Verfügbarkeit der Anlagenkomponenten Dampferzeuger und
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Verfügbarkeit der Anlagenkomponenten Dampferzeuger und
Berliner Abfallwirtschafts- und Energiekonferenz Optimierung der Abfallverbrennung Energieeffizienz, Qualitätsmanagement und Verfügbarkeit 27. und 28. Januar 2010 Verfügbarkeit der Anlagenkomponenten Dampferzeuger und Turbine und deren Einfluss auf die Rentabilität. Schwaben-ING Stuttgart GmbH Heilbronnerstraße 190 • 70191 Stuttgart Tel.: (07 11) 89 66 – 31 41 Fax: (07 11) 89 66 – 31 50 mobil (0178) 8995 685 Ansprechpartner: Durchwahl: e-mail: Herr Udo Seiler - 31 42 [email protected] Seite 1 von 30 Inhaltsverzeichnis 1.0 Einleitung ............................................................................................................................. 3 2.0 Grundlagen der Speisewasserchemie ................................................................................... 4 2.1 Flüchtige Alkalisierung .................................................................................................... 4 2.2 Feststoff-Alkalisierung mit Natronlauge (NaOH)............................................................ 4 2.3 Feststoff-Alkalisierung mit Trinatriumphosphat (Na3PO4).............................................. 5 2.4 Feststoff-Alkalisierung mit Lithiumhydroxid (LiOH) ..................................................... 5 2.5 Kombinierte Feststoff-Alkalisierung mit Überlagerung von Ammoniak (NH3) und Hydrazin (N2H4)..................................................................................................................... 5 3.0 Ursachen von Erosionskorrosion in Verdampfersystemen von NaturumlaufDampferzeugern ......................................................................................................................... 7 4.0 Vorgänge bei der Erzeugung von Sattdampf ..................................................................... 12 4.1 Vorgänge beim Sieden ................................................................................................... 12 4.2 Salze im Kesselwasser .................................................................................................. 13 4.3 Grenzschichtvorgänge in Siederohren............................................................................ 13 4.4 Verunreinigung des Dampfes bei seiner Entstehung ..................................................... 13 5.0 Aufgabe der Kesseltrommel............................................................................................... 15 5.1 Dimensionierung der Dampftrommel ............................................................................ 15 5.2 Berechnung des Dampfraum- und Wasserspiegelbelastung von Kesseltrommeln........ 16 5.3 Gestaltung der Trommeleinbauten ................................................................................. 16 5.3.1 Gestaltung der Trommelleitbleche .......................................................................... 17 5.3.2 Zusammenwirkung von Trommelleitblechen und Demistern................................. 17 5.3.3 Auslegung und Wirkungsweise des Demister........................................................ 18 5.3.4 Anzahl und Auslegung der Sattdampfentnahmestutzen.......................................... 19 5.4 Restfeuchte im Sattdampf nach der Kesseltrommel ...................................................... 20 5.5 Bestimmung der Dampf-Restfeuchte nach der Kesseltrommel ............................... 20 5.6 Dampfreinheit des HD-Dampfes.................................................................................... 21 5.6.1 Chemische Reinheit des HD-Dampfes.................................................................... 21 5.6.2 Mechanische Reinheit des HD-Dampfes ................................................................ 22 6.0 Auswirkungen auf den Dampfturbinenprozess .................................................................. 23 6.1 Erosion in Dampfturbinen durch feste Bestandteile ...................................................... 23 6.2 Ablagerungen in Dampfturbinen.................................................................................... 23 6.3 Erosion in Dampfturbinen durch flüssige Bestandteile.................................................. 25 6.4 Wirkungsgrade von Dampfturbinen............................................................................... 25 6.5 Einfluss auf die Rentabilität ........................................................................................... 25 6.5.1 Thermische Kraftwerke........................................................................................... 25 6.5.2 Müllkraftwerke........................................................................................................ 27 7.0 Resümee und Zusammenfassung ....................................................................................... 28 Seite 2 von 30 1.0 Einleitung Über die Verfügbarkeitserhöhung von Dampferzeugern und Dampfturbinen sind in der Vergangenheit zahllose Veröffentlichungen erschienen. Im Focus waren hierbei hauptsächlich Maßnahmen wie: • • • • Vorbeugende Instandhaltung Ergebnisorientierte Instandhaltung diverse Diagnosen Management-Systeme und Maßnahmen, etc. Im Rahmen dieses Vortrages wird ein ganz anderer Weg beschritten. Im Folgenden wird der Versuch unternommen die Verbindung zwischen Dampferzeuger und Dampfturbine näher zu betrachten. Hierbei werden nachfolgende Punkte näher betrachtet: • • • • • • • Speisewasser und -konditionierung Kesselwasser Verdampfungsvorgänge Flüchtigkeit von Salzen und Kieselsäure Auslegung der Dampftrommel und deren Auswirkung auf die Wasser-Dampftrennung Dampfreinheit Turbinenversalzung und der damit verbundenen Beeinträchtigung der Verfügbarkeit und wirtschaftliche Auswirkungen Aufgrund der großen Bandbreite werden hierbei lediglich Vorgänge bei NaturumlaufDampferzeugern betrachtet, die vorrangig im Bereich von Industrie- und Heizkraftwerken zum Einsatz kommen. Auf die Betriebs- und Grenzwerte von Speise- und Kesselwasser sowie die Dampfqualität wird nicht im Einzelnen eingegangen. Entsprechende Werte sind den einschlägigen Regelwerken wie TRD, EU-Normen, VGB R450L, etc. zu entnehmen. Schwerpunkt des Aufsatzes sind die Abscheidevorgänge in der Dampftrommel durch die verwendeten Einbauten, wie Abscheidebleche und Demistern, den daraus resultierenden Strömungsvorgängen und Vorgaben für die Demisterauslegung. Gerade in der Kombination dieser Auslegungskriterien ist eine Vielzahl von Modifikationen je nach Kesselhersteller mit unterschiedlichem Ergebnis zu verzeichnen. Seite 3 von 30 2.0 Grundlagen der Speisewasserchemie Wie in