know-how:trekkingschuhe

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know-how:trekkingschuhe
know-how:trekkingschuhe
16 Tr e k k i n g s c h u h e i m P r a x i s - u n d L a b o r test
Eignungstest für
Schwerarbeiter
Tre k k i ng s c hu h k ä u f e s i n d m e i s t L a ngzeitinves­t itionen.
U m s o w i c h t i g e r i s t e s , d ass man sich für die
Wa hl de s g e e i g n e t e n P r o d u k t s genügend Zeit lässt.
De r o u t d o o r g u i d e e r k l ä r t , w orauf beim Kauf z u
a c hte n i s t u n d s t e l l t 16 i n d e r Prax is und im Labor
g etes tete Modelle v or.
China ist die viel zitierte «Werkstatt
der Welt» – ein Grossteil der globalen Sportschuhproduktion ist mittlerweile in das Billiglohnland verlegt
worden. Von diesem Trend gänzlich
unbetroffen scheinen die hochwertigen Trekkingschuhe, die trotz höherer Lohnkosten weiterhin in so
traditionsreichen
Produktionsländern wie Deutschland und Italien
gefertigt werden. In absehbarer Zeit
wird sich daran auch nicht viel än106 |outdoor guide|sommer|08
dern, dessen ist sich Christian Ludy
sicher. Der Leiter der Qualitätssicherungsabteilung beim deutschen
Hersteller Lowa geht davon aus, dass
bei einer Produktionsauslagerung
die Fertigungsqualität leiden würde:
«Qualitätsschuhproduktion ist reine
Erfahrungssache, bei der das Wissen
jedes einzelnen Mitarbeiters zählt.
Und diese Kenntnisse haben sich bei
traditionsreichen Marken über Jahrzehnte kumuliert.»
Ein Trekkingschuh ist zweifellos ein
komplexes Produkt. Der Lowa Trekker zum Beispiel besteht aus 192
Einzelteilen, 65 Meter Nähfaden und
200 Gramm Klebstoff. Der Schuh ist
jedoch nicht nur die Summe seiner
Einzelteile. Mindestens so wichtig
wie die Qualität der Komponenten
ist die Handwerkskunst, mit der diese zu einem Ganzen zusammengefügt werden. Übung ist alles, wenn
es darum geht, die Innensohle (oder
Brandsohle) unter dem Leisten zu befestigen, den Schuhschaft über dem
Leisten anzuformen und zu fixieren
(oder wie es im Fachjargon heisst, zu
«zwicken») und später die Laufsohle
anzubringen.
Der Leis ten –
Herz jedes Schuhs
Auch die Entwicklung des Leistens
ist mit viel Erfahrung verbunden.
Gerade deshalb vermochten die
Passformen der Trekkingschuhe von
Text: Jürg Buschor
Fotos: Alex Buschor/Jürg Buschor/Illustration: Aleks Herzog
know-how:trekkingschuhe
La Sportiva Nepal Trek Evo GTX
Preis: CHF 579.–
Gewicht: 1872 g
Damenmodell: unisex
Material: Nubukleder, Goretex-Membran, Vibram Impact Brake System Sohle
(steigeisenfest)
Grössen: 37–48 (halbe Nummern)
Infos: ACE Alpine & Climbing Equipment, Tel. 055 611 51 61,
www.lasportiva.com
Kayland Apex Trek
Preis: CHF 419.–
Gewicht: 1752 g
Damenmodell: Kayland Apex Trek W’s, CHF 419.–
Material: Nylon, eVent-Membran, Vibram Tsavo Sohle (steigeisenfest)
Grössen: 36–47 (halbe Nummern), Damenmodell: 36–41 (halbe Nummern)
Infos: Pro Import Castella SA, Tel. 026 912 80 47, www.kayland.com
Raichle Mount Envy GTX
know-how:trekkingschuhe
traditionsreichen Herstellern in unserem Praxistest zu überzeugen. Es
ist dieses unscheinbare, einem Fuss
nachempfundene Kunststoffteil, das
dem Schuh seine spätere Form gibt
und darüber entscheidet, ob der
Schuh perfekt sitzt und Stabilität garantiert, oder aber wenig Halt bietet
und schmerzhafte Scheuerstellen und
Blasen verursacht. Für jeden Schuhtyp gibt es spezielle Leisten, die nach
Erfahrungswerten modelliert werden. Einige Hersteller wählen dabei
den Schritt in ganzen Grössen, wiederum andere gehen einen Schritt
weiter und bieten die Schuhe auch
in halben Grössen an. Mittlerweile
ist es bei Qualitätsschuhen die Regel,
dass die Trekkingschuhe für Frauen
über einem speziellen Damenleisten
gefertigt werden. Diese sind meist
etwas schmaler im Ballenbereich, höher im Ristbereich und schlanker in
der Ferse. Und weil die Evolution des
Menschen nie aufhört und der Fuss
erwiesenermassen immer breiter und
grösser wird, müssen auch die Leisten
ständig weiterentwickelt werden.
