3. Fastensonntag 2007 – Lesejahr C „Ich-bin

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3. Fastensonntag 2007 – Lesejahr C „Ich-bin
3. Fastensonntag 2007 – Lesejahr C
„Ich-bin-da“ – Gott hat Interesse
Liebe Schwestern und Brüder,
„was braucht es zum Überleben“? Das ist durchaus nicht nur eine abstrakte Frage.
Ein Kapuziner der Frankfurter Liebfrauenkirche im Herzen der City fragte dies einen
der Obdachlosen, die sich regelmäßig die Woche über zum Frühstück im Kloster
treffen. Er fragte ihn: „was braucht es, um als Obdachloser in Frankfurt zu
überleben?“ Die Antwort: „Eine Adresse!“ Eine Adresse, das heißt ein Name, ein
Anlaufpunkt, der verlässlich ist, gerade dann, wenn nichts mehr geht. Jemand, auf
den ich mich verlassen kann – das braucht es zum Überleben.
Dieser Bericht des Kapuziners kommt mir in den Sinn, wenn ich die heutige Lesung
aus dem Buch Exodus hörte: „Ich bin der ‚Ich-bin-da’“, so offenbart sich Gott dem
Mose. Das ist Sein Name, „Ich-bin-da“ – und das meint im Hebräischen keinen
abstrakten Titel, sondern ein lebendiges Mit-Sein, ein Da-Sein Gottes. Ins
Lateinische könnte das Gemeinte so übersetzt werden, dass sich Gott durch ein
„Inter-esse“ auszeichnet, als der, der zugegen ist, der teilnimmt. Davon kommt unser
Wort „Interesse“. Gott hat am Menschen, an seinem Geschick Interesse – nicht
abstrakt, sondern ganz konkret, immer konkret.
Im Buch Exodus kommt das sehr deutlich zum Ausdruck: „Ich habe das Elend
meines Volkes gesehen“ – Gott handelt, Er plant, weil Er ein Gott des Interesses ist!
Das Volk Israel wäre in Ägypten umgekommen und in dieser Situation erfährt es: es
gibt einen Namen, hinter dem eine verlässliche Person steht. „Ich-bin-da“, ich helfe
dir, ich weiß einen Weg. Auch für Mose ist das unfassbar: als Säugling wird er von
seinen jüdischen Eltern ausgesetzt, am Königshof erzogen, an den er doch nicht
Pfr. Dr. Robert Nandkisore, März 2007
gehört; im Affekt wird er zum Totschläger, da er sich für sein geschundenes Volk
einsetzen wollte, er muss fliehen, in ein fremdes Land; dort verheiratet er sich, doch
heimisch wird er nicht: seinen ersten Sohn nennt er „Gerschom“, „ein Fremdling
dort“. Gott hat auch an ihm Interesse: ich sehe deine Not und ich brauche dich. Mose
erfährt diesen Gott, der Interesse hat – das zieht ihm buchstäblich die Schuhe aus.
Sein ganzes weiteres Leben wird von nun an davon geprägt sein. Wie sehr wird er
darunter leiden, dass sein Volk diese Zuverlässigkeit Gottes immer wieder in Zweifel
zieht, so sehr, dass auch ihn das beinahe zu vergiften droht!
Liebe Schwestern und Brüder, Gott ist einer, der da ist, der Interesse hat am
Menschen. Der Mensch zieht das oft in Zweifel: Warum lässt Gott das zu, dass
fromme Pilger erschlagen werden – damals bei Pilatus, heute im Irak. Warum ist der
Turm eingestürzt, heute in New York, damals in Schiloach? Ist das Gottes Strafe?
Manche denken so! Ist das nicht ein Beweis für die Machtlosigkeit Gottes – wenn es
Ihn denn überhaupt gibt? Nicht wenige denken so!
Gott ist da? Es gibt so viele Gründe, um daran zu zweifeln. Vielleicht nicht prinzipiell,
aber dann doch im Konkreten: diese Krankheit, diese Krise, dieser Schicksalsschlag;
ausgerechnet mein Kind, meine Arbeitsstelle; warum musste mein Leben so
verlaufen? Ich vermisse so viel, ich wäre gerne anders, ein anderer. Bist Du wirklich
die Adresse, die mein Leben, mein Überleben garantiert?
„Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt“ – ein hartes Wort
Jesu. Und er fügt das Bild vom Feigenbaum an, der keine Frucht bringt, obwohl er
doch in optimaler Lage steht. Der Feigenbaum, Symbol des Friedens und des
Glücks, bringt keine Frucht, obwohl er im Weinberg Gottes steht! So ein Irrsinn! Doch
Gott lässt ihn düngen, Er gibt nicht auf! Das sagt uns Jesus und Er wirbt um mich:
denn der Feigenbaum bin ich! Ich lasse es nicht zu, dass die Kraft des Bodens in
Pfr. Dr. Robert Nandkisore, März 2007
mich eindringt, ich kann nicht aus dem Vertrauen leben. So viele Gründe, angeblich
ganz vernünftige, sprechen dagegen, dass ich Gott ganz vertraue – und so sondere
ich mich ab, sündige. Und das hat Folgen: statt fruchtbar bin ich furchtbar fruchtlos!
Lass dich mit Gott versöhnen: Gott ist einer, der da ist, Er ist die verlässliche Adresse
in der Obdachlosigkeit unserer Seele. Immer wieder stehe ich am Scheideweg: Gebe
ich meinem Misstrauen nach, oder lasse ich mich fallen, im Vertrauen auf Seine
Zusage: Ich habe doch Interesse an Dir?
Amen.
Pfr. Dr. Robert Nandkisore, März 2007
Fürbitten
Guter Gott, Du bist der, der für uns da ist. wir bitten Dich:
- Schenke den Menschen, die nicht glauben können, die Erfahrung, dass
Du ihnen nahe bist.
(Der Du da bist: - Wir bitten Dich, erhöre uns)
- Gib den Menschen, deren Lebensweg durch Brüche gezeichnet ist, den
Mut zu einem Neuanfang.
- Lass die Christen durch ihr Leben der Welt erfahrbar machen, dass Du
der „Gott-mit-uns“ bist.
- Schenke uns Einsicht in begangenes Unrecht und die Bereitschaft zur
Umkehr und Versöhnung.
- Schenke allen, die an der Wahl unseres neuen Bischofs verantwortlich
mitwirken, die Kraft des Heiligen Geistes.
- Schenke unseren Verstorbenen bei Dir die Heimat, auf die sie im
Leben gehofft haben. Wir bitten dich für ... hier werden die Namen
eingefügt!
Dir sei Dank, der Du mit dem Sohn und dem Heiligen Geist lebst
und für uns da bist, jetzt und in Ewigkeit. Amen.
Pfr. Dr. Robert Nandkisore, März 2007