der Einleitung angedeutet sind die Betriebs- und Grenzwerte für Speise- und Kesselwasser sowie für die Dampfqualität in den entsprechenden Regelwerken zusammengestellt und können dort entnommen werden. Insbesondere die VGB-Richtlinie erwähnt hier neben dem Normalwert für den Dauerbetrieb (N = Normalbetriebswert) drei Action-Levels • • • AL1, langfristige Schäden sind zu erwarten AL 2, kurz- und langfristige Schäden sind zu erwarten AL 3, unmittelbare Schäden sind zu erwarten, die für die Betriebsführung bei nicht bestimmungsgemäßem Betrieb und bei Störungen von Wichtigkeit sein dürften. Gemäß den oben erwähnten Regelwerken sind unterschiedliche Möglichkeiten der Speise- und Kesselwasserkonditionierung gegeben. Unter einer Konditionierung von Speise- und Kesselwassers ist die Zugabe von Chemikalien zu verstehen, die benötigt werden, um die für den jeweiligen Dampferzeugertyp spezifizierten Speisewasserparameter einzustellen. Eine Bewertung der Konditionierung ist den Regelwerken nicht zu entnehmen. Eine besondere Bedeutung besitzen somit die Angaben des Herstellers des Dampferzeugers, z. B. in den Betriebsvorschriften, da der Hersteller für die Garantie aufzukommen hat. Da eine Vielzahl von Schadensfällen, verursacht durch nicht angepasste Speisewasserchemie und Konditionierung gepaart mit ungenügender Phasentrennung in der Dampftrommel, erst nach Ende der Garantiezeit auftritt, können nachfolgende Überlegungen hilfreich sein. 2.1 Flüchtige Alkalisierung Bei der Konditionierung mit Ammoniak (NH3), auch als AVT-Fahrweise ( all volantile treatment) bekannt, lässt sich, insbesondere bei höheren Kesseldrücken und Wärmestromdichten nicht der erforderliche pH-Wert im Kesselwasser einstellen. Zahlreiche Schadensfälle durch Erosionskorrosion in Verdampfern sind aus der Praxis bekannt, die durch nachträgliche Umstellung auf Feststoffalkalisierung zu beheben waren. Einzelheiten zur Erosionskorrosion sind im Kapitel 3.0 beschrieben. 2.2 Feststoff-Alkalisierung mit Natronlauge (NaOH) Durch eine Alkalisierung des Speise- bzw. Kesselwassers mit Natronlauge (NaOH) lassen sich für alle Kesseldrücke ausreichend hohe Schutz-pH-Werte einstellen. Bei fehlerhafter Zugabe (Überdosierung) und Aufkonzentration von NaOH in Spalten, Rissen und sonstigen Fehlstellen im Kessel kann es zur Spannungsrisskorrosion kommen. Seite 4 von 30 2.3 Feststoff-Alkalisierung mit Trinatriumphosphat (Na3PO4) Mit Trinatriumphosphat (Na3PO4) lassen sich analog zur Natronlauge ausreichend hohe Schutz-pH-Werte einstellen. Obwohl Trinatriumphosphat in wässriger Lösung ebenfalls zu Na+- und OH--Ionen hydrolisiert, sind Schadensfälle durch Spannungsrisskorrosion nicht bekannt. Bis heute ist dieses Phänomen bei Wasserchemikern in der Diskussion. Als mögliche Ursache wird eine Passivierung bzw. Phosphatierung von Rissen und Fehlstellen genannt. Nachteilig bei hohen pH-Werten ist das Auftreten einer Schaumentwicklung in der Dampftrommel, die zu einem Durchschlagen von Kesselwasser in den Überhitzer führen kann. Aus diesem Grund sehen die Regelwerke eine Obergrenze in der Konzentration von Trinatriumphosphat vor. 2.4 Feststoff-Alkalisierung mit Lithiumhydroxid (LiOH) Lithiumhydroxid (LiOH) hat bis heute keinen Einzug in die Regelwerke gefunden, obwohl die positiven Wirkmechanismen bereits erstmalig schon in den 70-er Jahren veröffentlicht wurden. LiOH wird vereinzelt in Industrie- und Heizkraftwerken mit positivem Ergebnis eingesetzt. Schadensfälle aus diesen Anlagen, die auf den Einsatz von LiOH zurückzuführen sind, sind nicht bekannt. 2.5 Kombinierte Feststoff-Alkalisierung mit Überlagerung von Ammoniak (NH3) und Hydrazin (N2H4) Ebenfalls gute Betriebsergebnisse sind bei der Anwendung der kombinierten FeststoffAlkalisierung aus Natronlauge und Trinatriumphosphat zu verzeichnen. Beide Stoffe können gemeinsam in einem Ansetzbehälter und dann mit einer gemeinsamen Dosierpumpe z. B. in die Dampftrommel, deren Zuführungsleitungen, in einen der unteren Seitenwandsammler des Verdampfers oder vor dem ECO dosiert werden. Zur Anhebung des pH-Wertes im Kondensatkreislauf hat sich eine Pufferung des Kondensats mit NH3 bewährt. Bei einer Berohrung des Turbinenkondensators mit Rohren aus Kupfer oder Kupferlegierungen, wie z. B. Messing sind die maximalen NH3-Konzentrationen im Kondensat zu beachten. Hydrazin wurde in der Vergangenheit in starkem Umfang als Sauerstoffbindemittel eingesetzt. Diese Art der chemischen Sauerstoffbindung kann jedoch wesentlich einfacher und wirtschaftlicher durch eine optimierte thermische Entgasung, wie. z. B. Aufkochen der Speisewasserbehälterfüllung erreicht werden. Hydrazin wird heute als cancerogen eingestuft, kann aber bei Anwendung der entsprechenden Sicherheitsauflagen auch in Deutschland eingesetzt werden. Ausgenommen sind Anlagen in der Lebensmittelindustrie, Pharmazie und Dampf zur Raumklimatisierung. Hydrazin als kleinstes Molekül in der Amin-Kette hat jedoch nachweislich einen positiven Einfluss auf die Magnetit-Schutzschicht-Bildung. Es unterstützt eine feinkörnige, dünne und Seite 5 von 30 festhaftende Schutzschichtbildung. Umgekehrt ist bei der Absetzung von Hydrazin eine Veränderung der Schutzschicht beobachtet worden, bei gleichzeitigem Anfall von vagabundierendem Magnetit im Verdampfersystem. LevoxinR ist ein Markenname von Hydrazin. LevoxinR entfaltet bei gleichzeitiger Verwendung von katalytischen Substanzen seine Wirkung auch schon bei niedrigen Temperaturen. Im Bereich der alternativen Speisewasserchemie werden ebenfalls Amine, Amingemische mit entsprechenden Lösungsvermittlern, etc. eingesetzt. Auch bei diesen Wasserchemikalien ist ein positiver Einfluss auf die Magnetit-Schutzschicht zu verzeichnen. Bei der Verwendung von nicht geeigneten Lösungsvermittlern können jedoch organische Säuren entstehen, die in der Praxis zu einer Vielzahl von Schäden geführt haben. Seite 6 von 30 3.0 Ursachen von Erosionskorrosion in Verdampfersystemen von Naturumlauf-Dampferzeugern Über die Ursachen und Zusammenhänge von Erosionskorrosion in wässriger Lösung sind u. a. experimentelle Untersuchungen durch SIEMENS durchgeführt worden [10]. Wie dem Abbildung 3-1 zu entnehmen ist, hat ein ausreichend hoher Schutz-pH-Wert einen signifikanten Einfluss auf den Materialabtrag. spez. Materialabtrag µg/cm² 1.000,0 100,0 10,0 p = 40 bar T = 180 °C w = 39 m/s g < 5 µg/kg t = 200 - 400 h 1,0 0,1 6 7 8 9 10 pH-Wert Abbildung 3-1 Einfluss des pH-Wertes auf den Materialabtrag durch Erosionskorrosion in Wasserströmungen [nach 10] Bei „reiner“ ATV-Fahrweise mit NH3 lassen sich bei höheren Kesseldrücken und Wärmestromdichten die erforderlichen pH-Werte nicht einstellen. Deshalb sollte z. B. eine kombinierte Feststoffalkalisierung, z. B. wie