Preis: CHF 369.–
Gewicht: 1836 g
Damenmodell: Mount Envy GTX Women, CHF 369.–
Schaft s tützt und schützt
Material: Polyester-/Polyamid-Gewebe, Nubukleder, Goretex-Membran,
Vibram Mulaz Sohle (mit Kletterzone)
Grössen: 40–47, Damenmodell: 37–42
Infos: Mammut Sports Group AG, Tel. 062 769 83 00, www.mammut.ch
Lowa Tibet GTX
Preis: CHF 359.–
Gewicht: 1960 g
Damenmodell: Lowa Tibet L’s, CHF 359.–
Material: Nubukleder, Goretex-Membran, Vibram Tsavo Sohle,
baugleiches Modell Baffin mit Lederinnenfutter
Grössen: 40–47 (halbe Nummern), Damenmodell: 36,5–42 (halbe Nummern)
Infos: Lowa Schuhe AG, Tel. 033 828 11 44, www.lowa.ch
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Wer sich oft in unwegsamem Gelände bewegt und schwere Rucksäcke
herumschleppt, ist mit einem soliden
Trekkingschuh gut bedient. Der hohe,
gepolsterte und stabilisierende Schaft
schützt die empfindlichen Sprunggelenke. Er verhindert ein Wegknicken des Fusses bei einem Misstritt,
schützt die Gelenke vor Verletzungen
durch Felsen und Dornen und verhindert das Eindringen von Wasser
und Schmutz. Die Schafthöhe ist ein
guter Indikator für die zu erwartende
Stabilität. Mindestens ebenso wichtig
für die Stabilität sind der Schaftaufbau
und die verwendeten stabilisierenden
Materialien. So hat sich im Test beispielsweise der mittelhohe Schaft des
Raichle Mount Envy bessere Noten
verdient als so mancher Konkurrent
mit höherem und vermeintlich stabilerem Schaft.
Hanwag Atlas GTX
Preis: CHF 369.–
Gewicht: 1788 g
Damit das Laufverhalten nicht beeinträchtigt wird, darf der Schaft die fürs
Gehen notwendigen Vor- und Rückwärtsbewegungen des Fussgelenks
nicht behindern. Sicherheit und gutes
Laufverhalten unter einen Hut zu
bringen, ist aber gar nicht so einfach:
Nur durchdachte, aufwändig konstruierte Modelle erfüllen beide Kriterien
– im Test haben dieses Kunststück einige der Schuhe bewerkstelligt.
Damenmodell: Hanwag Atlas Lady GTX, CHF 369.–
Material: Nubukleder, Cordura, Goretex-Membran, Vibram AW Integral Sohle
Grössen: 40–47 (halbe Nummern), Damenmodell: 36,5–42 (halbe Nummern)
Infos: Bus Sport AG, Tel. 081 756 13 31, www.hanwag.de
Aku Utah Top GTX
Preis: CHF 400.–
Gewicht: 1972 g
Damenmodell: unisex
Stabilität vs. Wasserdampfdurchlässigkeit
Material: Nubukleder, Goretex-Membran, Vibram Foura PU Sohle
Grössen: 36–47 (halbe Nummern)
Infos: Naturzone GmbH, Tel. 078 602 33 36, www.aku.it
Für einen besonderes stabilen und
bequemen Schaft werden zahlreiche
verschiedene Materialien miteinander kombiniert: Innenfutter, eventuell
Membran und/oder Isolationsmaterial, Polstermaterial, stabilisierende
Elemente und schliesslich das Aussenmaterial. Je mehr davon eingesetzt
wird, desto stärker wird in der Regel
die Wasserdampfdurchlässigkeit eingeschränkt. Das heisst, die Stabilität
geht sehr oft zu lasten des Fussklimas
– das zeigen beispielhaft die Testresultate des La Sportiva Nepal Trek Evo
und des Raichle Mount Envy, die zwar
beide mit sehr guten Werten in Sachen Stabilität aufwarten, dafür beim
Fussklima am anderen Ende der Skala
sind. Wenn man vor allem in kühlen
alpinen Regionen unterwegs ist, sollte
man die Stabilität dem Klimakomfort
vorziehen. Wer jedoch vornehmlich
