Ethik: Definition und Realität
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Ethik: Definition und Realität
AZB P. P. / Journal CH-4601 Olten Zeitung für Geld und Geist // Nummer 2 // 26. Juni 2006 Postcode 1 Ethik: Definition und Realität 9 ANTHROPOSOPHIE UND POLITIK Ideengeschichte der alternativen Banken 10 BANCA ETICA Die Innovative aus dem Süden 13 GROSSBANKEN Richtlinien nur, weil sie vorgeschrieben sind 24 15 JAHRE ALTERNATIVE BANK ABS Im Wandel der Zeit INSERATE DREI FRAUEN – EIN JAHRHUNDERT THE HOUSE OF SAND Andrucha Waddington, Brasilien AB 20. JULI IM KINO www.trigon-film.org einblick KOMMENTAR VON CLAUDIA NIELSEN Ethik 6 20 HAUPTTHEMA: ETHIK 4 FOTOS ZUM THEMA 6 MITTEL FÜR FIRMENGRÜNDUNGEN Mit Mikrokrediten gegen die Arbeitslosigkeit 8 KRITIK AN DER WTO An den Bedürfnissen der ärmeren Bevölkerung vorbei 9 ANTHROPOSOPHIE, ETHIK UND POLITIK Ideengeschichte der alternativen Banken 10 BANCA ETICA Die Innovative aus dem Süden 13 GROSSBANKEN Ethikrichtlinien nur, weil sie müssen 14 DENKBILD Bockt der Gärtner, oder: Gärtnert der Bock? NEWS 15 15 Bio-Kaffee Gier ABS-FÖRDERKREDIT 17 ERBORISTI LENDI Fairer Bio-Kräuterhandel dank ABS ABS-SEITEN 18 20 21 22 22 23 Febea – ein internationales Netzwerk ABS-Jubiläumsfeier: Ein Rückblick, aber keine Nostalgie Günther Ketterer: Der letzte erste «Mohikaner» geht Neue Ethikkontrolle der ABS Neue Rückzugsmöglichkeiten und Kündigungsfristen der Passivkonti KLEINANZEIGEN PERSÖNLICH 24 15 JAHRE ALTERNATIVE BANK ABS Gewandelt – wie die Kundschaft Das Wort Ethik gehört heute zum Bankenjargon. Wenige verstehen darunter das Gleiche. Fragen, die dieses Thema aufwirft, gibt es viele. Gemessen am ethischen und gesellschaftspolitischen Anspruch der ABS handelt es sich meist um Rosinenpicken, um Inseln im Meer des Herkömmlichen. Oder, wie es Mario Crosta von der Banca Etica formuliert, um Gewissensberuhigung neben der Finanzierung von Waffenhandel (s. Seite 10). In der Schweiz gibt es zwei Banken, die sich durchgehend ethisch ausrichten, die Alternative Bank ABS und die Freie Gemeinschaftsbank BCL. Mit dem Volumen streng ethisch ausgerichteter Anlagen verhält es sich wie mit dem FairtradeKonsum: Da liegen wir pro Kopf noch an der Spitze. Der Blick über die Landesgrenzen zeigt eine interessante und in Bewegung gekommene Vielfalt. Um daran teilnehmen, aber auch um ihre Erfahrung einbringen zu können, hat sich die ABS dem europäischen Netzwerk alternativer Banken, der Febea, angeschlossen. Das tägliche Ringen darum, was Ethik in der Entscheidungsfindung konkret heisst, setzt sich in diesem Netzwerk auf anderer Ebene fort. Selbstverständlich sehen das beim breiten Spektrum der vertretenen Institutionen (s. Seite 18) weder alle gleich, noch kann es eine definitive Interpretation geben. Der Chancen dieser und anderer Vernetzungen im europäischen Umland sind viele. Sie bilden eine Plattform für den Austausch und für das Justieren der eigenen Ethik-Definitionen. Sie bieten Möglichkeiten, Kräfte zu bündeln. Ein konkretes Beispiel ist das Institut für Social Banking, das Studienangebote zu ethischem Bank- und Finanzwesen anbietet und Forschung betreibt. Die Alternative Bank ABS gehört zu den Kooperationspartnerinnen. Mit der Vernetzung ist zudem die Hoffnung verbunden, gemeinsam vom Volumen her die kritische Masse zu erreichen, die mehr in Bewegung bringt, als es die Volumen der Einzelnen tun können. [email protected] moneta ZEITUNG FÜR GELD UND GEIST // NUMMER 2 // 26. JUNI 2006 moneta erscheint mindestens vierteljährlich in deutscher und französischer Sprache. Wiedergabe von Texten und eigenen Illustrationen nur unter Quellenangabe und mit schriftlicher Zustimmung der Redaktion // Herausgeber HerausgeberInnen-Verein moneta // Redaktion René Hornung (Leitung), Aldo Clerici, Claudia Nielsen, Dominique Roten, Dominique Zimmermann // Layout und Produktion Clerici Partner, Zürich // Druck ROPRESS Genossenschaft, Zürich // Verlag und Redaktionsadresse moneta, Leberngasse 17, Postfach, 4601 Olten, Telefon 062 206 16 16, [email protected] // Abonnemente Jahresabonnement Fr. 20.–, Förderabonnement Fr. 50.– // Auflage dieser Ausgabe 16 700 Ex. // Beilagen und Inserate Beilagen, die nicht von der ABS selbst oder von moneta beigelegt werden, entsprechen bezahlten Inseraten – diese Einnahmen helfen uns, die Produktionskosten der Zeitung zu reduzieren. 3 4 moneta #2 // 26. Juni 2006 Fotos: Regula Schaffer thema 5 Mit Mikrokrediten gegen die Arbeitslosigkeit MITTEL FÜR FIRMENGRÜNDUNGEN__ Die deutsche GLS Gemeinschaftsbank, das Pendant zur Alternativen Bank ABS, kann dank einem neuen Kooperationsmodell Mikrokredite an Arbeitslose und andere benachteiligte Personen vergeben, die sich selbstständig machen wollen. Bis 2010 soll das Modell auf ganz Deutschland ausgedehnt werden. In der Schweiz ist man noch nicht so weit. Zudem bezweifelt ein Experte die Notwendigkeit von Mikrokrediten. hungsweise ihr Geschäftszweig «EnterBusiness») die Anträge prüfen und Empfehlungen an die GLS Gemeinschaftsbank abgeben, welche die Kredite vergibt. Der GLS-Mikrofinanzfonds steuert das Kapital für die Kreditvergabe bei und deckt das Ausfallrisiko der Bank. Dieser Fonds ist gemäss Falk Zientz, DMI-Geschäftsführer und GLS-Mitarbeiter, durch private Anleger und die GLS Gemeinschaftsbank gespiesen worden. Neu sind auch öffentliche Geldgeber wie die KfW Mittelstandsbank dazugestossen. Die Rendite für die Anleger beträgt 1,5 Prozent. Foto: www.visipix.com Mikrofinanzierung in der Nachgründungsphase Wer einen eigenen Handel aufziehen will, braucht Geld: Mikrokredite können helfen. //__Personen ohne nötige Sicherheiten haben bei den meisten Banken in der Regel keine Chance, einen Kredit zu bekommen. Zu diesem Personenkreis zählen viele Arbeitslose. Wenn sie sich selbstständig machen wollen, können sie in Deutschland von staatlichen Förderprogrammen profitieren (Überbrückungsgeld, Existenzgründungszuschuss im Rahmen der Ich-AG). Darüber hinaus gibt es in Deutschland mittlerweile schätzungsweise 200 so genannte Gründungsinitiativen (von staatlichen Stellen bis hin zu privaten Selbsthilfegruppen), welche sozial benachteiligte Personen auf dem Weg in die Selbstständigkeit begleiten. Nebst Beratung, Schulung, Monitoring oder räumlicher Infrastruktur bieten einige dieser Initiativen auch Finanzierungen an. Eine solche Gründungsinitiative ist die IQ Consult GmbH in Berlin, die sich auf arbeitslose junge Erwachsene und Behinderte spezialisiert hat. «Es gibt in Ostdeutschland sehr viele junge Menschen, die sich mit dem Gedanken auseinander setzen, sich selbstständig zu machen», sagt Geschäftsführer Nor6 bert Kunz. Die meisten hätten aber keinen Zugang zu Bankkrediten, und die staatlichen Förderprogramme reichten für die nötigen Investitionen in Existenzgründungen oft nicht aus. Nicht zuletzt aus ethischen Überlegungen will die IQ Consult guten Gründungsideen auf die Beine helfen. 800 Gründungen in drei Jahren Laut Norbert Kunz hat IQ Consult in den letzten drei Jahren 800 erfolgreiche Gründungen begleitet. Dabei wurde jede zehnte Gründung mit einem Kredit aus dem firmeneigenen Fonds unterstützt. Zudem hat IQ Consult in Zusammenarbeit mit der Berliner Volksbank mehrere Hundert Kredite vermittelt. Weitere Gelder stammen von der GLS Gemeinschaftsbank. Die Mikrofinanzaktivitäten der GLS Gemeinschaftsbank sind eingebettet in das Kooperationsmodell des 2004 gegründeten Deutschen Mikrofinanz Instituts (DMI). Gemäss diesem Modell funktioniert die Kreditvergabe so, dass die akkreditierten Mikrofinanzierer (zum Beispiel IQ Consult bezie- Mikrokreditnehmerinnen oder -kreditnehmer zahlen an die GLS-Bank einen Jahreszins von 10 Prozent. Davon erhält der Fonds für den Risikoausgleich 5 Prozent. Die anderen 5 Prozent benützt die Bank für die Refinanzierung und die Deckung der Kosten. IQ Consult beziehungweise «EnterBusiness» erhebt zur Deckung ihrer Kosten eine Bearbeitungsgebühr von 250 bis 500 Euro. «Dank intensiverer Begleitung der Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer konnten wir die Ausfallquote auf unter 10 Prozent senken», sagt Kunz hinsichtlich der Risiken des Mikrofinanzgeschäfts. Das DMI-Kooperationsmodell steckt zwar noch in der Testphase, zielt aber darauf ab, die Kosten und Risiken der Bank tief zu halten und so Mikrofinanzierungen auf einer eigenwirtschaftlichen Basis zu ermöglichen. Bis 2010 soll dieses Modell in Deutschland flächendeckend Anwendung finden, wobei neben der GLS auch andere Banken einbezogen werden sollen. Zu den aktuellen Tendenzen im deutschen Mikrofinanzgeschäft meint Zientz: «Die Beratung geht immer mehr in Richtung einer Existenzgründung möglichst ohne Fremdkapital, zumal der Kapitalbedarf zu Beginn ohnehin gering ist. Wenn dann doch etwas schief geht, rutscht man nicht in die Verschuldung ab und kann wieder von vorne beginnen. Zweitens verlagert sich die Mikrofinanzierung zunehmend in die Nachmoneta #2 // 26. Juni 2006 thema gründungsphase. Das heisst, die Finanzierung setzt erst ein, wenn das Unternehmen sich einigermassen etabliert hat.» In der Schweiz unterstützt die Freie Gemeinschaftsbank BCL in Basel die Organisation «Crescenda», das erste schweizerische Gründungszentrum für Unternehmen von Migrantinnen. Bei Bedarf könnte die Bank für die Migrantinnen über einen Garantiefonds kleine Darlehen sprechen. Eine andere Möglichkeit sind Bürgschaftsgemeinschaften für Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer ohne die üblichen Sicherheiten. Die Alternative Bank ABS führt im Mikrofinanzbereich bislang keine Produkte. Sie klärt aber ab, wie die Mikrofinanzierung in der Schweiz funktionieren könnte. Staatlicherseits haben in der Schweiz die Arbeitsämter die Möglichkeit, Arbeitslose während 90 Tagen von der Stellensuche zu befreien, damit diese ihre Selbstständigkeit planen können. Zudem kann die Arbeitslosenversicherung ein Verlustrisiko zugunsten einer neu gegründeten Firma übernehmen, wenn die zuständige Bürgschaftsgenossenschaft einen entsprechenden Antrag gut- heisst. Gemäss dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) liegt die Obergrenze für eine Verlustrisikogarantie bei 180 000 Franken (inklusive Zinsen), wobei der Bund im Konkursfall 60 Prozent des Verlustes trägt. Die Bürgschaftsgenossenschaft OBTG in St. Gallen, die für 13 Kantone zuständig ist, verzeichnete letztes Jahr aber nur eine einzige Arbeitslosenbürgschaft. Das Seco engagiert sich im Mikrofinanzbereich im Rahmen eines Pilotprojekts durch die Unterstützung der privaten Stiftungen «Asece» in der Westschweiz und «Arbeitslosenrappen» in Basel. Beide Stiftungen bieten Leuten, die sich selbstständig machen wollen, Coaching und Mikrokredite an. Die Unterstützung des Seco besteht in der Abgeltung bestimmter Kosten, nicht jedoch in der Gewährung der Mikrokredite. Diese werden bei der Stiftung «Arbeitslosenrappen» durch Spenden finanziert, bei Asece durch die Stiftung und den Stifter Georges Aegler. nato Ponzio, aber fraglich. «Für einen erfolgreichen Start in die Selbstständigkeit braucht es eigene Ressourcen, sonst ist es sehr schwierig», sagt er. Und wenn jemand eine gute Geschäftsidee hat, aber nicht das nötige Kapital? Diesen Einwand lässt Ponzio nicht gelten: «Dass jemand mit einer bahnbrechenden Idee kommt, ist selten. Zudem spielt die Geschäftsidee keine vorrangige Rolle für den Erfolg. Entscheidend ist, ob jemand fähig ist, aus eigener Kraft zu starten.» Dabei sei es wichtig, dass sich die Leute vorstellen könnten, was es heisse, selbstständig zu sein: «Wenn sich jemand in dieser Vorstellungswelt bewegen kann, ist die Erfolgsquote viel höher als bei jedem noch so guten Projekt, zu dem ein realitätsbezogener und persönlicher Zugang fehlt», sagt Ponzio. Wenn eine Person alle Voraussetzungen mitbringt, aber nicht genügend Geld für die Gründung hat, so motiviert er sie, sich ein Ziel zu setzen und das Geld auf irgendeine Weise aufzutreiben, was vielfach gelinge.