unter Kap. 2.5 beschrieben, d. h. NaOH/Na3PO4 überlagert mit NH3 und N2H4 zugrunde gelegt werden. Seite 7 von 30 Der Einfluss der Strömungsgeschwindigkeit ist in Abbildung 3-2 und der Formfaktoren, z. B. von Rohrbögen ist in Abbildung 3-3 dargestellt. Diese experimentell gewonnenen Erkenntnisse wurden im großtechnischen Maßstab an realistischen Anlagen bestätigt und so die Richtigkeit der Erkenntnisse unterstreicht. spez. Materialabtrag µg/cm² 1.000,0 100,0 p = 40 bar T = 180 °C pH = 7 g < 5 µg/kg t = 200 h 10,0 0 10 20 30 40 50 60 Strömungsgeschwindigkeit w [m/s] Abbildung 3-2 Einfluss der Strömungsgeschwindigkeit auf den Materialabtrag durch Erosionskorrosion in Wasserströmungen [nach 10] Seite 8 von 30 Platten- Krümmer kanal spez. Materialabtrag Rohr µg/cm² 1.000,0 100,0 p = 40 bar T = 180 °C w = 20 m/s pH = 7 g < 5 µg/kg t = 200 - 500h 15Mo3 10,0 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 Geometriefaktor Kc Abbildung 3-3 Einfluss der Geometrie auf den Materialabtrag durch Erosionskorrosion in Wasserströmungen [nach 10] Unter Beachtung dieser experimentell gewonnenen Erkenntnisse und einer entsprechenden Auslegung der Parameter ist eine positive Beeinflussung des Materialabtrages durch Erosionskorrosion gegeben. In der Abbildung 3-4 ist ersichtlich, dass stark exponierte Bauteile wie z. B. Bögen, Krümmer, T-Stücke, etc. aus Gründen des Erosionsschutzes in höher legiertem Material, als aus Sicht der Warmfestigkeit erforderlich, ausgeführt werden sollten. Positiv für die Lebensdauer und damit für eine höhere Verfügbarkeit wirkt sich beispielsweise für hoch belastete Bauteile der Wechsel vom Werkstoff St 35.8 auf die Materialgüte 13CrMo44, o. ä. aus. Seite 9 von 30 spez. Materialabtrag µg/cm² 1.000,0 100,0 10,0 p = 40 bar T = 180 °C w = 20 m/s pH = 7 g < 5 µg/kg t = 200 - 500h Plattenproben 1,0 0,1 0 5 10 15 (Cr + Mo)-Gehalt h Abbildung 3-4 Einfluss des Chrom- und Molybdän auf den Materialabtrag durch Erosionskorrosion in Wasserströmungen [nach 10] Die Auswirkung des Kesseldrucks und damit der Siedewassertemperatur ist in Abbildung 3-5 dargestellt. Der Zenit und damit der Punkt mit dem maximalen Materialabtrag liegt gemäß dieser Bedingungen bei 150°C. Der linke Grenzkurvenbereich gilt vorrangig für Niederdruck - und Mitteldruck-Vorwärmer, welche auf Grund unzureichender Magnetit-Schutzschicht z. T. unter erheblichem Materialabtrag leiden. Bei höheren Kesseldrücken und Temperaturen, die dem rechten Grenzkurvenbereich entsprechen, setzt gemäß der Schikorr-Reaktion eine zunehmend stabile Ausbildung der Schutzschicht auf Magnetit-Basis ein, die dem Materialabtrag durch Erosionskorrosion entgegen wirkt. Auf der Rohrwand bildet sich eine Schutzschicht aus Magnetit, welche dicht und fest haftend ist, ohne nennenswerte Unregelmäßigkeiten und Risse zu zeigen. 3 Fe(OH)2 Fe3O4 + 2 H2O + H2 Schikorr-Reaktion Seite 10 von 30 spez. Materialabtrag µg/cm² 1.000,0 100,0 10,0 1,0 0,1 0 50 100 150 200 250 p = 40 bar w = 35 m/s pH = 7 g < 40 µg/kg t = 200 h Wassertemperatur T [°C] Abbildung 3-5 Einfluss der Temperatur auf den Materialabtrag durch Erosionskorrosion in Wasserströmungen [nach 10] Seite 11 von 30 4.0 Vorgänge bei der Erzeugung von Sattdampf Der Verdampfungsvorgang in Siederohren von Umlaufkesseln ist in seiner physikalischen Exaktheit ein äußerst komplexer Vorgang. Es werden somit nur Vorgänge erörtert, die für eine allgemeine Betrachtung erforderlich sind. 4.1 Vorgänge beim Sieden Der Verdampfungsvorgang auf der Innenseite von Siederohren beginnt bei einer ausreichend hohen Wandtemperatur, bevorzugt an Dampfbildungskeimen der inneren MagnetitSchutzschicht. Mit steigender Wärmestromdichte wird die Anzahl der Blasenbildungskeime größer, wobei auch weniger geeignete Bildungskeime zur Blasenbildung beitragen. In der Umgebung des Dampfkeimes, wo keine Dampfbildung stattfindet, gibt die Heizfläche ihre Wärme an das Wasser ab. Aufgrund der Oberflächenspannung der Dampfblasen kommt es somit zu einer lokalen Überhitzung des Wassers. Nach Ausbildung der Dampfblase verdampft das benachbarte überhitzte Wasser in die Dampfblase hinein und ihr Durchmesser nimmt hierdurch rasch zu. Die Vergrößerung der Dampfblase dauert so lange, bis sie durch den Auftrieb von der Wand weggerissen wird. Durch die Voreil-Geschwindigkeit der Dampfblasen und dem Dichteunterschied des Wassers und Wasser-Dampfes-Gemisches zwischen Fall- und Steigrohr (Siederohr) stellt der sich für Umlaufkessel typische Wasserumlauf ein. Die Umlaufzahl hängt vom hydraulischen Widerstand des Verdampfersystems sowie dem Dampfanteil in den einzelnen Siederohren ab. D. h. die Umlaufzahl eines Verdampfers ist keine einheitliche Zahl, sondern ist von der Bauform, Kessellast und -druck, Wärmestromdichte und dynamischen Zähigkeit des Kesselwassers, etc. abhängig. Die Umlaufzahl kann sich in einem weiten Bereich, z. B. 6- bis 30-fach bewegen und ist für jedes Siederohr unterschiedlich. Bei einer weiteren Steigerung der Wärmestromdichte bzw. Störung im Wasserumlauf vereinigen sich die Dampfblasen zu einem geschlossenen Film. Man spricht dann von einer Filmverdampfung, die eine deutliche Erhöhung der Rohrwandtemperatur und in der Regel einen Rohrschaden zur Folge hat. Die kritische Wärmestromdichte ist druckabhängig und erreicht bei 80 bis 90 bar ihr Maximum. Seite 12 von 30 4.2 Salze im Kesselwasser Der Salzgehalt des Kesselwassers hängt vom Salzgehalt des Speisewassers und der Eindickungszahl ab. Gemäß den einschlägigen Regelwerken, wie z. B. TRD-611/VGB-RL450L, etc. können in Abhängigkeit der Speisewasserkonditionierung und des Kesseldruckes unterschiedliche Säureleitfähigkeiten im Kesselwasser eingestellt werden. Da bei der Feststoff-Alkalisierung höhere Eindickungen gefahren werden können als bei einer flüchtigen Alkalisierung mit NH3, kommt einer effizienten Phasentrennung in der Dampftrommel eine besondere Bedeutung zu. Aufgrund der höheren Eindickung kann die Entsalzungsmenge entsprechend klein gehalten werden und wird vielfach schon über die Probenahmekühler abgeführt. 