Rock N™ Roll Œ Geschichtsstunde
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Rock N™ Roll Œ Geschichtsstunde
© 2017 - NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung bzw. gekennzeichnete AutorInnen / Institutionen Beitrag des Online-Flyers Nr. 123 vom 28.11.2007. Slash veröffentlicht seine Autobiographie Rock N’ Roll – Geschichtsstunde Von Gerrit Wustmann Saul „Slash“ Hudson - allein der Name ist Kult. Der Mitbegründer der legendären Band Guns N` Roses, schrieb die Gitarrenparts zu Songs wie „Paradise City“, „Sweet Child O`Mine“, „November Rain“. Er ist Vorbild zahlloser Bluesund Rockgitarristen und zugleich ein wandelndes Musikerklischee. Nun legt der Zylinderträger mit 43 Jahren seine Autobiographie vor, in der er nicht nur seine, sondern auch die Geschichte des Rock seit den Siebzigern erzählt. Mit 35 Jahren habe er einen Herzschrittmacher bekommen, der ihn mit einem Stromstoß bei jedem Konzert daran erinnere, noch am Leben zu sein, schreibt Slash im Vorwort seiner Autobiographie, die im Oktober bei Harper Collins erschienen ist. Das Buch hat er mit Hilfe von Anthony Bozza, Autor des Musikmagazins „Rolling-Stone“, verfasst. Slash ist ein vital wirkender Mittvierziger, der längst zur Legende avancierte. Die Vitalität kommt aus der Liebe zur Musik. Natürlich hätte er sich nach der drogen- und alkoholbedingten Herzoperation vor sieben Jahren zurückziehen können, es ruhig angehen lassen, mit dem Ziel, möglichst alt zu werden. Doch das ist nicht sein Ding. Er könne nicht sonderlich gut mit Menschen umgehen, sagt der Musiker von sich selbst, aber auf der Bühne sei er in seinem Element, spreche durch die Saiten seiner Signature LesPaul Sunburst. Slash: Gitarren und andere LeidenschaftenQuelle: velvetrevolver.com Nächte auf dem Sunset Strip In jungen Jahren zog er zusammen mit seinen Eltern von England, wo er geboren wurde, nach Los Angeles. Sein Vater zog mit ihm durch die Kommunen, er lernte als Kind die Hippie-Szene und die Musik kennen, machte Bekanntschaft mit John Lennon, David Bowie, David Geffen (der ihn später unter Vertrag nehmen sollte) und weiteren Größen. Seine Mutter war Designerin, sein Vater entwarf Plattencover. Als Jugendlicher versuchte er sich bei BMX-Rennen. Bis ihm eines Tages seine Großmutter eine alte Akustikgitarre mit nur noch einer Saite schenkte. Von dem Moment an war es um ihn geschehen. Nachdem er in einigen kleinen lokalen Bands gespielt und seine Abende und Nächte auf dem Sunset Strip, im „Roxy“, dem „Cat Club“, dem „Whiskey“ verbracht hatte, lernte er Izzy Stradlin und Axl Rose kennen, die einen Gitarristen für ihre Band Hollywood Rose suchten. Da war Slash gerade 19 Jahre alt und bereits heroinsüchtig. Jack Daniel`s war zu teuer, also trank die Truppe den billigsten Wein, den es gab: Night Train Special. Aus dem Gesöff würde 1987 ein Song, bei dem auch heute noch jeder Kenner und Liebhaber dieser musikalischen Richtung vor Ehrfurcht in die Knie geht. „Victory or Death“ Die erste Tour mit Guns N` Roses wurde zum Desaster. Nach gerade einmal drei Tagen Proben in einem heruntergekommenen Appartement beschlossen die Jungs, auf Tour zu gehen - bis hinauf nach Seattle. Schon nach wenigen Stunden blieb das Auto stehen, die Band trampte und verpasste sämtliche Gigs bis auf den letzten. Und bei dem wurden sie um die Gage geprellt. Also musste auch der Rückweg per Anhalter bewältigt werden. In Hollywood spielten derzeit Motley Crüe, Poison und Co., dennoch wurden zahlreiche Produzenten schnell auf die verwahrloste Truppe aufmerksam. Guns N` Roses ließen alle abblitzen, sogar Paul Stanley von Kiss. Als dieser Änderungen an „Welcome To The Jungle“ vorschlug, sei es vorbei gewesen, erinnert sich Slash. In der Band herrschte der Konsens, sich von niemandem etwas sagen zu lassen, unbedingt die eigene „Vision“ zu realisieren, und sich nicht von diesem Weg abbringen zu lassen. Axl Rose ließ sich das Motto „Victory Or Death“ derzeit auf den