__// Eigene Ressourcen nötig Ob Mikrokredite nötig sind, ist für den Leiter der Zürcher Fachstelle Selbstständigkeit, Do- André Rothenbühler | [email protected] INSERATE 7 An den Bedürfnissen der ärmeren Bevölkerung vorbei KRITIK AN DER WTO__ «Die Grossbanken handeln aus entwicklungspolitischer Sicht heute nicht ethischer, aber diskreter als früher», sagt Marianne Hochuli (49). Foto: Georg Christen, EvB Sie betreut seit acht Jahren den Bereich Handelspolitik der Organisation Erklärung von Bern (EvB) und hat als Beobachterin an den Verhandlungen der World Trade Organization (WTO) in Hongkong teilgenommen, wo es um eine weitere Runde in der Deregulierung und Privatisierung des Welthandels ging. Marianne Hochuli Die Erklärung von Bern hat die Haltung der Schweiz an den WTO-Verhandlungen scharf kritisiert. Weshalb? MONETA: MARIANNE HOCHULI: Die Schweiz verfolgt entwicklungs- und wirtschaftspolitische Ziele, die sich widersprechen. An den WTO-Verhandlungen hat sie ihre wirtschaftlichen Interessen ins Zentrum gestellt, um sich neue Märkte für ihre Industrien und Dienstleistungen zu erschliessen. Entwicklungspolitische Überlegungen gingen völlig unter. Ist denn für Sie die Liberalisierung des Dienstleistungssektors, wie sie die WTO derzeit anstrebt, nur negativ, oder sehen Sie auch positive Auswirkungen für die Entwicklungsländer? Die Öffnung der Märkte ist nicht per se negativ. Die Frage ist aber, ob die Sektoren, die geöffnet werden sollen, stark genug sind, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Billige Importe können ganze Wirtschaftszweige zerstören und zu grosser Arbeitslosigkeit führen. Für uns sind die Bedürfnisse der ärmeren Bevölkerung das entscheidende Kriterium. Es muss Auflagen geben, welche die Investoren dazu zwingen, neue Arbeitsplätze zu schaffen und soziale und ökologische Kriterien zu respektieren. Besonders umstritten ist die Öffnung der Märkte im Bereich der Grundversorgung. Das Negativbeispiel ist die Wasserversorgung: Europäische Konzerne konzentrieren sich auf die reiche Kundschaft in den Städten und vernachlässigen im Gegenzug die Infrastruktur auf dem Land, wo ein grosser Teil der ärmeren Bevölkerung lebt. Glauben Sie denn, dass die korrupten Eliten in gewissen Entwicklungsländern den Bedürfnissen ihrer Bevölkerung eher Rechnung tragen als die WTO? Man kann die WTO und die Eliten in den Entwicklungsländern nicht voneinander trennen, weil es die WTO als unabhängige Organisation gar nicht gibt. Die Politik der WTO wird von den 149 Mitgliedsländern bestimmt, und dazu gehören auch viele Regierungen, 8 die die Interessen ihrer Bevölkerung nicht vertreten. Dies ist unter anderem ein Grund, weshalb auch der weltweite Widerstand gegen die WTO-Politik in den letzten Jahren so stark angewachsen ist. Wir sind durchaus für ein internationales Gremium, das den Welthandel regelt. Aber die WTO-Regelungen sind viel zu starr und werden der unterschiedlichen Situation der einzelnen Länder überhaupt nicht gerecht. Die WTO soll ihre Regelungen differenzieren und mit den Abkommen, die im Sozial- und Umweltbereich schon vorhanden sind – zum Beispiel den Uno-Konventionen –, harmonisieren. Für die Schweiz besonders interessant ist die Öffnung der Finanzmärkte. Weshalb sollen die Entwicklungsländer ihre Finanzsektoren nicht öffnen? Das würde sie doch stärken und international wettbewerbsfähiger machen? Es gibt Studien, die tatsächlich belegen, dass durch die Präsenz von ausländischen Banken die Höhe der Bankeinlagen zunahm oder dass Kredite einfacher zugänglich wurden. Aber wer profitiert davon? Untersuchungen in Osteuropa und besonders in Indien haben gezeigt, dass einheimische Banken im Zuge der Marktöffnung ihre Kreditvergabe allgemein reduziert haben, weil sie ihre besten Kundinnen und Kunden an die ausländische Konkurrenz verloren. Damit wurden die Risiken im Kreditgeschäft für sie enorm. Die Verlierer dieser Entwicklung sind die Kleinkundinnen und -kunden: Sie haben es – beispielsweise in ländlichen Gegenden Indiens – heute viel schwerer, für landwirtschaftliche Projekte Geld zu erhalten. Noch in den Siebziger- und Achtzigerjahren waren Schweizer Grossbanken als Fluchtort für Diktatorengelder berüchtigt, heute ist es stiller geworden. Haben die Grossbanken aus entwicklungspolitischer Sicht Fortschritte gemacht? Handeln sie heute ethischer? Das kann man so nicht sagen. Sicher haben sie unter dem Druck schärferer gesetzlicher Auflagen ihr Problemmanagement verbessert «In Südamerika werden schätzungsweise mehr als 50 Prozent des gesamten Reichtums an der Steuer vorbeigeschleust.» und sind deshalb seltener in grosse Skandale verwickelt, das ist offensichtlich. Aber ethischer handeln sie deswegen nicht. Im Vermögensverwaltungsgeschäft haben sie es mehr denn je mit steuerhinterzogenen Geldern zu tun. Das ist heute das grosse Problem. Es ist weniger sichtbar, aber deswegen nicht weniger dringlich. In Südamerika zum Beispiel werden, so schätzt man, über 50 Prozent des gesamten Reichtums an den Steuern vorbeigeschleust. Die Schweizer Grossbanken sind in diesem Bereich sehr aktiv. Auf diese Weise ist es den teilweise sehr reichen Volkswirtschaften Südamerikas unmöglich, ihre Probleme mit der Armut in den Griff zu bekommen. Worauf gründet Ihre Annahme, dass die Schweizer Grossbanken nichts zur Entwicklung der ärmsten Länder der Welt beitragen? Die CS und die UBS sind an Private und Investment Banking interessiert, aber nicht am Kleinkundengeschäft. Wenn die CS einzelne Mikrokreditprogramme unterstützt, ist das nur ein Tropfen auf den heissen Stein und ändert nichts an den makroökonomischen Strukturen. Im Gegenteil. Die ausländischen Grossbanken, das hat sich oft gezeigt, übernehmen die einheimischen Banken, bauen Stellen ab und lassen das regionale Knowhow dieser Banken ungenutzt. Die Gewinne aus ihren Geschäften fliessen vom Süden in den Norden zurück, weil die WTO-Regelungen Auflagen verbieten, welche die Grossbanken dazu zwingen würden, ihre Profite in den Entwicklungsländern zu reinvestieren. Interview: Eric Gremmelmaier | [email protected] moneta #2 // 26. Juni 2006 thema Anthroposophie, Ethik und Politik IDEENGESCHICHTE DER ALTERNATIVEN BANKEN__ Wie lassen sich Ethik und Markt- wirtschaft miteinander verbinden? Diese Frage stellt sich für alle alternativen Banken, egal ob sie ihren Ursprung in der Anthroposophie oder in der politischen Linken haben. Beispiele zeigen, wie Visionen für eine gerechtere Wirtschaft in der Praxis umgesetzt werden. //__Am Anfang stand der Finanztheoretiker Silvio Gesell. Er entwickelte zu Beginn des 20. Jahrhunderts die «Freiwirtschaftslehre». Deren Leitgedanke heisst: Je schneller Geld umläuft, desto mehr Menschen profitieren davon. Also muss man Anreize schaffen, damit es nicht gehortet wird. Diese Freigeldtheorie ist der Albtraum jedes Kapitalisten, ein «Monopoly» mit negativen Vorzeichen: Wer Geld auf die Bank bringt, bezahlt eine Lagergebühr, anstatt Zinsen zu erhalten. Auf diese Ideen stützte sich der Wirtschaftsring (Wir) ab, der auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise, 1934, die Wir-Guthaben lancierte. Auch damit sollte die Geldhortung verhindert werden, und der Wirtschaftsring wollte für die rasche Zirkulation der Zahlungsmittel sorgen, indem er anfänglich die Wir-Guthaben nicht verzinste. Doch schon bald wurden diese Ziele aufgegeben, Zinsen – wenn auch bescheidene – wurden eingeführt. 1936 erhielt der Schweizer Wirtschaftsring eine Bankenlizenz und kann sich bis heute als Selbsthilfeorganisation behaupten. «Talente» und Anthroposophen Näher in der Tradition der Freigeldtheorie steht heute noch der Verein Talent Schweiz. Talent will mit einer zinsfreien Währung für eine gerechtere Verteilung von Reichtum und Arbeit sorgen. «Wir führen Konti wie eine Bank», erklärt die Basler Vereinspräsidentin Ursula Dold. Über diese Konti werden die Geschäfte abgewickelt, welche die rund 250 Mitglieder in der Komplementärwährung Talent tätigen. Dienstleistungen, die im Internet zum Tausch angeboten werden (www.talent.ch). Ganz nach Gesells Leitsätzen verlieren die Talentguthaben monatlich an Wert. «Talent ist eine ergänzende Währung, wir beabsichtigen nicht, den Franken zu ersetzen», stellt Ursula Dold klar. Und sie betont den sozialen Aspekt: Wer mit Talenten handelt, kommt mit Gleichgesinnten in Kontakt. Ähnlich funktionieren die von der Genossenschaft «Netz soziale Ökonomie» herausgegebenen «Netz-Bon». Während Gesells Freigeldtheorie in ihrer ursprünglichen Form nur in bescheidenem Umfang Fuss fassen konnte, entwickelte sich, gestützt auf Rudolf Steiners anthroposophische Lehre, die einen bewussten, sozialen und ethisch-ökologischen Umgang mit Geld fordert, ein heute starkes Bankenwesen. Steiner teilte das Geld in drei Kategorien ein, in Tausch-, Leih- und Schenkgeld. Gerade Schenkgeld ist für die Anthroposophen wichtig, als schönste Form der Anteilnahme. Es war dann der Deutsche Ernst Wilhelm Barkhoff, der 1967 die Gemeinnützige Kredit- und Garantiegenossenschaft und die Gemeinnützige Treuhandstelle in Bochum gründete. Sie sind Vorläufer unter anderem der deutschen GLS Gemeinschaftsbank, der Triodos-Bank, die inzwischen in Deutschland, Holland, Belgien, England und Spanien aktiv ist, aber auch der 1984 in Basel gegründeten Freien Gemeinschaftsbank BCL. «Gegen die Kredite zu null Prozent, die wir zu Anfangszeiten vergaben, lief die Bankenkommission Sturm», erinnert sich Geschäftsleiter Markus Jermann. Nach wie vor setzt die Gemeinschaftsbank aber auf Lösungen, die im konventionellen Bankgeschäft undenkbar sind, und sie stellt Menschen Geld zur Verfügung, die nach den Kriterien einer normalen Bank leer ausgehen würden. Es genügt, eine Bürgschaft zu finden. Damit würden nicht nur Liquidität und Geschäftsidee, sondern auch soziale Fähigkeiten von Kredit Nehmenden in die Beurteilung einbezogen, sagt Jermann. Die Gemeinschaftsbank war das erste Schweizer Institut, das die komplette Kreditliste veröffentlichte; an den Genossenschaftsversammlungen verfügen alle Mitglieder über eine Stimme – unabhängig davon, wie viele Anteilscheine sie besitzen. Die Bank ist nicht gewinnorientiert; der Überschuss wird zur Deckung der Geschäftskosten, für Förderprojekte, Spenden und Reserven verwendet. Mit ihren rund 4500 Kunden bleibe die Freie Gemeinschaftsbank ein Nischenplayer, und Wachstum um jeden Preis sei kein Thema. Markus Jermann dazu: «Positive Impulse sind auf eine überschaubare Grösse begrenzt.» Die «Politischen» Inzwischen haben sich einige der einst klar anthroposophisch ausgerichteten Banken von diesem philosophischen Hintergrund weitgehend gelöst – darunter die erwähnte, grosse Triodos-Gruppe. Und in den letzten fünfzehn Jahren sind neue Institute gegründet worden, die auf dem Wertegerüst der politischen Linken aufbauen; dazu gehört die italienische Banca Etica, aber auch die Alternative Bank ABS. Einige der Ziele der Freigeldtheorie, der Anthroposophie und der Linken sind zwar ähnlich, etwa das «social banking», doch die angesprochenen