4.3 Grenzschichtvorgänge in Siederohren Nach theoretischen Betrachtungen liegt in der Grenzschicht zur Rohrwandung aufgrund des höheren Salzgehaltes und Dampfblasenbildung eine lokale Überhitzung des Kesselwassers vor. Die Siedepunktserhöhung ist nach dieser Betrachtung umso größer, je höher der Salzgehalt des Kesselwassers ist. Durch die Auflösung von Salzen wird der Dampfdruck im Kesselwasser gesenkt, so dass für die Verdampfung der Lösung eine höhere Temperatur vorliegen muss. Die Anhäufung von Salzen in der Grenzschicht kann man bei Zustandsänderungen des Dampferzeugers beobachten. D. h. bei Lastzunahme steigt der Salzgehalt in der Grenzschicht und bei Lastabsenkung erniedrigt sich dieser wieder, was sich in einer Konzentrationsänderung des Kesselwassers meßtechnisch bemerkbar macht. Diese Wanderung von Salzen zwischen Grenzschicht und Kesselwasser in Abhängigkeit von der Last wird auch als „hide-out-effect“ bezeichnet. Überlagerte radiale Bewegungen des Kesselwassers aufgrund des Verdampfungsvorganges verstärken den Austausch von Salzen zur Grenzschicht. Es findet somit eine Anreicherung von Salzen in der Grenzschicht in fester Form statt, deren Löslichkeit bei der vorhandenen Temperatur überschritten werden kann. 4.4 Verunreinigung des Dampfes bei seiner Entstehung Der Salzgehalt im Sattdampf nach der Dampftrommel hängt primär von der Restfeuchte und dem Salzgehalt des Kesselwassers ab. Hinzu kommen in geringen Maßen Salze, die bei der Entstehung des Sattdampfes in den Siederohren durch Zerstäubung in der Grenzschicht flüchtig werden. Die Eindickung des Trommelinhaltes und der daraus resultierende Salzgehalt des Kesselwassers, der Kesseldruck, die Art des Salzes, etc. spielen hierbei eine dominierende Rolle. Maßgeblich wirkt sich dabei die Anreicherung von Salzen in der Grenzschicht aus. Es entstehen mikroskopisch feinste Salzteilchen, die mit den Dampfblasen ausgetragen werden. Hierbei unterliegt die Kieselsäure (SiO2) einem ähnlichen Zerstäubungs- und Dampfflüchtigkeitsmechanismus. Der Verteilungskoeffizient k von Kieselsäure im Dampf zu der im Kesselwasser ist sehr stark vom Kesseldruck abhängig. So ist beispielsweise der Seite 13 von 30 Verteilungsfaktor für Kieselsäure in der Dampfphase bei einem Kesseldruck von 200 bar ca. 10-fach höher als bei einem Kesseldruck von 100 bar (siehe auch Abbildung 4-1). Verteilungskoeffizien k 0,1000 0,0100 0,0010 0,0001 40 60 80 100 120 140 160 180 200 Druck [bar] Abbildung 4-1 Einfluss des Drucks auf den Verteilungskoeffizient k von SiO2 [nach 4] Der Verteilungskoeffizient k bildet sich aus dem Verhältnis zwischen SiO2 im Dampf und Kesselwasser [4]. k= SiO2,Dampfphase SiO2, Kesselwasser k … Verteilungskoeffizient Umlaufkessel mit hohem Druck sollten daher mit möglichst reinem Speisewasser und geringen SiO2-Werten gefahren werden. Neben dem Druck hängt die Dampfflüchtigkeit von Kieselsäure auch vom pH-Wert des Kesselwassers ab. Eine Erhöhung des pH-Wertes des Kesselwassers verringert die Dampfflüchtigkeit der Kieselsäure. Somit hat ein ausreichend hoher pH-Wert im Kesselwasser einen positiven Einfluss auf die Erosionskorrosion im Verdampfer und eine geringere Dampfflüchtigkeit von Salzen und Kieselsäure. Diese erforderlichen hohen pH-Werte im Kesselwasser sind mit Ammoniak nicht sicher zu erreichen (s. Abbildung 3-1). Eine kombinierte Feststoff-Alkalisierung mit einem Gemisch von Natronlauge und Trinatriumphosphat sollte aus diesem Gesichtspunkten der Vorzug gegeben werden. Seite 14 von 30 5.0 Aufgabe der Kesseltrommel Der Kesseltrommel eines Naturumlaufkessels kommen mannigfache verfahrenstechnische Aufgaben zu, die nur durch spezielle konstruktive Vorkehrungen eingehalten werden können. Neben dem Vorgang der Phasentrennung zwischen siedendem Kesselwasser und dem dabei entstehenden Sattdampf dient die Kesseltrommel als Druckspeicher und zur Kesselwasserbevorratung. In der Kesseltrommel binden diverse Rohrleitungssysteme, wie Economiser, Fall-, Steig- und Überströmrohre, Sattdampfentnahmerohre, Trommelsicherheitsventil, Impuls- und Messleitungen, sowie Leitungen für die Abschlämmung und der Trommelnotablass, etc., ein. 5.1 Dimensionierung der Dampftrommel Grundlegend ist bei der Dampftrommel die Festlegung des Trommeldurchmessers und der Trommellänge. Insbesondere für kleinere Dampferzeuger sollte der Trommeldurchmesser ausreichend groß bemessen sein, damit die erforderlichen Einbauten, wie Verteilsysteme, Leitbleche, Demister, etc eingebracht und, wenn erforderlich, verschweißt werden können. Bei geringen Durchmessern ist ein Zugang stark erschwert, so dass die Einbauten nur mit großen Mühen eingebracht und montiert werden können. Bei einer ausreichenden Dimensionierung können sowohl die Befahrung zu Inspektions- Wartungs- oder Reparaturzwecken als auch im Falle eines Unfalls die Bergung des in der Trommel Verunglückten leichter durchgeführt werden. Hier sollte für jeden Kessel eine entsprechende Optimierung erfolgen. Mit zunehmendem Durchmesser nimmt jedoch gemäß der Kesselformel die Wandstärke der Trommel zu. Diese Erhöhung der Wandstärke und die damit verbundene größere Masse an Stahl erhöht die direkten Kosten der Trommel und beeinflusst zusätzlich den Anfahr- und Lastgradienten negativ, so dass der Kessel ein schlechteres Regelverhalten aufweist. Die Verwendung hochfester Feinkornbaustähle, wie z. B. WB36 (15NiCuMoNb5) anstelle 17Mn4 oder 19Mn6 erlaubt gemäß deren Festigkeitswerte eine Reduzierung der Trommelwandstärke. Das Schweißen dieser Feinkornbaustähle erfordert aber eine sorgfältige Handhabung, wie ausreichende Vorwärmung, zugluftfreie Arbeitsplätze, Spannungsarmglühen, etc. Diese Vorwärmung ist selbstverständlich auch für das Einbringen der Trommeleinbauten, wie Demisterhalterungen, Leitbleche, etc. erforderlich. Es ist sinnvoll dieser Einbauteile vor dem Schließen des zylindrischen Trommelteils mit den Klöpperböden bei entsprechender Vorwärmung einzubringen. Nach Abschluss der Arbeiten ist die Trommel dann spannungsarm zu glühen. Einem Schweißer ist es nicht zuzumuten in eine auf 150 bis 200°C vorgewärmte Trommel einzusteigen. Im Umkehrschluss ist davon auszugehen, dass die scheinbar untergeordneten Schweißverbindungen bei nicht ausreichender Vorwärmung eingebracht werden, was zahlreiche Schadensfälle belegen. Seite 15 von 30 Die Länge der Dampftrommel entspricht in der Regel der Kesselbreite, wodurch die Steig-, Fall-, Überströmrohre und sonstigen Ein- und Anbauten problemlos einzubinden sind. Es ist somit sinnvoll eine Dampftrommel im Durchmesser und der Länge ausreichend zu bemessen. Ebenso sollte eine Dampftrommel mit zwei Mannlöchern und Einsteighilfen ausgerüstet sein. 5.2 Berechnung des Dampfraum- und Wasserspiegelbelastung von Kesseltrommeln Die Berechnung der Dampfraum- und Wasserspiegelbelastung sollte nach der FDBR-Norm 156 erfolgen [13]. Die Vorgaben für die Dampfraumbelastung aus der FDBR 156 gelten vorrangig für Trommeln mit Schwerkraftabscheidung und deren Einbauten. Begriffe der aus den Vorgaben dieser Norm sind u. a. die Dampfraumbelastung Bv [m³/m³h], der wirksame Dampfraum V [m³], sowie die Wasserspiegelbelastung BA [m³/m²h]. Aus dem der Norm beigefügten Diagramm ist in Abhängigkeit des Kesseldrucks und der Leitfähigkeit des Kesselwassers die zulässige Dampfraumbelastung in Bv [m³/m³h] zu ermitteln. Für salzfreies Speisewasser bzw. Kesselwasser, das je nach Druckstufe und Feststoffkonditionierung zwischen 50 - 150 µS/cm liegt, gilt die obere Grenzkurve des Diagramms mit einer elektrischen Leitfähigkeit des Kesselwassers von < 2.000 µS/cm. Bei Trommeldrücken oberhalb von ca. 75 bar sollte die Dampfraumbelastung < 450 m³/(m³h) betragen. Bei Trommeldrücken > 170 bar soll zusätzlich die maximale Wasserspiegelbelastung beachtet werden. Weitere Details sind in der FDBR-Norm 156 ersichtlich. 