4. Sonntag der Fastenzeit - Bußgottesdienst

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4. Sonntag der Fastenzeit - Bußgottesdienst
Bußgottesdienst Fastenzeit 2008
„Ich bekenne…“
Liebe Schwestern und Brüder,
Sünde, Sündenbekenntnis, Buße – es kann uns grauen vor dem, was damit heute gemeint
ist. Schauen wir, was uns die Massenmedien in diesen Wochen liefern:
Da wird nach der Landtagswahl in Hessen nur danach geschaut und gefragt, wer denn
nun welches angebliches oder tatsächliches Wahlversprechen bricht, um als Lügner
dazustehen; Keinem scheint aufzufallen, dass es der Wähler selbst ist, der in diese Lage
geführt hat und einen Regierungsauftrag gegeben hat.
Da wird ein deutscher Spitzenmanager der Steuerhinterziehung angeklagt und die ganze
Nation schaut am Fernseher zu. Natürlich, keine Kavaliersdelikt. Aber die einsetzende
Neiddebatte zeigt, dass es da in der Öffentlichkeit um etwas anderes geht. Dass andere
Steuer-„Sünder“ aufgeschreckt werden, ist leider auch nicht Frucht einer Einsicht in
Unrecht, sondern Furcht vor Strafe! Tragisch ist allerdings auch, dass sich für die
Lebensleistung des Managers keiner mehr interessiert– er ist nur noch ein öffentlicher
Sünder, am Pranger, von allen beworfen, grausamer, als es das angeblich finstere
Mittelalter jemals kannte.
Ein Ministerpräsident, ursprünglich Arzt, spricht über die Folgen der 40jährigen DDR
Diktatur, die sich auch in der Mentalität gegenüber dem werdenden Leben, dem Wert des
Lebens überhaupt zeigt. Erziehung zeitigt nun mal Früchte. Das widerspricht dem
modernen Freiheitsdrang und gerade noch rechtzeitig zieht dieser Mann die Bremse und
entschuldigt sich öffentlich – für alles, wofür man sich nur entschuldigen kann. Jetzt ist
wieder Ruhe. Und jeder wird es sich gut überlegen, ob er noch einmal für das Leben eine
Dr. Robert Nandkisore, März 2008
Grundsatzdiskussion führen will.
Liebe Schwestern und Brüder, ist es da ein Wunder, dass wir als Christen – als Kinder
unserer Zeit – mit den Begriffen Sünde und Buße, gar Beichte Schwierigkeiten haben?
Zumal es auch in der Kirche während der Umwälzungen der 70iger und 80iger die
Tendenz gab, darüber nicht zu sprechen.
Aber wir müssen darüber sprechen, weil es um viel geht: es geht um gelungenes Leben!
Und diesen Anspruch habe ich: dass mein Leben gelingen möge.
Als Christ weiß ich: mein Leben gelingt nur im Miteinander mit Gott: indem Er mir zeigt,
wie ich mein Leben verwirklichen kann. Dann darf ich entdecken: Die Schönheit und die
Größe meines eigenen Leben; ich darf mitbauen am Miteinander der Menschen, darf
mitwirken daran, dass die gute Schöpfung gut bleibt; und ich darf erkennen und erfahren,
welche Nähe mir Christus selbst schenkt.
Und Sünde ist: ich sondere mich davon ab! Aus welchen Gründen auch immer. Aber es
hat Folgen: mein eigenes Leben verkrümmt sich, ich bleibe hinter meinen Möglichkeiten
zurück, ich schneide mich vom Lebensstrom ab; ich nehme meinen Mitmenschen
Lebensmöglichkeiten, ich vergifte ihren Alltag, ich stelle sie bloß und meine, sie müssten
meinen Anforderungen genügen; und ich spüre nicht mehr, wie sehr Gott mich als
Mitarbeiter, ja mehr noch, als Freund braucht, um erfahrbar zu machen, dass diese Welt
„sehr gut“ ist.
Viele Menschen haben sich daran gewöhnt: an die Rücksichtslosigkeit, an den Egoismus,
die üble Nachrede, die Ellbogenmentalität. Geschrieen wird nur dann, wenn man selbst
das Opfer ist. Es braucht ein feines Gewissen, um zu sehen, was nicht so läuft, wie es
laufen könnte, um Fehler zu entdecken – und nicht nur beim anderen!
Eine Hilfe war früher ein „Beichtspiegel“: Wie in einem Spiegel soll ich mich betrachten –
Dr. Robert Nandkisore, März 2008
und wer da genau hinsieht, sieht die grauen Härchen, die Falten, die Unreinheiten. Und
das sollte dazu führen, dass ich bekenne: dieses und jenes entstellt mein Gesicht! Cremes
und Salben, Schminke und Farbe kaschieren nur – aber verbessern nichts. Und dann?
Werde ich dann wieder jung, schön, makellos? Ein spirituelles Facelifting?
Viel, viel besser: ich darf erfahren, dass ich in die Arme genommen werde, weil ich zutiefst
geliebt bin. Ich erfahre: das ist Geschenk, das kann ich nicht „machen“. Die „Absonderung“
hat Narben in meinem Gesicht hinterlassen, oft ganz kleine nur, unscheinbar. Da kann
nichts ungeschehen gemacht werden. Aber es ist nichts mehr entzündet, ich fühle mich
nicht mehr aussätzig, wenn andere wüssten, wer ich wirklich bin.
„Ich bekenne“ – ich brauche es, ich habe es nötig, dass mein Bekenntnis in die Hände
Gottes fällt, damit ich von Ihm höre: ich vergebe dir, ich schließe dich in die Arme – und
ich will, dass Du lebst, dass Du die Möglichkeiten Deines Lebens verwirklichst.
Diese Erfahrung wird uns auch dazu verhelfen, mit anderen barmherziger umzugehen und
ihnen zu zeigen, wie Leben gelingen kann. Wie nötig unsere Gesellschaft unser Zeugnis
hat, zeigt ein Blick in die Massenmedien dieser Wochen. Amen
Dr. Robert Nandkisore, März 2008