Kundinnen- und Kundenkreise unterscheiden sich. Die Alternative Bank ABS als eine dieser «politischen» Banken (Slogan: «Die Bank für die andere Schweiz») stellt ethische Grundsätze ins Zentrum. ABS-Kreditleiter Thomas Bieri, von Anfang an mit dabei, erklärt: «Bei der Gründung spielte im Selbstverständnis der ABS die Kritik an den Grossbanken und ihre Verstrickung in Geldwäscherei, Immobilienspekulation und Fluchtgelder eine grosse Rolle.» In der Ablehnung der Geschäftspolitik der Grossbanken war man sich einig. Wie streng die eigenen ethischen Massstäbe sein sollten, wurde oft diskutiert. Bieri erinnert an die Einführung der Bancomat-Karte oder der ökologischen Fonds: «Dagegen gab es anfänglich Widerstände.» Heute ist die ABS pragmatischer geworden, für Bieri eine Wende zum Besseren: «Um einen Kredit zu erhalten, musste man früher der linksalternativen Szene angehören. Heute hat die Qualität der Projekte Vorrang, und es spielt keine Rolle mehr, welchen Hintergrund jemand hat. Hauptsache, es handelt sich um eine innovative Geschäftsidee, die ökologische und soziale Kriterien erfüllt.» Auch im Personalwesen habe sich vieles geändert: «Anfangs kamen viele wegen der ‹Idee› zu uns. Die Offenheit gegenüber alternativen Wirtschaftsformen ist bis heute eine Voraussetzung, aber die Priorität liegt bei der Beherrschung des Bankgeschäfts.» Der Wandel schlug sich auch im Organigramm der ABS nieder. Der Ethische Rat, welcher früher kontrollierte, ob die Bank ihre Vorgaben einhielt, wurde durch das Institut für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen ersetzt (siehe Bericht über die ABSGeneralversammlung auf Seite 20). Für Bieri ist das positiv: «Die Ethik ist stärker als früher im Alltagsgeschäft integriert.»__// Eric Gremmelmaier | [email protected] René Hornung | [email protected] 9 Banca Etica: Die Innovative aus dem Süden ALTERNATIVE BANK IN ITALIEN__ Die Banca Etica ist die erste alternative Bank in Italien gewesen. Heute ist sie eines der dynamischsten und innovativsten Mitglieder der Familie der alternativen Banken in Europa. //__Die Banca Etica hat sich in den sieben Jahren ihres Bestehens einen anerkannten Platz auf dem Finanzplatz Italien gesichert. Das erste alternative Finanzinstitut des Landes ist in Italien zur Referenz geworden, wie Spargelder auf verantwortliche Weise angelegt werden können. Ziel der Bank ist es, mit den ihr anvertrauten Mitteln die soziale Ausgrenzung, Arbeitslosigkeit und Armut zu bekämpfen, die Umwelt zu bewahren und die Ressourcen des Planeten zu pflegen. Dabei will die Banca Etica ihren Mitgliedern, Kundinnen und Kunden als Universalbank dienen. Lohnkonto, Sparheft, Obligationen und Investmentfonds – die Bank aus Padua bietet alles an. «Wir wollen unsern Kundinnen und Kunden in allen finanziellen Bereichen beistehen», sagt Generaldirektor Mario Crosta und unterstreicht den Unterschied: «Andere ethische Banken treten nicht als Universalbanken auf. Ihre Kundschaft ist daher gezwungen, sich für viele Finanzgeschäfte an andere Banken zu wenden.» In Italien steht die Banca Etica derzeit fast allein mit ihrem Modell. Die Nationalbank hat zwar kürzlich auch der Banca Etica Adriatica eine Konzession erteilt – einer Aktiengesellschaft. Die Banca Etica in Padua ist eine Genossenschaft, ähnlich den Raiffeisenbanken in der Schweiz. Zu den Werten der Bank gehören Transparenz und demokratische Mitbestimmung. Die Mitgliederversammlung ist das höchste Or10 gan, das auch den Verwaltungsrat wählt. Alle Ausleihungen sind öffentlich, Namen der Empfängerinnen und Empfänger und Höhe der Ausleihungen werden bekannt gegeben. Ausserdem kontrolliert ein siebenköpfiges Ethikkomitee die Arbeit der Banca Etica. Rasches Wachstum Die Bank ist in ganz Italien vertreten. In Padua und elf weiteren Städten unterhält sie Filialen, darunter in Rom, Mailand, Turin, Florenz und Neapel. Ausserdem sind zwanzig Bankvertreter in den Regionen unterwegs. Seit der Gründung 1999 hat die Bank 26 100 Mitglieder gewonnen, davon 3700 Organisationen, und ein Kapital von 18,6 Millionen Euro (28,8 Millionen Franken) angesammelt. Derzeit verfügt sie über Einlagen in Höhe von 417 Millionen Euro, sie finanziert 1700 Projekte mit insgesamt 290 Millionen Euro. Gemäss der Wirtschaftszeitung «Milano Finanza» nahm sie 2004 bei den verwalteten Mitteln den 254. Platz unter den italienischen Banken ein. Das vergangene Jahr war laut Mario Crosta besonders erfolgreich. Die Einlagen nahmen um 20 Prozent zu, die Zahl der Beschäftigten sogar um ein Drittel auf jetzt 107 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Gewinn verdreifachte sich auf 300 000 Euro. Im Süden des Landes, in Bari und Palermo, konnte die Bank neue Filialen eröffnen. Für Mario Crosta sind diese beiden Neueröffnun- gen besonders wichtig. «So können wir auch Initiativen im Süden besser unterstützen.» Andere Banken ahmen in ihrer Anlagepolitik inzwischen die Banca Etica nach. Doch Crosta mahnt deren Kundinnen und Kunden zur Vorsicht: «Die gleiche Bank, die ethische Fonds anbietet, um ihr Gewissen zu beruhigen, kann auch Waffenhandel finanzieren.» Im In- und Ausland tätig Zur Banca Etica gehören weitere Einrichtungen. Die Vermögensverwaltung Etica Sgr, im Februar 2003 gegründet, verwaltet 200 Millionen Euro. Sie ist damit die drittgrösste Vermögensverwaltung in Italien, die nach ethischen Kriterien geführt wird. Derzeit bietet sie drei Fonds an, deren Aktienanteil von 0 bis 70 Prozent reicht. Das Consorzio Etimos, dessen Anfänge in die 1980er-Jahre zurückgehen, ist in der Mikrofinanz in Entwicklungsländern aktiv. Seit Anfang 2005 hilft es in Sri Lanka bei der Bewältigung der Tsunami-Folgen. So hat sie dort der Sanasa-Entwicklungsbank unter die Arme gegriffen. Die hundertjährige Genossenschaftsbank mit 850 000 Mitgliedern war nach dem Tsunami in eine Liquiditätskrise geraten. Die Kulturstiftung der Banca Etica finanziert unter anderm «Terra Futura», eine Ausstellung in Florenz, welche die nachhaltige Entwicklung propagiert, und die Monatszeitschrift «Valori». moneta #2 // 26. Juni 2006 thema Fotos: zvg Die Raumverhältnisse haben mit dem Wachstum der Banca Etica nicht Schritt gehalten. Das wird sich mit dem Bezug des eigenen Gebäudes beim Bahnhof ändern. Bis dahin lassen sich Mitarbeitende und Präsident Fabio Salviato – am Telefon und mit den Schuhen auf dem Pult «erwischt» – die gute Laune nicht verderben. Geld für «Bio-Benediktiner» Die Banca Etica finanziert einerseits den Teil der Wirtschaft, der nicht gewinnorientiert arbeitet, also Genossenschaften, Vereinigungen und Stiftungen. So gewährte sie bereits im Jahr 2000 der Benediktinergemeinschaft Fraternità de Gesú einen Kredit von erst 500 000 Euro und später weiteren 800 000 Euro für deren zwei landwirtschaftliche Genossenschaften. Heute ist die Marke der Benediktiner, «Monaci di Lanuvio», anerkannt für die Qualität ihrer Bioprodukte. Die Bank finanziert aber auch gewinnorientierte Unternehmen, die sich an den strengen ethischen Kriterien der Bank orientieren. Dazu gehören Biobetriebe in der Landwirtschaft ebenso wie Unternehmen, die sich in der Produktion von erneuerbarer Energie engagieren. Drittens bietet sie aber auch Produkte für ihre eigenen Mitglieder an, unter anderem Kredite für den Kauf des ersten Hauses. Einer der Schwerpunkte der Bank ist die Förderung der Wind- und Sonnenenergie. So wurde mit ihrer Hilfe ein Windpark in Ligurien errichtet. Ein anderer Schwerpunkt ist die Mikrofinanz, besonders die Förderung kleiner Unternehmen, die vor allem Frauen beschäftigen. Zu den grössten Kunden gehören Genossenschaften in Sizilien, die Land bearbeiten, das der Mafia abgenommen wurde. Einer der aktuellen Schwerpunkte im Ausland ist die Unterstützung von Flüchtlingen aus der Westsahara in Algerien. Keine Konkurrenz im Tessin Die Banca Etica hat auch ein knappes Dutzend Mitglieder im Tessin. Sie beteiligt sich seit einigen Monaten mit acht Prozent, einigen Tausend Euro, an einer Gesellschaft, die in der Immobilienfinanzierung aktiv sein will. Auf ein Büro im Tessin verzichtet Mario Crosta, er will nicht in Wettbewerb mit der Alternativen Bank ABS treten. «Wir setzen auf Zusammenarbeit», versichert Crosta. Claudia Nielsen, Verwaltungsratspräsidentin der Alternativen Bank ABS, bezeichnet das Verhältnis als «freundnachbarlich». «Die Banca Etica ist eine der spannenderen und dynamischeren Banken in Europa. Sie ist innovativ und wächst schnell.» Aus Schweizer Sicht gebe es zahlreiche Berührungspunkte zwischen der Banca Etica und der Alternativen Bank ABS. Man teile viele Interpretationen über den Sinn alternativer Banken, setze auf Ökologie und Gerechtigkeit und halte die Lohnspanne innerhalb der Bank bei eins zu drei. Unterschiede gebe es dagegen aufgrund der Mitgliedschaft Italiens in der EU und der Euro-Währungszone: Die Banca Etica könne sich leichter im EU-Ausland engagieren. Auch personell gebe es Unterschiede: In der ABS sind Frauen in Führungspositionen stärker vertreten als im italienischen Schwesterinstitut. Insgesamt strebt Claudia Nielsen «einen intensiveren Austausch mit der Banca Etica an».__// Vittoria Scarpa | [email protected] Steffen Klatt | [email protected] So checken Sie Ihre Bank ABS und Banca Etica Kennzahlenvergleich per Ende 2005 Wer sein Geld nachhaltig anlegen will, kann seine bestehenden Geldanlagen selbst überprüfen. Banken, Pensionskassen und Anlagefonds können aufgrund folgender Fragen beurteilt werden: ABS Banca Etica Bilanzsumme CHF 691 Mio. CHF 644 Mio. 1. Bewilligte Kredite CHF 565 Mio. CHF 418 Mio. 2. 3. Zahl der Mitarbeitenden 56 141 Geschäftsstellen, zusätzlich zum Hauptsitz 4 9 Externe Mitarbeitende – 19 Aktienkapital CHF 38 Mio. CHF 28,7 Mio. 7. Aktionäre/Genossenschafter 4358 25 923 Quelle: EvB/WWF 2000; Redaktion: Pieter Poldervaart/pld. 4. 5. 6. Bietet die Institution volle Transparenz über ihre Anlagen? Und sind Sie mit diesen Investitionen mehrheitlich einverstanden? Verbreitet sie sachliche Information oder vollmundige Werbung? Werden die Anlagen umfassend ökologisch und sozial beurteilt? Wer tut dies? Welche Branchen werden ausgeschlossen? Besitzt die Bank die notwendigen Kapazitäten, um die Anlagen seriös abzuklären? Gibt es einen Anteil, der innovativen Pionierbetrieben zugute kommt – natürlich mit höherem Risiko? Tritt das Finanzunternehmen mit den Firmen in ihrem Portefeuille in einen Dialog, und nimmt es die Stimmrechte an Aktionärsversammlungen kritisch wahr? Sind ethisch-ökologische Anlagen eine Nische, oder gilt der nachhaltige Anspruch für das ganze Unternehmen? 11 INSERATE Ausbildung Baubiologie / Bauökologie Nachhaltig Planen und gesund Bauen kann gelernt werden. Nutzen Sie unser Wissen für Ihre erfolgreiche berufliche Zukunft. Die Bildungsstelle Baubiologie SIB führt eine modulare baubiologische / bauökologische Weiterbildung durch, welche insgesamt 10 Module umfasst und mit einem eidg. Fachausweis abgeschlossen werden kann (eduQua-zertifiziert). Es können auch nur einzelne Module besucht werden. Wann Samstag oder Freitag Beginn jederzeit möglich, da der Kurs modular aufgebaut ist. Infos / Anmeldung Genossenschaft Bildungsstelle Baubiologie SIB Andreas Graf, Binzstrasse 23, 8045 Zürich Tel. 044 451 01 01, Fax 044/ 401 02 79 E-Mail: [email protected] www.bildungsstellebaubio.ch • fairsicherungsberatung ® • optimalberatenundversichertzufairenkonditionen Die Stiftung Domicil vermittelt günstigen Wohnraum an Menschen, die aus wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Gründen schlechte Karten haben auf dem Wohnungsmarkt. Helfen Sie mit, damit Domicil für die Schwachen stark sein kann! ✁ Die unabhängige Beratungsstelle für Institutionen, Firmen und Privatpersonen in allen Versicherungs- und Vorsorgefragen: Bitte schicken Sie mir Unterlagen über Domicil. Ich spende Fr. ............. Ich werde Mitglied (Fr. 100.