5.3 Gestaltung der Trommeleinbauten Die Gestaltung der Trommeleinbauten hat die Aufgabe, durch ihr Zusammenwirken, eine möglichst geringe Restfeuchte und somit einen geringen Salztransport aus der Trommel in den Sattdampf zu erzielen. Der Aufbau einer Dampftrommel ist schematisch in Abbildung 5-1 und 5-2 dargestellt. Seite 16 von 30 Abbildung 5-1 Schematischer Aufbau einer Dampftrommel, Querschnitt 5.3.1 Gestaltung der Trommelleitbleche Das im Verdampfer generierte Wasser-Nassdampfgemisch wird über die Steig- und gegebenenfalls Überhubrohre der Dampftrommel zugeführt. In der Dampftrommel findet durch Trennbleche abgeschottet die erste Wasser-Naßdampftrennung statt. Die Leitbleche sind nach unten und in Längsrichtung offen. Durch diese Trennbleche wird ein direkter Kontakt des Gemisches mit den Demistern weitestgehend vermieden. Das Wasser fällt direkt nach unten und der Dampf wird gemäß Abbildung 5-1 in Richtung der Klöpperböden geleitet. Zur Vermeidung von Tropfenschlag-Erosion ist der Entspannungsraum zwischen den Leitblechen und der Trommelwand entsprechend groß zu halten. Als Material für die Leitbleche sollte ein austenitischer Werkstoff, wie beispielsweise CrNi188 oder ähnlich, gewählt werden. Zur weiteren Geschwindigkeitsreduzierung können die Entspannungsräume auch doppelflutig ausgeführt werden (siehe Abbildung 5-1). 5.3.2 Zusammenwirkung von Trommelleitblechen und Demistern In Abbildung 5-2 ist in einem schematischen Längsschnitt durch die Trommel der grundsätzliche Aufbau dargestellt. Seite 17 von 30 Abbildung 5-2 Schematischer Aufbau einer Dampftrommel, Längsschnitt Zur Vermeidung eines Kurschlusses des Dampfaustritts zwischen den Steig- und Überhubrohren und dem Eintritt in den Demister sollten die Leitbleche deutlich länger als der Demister sein. Der nasse Dampf wird in Richtung der Klöpperböden abgelenkt. Nach der Umlenkung des Dampfes durch die Klöpperböden wird dieser in Längsrichtung durch den Dampffreiraum dem Demister auf seiner Gesamtlänge zugeführt. Auf diesem Weg kann der Nassdampf weiter abregnen. Je nach Auslegung der Trommel ist von einer verbleibenden Restfeuchte vor Demister von 1 - 5% auszugehen. 5.3.3 Auslegung und Wirkungsweise des Demister Für die Auslegung von Demistoren existieren keine übergeordneten Regelwerke. Als „Faustformel“ gilt, dass ein gut ausgelegten Demister ca. 70 - 80 % der zylindrischen Länge der Kesseltrommel einnehmen sollte. Der Demister besteht aus einzelnen Paketen aus Edelstahlwolle, die durch Edelstahlbleche gekammert und in einer dampfdichten Halterung eingebracht werden. Die Packungsdichte der Demister ist der gewünschten Restfeuchte nach der Dampftrommel anzupassen. Die Packungshöhe sollte für einen funktionsfähigen Demister mit mindestens 150 bis 200 mm ausgelegt werden. Auf keinen Fall sollte der Demister optisch durchdringbar sein, d. h. wenn man ein Demisterpaket mit einer Lampe bestreicht, sollte kein Licht auf der gegenüber liegenden Seite sichtbar sein. Der durch Umlenkung an den Klöpperböden und die Verweilzeit vom Austritt aus den Zuleitungen bis zum Eintritt in den Demister verliert der Sattdampf weiter die großen Seite 18 von 30 Tröpfchen. Aus dem Freiraum kommend tritt der Sattdampf dann in die Demisterpakete gleichmäßig über die gesamte Länge ein. Der Nassdampf verliert durch den Kontakt mit der nassen Edelstahlwolle weiter an Feuchtigkeit. Es ist eine gleichmäßige Sättigung aller Demisterpakete mit Wasser anzustreben, damit die Sperrwirkung weiter verstärkt wird und auch dampfflüchtige Salze und Kieselsäure teilweise zurückgehalten werden. Das gespeicherte Wasser tropft durch Schwerkraft ab, wobei gleichzeitig der Dampf im Gegenstrom durch den Demister mit geringer Geschwindigkeit durchströmt. Besonders zu beachten ist eine gleichmäßige Durchströmung aller Demisterpakete, damit wird ein Übertritt von Wasser in die Sattdampfüberströmrohre vermieden. Demistoren weisen im Gegensatz zu Strömungsabscheidern, wie z. B. Zyklone, etc. auch ein gutes Teillastverhalten auf. Im Regelfall verbessert sich die Abscheidung im Teillastbereich. 5.3.4 Anzahl und Auslegung der Sattdampfentnahmestutzen Für die ordnungsgemäße Funktion des Demisters ist nicht nur eine gleichmäßige Anströmung sondern auch eine gleichmäßige Abströmung erforderlich. Zwischen dem Demister und dem Trommelscheitel sollte daher ein ausreichender Freiraum bestehen, der eine erste Vergleichmäßigung der Strömung bewirkt. Über die gesamte Länge des Demisters sollte die Dampftrommel gleichmäßig mit Sattdampfentnahmestutzen ausgerüstet sein. Bei größeren Dampftrommeln und somit größerer Breite des Demisters können die Sattdampfentnahmerohre auch in mehreren Reihen angeordnet werden. Die Dampfgeschwindigkeit in den Entnahmestutzen sollte druckabhängig 2 - 4 m/s nicht überschreiten, da es sonst zu einem Durchschlagen von Wasser auf die Sattdampfseite kommen kann. In Extremfällen ist es sogar in Kombination mit mangelnder Festigkeit des Demisters zu einem Mitreißen von Stahlwolle in die Sattdampfentnahmestutzen gekommen. Anzahl, Anordnung und Geschwindigkeit in den Dampfentnahmestutzen stellen ein weiteres Qualitätsmerkmal einer Dampftrommel dar. Hier ist ein Optimum zwischen technisch Machbarem und wirtschaftliche Vertretbarem zu suchen. Dieses Optimum sollte aus einer qualifizierten Bestellspezifikation hervorgehen. Die Sattdampfentnahmerohre werden durch Sammler gebündelt und je nach Dampferzeugerkonzept den Tragrohren bzw. bei Abhitzekesseln direkt dem Überhitzer zugeführt. Seite 19 von 30 5.4 Restfeuchte im Sattdampf nach der Kesseltrommel Über die zulässige Restfeuchte im Sattdampf bestehen in der Fachliteratur keine oder nur unzureichende Informationen. Lediglich in der VGB-Richtlinie R 222, Bestellrichtlinien für Abhitzekessel, [7] wird neuerdings ein Grenzwert von 0,5% Restfeuchte genannt. Dieser Grenzwert von < 0,5% gilt für Dampferzeuger mit senkrechten sattdampfgekühlten Tragrohren, in denen eine erste Überhitzung und damit Dampftrocknung stattfindet. Kesselwasserinhaltsstoffe und Salze, etc. können sich somit gleichmäßiger und auch über größere Rohrlängen ablagern. Durch Sattdampfspülungen, wie z. B. Anfahrvorgängen von Dampferzeugern und dem damit verbundenen Vorbelüften, werden insbesondere salzhaltige Beläge in den Tragrohren weitestgehend ausgespült. Bei einer direkten Einleitung des Dampfes ohne senkrechte, sattdampfgekühlte Tragrohre in horizontale Überhitzerrohre eines Abhitzekessels sollte eine deutlich niedrigere Restfeuchte, z. B. 0,1% angestrebt werden. Die mit der Restfeuchte eingetragenen Kesselwasserinhaltsstoffe lagern sich durch Schwerkraft in der 6-Uhr-Stellung der Überhitzereinlaufstrecke ab. Durch die lastabhängig wandernde Eintrocknungszone kann es örtlich zu hohen Salzkonzentrationen und damit Korrosionen kommen. Schadensfälle an Abhitzedampferzeugern bestätigen diesen Vorgang. 