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Vista von Christoph Kirsch Fotos: Martin Scheel BELLA Fluggebiet Drei Zinnen Hoch über den Drei Zinnen Manche Fotomotive haben eine beinahe magische Anziehungskraft. Martin Scheel erlag der Faszination der Drei Zinnen und erkundete die drei berühmtesten Dolomitengipfel mit der Kamera aus der Vogelperspektive. High in the Sky: 500 Meter über den Drei Zinnen - und die Thermik reicht noch weiter! Fluggebiet Drei Zinnen Gute Aussichten: Die Drei Zinnen sind das Herz der Sextener Dolomiten waren Sexten und die Drei Zinnen ein beliebtes Reiseziel. Mondäne Hotelbauten zeugen noch heute von dieser glorreichen Zeit. Die Idee Die Jahreszeit stand eigentlich fest: September. Der Zeitpunkt für unvergeßliche Flüge in den Dolomiten. Tolle Thermik, unglaubliche Sicht über die Gipfel und Zacken - weit über der Inversion, die daran schuld ist, daß der Blick nicht bis zum Mittelmeer reicht. Mit dem Skywalk-Testpiloten Arne Wehrlin hatte die technische Kletterei mit Steigleitern und anderen Hilfsmitteln eigentlich nicht mehr viel zu tun. Zwischenzeitlich wurden immer mehr Klettersteige eingerichtet. Die „via ferrate“ ermöglichten fortan auch bergsteigerisch wenig bewanderten Touristen echtes Zinnen-Feeling. Neuen Schwung in die Zinnen brachte erst die Freikletterbewegung. Nach Stefan Glowacz und Kniffliger Startplatz: Arne Wehrlin testet die Thermikqualität auf der Ostseite der Drei Zinnen Martin Scheel auch den richtigen Partner fürs perfekte Foto gefunden. 25 Jahre nachdem er die Nordwände der Drei Zinnen als Kletterer besucht hatte. Berührungsängste darf ein Model Bellavista Hoch über den Drei Zinnen Es gibt interessante, bekannte und berühmte Fotomotive - und solche, die eine magische Faszination ausüben, der sich niemand entziehen kann. Martin Scheel erlag der Anziehungskraft der Drei Zinnen und erkundete die drei berühmten Dolomitengipfel mit der Kamera aus der Vogelperspektive. Die Nordwände Die Zinnen. Tre Cime di Lavaredo. Wer hat ihre Nordwände nicht schon auf einem der vielen tausend Fotos gesehen, die in Zeitschriften, in Reiseführern und auf der Vorderseite von Postkarten rund um die Welt gehen. Stolz und prächtig steigen die Wände dieses Dreigestirns aus Dolomitgestein 500 Meter aus den Halden 18 10-05 gleitschirm-magazin.com ihres eigenen Schutts empor. Senkrecht? Nein, weit überhängend ist ihr gelblicher Fels. Doch woher kommt der Ruhm des heute wohl bekanntesten Dolomitenmassivs? Mit Sicherheit hat die über hundertjährige Klettergeschichte, die vor allem von immer neuen Routen durch die ebenso wuchtigen wie eleganten Nordwände handelt, ihren Teil zum Mythos Drei Zinnen beigetragen. Die höchste der drei - manche sprechen sogar von vier - Zinnen wurde bereits 1869 erstbestiegen. Die Tour gelang dem Wiener Dolomiten-Pionier Paul Grohmann, der damit seiner ebenso alpinistischen wie naturwissenschaftlichen Sammlung einen weiteren Gipfel hinzufügte. 