– Private, Fr. 250.– Firmen) • Sozial- und Privatversicherung • Vermögensplanung und Altersvorsorge Wir informieren Sie gerne über unsere Konditionen und freuen uns auf Ihre Kontaktnahme: fairsicherungsberatung ® • holzikofenweg 22 • postfach 6058 • 3001 bern tel. 031 378 10 10 • fax 031 378 10 19 fairsicherungsberatung ® • zweierstrasse 50 • 8004 zürich tel. 044 242 75 75 • fax 044 240 00 45 e-mail [email protected] • www.fairsicherung.ch NACHHALTIG BAUEN – NACHHALTIG FINANZIEREN Sie haben sich entschieden, nachhaltig zu bauen? Dann liegen Sie mit der ABSHypothek goldrichtig. Für nachhaltiges Bauen erhalten Sie vergünstigte Konditionen für Ihre Hypothek. Je nachhaltiger gebaut wird, desto grösser ist die Vergünstigung. Die zeitlich unbefristete Zinsvergünstigung auf der gesamten ABS-Hypothek kann bis zu 0,625 % betragen. Das nennen wir nachhaltig finanzieren. Vorname/Name: Strasse/Nr.: PLZ/Ort: Stiftung Domicil, Kanzleistrasse 80, 8004 Zürich. Telefon 044 245 90 25 PC 87-309442-7, [email protected], www.domicilwohnen.ch Die ABS-Hypothek Das von der ABS entwickelte ABS-Immobilien-Rating® ist umfassend. Es prüft und bewertet Neubauten umfassend und ganzheitlich in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft). Die Bewertung umfasst die fünf Qualitätsaspekte: > Betriebsenergie > Bauökologie > Standort > Nutzung > Ökonomie Das ABS-Immobilien-Rating® bewertet Wohnhäuser, die nicht älter sind als zehn Jahre. Sind Sie interessiert? Rufen Sie uns an, unsere BeraterInnen geben Ihnen gerne Auskunft: > Bernadette Schnüriger, Telefon 062 206 16 34 > Christian Kohler, Telefon 062 206 16 36 12 Alternative Bank ABS Leberngasse 17 Postfach 4601 Olten Tel. 062 206 16 16 Fax 062 206 16 17 [email protected] www.abs.ch moneta #2 // 26. Juni 2006 thema Grossbanken: Ethikrichtlinien nur, weil sie müssen LIPPENBEKENNTNISSE__ Praktisch alle Banken schmücken sich mit Ethikrichtlinien. Bei den meisten sind sie bisher das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind. Veränderungen sind nur schrittweise möglich. // __ Ethikprinzipien bei den Grossbanken? Zynikerinnen und Zyniker würden sagen, dies sei ein Widerspruch in sich. Bei solchen Gewinnen und Gehältern könnten ideelle Verpflichtungen unmöglich irgendwelche Wirkungen haben. Tatsächlich schmücken sich die meisten Grossbanken mit einem Ethikfeigenblatt. Bei der UBS heisst das entsprechende Papier «Code of Business Conduct and Ethics». Wieso es auf der Homepage abgerufen werden kann, steht gleich in der Einleitung: Damit sei eine Vorschrift der New Yorker Börse erfüllt. Inhaltlich geht es hauptsächlich um die Verpflichtung, die Gesetze der jeweiligen Länder einzuhalten sowie andere Selbstverständlichkeiten im Bankengeschäft. Doch es gibt einen Geschäftsbereich, in dem die Begriffe ethische Verantwortung und Nachhaltigkeit auch von den Grossbanken nicht nur als Etikett verwendet werden: Bei den Ökofonds. Dort haben sich strenge Kriterien und Kontrollen durchgesetzt. Kunststück: Die Banken haben entdeckt, dass dafür ein grosses Kundinnen- und Kundeninteresse besteht. Doch im Vergleich zum Gesamtgeschäft sind die grünen Fonds eine blosse Nische. Ziel für bankenkritische Organisationen wie die Erklärung von Bern (EvB) wäre aber, dass ethische Prinzipien auch bei Vermögensanlagen und Kreditvergaben angewandt werden – wie es die alternativen Banken vormachen. Bisher ist davon kaum etwas zu sehen. Die weltweit tätigen Geldinstitute unterstützen Abzockerfirmen, vergeben Kredite an korrupte Regierungen und finanzieren Projekte, die Ressourcen zerstören. Sie lehnen jegliche Verantwortung für Schäden ab, die durch ihre Investitionen an Umwelt und Gesellschaft entstehen. Dazu kommt, dass ihr Einfluss in einer zunehmend liberalisierten Weltordnung immer grösser wird und es kaum mehr staatliche Kontrollmöglichkeiten gibt. Doch langsam baut sich Gegendruck auf. Das zeigen erfolgreiche Kampagnen, etwa in den USA durch das Rainforest Action Network (RAN), die Investitionen der Citibank im Amazonasgebiet verhindert hat. 2004 wurde anlässlich der WEF-Gegenveranstaltung «Public Eye on Davos» die «Collevecchio-Deklaration» verfasst, ein Aufruf an Geldinstitute, ethische Prinzipien einzuhalten. Kurz darauf schlossen sich zwölf Nichtregierungsorganisationen zum bankenkritischen Netzwerk BankTrack (siehe Kasten unten) zusammen. Eine Folge davon war die Unterschrift verschiedener Investmentbanken, die Projektfinanzierungen für zum Beispiel Pipelinebauten anbieten, unter die von der Weltbank-Tochter International Finance Corporation (IFC) definierten «Equator Principles». Die Geldinstitute verpflichteten sich, ihre Projektfinanzierungen auf Umwelt- und Sozialverträglichkeit zu überprüfen und entsprechend zu handeln. Credit Suisse macht hier mit, nicht aber die UBS, die die Projektfinanzierung ausgelagert hat. Nur ein erster Schritt Was sind diese «Principles» wert? Für Andreas Missbach, Bankenspezialist bei der Erklärung von Bern (EvB), bedeuten sie nicht mehr und nicht weniger als «den ersten Schritt auf einem langen Weg». Ein Manko sei, dass es bei Verstössen gegen die «Equator Principles» keine Sanktionsmöglichkeiten gebe. Im Klartext: Auch Banken, die sich nicht um die Kriterien scheren, können bei ihrer Kundschaft weiterhin mit der Unterschrift werben. Der Unterzeichnung müssten konkrete Schritte folgen, damit sie nicht ein blosses Lippenbekenntnis blieben, fordert Missbach. Gerade bei der Credit Suisse werde aber über die Umsetzung überhaupt nicht informiert, stellt er fest. Hat die CS schon Finanzierungsgesuche wegen der «Equator Principles» zurückgewiesen? Es seien schon Projekte mit potenziell grossen ökologischen Auswirkungen abgelehnt worden, erklärt Credit-Suisse-Sprecher Marc Dosch auf Anfrage. Konkreter wird er nicht: «Über die Anzahl und die Art geben wir keine Auskunft, da ein Entscheid immer auf einer Reihe von Faktoren basiert.» Die Bank musste offenbar keine neuen Abläufe implementieren: Die Prüfung, ob ein Projekt den «Equator Principles» entspreche, «erfolgt als Teil des Risikomanagement-Prozesses», so Dosch. BankTrack stellt der Credit Suisse kein gutes Zeugnis aus. Beleg dafür sei das Engagement der Grossbank beim Ausbau der Ölund Gasförderung auf der ostsibirischen Insel Sachalin. Das Projekt werde sich verheerend auf die Lebensweise der indigenen Völker auswirken. Es verletze die «Equator Principles» in 120 verschiedenen Punkten. Wie weit der Weg noch ist, belegt eine 2006 von BankTrack veröffentlichte Studie, in der die Ethik-Kodexe von Grossbanken miteinander verglichen wurden. 39 Geldinstitute wurden benotet, darunter Credit Suisse und UBS. Die Note vier hätte dem besten praktizierten Branchenstandard entsprochen. Die Banken schnitten miserabel ab. Das beste Resultat schaffte ABN Amro mit 1,3 Punkten. Selbst unter dieser speziellen Konkurrenz landeten die Schweizer Grossbanken weit hinten: Die Credit Suisse schaffte 0,54, die UBS bloss 0,08 Punkte.__// Andreas Kneubühler | [email protected] BankTrack BankTrack ist ein bankenkritisches Netzwerk, das 2004 von zwölf Nichtregierungsorganisationen (NGOs) gegründet wurde. Mit dabei sind etwa die Erklärung von Bern (EvB), der britische WWF oder die amerikanischen Umweltmultis Rainforest Action Network (RAN) und Friends of the Earth. Ziel von BankTrack ist es, die Vergabe von Grosskrediten zu beeinflussen und so unethische oder umweltschädigende Projekte zu verhindern. Der Hebel soll möglichst früh, nämlich bereits bei der Finanzierung durch die Geldinstitute, angesetzt werden. Das Sekretariat von BankTrack befindet sich im holländischen Utrecht. Das Netzwerk wird unter anderem von holländischen Regierungsstellen mit Beiträgen unterstützt. www.banktrack.org 13 denkbild Bockt der Gärtner, oder: Gärtnert der Bock? //__Ende 2005 wird bekannt, dass Alcan die Aluminiumhütte Steg schliessen will. Das löst ausserhalb der Gewerkschafts- und Linkspresse bloss ein mildes Echo aus. Was sind schon diese paar Arbeitsplätze! Als Ende April die letzten Öfen abgeschaltet werden, ist das für den «Tages-Anzeiger» sechs Zeilen wert. Einzig die Gewerkschaftspresse wühlt in der Geschichte. Die andern legen den Schleier des Vergessens (oder Desinteresses) darüber. Einer der Protagonisten hat inzwischen die Bühne gewechselt, hat sich zum Bundesrat gemacht: Entweder Ich oder Keiner! Nach einigem Murren wird das akzeptiert. Jetzt hat er das Amt und die Bürde am Hals. Und wir ihn. Er säuselt in seiner neuen Rolle der versammelten Schweizer Jodlergemeinschaft ins Ohr: «Ja, die Schweiz ist ein kleines Land, aber ein reizvolles Land. Nur tüchtige Menschen konnten daraus etwas machen. (. . .) Zu diesem Ländli wollen wir Sorge tragen, dass es auch weiterhin in Freiheit seine Zukunft bestimmen kann.» Das gilt aber nur für die Politik. Als emsiger Unternehmer hat er anders gehandelt. Die hehren Worte sind nur heimatduslige Schaumschlägerei. Zehn Jahre zuvor hat er mit seinem Studienfreund Ebner die Alusuisse übernommen (welche in ihrem Logo ebenfalls ein Sünneli führt, wie seine Partei). Er schnappt sich 11 Prozent der Anteile, Ebner 21 Prozent. Ebner macht sich zum VR-Präsidenten, Blocher wird Vize. Als Mann fürs Grobe holen sie den machthungrigen Manager Sergio Marchionne. Kaum an der Macht, gelüstet es sie nach mehr: eine Fusion mit der deutschen Viag wird angestrebt. Das gibt etwas Stunk, weil doch vorher verkündet worden ist, sie hätten die Alusuisse aus Sorge um Schweizer Arbeitsplätze gekauft. Darauf angesprochen, reagiert Blocher ziemlich ungehalten: «Wer Neider hat, hat Brot; wer keine hat, hat Not.» Er hat Brot. Ungeheuer viel Brot sogar. «Ich weiss, was ich getan habe. Nämlich etwas Gutes. Und ich werde mich dafür einsetzen, dass die Alusuisse gestärkt wird. Garantieren kann ich nichts. Aber bis jetzt sind mir die risikoreichen Sachen stets gelungen.» Aber dieser Deal geht wegen der Machtansprüche der beiden in die Hose. Also tüfteln sie an einem neuen Schachzug. Einem viel grösseren. Filetieren und kassieren An der ausserordentlichen GV der Alusuisse Lonza Group (inzwischen Algroup genannt) im Oktober 1999 trägt Ebner diese Vision vor: Fusion mit Alcan und Pechiney zum weltweit grössten Alukonzern. Aber vorher filetieren sie Algroup: Lonza und Energie werden abgespalten und separat verkauft (Alusuisse verfügte damals wegen der stromintensiven Aluproduktion über eigene Kraftwerke). Nur die Aluproduktion und -verarbeitung soll in die Dreierfusion eingebracht werden. Auch diese Vision platzt. Blocher/Ebner verkaufen die Kraftwerke für 484 Millionen Franken ins Ausland an die EnAlpin, eine Tocher der deutschen EnBW, welche der französischen EDF gehört. Lonza wird selbstständig gemacht, Blocher beschafft sich etwa 20 Prozent der Anteile und hievt sich in den Verwaltungsrat. Die Algroup 14 fusioniert später mit der kanadischen Alcan, welche jetzt das Sagen hat. Wegen der Kurseinbrüche an der Börse zerfällt Ebners Macht. Er muss seine «Visionen» verkaufen, seine Beteiligungen an Algroup und Lonza abstossen. Blocher seinerseits verkauft seine Alcan/Algroup-Beteiligung, was die Ems-Gruppe 1999 zu einem um 59 Millionen verbesserten Finanzergebnis führt. Begründung für den Verkauf: «Von Aluminium verstehe ich nichts.» Was hat er davon vor dem Verkauf verstanden? Als Grund für die Schliessung der Aluhütte Steg gibt Alcan heute die hohen Strompreise an, welche von den ehemals eigenen, jetzt ausländischen Kraftwerken gefordert würden. 