Oberarm tätowieren. Slash erzählt in seiner Autobiographie von kaputten Typen, versifften Absteigen, dreckigen Deals, schlechtem Sex, von so ziemlich allem, was ein gutbürgerliches Gemüt in Unruhe versetzt. Einmal sei er zusammen mit seinem Kumpel, Schlagzeuger Steven Adler, ins California Valley gefahren (wo Stevens Eltern lebten), in eine Gegend weißen Gartenzäunen mit Haus an Haus, millimetergenau geschnittenem Vorgartenrasen und angesichts der beiden „Scumbags“ die Nase rümpfenden Biedermännern. „Diese Leute dort sind kaputter als es die Junkies in Hollywood jemals sein können“, urteilt Slash noch heute. Eine biedere Welt, in der jeder, der nicht ins Schema passt, wie ein Aussätziger betrachtet wird. „Live Like A Suicide“ Im Frühjahr 1986 erschien Guns N` Roses` erste EP „Live Like A Suicide“ auf dem Band-eigenen Label Uci Suicide. Was damals kaum jemand wusste: Die Platte wurde bereits von Geffen Records produziert. Sie sollte die Aufmerksamkeit garantieren und der Band die Zeit geben, ihr Debütalbum „Appetite For Destruction“ aufzunehmen. Slash / Velvet Revolver Quelle: velvetrevolver.com Der Rest ist im Grunde Geschichte: Die Kontroversen um die Band, die drei Jahre dauernde „Use Your Illusion World Tour“, die die Band mit fast 300 Konzerten in über 80 Länder führte, der Zusammenbruch Mitte der 90er, und die Befürchtung, Guns N` Roses seien am Ende, als Slash 1996 ausstieg. Danach tourte er einige Zeit mit dem Projekt Slash`s Blues Ball umher und gründete dann Slash`s Snakepit, seine bisher letzte große musikalische Leistung. Obwohl die Band nie sonderlich bekannt wurde, hat sie zwei brillante Alben veröffentlicht, von denen das zweite, „Ain`t Life Grand“ (Koch Records, 2000) mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Snakepit war eine Band ohne kommerziellen Erfolg, aber mit Größe. Schon daher war es wohl ein Fehler, das Projekt aufzulösen und stattdessen zusammen mit den Ex-GN`R-Kollegen Duff McKagan und Matt Sorum die Band Velvet Revolver zu gründen. Mittlerweile läuft es zwar besser, aber der große Erfolg stellt sich bis jetzt auch nicht ein. Die Gruppe spielt vor halbvollen Arenen, und das zweite Album „Libertad“ (2007) ist maßlos gefloppt. Das mag daran liegen, dass Sänger Scott Weiland weder die Stimme noch das Charisma und auch nicht die musikalische Genialität eines Axl Rose besitzt. Es mag auch daran liegen, dass die Songs einfallslos wirken, dass dort alte Riffs neu verwurstet werden, und dass einfach niemand einen Slash will, der eine reine Kommerztruppe antreibt. Dass er zwar nicht mehr den Hunger seiner Jugendjahre, aber durchaus noch hohes kreatives Potential besitzt, kann man heraushören, aber insgesamt enttäuscht der „neue“ Stil. Vielleicht ist das der Grund, aus dem Bassist Duff McKagan kürzlich in einem Interview anklingen ließ, dass er durchaus gerne mal wieder einige Konzerte mit Guns N` Roses spielen würde. Dass Axl Rose & Co darauf eingehen, ist aber nicht zu erwarten. Die sind auch so erfolgreich und überzeugend genug, und das obwohl das seit 15 Jahren in der Mache befindliche „neue“ Album „Chinese Democracy“ auch 2007 nicht erscheinen wird. Eines aber ist sicher: Auch wenn Slash derzeit von seinen musikalischen Höhepunkten ein gutes Stück entfernt ist, so ist doch trotzdem zu erwarten, dass man von ihm noch einiges hören wird. Sein Buch ist nicht nur für seine Fans interessant, sondern auch für all jene, die einen intensiven und fühlbaren Einblick in die Musikszene Hollywoods und deren Wandlung im Laufe der Jahre erfahren möchten. Nicht zuletzt ist es eine eingehende Lebensbetrachtung eines Menschen, der mit Erfahrungen nicht geizen muss, der im wahrsten Sinne, die höchsten Höhen und tiefsten Tiefen des Lebens hautnah erlebt hat. Es ist eine Welt, die Vielen fremd sein mag, die aber hochinteressant ist und die auch dazu anregt, eigene Ansichten zu reflektieren und zu überdenken. (CH) Kontakt: http://www.nrhz.de [email protected]