1933 arbeitete sich der italienische Bergführer Emilio Comici drei Tage und Nächte mit seinen Gefährten durch die Fluchten der Nordwand der Großen Zinne. Das Resultat war eine geniale Route in ihrem rechten, etwas weniger steilen Wandteil. Ein Meilenstein in der damaligen Geschichte der Kletterei. über den Zinnen gesehen. Warum eigentlich nicht? Der Gedanke wurde zur fixen Idee. Nur ein Mitstreiter fehlte ihm noch. Szenenwechsel Auch Martin Scheel war einmal ein Kletterer. Und zwar kein schlechter. Bevor er Mitte der Achtziger mit dem Gleitschirmfliegen begann, gehörte er zu den bekannten Vertretern seiner Zunft. Und natürlich mußte auch er die Zinne einmal machen. Die Zinne. Die Große Zinne Nord. „Viele Eindrücke sind mir von der Tour eigentlich nicht geblieben. Am ehesten noch, daß italienische Hütten so komfortabel wie Hotels sind – die wir damals aber nicht bezahlen konnten“, lächelt er heute beim Blick zurück. „Und daß die Felsqualität zu wünschen übrig läßt“. Später verankerte sich ein Gedanke immer fester in seinem Kopf: das Foto. Ja, genau: DAS Foto! Noch nie hatte er ein Foto mit einem Gleitschirm Kurt Albert in den Neunzigern war es vor allem der Deutsche Alexander Huber, der neue Akzente setzte. Huber, der derzeit als der stärkste alpine Sportkletterer der Welt gilt, schaffte im Jahr 2000 die riesigen Überhänge der Großen Zinne frei und im Alleingang. Mit einer weiteren Meisterleistung, einer Erstbegehung namens „Bellavista“, gelang ihm ein Jahr später der erste alpine Elfer. Zu vergleichen ist diese übermenschliche Leistung wohl nur mit einem FAIDreieck von 300 Kilometer oder mehr mit dem Gleitschirm ... Blende zurück Die Alpinisten der Jahrhundertwende waren nicht nur mit Seil und Schlingen unterwegs, sondern auch mit allerlei naturwissenschaftlichen Gerätschaften. Zur Ausrüstung gehörten Sextanten zur genauen Kartierung, eine Staffelei für Skizzen und allerlei Döschen zur Erforschung von Flora und Fauna. Paul Grohmann war zum Ärger und Spott seiner Führer sogar mit einem Barometer unterwegs, um jederzeit genaue Aufzeichnungen über den Luftdruck machen zu können. Später kamen Fotoapparate hinzu, die die magische Schönheit der Bergwelt dokumentierten und deren Bilder ihren Glanz in die Welt trugen. Schon nach der Jahrhundertwende bei 16 Millimeter Brennweite nicht haben. Nur: Wo starten? Wie hinfliegen? Ein Freund von Arne weiß Bescheid. Direkt an der Touristenstraße zum Rifugio Auronzo kann angeblich am Wandfuß gestartet werden. Techno-Style Mit der zunehmenden Technisierung des Kletterns in den 50er- und 60er Jahren kamen viele neue Routen hinzu. Imposante Wege entstanden, aber mit Klettern hatte Die Auffahrt ist legal. Das Starten auch. Neugierig ist der Gendarm trotzdem - auch wenn er versucht, italienische „Indifferenza“ zu demonstrieren. gleitschirm-magazin.com 10-05 19 Fluggebiet Drei Zinnen Ärger „Tre Cime di Lavaredo“ ist überall angeschrieben. Das Bild, von dem Martin träumt, ist an jedem Kiosk zu sehen - allerdings ohne Gleitschirm drauf. Doch das soll sich heute ändern. Noch einen Espresso im Ristorante an der Abzweigung zur wohl teuersten Touristenstraße der Alpen – für die Auffahrt zum Rifugio Auronzo kassieren die Tifosi tatsächlich 20 Euro – findet sich das kleine Team allerdings erstmal am falschen Startplatz wieder. Der Wind kommt stramm aus Osten. Mit Aufziehübungen wird die Zeit vertrieben, während die ersten Flieger vor dem in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Startplatz am Monte Piana Höhe machen und zu den Zinnen gleiten. Hektik kommt auf! Fabio, Helfer und Vorflieger, wird zur