Unterwegs - Alternative Bank Schweiz

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Unterwegs - Alternative Bank Schweiz
AZB
P. P. / Journal
CH-4601 Olten
Zeitung für Geld und Geist // Nummer 2, 2008 // 26. Juni 2008
Postcode 1
Unterwegs
6 GLOBALE SPEKULATION Vagabundierende Finanzströme
10 UNERWARTETE BEGEGNUNGEN Mit den Roma unterwegs
15 WISSENSTRANSFER «Brain gain» statt «brain drain»
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moneta #2 // 26. Juni 2008
EDITORIAL
Foto: Rudolf Steiner
Foto: Jacqueline Born
einblick
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Wandernd
die Welt weiterbringen
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HAUPTTHEMA: UNTERWEGS
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FOTOS ZUM THEMA
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GLOBALE SPEKULATION
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BLEIBEN BILDET DIE AUSNAHME
10
UNERWARTETE BEGEGNUNGEN
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15
von Regula Schaffer
Vagabundierende Finanzströme
Normalfall Migration
Mit den Roma in Napoli und Calarasi
DENKANSTOSS
Wanderungen,
vor allem durch den Kopf
WISSENSTRANSFER
«Brain gain» statt «brain drain»
ABS-KREDITPORTRÄT
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«EGGWALD» AM KUNKELSPASS
Gut essen am Kunkelspass
ABS-SEITEN
18
20
20
22
Bunte Generalversammlung 2008
«…die Jahre nicht missen»
Vier Mal «Herzlichen Dank»
für eine prägende Epoche!
World Café «Geld oder Leben?»
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KLEINANZEIGEN
PERSÖNLICH
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ÖKONOMIE DER ROTEN SOCKEN
Millionenumsätze werden erwandert
Die Namen Rostetter und Fümberger im einst romanischsprachigen Val Ferrera weisen darauf hin, dass hier
Nachkommen von Einwanderern zu Hause sind. Ihre Tiroler Vorfahren waren gekommen, um in den Bergwerken
eisen-, blei- und silberhaltige Kupfererze abzubauen. 1845
gründeten 118 GlarnerInnen in Wisconsin, USA, die
Siedlung New Glarus. Die Behörden hatten ihre Auswanderung gefördert, um Fürsorgegelder zu sparen. Ein- und
Auswanderung gehören zur Schweiz wie die aus fremdländischem Kakao gewonnene Schokolade.
Wer sich mit der Geschichte der Migration beschäftigt,
wird bald feststellen, dass Wanderung der Normalfall
und Stillstand die Ausnahme ist. Ob wir es wollen oder
nicht, die Welt bewegt sich, und auf ihr bewegen sich
die Menschen. Sie machen sich auf den Weg, um weiterzukommen. Migrantinnen und Migranten leisten einen
wichtigen Beitrag zur Entwicklung. Unzählige Beispiele
dafür sind in der kürzlich erschienenen «Enzyklopädie
Migration in Europa» nachzulesen.
Diese moneta nimmt Sie mit auf viele Wege. Sie lesen
über Wissen, das hier angeeignet und dort genutzt wird.
Und es geht ums Geld, das in der Welt herumgeschickt wird,
um irgendwo kurzfristige Gewinne zu realisieren. Wir
wünschen Ihnen eine anregende Lektüre, zu Hause oder
unterwegs.
Anna Sax | [email protected]
moneta
ZEITUNG FÜR GELD UND GEIST // NUMMER 2 // 26. JUNI 2008
moneta erscheint mindestens vierteljährlich in deutscher und französischer Sprache. Geht an alle Mitglieder des HerausgeberInnen-Vereins moneta. Wiedergabe von Texten und eigenen Illustrationen nur unter
Quellenangabe und mit schriftlicher Zustimmung der Redaktion // Herausgeber HerausgeberInnen-Verein moneta // Redaktion René Hornung (Leitung), Aldo Clerici, Rico Kessler, Dominique Roten, Anna Sax,
Dominique Zimmermann // Layout und Produktion Clerici Partner, Zürich // Titelbild Regula Schaffer // Druck ROPRESS Genossenschaft, Zürich // Verlag und Redaktionsadresse moneta, Leberngasse 17, Postfach,
4601 Olten, Telefon 062 206 16 16, [email protected] // Abonnemente Jahresabonnement Fr. 20.–, Förderabonnement Fr. 50.– // Auflage dieser Ausgabe 17 100 Ex. // Beilagen und Inserate Beilagen, die nicht
von der ABS selbst oder von moneta beigelegt werden, entsprechen bezahlten Inseraten – diese Einnahmen helfen uns, die Produktionskosten der Zeitung zu reduzieren.
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moneta #2 // 26. Juni 2008
Fotos: Regula Schaffer | [email protected]
thema
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Vagabundierende Finanzströme
GLOBALE SPEKULATION__Niemand
weiss, wie viele Milliarden auf der Suche
nach dem schnellen Profit durch die Welt vagabundieren und per Knopfdruck
verschoben werden. Weil die Finanzwirtschaft aber inzwischen das Dreifache
der Realwirtschaft ausmacht, kann jede grössere Fehlspekulation verheerende,
ja weltweite Folgen haben.
plodiert ist, sind die lukrativsten Deals der
sogenannten «Private Equity»-Branche ins
Stocken geraten. Das liegt am hohen Anteil
von Bankkrediten, mit denen solche Beteiligungsgesellschaften bei Unternehmenskäufen arbeiten, um die Kapitalrendite auf 15,
20 oder mehr Prozent zu steigern.
Seit Beginn der Kreditkrise im August
2007 bekommen die Firmenjäger kaum noch
Geld für ihre Übernahmen. Den Banken fehlen schlichtweg die Mittel, um die Multimilliarden-Transaktionen zu finanzieren. Etliche
geplante Deals sind deshalb geplatzt. Das Geschäft mit den Megadeals sei zum Stillstand
gekommen, stellte im April René Biner von
Partners Group in Baar (ZG) fest, einem Vermögensverwalter im Bereich «Private Equity». Tot ist das Geschäft zwar nicht, doch es
werden deutlich kleinere Brötchen gebacken.
Zahlen aus dem heissesten Markt, den USA,
bestätigen dies. Von Januar bis März 2008
flossen bei Buyout-Geschäften noch 15 Milliarden Dollar, fast siebenmal weniger als im
ersten Quartal 2007. Damals waren es noch
100 Milliarden.
Vernichten und umschichten
Die Kreditkrise hat bislang 335 Milliarden
Dollar vernichtet, zum grossen Teil allerdings
Buchwerte, die ihrerseits durch Spekulation
so hoch hinaufgetrieben wurden. Die Verlustzahl stammt von den Banken, die diese Milliarden inzwischen abgeschrieben haben. Zugleich hat das Platzen der amerikanischen
Immobilienblase enorme Kapitalumschichtungen ausgelöst, die ein Vielfaches dieser
Fotos: Keystone AP Chinatopix, KEeystone EPA Sebastiao Moreira // Montage: c.p.a.
//__«Anleger fliehen aus den Aktienfonds»,
melden Finanzdienste, und der dramatische
Unterton ist nicht mal übertrieben. Seit Monaten ziehen die Finanzakrobaten Gelder aus
Risikoanlagen ab, schichten um, parkieren sie
in neuen Anlagevehikeln. Auch die Obligationenfonds bleiben nicht verschont. Allein
in der Schweiz wurden von Anfang 2007 bis
März 2008 über 33 Milliarden Franken aus
Aktien- und Obligationenfonds abgezogen. In
vielen Ländern ist das Bild ähnlich – das summiert sich zu Riesenbeträgen, für die anderswo nach Anlagemöglichkeiten gesucht wird
und die bei der nächstbesten Gelegenheit an
einer anderen Ecke der Welt investiert werden.
Auch die «Heuschrecken» sind nicht
mehr so gefrässig wie einst. Seit der Markt
mit den Ramschhypotheken in den USA im-
Wenn die Finanzwirtschaft nur noch Verluste einfährt, verlagert sich die Spekulation auf die Rohstoff- und Lebensmittelmärkte.
Mit verheerenden Folgen zum Beispiel beim Mais-Preis.
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moneta #2 // 26. Juni 2008
thema
Summe ausmachen dürften. Sind das 3000
Milliarden? Oder umfassen die Kapitalströme, die um den Globus wandern, eher 30 000
Milliarden, was der Wirtschaftskraft der acht
grössten Nationen, der G8, gemessen an ihrem Bruttoinlandprodukt (BIP) entspricht?
«Es gibt dazu weder Zahlen noch verlässliche
Schätzungen», sagt Andreas Missbach, Finanzmarktexperte der entwicklungspolitischen
Organisation Erklärung von Bern (EvB).
Das liegt an der Schwierigkeit, die vagabundierenden Finanzströme zu messen und
sie von den längerfristigen Investitionen abzugrenzen. Volkswirtschafter sprechen zwar
von «hot money», wenn sie kurzfristige Anlagen meinen, die rasch aus einem Land ins
andere verlagert werden können. Das sind
meist Portfolioinvestitionen, also Anlagen in
Aktien, Obligationen oder Wertpapiere, die
praktisch per Knopfdruck verkauft werden
können. Im Gegensatz dazu gehören Anteile
an Tochtergesellschaften oder andere Direktinvestitionen, die schwieriger versilbert werden können, nicht zum «heissen Kapital».
Doch das ist graue Theorie.
In China zeigte sich, dass trotz einer strikten Kontrolle der ausländischen Geldflüsse
plötzlich massenhaft «heisses Kapital» zum
Vorschein kam. Im ersten Halbjahr 2007
tauchten in den Devisenreserven des Landes
überraschend 121 Milliarden Dollar unbekannter Herkunft auf, «hot money», das vermutlich als Direktinvestition getarnt ins
Land gelangt war.
Einige 1000 Milliarden liegen brach
Deshalb lohnt sich ein Blick auf das weltweite Total aller Finanzanlagen. Es macht
167 000 Milliarden Dollar aus, das Dreieinhalbfache des weltweiten BIP, wie das
McKinsey Global Institute gemäss einer Anfang Jahr veröffentlichten Studie errechnete.
Die 167 Billionen schliessen Aktien, Bankguthaben sowie Obligationen von Unternehmen
und der öffentlichen Hand mit ein. «De facto
ist das alles Geld, das relativ rasch liquidiert
und anderswo auf der Welt investiert werden
kann», meint Elmar Altvater, emeritierter
Professor für politische Ökonomie der Freien
Universität Berlin und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des globalisierungskritischen Netzwerks Attac. «Aktuell liegen sicherlich einige 1000 Milliarden Dollar brach,
für die nach einer Anlagemöglichkeit gesucht
wird», schätzt er.
Spekulanten, die nach überdurchschnittlicher Rendite trachten, leiden derzeit unter
einem Anlagenotstand. Noch ist nicht klar,
wo die Herde der Spekulanten als Nächstes
hinrennt. Klar ist bloss, dass sich dort das alte
Spiel wiederholt. Übertreibungen sind ebenso ein Grundbaustein des Finanzsystems wie
der anschliessende Zusammenbruch. Aus
einem Markt mit steigender Tendenz wird
eine Spekulationsblase, die irgendwann platzt.
Das hat allerdings nichts mit der Qualität des
entsprechenden Anlagefelds oder Landes zu
tun. Egal ob Argentinien, Asien oder die USA,
ob Immobilien, Tulpenzwiebeln oder eine
angebliche New Economy: Es gibt keine Finanzspekulation ohne spätere Krise.