im Sommer und in tiefen Lagen wandert und erst noch stark schwitzt, darf
den Klimakomfort keinesfalls vernachlässigen. Denn Physiologen wissen: Nur am Kopf und an den Händen schwitzt der Mensch mehr als an
den Füssen. Jeder Quadratzentimeter
am Fuss verfügt über bis zu 180 stimulierbare Schweissdrüsen, die bei
Garmont Dakota Lite GTX
Preis: CHF 389.–
Gewicht: 1772 g
Damenmodell: Garmont Dakota Lite Lady, CHF 389.–
Material: Nubukleder, Goretex-Membran, Vibram Foura Sohle
Grössen: 39–47 (halbe Nummern), Damenmodell: 36–42 (halbe Nummern)
Infos: Ibex Sport GmbH, Tel. 041 750 60 61, www.garmont.com
Meindl Air Revolution 3.1
Preis: CHF 339.90
Gewicht: 1820 g
Damenmodell: Meindl Air Revolution Lady, CHF 339.90
Material: Veloursleder, Cordura, Goretex-Membran, Vibram Multigriff Sohle
Grössen: 40–47 (halbe Nummern), Damenmodell: 36,5–42 (halbe Nummern)
Infos: Sportco AG, Tel. 031 924 15 15, www.meindl.de
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Meindl Vakuum
Preis: CHF 349.90
Gewicht: 1824 g
Damenmodell: Meindl Vakuum Lady, CHF 349.–
Material: Nubukleder, Lederinnenfutter, Vibram Multigriff Sohle, auch erhältlich
als wasserdichter Vakuum GTX mit Goretex-Futter, CHF 369.90
Grössen: 40–46 (halbe Nummern), Damenmodell: 36,5–41 (halbe Nummern)
Infos: Sportco AG, Tel. 031 924 15 15, www.meindl.de
Salewa Eagle GTX
Preis: CHF 399.–
Gewicht: 1788 g
Damenmodell: Salewa Daw, CHF 399.–
Material: Nubukleder, Goretex-Membran, Vibram Tsavo Sohle
Grössen: 40–47 (halbe Nummern), Damenmodell: 36,5–41 (halbe Nummern),
der Salewa Eagle und Daw werden mit je einem schmalen und breiten Leisten
angeboten. Wir haben den Schuh mit schmalem Leisten getestet.
Infos: Salewa Sport AG, Tel. 071 335 09 30, www.salewa.ch
know-how:trekkingschuhe
einer achtstündigen Wanderung rund
200 Gramm Schweiss ausscheiden.
Dieser sollte schnellstmöglichst nach
aussen transportiert werden. Grundvoraussetzung dafür ist, dass man
funktionelle Socken (also keinesfalls Baumwollsocken) trägt und den
Schuh nicht mit öl- oder fetthaltigen
Pflegemitteln «dicht» macht. Textile
Innenfutter wärmen, Lederinnenfutter sind eher «temperaturneutral»,
weshalb immer noch viele Wanderer
auf Lederschuhe schwören. Alles eine
Frage der persönlichen Präferenz. Sicher ist, dass Lederinnenfutter sehr
viel Feuchtigkeit aufnehmen können,
diese aber nur sehr langsam wieder abgeben und deshalb eine lange Trocknungszeit benötigen. Dafür
passen sie sich sehr gut dem Fuss an
und riechen auch nach mehrtägigen
Wanderungen noch vergleichsweise
harmlos.
Naturprodukt Leder
Aku Vertigo GTX
Preis: CHF 340.–
Gewicht: 1504 g
Damenmodell: unisex
Material: Veloursleder, Goretex-Membran, Vibram Foura EVA Sohle
Grössen: 36–47 (halbe Nummern)
Infos: Naturzone GmbH, Tel. 078 602 33 36, www.aku.it
Lowa Khumbu GTX Mid
Preis: CHF 269.–
Gewicht: 1308 g
Damenmodell: Lowa Khumbu GTX Mid L’s, CHF 359.–
Material: Veloursleder, Goretex-Membran, Vibram Trailtec Sohle
Grössen: 40–47 (halbe Nummern), Damenmodell: 36,5–42 (halbe Nummern)
Infos: Lowa Schuhe AG, Tel. 033 828 11 44, www.lowa.ch
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Das bevorzugte Obermaterial ist in
den meisten Fällen immer noch Leder.