1 Seit 1999 hat der Kanton Wallis der Aluhütte Steg rund 27 Millionen Franken Stromrabatte gewährt, versüsst mit Steuervergünstigungen. Dass der Strompreis nicht der Grund für die Schliessung ist, sondern eine veränderte Konzernstrategie, zeigt der Jahresbericht der Alcan 2005: Für die Sanierung der Altlasten sind 40 Millionen Franken zurückgestellt worden. Privatisieren und kassieren Inzwischen ist die Aluhütte Steg geschlossen worden, Verhandlungen (ob zum Schein oder nicht) mit der Alcan für Übernahmen sind am Laufen. Einmal mehr geht möglicherweise Know-how verloren, dafür werden dem Staat soziale Kosten aufgebürdet. Blocher kann das Heucheln in seiner neuen Rolle nicht lassen: «Am meisten sorgt sich die Bevölkerung zurzeit um die Arbeitslosigkeit. Doch deren Ursachen, der Ist-Zustand, die Zukunftsentwicklung und die Lösungsmöglichkeiten werden nicht ergründet.» Solche Worte sind eigentlich ein Affront gegenüber jenen, welche jetzt seine früheren Taten auszubaden haben. Blocher streicht Millionen ein und macht sich fast gleichzeitig dafür stark, den Arbeitslosen die Bezüge zu kürzen. Und jetzt soll auch die rentable Swisscom den privaten Geldsäcken zugeschanzt werden. Blocher verkündet vor den Medien diese Botschaft, prompt sinkt der Aktienpreis, um kurz darauf wieder zu steigen. Wer hat da zugegriffen? Doch nicht etwa der Mann mit der Fliege? Es bleibt im Dunkeln. Gar eine Volksaktie wollte der Schlaumeier zusammen mit dem Appenzeller schaffen, oder anders gesagt: dem Volk verkaufen, was ihm schon gehört. Swisscom und Stromproduktion sind nicht die Einzigen, die Privatisierungslust geweckt haben. Die SUVA genauso wie die Post haben ebenfalls Begehrlichkeiten geweckt. Rentable SBB-Strecken werden wohl bald folgen. Es dürfte überall zugehen wie bei der Stromprivatisierung in Deutschland: Zuerst sinken die Preise, Freude herrscht, und dann steigen sie wieder, nachdem die Konzerne den Markt bereinigt haben und nun beherrschen. In Schweden sind deswegen bereits Diskussionen um erneute Verstaatlichungen aufgekommen. Tja, so kann man sich täuschen. Da glauben die einen, sie könnten den Bock, den sie zum Gärtner gemacht haben, zähmen. Aber er hat weder zum «Mönch», «Minec», «Barc» noch «Strack» mutiert. 2 Es böckelt: ungeniessbar!__// Aldo Clerici | [email protected] 1 Im Wallis werden rund 10 Mia. Kilowattstunden Strom produziert. Davon konsumieren Haushalte 1 Mia., Gewerbe und Industrie 2,5 Mia., 6,5 Mia. werden exportiert. Die Stromkonzerne wollen vom billig produzierten Walliser Strom die gewünschten 650 Mio. nicht abgeben. Er sei schon verkauft. Alusuisse besass 1,5 Mia. Kilowattstunden vor dem Verkauf an EnBW. Diese hat 2005 1 Mia. Euro Gewinn gemacht. Solche Gewinne machen Hunger nach noch mehr (s. UBS und CS u. a.). 2 So werden in Europa je nach Sprachregion kastrierte Ziegenböcke genannt. Quellen: Work, SonntagsZeitung, NZZ am Sonntag, Tages-Anzeiger, NZZ, NZZ Online, EJPD: Blochers Reden im Internet, Protokolle und Interpellationen Nationalrat, Links, GVBericht Algroup, Weltwoche, Bieler Tagblatt, Woz u. a. moneta #2 // 26. Juni 2006 news Bio-Kaffee Fairer Handel durch Direkteinkauf bei den Produzenten im Süden und schonende Verarbeitung der biologischen Rohprodukte in der eigenen Rösterei – das sind die zentralen Qualitätsmerkmale der traditionsreichen Kaffeerösterei Fritz Bertschi AG in Birsfelden. Hans-Jürg Reber, der jetzige Besitzer, importiert einen Grossteil des Rohkaffees direkt von Kleinbauern-Kooperativen in Mexiko, Guatemala und Peru. Dabei arbeitet er unter anderem mit Kaffeebauern der Kooperativen Mut Vitz und Maya Vinic in der mexikanischen Provinz Chiapas zusammen. Sie bauen ihre Bohnen im Hochland auf 1200 bis 1800 m ü. M. an. Wegen des kargen landwirtschaftlichen Ertrags auf dieser Höhe sind sie dringend auf gute Erträge und auf anständige Preise angewiesen. Die Kooperative Maya Vinic hatte 1997 eine traurige Bekanntheit erlangt, weil dort während des Chiapas-Konflikts 35 Zivilpersonen ermordet wurden. Noch immer bilden bewaffnete Kräfte eine Gefahr für die Gier Bäuerinnen und Bauern. Selbst wenn sie nicht direkt an Leib und Leben bedroht sind, kann die Unsicherheit jederzeit existenzgefährdend werden: Wenn für Pflege und Ernte die Kaffeesträucher nicht mehr erreichbar sind, wenn die Verkehrswege für den Verkauf abgeschnitten werden. Um den Produzenten langfristige Existenzen zu sichern, hat Bertschi den BC-Bio-Bravo-Kaffee lanciert. Mehrjährige Abnahmegarantien, die Bezahlung von Mindestpreisen sowie Erntevorfinanzierungen gehören zu den Bedingungen für die Erlangung des Max-Havelaar-Qualitätssiegels. Dazu kommt das Bio-Knospe-Zertifikat. Für die Fritz Bertschi AG gehören Ethik, Nachhaltigkeit, umweltschonende Produktion und soziales Gedankengut mit zur Geschäftsphilosophie. Das Unternehmen gehört seit 1991 zu den Pionieren im fairen Kaffeehandel – die ABS trägt als Bank das Ihre dazu bei.__// Fritz Bertschi AG, Kaffeerösterei, Rührbergstrasse 13, 4127 Birsfelden, Tel. 061 313 22 00, www.bertschi-cafe.ch Banken sind auch Kohleminen Über die Finanzierung kontroverser Rohstoffprojekte sind Schweizer Grossbanken in die Menschenrechtskonflikte der Öl- und Bergbaukonzerne verwickelt. In einer Publikation der Erklärung von Bern (EvB) und Greenpeace werden Beispiele und Fallgeschichten aufgeführt, welche die Problematik dieser Finanzierungen aufzeigen. Eine Weltkarte mit den verschiedenen Projekten verdeutlicht das weltweite Ausmass der Verwicklungen. Wenn Banken Unternehmen finanzieren, welche Menschenrechte verletzen oder das Klima schädigen, stehen sie voll in der Verantwortung. EvB-Magazin Sonderausgabe, #3/Juni 2006, Fr. 6.– Erklärung von Bern, Postfach, 8031 Zürich [email protected], www.evb.ch Nachhaltig anlegen. In die Zukunft investieren. Mit dem Erwerb von ABS-Aktien und/oder ABS-Kassen-Förderobligationen die Ent-wicklung einer Wirtschaft mit sozialen und ökologischen Grundsätzen mitgestalten. Bitte senden Sie mir/uns: Unterlagen für den Kauf von Aktien der ABS Informationsmaterial Unterlagen für die Zeichnung von (Förder-)Kassenobligationen der ABS Kontoeröffnungsantrag Name, Vorname Adresse PLZ, Ort Bitte rufen Sie mich an: Beste Tageszeit: Talon senden an: Alternative Bank ABS, Leberngasse 17, Postfach, 4601 Olten, oder anrufen: Telefon 062 206 16 16, oder [email protected], www.abs.ch 2 | 06 Privatisierung und Liberalisierung des Strommarktes sind seit ein paar Jahren ein Thema, auch wenn diese in Volksabstimmungen abgelehnt worden sind. Unermüdlich wird das Ziel weiterverfolgt. Steter Tropfen . . . ACI__Die Begehrlichkeiten sind angesichts der explodierenden Gewinne aus dem Stromgeschäft noch mehr gewachsen. Es müsse privatisiert werden, damit die Preise sinken, wird gepredigt. Aus der Feder der Anlageberatungen tönt das etwas anders. Denn für diese sind sinkende oder stagnierende Preise uninteressant. «. . . die Kapazitäten zur Exploration, Produktion und Versorgung (sind) in vielen Bereichen nahe der Vollauslastung. In der Niedrigpreisphase lohnte sich ihr Ausbau nicht.» Deshalb ist es wünschenswert, dass die Preise weiter steigen: «Besonders interessant sind für Investoren diejenigen Regionen, in denen sich aufgrund ihrer hohen Wirtschaftsleistung und Kaufkraft steigende Preise leichter durchsetzen lassen.» Anfang Jahr fanden sich diese Zeilen in der «SonntagsZeitung»: «Wasser und Energie machten Freude. (. . .) In den letzten drei Jahren konnten Anleger mit den im WEX abgebildeten Aktien gar 65,5 Prozent verdienen. (. . .) Selbst wenn zukünftig die Preisniveaus gleich bleiben, sprudeln die Gewinne dieser Firmen wegen gestiegener Margen.» Und: «Trinkwasser und Energie werden in Europa knapp. Die Preise steigen. Produzenten und Versorger verzeichnen Rekordeinnahmen. Schon seit einigen Jahren befinden sich die Aktienkurse auf einem Höhenflug. Nicht nur die Verknappung, sondern auch Liberalisierung und Privatisierung bieten Anlegern neue Einstiegsmöglichkeiten.» Erneuerbare Energien vernachlässigen, AKWs propagieren Kein Wunder wird das Werben für die Privatisierung der Stromwerke nicht aufgegeben: «Der Wasser-Energie-Index WEX stieg im laufenden Jahr (2006) um 7,4 Prozent. Anziehende Energiepreise geben den 30 Wasser- und Energieaktien Schubkraft.» Dank Russlands Gaslieferstopp, dem steigenden Ölpreis und dem USA-Propagandafeldzug gegen den Iran soll das so weitergehen: «Mehrere Unternehmen kündigten Strompreiserhöhungen für 2006 an.» In diesem Zusammenhang sind auch die Argumente für ein neues AKW interessant. Einmal wird konsequent der Ausbau erneuerbarer Energien verweigert. Um dann immer wieder darauf hinzuweisen, dass diese eine viel zu kleine Produktion aufweisen, um AKWs ersetzen zu können. Man dürfe nicht von Stromlieferungen aus dem Ausland abhängig werden. Als ob die Schweiz die AKWs mit eigenen Brennstäben versorgen könnte. Abgesehen davon, dass das Problem der Abfallentsorgung noch immer nicht gelöst ist. Ursprünglich hiess es, dass es bis 1980 gelöst sein müsse, sonst müsse abgeschaltet werden. Um das zu verhindern, sind einfach die Fristen geändert worden. Dafür hat inzwischen die Propaganda für neue AKWs eingesetzt. Übrigens: Was mit privaten Stromwerken passieren kann, das haben uns Blocher/Ebner am Beispiel AlusuisseLonza vordemonstriert: Verkauf ins Ausland. Von wegen Abhängigkeit vom Ausland . . .__// 15 INSERATE (/,).'%2 3/,!2 3TROM AUS 3ONNE 7IND "5"%.$/2& WATTWERKCH 4 HOLINGERSOLARCH & INFO HOLINGERSOLARCH 7ÊRME AUS 3ONNE (OLZ 2EGENWASSER FàR (AUS 'ARTEN 5Rdp7cR_ÅRZd7ÇUÇcR] Zde_ZTYeUZVDacRTYVUVd9VckV_d WÚcUZVHV]dTYV_ /B 3ONNE ODER 2EGEN MITUNSNUTZEN3IEDAS7ETTER hEHUVHW]XQJHQ XQG $GDSWDWLRQHQ DXVGHP 'HXWVFKHQ RGHU(QJOLVFKHQ LQV)UDQ]|VLVFKH .RUUHNWXUOHVHQIUDQ]|VLVFKHU 7H[WH 9RQ 0RQWDJELV'RQQHUVWDJ 7HO Ċ V\OYDLQ#SLFKRQFK ĊZZZSLFKRQFK 16 moneta #2 // 26. Juni 2006 förderkredit Fairer Bio-Kräuterhandel dank ABS ERBORISTI LENDI__ Silvia und Peter Lendi stehen für die biologische Produktion von Kräutern und fairen Welthandel. Für ihre Leistungen erhielten sie den Prix Bio. Ohne Kredite der ABS hätten sie ihren Betrieb im Tessin nicht umstrukturieren können. //__Die alternative, biologische Kräuterproduktion von Silvia und Peter Lendi ist schon lange bekannt. Doch was 1983 ganz bescheiden im Tessiner Onsernonetal begann, hat sich inzwischen zu einem stattlichen Unternehmen mit Sitz in Curio im Malcantone gemausert. 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeit teilen sich 12 Vollzeitstellen. Immer noch setzen Lendis auf die biologische Produktion von Kräutern, aber den Eigenanbau haben sie vor zwei Jahren eingestellt. «Mit einer Hektare Anbaufläche waren wir einfach zu klein, ausserdem hatten wir grosse Mühe, Personal für diese landwirtschaftliche Tätigkeit zu finden, obwohl wir überdurchschnittliche Löhne zahlten», sagt Peter Lendi. Deshalb importieren Lendis inzwischen all ihre Düfte und Aromen aus der weiten Welt. Dabei beziehen sie ihre Produkte von biologisch wirtschaftenden Kleinbauern in südlichen Ländern und bezahlen ihnen dafür faire Preise. Für diese Leistung sind sie 2005 mit dem Prix Bio von Bioterra, der Schweizer Bio-Organisation für Garten, Konsum und Landwirtschaft – ausgezeichnet worden. Die Zusammenarbeit mit südlichen Ländern hat schon eine längere Geschichte. «Angefangen hat es damit, dass uns Kundinnen und Kunden vor über 15 Jahren fragten, ob wir neben Pfefferminze und Bohnenkraut nicht auch Paprika und Pfeffer in biologischer Qualität anbieten könnten – konnten wir damals nicht, können wir heute», erzählt Lendi. 