Elmar Altvater vergleicht die Situation
mit einem Schiff, das an einer langen Ankerleine liegt: «Es fährt mit Volldampf los, bis es
jäh gestoppt und bemerkt wird, dass es doch
verankert ist. Der Anker ist die Realökonomie. Verteilt werden kann nicht mehr, als das
Realwachstum der Wirtschaft mit einem oder
zwei Prozent hergibt, die Finanzspekulanten
aber erwarten 20 Prozent.»
CO2-Zertifikatshandel: Kaum Wirkung
Es gibt Anhaltspunkte, in welche Richtung
die Schiffe losbrausen. Der Handel mit CO2 Emissionszertifikaten zieht derzeit viel Kapital an, das Volumen verdoppelt sich von Jahr
zu Jahr. Die erwünschte positive Wirkung auf
die Umwelt ist allerdings ausgeblieben. Die
Obergrenze des erlaubten Ausstosses sei unter dem Druck der Wirtschaftslobbyisten viel
zu hoch angesetzt worden, bemängelte der
Entwicklungsausschuss der Vereinten Nationen und stellte «pandemic cheating» fest.
Das Marktvolumen ist bei den Zertifikaten mit rund 100 Milliarden Dollar allerdings
noch verhältnismässig klein. Deshalb tummelt sich das Geld viel lieber auf dem riesigen Erdölmarkt. Der wachsende Verbrauch
lässt die Preise ansteigen, zusätzlich treiben
die Terminkontrakte die Notierungen in die
Höhe. Die Zahl der Wetten auf den Ölpreis ist
rasant angestiegen; mittlerweile wird die
Fracht eines Tankers im Durchschnitt siebzehnmal verkauft, bis sie am Bestimmungsort angelangt ist. Nebst allen negativen Auswirkungen löst der Höhenflug hier auch
Positives aus: Er erhöht die Wettbewerbsfähigkeit alternativer Energiequellen.
Auch Brasilien gerät zunehmend in den
Fokus der Finanzgemeinde. Die Ratingagentur Standard & Poor’s erhöhte die Bonitätsstufe des Landes von Ramsch- auf Investment-Status. Damit ist es unwahrscheinlich
geworden, dass die zehntgrösste Volkswirtschaft der Welt die Schuldner nicht mehr bedient. Nun dürfen auch Pensionskassen mit
strengen Anlagerichtlinien ihre Millionen
hierher verschieben. Die brasilianische Börse
quittierte das Ereignis mit einem Kursfeuerwerk, das wohl noch eine Weile anhält. Mit
über 15 Prozent Plus im laufenden Jahr hat
der lateinamerikanische Riese, der jüngst Ölfunde meldete, die bisherigen Lieblinge unter
den Schwellenländern, China und Indien,
neuerdings überrundet. In China und Indien
sind derweil die Börsenkurse allein seit Anfang 2008 um gut 20 Prozent abgesackt.
Doch die Gunst der Investoren kann sich
irgendwann so schlagartig abwenden, wie sie
gekommen ist. Dann schlägt die Party in Ka-
terstimmung um. «Platzt eine Blase, so werden nicht nur Geldwerte vernichtet, auch
real wird viel zerstört», sagt Elmar Altvater.
Die Argentinien-Krise etwa habe das Land
weitgehend deindustrialisiert.
Hungerrevolten als Spekulationsfolgen
Doch negative Folgen lassen die Spekulanten
kalt, auch bei Grundnahrungsmitteln wie
Reis, Weizen, Mais, Soja oder Kartoffeln, in
die sie ebenfalls kräftig investieren. Hier ziehen die Preise wegen der wachsenden Nachfrage durch Agrotreibstoffe sowie steigenden
Bedarf in China nach – ein ideales Umfeld für
Zocker, um die Preisspirale weiter anzuheizen und saftige Gewinne abzuschöpfen. «Explodierende Nahrungsmittelpreise bedeuten
Hungerrevolten in vielen Ländern, aber auch
boomende Warenterminbörsen und goldene
Geschäfte», stellt Andreas Missbach von der
EvB fest. Vieles spreche dafür, dass längst die
Börse die Preise treibe.
Wenn jemand in Chicago Futures auf
Mais kauft, schlägt das indirekt auf den Preis
der Tortilla für die Normalbevölkerung in
Mexiko durch. Der Chefökonom der Organisation für Handel und Entwicklung der Vereinten Nationen (Unctad), Heiner Flassbeck,
vermutet aufgrund erhobener Daten, dass bei
den Preissteigerungen «Spekulation eine gewaltige Rolle spielt», wie er im Mai in einem
Interview sagte.
«Was nur kurzfristige Gewinne
ermöglicht, aber langfristig der
Wirtschaft und den Menschen
schadet, gehört verboten.»
Es sei kein Zufall, dass die Preisexplosion
genau dann begonnen habe, als in den USA
die Häuserpreise zu fallen begannen, meint
Flassbeck. Tatsächlich stieg die Zahl gehandelter Kontrakte an den Warenterminbörsen
in den vergangenen Monaten massiv an. Im
Mai verbot deshalb die indische Regierung
den Terminhandel in Sojaöl, Kartoffeln und
Kichererbsen für vorerst vier Monate.
Solche einschränkenden Massnahmen
sind für Professor Altvater bedenkenswert:
«Wir müssen das System der Anlagemöglichkeiten gründlich prüfen. Was nur kurzfristige
Gewinne ermöglicht, aber langfristig der
Wirtschaft und den Menschen schadet, gehört verboten.» Zum Beispiel der Emissionshandel und bei Hypotheken die Bündelung
und Neuverpackung mit einer Abspaltung
des Risikos vom Basiswert, wie sie im Subprime-Bereich zum Desaster führte.__//
Thomas Müller | [email protected]
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thema
Normalfall Migration
BLEIBEN BILDET DIE AUSNAHME__ Die
europäische Geschichte ist eine Geschichte des
Wanderns. Bauern, Söldner, Hausangestellte, Studentinnen, Handwerker,
Händlerinnen, Seeleute, Gaukler und Totengräber suchten sich – freiwillig oder
unfreiwillig seit jeher – anderswo eine neue Existenz. Für den Genfer Histo-
//__«Nein, Sie bekommen kein Foto von mir.
Bringen Sie ein Bild, das zum Thema passt,
zeigen Sie Migrantinnen und Migranten!»,
sagt der Genfer Historiker Marc Vuilleumier.
Er schrieb das Kapitel über die Schweiz in der
kürzlich erschienenen Enzyklopädie über
Migration in Europa1 . Das umfangreiche
Werk dokumentiert die Wanderbewegungen
seit dem 17. Jahrhundert kreuz und quer
durch Europa. Beim Blättern wird bald klar:
Nicht Bleiben an Ort ist der Normalfall, sondern Migration.
Auch die Schweizer Geschichte ist durchzogen von stetigem Ein- und Auswandern.
Bis 1888 und zwischen den beiden Weltkriegen wies die Schweiz einen negativen
Wanderungssaldo aus. Schweizerinnen und
Schweizer entflohen zu Zehntausenden der
Armut und suchten ihr Glück zuerst in Frankreich, Deutschland, Italien und Russland,
später hauptsächlich in Übersee. Zugleich
wanderten Flüchtlinge und ArbeitsmigrantInnen in die Schweizer Städte, wo sie es
nicht selten zu Ansehen und Wohlstand
brachten. Deutsche Professoren gab es an
den Schweizer Universitäten von Anfang an
viele, sie waren zweitweise sogar in der Mehrheit. Doch aus Deutschland reisten nicht nur
Professoren in die Schweiz, sondern vor allem sehr viele Handwerker, Arbeiter und
Dienstmädchen: 1910 betrug der Anteil der
ausländischen Bevölkerung in der Stadt Zürich 34 Prozent, in Basel 38 Prozent und in
Genf 42 Prozent. Die Mehrheit von ihnen
kam aus Deutschland und Italien.
Ob man denn angesichts dieser Geschichte überhaupt noch von der «typischen
Schweizerin», dem «typischen Schweizer»
sprechen könne, frage ich Professor Vuilleumier. «Sie meinen, ob die Schweiz so ist, wie
wir sie uns vorgestellt haben?», fragt er zurück und lacht. «Die Leute vergessen rasch,
woher sie kommen. Denken Sie an Johann
Georg Blocher.» Der Ururgrossvater des alt
Bundesrates wanderte Mitte des vorletzten
Jahrhunderts aus Württemberg ein.
Die Auswanderung wurde in der Schweiz
kaum je als Problem wahrgenommen. Die
Zürcher Obrigkeit förderte sogar im 17. Jahrhundert explizit die Abwanderung der armen
Landbevölkerung in die vom Dreissigjähri-
Foto: photocase.com
riker Marc Vuilleumier ist eine Schweiz ohne Ein- und Auswanderung undenkbar.
Unterwegs auf der Suche nach einem besseren Leben. Die Geschichte zeigt: Migration ist der Normalfall.
gen Krieg verwüsteten und entvölkerten Gebiete im Elsass und am Oberrhein, wie Matthias Asche in der Enzyklopädie schreibt. Die
prekäre Lage in der Tessiner Landwirtschaft
führte im 19. Jahrhundert zu einer von den
Behörden geförderten Massenauswanderung
vor allem junger Männer, was über lange Zeit
zu einem deutlichen Frauenüberschuss führte. Ein weiteres Müsterchen der Schweizer
Emigrationsgeschichte weiss Vuilleumier zu
erzählen: «Wussten Sie, dass auf dem Pariser
Friedhof Père Lachaise mehrheitlich ausgewanderte Walliser als Totengräber arbeiteten?»
Bei der Einwanderung sah es seit jeher anders aus. Die Einheimischen, inklusive die
vor längerer Zeit Zugewanderten, protestierten immer wieder gegen neue Gruppen von
ImmigrantInnen. Selbst die wohlhabenden
und wirtschaftlich versierten Hugenotten,
protestantische Flüchtlinge, die im 16. und
17. Jahrhundert aus Frankreich vertrieben
worden waren, sahen sich fremdenfeindlichen Reaktionen ausgesetzt. Dies, obwohl
sie den Aussenhandel und das Bankwesen in
den Städten und reformierten Kantonen entscheidend voranbrachten. Philippe Suchard,
der Schokolade-Unternehmer, und alt Bun-
desrat Adolf Ogi sind Abkömmlinge der Hugenotten. Im 19. Jahrhundert löste die wachsende Immigration aus Italien xenophobe
Reaktionen aus: 1893 in Bern und 1896 in
Zürich fanden – unter Beteiligung von deutschen Einwanderern – wüste Ausschreitungen gegen Italiener statt.
Welche Schlüsse zieht Vuilleumier aus
der bunten Schweizer Migrationsgeschichte?
«Die Integration neuer Einwanderergruppen
braucht Zeit – meistens reicht eine Generation nicht aus. Der vererbbare Bürgerort und
die Zuständigkeit der Bürgergemeinden für
Einbürgerungen sind einmalige Schweizer
Einrichtungen und bedeuten eine besondere
Hürde für die Vergabe der Staatsbürgerschaft.
Eine erleichterte Einbürgerung und politische Rechte könnten den Integrationsprozess beschleunigen.» Aber Vuilleumier sieht
auch ermutigende Zeichen: Früher wäre es
nicht denkbar gewesen, dass ein Immigrant
aus Afrika im Nationalrat sitzt.__//
1 Klaus J. Bade u.a. (Hrsg.): Enzyklopädie Migration in Europa.
Vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Lizenzausgabe für
die Schweiz: Verlag NZZ, Zürich 2007
Anna Sax | [email protected]
9
Fotos: Jacqueline Born
Unterwegs zum dritten Geschlecht:
Unerwartete Begegnungen mit den Roma
MIT DEN ROMA UNTERWEGS ZWISCHEN NAPOLI UND CALARASI__Im
Frühjahr 2006
beschliesst Jacqueline Born, nach Neapel zu gehen, um ihre neapolitanischen
Schwestern, die Feminielli, zu besuchen. Anstelle eines bereichernden
Austauschs mit Neapels drittem Geschlecht findet sie aber etwas ganz anderes: eine Freundschaft mit einer Roma-Familie, die täglich mit ganz exis-
tenziellen Fragen konfrontiert ist. Seither steht sie in einem regen Austausch
mit ihnen und besucht sie regelmässig in Neapel und Rumänien.