Je leichter und wasserdampfdurchlässiger der Schuh sein soll, desto öfter
greifen die Hersteller auch zu Textileinsätzen (wie z.B. Mesh oder Gewebe
aus Cordura). Leder ist ein Naturprodukt, die Sicherstellung einer gleich
bleibend hohen Qualität deshalb aufwändig. Diese hängt nicht nur vom
Ausgangsprodukt der Tierhaut habt,
sondern auch von der Arbeitsqualität des Gerbers, der Weiterverarbeitung und der Auswahl des richtigen
Lederstücks für den bestmöglichen
Einsatz (die Lederqualität und -Dicke
variiert stark – dick und robust in der
Rückenpartie, dünner und flexibler an
den seitlichen Partien der Tierhaut).
Generell unterscheidet man folgende
Lederqualitäten: Das Glattleder und
das Nubukleder wird aus den oberen
Hautschichten gewonnen. In diesem
Bereich sind die Lederfasern eng
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know-how:trekkingschuhe
Scarpa Mustang GTX
Preis: CHF 299.–
Gewicht: 1428 g
Damenmodell: Scarpa Mustang Lady GTX, CHF 299.–
Material: Veloursleder, Goretex-Membran, Vibram Megane Lite Sohle
Grössen: 36–48 (halbe Nummern), Damenmodell: 36–43 (halbe Nummern)
Infos: New Rock SA, Tel. 091 935 14 00, www.newrocksport.ch
Tecnica Krypton GTX
Preis: CHF 249.–
Gewicht: 1428 g
Damenmodell: unisex
Material: Veloursleder, Goretex-Membran, Vibram Cloud Triple Response Sohle
Grössen: 36,5–46,5 (halbe Nummern)
know-how:trekkingschuhe
strukturiert, was das Leder sehr robust werden lässt. Die Wasserdampfdurchlässigkeit wird durch die enge
Struktur erschwert. Das Nubukleder
ist leicht angeschliffen und deshalb
– im Gegensatz zum Glattleder – unempfindlich auf Kratzer. Das Veloursleder (oder auch Spaltleder) wird aus
den mittleren Hautschichten gewonnen, indem die 6 bis 8 Millimeter dicke Tierhaut gespalten wird. Die Lederfasern sind gut sichtbar, die grobe
Oberflächenstruktur macht das Leder
kratzunempfindlich und robust. Die
Lederfaserstruktur ist lockerer, weshalb das Leder wasserdampfdurchlässiger ist. Gleichzeitig ist die Dehnfähigkeit und die Reissfestigkeit etwas
reduziert.
Infos: Völkl (Schweiz) AG, Tel. 041 769 72 20, www.tecnica.it
Pflege unerläs slich
Asolo Syncro GTX
Preis: CHF 289.–
Gewicht: 1328 g
Damenmodell: unisex
Material: Veloursleder, Goretex-Membran, Matrix Sohle
Grössen: 40–46,5 (halbe Nummern)
Infos: BS Trading AG, Tel. 081 330 00 80, www.asolo.com
Merrell Outland Mid GTX
Preis: CHF 199.90
Gewicht: 1136 g
Damenmodell: unisex
Material: Nubukleder, Goretex-Membran, Vibram Multitraction Plus Sohle
Grössen: 40,5–47 (halbe Nummern)
Infos: Merz AG, Tel. 062 888 80 90, www.merznet.ch
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Neu gekauft, ist jeder Trekkingschuh
gut imprägniert, das Wasser perlt perfekt ab. Kommen die Schuhe aber
im Einsatz regelmässig mit Wasser
in Kontakt, werden die Wachsstoffe
ausgeschwemmt, die das Leder weich
und geschmeidig halten. Das Leder
trocknet aus, wird brüchig und es
bilden sich kleine Risse. Durch das
Austrocknen zieht sich das Leder zusätzlich zusammen, verliert seine ursprüngliche Form und biegt vorne auf.
Durch das reduzierte Volumen kann
gar das Futter und die Membrane im
Zehenbereich aufgescheuert werden.