5.5 Bestimmung der Dampf-Restfeuchte nach der Kesseltrommel Die Bestimmung der Restfeuchte erfolgt durch die Erfassung der Natrium-IonenKonzentration im Sattdampf nach der Kesseltrommel. Diese Messung wird auch als NatriumIonen-Schlupfmessung bezeichnet. Hierzu ist dem Sattdampf eine repräsentative Probe durch eine Schlitz- oder Mehrlochsonde zu entnehmen (Abbildungen 5-3 und 5-4). Abbildung 5-3 Mehrloch-Sonde zur Abnahme einer Dampfprobe Abbildung 5-4 Geschlitzte Sonde zur Abnahme einer Dampfprobe Seite 20 von 30 Zur Erhöhung der Messgenauigkeit können mehrere Sonden versetzt installiert werden. Die Sonden sind in vertikalen Leitungsabschnitten zu platzieren. Hierdurch wird vermieden, dass ein nicht repräsentativer Wasserfilm im Wandbereich mit erfasst wird. Der Dampfstrom wird in einen Probenahmekühler kondensiert und entsprechend analysiert. Die ermittelte Ionenkonzentration ist proportional dem transportierten Feuchtigkeitsgehalt im Dampf. Andere mit erfasste dampfflüchtige Salze können auf Grund der äußerst geringen Konzentration bei dieser Betrachtung vernachlässigt werden. 5.6 Dampfreinheit des HD-Dampfes Für eine hohe Verfügbarkeit der Dampfturbine ist eine entsprechende Dampfreinheit des HDDampfes von primärer Bedeutung. Hierbei ist zwischen der chemischen und mechanischen Dampfreinheit zu differenzieren. 5.6.1 Chemische Reinheit des HD-Dampfes Die chemische Reinheit des HD-Dampfes bei Umlauf-Dampferzeugern wird im Wesentlichen vom Feuchtigkeitsgehalt des Sattdampfes nach der Kesseltrommel und der Eindickung des Kesselwassers beeinflusst. Für Dampferzeuger mit Überhitzer bzw. Turbinenbetrieb ist die Leitfähigkeit die wichtige Messgröße für die Reinheit des Dampfes. Zu Bestimmung der direkten Säureleitfähigkeit wird der Messung ein stark saurer Kationenaustauscher vorgeschaltet. Ammoniak und Alkalihydroxide, etc. werden bei Kationenaustausch eliminiert und ergeben keine Leitfähigkeit, wogegen Kohlensäure einen Einfluss auf die Messung hat. Kohlensäure bzw. Kohlendioxid CO2 sollte ohnehin im Rahmen der Speisewasseraufbereitung bzw. Entgasung entfernt werden. Die einzuhaltenden Richtwerte nach VGB für Dampferzeuger bei einem Überdruck von 70 bar sind in Abbildung 5-5 dargestellt [6]. Einheit Säureleitfähigkeit Kieselsäure Eisen, gesamt µS/cm µg/l µg/l Speisewasser und Einspritzwasser < 0,010 <5 - Kesselwasser < 50 <2.000 - Dampf für Turbinenbetrieb 0,10 <5 <5 Kupfer, gesamt Leitfähigkeit, direkt pH-Wert Sauerstoff Gesamthärte (Ca/Mg) µg/l µS/cm - 8 - 25 <1 - µg/l mmol/l 9,2 - 9,5 < 20 <0,005 9,5 10,0 - - Abbildung 5-5 Richtwerte für Dampferzeuger, 70 bar, Werte für Normalbetrieb Die aufgeführten Grenzwerte gelten für den Normalbetrieb eines Umlaufkessels mit Feststoffalkalisierung. Weiterführende Werte sowie Action-Levels, etc. sind den Richtlinien zu entnehmen. Seite 21 von 30 5.6.2 Mechanische Reinheit des HD-Dampfes Neue Dampferzeugeranlagen einschließlich der dazugehörigen Rohrleitungen sind im Rahmen der Inbetriebnahme wasser- und dampfseitig sorgfältig zu reinigen. Die VGBRichtlinie R513 „innere Reinigung von Wasserrohr-Dampferzeugeranlagen und Rohrleitungen“ gibt zu allen Reinigungsverfahren, auch zu Detailfragen eine gute Anleitung. Hiernach können Umlauf-Dampferzeuger z. B. wie folgt gereinigt werden: • • • Spülen des Dampferzeugers alkalisches Auskochen Ausblasen In der Praxis hat sich gezeigt, dass auf Grund zunehmender Verschmutzung im Rahmen der Fertigung und Montage mit umfangreichen Ausblasevorgängen zu rechnen ist. Dampferzeuger, insbesondere Abhitzekessel in Mehrdruckbauweise, sind 50-mal und mehr ausgeblasen worden. Einschließlich der erforderlichen Abkühlvorgänge ergeben sich hieraus Zeiten, von mehreren Monaten, die für einen Inbetriebnahmeablauf absolut inakzeptabel sind. Hinzu kommen die hohen Brennstoffkosten, da der Ausblasedampf in der Regel in die Atmosphäre geleitete oder sonst wie verworfen wird. Zu Verkürzung dieser Inbetriebnahmezeiten ist unter anderem das Beizen von Dampferzeugern sinnvoll. Die in dieser Richtlinie präferierte Flusssäurebeizung wird mittlerweile weltweit angewandt. In der Kombination Beizen/Ausblasen lassen sich in kalkulierbaren Zeiträumen Dampfreinheiten erreichen, die einen Dauerbetrieb gewährleisten. Aber auch nach einer sorgfältigen und sachgerechten Reinigung sind während des Betriebes mechanische Verunreinigungen möglich, die zu einer Beeinträchtigung des Dampfturbinenprozesses führen können. Durch den Trocknungs- und Überhitzungsvorgang des Dampfes in den Tragrohren und der ersten Überhitzerstufe kommt es zu einer Ablagerung von Kesselwasser-Inhaltsstoffen. Bei Abplatzungen dieser Ablagerungen aufgrund von: • • • • • Überschreitung einer kritischen Schichtstärke Schwingungen und mechanischen Stößen, z. B. beim Russblasen Spannungen zwischen Schicht und Rohr Lastwechsel An- und Abfahrvorgängen, etc. fallen Feststoffe an, die mit dem Dampf in die Turbine transportiert werden. Diese Kesselwasser-Inhaltsstoffe sind wasserlöslich und lassen sich somit nur über einen kurzzeitigen und sporadischen Anstieg der Leitfähigkeit im Turbinenkondensat erkennen. Zu diesen Stoffen kommen Abplatzungen der Magnetit-Schutzschicht der Rohrinnenseite. Diese Feststoffe werden auf Grund der Dampfgeschwindigkeit und zahlreicher Umlenkungen pulverisiert, sind jedoch u. a. die Ursache für Erosionen und Ablagerungen in den. Dampfturbinen. Seite 22 von 30 6.0 Auswirkungen auf den Dampfturbinenprozess Der erzeugte Dampf wird meist zur Erzeugung von Elektroenergie in Turbinen eingesetzt. Hierbei tritt Dampf überhitzt in die Turbine ein und verlässt bei einer Kondensationsmaschine den Kondensator als kondensiertes Wasser (Kondensat). Bei einer Gegendruckmaschine wird der Dampf auf den erforderlichen Gegendruck entspannt und dann einer weiteren Verwendung zugeführt. In beiden Fällen ist die Dampfreinheit eines der Kriterien für den störungsfreien Betrieb der Dampfturbine. 