//__Durch eine Fernsehreportage wird Jacqueline Born auf die Feminielli aufmerksam. Als
Transgender, die sich zwischen den Geschlechtern stehend fühlt, sucht sie nach
«lebbaren Alternativen zum heteronormativen dualen Geschlechtersystem», die sie hier
in der Schweiz nicht oder nur in der QueerSubkultur findet. Die Feminielli gelten als
Neapels drittes Geschlecht. Seit über 100 Jahren sind sie Bestandteil der örtlichen Kultur,
und ihre Wurzeln lassen sich bis zum antiken griechischen Theater zurückverfolgen, in
welchem Männer die Frauenrollen spielten.
Heute arbeiten sie als Prostituierte und nehmen definierte soziale Rollen als Organisatorinnen des Tombolaspiels und religiöser
Pilgerfahrten ein. Aber die Begegnungen mit
den Feminielli auf Neapels Transenstrich sind
ernüchternd und bedrückend. Die Gespräche
gehen nicht weit über den üblichen TransenSmalltalk hinaus – «Bist du operiert?» «Welche Hormone nimmst du?»
«Das ist nicht die alternative geschlechtliche Existenzweise, die ich anzutreffen hoffte. Das ist dieselbe entwürdigende Ausbeutung transsexueller Körper wie überall.
Hoffnungslos und beelendend», stellt Jacqueline Born fest. Der Zufall wollte es, dass sie
auf einem Ausflug in die «Zitronenstadt» Sorrento mit einer Bettlerin, einer Angehörigen
10
der Roma-Gruppe der Spoitori 1 , ins Gespräch
kommt. Sie sitzt dort inmitten des Touristengewimmels in einer der engen Altstadtgassen
mit ihrem Kind auf einer Treppenstufe und
hält geduldig ihren Becher hin.
Mit ihren 19 Jahren hat Lucica bereits
zwei Kinder und ist schwanger mit dem dritten. Den dreijährigen Ältesten musste sie aus
Kostengründen in Rumänien bei einer Tante
lassen. Sie erzählt, dass sie in Neapel unter
einer Brücke wohne. Verabredet zum Nachtessen, fahren sie nach Acerra, einem Vorort
von Neapel, und gelangen von dort aus auf
einem abenteuerlichen Trampelpfad zu einer
Autobahnbrücke. Darunter ein Gewimmel
von Menschen vor einer bizarren Bretterbudenkulisse, elenden Hütten, zusammengeflickt aus den verschiedensten Materialien:
Holz, Glas, Stoff, Plastik. Auf dem staubigen
Boden, am Rand des Tunneleingangs, Schrott
und Müll. Auf einer qualmenden Feuerstelle
steht ein russgeschwärztes Fass. Es riecht
nach verbranntem Plastik. Eine Szene wie aus
einer Endzeitvision oder einem Südland.
Aber dies ist Europa 2006. Ein zehnjähriges
Mädchen umarmt Jacqueline und schmiegt
sich an ihre Beine. «Come tu sei bella!»
Lucicas Hütte ist nicht grösser als fünf
mal zwei Meter. Und nur etwa 1,70 Meter
hoch, man kann darin kaum aufrecht stehen.
In solchen Baracken wohnen jeweils vier bis
fünf Personen. Es ist sauber und aufgeräumt,
irgendwie sehr gemütlich. Die staubigen Sandalen werden vor der Hütte ausgezogen.
Zum Essen bringen sie einen kleinen Tisch
herein, bestehend aus einer Plastikobstkiste,
auf die ein Brett genagelt ist. «Das Schicksal
dieser Menschen hat mich berührt. Für mich
sind es nun nicht mehr einfach diese armen
und diebischen Zigeuner, von denen man
immer wieder in den Medien hört und liest,
sondern Menschen mit Namen und Gefühlen, Ängsten und Sehnsüchten. Ich sehe sie
als Freunde, die in Not sind.»
Unterwegs zwischen
Neapel und der Walachei
Dieses Lager wurde unterdessen geräumt, die
Polizei hat alles angezündet. Jetzt leben aber
schon wieder erste Menschen dort. Sie müssen immer wieder neue Orte finden, auch
Orte, an denen sie betteln können. Nebst der
Polizei haben sie oft zusätzlichen Ärger mit
Nachbarn, ständig sind sie am Fliehen. Wenn
man sie besuchen möchte, weiss man nie, wo
sie sein werden, in Neapel oder Calarasi.
Calarasi liegt in der Walachei, im Südosten Rumäniens. Die Geschichte der Roma ist,
plakativ gesagt, eine Aneinanderreihung von
mehr oder weniger systematischen Versuchen, sie entweder auszubeuten oder auszurotten. Die walachischen Roma wurden erst
Mitte des 19. Jahrhunderts aus der Sklaverei
entlassen. In einem Bericht des Uno-Entwicklungsprogramms UNDP 2 über die Situation der osteuropäischen Roma wurde für
diese Minderheit in Rumänien ein Human
Development Index (HDI) von 0,57 errechnet. Dies entspricht einem Entwicklungsstand vergleichbar mit Botswana, Simbabwe
oder Swasiland, während Gesamt-Rumänien
aufgrund seines HDI (0,813) zu den hochentwickelten Ländern gezählt wird. Die Diskrimoneta #2 // 26. Juni 2008
thema
Baracken im Lager Acerra, Napoli.
«Geisterhäuser» im Ghetto J21, Calarasi.
minierung der Roma auf dem Arbeitsmarkt
ist trotz halbherziger Bemühungen der Regierung immer noch aktuell. In der Not ziehen
die Spoitori in alle möglichen Länder: die
Türkei, Italien, Bulgarien, Griechenland, immer in der Hoffung, dort einen Lebensunterhalt zu finden.
Die üblichen Vorurteile gegenüber Zigeunern sieht Jacqueline kaum bestätigt. «Ich
bin immer wieder beeindruckt von der Herzlichkeit und Freundlichkeit der Leute und
dass sie trotz allem Elend so fröhlich und zuversichtlich bleiben.» Lucicas Familie arbeitet hart. Sie durchwühlen die Abfallberge Neapels nach Brauchbarem: Altmetall, Kleider,
manchmal ein alter DVD-Player oder ein
Handy, die sie auf den lokalen Märkten verkaufen. Die Tageseinnahmen betragen 5, 10
höchstens 20 Euro. In den Lagern gibt es normalerweise keinen Wasseranschluss, das Wasser wird von den Kindern in Kanistern auf alten Kinderwagen herbeigeschafft. Berge von
Wäsche werden von Hand gewaschen.
Schockierend ist aber der brutale Umgang
untereinander. Häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder ist an der Tagesordnung, und
oft ist Alkohol im Spiel. Befremdend ist auch
die Ausbeutung untereinander. Zum Beispiel
beim Geldverleih: Zu Banken haben Roma in
der Regel keinen Zugang, sie werden von den
Türstehern nicht einmal reingelassen und
können schon gar nicht offizielle Kredite aufnehmen, sie machen das privat. Einen Kleinkredit von 2000 Euro muss man innert drei
Monaten mit 500 Euro Aufschlag zurückbezahlen, das entspricht einem jährlichen Darlehenszins von 100 Prozent! Wenn einer den
Kredit nicht zurückbezahlt, wird er vom
Geldgeber, unterstützt von dessen Brüdern
und Cousins, bedroht und zusammengeschlagen. Das sind Inkassomethoden, die
sich eine Bank nicht erlauben kann.
Bald wurde klar, dass Jacquelines Geldüberweisungen ihnen zwar kurzfristig aus der
Not helfen, sie aber nicht aus dem Teufelskreis der Armut befreien. Die Frage drängte
sich auf, ob auch ein Interesse an einer nachhaltigen Zusammenarbeit besteht. So finanzierte Jacqueline ihnen eine Ape, einen kleinen dreirädrigen Lieferwagen, der auch ohne
Führerschein gefahren werden darf. Damit
können sie, im Vergleich zu den Kinderwagen, mit denen sie zu Fuss unterwegs sind,
ein Vielfaches an Ware transportieren. «Leider scheiterte das Projekt an der Realität. Neapels Müllberge sind von den vielen rumänischen Immigranten so abgegrast, dass sich
kaum noch Verwertbares findet. Neidische
Nachbarn haben dem Lieferwägelchen zuerst
den Vergaser ausgebaut, später wurde es vollständig abgefackelt.»
Die Lebensbedingungen ändern ständig
In dieser Begegnung können beide Seiten etwas lernen: «Anfänglich stresste es mich,
dass ich beim gemeinsamen Reisen nie wusste, wann es losgeht, wo wir übernachten werden und was überhaupt das Ziel ist. Inzwischen habe ich mir die Strategie der Spoitori,
die sich ständig auf die wechselnden Bedingungen, Gefahren und Möglichkeiten ihrer
Umwelt einstellen müssen, zu eigen gemacht.» Die Spoitori sagen mit fatalistischer
Gelassenheit: «Man weiss ja nicht, was sein
wird und ob man morgen überhaupt noch
lebt.» Sie nehmen die Dinge so, wie sie kommen. «Wir werden sehen» und «Gott wird es
schon richten», ist oft zu hören. Wenn
Jacqueline dort ist, ist sie ihnen ziemlich ausgeliefert und braucht viel Vertrauen. Obwohl
sie sich redlich bemüht, Romanés zu lernen,
versteht sie nur wenig von dem, was um sie
herum gesprochen wird. Zum Glück wachsen
die Kinder dreisprachig auf, und die meisten
Spoitori sprechen neben Romanés und Rumänisch auch Italienisch.
Für viele Angehörige der Spoitori-Gesellschaft, in der per definitionem Homosexualität und Transsexualität nicht existieren,
bedeutet die Begegnung mit dieser Transsexuellen eine Horizonterweiterung. Dass
sich eine «Weisse» überhaupt für sie interessiert und dass sie sich nicht davor ekelt, aus
dem gleichen Topf wie ihre Gastfamilie zu essen, ist für die Familien aus dem Lager eine
neue Erfahrung. Und nebst allen Differenzen
wie Bildung, materiellem Wohlstand und
Kultur gibt es die grundmenschlichen und
verbindenden Gemeinsamkeiten: Sorgen um
die Zukunft der Kinder, Beziehungsprobleme,
Krankheit, Schmerz, Tod. Und die Differenzen müssen nicht eine Barriere sein, sondern
«Die Roma haben wirklich gar
nichts: kein Produkt, weder Vertrauen noch Selbstvertrauen;
und keine Lobby.»
können die Begegnung bereichern. Mit den
Asymmetrien kann man sich auseinandersetzen: Als Patin des kleinsten Kindes, das inzwischen ein Jahr alt ist, möchte Jacqueline
dafür sorgen, dass es dem Kind und seiner
Mutter gut geht. Wenn das Kind und sein
grösserer Bruder später in die Schule gehen
können, ist sehr viel erreicht.