Ein hartes ausgetrocknetes Leder
nimmt die Bewegung nicht mehr auf
und verteilt die einwirkenden Kräfte
auf die umliegenden Nähte, die in der
Folge reissen können. Perlt das Wasser
nicht ab, saugt sich das Leder voll und
reduziert die Wasserdampfdurchlässigkeit und damit den Klimakomfort
im Schuhinnern. Grund genug also,
dem Leder in regelmässigen Abständen die nötige Pflege zukommen zu
lassen. Am besten eigenen sich spezielle Lederpflegemittel auf Wachsba-
sis. Dabei gilt: Finger weg von auf Öloder Fett basierenden Pflegemitteln!
Diese halten zwar auch das Wasser
ab, dichten den Schuh aber soweit ab,
dass auch kein Schweiss mehr nach
aussen transportiert werden kann.
So kauft man richtig
Folgende Punkte sollte man beim Schuhkauf beachten:
– Der Schaft sollte gut gepolstert, relativ steif und innen möglichst nahtfrei sein.
Wenn man sich für ein wasserdichtes Modell mit einer Membrane entscheidet,
Bodenhaftung dank richtiger Sohle
Die unterschiedliche Bodenbeschaffenheit der Pfade stellt auch an unser
Schuhwerk hohe Ansprüche. Lose
Steine, Geröll, nackte oder begraste
Erde, Wurzeln und blanker Fels wechseln während einer Tour oft in rascher und unerwarteter Folge. Und
im Frühjahr oder in alpinen Regionen
gilt es ab und an auch ein Schneefeld
sicheren Trittes zu durchqueren. Wie
viel Trittsicherheit ein Schuh hier bietet, hängt von der Sohle ab. Damit die
Sohle sicheren Halt bieten kann, ist
ein grobstolliges, gut verteiltes Profil
unabdingbar. Doch auch das beste
Profil bringt nichts, wenn die verwendete Gummimischung zu hart oder zu
weich ist. Ist der Gummi zu hart, vermag er vielleicht mit hoher Abriebfestigkeit zu überzeugen, doch fehlt ihm
auf den verschiedenen Unterlagen der
«Grip», was bedeutet, dass man leicht
wegrutscht. Im Gegensatz dazu ist die
zu weiche Sohlenvariante zwar sehr
griffig, sie nutzt sich aber schnell ab
und verliert so innert Kürze die Griffigkeit. Die Mischung macht es also
aus. Mit Ausnahme des Asolo Syncro
verfügen alle getesteten Trekkingschuhe über eine Vibram-Sohle. Der
italienische Sohlenspezialist hat sich
zu Recht einen hervorragenden Namen geschaffen und sich das Vertrauen verdient. Dies heisst mitnichten,
dass alle anderen Sohlen untauglich
sind – die Sohle des Asolo Syncro jedenfalls konnte ebenfalls überzeugen.
Um Misstritten vorzubeugen, muss
die Sohle über markante und griffige
«Kanten» verfügen und möglichst
verwindungssteif sein. Eine solche
Konstruktion stabilisiert die seitlichen
Bewegungen des Fusses. Je härter die
muss diese bis dicht unter den Schuhrand reichen.
– Die Einlagesohle im Fussbett muss sich herausnehmen lassen. So kann man
eigene Einlagen verwenden, zudem trocknet ein Schuh viel schneller, wenn die
Einlage herausgenommen wird.
– Die Schnürung sollte auf Höhe des Zehenansatzes beginnen und bis kurz unter
den Schaftrand reichen. Die Ösen müssen regelmässig verteilt und aus stabilem
Material gefertigt sein.
– Besonders beanspruchte Stellen wie die Zehenkappe und der Fersenbereich
sollten mit einem hochgezogenen Gummirand verstärkt sein. Je öfter man in
alpinem Gelände unterwegs ist, desto wichtiger ist dies. Achtung: Je höher der
Gummirand ist, desto schlechter wird das Fussklima sein, weil an diesen Stellen
kein Wasserdampf entweichen kann.
– Alle Nähte müssen unbedingt sauber verarbeitet sein. Die Hauptnähte sollten
doppelt genäht sein. Die Naht sollte nicht auftragen (sonst besteht die Gefahr,
dass sie aufgescheuert wird) und rund einen Millimeter vom Rand entfernt ver­
laufen.
– Der Schuh muss bereits im Laden «sitzen» und bequem sein. Einmal gekauft,
passen sich die meisten Schuhe nur noch in geringem Masse an.
– Kaufen sollte man den Schuh am Nachmittag, weil der Fuss dann bereits etwas
geschwollen ist und dasselbe Volumen hat, wie später beim Wandern.
– Bei der Anprobe sollte man immer eine dicke Wandersocke anziehen.