1995 begann der Aufbau eines Projekts in Nicaragua. Inzwischen werden von dort Gewürze und aromatische Kräuter bezogen – ein Schiffscontainer pro Jahr. Von Kleinbauerngruppen aus dem Hochland Perus werden biologische Kräuter wie Pfefferminze, Thymian und Majoran bezogen. Aus Südafrika wird Rooibos eingeführt, aus Griechenland Safran, aus Sri Lanka Gewürze und aus Indien ebenfalls Gewürze sowie Tee. Kaufen, wenn geerntet ist Der Import dieser Waren aus kleinbäuerlichen Gemeinschaften hat zur Folge, dass Lendis in Curio ein grosses Warenlager verwalten müssen. «Wenn es eine Ernte gibt, müssen wir sofort alles kaufen», sagt der Kräuterspezialist. Sonst riskiere man, dass andere sich die Ware sicherten – Verträge hin oder her. So kommt es, dass im Depot am Fir- Silvia und Peter Lendi: Als Bio-Kräuterbauern hat alles begonnen. Trotz Maschinen: Handarbeit ist immer noch wichtig. mensitz in Curio Waren für einen Wert von einer Million Franken gelagert sind – bei einem Geschäftsumsatz von drei Millionen Franken jährlich. Das ist ein Verhältnis, das eine herkömmliche Geschäftsbank nicht akzeptiert», sagt der 55-jährige Lendi, der an der Höheren Handelsschule von Neuenburg einen Lehrabschluss als kaufmännischer Angestellter gemacht hat. «Nur die Alternative Bank ABS hat unsere besondere Situation verstanden und uns sehr gute Bedingungen für einen lebensnotwendigen Betriebskredit gewährt», so Lendi. Insgesamt hat die Bank dem Unternehmen 397 500 Franken (Stand Ende 2005) gewährt. Die Summe ist teils ein Betriebskredit, teils ein Investitionskredit, um Maschinen anschaffen zu können, die für die Verarbeitung der Kräuter und Gewürze wichtig sind, ausserdem für ein neues Computersystem, mit der die Bewirtschaftung des Warenlagers, die Verarbeitung sowie die Verwaltung der Bestellungen und Lieferungen professionalisiert werden konnten. «Früher war das Wissen über jedes einzelne Produkt im Kopf bei mir und meiner Frau gespeichert, jetzt ist es via Computer für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zugänglich», so Lendi. Das Unternehmen ist nicht auf Profitmaximierung ausgerichtet. Dies zeigt sich auch daran, dass alles unternommen wird, um Ware, die kleine Mängel aufweist, zu retten. «Wir können ja nicht mal eben einen Container nach Indien zurückschicken», sagt der Firmenbesitzer. Findet man etwa kleine Metallstückchen in einem angelieferten Gewürz, werden diese durch Magneten herausgesiebt. «Wir sind also auch eine Art Reparaturwerkstätte für Gewürze und Kräuter», lacht Lendi. Hauptsache sei, dass am Ende eine Top-Qualität garantiert werden könne. Heute bieten Erboristi Lendi 300 Rohprodukte an, vom Birnbrotgewürz über Bockshornklee, Anis und Gewürzsalze bis zu Öl, Essig und Tee. Mit einer eigenen LendiProdukte-Linie werden Fairtrade-Läden und Drogerien beliefert. Sehr wichtig ist aber auch die Lieferung grösserer Mengen an Gewürzen und Kräutern für die Bio-Lebensmittelindustrie geworden. Ein Sortiment von 40 Gewürzen wird zudem für eine deutsche Bio-Firma abgefüllt. Und schliesslich werden auch noch Grossisten beliefert. Alle Produkte stammen aus biologischem Anbau – eine Ausnahme bilden nur die Tessiner Kastanien und der Tessiner Honig. Sie lassen sich noch nicht zertifizieren.__// www.erboristi.ch Text und Fotos: Gerhard Lob | [email protected] 17 abs-seite Kontaktadressen Febea – ein internationales Netzwerk Hauptsitz Olten Alternative Bank ABS Leberngasse 17 4601 Olten Tel. 062 206 16 16 [email protected] www.abs.ch Die Alternative Bank ABS ist seit kurzem Mitglied der Fédération Européenne des Banques Ethiques et Alternatives (Febea). Die 2001 gegründete Dachorganisation mit Sitz in Brüssel vernetzt die alternativen und solidarischen Banken und Finanzorganisationen und stellt ihnen gemeinsame finanztechnische Werkzeuge zur Verfügung. Vertretung in Lausanne Banque alternative BAS Représentation romande Rue du Petit-Chêne 38 1001 Lausanne Tél. 021 319 91 00 [email protected] Die in der Febea zusammengeschlossenen Institutionen, mittlerweile 23 aus 12 Ländern, bevorzugen Sparmethoden, die von Solidarität gegenüber Ärmsten geprägt sind. Sie finanzieren unter anderem Wohnraum, den Aufbau biologischer Landwirtschaft oder die Ansiedlung von Unternehmen in Entwicklungsländern. Febea will den Erfahrungsaustausch fördern und den Mitgliedern (Finanz-)Instrumente für den speziellen Alternative Bank ABS Kontaktstelle Zürich Hardturmstrasse 269 8005 Zürich Susanne Aebi Tel. 043 344 87 00 [email protected] Persönliche Beratung nach Vereinbarung Caixa Pollença, Balearische Inseln, Spanien Eine der ältesten Sparkassen auf Mallorca, Menorca, Ibiza und Formentera, gegründet 1880. Sie betreibt heute 15 Bankbüros und fokussiert soziale, kulturelle und ökonomische Entwicklungen. Banque alternative BAS Bureau genevois d’information 2, bd Carl-Vogt 1205 Genéve Nathalie Ruegger Tél. 022 800 17 15 [email protected] Interne Weiterbildung Am Nachmittag des 21. Juli, 17. August und 21. Sept. 2006 bleibt die ABS wegen interner Weiterbildung geschlossen. Danke für Ihr Verständnis. Öffnungszeiten Schalteröffnungszeiten ABS Olten Montag bis Freitag 9.00 – 12.00, 14.00 – 16.30 Uhr Bürozeiten ABS Olten Montag bis Mittwoch und Freitag 8.30 – 12.00, 13.30 – 17.00 Uhr Donnerstag 8.30 – 12.00, 14.00 – 17.00 Uhr 18 Cassa Centrale Casse Rurali Trentine, Italien (siehe separaten Artikel auf Seite 10) Dieses Netzwerk umfasst 54 Banken. Es wurde 1974 als ländliche Kasse in Trentino gegründet und ist von christlichen Werten inspiriert. Ziel ist heute, einen ökonomisch-sozialen Beitrag zur Entwicklung der Gesellschaft zu leisten, insbesondere bei Aktivitäten von Kooperativen. Bank für Sozialwirtschaft, Deutschland Charity Bank, England Sie wurde 1923 gegründet und engagiert sich im Sozial- und Gesundheitswesen. Neben einem breiten Spektrum an Bankgeschäften bietet sie über die Tochterunternehmen auch Kurse und Beratungen im Sozialmanagement an. 2002 etablierte sich die Bank, welche sich mehr und mehr auch ausserhalb von England engagiert. Sie will die Ersparnisse der Kundschaft zugunsten der Gesamtgesellschaft sinnvoll anlegen. Foto: zvg Banca alternativa BAS Ufficio ticinese d’informazione Viale Stazione 2 6500 Bellinzona Fabiano Cavadini Tel. 091 968 24 71 [email protected] www.bancaalternativa.ch Markt der Alternativbanken zur Verfügung stellen. Bisher werden den Mitgliedern folgende Instrumente zur Verfügung gestellt: die Fonds «Garantie Solidaire» und «Choix Solidaire» von Crédit Coopératif (Frankreich) sowie die Investitionsgesellschaft Sefea. Die Dachorganisation hat auch zahlreiche Fach- und Arbeitsgruppen eingesetzt, die sich mit Finanzierungsfragen in Entwicklungsländern und mit Mikrokrediten befassen. Die nachfolgende Übersicht über die Mitglieder der Febea zeigt, wie gross die Vielfalt der Organisation ist. Status, Struktur und Geschichte der Banken und Finanzorganisationen variieren stark. (Generell gilt, dass sie alle finanzielle Anliegen unterstützen, welche von konventionellen Banken kaum finanziert würden.) Neben der ABS sind folgende Institutionen Mitglied der Febea: Banca popolare Etica, Italien Consortium Etimos, Italien BBK Solidarioa Fundazioa, Baskenland, Spanien Der Solidaritätsfonds der baskischen Sparkasse Bilbao Bizkaia Kutxa (BBK) ist schon seit hundert Jahren aktiv. Die Organisation wurde 1989 zur Finanzierung von Projekten in den Ländern des Südens, aber auch in Asien und Europa gegründet und gehört zum Kreis der Banca Etica. BISE, Polen Crédal, Belgien Die 1990 gegründete Bank setzt sich für ökologische Investitionen, für die soziale Ökonomie in Polen sowie für benachteiligte Interessengruppen wie zum Beispiel behinderte Menschen ein. BISE führt mit TISE einen eigenen Risikofonds, der kleine und mittlere Unternehmen unterstützt. Die 1985 gegründete Kooperative bietet Darlehen für Non-Profit-Organisationen an. Sie zählt heute 700 Mitglieder. Caisse Solidaire du Nord Pas-de-Calais, Frankreich Die zehn Jahre alte Kasse finanziert Kleinstunternehmen im industriellen Sektor mit limitierten finanziellen Möglichkeiten. Crédit Coopératif, Frankreich Die Genossenschaft wird durch Kapital der Klientel finanziert. Sie unterstützt unter anderem Organisationen, die sozial wirtschaften, mittlere und kleine Unternehmen und Wohngenossenschaften. Der Solidaritätsfonds «Garantie Solidaire» wurde mit der Crédit Coopératif und einer Gruppe französischer Finanzinstitute gemoneta #2 // 26. Juni 2006 abs-seite Erstes Bio-Hotel in der Schweiz gründet und ist (siehe Seite 18) den Febea-Mitgliedern zugänglich. Der «Fonds Commun de Placement, Choix Solidaire», richtet sich an die breite Öffentlichkeit. La Nef, Frankreich Cultura Sparebank, Norwegen Merkur Cooperative Bank, Dänemark Die Bank engagiert sich im Sparbereich und unterstützt Darlehensvereinigungen. Die 1989 gegründete Bank engagiert sich im Bereich Krankenkassen und für künstlerische Projekte. Die Bank wurde 1982 in Kopenhagen gegründet. Sie will Einzelpersonen möglichst gute Bedingungen zur Entwicklung ihrer Fertigkeiten verschaffen. Ausserdem strebt sie gleiche Rechte und faire Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle an sowie die Unterstützung nachhaltiger Produktion. Femu Qui, Frankreich Sidi, Frankreich Der korsische Name bedeutet «Lets do it here». Das Unternehmen setzt sich seit der Gründung 1992 insbesondere für die Entwicklung in Korsika ein. Eine Aktiengesellschaft, 1983 vom katholischen Komitee für Entwicklung und gegen Hunger gegründet. Ekobanken, Schweden Ein bankähnliches Finanzinstitut mit 15 000 GenossenschafterInnen, das auf ähnlicher Basis wie die ABS Kredite vergibt. Fiare Fundazioa, Baskenland, Spanien Société Européenne Finance Ethique et Alternative, Sefea, Italien Die Stiftung fördert das ethische Bankwesen in der nordspanischen Region. 