Als Mitarbeiterin von Max Havelaar ist ihr
klar: «Im Vergleich zu den Kleinbauern im
Süden, die mit ihrem eigenen Stück Land und
ihrer eigenen Produktion vom System des
fairen Handels und der Solidarität der KonsumentInnen profitieren können, haben diese
Roma wirklich gar nichts: kein Produkt, das
sie anbieten könnten, kein Vertrauen in Staat
und Gesellschaft, kein Selbstvertrauen in die
eigene Gestaltungskraft, keine Organisation
und keine Lobby, die sich für ihre Interessen
einsetzt.» Sie stehen an einem Nullpunkt, auf
den sie immer wieder zurückgeworfen werden, und mit ihnen zusammenzuarbeiten, ist
eine echte Herausforderung.__//
Foto: Jacqueline Born
1 Vom rumänischen «spoi» = verzinnen; der ehemalige Beruf
der Galvaniseure
2 United Nations Development Programme:
Avoiding the Dependency Trap (2002), http://roma.undp.sk
Neujahrsfeier im Lager Acerra, Napoli.
Dominique Zimmermann | [email protected]
11
INSERAT
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Die Alteno Contracting AG finanziert, baut
und betreibt seit über zehn Jahren eigene
Photovoltaikanlagen. Heute umfasst das Portfolio zwölf Anlagen mit einer Leistung von
403 kWp, zwei weitere Anlagen sind in Bau.
Die Anzahl Sonnenstunden pro Jahr variiert
leicht, ein fixer Stromertrag kann nicht garantiert werden. Trotzdem ist das Risiko von
Investitionen in Solarkraftwerke überschaubar, und zwar aus folgenden Gründen:
Die Alteno Contracting AG will ihre gute
Position im Wachstumsmarkt Erneuerbare
Energien ausbauen. Sechs Projekte in der
Sonnenstube Zentraleuropas – im Elsass, im
Südschwarzwald und in der Region Basel –
warten auf ihre Realisierung.
Kompetenz vor Ort: Die Alteno Contracting
AG investiert bewusst nur in Sonnenkraftwerke in der Schweiz und im grenznahen
Ausland. Die Anfahrtswege für Kontrollen
und den regelmässigen Unterhalt bleiben
kurz.
Solide Produkte: Die Garantiezeiten für die
Hardware sind ausserordentlich lang (Solarmodule 25 Jahre, Wechselrichter 20 Jahre).
Sichere Abnahme: Auch für die neuen Projekte konnten über 20 Jahre laufende Abnahmeverträge zu kostendeckenden Tarifen
abgeschlossen werden.
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Die Umsetzung dieser sechs neuen Projekte bedingt eine Kapitalerhöhung um CHF 2 Mio.
Hierfür sucht die Alteno Contracting AG
Aktionärinnen und Aktionäre, die ihr Geld
gezielt in der nachhaltigen Energieproduktion anlegen möchten.
Die Zeichnungsfrist läuft vom 18. Juni bis
10. September 2008.
Solarstrom für das Allgäu (D), Oy-Mittelberg: 30 kWp
Solarstrom für Zürich, Sulzer: 79 kWp
Kontakt: Lukas Herzog
Telefon: 061 691 02 12
[email protected]
www.altenocontracting.ch
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Die regelmässige Wartung sichert den Werterhalt
der Anlagen.
Interessierte Anleger empfangen Informationen
über Solar- und Geldanlagen aus erster Hand.
Gestaltung: Guido Köhler, layout-und-illustration.ch
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denkanstoss
Wanderungen,
vor allem durch den Kopf
Illustration: Karin Hutter, c.p.a.
//__Wanderungen? Rituale? Zelebrieren einer Haltung?
Das liebst du nicht. Und doch nimmst du manchmal an
solchen Ritualen teil.
Du liebst mehr die einsamen Wanderungen. Nicht zu
Fuss, lieber auf dem Velo, allein, über Hügel und Pässe,
schwitzend. Belästigt nur von den Töff- und Autofahrern,
belästigt von den Grölern und Hupern, belächelt oder beschimpft, «dai dai farfallo», belästigt von den Zeittotschlägern und den Gratisblatt-Informierten, «e chli hopp
Schwiiz, hopp, du dicke Cancellara». Beschäftigt mit deinen Gedanken und deinem Körper. Pläne schmieden,
Probleme wälzen, Lösungen finden, eine Flut von Gedanken, beflügelt dank besserer Durchblutung deines Hirns –
und nachher unter der Dusche: alles wieder vergessen.
Rituale in Massen. An Wochenenden. Denn am siebten Tag (auch schon am sechsten) sollst du ruhn. Warum
nicht am dritten? In Konsumtempeln, hintereinander auf
Bergwanderungen, im Strandbad. In Massen auch die
Rücksichtslosen und Selbstdarsteller. Das hehre Familienglück. Frustriert in Autokolonnen, frustriert in Wanderkolonnen, eingepfercht zwischen schwitzenden Fleischmassen in Bädern, in Warteschlangen vor Skilifts, Bergbahnen
und Beizen.
Die Um-Welt (die Welt ums Ich?) verbaut, in Massen
zertrampelt und verdreckt. Sie wird konsumiert, nach Gebrauch weggeschmissen. Wanderungen von Müllhaufen
zu Müllhaufen, Reisen nach dem zur Kloake gedüngten
Mittelmeer, nach Afrika, in die Karibik oder Südsee, möglichst weit weg, in paradiesische Landschaften, in Kürze
dem Mammon geopfert.
Linderung gäbe es möglicherweise ohne die biblische
Wochenaufteilung. Viele wehren sich gegen dieses unsittliche Ansinnen, den geheiligten Sonntag (und Samstag)
zu entweihen. Und wollen noch mehr Zeit – zum Totschlagen. Freizeit. Frei wovon?
Wandern in Massen. Zu befolgen gelernt im Militär.
Immer dem Vordermann nach. Egal wo es hingeht. Im-
mer geradeaus. Über Stock und Stein, durchs Gebüsch
und über Felder, bei Tag und bei Nacht, immer geradeaus.
Ein Rücken vor dir, eine Packung, ein baumelndes Sturmgewehr, ein schwitzender Nacken, Schweissbächlein, die
im Kragen verschwinden, aufgesaugt vom klitschnassen
Hemd. Augen zu, Deckel aufs Hirn, marschieren, Pause,
marschieren. Wenn sie sagen: Graben!, gräbst du, wenn
sie sagen: Zuschütten!, schüttest du zu. Zeit totschlagen –
es geht vorüber. Der Marsch. Die drei Wochen. Sinnlos
vergeudete Lebenszeit.
Rituale an Demos, wo auch du einst Transparente getragen, Flugblätter verteilt oder Hefte verkauft hast an
Gleichgesinnte. Marsch durch die halbleeren Strassen am
1. Mai, inzwischen ein Feiertag, weshalb bei schönem Wetter alles aus der Stadt fährt, auch die umbuhlten Proleten.
Anheulen von Fassaden, hinter denen niemand arbeitet,
aus deren Fenstern höchstens ein Abwart lugt oder die Polizei filmt. Herumstehen auf Plätzen, wo Reden gehalten
werden, abgespulte Rituale von Rednern, die von Ort zu
Ort hetzen. Manchmal gehst du auf den Festplatz, weil du
da Bekannte triffst, die du nur noch am 1. Mai siehst.
Aber an diesen Nachmittagen fühlst du dich von Jahr
zu Jahr fremder. Neben den Infoständen der reinste Familien- und Kindernachmittag. Oh, diese quirlig-lebendige
Atmosphäre! Heh!, das lebt, siehst du das nicht, das lebt,
und wie! Da wird gespielt, getollt, gestillt, geschöppelt, gewickelt, gegrillt, gefressen und gesoffen. Und beeindruckend, wie die Männer Engagement bei der Kinderaufzucht demonstrieren.
Der 1. Mai, ein Ritual, gestört seit ein paar Jahren
durch einige Jugendliche, für welche dieses ein Ventil ist,
ihre Aggressionen auszuleben. Auch ein Ritual. Dass sie
das ausgerechnet am «Tag der Arbeit» machen, ist absurd,
aber halt eine Gelegenheit. Die Medien hecheln diesen im
Voraus erhofften Krawallen hinterher, heuchelnd und
mahnend prangern sie die Gewalt an und vergessen die
Inhalte, für die die Gewerkschaftsmitglieder auf der Strasse demonstriert haben. Und freudig schlachten die politischen Gegner dies natürlich aus, weil ihnen die Gewerkschaften ein Dorn im Auge sind, vor allem jetzt, wo doch
mit Streiks eigene Interessen einigermassen durchgesetzt
werden konnten.
Du erinnerst dich an deine allererste 1.-Mai-Demonstration, damals Umzug genannt. Du bist noch ein kleiner
Knirps, andere schleppen dich mit. Man lockt dich mit
dem Versprechen, es gebe nachher für alle eine Bratwurst
und dann einen Charlie-Chaplin-Film. Du bist mitgegangen, hinter der Blaskapelle her, hinter den Leuten im
Sonntagsstaat mit den Fahnen und den Transparenten,
die du nicht verstanden hast. Dann hast du auf die Bratwurst gewartet, aber es hat keine gegeben. Und auch keinen Charlie-Chaplin-Film, sondern einen Tierfilm, ein
Kampf zwischen einem Löwen und einem Tiger, immerhin in Farbe. Du hast dann noch etwas in die Hose gemacht, weil das alles so lange gedauert hat. Ob dies das
prägende Ereignis war, dir das Wandern zu vergällen?__//
Aldo Clerici | [email protected]
13
INSERATE
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Die erste Adresse für herausragende Filme
und DVDs aus Süd und Ost
www.trigon-film.org – 056 430 12 30
1. Kongress für Integrale Politik
3. – 10. August 2008 im Bildungshaus
St. Arbogast, Götzis, Vorarlberg
Integrale Politik meint, dass die Zeit reif ist für grundlegende Änderungen die ganzheitlich alle Lebensbereiche umfassen. Der Kongress will einen gemeinsamen Erfahrungsprozess gestalten, der alle Aspekte unseres gemeinsamen
Lebens einschliesst.
Veranstalter sind dynamik5, «die Violetten» Deutschland, Integrale Politik Schweiz und andere.
Ziel ist, gleichgesinnte Organisationen an einen Tisch
zu bringen, um gemeinsam konkrete Schritte zum notwendigen Wandel zu vereinbaren und umzusetzen.
Ausführliche Informationen finden sich im Internet unter:
«http://www.integrale-politik.org».
oder Sekretariat dynamik5 3000 Bern, Tel. 031 398 80 50
14
moneta #2 // 26. Juni 2008
thema
«Brain gain» statt «brain drain»
WISSENSTRANSFER__Die
Abwanderung von Intellektuellen und WissenschafterIn-
nen aus den Entwicklungs- und Schwellenländern wird oft als «brain drain»
beklagt. Doch wenn Austausch und Zusammenarbeit institutionalisiert sind,
kann der Rücktransfer von Wissen auch zum «brain gain» werden, wie eine
//__«Die Abwanderung der Eliten aus den Entwicklungs- und Drittweltstaaten ist besorgniserregend, denn es handelt sich um eine
Flucht der Gehirne», schildert Jean-Claude
Bolay, Projektleiter der Studie über den Rücktransfer von Wissen in die Herkunftsländer
der Migrantinnen und Migranten, die Ausgangslage. Laut Zahlen der Internationalen
Arbeitsorganisation verlieren die Entwicklungs- und Schwellenländer zwischen zehn
und dreissig Prozent ihrer WissenschafterInnen durch Emigration.