– Der Schaft muss Knöchel und Ferse eng umschliessen, denn nur dann kann er
richtig stützen.
– Die Fersenbox sollte guten Halt bieten, ohne zu drücken.
– Der Schuh sollte im Fachgeschäft unbedingt über längere Zeit getragen werden,
zwei bis drei Minuten reichen meist nicht aus.
– Bei fest zugeschnürtem Schuh sollte darauf geachtet werden, ob es Druck­
stellen gibt und ob die Blutzirkulation eingeschränkt ist.
– Die Zehen dürfen vorne beim Schuh nicht anstossen. Gut geschnürt sollte das
auch dann nicht der Fall sein, wenn bei schrägem Untergrund das Abwärtsgehen simuliert wird. Um das festzustellen, kann man auch die Einlagesohle
herausnehmen und darauf stehen. Vor dem grossen Zehen sollte dabei noch
eine (kleine) Fingerbreite Platz sein.
– Schuhe mit Lederfutter haben den Vorteil, dass die Geruchsentwicklung minim
und das Fussklima sehr angenehm ist, insbesondere in warmen Regionen.
­Allerdings trocknen sie nur sehr langsam. Wer also stark schwitzt und den
Schuh jeweils mehrere Tage hintereinander trägt, wählt besser ein textiles Futter
mit Membran.
– Hat man den passenden Schuh gefunden, lässt sich der Tragkomfort allenfalls
sogar noch erhöhen: Für die Volumenregulierung oder Fussstabilisierung kann
die Standardeinlagesohle durch eine spezielle Einlagesohle (z.B. Serienprodukte
von Superfeet oder Con’formable) oder eine orthopädische Einlagesohle ersetzt
werden. Ausprobieren!
outdoor guide|sommer|08|113
Sohle ist, desto eher kann man im
alpinen Gelände auch mal auf einer
schmalen Leiste stehen (z.B. beim
Klettersteiggehen). Ist die Sohle steif
und torsionsfest, ist es umso wich-
tiger, dass sie so geformt ist, dass ein
angenehmes Abrollen möglich ist.
Perfekt geschnürt auf die grosse Tour
Sind Sohle und Schuhschaft passend
So pflegt man richtig
Die meisten Schuhhersteller geben eigene Pflegetipps ab, die speziell auf das
jeweilige Modell abgestimmt sind. An diese Tipps sollte man sich halten. Von
­einigen Herstellern (zum Beispiel Nikwax, Granger’s) gibt es ganze Pflegelinien,
die speziell auf die Bedürfnisse verschiedenster Schuhtypen abgestimmt sind.
Werden solche Produkte verwendet, ist sichergestellt, dass der Schuh ein langes
Leben vor sich hat und seine Funktionsfähigkeit nicht verliert.
– Grober Schmutz lässt sich am einfachsten mit einer Bürste unter fliessendem
Wasser entfernen.
– Alle Lederteile sollten regelmässig mit wachsbasierten Pflege- und Imprägniermitteln behandelt werden. Je öfter der Schuh mit Wasser in Kontakt kommt,
desto öfter sollte er gepflegt werden.
– Nachdem das Wachs in das Leder eingezogen ist, sollte der Schuh nochmals
nachimprägniert werden.
– Nach dem Eincremen benötigen die Schuhe ausreichend Zeit zum Austrocknen.
– Durch ein zusätzliches leichtes Anwärmen des Leders mit einem Fön erreichet
man ein noch besseres Eindringen der Pflegesubstanzen in das Leder. Echtes
Leder bleibt nur dann anpassungsfähig und widerstandsfähig, wenn Pflegesubstanzen nachgeführt werden.
– Fett- und vor allem ölhaltige Pflegemittel sollte man vermeiden! Sie machen das
Leder zwar sehr weich und nahezu wasserdicht, aber der Schuh verliert dabei
an Festigkeit und auch die Lederporen werden geschlossen, wodurch das Leder
seine Atmungsaktivität verliert.
– Feuchte oder nasse Schuhe sollte man wenn immer möglich trocknen und
auslüften. Dazu nimmt man am besten die Einlegesohle heraus und stellt den
Schuh an einen trockenen, schattigen Platz. Auf keinen Fall auf die Heizung
legen oder zu lange an der prallen Sonne trocknen lassen, sonst werden die
Lederteile schnell spröde.
– Nach dem Einsatz von Reinigungsmitteln sind die Schuhe anschliessend gründlich zu imprägnieren. Reinigungsmittel «öffnen» die Lederfasern, die Imprägnierung schließt sie wieder.