6.1 Erosion in Dampfturbinen durch feste Bestandteile Im Dampf liegen die Salzpartikel als Feststoffe vor, die sich mit hoher Geschwindigkeit durch die Turbine bewegen. In der Regel liegen diese Partikel auf Grund ihrer Entstehungsgeschichte molekular verteilt vor und haben nur einen geringen Einfluss auf die Erosion. Der gleiche Effekt tritt auf, wenn SiO2 in der Dampfphase mitgerissen wird. Bei größeren Teilchendurchmessern kann es zu einer Aufrauhung und ggf. Abtragungen an den Turbinenlauf- und -leitschaufel kommen. Durch diesen Materialabtrag kommt es zu einer Reduzierung des Wirkungsgrades und zu einer Schädigung der Turbine. 6.2 Ablagerungen in Dampfturbinen In einer Turbine ergeben sich Bereiche, in denen sich Salze, Magnetit und/oder SiO2 druckabhängig ablagern können. Dieses Gemisch kann sich auf den Turbinenschaufeln und Leitorganen ablagern und eine fest haftende Schicht bilden. Diese Schicht stört die strömungstechnisch optimierte Geometrie der Turbinenschaufeln und führt zu einem geringeren Wirkungsgrad bei der Erzeugung von Elektroenergie. Je nach vorgeschaltetem Kessel werden zwei unterschiedliche Arten von Ablagerungen identifiziert. Bei Naturumlaufdampferzeuger treten vor allem die Anteile an Kieselsäure und Kesselwasser-Inhaltsstoffe auf. Bei Durchlaufdampferzeugern überwiegen die Eisenverbindungen wie Beispielsweise FeO, Fe2O3, Fe3O4. Grundsätzlich werden Durchlauf- und Umlaufkessel mit dem gleichen extrem salzarmen VEWasser gefahren. Umlaufdampferzeuger haben jedoch eine höhere Eindickungsrate des Kesselwassers und werden vorrangig mit Feststoff-Alkalisierung betrieben. Nach [12] wurde eine Vielzahl von Verbindungen auf den Schaufeln gefunden. Die Zusammenstellung ist in Abbildung 6-1 ersichtlich. Seite 23 von 30 Verbindung Chemische Formel Bemerkung Hämatit Magnetit α−Quarz α− amorphe Kieselsäure Natrium-Eisen-Silikat Natriumchlorid Natrium-Calcium-Silikat Kupfer-(II)-oxid Kupfer-(II)-Eisen-Chlorid Noxan Fe2O3 Fe3O4 SiO2 SiO2 x n H2O NaFe(SiO3)2 NaCl Na2O x CaO x SiO2 CuO CuFeO2 3Al2O3 x 3Na2O x 6SiO2 x 2 Na2SO4 4Al2O3 x 3Na2O x K2O x 8SiO2 ziegelrot bis rot-schwarz schwarz, Natrium-KaliumAluminiumsilikat Sodalit 3Al2O3 x 3Na2O x 6SiO2 x 2NaCl Abbildung 6-1 Zusammenstellung der auf Turbinenschaufeln identifizierter Verbindungen [nach 12] Das Ergebnis der Untersuchungen zeigt, dass neben den reinen Stoffen viele Mischverbindungen in Form von Oxiden oder Silikaten vorhanden sind. Der Salzfluss durch eine Turbine ist in Abbildung 6-2 dargestellt. Abbildung 6-2 Schematischer Salzfluss durch eine Dampfturbine [nach 12] Seite 24 von 30 6.3 Erosion in Dampfturbinen durch flüssige Bestandteile Neben den festen Bestandteilen können Tropfen von Salzschmelzen im HD-Teil und kondensierte Wassertropfen im ND-Teil Schäden an den Einbauten der Turbine verursachen. Der aus dem Kessel stammende Dampf durchströmt die Turbine unter permanentem Abgabe an thermischer und mechanischer Energie. Sowohl der Druck als auch die Temperatur nimmt ab. In einer Kondensationsturbine ohne Zwischenüberhitzung hinter einer Müllverbrennung sind die gebräuchlichsten Eintrittsbedingungen 40 bar/400°C. Beim Einsatz von Kühlwasser mit einer Temperatur von ca. 17°C reduzieren sich die Werte im Kondensator auf ca. 40 mbar/20°C. Dabei kann es, wie unter Abbildung 6-2 dargestellt im Hochdruckteil zu kondensierenden Salzschmelzen kommen. Dagegen kommt es im hinteren Niederdruckbereich der Turbine zur Kondensation von Wassertropfen. Moderne Maschinen sind mit einsprechenden Einrichtungen zur Ableitung des Wassers ausgerüstet. Hiermit ist es möglich bis zu 15% des Wasserdampfes zu kondensieren ohne Schäden durch Erosion an den Schaufeln hervorzurufen. Da ein großer Teil der Energie des Dampfes in der Kondensationswärme vorliegt, bringt diese Ausnutzung der Restwärme eine Verbesserung des Turbinenwirkungsgrades. 6.4 Wirkungsgrade von Dampfturbinen Moderne Turbinenauslegungen für Müllkraftwerke lassen bei den oben genannten Ein- und Austrittsbedingungen (40 bar/400°C auf 40 mbar/20°C) theoretisch einen elektrischen Wirkungsgrad von ca. 27% erwarten. Höhere Frischdampfparameter wie beispielsweise bei der HR-AVI Amsterdam haben auch höhere Wirkungsgrade (hier > 30%) zur Folge [15]. Wirkungsgrade von > 45%, wie sie bei modernen kohlegefeuerten Kraftwerken angestrebt werden, lassen sich in Müllkraftwerken derzeit nicht wirtschaftlich darstellen. 6.5 Einfluss auf die Rentabilität Der Einfluss auf die Rentabilität der Elektroenergieerzeugung ist abhängig von dem Zweck des Dampferzeugers. 6.5.1 Thermische Kraftwerke Die thermischen Kraftwerke der Versorgungsunternehmen sollen vorrangig Elektroenergie mit einem möglichst hohen Wirkungsgrad erzeugen. Dabei kann ein Kraftwerk mit höherem Wirkungsgrad bei annähernd gleichem Invest und identischen Brennstoffkosten mehr Strom erzeugen und so die Stromgestehungskosten niedriger halten. Der spezifische CO2-Ausstoss pro erzeugtem MW wird reduziert. Kommerziell verbessert sich die Rentabilität der Anlage. Der erzielbare Erlös sollte höher als die Gestehungskosten sein. In Fossil gefeuerten Kraftwerken werden hier verschiedene Verbesserungen, wie z. B. höhere Dampfeintrittsparameter in die Turbine, mehrfache Zwischenüberhitzung, optimierte Schaufelgeometrien der Turbine, verbesserte Regeleinrichtungen der Turbine, Optimierung des Kondensatordrucks, Vorbehandlung des Brennstoffs, etc., umgesetzt. Seite 25 von 30 Im Rahmen von Retrofit-Maßnahmen wurden in den letzten Jahren an bestehenden Kraftwerken deutliche Verbesserungen des Wirkungsgrades bei gleichzeitiger Reduktion des Brennstoffeinsatzes, Erhöhung der Flexibilität, Reduktion der Betriebs- und Wartungskosten, etc., umgesetzt. Die Turbinen wurden an die geänderten, aktuellen Betriebsbedingungen angepasst. Durch verbesserte Fertigungsmaßnahmen konnten die Eigenschaften der Turbine, wie z. B. das Schwingungsverhalten, etc., verbessert werden. Bereit entstandene Schäden und Schwachstellen wurden beseitigt. Der Einsatz von computeroptimierten Schaufelgeometrien und Ein- bzw. Auslaufkanäle, Verbesserung der Wasserabführung in der ND-Stufe für eine tiefere Entspannung, etc., führte zu einer weiteren Steigerung des Wirkungsgrades. Gleichzeitig wird die Verfügbarkeit der Turbine erhöht. Durch diese Maßnahmen konnte die Leistung eines 500 MWel-Kraftwerkes bei gleichem Brennstoffeinsatz um ca. 40 MW gesteigert werden [16]. Die Anzahl der Volllastbenutzungsstunden, die berechneten Abschreibungsdauer, der zugrunde gelegten Zinssatz für die Investition, Personal- und Betriebskosten, etc. haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Rentabilität einer Anlage. Der Zusammenhang ist beispielhaft für ein braunkohlegefeuertes Großkraftwerk mit einer spezifischen Investition von 1.200 €/kW dargestellt (Abbildung 6-3) [17]. Spez. Invest 1.200 €/kW Stromgestehungskosten [€Ct/kWh] 5,5 4,5 35 a 3,5 25 a 15 a 2,5 1,5 4000 Abbildung 6-3 5000 6000 7000 8000 