Diese Abwanderung wurde bisher nur als
Problem gesehen, und viele Studien verweisen auf den Zusammenhang zwischen «brain
drain» und mangelhafter wirtschaftlicher
Entwicklung. In der Untersuchung der ETH
Lausanne ging es nun aber darum, Strategien
zur Rückgewinnung des abgewanderten Wissens zu entwickeln, den «brain drain» in einen «brain gain» umzuwandeln. Dabei – so
schildert die wissenschaftliche Mitarbeiterin
Gabriela Tejada – wollte das Projekt herausfinden, wie die EmigrantInnen mit ihrer ursprünglichen Kultur und ihrem Herkunftsland verbunden bleiben. «Die Kompetenzen
und Motivationen dieser ausgewanderten Intellektuellen haben nämlich einen hohen
Wert für das Herkunftsland, vorausgesetzt, sie
werden dort anerkannt», stellt sie fest.
Befragt wurden WissenschafterInnen aus
Kolumbien, Indien und Südafrika, die in der
Schweiz leben und arbeiten. Das Forschungsprojekt beschränkte sich bewusst auf diese
drei Länder, denn alle haben eine «dynamische wissenschaftliche Diaspora», wie Ga-
cooperation@epfl
cooperation@epfl heisst das Forschungsprojekt, das in Zusammenarbeit mit der Internationalen Arbeitsorganisation, der Universität Genf und
dem Schweizer Forum für Migrationsstudien durchgeführt wird und
aus Geldern des Netzwerks der
internationalen Universität Genf mitfinanziert wird. 73 Interviews mit
hochqualifizierten Wissenschafterinnen und Wissenschaftern wurden
ausgewertet.
briela Tejada kommentiert. Und in allen drei
Staaten gibt es bereits den «brain gain» durch
HeimkehrerInnen. Die Länder seien auch zu
Referenzstaaten geworden, weil die Zusammenarbeit institutionalisiert wurde: So begleitet das Ministry of Overseas Indians Affairs die Aktivitäten und Investitionen von
ausgewanderten Landsleuten. Das südafrikanische Netzwerk Sansa (South African Network of Skills Abroad) und ein früheres Netzwerk in Kolumbien waren Pionierleistungen.
Sie pflegen die Rückgewinnung der Ressourcen aus der Diaspora. Vor allem mit Indien
und Südafrika pflegt die Schweiz inzwischen
eine intensive wissenschaftliche Zusammenarbeit, und es existieren Kooperationsverträge.
Individuelles Engagement
Am wenigsten institutionalisiert ist die Zusammenarbeit mit Kolumbien. Hier funktioniert die Kooperation vorerst dank des individuellen Engagements einzelner WissenschafterInnen. Finanzielle Unterstützung gibt
es noch keine, doch die Vereinigung der kolumbianischen Wissenschafter in der Schweiz
(ACIS) ist zum Motor der Kooperationen in
den Bereichen Umwelt, Gesundheit und Informatik geworden. «Die Emigranten aus Kolumbien sind ein exemplarisches Beispiel dafür, die man vom Ausland aus der heimischen Wissenschaft Impulse vermitteln kann»,
sagt Gabriela Tejada. Das gelte insbesondere
für ein Land, das pro Jahr nur gerade 40 Doktortitel vergibt.
«Dass Wissenschafter sich ins Ausland begeben, liegt ein Stück weit in der Natur der
Sache», stellt Jean-Claude Bolay fest: «Die
eigenen Kenntnisse im Ausland zu ergänzen,
sich dem wissenschaftlichen Wettbewerb zu
stellen, ist für viele Hauptmotivation zur
Emigration.» Viele reisten dorthin, wo sich
eine interessante Forschungsstelle anbiete.
Intellektuelle hätten es auch leichter, ihre
Heimat für eine beschränkte Zeit zu verlassen
und wieder zurückzukommen.
In den Interviews werden mehrheitlich
positive Erfahrungen in der Schweiz geschildert, doch es gibt auch Anpassungsschwierigkeiten, denn die akademischen Einwanderer
erleben ähnliche Ausgrenzungen wie andere
Immigranten, und auch sie sind mit Vorurteilen konfrontiert. «Man zeigt mit dem Finger
auf die Ausländer, die in Schweizer Gefäng-
Foto: Guillermo Arbelaez
Studie der ETH Lausanne zeigt.
Sie leiteten das Studienprojekt über den Rücktransfer
von Wissen: Jean-Claude Bolay (rechts) und Gabriela
Tejada.
nissen stecken, aber man übersieht jene, die
in den Universitäten arbeiten», sagt in der
Studie ein Senior Consultant einer internationalen Organisation in Genf.
Wichtig sei es, die Sprache des Gastlandes
zu beherrschen, bestätigt eine aus Kolumbien
stammende Doktorandin der Universität
Bern: «Erst danach wurde ich akzeptiert.» Anderen Frauen aus Kolumbien ist aufgefallen,
dass sie in der Schweiz kaum Unterstützung
bekommen, wenn sie neben ihrem Beruf
auch noch Mutter sind. Die Schweiz, so eine
der Befragten, lebe in einem Paradox. Sehr
fortschrittlich in vielen übrigen Bereichen,
begegne man einer sehr konservativen Haltung
den Müttern gegenüber.
Mit der Studie sei es gelungen, Wege für
den erfolgreichen Austausch zwischen Immigrations- und Heimatland auszuloten, stellt
Jean-Claude Bolay im Fazit fest. Gerade im
Umweltbereich gebe es mit Kolumbien inzwischen eine systematische Zusammenarbeit. Zahlreiche Doktorate wurden in der
Schweiz mit Erfolg bestanden, und die jungen Wissenschafter hätten in ihrer Heimat
bereits viele Projekte angestossen.
«Wir haben herausgefunden, dass die kolumbianischen Wissenschafter in der Schweiz
sich nicht einfach assimilieren und dann hier
quasi in der Masse untergehen. Im Gegenteil:
Es deutet alles darauf hin, dass die transnationalen Beziehungen und Arbeiten sich ausweiten», stellt Gabriela Tejada fest. Wichtig
sei, dass Herkunfts- und Gastland diesen Austausch institutionalisieren.__//
Text: Jean-Claude Bolay und Gabriela Tejada
Bearbeitung: Redaktion moneta
[email protected] | [email protected]
15
INSERAT
Nur noch
1036 Mio.
Abos, und die
UBS
WOZ.
gehört der
Für jedes neue WOZ-Abo kaufen wir jetzt eine UBS-Aktie. Mit jedem Abo kommt die krisengeschüttelte
Bank also ein bisschen näher in unsere rettenden Hände. Sobald wir die Mehrheit haben, machen wir
aus der krisengeschüttelten Grossbank eine anständige Firma. Pläne, Hintergründe und Argumente zur Übernahme sowie das Abo dazu gibts unter www.wozkauftubs.ch
16
moneta #2 // 26. Juni 2008
kreditporträt
Gut essen am Kunkelspass
//__Lucia Koller war neben ihrem Job als Ausbildnerin für Bankensoftware viel in den
Bergen unterwegs – bis sie ein schwerer Kletterunfall ins Grübeln brachte. «Will ich so weitermachen?» – Nein, entschied sie und entsann sich des Bergrestaurants «Eggwald», an
dem sie zwischen Weihnachten 1998 und Neujahr 1999 auf einer Wanderung Richtung
Kunkelspass vorbeigekommen war. Das «Eggwald» im Weiler Kunkels auf gut 1100 Meter
über Meer war geschlossen und stand zum Verkauf. Hier oben einen neuen Anfang zu wagen,
zu leben und zu wirken, das wärs, dachte sie.
«Es war ein Wagnis, denn ich war ein
Grünschnabel in der Gastronomie», und
ausser ein paar Monaten Arbeit in einem Hotel in Australien kannte sie das Gastgewerbe
nicht. Aller Anfang ist schwer. Die Geldmittelbeschaffung war die erste Hürde. Selbst
die Bank am Ort wollte ihr keinen Kredit gewähren. Ein Berggasthaus, so abgelegen, da
winkten alle ab. Ausser die ABS. In Olten
fand man diese Frau mutig, weil sie so etwas
wagte, und gewährte ihr einen Frauen-Förderkredit. Lucia Koller ist eine jener Kreditnehmerinnen, die eher zufällig zur ABS ka-
BERGRESTAURANT «EGGWALD»__Wer
von Bad Ragaz das Taminatal aufwärts fährt
und nach dem letzten Dorf Vättis weiterwandert, überschreitet die Kantonsgrenze von St. Gallen nach Graubünden und kommt zum Weiler Kunkels,
am Fusse des gleichnamigen Passes. Hier wirtet seit zehn Jahren Lucia Koller
im Bergrestaurant «Eggwald».
men. Sie räumt denn auch freimütig ein, sie
sei einfach froh gewesen, dass sie das Geld
damals bekommen konnte.
Hart war der Anfang auch, weil das Restaurant «Eggwald» nicht eine austauschbare
Ausflugsbeiz werden sollte, sondern ein Ort,
an dem gutes Essen gepflegt wird und in dem
nicht geraucht werden darf – eine Sensation
damals, die für viele rauchende Köpfe sorgte!
Die Aufregung hat sich inzwischen gelegt,
und wie sich zeigen sollte, hat Lucia Koller
eine mutige Vorreiterrolle gespielt. Seit diesem Frühling gilt im Kanton Graubünden in
den Restaurants Rauchverbot.
Die Wirtin, welche ursprünglich aus Luzern stammt, hat sich langsam, aber stetig
eine treue Stammkundschaft aufgebaut. Seit
ihrer «Regentschaft» hat sich das «Eggwald»
deutlich gewandelt. Mit viel Liebe zum Detail wurde das Restaurant mit alten Brockenhausmöbeln eingerichtet, und das Geschirr
kommt kunterbunt und goldrandverziert aus
allen Gegenden der Schweiz. Besonders stolz
ist die Wirtin auf den eigenhändig angelegten
Steingarten. Diesen Frühling wurde gar ein
grosser Gemüse- und Salatgarten angelegt.
Himbeer-, Brombeer, Heidelbeer- und Cassisstauden vervollständigen ihr Projekt Bio-Eigenanbau. Nun wartet sie gespannt darauf,
was alles gedeihen wird, und freut sich darauf, im Sommer- und Herbst die erste Ernte
einzufahren.
Die «warme» Karte hat sie dieses Jahr reduziert auf einige wenige Speisen, die sie jeweils der Saison anpasst. Klassiker wie Bündner Gerstensuppe oder Älpler-Makkaronen
gibt es allerdings immer. Wanderer schätzen
die Bio-Bratwurst und die hausgemachten
Desserts, viele kommen extra wegen des guten Essens aus dem Unterland nach Kunkels.
«Kein Convenience-Food», lautet das Motto
von Lucia Koller.
Foto: zvg
Übernachten am Berg
Schon die Römer kamen hier durch
Der Kunkelspass war schon in römischen Zeiten Teil der wichtigen Nord-SüdVerbindung. Weil die Ebene des Rheintals oft überschwemmt und sumpfig war,
führte der Weg von Bad Ragaz Richtung Süden, durch das Taminatal bergwärts und über den 1357 Meter hohen Pass. Im Süden folgt ein steiler Abstieg
nach Reichenau-Tamins, wo Vorder- und Hinterrhein zusammenfliessen.
«Eggwald» ist ein idealer Ausgangspunkt für Bergtouren, zum Beispiel auf
den Ringelspitz, mit 3247 Meter der höchste Gipfel des Kantons St. Gallen.
Oder auf den Hausberg der Churer, den Calanda (2805 Meter). Der Kunkelspass
ist auch als anspruchsvolle Biketour ausgeschildert.
Gartenrestaurant
«Eggwald». Am
Kunkelspass wird
gut gegessen.