– Die Schuhe sollten auch an den schwer zugänglichen Stellen gepflegt werden,
wie beispielsweise am Laschenansatz oder unter den Schnürsenkeln im Ösenbereich. Dazu müssen die Schnürsenkel entfernt werden.
– Nach der Tour sollte man sicherstellen, dass sich keine kleinen Steinchen in
den Schuh «verirrt» haben, etwa zwischen Einlage- und Brandsohle. Steinchen
können die Membran verletzen (so geschehen bei unserem Testprodukt Meindl
Air Revolution 3.1).
– Lederschuhe lagert man am besten im Schuhbeutel oder Karton an einem
trockenen, luftigen Ort. Mit einem Holzschuhspanner erhält man die Form.
konstruiert, fehlt für einen zuverlässigen und unverrückbaren Halt nur
noch die Schnürung. Sie schafft idealerweise einen perfekten Sitz, ohne
dass dabei am Fuss Druckstellen
entstehen, die Blutzirkulation beeinträchtigt wird oder die Sehnen scheuern. Gute Schnürungen beginnen im
Bereich des Zehenansatzes und reichen bis knapp unter den Rand des
Schuhschafts. Je mehr Ösen als Fixierungspunkte vorhanden sind, desto individuell angepasster kann der
Schuh geschnürt werden. In der Praxis haben sich auch Verschlusspunkte
bewährt, mit denen die Schnürsenkel
im Bereich der Schuhfalte blockiert
werden können. So kann im Vorfuss
und am Sprunggelenk unterschiedlicher Schnürungsdruck erzielt werden: Der Fuss sitzt auf diese Weise
sicher im Schuh, es entstehen keine
Druckstellen im Achillessehnenbereich und weder die Bewegungsfreiheit des Fussgelenks noch die Blutzirkulation wird eingeschränkt. Auch
ein Tiefzughaken hat sich bewährt. Er
sorgt dafür, dass die Ferse gut in der
Fersenbox des Schuhs fixiert werden
kann. Bei der Schnürung ist darauf zu
achten, dass die Schnürsenkel leicht
durch die verschiedenen Ösen gleiten.
Die Schnürsenkel sollten nicht allzu
starr sein, weil sich sonst der Knoten
schnell wieder löst. Ausserdem ist darauf zu achten, dass sowohl Mantel
und Kern hydrophob sind, damit das
Wasser nicht über die Schnürsenkel
«angesogen» wird. Perfekt geschnürt,
kann es dann losgehen auf die grosse
Trekkingtour – komfortabel und (hoffentlich) blasenfrei!
]
know-how:trekkingschuhe
know-how:trekkingschuhe
La Sportiva Nepal Trek Evo GTX
Kayland Apex Trek
Raichle Mount Envy GTX
Lowa Tibet GTX
Hanwag Atlas GTX
Aku Utah Top GTX
Garmont Dakota Lite GTX
Meindl Air Revolution 3.1
Meindl Vakuum
Salewa Eagle GTX
Aku Vertigo GTX
Lowa Khumbu GTX Mid
Scarpa Mustang GTX
Tecnica Krypton GTX
Asolo Syncro GTX
Merrell Outland Mid GTX
So hat der outdoor guide getestet
1872
1752
1836
1960
1788
1972
1772
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Passform
s
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b
m
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Schafthöhe
h
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Höhe Gummirand
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Gummirand nur Kappe
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Gummirand rundum
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–
grob
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mittel
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mittel
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mittel
grob
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grob
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mittel
fein
fein
fein
tief
tief
tief
tief
tief
tief
tief
tief
tief
mittel
mittel
mittel
mittel
mittel
mittel
mittel
GoreTex
eVent
GoreTex
GoreTex
GoreTex
GoreTex
GoreTex
GoreTex
Textil/
Leder
GoreTex
GoreTex
GoreTex
GoreTex
GoreTex
GoreTex
GoreTex
3.5
3.5
3.5
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5
aktives Futter bringt überhaupt nichts, wenn das Obermaterial oder die Polster-
Steifigkeit Sohle
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3
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1
wenn eine Baumwollsocke die Feuchtigkeit am Fuss bindet und nicht weiterleitet.