Thermiksuche hinausgeschickt - und kämpft bald 200 Meter tiefer in einem Tal, das ins Niemandsland führt. Doch irgendwo muß es doch hochgehen! Martin hat genug von der Warterei und startet vom Wunsch nach seinem Foto getrieben. Die Thermik unter der kleinen Zinne ist zuerst wirklich schwach und zerrissen und oben dann turbulent. Kein Wunder bei Wind aus Nordost. Kriegswirren Im ersten Weltkrieg machte die Politik auch vor den Gipfeln der Dolomiten nicht Halt. Der Wettlauf um die Nordwände der Alpen wurde zum Wettlauf der Nationen – eine Erstbesteigung galt als nationaler Triumph. Und die besten Bergsteiger wurden für diese Ziele eingespannt. In Südtirol steht der Name Innerkofler stellvertretend für eine ganze Generation von Bergführern. Der bekannteste Sproß der Familie, Sepp Epische Momente: Der Thermikeinstieg ist geschafft. Erste Kreise in gleichmäßiger Herbstthermik sind der Lohn. Innerkofler, starb am 4. Juli 1915 beim Versuch der Rückeroberung des Paternkofel für Österreich. Heute folgen viele der stahlbewehrten via ferrate den historischen Touren des Dolomitenkrieges und bieten damit interessante Ausflüge in die Geschichte. Auch die Fotografie wurde zu Propagandazwecken benutzt. Die beliebteste Perspektive der Italiener wurde die der Nordwände – um zu dokumentieren, daß man den Frontverlauf entsprechend verschoben hat. Der Monte Piana, heute ein beliebter Ausflugs- und Flugberg, wurde zum Massengrab. 14.000 Soldaten fanden in den Stellungen den Tod. Endlich das Foto Endlich gelingt es Martin und Arne an der „Gelben Kante“ – der Südkante der kleinen Zinne – aufzudrehen. Bei Martin mischen sich Erinnerungen an die Kletterei mit Problemen in der Thermik. Denn auch über den Südwänden der Zinnen gibt es keine Entspannung. Erst deutlich westlich stellt sich gute Thermik bis zur Basis ein. Wow! Es kann losgehen. DAS Foto ist in Reichweite. Arne positioniert sich, und gemeinsam fliegen die beiden über den Nordwänden entlang. Welche Wände! Welche Ausblicke! Auf jedem Gipfel sitzt eine Kletterseilschaft. Martin stellt es die Haare auf. Die Verquickung von gestern und heute ist atemberaubend. Die 12-Megapixel-Digitalkamera rattert. Zum Glück reicht der Chip für den ganzen Flug. Arne macht seinen Job wie üblich professionell. Als Martin aus der Fotoposition zurück in die Thermik gleitet ist er sich sicher: Die gewünschten Bilder sind im Kasten. Wie klein wir doch sind: 500 Millionen Jahre Erdgeschichte zum Anfassen. Übersicht: 2 Startplätze und ein großer Landeplatz bieten Raum für gute Herbstflüge. Fluggebiet Drei Zinnen e Dür rens e Ihren Namen „Blasse Berge“ tragen die Dolomiten zurecht. Dre Katzenleiterkopf Zinnenkopf Pia Monte Piana de Lo 2 es Monte de Fora Westl. Occident. 2.973 m en Kl. Zinne Gr. Zinne 2,857m 2.999 m er 1 n ng Monte de Inze n i Zin Rif. Auronzo 2 Forcella de Medo Monte Cianpedele Malga Rinbianco Lago Antorno 1 Gruppo dei Cadini Fluggebiete in der Umgebung: Sexten/Helm Sand in Taufers/Speikboden Sillian/Thurntaler Obertilliach/Golzentipp Cortina d’Ampezzo/Tofana Canazei/Col Rodella, Sellapass ist zu beachten! Beste Jahreszeit: Herbst. Herbst. Herbst! Die paradiesische Jahreszeit für Dolomitenflüge! Ab September lassen die Talwinde spürbar nach, ohne daß die Thermik an Kraft verliert. Sanft gelandet: Ein großartiger Flugtag in den Dolomiten geht zu Ende. XC-Potenzial: INFOS DREI ZINNEN Cross Countrys führen quer durch die Sextener Dolomiten. Anreise: Von Deutschland mit dem Auto über die Brenner-Autobahn A 22 bis zur Ausfahrt Brixen. Durchs Pustertal nach Toblach und von dort etwa 15 Kilometer in Richtung Cortina d’Ampezzo. Fahrzeit von München etwa 3,5 Stunden. Von Österreich ebenfalls über die Brenner-Autobahn oder von Osten vom Pustertal kommend. Von der Schweiz über das Veltlin oder ebenfalls über den Brenner. Startplätze: Wer die Drei Zinnen (über)-fliegen möchte, dem stehen mehrere Startmöglichkeiten zur Auswahl. Die Startplätze direkt unter den Südwänden des berühmten Dolomitenmassivs erfordern in punkto „Schnellaufstiegsmethoden“ allerdings einiges an Pilotengeschick - und überdies einwandfreie Wetter- und Windbedingungen. Am geeignetsten ist Südwestwind. Wer aufdrehen will, muß schnell Thermik finden, ansonsten ist eine Zwischenlandung unausweichlich. Einfacher sind die flachen Wiesen des benachbarten Monte Piana. Oberhalb des Rifugio Bosi gibt es Startplätze in alle südlichen Richtungen. Der im 1. Weltkrieg heiß umkämpfte Dolomitengipfel ist bequem mit einem Jeep-Shuttle erreichbar, bietet allerdings spät im Jahr nicht immer die nötige Thermik für die große Querung zu den aufgeheizten Wänden der Drei Zinnen. Landeplätze: Große Wiese direkt am Beginn der Mautstraße und Schotterpiste zu den Drei Zinnen bzw. auf den Monte Piana. Auffahrt: Die asphaltierte Mautstraße zum Fuß der Drei Zinnen zweigt etwa einen Kilometer nördlich des Misurina-Sees ab. Preis: schlappe 20 Euro .... Die Schotterstraße auf den Monte Piana wird von Juni bis Anfang Oktober regelmäßig von einem Jeep-Shuttleservice bedient (täglich 9.00 bis 17.00 Uhr, Preis: 4,50 Euro). Ab 9. Oktober fährt der Shuttle nur noch auf vorherige Bestellung (Telefon I0336/593330 „Piero“, I-0336/309730 „Raffaele“). Besonderheiten: Oft kniffliger Thermikeinstieg. Bei Nordlagen turbulent. Eine Konvergenz der beiden Talwinde von Süden und Norden befindet sich oft auf einer Linie knapp nördlich des Startplatzes Monte Piana - Drei Zinnen. Diese Konvergenz dürfte mitverantwortlich für die oft hohe Basis sein. Wer die Drei Zinnen überhöht und sich an dem einmaligen Panorama satt gesehen hat, dem liegen bei flacher Hochdruckverteilung die Sextener Dolomiten zu Füßen. Rundflüge über den Monte Cristallo bis zur Tofana bei Cortina d’Ampezzo im Süden und zurück zu den Dreischusterspitzen und dem Helm im Norden sind angesichts einer auch im Spätherbst nicht selten bis über 4.000 Meter reichenden Wolkenbasis für versierte Piloten durchaus drin. Der starke Talwinde bei Cortina d’Ampezzo Karten: Die Generalkarte „Brenner/Venedig/Triest“, 1:200.000; Tabacco-Karte Blatt 1 „Drei Zinnen/Cortina d’Ampezzo“, 1:50.000. Wetter: www.meteoitalia.it, www.meteotrentino.it Wichtige Adressen: Flugschule Blue Sky, Sillian. Die Flugschule gehört zu den wenigen Anbietern organisierter Touren ins Drei Zinnen-Gebiet. www.bluesky.at, Telefon I-04842/5176. Wir leben einzig von Sinneseindrücken ... Jeder hat seine eigenen, sonst wäre das Leben nutzlos und leer. Aber um dieses Leben vollkommen auszuschöpfen, muß man etwas wagen. Emilio Comici Noch ein letztes Mal: Abendflug vom Monte Piana.