Im «Eggwald» kann auch übernachtet werden. Neben einem Doppelzimmer bieten
zwei Touristenlager insgesamt 40 Plätze. Besonders romantisch – und für Kinder ein
Abenteuer – sind die Übernachtungen in den
Dakotazelten. Vor allem nach den Partys
werden die Schlafplätze oft benutzt. Den halben Umsatz – so Lucia Koller – macht der Betrieb mit Feiern, Festen und Partys.
Im Sommer arbeitet die Bankfachfrau als
Wirtin voll im «Eggwald», im Winter ist das
Restaurant nur sonntags und bei gutem Wetter offen. Dann lebt und arbeitet Lucia Koller
in der Stadt, denn ohne Zusatzverdienst
käme sie – so räumt sie freimütig ein – nicht
über die Runden. Doch der Spagat zwischen
Stadt und Kunkelspass macht Spass: «Ich
würde dieses Haus jederzeit wieder übernehmen, und ich will es noch lange, lange
weiterführen.»__//
Restaurant Eggwald, Kunkels, 7315 Vättis
Tel. 081 641 11 19, www.eggwald.ch
René Hornung | [email protected]
17
abs-seite
Fotos: Rudolf Steiner
Bunte Generalversammlung 2008
Rund 200 Aktionärinnen und Aktionäre der ABS versammelten sich im Palais de Beaulieu in Lausanne: Informationen von VR und Bankleitung (links) folgten die Abstimmungen.
Vier Abschiede aus dem Verwaltungsrat, zwei Neuwahlen und Zahlen im besten Licht – so präsentierte
sich die 17. ABS-Generalversammlung in Lausanne.
Die Aktionärinnen und Aktionäre trafen sich am
Genfersee, weil es auch zu feiern gab: das Zehnjährige der Niederlassung in Lausanne.
Yvette Jaggi war vor zehn Jahren, damals als
Lausanner Stadtpräsidentin, Patin bei der
Eröffnung der ABS-Niederlassung in der Romandie. Sie blickte zu Beginn der Generalversammlung zurück auf diesen Schritt der Öffnung, der damals mitten in der Stadt öffentlich gefeiert wurde. «Alternativ», so erinnerte
sie sich, war damals noch der Begriff für Linkes. Inzwischen sei er abgenutzt. «Heute werden ganz andere ‹Alternativen› gesucht.» Anlage-Alternativen in Form von Hedge-Fonds
zum Beispiel. Hier den Begriff wieder anzutreffen, sei nicht nur amüsant. Immerhin: Die Alternative mit ihren Wurzeln in der 68er-Bewegung sei – auch als Minderheit – noch sehr
präsent. Sie bilde das Fundament der ABS. Je
weiter die Globalisierung fortschreite, desto
wichtiger werde gerade im Bankwesen die regionale und lokale Verankerung. Yvette Jaggi
gratulierte den Aktionärinnen und Aktionären, dass sie an eine andere Wirtschaftsentwicklung glaubten und diese mittragen.
heute auch wieder an. Dazu komme aber
noch die aktuelle Spekulationsspirale mit
Rohstoffen wie Öl und Grundnahrungsmitteln. Die Folgen sind Hunger und eine gravierende soziale Unrast in vielen Ländern.
2007 war auch das Thema Steuerhinterziehung in aller Munde. Deutsche Steuerzahler und liechtensteinische Banken waren in
den Schlagzeilen. Als Reaktion empfahl die
Schweizer Bankiervereinigung den Nachbarländern, die Steuern zu senken. «Nun wissen
sie auch, wieso die ABS dieser Organisation
nie beigetreten ist», lautete der kleine Seitenhieb. Die ABS habe von Anfang an von den
Kundinnen und Kunden die Erklärung verlangt, dass die bei der Bank deponierten Gelder rechtmässig erworben und ordentlich
versteuert sind.
«Wenn die Nationalbanken
den Leitzins weiter senken, um
so den Kollaps der Geschäftsbanken zu verhindern, werden
wir alle für diese Politik bald
einmal mit einer Inflation zahlen
müssen.»
VR-Präsidentin blickt zurück
In ihrem Jahresrückblick ging die zurücktretende Verwaltungsratspräsidentin Claudia
Nielsen auf die aktuelle Kreditkrise ein: «Wenn
die Nationalbanken den Leitzins weiter senken, um so den Kollaps der Geschäftsbanken
zu verhindern, werden wir alle für diese Politik bald einmal mit einer Inflation zahlen müssen», warnte sie. Das Malaise sei grundsätzlich, denn die Finanzwirtschaft kopple sich
immer stärker von der realen Wirtschaft ab.
Die Gründer der ABS, so erinnerte sie,
hätten vor zwanzig Jahren eine Alternative
gegen die damalige Immobilienspekulation
geschaffen. Diese Spekulation treffe man
18
Am Ende ihrer neunjährigen Arbeit im
Verwaltungsrat zog die zurücktretende Präsidentin Bilanz: Bei der Gründung sei die ABS
eine Provokation gewesen. Heute sei sie so
stark, dass niemand mehr über sie lache. Viele Banken schrieben sich inzwischen Nachhaltigkeit auf die Fahnen, «aber wir waren zuerst, und wir sind immer noch die Besten».
Dieses Potenzial gelte es zu nutzen, zum Beispiel durch stärkere operative Vernetzung
mit Partnerbanken im europäischen Ausland.
Und noch zwei Wünsche gab sie der Ver-
sammlung auf den Weg: Die ABS solle ihren
gesamtschweizerischen Charakter und die
Geschlechterbalance weiter ausbauen. Beides sei mit grossem Einsatz erarbeitet worden, «lasst das Erreichte nicht zerrinnen!»,
forderte sie und wurde mit langem Applaus
verabschiedet.
Ein überraschend gutes ABS-Jahr
Der Vorsitzende der Geschäftsleitung, Sven
Thali, blickte auf ein erfreuliches Jahr 2007
mit einem Bilanzwachstum von 6,6 Prozent
und einem Gewinn von 856 000 Franken
nach Steuern zurück: «Wir liegen deutlich
über dem Budget», stellte er fest. Grosses Engagement hätten alle Mitarbeitenden bei
der Einführung der neuen Software geleistet,
die nun auch E-Banking ermöglicht. Von den
6 Millionen Franken, die das kostete, wurde
schon im ersten Jahr die Hälfte abgeschrieben. Die ABS-Anlageberatung sei operativ.
Die der Bank anvertrauten Gelder wurden zu
85 Prozent reinvestiert (+ 3 Prozent im Vorjahresvergleich). Mit dieser Quote bleibe der
Bank ein Spielraum für grössere Finanzierungen, zum Beispiel im Wohnungsbereich.
Den Hauptteil der Einnahmen generiert
die ABS aus dem Zinsengeschäft (+ 17 Prozent im Vorjahresvergleich). Insgesamt nahm
der Ertrag um 14 Prozent, der Aufwand um
17 Prozent zu. Dabei sind die Personalausgaben am stärksten gewachsen. Es wurden
neun zusätzliche Stellen geschaffen, und die
Überzeit wegen der EDV-Umstellung führte zu Mehrkosten. Gleichzeitig ist aber der
Abschreibungsbedarf gesunken. Die strikte
Überwachung notleidender Positionen brachte hier Erfolge.
Im Ausblick kündigte Sven Thali unter
anderem an, dass die Bank eine Sanierungshypothek entwickeln will. Die veraltete Bausubstanz im Land berge ein enormes Potenzial für energetische und baubiologische
Sanierungen. Dazu wolle die Bank einen Beitrag leisten. Und die ABS baut auch für sich
selbst. Das 2007 erworbene Gebäude des
moneta #2 // 26. Juni 2008
Fotos: Rudolf Steiner
abs-seite
Engagierte Voten und zwangloser Austausch sind Markenzeichen jeder ABS-Generalversammlung.
ehemaligen Walter-Verlags in Olten wird
nach den strengen Kriterien umgebaut, wie
sie für KreditnehmerInnen gelten – im Herbst
2009 will die Bank umziehen.
Mitbestimmung auf guten Wegen
An der GV 2007 war die Mitbestimmungsforderung in die Diskussion gebracht worden.
Inzwischen hat die Ethikkontrollstelle die
interne Partizipation untersucht. Sie stellt
fest, dass der demokratische Geist in der ABS
tief verwurzelt sei. Eines der Verwaltungsratsmitglieder ist als Vertrauensperson des Personals gewählt. Die Mitsprache werde also gelebt, auch wenn sie nicht festgeschrieben sei.
Die Ethikkontrollstelle empfiehlt eine weitergehende Institutionalisierung.
Auch der Verwaltungsrat hat das Thema
aufgenommen, wie Olaf Weber erläuterte.
Mitbestimmung werde allerdings in einer
Bank gleichsam zum Spagat zwischen einem
stark reglementierten Unternehmen und Mitsprachezielen, «doch der gelingt», so Olaf
Weber. Man müsse aber neue Formen finden,
denn eine Bank mit über siebzig Mitarbeitenden sei nicht mehr gleich zu führen wie in
den Anfängen mit zwanzig Leuten. Der Verwaltungsrat hat folgenden Leitsatz zur Mitbestimmung verabschiedet: «Wir leben eine
institutionelle Mitbestimmung und Führungskultur, die Mitarbeitende einbezieht
und die direkte Kommunikation zwischen
Mitarbeitenden und Vorgesetzten pflegt. Dies
betrachten wir als entscheidende Grundlage,
um die gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Ziele der ABS zu erreichen.»
Der aus dem Verwaltungsrat und aus der
Bank ausscheidende Personalvertreter Raymond Plüss bedankte sich. Nach seiner letztjährigen Kritik stimme der Zwischenstand
optimistisch. – In der nachfolgenden offenen
Diskussion wurde ein radikaldemokratischer
Ansatz bei der Mitbestimmung gefordert und
es entwickelte sich ein reger Frage-und-Antwort-Dialog. «Hat die ABS ein ausreichendes
Risikopolster, falls die Konjunktur in der
Schweiz einbrechen sollte?», wollte eine Aktionärin wissen. Ja, meinte Sven Thali, denn
man kenne als reine Inlandbank seine Risiken sehr gut.
«Warum vergibt die ABS so viele Kredite an Einfamilienhausprojekte?» Gefördert
werde zur Hauptsache gemeinschaftliches
oder genossenschaftliches Bauen oder Mehrfamilienhäuser, stellte Sven Thali klar. Weitere Fragen betrafen die Personalrekrutierung,
das Engagement der ABS im Naturschutzbereich und im fairen Handel
Zum Abschluss der Generalversammlung
blickte Dominique Roten, Leiter der Lausanner ABS-Niederlassung, auf zehn erfolgreiche
«Wir leben eine institutionelle
Mitbestimmung und Führungskultur, die Mitarbeitende einbezieht und die direkte Kommunikation pflegt.»
Jahre in der Romandie zurück und zeigte am
Beispiel von alten und neuen Zeitungsschlagzeilen, wie sich in der Öffentlichkeit die Wahrnehmung der Bank verändert hat.
René Hornung | [email protected]
Klare Entscheide
Die 17. ABS-Generalversammlung stimmte allen Anträgen
des Verwaltungsrates zu und sagte Ja
– zum Jahresbericht 2007,
– zum Bericht der Ethikkontrollstelle,
– zum Revisionsbericht und
– zur Entlastung des Verwaltungsrates.
Der Bilanzgewinn von 1,54 Mio. Franken wird wie folgt verwendet:
– 200 000 Franken für die allgemeine gesetzliche Reserve,
– 100 000 Franken als Beitrag zum Innovationsfonds,
– 640 875 Franken für Ausschüttungen auf dem Aktienkapital und
– 600 688 Franken als Vortrag auf die neue Rechnung.