2005 wurde das erste Büro in Bilbao eröffnet. Fiare arbeitet mit der italienischen Banca Etica zusammen. Dieses erste europäische alternative Finanzinstitut wurde 2002 von den Mitgliedern der Febea gegründet. Die Sefea fördert eine solidarische Ökonomie und soziale Finanzierungen in Europa. Fundació Un Sol Món, Spanien TISE (Polen) Der Ableger der Caixa Catalunya mit Sitz in Barcelona wurde 2000 gegründet und unterstützt Projekte zugunsten von Randgruppen in der Ersten Welt, aber auch die Entwicklung in Drittweltländern. Hat seinen Sitz in Warschau, mit dem Ziel, die polnische Ökonomie zu restrukturieren. Hefboom, Belgien Vernus, Slowakei Die unabhängige Kooperative berät Mikrounternehmen. Ein Grossteil der Kundschaft sind Frauen, die am Rande der Gesellschaft leben. Ist eine unabhängige Finanzorganisation, die die Gründung und Entwicklung von solidarischen Unternehmen unterstützt. Dominique Zimmermann | [email protected] Adressänderungstalon Bitte teilen Sie uns Ihre Adressänderungen frühzeitig mit. Sie helfen uns, Kosten zu sparen. Vielen Dank. BISHER: NEU: Name Name Vorname Vorname Strasse Strasse Postfach Postfach PLZ, Ort PLZ, Ort Konto Nr. GÜLTIG AB: Talon senden an: Alternative Bank ABS, Leberngasse 17, Postfach, 4601 Olten Das Hotel «Balance» in Granges bei Salvan im Kanton Wallis ist in den österreichischen Bio-Hotel-Führer aufgenommen worden. Dieser europäische Führer umfasst Hotels und Restaurants, die ausschliesslich biologische Produkte verwenden. Das Hotel «Balance» ist seit vielen Jahren Kreditkundin der Alternativen Bank ABS. – Mehr Infos unter: www.vegetarisches-hotel.ch Prix Egalité weitergegeben Die Alternative Bank ABS hat im letzten Jahr vom KV Schweiz den «Prix Egalité» erhalten. Die Geschäftsleitung der ABS hat beschlossen, das Preisgeld von 3000 Franken einer Institution zu spenden, die die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern fördert. Dazu ist der Verein «Via2» auserwählt worden. «Via2» bedeutet «leben zu zweit» und erörtert die Frage der Versöhnung zwischen Familien- und Berufsleben, sowohl in Unternehmen wie bei Privatpersonen. Mehr zu «Via2» im Internet unter: www.via2.ch Preise für Fotovoltaikanlage Elsbeth und Beat Aeberhard aus Barberêche/FR erhalten den Prix à l’innovation agricole für ihre Fotovoltaikanlage – mit einer Fläche von 960 mC die grösste dieser Art im Kanton Freiburg. Diese Anlage wurde von der Alternativen Bank ABS mit einem Kredit von 660 000 Franken finanziert und im Januar 2006 in Betrieb genommen. Der Preis im Wert von 5000 Franken wurde von Staatsrat Pascal Corminbœuf Anfang Mai übergeben. Er betonte, die Familie Aeberhard habe den lebendigen Beweis erbracht, dass die Freiburger Landwirtschaft innovativ sei und sich an die Herausforderungen von morgen wage – so könnten alle gewinnen. Die ABS freut sich mit Elsbeth und Beat Aeberhard über die Verleihung des Preises. 19 abs-seite Ein Rückblick, aber keine Nostalgie Hier trifft man sich wieder . . . Rund 400 Kundinnen und Aktionäre waren zur Generalversammlung und zur anschliessenden Jubiläumsfeier der Alternativen Bank ABS nach Biel gekommen. Nach 15 Jahren Erfolg durften Rückblicke natürlich nicht fehlen, doch Nostalgie kam keine auf. . . . Marc Seinet, Christina von Passavant, Claudia Nielsen . . . Claudia Nielsen leitet die GV zweisprachig, Thomas Bieri erklärt Kreditrichtlinien, Ulrich Thielemann die Ethikkontrolle, und Claudia Nielsen verabschiedet Günther Ketterer. . . . Pierre Fornallaz, H. U. Schudel, Esther Fornallaz. Hans Stöckli, Bieler Stadtpräsident, hätte die ABS gern in Biel; die Gruppe SketCH sucht über Sprachgrenzen hinweg einen Namen; Mario König und Dominique Roten lesen aus alten Protokollen; musikalische Zwischenspiele der Gruppe Simili. . . . Hans Peter Vieli, Etienne Bonvin . . . . . . Thomas Heilmann, Irène Meier . . . . . . Christa Joss, H. U. Schudel (rechts) . . . 20 Fotos: Rudolf Steiner . . . Richard Bhend, Walter Thierstein . . . RHG/ACI__Der statutarische Teil der Generalversammlung vom 20. Mai verlief nicht zuletzt angesichts der erfreulichen Zahlen problemlos. Die Aktionärinnen und Aktionäre genehmigten Rechnung, Gewinnverteilung und Berichte oppositionslos, und Verwaltungsratspräsidentin Claudia Nielsen konnte sich schon zu Beginn der Veranstaltung freuen, dass das konsequent eingehaltene Profil der Bank offensichtlich auf gute Resonanz stösst, sowohl bei den Anlegerinnen als auch bei den Kreditnehmern. Dazu habe nicht zuletzt das Schwerpunktthema Ethik beigetragen. Sie dankte allen, die seit 15 Jahren bewusst auf eine Gewinnmaximierung verzichten und ihr Geld bei der «Bank für die andere Schweiz» anlegen. Die breite Zustimmung zu den Anträgen des Verwaltungsrates hiess aber nicht, dass sich Kundinnen und Aktionäre nicht um das Geschick «ihrer» Bank kümmern würden. Dies zeigte sich an den zahlreichen Fragen aus dem Publikum, die Claudia Nielsen, Kreditleiter Thomas Bieri und Geschäftsleitungsmitglied Etienne Bonvin kompetent beantworteten: Vor der Geldwäscherei fürchte sich die ABS nicht, denn wer hier Geld anlege, sei mit höchster Wahrscheinlichkeit auch mit den Zielen der Bank einverstanden. Die Bank verlange ausserdem in jedem Fall eine Unterschrift unter eine Deklaration, dass das Geld ordentlich erworben und versteuert wurde, und sie überprüfe diese Angaben. Eine andere Frage betraf die Liquidität. Diese werde angesichts der Wirtschafts- und Zinsentwicklung wohl bald wieder zurückgehen, lautete die Antwort. Auch die Hypotheken für den Wohnungs- bau kamen zur Sprache: Sie kommen Genossenschaften zugute, die nachhaltig bauen und deren Mietzinse rund ein Viertel unter dem Durchschnitt von Neubauwohnungen liegen. – Ob man eine Erbschaft von Marcel Ospel übernehmen würde? Die Frage stelle sich wohl gar nicht, aber wenn doch: So alles Geld legal erworben und sauber versteuert worden sei, würde man ein solches Portefeuille umschichten. Allerdings: Man könne für grosse Vermögen zurzeit noch keine nachhaltigen breit diversifizierten Anlagemöglichkeiten anbieten. Daran arbeite die ABS aber, ebenso wie an der Einführung des E-Banking. Mit der Frage nach der Vertretbarkeit, grosse Vermögen anzunehmen, landete die Generalversammlung mitten im Themenkomplex Ethik. Christina aus der Au und Ulrich Thielemann vom Institut für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen berichteten über diesen Schwerpunkt. Nach einem Probejahr hat nun das St. Galler UniInstitut von der GV ein dreijähriges Mandat als externe Ethikkontrollstelle erhalten. Thielemann wird sich dabei immer wieder neuer Teilthemen annehmen. So soll die Beurteilungskultur der ABS gestärkt und systematisiert werden. Eine praktische Anwendung der Ethik-Richtlinien schildert Kreditleiter Thomas Bieri auf eine Nachfrage aus dem Publikum: «Als ein Autogaragen-Betrieb die ABS um eine Finanzierung an- moneta #2 // 26. Juni 2006 abs-seite fragte, diskutierte der Kreditausschuss grundsätzlich, nach welchen Kriterien dieser vergeben werden könnte.» Entschieden wurde, dass ein Kredit gewährt würde, wenn der Garagenbetrieb im Vergleich zu anderen Unternehmen der Branche einen ökologischen und sozialen Mehrwert ausweisen könnte. Im konkreten Fall war dies allerdings nicht der Fall, sodass der Kredit nicht gesprochen wurde. Dem Gesuchsteller war allerdings von vornherein bekannt, dass es sich für die ABS hier um einen Grenzfall handelte, und er hatte als gut gehender Betrieb andere Möglichkeiten, zu Geld zu kommen. Beitrag zum «Denkwechsel» Der Nachmittag der Jubiläumsveranstaltung im Kongresshaus Biel-Bienne wurde von Stadtpräsident Hans Stöckli eröffnet, der die ABS dafür lobte, dass sie einen grossen Beitrag zu einem «Wechsel im Denken der Schweiz» beigetragen habe. Auch die Expo.02, von der Biel sehr viel profitiert habe, sei ein solcher Baustein des Denkwechsels. Die ABS helfe, Gegensätze zu überwinden, da sei die Generalversammlung in der grössten Stadt auf der Sprachgrenze genau am richtigen Ort. «Schade nur, dass die Alternative Bank ABS ihren Sitz nicht in Biel hat», so der Stadtpräsident augenzwinkernd. Verwaltungsratspräsidentin Claudia Nielsen erinnerte im Festteil an die teils konfliktreiche Geschichte der ABS – Konflikte, die allerdings die Existenz der Bank nie bedroht hatten. Neben kabarettistischen Einlagen amüsierte auch der Rückblick des Basler Historikers Mario König, der aus alten Berichten und Protokollen zitierte und zusammen mit Dominique Roten, der die französischen Teile präsentierte, Eckpunkte der ABS-Geschichte nachzeichnete. Die parallel laufende Bilderserie erinnerte viele der anwesenden ehemaligen Mitarbeitenden, aber auch langjährige Aktionäre und Kundinnen, an vergangene Zeiten – und doch kam keine Nos- talgie auf, denn was aus den bescheidenen Anfängen geworden ist, darf sich sehen lassen. Im Podiumsgespräch, geleitet von RadioDRS-Redaktor Martin Heule, diskutierten die ehemaligen und aktiven ABS-Gremien-Mitglieder Irène Meier, Claudia Nielsen, Marc Seinet und Hans Peter Vieli sowie Wirtschaftsjournalist Gian Trepp. Befürchtet wurde, dass die ABS zu einer «Wohlfühlbank» werden könnte oder gar schon geworden sei, dass die reibungslose Abwicklung der Bankgeschäfte wichtiger geworden sein könnte als die Vision, ein «Stachel im Fleisch der Normalwirtschaft» zu sein. Wo denn die ABS heute in der Wirtschaft stehe, wurde gefragt und darauf hingewiesen, dass sich die konventionellen Banken inzwischen ein ethisches und soziales «Mäntelchen» umgehängt hätten, um ihr Image zu verbessern. Die Ideologie des «Geldmachens» habe die Gesellschaft durchwachsen. Auf dem Podium wurde bemängelt, dass es nach wie vor kein Label für den ethischen Finanzbereich gebe. Weil die Materie so abstrakt ist, sei ein Label umso notwendiger. Dieses sei allerdings viel schwieriger zu schaffen als beispielsweise bei Bio-Produkten. Dagegen kam der Einwand, ein Label sei gar nicht notwendig, denn die ABS selber sei das Label. Zu erfahren war auch, dass die ABS im Moment ihre internationale Zusammenarbeit mit den Alternativbanken in Europa verstärke, auch in der Hoffnung, dass sich daraus ein «Label» entwickeln lässt, wohl aber nur in kleinen Schritten. Schliesslich lobte das Podium den Mut der Gründer, eine Quotenregelung einzuführen. Das sei nach wie vor eine erstaunliche Massnahme, welche noch heute Aufmerksamkeit errege – auch bei den andern Alternativbanken in Europa. Nun brauche es neue Visionen, und die Diskussionen darüber sollten durch die Tagesgeschäfte nicht in den Hintergrund gerückt oder gar vergessen werden. KreditnehmerInnen der ABS werden von Martin Heule interviewt: Aarbergerhus Ligerz (Hedy Martin, Hanny Meister), CODHA Genf (Nathalie Ruegger), claro fair trade (Gertrud Meyer). Auf dem Podium werden ein paar wichtige Themen gestreift, v. l.: Marc Seinet, Claudia Nielsen, Irène Meier, Hans Peter Vieli, Gian Trepp. Im Foyer konnte die visuelle Entwicklung der ABS studiert werden. Foto: Rudolf Steiner Der letzte erste «Mohikaner» geht In der ABS«Geschichte einer aussergewöhnlichen Bank» ist nachzulesen, dass Günther Ketterer 1983 «die NetzGünther Ketterer werkler zur Gründung einer ‹Arbeitsgruppe Alternativbank›» aufrief, denn «wir wollen nicht auf eine etablierte und anonyme Bank angewiesen sein, sondern selber bestimmen, wofür unser Geld verwendet wird». Dieses Zitat ist typisch für Günther: Seine Stärke liegt im Zeichnen der grossen Linien, Geben von Impulsen, Zusammenbringen der richtigen Leute. Gleichzeitig ist er so bescheiden, dass man die ABSGeschichte lesen muss, um das volle Ausmass zu erkennen – und wo er auch noch dabei war. Zu sehen, wie bei den anderen der Fünfer fällt, entlockt ihm jeweils ein Lächeln auf den Stockzähnen. Seit der Gründung der ABS war Günther im Verwaltungsrat, lange Zeit im Verwaltungsratsausschuss und seit dessen Schaffung im Kreditausschuss. Mit seiner profunden Kenntnis der Schweizer Immobilienszene wie der alternativen Wirtschaft, mit seinem Blick über die engen Grenzen des scheinbar Möglichen hinaus und mit seiner weiten Vernetzung war er ein tragendes Mitglied, auf dessen Einschätzungen gehört wurde. Mit Kleinigkeiten und Kleinkrämerei mochte er sich dennoch nicht aufhalten. Es ist eine lange Zeit, in der Günther Ketterer Geschicke und Erfolg der ABS mitgeprägt und beeinflusst hat. Es tönt ein wenig pathetisch und ist doch ein wenig wahr: Mit ihm geht eine ABS-Epoche zu Ende. Keiner war so lange so nah. Die drei amtierenden VR-Mitglieder, die ihm an Amtsdauer am nächsten kommen, bringen es gerade mal auf sieben Jahre. Im Namen des Verwaltungsrats und sicher auch im Namen des Aktionariats bedanke ich mich bei Günther für alles und wünsche ihm etwas Zeit für Kultur, Geselligkeit, Gastronomie