Volllastbenutzungsstunden [h/a] Stromgestehungskosten in Abhängigkeit der Volllastbenutzungsstunden und unterschiedlichen Abschreibungsdauern [nach 17] Bei Ausfall der Turbine fallen der Erlös und die Grundlage des Betriebes aus. Die Kosten für die Abschreibung und das Personal bleiben in der Regel bestehen. Ein Weiterbetrieb ist in der Regel nicht möglich bzw. erwünscht. Die freiwerdende Wärmemenge müsste zum Aufrechterhalten des Wasser-Dampf-Kreislaufs über den Kondensator umgewandelt werden. Seite 26 von 30 Eine Ausnahme würde die gleichzeitige Erzeugung von Elektroenergie und Prozesswärme darstellen, wenn die Erzeugung von Elektroenergie nur den Überschuss an Dampf umsetzt. Oberstes Ziel ist ansonsten ein sicherer Anlagenbetrieb und die Erzeugung von Elektroenergie. Bei einem Biomasseheizkraftwerk, welches zur Versorgung eines Chemieunternehmens mit Prozessdampf dient und bei dem der Überschussdampf verstromt wird, kam es auf Grund eines deutlich zu hohen SiO2-Wertes zu Belägen in der Turbine. Die ursprüngliche Erzeugung von ca. 11 MW reduzierte sich innerhalb eines Jahres um ca. 10%. Gleichzeitig erhöhte sich der Lagertemperatur, so dass auch diese Leistung der Turbine nicht mehr abgerufen werden konnte. Damit war der Betrieb der Dampfturbine dauerhaft nicht mehr vertretbar. Die Turbine wurde ausgebaut und ins Werk zur Überholung gebracht. Die Anhaftungen wurden mit Glaskugeln abgestrahlt. Die Dampfturbine stand über einen Zeitraum von ca. 6 Monate nicht zur Verfügung. Das Biomassekraftwerk lief mit verminderter Leistung weiter. Alternativ hätte die Turbine im eingebauten Zustand mit Zitronensäure gebeizt werden können. 6.5.2 Müllkraftwerke Der Zweck von Müllkraftwerken liegt vorrangig in der Beseitigung von Abfall. Die Erzeugung von Elektroenergie (und/oder Wärme) deckt nur einen Teil der Kosten und kann letztlich zu einer Senkung der Verbrennungskosten führen. Für ein im letzten Jahr in Betrieb genommenes Müllkraftwerk verteilen sich die Erlöse aus Zuzahlung für die Abfallverbrennung und Erzeugung von Elektroenergie im Verhältnis von ca. 2/3 zu 1/3. Für beide Prozesse gilt, dass die Volllastbenutzungsstunden maßgeblichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit und Rentabilität der Anlage besitzen. Ein Stillstand der Turbine aus Gründen der Kesselverschmutzung oder nicht ordnungsgemäßer Dampfzusammensetzung bei weiterem Betrieb der Verbrennung reduziert oder verhindert einen wirtschaftlichen Betrieb. Seite 27 von 30 7.0 Resümee und Zusammenfassung Durch sorgfältige und gewissenhafte Planung, Umsetzung der Daten in das Design der Anlage und geeignete Werkstoffe lassen sich bei Kraftwerken und MVAs hohe elektrische Wirkungsgrade und eine hohe Verfügbarkeit erzielen. Hierbei sollte immer der Stand der Technik zusammen mit dem vertretbaren Stand der Wissenschaft umgesetzt werden. Die Verfügbarkeit der Komponenten Dampferzeuger und Turbine haben maßgeblichen Einfluss auf die Rentabilität eines Kraftwerkes oder einer Müllkraftwerkes. Von größter Wichtigkeit hierbei ist die ordnungsgemäße bauliche Ausführung der Kesselkomponenten und der Turbine, jeweils angepasst auf die jeweiligen Vorgaben und Aufgaben. Diese sollten zu Beginn einer Neuplanung oder der Planung eines Retrofits untersucht, hinterfragt und schriftlich niedergelegt werden. In diesem Zusammenhang sollte das Kesselspeisewasser immer den Vorgaben für die Dampfreinheit entsprechen, oder besser, diese unterschreiten. Damit ist aus dieser Sicht ein langer störungsfreier Betrieb erreichbar. Die Menge an Inhaltsstoffen ist zu minimieren und das Speisewasser entsprechend zu konditionieren. Bewährt haben sich beispielsweise die kombinierte Konditionierung mit Natronlauge (NaOH), Trinatriumphosphat (Na3PO4), Ammoniak (NH3) und einem Amin. Dampftrommeln sind so auszulegen, dass möglichst wenig Salze oder SiO2 in die Verdampfer mitgerissen wird. So kann der Verdampfer und die nachgeschaltet Turbine ohne Ablagerungen und/oder Erosion lange störungsfrei betrieben werden. Oberstes Ziel ist ein sicherer Anlagenbetrieb und die Erzeugung von Elektroenergie. Ein maßgeblicher Faktor für die Wirtschaftlichkeit eines Kessels mit Dampfturbine sind eine möglichst hohe Anzahl an Volllastbenutzungsstunden. Jede zusätzliche und störungsfreie Betriebsstunde verbessert das monetäre Ergebnis der Anlage. Ein Stillstand der Turbine aus Gründen der Kesselverschmutzung oder nicht ordnungsgemäßer Dampfzusammensetzung bei weiterem Betrieb der Verbrennung reduziert oder verhindert einen wirtschaftlichen Betrieb. Seite 28 von 30 Literaturverzeichnis [ 1] Dr. rer. nat. H. E. Hömig, Metall und Wasser Vulkanverlag Dr. W. Classen, Essen 1971 [ 2] Dr. rer. nat. H. E. Hömig, Physikochemische Grundlagen der Speisewasserchemie, Vulkanverlag Dr. W. Classen, Essen 1963 [ 3] Prof. Dr.-Ing R.Dolezal, Hochdruck-Heissdampf, Vulkanverlag Dr. W. Classen, Essen, 1.Auflage [ 4] Winkler, Dietrich, Fachkunde Kraftwerkschemie, Leipzig: VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie 1979 [ 5] TRD, Technische Regeln für Dampferzeuger [ 6] VGB-R 450 L, Richtlinien für Speise-, Kesselwasser und Dampfqualität für Kraftwerke / Industriekraftwerke, VGB PowerTech e. V. Essen 2006 [ 7] VGB-M 222, Merkblatt, Hinweise für die Ausschreibung von Abhitzedampferzeugern hinter Gasturbinen, VGB PowerTech e. V. Essen 2008 [ 8] Dr. rer. nat G. Wieland, Wasserchemie, Steinmüller Taschenbuch Vulkanverlag Dr. W. Classen, Essen 1971 [ 9] P.Pracht, H. Büskens, E. Ullrich, Wasser, Babcock-Handbuch, Deutsche Babcock & Wilcox-Dampfkessel-Werke AG, Oberhausen 1966 [10] Kastner, Riedle, Tratz: Experimentelle Untersuchung zum Materialabtrag durch Erosionskorrosion, VGB-Kraftwerkstechnik 64, Heft 5, Mai 1984 [11] Diverse Betriebsaufschreibungen und Zeichnungsausschnitte [12] Hans-Günter Heitmann: Chemie und Korrosion in Kraftwerken, Vulkanverlag, Essen 2000 [13] FDBR-Norm 156 Berechnung der Dampfraum- und Wasserspiegelbelastung, Fachverband Dampfkessel-, Behälter- und Rohrleitungsbau E. V. (FDBR) Düsseldorf, März 1992 [14] VGB-R513, Richtlinie „Innere Reinigung von WasserrohrDampferzeugeranlagen und Rohrleitungen“ Seite 29 von 30 [15] Jörn Wandschneider, Udo Seiler, Gerhard Hölter, Thomas Willmann, „Steigerung des elektrischen Wirkungsgrades bis 30% durch eine Hochleistungskesselanlage am Beispiel der HR-AVI-Amsterdam“ In: Karl J. Thomè-Kozmiensky, Optimierung der Abfallverbrennung 1, Neuruppin: TK Verlag Thomè-Kozmiensky, 2004 [16] Dr. Karl-Friedrich Schröder, Retrofit von Dampfturbinen, Vortrag Alstom 2005 [17] Dr. Helmut Rode, Entwicklungslinien der Braunkohlekraftwerkstechnik, Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktor-Ingenieurs, Universität Duisburg-Essen, 2004 Seite 30 von 30