Verkleinerter Verwaltungsrat
Zu den bisherigen Verwaltungsratsmitgliedern Eric Nussbaumer (neu: VRPräsident), Anita Wymann (neu: VR-Vizepräsidentin), Olaf Weber, Christina
Aus der Au Heymann und Conrad Lutz wurden Caroline Schum und Rico
Kessler (Letzterer als neuer Personalvertreter) in den Verwaltungsrat gewählt.
moneta 1/2008 hat die zwei neu Gewählten bereits vorgestellt.
Der Verwaltungsrat wurde planmässig verkleinert und besteht noch aus
sieben Mitgliedern. Präsident Eric Nussbaumer erhielt von Claudia Nielsen
symbolträchtig den Bankschlüssel an einem leuchtend roten Band überreicht.
19
abs-seite
«…die Jahre nicht missen»
«Die Debatten waren uns wichtig. Es ging dabei um die Ausrichtung der Bank und wie sie
in eine tragfähige Zukunft zu führen ist. Viel
Raum nahmen auch Personalfragen ein»,
zieht die scheidende Verwaltungsratspräsidentin Claudia Nielsen Bilanz. «Wir haben
immer wieder intensiv über Sinnfragen diskutiert», so Christina von Passavant, «denn
die ABS darf nicht zu einer apolitischen, ‹netten› Bank werden. Sie muss ihre gesellschaftskritische Position behalten.» – «Dafür
haben wir uns die Zeit genommen, auch
wenn sie knapp war», doppelt Markus
Schatzmann nach. Die spannende Arbeit im
Verwaltungsrat machte allerdings nicht immer nur Spass: «Der Anteil an ‹unerotischen
Geschäften› ist recht hoch», stellt Christina
von Passavant fest, denn viele Entscheide
seien durch die sehr hohe Regulierungsdichte im Bankwesen vorgegeben.
«Professionelle Strukturen und unternehmerisches Denken innerhalb des Verwaltungsrates» waren ein wichtiges Anliegen von
Claudia Nielsen. «Am VR sollte keine grundlegende Frage vorbeiziehen», lautete einer
ihrer Grundsätze. Alle Zurücktretenden stimmen Raymond Plüss zu, wenn er in diesem
Zusammenhang sagt: «Es wird von diesem
Gremium sehr viel erwartet, das ist kein Hobby-Job, vor allem nicht, weil die Bank ihre
Geschäftsbereiche ständig ausweitet.» Inzwischen stelle sich die Frage, ob die sparsame
ABS ihren Verwaltungsrat nicht besser entschädigen sollte, immerhin werde hier professionell gearbeitet, merkt Markus Schatzmann an.
näher dran. Sie erhielt durch ihren Kontakt zu ähnlich positionierten europäischen
Schwesterinstitutionen vertieften Einblick ins
Geschäft. Markus Schatzmann war Leiter des
Kreditausschusses. In dieser Funktion hatte er
zahlreiche Kontakte mit den Mitarbeitenden.
Christina von Passavant ist es ein Anliegen, dass eine gute Zusammenarbeit zwischen den leitenden Mitarbeitenden und
dem VR gewährleistet ist. Der VR müsse zwar
kontrollieren, aber auch gestalten. Dafür
müsse man sich in einer gegenseitigen konstruktiven Kritik finden. Die vorgeschlagenen «Feierabendgespräche» sieht Raymond
Plüss als möglichen Weg. Dadurch würden
Mitarbeitende besser verstehen, welche strategischen Überlegungen hinter den Entscheiden des VR stehen.
Spannende Offenheit
«Mehr Mut zum fachlichen Streit», regt Claudia Nielsen an. So wie innerhalb des Verwaltungsrates eine offene Diskussionskultur
herrsche, sollte sie auch zwischen den Gremien entwickelt werden. Im VR sei eben direkt, offen und professionell diskutiert wor-
Nähe und Distanz
Es brauche wohl noch ein gewisses Umdenken innerhalb der Bank, denn vielen scheine
der Verwaltungsrat bloss «ein notwendiges
Organ» zu sein. Der VR-Arbeit werde keine
sehr hohe Wertschätzung entgegengebracht.
Das aber berge die Gefahr in sich, dass Feindbilder entstehen. Raymond Plüss hat dafür
eine Erklärung: «Der Verwaltungsrat ist im
Allgemeinen recht weit weg vom alltäglichen
Bankbetrieb. Die Mitarbeitenden kennen die
VR-Mitglieder oft gar nicht.» Intensivere Kontakte wären deshalb nützlich.
Diese Aussage galt und gilt allerdings
nicht immer gleich: Präsidentin Claudia Nielsen war in gewissen Phasen, etwa jener mit
reduziertem Bestand in der Geschäftsleitung,
20
den, und man habe stets ein offenes Ohr für
Wünsche und Forderungen aus der Bank gehabt, zieht Christina von Passavant Bilanz.
Markus Schatzmann wird die Nähe zum
Bankgeschäft vermissen: «Die ABS ist jedenfalls spannender als eine gewöhnliche Schweizer Bank», weiss er als gelernter Banker.
Christina von Passavant bleiben vor allem
die «unerwarteten Lernprozesse in gelegentlich überraschenden Feldern» im Gedächtnis. Die Unternehmensberaterin hat den
ABS-VR als ein intellektuell hochstehendes
Gremium erlebt. Bei Raymond Plüss hinterlässt die zwischenmenschliche Komponente
einen starken Eindruck; als Personalvertreter
im VR habe er immer beide Seiten der Medaille erlebt: strategische Diskussion im VR
und die Alltagsgeschäfte in der Bank. Claudia
Nielsen, die als freie Ökonomin und Unternehmensberaterin weiterarbeiten wird, hat
die ABS immer wieder dazu angespornt, dass
sie sich nicht auf den eigenen Lorbeeren auszuruhen begann. Rundum wurde ihr und den
anderen zurücktretenden Mitgliedern des
Verwaltungsrates dafür gedankt.
Gesprächsnotizen: René Hornung
Vier Mal «Herzlichen Dank» für eine prägende Epoche!
Foto: Rudolf Steiner
Vier Rücktritte aus dem Verwaltungsrat musste
die ABS-Generalversammlung zur Kenntnis nehmen. Präsidentin Claudia Nielsen, Christina von
Passavant, Markus Schatzmann und Raymond
Plüss trafen sich zu einer Bilanzrunde. Alle möchten sie die VR-Jahre «nicht missen».
Eric Nussbaumer,
der neue Präsident des ABS-Verwaltungsrates
Ich habe es bereits an der ABS-Generalversammlung am 16. Mai in Lausanne ausgesprochen: Mit dem Ausscheiden von Claudia
Nielsen, Raymond Plüss, Markus Schatzmann
und Christiana von Passavant geht in der jungen Geschichte der ABS eine Ära zu Ende. Die
vier Zurücktretenden haben Entscheidungen
getroffen und Entwicklungen geprägt, die für
die Bank noch auf lange Zeit hinaus Basis für
gedeihliche Entwicklung und klare Kontur
sein werden und sein sollen.
Zwei grosse Gemeinsamkeiten zeichnen
für mich die vier scheidenden KollegInnen
aus: Erstens sind alle vier markante Persönlichkeiten, die kein Blatt vor den Mund nehmen und sich mit Engagement, Witz und
Kraft für ihre Werte und Anliegen innerhalb
des Verwaltungsrates eingesetzt haben. Zweitens schöpften meine vier KollegInnen, jede und jeder im eigenen Bereich, aus solidem Wissen und breiter Erfahrung. Beides
zusammen, Engagement und Kompetenz, haben das hohe Niveau und den offenen,
direkten Stil der Diskussionen im Verwaltungsrat geprägt.
Raymond Plüss, der amtsjüngste Zurücktretende, hat als Vertreter des ABS-Personals
seit 2005 im Verwaltungsrat so gearbeitet,
wie seine KollegInnen auch sein Wirken in
der Bank beschreiben: klar, ruhig, umsichtig
– aber auch kämpferisch, wenn einmal die
Interessen des Personals dies erforderten. Ich
habe diese Art immer ausserordentlich geschätzt. Raymond Plüss zieht es nach sieben
Jahren bei der ABS beruflich weiter. Offene
Arme und Türen sind ihm sicher, wenn er
nach «Lehr- und Wanderjahren» vielleicht
wieder einmal bei der ABS hereinschaut.
moneta #2 // 26. Juni 2008
Fotos: Rudolf Steiner
abs-seite
Abschied: Der Bankschlüssel wandert von Claudia Nielsen zu Eric Nussbaumer,
kleine Geschenke und grosse Dankbarkeit gehen von der ABS an alle Zurücktretenden.
Christina von Passavant gehörte, wie Claudia Nielsen und Markus Schatzmann, dem
ABS-Verwaltungsrat seit 1999 an. Ihre Fachkompetenz als Organisationsentwicklerin, aber
auch ihre persönliche und gesellschaftspolitische Erfahrung haben dem Verwaltungsrat
enorm gedient. Die professionelle Organisation von Abläufen, die faire Bearbeitung von
Konflikten und die Weiterentwicklung der
ABS-Personalpolitik sind wertvolle Errungenschaften, auf denen die Arbeit im Verwaltungsrat weiterhin aufbauen kann. Eine «Nischenpolitikerin» war Christina von Passavant im VR dabei nie. Mit Verve prägte sie die
strategische Linie einer ABS, die nicht einfach «nett», sondern auch politisch engagiert
und jederzeit konsequent handelnd auftritt.
Genau darauf bauen wir weiter auf.
Markus Schatzmann war im Verwaltungsrat der «Bankprofi» schlechthin. Als solcher
hat er von 2001 bis zu seinem Rücktritt den
Kreditausschuss geleitet und daneben dem
VR als Vizepräsident gedient. Für mich war
Markus Schatzmann die ideale Kombination
zwischen einem offenen, direkten, liebenswürdigen Kollegen und einem erfahrenen
Fachmann, der die Zahlen im Griff hatte, ge-
nau hinschaute und erst zufrieden war, wenn
die hohen eigenen Ansprüche lückenlos erfüllt waren. Das gilt besonders auch für die
ethischen Aspekte des Kreditgeschäftes. Markus Schatzmann hat ganz wesentlich die solide wirtschaftliche Position erarbeitet, die
der ABS heute planmässige weitere Ausbauschritte ermöglicht.
Oberste Verantwortung für die Bank
schliesslich trug als Vizepräsidentin und seit
sieben Jahren als Präsidentin des Verwaltungsrates Claudia Nielsen. Sieben Jahre, das
ist weit mehr als ein Drittel der bisherigen
Lebenszeit der ABS! Das sind wohl ein gutes
Hundert Verwaltungsratssitzungen, durch
die Claudia Nielsen kompetent, professionell
und mit Blick für die wichtigen Fragen geführt hat. Die Resultate dieser Führungsarbeit
schlagen sich in einer klaren strategischen
Linie, aber auch in neuen Produkten, Dienstleistungen, ABS-Standorten und Partnerschaften nieder. Als Präsidentin (und Ökonomin) hat Claudia Nielsen hohe Ansprüche an
die Bank, an den Verwaltungsrat und immer
auch an sich selbst gestellt. Dahinter – und
das haben wir alle immer gespürt – stand ein
kraftvolles, von ganzem Herzen kommendes
«Die vier Zurücktretenden
haben Entscheidungen getroffen
und Entwicklungen geprägt.»