und Technikspielzeuge. Und natürlich neue Projekte. Claudia Nielsen | [email protected] 21 abs-seite Neue Ethikkontrolle der ABS Die Ethikkontrolle in der ABS wird seit Januar 2005 vom Wirtschaftsethiker Ulrich Thielemann wahrgenommen. Die Zusammenarbeit mit ihm setzt die Arbeit des Ethischen Rates fort und entwickelt sie weiter. Eine kurze Bilanz. Die Geschichte in Buchform «Die Geschichte einer aussergewöhnlichen Bank: Die Alternative». Dies der Titel der 70-seitigen Geschichte der Alternativen Bank ABS, die Mario König und Aglaia Wespe recherchiert haben. Als Quellen standen das Bankarchiv in Olten und Lausanne zur Verfügung. Dieses Material wurde mit Interviews ergänzt. Mario König und Aglaia Wespe werteten auch die gesammelten Ausgaben von «moneta» aus. «Dabei haben wir festgestellt, wie sich die Schwerpunkte in ‹moneta› immer mal wieder verlagert haben.» Anfänglich habe das Magazin viel über die inneren Befindlichkeiten in der Bank berichtet, später wurde immer auch der Finanzplatz Schweiz kritisch betrachtet. Zu beziehen über [email protected] oder Tel. 062 206 16 16 22 «Der Ethik-Wettbewerb wird weiter zunehmen. Wahrhaftige Integrität wird möglicherweise ein massgebliches Unterscheidungsmerkmal zwischen Unternehmen.» Das sagt Ulrich Thielemann in einem Interview im ABS-Geschäftsbericht 2005. Thielemann ist Vizedirektor am Institut für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen. Seit 2005 ist er als externe Stelle verantwortlich für die Ethikkontrolle in der ABS. Die Ethikrevision hat sich 2005 auf die betriebliche Seite konzentriert, im Speziellen ging es um das Kreditgeschäft. Thielemann fand die Gespräche mit allen Kundenbetreuerinnen und -betreuern der Abteilung «interessant und sehr anregend». Thomas Bieri, Leiter der Kreditproduktion, offenbar auch: «Dass ein Externer kommt und Fragen stellt, war neu und für uns eine deutliche Verbesserung. Es wurden klare Aufgaben gestellt, das ging ganz an die Basis bis in die einzelnen Dossiers. Ein Gegenüber zu haben, war sehr positiv. Seine Fragen und unsere Ansichten – das war oft auch überraschend, für beide.» Tatsächlich zeigt sich auch Wirtschaftsethiker Thielemann überrascht: «Ich habe nicht erwartet, dass die innere Einstellung der Kreditnehmenden bei der Prüfung der ethischen Seite der Kreditgesuche einen überragenden Stellenwert einnimmt.» Echt überrascht habe ihn, dass ethisch fragwürdige oder unklare Fälle kaum auftauchten. Warum das so ist, wird aber schnell klar: Die ABS steht ja gerade für eine ethisch fundierte Form des Bankgeschäfts. Und so kommen von vornherein die richtigen Leute zur ABS. «Allerdings muss einem intern dennoch klar werden, wie man genau beurteilt», so Thielemann. Auch Christa Joss, ABS-Geschäftsleiterin, begrüsst die externe Ethikkontrolle: «Wir wollen Sicherheit in der Beurteilung gewinnen und Ethik im Alltag leben. Unsere Kompetenz liegt darin, dass wir uns diesen Fragen stellen, und nicht darin, dass wir sagen, was richtig ist oder falsch.» Ulrich Thielemann sieht hier eine Chance für die ABS: «Man könnte versuchen, den Horizont über die ABS-Szene hinaus zu erweitern, nicht um ethisch mehr zu tun zu haben, sondern um den Wirkkreis der ABS als ethische Bank zu erweitern. Vermutlich identifizieren sich viel mehr Leute mit den ideellen Zielen der ABS, als die Bank derzeit Kunden hat. Viel mehr.» Christine Loriol | [email protected] Ein ausführliches Gespräch mit Prof. Ulrich Thielemann zur Ethikkontrolle in der ABS finden Sie im ABS-Geschäftsbericht 2005 und auf www.abs.ch/pdfs/geschaeftsberichte/2005_Inhaltd.pdf (Interview ab Seite 4 des Geschäftsberichtes). Neue Rückzugsmöglichkeiten und Kündigungsfristen der Passivkonti Neue Rückzugsmöglichkeiten und Kündigungsfristen auf den Passivkonti bei der Alternativen Bank ABS seit 1. Mai 2006 Die Rückzugsmöglichkeiten und Kündigungsfristen der Passivkonti wurden an die veränderten Bedürfnisse unserer KundInnen und an die branchenüblichen Gegebenheiten angepasst. Konto Rückzüge Kündigungsfrist für höhere Beträge Änderung zu den bisherigen Bedingungen Kontokorrent jederzeit ganzes Guthaben keine keine Einlagekonto CHF 30 000.– pro Monat 1 Monat bisher: CHF 10 000.– pro Monat Lohn-Sparkonto CHF 30 000.– pro Monat 1 Monat bisher: CHF 10 000.– pro Monat Sparkonto CHF 20 000.– pro Monat 3 Monate bisher: CHF 30 000.– innerhalb 6 Monaten / 6 Monate Kündigungsfrist Anlagekonto CHF 20 000.– pro Monat 6 Monate bisher: CHF 10 000.– innerhalb 6 Monaten moneta #2 // 26. Juni 2006 kleinanzeigen BUCHHALTUNGEN Lohnwesen, Buchhaltungen, MwSt., Gründungen, Revisionen, Sekretariate, Steuern, Erbteilungen. Geiger Treuhand AG, Tel. 071 891 70 20, [email protected] Fidares Treuhand – Buchhaltungen, Steuern, Personaladministration, Kreditrating. Das ganze Treuhandpaket für KMU und NPO. 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Fr. 45.– Ich / Wir schalten dieses Kleininserat in moneta Fr. 30.– Fr. 35.– Fr. 50.– Name Vorname Adresse PLZ/Ort Telefon Datum Unterschrift Mit 20 Franken für die ersten zwei Zeilen sind Sie dabei. Danach 5 Franken pro Zeile. Geben Sie die Rubrik bekannt, unter der sie erscheinen sollen: ob Ferienwohnung, gesuchter Gegenstand oder Veranstaltungshinweis. Vielen Dank für Ihren Auftrag. Sie erhalten von uns ein Belegexemplar mit Rechnung oder mit der Belastungsanzeige Ihres Kontos. September 2006 November 2006 März 2007 Juni 2007 Den Rechnungsbetrag von Fr. belasten Sie bitte am Erscheinungsdatum meines / unseres Kleininserates auf meinem / unserem ABS-Konto Nr. Bitte senden Sie mir / uns eine Rechnung. Der Betrag von Fr. liegt bar bei. 23 persönlich Gewandelt – wie die Kundschaft 15 JAHRE ALTERNATIVE BANK ABS__ «Die ABS hat sich in den 15 Jahren ihrer Ge- schichte gewandelt – wie eben ihre Kundinnen und Kunden auch.» So das Fazit des Basler Historikers Mario König, der die Geschichte der Bank in einem 70-seitigen Büchlein aufgearbeitet hat. Mario König, du hast in den Akten gestöbert und Mitarbeitende interviewt. Hat sich die Alternative Bank ABS in ihrer 15-jährigen Geschichte gewandelt? bescheiden geblieben ist. Diesen Schritten gingen immer epische Diskussionen voraus. MARIO KÖNIG: Sie Sie war es mindestens lange, und es wurden immer wichtige Argumente aufgefahren. Man stürzte sich nie blindlings in neue Geschäftsfelder – das war auch gut so. Doch die Diskussionen führten auch zu enormen Spannungen. Die ersten Jahre waren kein Spaziergang. Zeitweise kam es zu einem Clinch zwischen Geschäftsleitung und Teilen des Verwaltungsrates. Diese Diskussionen und Missstimmungen kosteten viel Energie. In den Protokollen wird das kurz und sachlich abgehandelt. Wenn man die Leute aber befragt, erfährt man, dass mitunter die Fetzen flogen. Immer aber wollten alle den Fortbestand der Bank sichern – auch in den härtesten Auseinandersetzungen. Dass dies gelungen ist, ist ein Zeichen der erfolgreichen Konfliktbewältigung. hat sich tatsächlich verändert, jedoch ohne ihre ursprünglichen Ziele aufzugeben. Die ökologisch und ethisch fundierte Banktätigkeit, eingebettet in die kritische Gesellschaftspolitik, blieb immer zentral. Anfänglich ging es aber auch um Selbstverwaltung und die Stärkung der Alternativwirtschaft. Man erhoffte sich eine breite Ausstrahlung. Haben sich diese Erwartungen erfüllt? Tatsächlich haben sich manche Ideen der ABS-Gründergeneration überall ein bisschen festgesetzt – aber eben nur ein bisschen und nicht im damals erhofften Mass. Nach 15 Jahren hat sich ja aber auch die Bankklientel verändert. Das ist wohl die Stärke der ABS, dass sie den Kundinnen und Kunden immer neu die Gewissheit geben kann, dass sie die Bank ist, die man braucht. Manche Ziele der Gründungsphase wirken heute geradezu rührend. Wenn man die alten Papiere liest, ist man verwundert, zollt diesen Zielsetzungen aber noch heute Respekt. Und wie hat sich denn die Geschäftstätigkeit verlagert? Die ABS vergibt heute markant mehr Baukredite als in der Gründungszeit, nicht nur in absoluten Zahlen, sondern auch im Vergleich zur gesamten Kreditvergabe. Bio-Landwirtschaft hat an Bedeutung verloren, auch die Kulturprojekte, Seminarhäuser und selbstverwalteten Beizen sind etwas in den Hintergrund getreten. Aber Alternativenergien bleiben ein Dauerthema, ebenso die Kredite an zahlreiche gewerbliche und Dienstleistungsbetriebe. Die Bank ist insgesamt sehr viel breiter geworden. Ist die ABS die Bank der Grundsatzdiskussionen? Gibts einen Punkt, den man als «Neustart» festmachen kann? Seit Ende der Neunzigerjahre, als Geschäftsleitung und Verwaltungsrat schrittweise erneuert wurden, fährt die Bank in ruhigeren Gewässern. Diese personellen Veränderungen bedeuteten für den Bankbetrieb auch eine innere Befreiung. Reden wir vom Klima im Haus. Wie unterscheidet sich hier die ABS von konventionellen Geldinstituten? Ich kenne die Interna der konventionellen Banken zu wenig, um hier einen Vergleich anstellen zu können. Aber die bescheidene Lohnspanne und das interne Betriebsklima der ABS setzen doch ein Zeichen. Der Umgang untereinander wirkt auf mich ziemlich egalitär. Man löst Probleme anders. Und die praktizierte Gleichstellungspolitik zwischen den Geschlechtern findet sich mit Sicherheit bei keiner andern Bank. Foto: ABS MONETA: Der Basler Historiker Mario König hat – zusammen mit Aglaia Wespe – die Geschichte der Alternativen Bank ABS erforscht. Die Zeit der Improvisation ist definitiv zu Ende. Klar, man musste sich finden, wie in allen schnell wachsenden Unternehmen. Aber heute arbeitet hier ein eingespieltes Team, mit viel Bankwissen. Teils erreichte man die Professionalisierung durch Selbstqualifizierung. Inzwischen arbeiten in Olten schon viele «Langjährige». Die ABS mit Sitz in Olten hat heute Büros in Bellinzona, Genf, Lausanne und Zürich – was hat sich bei der geografischen Präsenz in den 15 Jahren verändert? Zur Gründungszeit kamen rund die Hälfte der Mitglieder des Trägerschaftsvereins aus dem Raum Zürich. Heute ist die ABS landesweit präsent. Meilensteine waren die Eröffnung der Vertretung in Lausanne und kürzlich im Tessin. Vergleichsweise schwach vertreten ist die Bank in der Ost- und in der Zentralschweiz. Die Sympathisantinnen und Sympathisanten der ABS leben nun einmal mehrheitlich in den Städten. Aber auch mit gut 20 000 Kundinnen und Kunden hat die ABS noch ein erhebliches Wachstumspotenzial. Welches Zukunftsszenario sieht der Historiker? Konkret: Welche Geschäftsfelder gibts heute, die in der Gründungsphase undenkbar waren? Auch nach aussen tritt die ABS ja deutlich anders auf als eine herkömmliche Bank . . . Zum Beispiel die Finanzierung von Einfamilienhäusern. Das war vor 15 Jahren absolut «pfui». Heute machts die ABS – allerdings nur für ökologische Bauten. Oder die Einführung der Bancomat-Karte – die Karte war damals noch des Teufels – und der Fonds, deren Bedeutung im ABS-Geschäft bis heute übrigens . . . und das kommt offensichtlich gut an. Die Kundinnen und Kunden erwarten geradezu, dass es anders tönt als von einer Grossbank. 24 Gestartet ist die ABS mit einem Mini-Team von acht Leuten – heute sind es 56 Mitarbeitende. Wie hat man dieses Wachstum bewältigt? Im Moment kämpft die Alternative Bank ABS nirgends mit grundsätzlichen Problemen. Eines aber ist klar: Bei jedem neuen Projekt werden Pro und Kontra gründlich abgewogen. Die ABS bleibt «die diskutierende Bank». Interview: René Hornung | [email protected] Weitere Infos zum Buch siehe Seite 22. moneta #2 // 26. Juni 2006