Dämpfung Sohle
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seitliche Steifigkeit Schaft
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Schaftrotation vor/zurück
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Schnürsystem
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4
4.5
4
4.5
3.5
3.5
4
4
4.5
4.5
3
2
4
2
4.5
4.5
4.5
4
4
4
4.5
4
4
3.5
4.5
4.5
4.5
3.5
4.5
3.5
Gewicht g (Paar Grösse 43)
Der outdoor guide hat sämtliche Trekkingschuhe nicht nur während fünf Monaten
in der Praxis, sondern auch im Labor der Firma Gore testen lassen. Im Labor
wurden diejenigen Parameter unter die Lupe genommen, die in der Praxis nur
schwer zu beurteilen sind.
Zentrifuge: Die Schuhe werden mit Wasser gefüllt und an einer Aufhängung mit
grosser Geschwindigkeit im Kreis herum geschleudert. Aufgrund der Zentrifugalkraft tritt das Wasser an undichten Stellen aus. Mit der Zentrifuge können insbesondere undichte Stellen in der Sohlenkonstruktion ermittelt werden.
Wet Flex Test: Für diesen Test werden die Schuhe in einen Gehsimulator ein­
gespannt, der in einem Wasserbad 300 000 Gehbewegungen ausführt. Dies
entspricht einer Wanderdistanz von 400 bis 500 Kilometern. Ein mit verschie-
Details
denen Sensoren ausgestatteter Kunststofffuss meldet, wenn Wasser in den Schuh
Sohlenstruktur
Sohlentiefe
Futtermaterial
Beurteilung Praxistest
Abrollverhalten Sohle
Fersenhalt
Eignung für
Resultate Labortest
Tragkomfort
4
4
2.5
4
4.5
4
4.5
4
4.5
4
4.5
5
4
3.5
4.5
5
Zentrifuge
OK
OK
OK
OK
OK
OK
OK
Not OK*
Not OK
OK
OK
Not OK
OK
OK
OK
Not OK
Wet Flex Test
OK
Not OK
OK
OK
OK
OK
OK
OK
Not OK
OK
OK
Not OK
OK
OK
OK
Not OK
Klimakomfort
Not OK
OK
Not OK
OK
OK
OK
OK
OK
OK
OK
OK
OK
OK
OK
OK
OK
Leichte Wanderung mit wenig Gepäck
2.5
2.5
2.5
3
3
3
3.5
3
3.5
3.5
4
4.5
4
4
4.5
5
Trekkingtouren mit viel Gepäck
4.5
4.5
4
5
5
4.5
4.5
4
4.5
4
3.5
3
3
2.5
3.5
1.5
Bergtouren
5
4.5
4
4.5
4
4
4
3
3.5
2.5
2.5
2
2
1.5
2
1
Gesamtbeurteilung
5
4
3.5
4.5
5
4
4
3.5
4.5
3.5
4
4
4
3
4
3.5
eindringt. Spätestens nach 100 000 Bewegungen werden undichte Stellen in der
Regel bemerkt. Saugeffekte über Schnürsenkel oder das Obermaterial können
auch später noch auftreten. Der Test unterscheidet nicht, ob das Wasser durch
den Schuh eingedrungen ist, oder aber durch Saugeffekte in den Schuh gelangt
ist. Trocken oder nass – «OK» oder «Not OK», lautet das Urteil.
Klimakomfort: Mit einem künstlichen Schwitzfuss wird gemessen, wie viel Feuchtigkeit aus einem Schuh entweichen kann. Man erhält somit Aufschluss über den
Tragekomfort des Schuhs. Der gemessene Wert widerspiegelt die Atmungsaktivität,
die immer nur so gut ist wie das schwächste Glied in der Kette. Ein atmungs­
schäume nicht gleich viel oder mehr Feuchtigkeit passieren lassen. Genauso wie
Das Resultat gibt an, ob hier die definierten Mindestanforderungen erreicht wurden oder nicht.
Bewertungen
5
sehr gut
4
gut
3
befriedigend
2
ausreichend
1
mangelhaft
Erklärungen zu einzelnen Kriterien
Passform: s = schmal, m = mittel, b = breit
Schafthöhe/Gummirand: h = hoch, m = mittel, t = tief
Steifigkeit Sohle: 5 = sehr steif, 1= sehr weich
116 |outdoor guide|sommer|08
Dämpfung Sohle: 5 =sehr hart, 1= sehr weich
* Die Membran des Meindl Air Revolution 3.1 wurde im Praxistest durch ein Steinchen im Schuhinnern verletzt, weshalb der Schuh im Test undicht war. Es wurden nnnn Schuhe nachgetestet, die allesamt komplett dicht waren
outdoor guide|sommer|08|117