Engagement für die Werte der ABS. Aus dieser täglich gelebten Überzeugung heraus ist
es Claudia Nielsen auch gelungen, in zahlreichen öffentlichen Auftritten der ABS in weiten Kreisen ein klares Profil zu verleihen.
Ich danke meinen vier zurücktretenden
KollegInnen herzlich für ihre vielfältigen Leistungen, ihre Offenheit und ihr Engagement.
Ich freue mich darauf, mit den verbleibenden
und mit zwei neuen KollegInnen eine besondere, spannende, buchstäblich unternehmungslustige Bank weiter führen zu dürfen.
Meine besten Wünsche begleiten Claudia
Nielsen, Raymond Plüss, Markus Schatzmann
und Christina von Passavant auf ihren weiteren beruflichen und privaten Wegen!
Eric Nussbaumer | [email protected]
21
abs-seite
Fast hats gereicht…
Herzliche Einladung zum
Der Swiss Award for Business Ethics
ist der Wimmiser Fensterbaufirma Wenger AG verliehen worden.
Die ABS-Anlageberatung ist als
Finalistin von der Jury als sehr hochstehend eingestuft worden, aber
wegen der noch kleinen Praxiserfahrung reichte es nicht für die höchsten Weihen. Die ABS freut sich über
die Nominierung und gratuliert
der Wenger AG herzlich. Unterlagen
und Bilder zum Business Award
gibts auf www.tqm-forum.ch.
World Café «Geld oder Leben?»,
Solothurn, 6. September 2008
Ihr Wissen, Ihre Erfahrungen sind uns wichtig.
Gestalten Sie mit uns aktiv ein kleines Stück Zukunft! Der Zweck des Cafés «Geld oder Leben?»
ist klar: Wir wollen Dutzende, ja Hunderte von
konkreten Schritten als «Anstiftungen zur Weltverbesserung» formulieren, die gleich morgen
umgesetzt werden können. Die ABS wird diese
Anstiftungen wirkungsvoll verbreiten.
Bank geschlossen
Am 14. August bleibt die ABS wegen
interner Anlässe nachmittags
geschlossen. Wir danken für Ihr
Verständnis.
Auf zum Trockenmauer-Festival!
Das erste Trockenmauer-Festival der
Schweiz findet am 19./20. Juli im
Naturpark Thal auf dem Probstenberg
statt – «Stiller Has»-Konzert inklusive. Das Festival ist geeignet für
Familien; zum Mitarbeiten an
der Mauer sollten Teilnehmende allerdings mindestens 15 Jahre alt sein.
Der Festivalpass kostet 290 Franken
(Verdienende) bzw. 190 Franken
(nicht Verdienende). Am Konzert
(30 Franken) und in der Festwirtschaft sind auch Gäste willkommen,
die nicht mauern. Es besteht ein
Shuttle-Bus-Betrieb ab Post Welschenrohr. Das Festival findet
bei jeder Witterung statt. Das erste
Trockenmauer-Festival ist eine Initiative der Stiftung Umwelteinsatz
Schweiz SUS.
Weitere Informationen zum Trockenmauer-Festival 2008 und zum
Büchlein «Trockenmauern» auf
www.umwelteinsatz.ch.
Bauen & Modernisieren
Die ABS stellt an der 39. Schweizer
Baumesse für Neubau, Renovation,
Wohnen und Lifestyle die ABS-Hypothek und das ABS-ImmobilienRating® vor. Besuchen Sie uns, wir
freuen uns auf Sie.
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22
Vertieft über eine wichtige Frage nachdenken, in
entspannter Café-Atmosphäre, im Dialog mit
anderen Interessierten verschiedene Perspektiven zur Sprache bringen und Umsetzungsideen
entwickeln: Das ist das Prinzip der Methode
World Café.
Die erste World-Café-Grossveranstaltung in
der Schweiz findet in Solothurn statt. Es wird am
selben Tag zehn Cafés zu ganz unterschiedlichen
Themen geben. Erfahrene Moderatorinnen und
Moderatoren leiten die Cafés an.
Die ABS findet die Methode World Café als
neue Form zur Diskussion gesellschaftlicher Fragen vielversprechend. Uns interessiert besonders
das Spannungsfeld von Geld, Besitz, Glück und
Wohlsein, dem wir alle immer wieder neu ausgesetzt sind. Unser Café heisst deshalb:
Café «Geld oder Leben?» – eine Veranstaltung
über Haben oder Sein
Ort:
Der genaue Ort in der Stadt
Solothurn wird Ihnen im August
bekannt gegeben.
Zeiten:
Samstag, 6, September, 9.00
bis 16.00 Uhr, ab 17.00 Uhr Apéro
mit Theater und Podium für die
Teilnehmenden aller zehn World
Cafés in der Rythalle.
Kosten:
Keine; die ABS lädt die TeilnehmerInnen des Cafés «Geld oder
Leben?» zu Getränken, Mittagessen und Apéro ein.
Anmeldung: [email protected] oder 062
206 16 16 oder über die Homepage
www.worldcafe-solothurn.ch.
Dort finden Sie laufend die neusten Informationen.
Das World Café «Geld oder Leben?» ist offen für
alle Interessierten. Wir freuen uns auf Sie, Ihre
FreundInnen und Bekannten!
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23
persönlich
Millionenumsätze werden erwandert
ÖKONOMIE DER ROTEN SOCKEN__ «SchweizMobil»
heisst seit diesem Frühling die
Zusammenfassung von verschiedenen Outdoor-Freizeitvergnügen, die zentral
gebucht werden können. Was es bisher nur für Velotouren gab, kann nun
auch von Wandernden genutzt werden: Angebote, die Übernachtungen, Gepäcktransport und Informationsmaterial zum Paket schnüren. Thomas Gloor
von den Schweizer Wanderwegen zur wirtschaftlichen Bedeutung des Projekts.
moneta: Wie haben die Wandernden darauf
reagiert, dass sie im Rahmen von «SchweizMobil» nun auch zu einer Zielgruppe des organisierten Tourismus geworden sind?
Thomas Gloor: Das «Wanderland» als Teil von
«SchweizMobil» ist sehr gut aufgenommen
worden. Gelobt wurden die neuen grünen
Routennummern auf den Wegweisern. Vereinzelte Kritik gabs an der Performance der
Internetseite. Grundsätzlich aber gilt: Die
Wandernden nehmen solche Dienstleistungspakete heute gerne entgegen, und wenn
Familien Ferien machen, nutzen sie das Angebot in seiner ganzen Breite.
Werden für die neuen Routen auch neue
Wanderwege gebaut?
Nein, die ausgeschilderten Routen und buchbaren Touren basieren auf dem 62 000 Kilometer umfassenden Wanderwegnetz. Seit
75 Jahren sorgt der Dachverband Schweizer
Wanderwege dafür, dass dieses Netz landesweit funktioniert und überall die gelben Wegweiser stehen. Für den Unterhalt sind allerdings die Kantone und Gemeinden zuständig.
Der Unterhalt des Wegnetzes kostet, aber
die Wandernden generieren ja auch Umsätze
und Einkommen. Gibt es dazu Zahlen?
Es gibt Studien und Schätzungen. Als Dachorganisation Schweizer Wanderwege gehen
wir davon aus, dass rund 1,8 Millionen Wandernde im Land unterwegs sind. Es gibt allerdings auch weit höhere Schätzungen: Die
Sportartikelhändler reden von 2,7 Millionen
Leuten. Pro Wandertag und Kopf werden danach zwischen 60 und 90 Franken ausgegeben, umgerechnet 4.40 Franken pro Kilometer. Diese Umsätze sind stabil und kaum
konjunkturabhängig.
«SchweizMobil» soll diesem sanften Tourismus
nun ein deutliches Wachstum bringen – kommt
es zum Wander-Boom?
«SchweizMobil» rechnet künftig tatsächlich
mit rund einer Million Übernachtungen, die
Wandern, Velo- und Mountainbikefahren,
Skating und Kanufahren zusammen generieren, mit einem Jahresumsatz zwischen 300
und 500 Millionen Franken. Die Wandernden könnten knapp die Hälfte dieses Umsatzes bringen. Das Wachstum ergibt sich, weil
Mehrtageswanderungen immer beliebter werden. Die «Packages» bieten eine vergünstigte
Anfahrt, organisierte Übernachtungen, Gepäcktransport und Unterlagen zu den Routen;
das macht sie attraktiv.
Sind die Wachstumszahlen blosse Hoffnungen,
oder basieren sie auf Fakten?
Die Erwartungen basieren auf dem grossen
Erfolg der Via Alpina. Vor drei Jahren lanciert, hat man auf dieser Route – sie ist ein
Teil der Wanderung Triest–Monaco – in der
Schweiz den Umsatz bereits verzehnfacht.
Die drei Etappen über den Klausenpass gehören bereits heute zu den Top-5-Angeboten im
Bereich Langsamverkehr.
Foto: zvg
Thomas Gloor ist beim Dachverband Schweizer Wanderwege
Bereichsleiter Wandern und zuständig für das Magazin «Wanderland». Er entwickelt Projekte,
war für den Schweizer Teil der
Via Alpina und den Aufbau des
«Wanderlandes» im Rahmen von
«SchweizMobil» verantwortlich.
Wie erklärt sich dieser Boom?
Die Packages von «SchweizMobil» sind innerhalb von 24 Stunden buchbar. Spontane Entscheide bleiben möglich, das ist sicher ein
Teil des Erfolgs. Daneben stossen die Themenrouten oder die historischen Wege auf
immer mehr Interesse. Das ganze Ausmass
des Erfolgs können wir übrigens gar nicht
messen. Wir sehen nur jenen Anteil, der über
«SchweizMobil» gebucht wird. Wir versuchen
noch zu eruieren, wie viele Leute individuell
unterwegs sind und alles selber organisieren.
Wird wandern für den Tourismus also immer
wichtiger?
Ja, für den Sommertourismus sind Wandernde
sehr wichtig. Wir haben viele Anfragen von
Destinationen, die mit uns zusammenarbeiten möchten. Auch in den Medien wird Wandern immer präsenter. Kürzlich haben wir die
Zusammenarbeit mit der Herzstiftung lanciert – die vor allem Interesse am gesundheitlichen Aspekt des Wanderns hat. Daraus entsteht die Aktion «Wandern mit Herz».
«Wandern ist kein Hochleistungssport, sondern Entspannung und Natur geniessen.»
Wandern ist auch zu einer Outdoor-Sportart
geworden, für die es immer mehr speziell
entwickelte Kleider und Accessoires gibt.
Die Sportartikelbranche hat zuletzt Zahlen für
2001 veröffentlicht. Der gesamte OutdoorUmsatz wird dort mit 240 Millionen Franken
angegeben. Er umfasst allerdings einige Sportarten mehr als Wandern und Velofahren.
Knapp die Hälfte des Umsatzes wird danach
für Bekleidung ausgegeben, rund ein Viertel
für Schuhe. Es folgen Accessoires und Rucksäcke. Letztere bringen zehn Prozent des Gesamtumsatzes. Wenn es zur Hauptsache Wandernde sind, die die Rucksäcke kaufen, lässt
sich durchaus auf die grosse wirtschaftliche
Bedeutung des Wanderns schliessen.
Was sagen Sie zum Fazit, Wandern werde
immer mehr zum Wirtschaftsfaktor?
Sicher ist eine gewisse Ökonomisierung festzustellen, aber wer wandert, hat eine ganz
andere Grundmotivation. Es geht um «Entschleunigung» und Erholung. Wandern ist
kein Hochleistungssport, sondern Entspannung und Natur geniessen.
Interview: René Hornung
24
moneta #2 // 26. Juni 2008