektive Suppression der PRD III-I abhängigen CAT-Expression in HAV-infizierten, poly(IC)-transfizierten FRhK-4Zellen feststellen konnte. Ob HAV dies auch in poly(IC)-stimulierten MRC-5-Zellen vermag, sollte in weiteren Untersuchungen geklärt werden. Allerdings bedarf das Ergebnis zunächst einer Reproduktion mit höheren Konzentrationen an poly(IC), vorzugsweise 100 µg/ml, da mit den verwendeten 20 µg/ml poly(IC) keine ausreichend hohen Interferonaktivitäten erreicht werden konnten, um den Reduktionseffekt von HAV auf die poly(IC)-stimulierte Interferonexpression deutlich genug herausstellen zu können. 118 5. ZUSAMMENFASSUNG ___________________________________________________________________________ Im Rahmen dieser Arbeit sollte zunächst ein humanes Zellkultursystem etabliert werden, welches mit einem voll funktionsfähigen Interferonsystem als antiviralem Mechanismus ausgestattet ist. Mit der humanen, embryonalen Lungenfibroblasten-Zellinie MRC-5 wurde ein solches gefunden, da diese Zellen auf poly(IC)-Transfektion mit der Sekretion ausgesprochen großer Mengen biologisch aktiven Interferons reagieren und diese in Reaktion auf Priming noch steigerbar sind. Im nächsten Schritt sollte die Übertragung der von Brack et al. (2002) an FRhK-4-Zellen erhaltenen Befunde bezüglich der Interferoninduktion in HAV-infizierten Zellen auf ein humanes System erfolgen. Tatsächlich konnte in HAV/GBM-infizierten MRC-5-Zellen keine Induktion von Interferon detektiert werden, und zwar weder auf Protein-Ebene (Interferonaktivität), noch auf Transkriptionsebene (IFN-E-mRNA). Desweiteren wurde gezeigt, dass HAV auch im humanen System aktiv in die durch poly(IC)-Transfektion induzierte Interferonsynthese eingreift, wobei auch hier bereits die Synthese der IFN-E-mRNA supprimiert wird. Auf der Suche nach einem möglichen Mechanismus dieser von HAV-vermittelten Suppression wurde als potentielles virales Target die PKR gewählt, da sie zum einen direkt durch Bindung dsRNA aktiviert werden kann, zum anderen, da sie sowohl an der dsRNAvermittelten Interferon-E-Induktion als auch der Einleitung der Apoptose beteiligt ist. Es konnte deutlich gezeigt werden, dass die PKR in MRC-5-Zellen durch Interferonbehandlung hochregulierbar ist und das eine HAV-Infektion nicht zur Degradierung der PKR führt. Weiterhin konnte eine Reduktion der PKR-Phosphorylierung an Threonin-451 in HAV-infizierten Zellen bei Behandlung mit DEAE-Dextran sowie bei poly(IC)Transfektion mittels DEAE-Dextran festgestellt werden, woraus geschlossen wurde, dass HAV die Aktivierbarkeit der PKR - nicht nur durch dsRNA - beeinträchtigt. Durch Untersuchungen der Lokalisation des Transkriptionsfaktors NF-NB nach Transfektion von poly(IC) wurde deutlich, dass HAV dessen Translokation nicht beeinträchtigt und diese sogar ohne weitere exogene Stimuli hervorruft. In Zellvitalitätstests konnten zum einen erhebliche Vitalitätsverluste durch die Transfektionsbedingungen, vor allem durch Serumentzug, festgestellt werden, zum anderen 119 zeigte sich, dass eine HAV-Infektion keine zusätzlichen Vitalitätsverluste mit sich brachte, HAV-infizierte Zellen zeigten sich sogar etwas stresstoleranter. In einem ersten Ansatz konnte die Aktivierung des Tumorsuppressors p53 sowohl durch poly(IC)-Transfektion als auch nach HAV-Infektion nachgewiesen werden. Abschließend ist erstmalig demonstriert worden, dass HAV nicht nur die durch poly(IC)Transfektion induzierte, sondern auch die durch extrazelluläre poly(IC)-Stimulation - also über den TLR-3-vermittelte - Interferonsynthese zu supprimieren vermag. Die Tatsache, dass das Hepatitis A-Virus im humanen System die Interferoninduktion verhindert und die Proteinkinase R und den Transkriptionsfaktor NF-NB in ihrer Aktivität auf die beschriebene Weise reguliert, bietet eine Möglichkeit sowohl die Persistenz in vitro als auch den - bis zum Einsetzen der zellvermittelten Immunantwort - klinisch stummen Verlauf in vivo zu erklären. Das Hepatitis A-Virus besitzt somit ausgefeilte Mechanismen der unspezifischen Immunantwort zu entgehen und so seine Transmission zu sichern. 120 6. LITERATURVERZEICHNIS ___________________________________________________________________________ Abreu, S.L.; Bancroft, F.C.; Steward, W.E. 2nd Interferon priming: Effects on interferon messenger RNA. J Biol Chem 254 (10), 4114-4118 (1979) Adler, B.; Adler, H.; Pfister, H.; Jungi, T.W.; Peterhans, E. Macrophages infected with cytopathic bovine viral diarrhea virus release a factor(s) capable of priming uninfected macrophages for activation-induced apoptosis. J Virol 71 (4), 3255-3258 (1997) Agirre, A.; Barco, A.; Carrasco, L.; Nieva, J.L. Viroporin-mediated membrane permeabilization. Pore formation by nonstructural poliovirus 2B protein. J Biol Chem 277 (43), 40434-40441 (2002) Alexopoulou, L.; Czopik Holt, A.; Medzhitov, R.; Flavell, R.A. Recognition of doublestranded RNA and activation of NF-țB by Toll-like receptor 3. Nature 413, 732-738 (2001) Alkalay, I.; Yaron, A.; Hatzubai,A.; Orian, A.; Ciechanover, A.; Ben-Neriah, Y. 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